Racheengel von Little-Cherry (Du entkommst ihr nicht!) ================================================================================ Kapitel 10: The Family ---------------------- 10. Family   Gedankenverloren starrte sie an die Decke ihres Zimmers. Den kleinen Stoffhund, den Shikamaru ihr geschenkt hatte, hielt sie dabei fest in ihren Armen. Wann immer sie das Gefühl der Traurigkeit überkam und die Wut- und Rachegefühle überdeckte, nahm sie ihn in die Hand. Er spendete ihr Trost und erinnerte sie daran, warum sie all das auf sich nahm…. Trost. Das war es, was sie aber gerade am meisten brauchte.   Den Trost brauchte sie aber nicht etwa, weil sie mittlerweile zwei Menschenleben auf dem Gewissen hatte, sondern wegen dem Anruf, den sie am vergangenen Abend erhalten hatte. Nachdem sie Tayuya ermordet hatte, war sie erst noch ein wenig durch die Straßen gelaufen, wollte sie doch nicht riskieren, dass ihre Brüder sie so sahen. In den vergangenen Tagen hatten sie schon genug Fragen gestellt, die sie nicht beantworten konnte.   Gerade als sie in dem Park angekommen war, hatte ihr Handy geklingelt. Erst hatte Temari gar nicht rangehen wollen, da sie dachte, dass es sich dabei um Gaara oder Kankuro handelte, die sie mal wieder fragten wo sie war, am Ende aber nahm sie es zumindest in die Hand, um zu sehen, wer sie in ihrer Gedankenwelt störte. Der Name, der dort auf dem Display jedoch stand, überraschte sie zutiefst. Yoshino. Eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass einer der beiden sich noch einmal bei ihr nach der Beerdigung Shikamarus melden würde, schließlich hatten sie nichts mehr, was sie miteinander verband, außer dem Tod. So entschied sich Temari doch dafür an ihr Handy zu gehen.   Das Gespräch dauerte zehn Minuten. In diesen wollte Yoshino zunächst nur wissen, wie es ihr ging und wie sie zurecht kam oder ob sie vielleicht etwas brauchte. Temari erwiderte diese Fragen. Zuletzt bemühte sich die Ältere Temari davon zu überzeugen, dass sie sie besuchen kam. Eigentlich hatte Temari dazu keine Lust, war sie sich doch nicht sicher, ob sie ihre Rachegefühle und ihre Wut in sich behalten konnte, wenn sie die Trauer von Shikamarus Mutter sehen musste. Doch etwas in Yoshinos Stimme brachte sie dazu zuzustimmen.   Und nun war eingetreten, was sie befürchtet hatte. Alleine der Gedanke daran, dass sie Shikamarus Eltern gegenübertreten musste und sie so ihrer Trauer, ihren traurigen Augen, ausgesetzt war, ließ auch die Traurigkeit in ihr wieder stärker werden. Dabei versuchte Temari sie mit all ihrer Kraft wieder in die hinterste Ecke ihres Herzens zu verbannen. Doch so recht, wollte ihr das nicht gelingen…   Seufzend legte Temari ihren den Stoffhund an die Seite und richtete sich auf. Mit trägen Schritten ging sie zu ihrem Kleiderschrank und suchte sich ein paar passende Sachen zusammen. Nachdem sie damit fertig war, nahm sie sich ihre Handtasche mit ihrem Portmonee und Schlüssel und verließ ihr Zimmer, um zu der Familie Nara zu gehen.   Im Flur jedoch wurde sie von Kankuro aufgehalten.   „Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?“, fragte er argwöhnisch. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm missfiel, dass Temari jeden Abend weg ging und ihnen nicht sagen wollte, wo sie hinwollte. Genauso war ihm aber die Sorge anzusehen. Die Sorge darüber, was mit seiner großen Schwester passiert war und ob sie jemals wieder sie selbst wurde. Ähnlich war es auch bei ihrem Bruder Gaara, der den Kopf in den Flur gesteckt hatte.   „Yoshino wollte, dass ich bei ihr vorbeikomme“, erklärte Temari und versuchte an ihrem Bruder vorbei zu gehen.   „Und das sollen wir dir glauben?! Die letzten Male hast du uns doch auch immer angelogen. Wir haben mit TenTen, Matsuri und den anderen geredet, du bist bei keinen von ihnen gewesen!“, meckerte er aufgebracht. „Also sag uns endlich, was mit dir los ist!“ Wütend sah er seine Schwester an, dabei hatte er doch eigentlich gar nicht so ausfallend reagieren wollen.   „Ach du möchtest wissen, was passiert ist?!“, erwiderte Temari nicht weniger aufgebracht, froh darüber, dass die Wut wieder die Oberhand über ihre Gefühle nehmen konnte.   „Shikamaru ist tot. Er wurde grausam vor meinen Augen umgebracht. Das ist passiert!“, schrie sie Kankuro an und rauschte an ihrem überraschten Bruder vorbei. Sie wusste, dass es nicht sonderlich fair war, dass Kankruo nichts dafür konnte und doch tat es gut, ihn anzuschreien. Temari konnte noch hören, wie ihre beiden Brüder ihr nachriefen, doch ignorierte sie dies und lief weiter ihres Weges…     Als Temari bei dem Haus der Familie Nara ankam, erwartete Yoshino sie bereits. Mit einem sanften Lächeln schloss sie Temari in ihre Arme, wobei das Lächeln ihre Augen nicht ganz erreichen konnten. Wie Temari erwartet hatte, waren Yoshinos Augen gezeichnet von dem Schmerz des Verlustes. Und trotzdem zeugte die Umarmung Yoshinos von Herzlichkeit und Freude. Es überraschte Temari, doch sie konnte deutlich spüren, wie viel Zuneigung die Ältere für die übrig hatte und das obwohl sie sie doch an ihren Sohn erinnern musste. So schaffte es die Zuneigung die Wut und die Rachegefühle in ihrem Herzen Stück für Stück zu verdrängen.   „Komm doch erstmal rein“, bat Yoshino Temari und trat zur Seite.   „Es freut mich, dass du gekommen bist, meine Liebe“, sagte Yoshino mit ruhiger Stimme und brachte Temari ins Wohnzimmer. Dort sah es noch fast genauso aus, wie bei Temaris letzten Besuch. Nur eine Sache hatte sich verändert. Auf der Kommode standen lauter Fotos von Shikamaru in verschiedenen Altersstufen, auch eines mit ihnen beiden war dabei. Davor waren ein paar Kerzen aufgestellt. Ein Zeichen ihrer Trauer.   Temaris Blick blieb an einem Kinderbild von Shikamaru hängen. Sie vermutete, dass er da gerade vier Jahre alt war.   „Das Bild kenne ich ja gar nicht“, sprach sie ihre Gedanken aus. Yoshino folgte ihrem Blick und ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen.   „Ja, ich kann mich noch gut an diesen Tag erinnern. Damals sind wir im Zoo gewesen und Shikamaru hat ganz verwundert die Hirsche angesehen. Er war von ihnen ganz verzaubert und da habe ich das Foto gemacht“, schwelgte sie in Erinnerungen. „Wenn du möchtest, kannst du es haben. Ich habe sicher noch irgendwo ein Abzug.“   Überrascht sah Temari Yoshino an, schüttelte dann aber den Kopf. In Yoshinos Blick konnte sie sehen, dass es sich bei dem Bild um eine kostbare Erinnerung für sie handelte. Die wollte Temari ihr auf keinen Fall nehmen. Ganz davon abgesehen, dass sie selbst genug Bilder von Shikamaru hatte, wenn sie sich an ihn erinnern wollte. Da brauchte sie keines, zu dem sie eh keine Verbindung hatte.     So verbrachten die beiden Frauen zusammen den Nachmittag. Die meiste Zeit sprachen sie nur über belangloses. Es schien so als versuchte die beiden Frauen jegliche Themen zu umgehen, die ihnen Trauer oder Schmerz bereiten könnten, wobei sich Temari jedoch fragte, warum Yoshino sie eigentlich zu sich eingeladen hatte.     „Komm, lass uns Essen machen“, sagte Yoshino schließlich und erhob sich aus ihrem Sessel. Temari nickte und tat es ihr gleich. Ihr war gar nicht aufgefallen, wie lange sie schon hier gesessen hatten. So langsam bekam sie sogar Hunger. Ein Gefühl das sie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr verspürt hatte… Meist hatte sie immer nur dann gegessen, wenn jemand ihr etwas vorgesetzt hatte und auch dann nur sehr widerwillig. Meist schnürte sich ihr schon nach den ersten Bissen die Kehle zu.   „Du fragst dich sicher, warum ich dich hierher gebeten habe, Temari“, sagte Yoshino bei den Essensvorbereitungen. Überrascht blickte Temari auf, nickte aber.   „Nun zum einen wollte ich dir das hier geben“, erwiderte sie, holte aus ihrer Tasche einen kleinen Schlüssel heraus und hielt diesen Temari entgegen. Verwirrt blickte diese Yoshino an, nahm den Schlüssel jedoch an.   „Als wir Shikamarus Angelegenheiten geklärt haben, haben wir entdeckt, dass er vor kurzen eine kleine Wohnung gekauft hat. Wir waren bisher noch nicht da, aber wir sind uns sicher, dass er sie gekauft hat, um mit dir nach eurer Verlobung dort zu leben. Shikaku und ich sind uns einig, dass du sie haben solltest“, erklärte sich Yoshino.   Temari wollte zunächst widersprechen, doch sie konnte in Yoshinos Augen sehen, wie wichtig ihr es war, dass sie diese Wohnung nahm und so beließ sie es für erste. Ob sie jedoch wirklich jemals die Wohnung betreten oder gar in ihr Leben würde, wusste sie noch nicht. Doch davon mussten Shikamarus Eltern ja nichts erfahren.   „Das ist aber nicht das einzige, was ich von dir wollte“, sagte Yoshino nach einer Weile.   „Was wolltest du denn noch?“, fragte Temari neugierig und sah zu der Älteren, diese aber blickte verlegen zu Boden, was sie zunehmend verunsicherte.   „Nun, Temari, ich möchte dich wirklich nicht damit belästigen“, begann sie. „Aber es gibt niemanden, den ich sonst fragen könnte. Wenn du nicht willst, musst du natürlich nichts sagen, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn es mir sagen könntest.“   „Was möchtest du denn wissen?“, fragte Temari unsicher, wusste sie doch nicht so ganz, ob sie wirklich wissen wollte, was Yoshino von ihr wollte.   „Ich möchte von dir wissen, was an dem Abend passiert ist, als Shikamaru sterben musste“, verkündete Yoshino schließlich und blickte Temari tief in die Augen.   Temari aber wich ihrem Blick aus.   „Ich weiß nicht, Yoshino, ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn du das erfährst“, erwiderte sie und das meinte sie auch so. Zu wissen, dass ein geliebter Mensch ermordet wurde war eine Sache, zu wissen, wie genau er gestorben war, war etwas ganz anderes.   „Ich habe lange überlegt, aber ich möchte es wirklich gerne wissen. Es lässt mir keine Ruhe mehr, Temari, darum bitte ich dich“, bat Yoshino eindringlich.   Temari seufzte tief. Sie hielt das ganze nach wie vor für eine dumme Idee, doch schließlich konnte sie Yoshino nichts abschlagen. Also gab sie nach und begann zu erzählen, was an jenem Abend passiert war. Sie begann bei dem Moment, als er sie abgeholt hatte, damit die Geschichte zumindest etwas Gutes hatte. Während Temari erzählte, wandelte sich Yoshinos Blick minütlich. Zuerst lag ein Lächeln auf ihren Lippen, doch dann trübte sich ihr Blick, dabei kullerten zunächst nur einige vereinzelte Tränen aus ihren Augen, bevor sie zu einem regelrechten Fluss wurden.   Temari dagegen zeigte keinerlei Emotionen und erzählte die Geschichte so neutral wie möglich, als wäre es nicht sie gewesen, die das ganze erlebt hatte. Dafür hatte sie all ihre Gefühle in die hinterste Ecke ihres Herzens verschlossen. Als sie jedoch Yoshino so sah, gelang es auch ihr nicht mehr und ihre Gefühle traten wieder an die Oberfläche. Zuerst schaffte es die Trauer, doch der folgten schnell die Wut darüber, dass diese wundervolle Frau nun auch so leiden musste. Und mit der Wut kamen schließlich auch die Rachegefühle zurück. Ihr Entschluss Shikamaru zu rächen wurde in diesem Moment nur noch verstärkt.   In dem Moment, in dem Temari mit ihrer Geschichte endete, schaute Shikaku in die Küche hinein. Temari hatte gar nicht bemerkt, dass er nach Hause gekommen war.   „Was ist denn passiert?“, fragte er mit überraschtem Blick auf seine Frau.   „Ich sollte jetzt besser gehen“, sagte Temari schnell und verschwand aus der Küche und schließlich aus dem Haus, ohne noch einmal zurück zu blicken, tat es ihr doch leid, dass sie Yoshino noch mehr Kummer bereitet hatte als sie ohnehin schon gehabt hatte. Da wollte sie sich nicht auch noch vor Shikaku erklären.   Es schien heute einfach nicht der richtige Tag zu sein, um mit der Familie zu reden, so schien sie doch alle heute irgendwie zu verletzen. Aber vielleicht gehörte das auch mit dazu, wenn sie sich voll und ganz ihrer Rache hingab. Vielleicht war es so sogar besser so, damit sie im Laufe ihrer Rache ihre Familie nicht noch weiter verletzte…     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)