World War League von Lunatic201 (Die Macht von Außen) ================================================================================ Kapitel 1: Vorwort - Die Saat wird gesät ---------------------------------------- Es bleiben einem nicht viele Freuden, wenn man weiß, dass man sie immer wieder haben kann. Und das auf ewig. Wenn man in der Lage ist, das Gefühl eines ersten Mals zu erlangen, doch wissend, dass man unendlich viel Zeit hat, um dieses erste Mal zu begehen, bekommt die süße Verführung der ersten Sünde einen bitteren Beigeschmack. Unsterblichkeit bedeutet Langeweile, denn irgendwann weiß und kennt man alles. Man weiß aus welchem Material Intrigen gesponnen sind, welche Farbe die Liebe wirklich hat, wie Wunder entstehen und eigentlich gar keine Wunder sind, woher sie ihre Kraft nehmen und wieso Menschen sie so sehr bewundern, wie selbst das Größte im Reiben der Zeit zum unwichtigen Staubkorn wird, man weiß dass die größte Freude vergänglich ist und lediglich eine Ablenkung vor dem unausweichlichen Ende, welches uns alle irgendwann ereilt, aber auch wieso das kleinste Molekül des Universums exakt an dem Platz sitzt, an dem es sitzen muss, damit nicht alles zusammenbricht, man weiß wie das Leben schmeckt, die Trauer bohrt, die Wut pocht, aber auch wie der Tod riecht. Man weiß wie der Schrei des Krieges klingt und dass die Verzweiflung der Schwachen manchmal die Reinigung der Starken bedingt. Solch eine schier unendliche Weisheit wird nur Kreaturen zu Teil, die über den üblichen Lebewesen stehen. Einige von ihnen lieben ihr Dasein. Sie erschaffen Wundervolles und erfreuen sich an an den Wundern, die sie selbst erschaffen haben. Sie erlauben dem Schicksal stattzufinden und überlassen ihre Schöpfung der Eigenständigkeit. Dies nennt man dann Evolution. Doch Aurelion Sol war anders. Der Gebieter und Erschaffer der Sterne und des Kosmos war einer der Ältesten seiner Zunft. Er war der Grund weshalb es den Kosmos und das Diesseits gab. Er war der Vater dieses Universums und das Schlimmste war, dass er es wusste. Wenn er sich den Kreaturen der Welt zeigte, staunten diese ob seiner Schönheit. Er war schließlich nicht nur ein Gigant, der so groß war wie ganze Gebirgsketten, sondern auch an Anmut nicht zu überbieten. Der riesige Drachenkörper Aurelion Sols war gefüllt mit Abermillionen Sternen, Kometen und Galaxien, welche ein Farbenspiel präsentierten, das Menschen teilweise dazu brachte Religionen, ob dieses wunderschönen Schauspiels, zu gründen. Einige flehten um Gnade, sobald sich der riesige Himmelsherrscher zeigt. Einige starrten ergriffen. Andere wiederum verfielen in wilde Gebete. Einige nannten ihn einen Gott, andere eine Vision. Es soll sogar Kreaturen gegeben haben, die den Verstand verloren als sie ihn erblickten. Zwar ignorierte Aurelion Sol weiterstgehend das Treiben der Menschen, doch über die Jahrtausende hatte sich, geblendet von Schmeicheleien, in ihm eine Bastion an Eitelkeit und Arroganz aufgebaut, vor der nicht einmal seine Artgenosen verschont blieben. Bei Unterredungen mit ihnen über das Wohl der Dimension und ihrer Bewohner, wurde Aurelion Sol niemals müde zu erwähnen, dass es sein erschaffener Kosmos war, der die Basis für alles bilde. Wenn er wolle, könne er dieser Welt, nur durch ein Fingerschnipsen, jegliche Lebensgrundlage entziehen. Das war schließlich auch der Grund, weshalb er jede Diskussion und Unterredung gewann. Falls es wirklich hart auf hart kommen sollte, konnte niemand so gut drohen und terrorisieren wie Aurelion Sol. Doch es gab eine Sache, die der große Himmelsherrscher unterschätzte. Wenn man alle Zügel in den Krallen hält und sich eine gesamte Dimension so zurechtlegt wie man mag, indem man selbst kreiert und die anderen Beteiligten dazu zwingt nach seinen eigenen Vorstellungen Welten zu formen, lebt man irgendwann in einer Dimension, die vorhersehbar geworden ist. Und die Vorhersehbarkeit gepaart mit ewigem Leben ergibt bohrende und piesackende Langeweile. Daher entdeckte der große Himmelsherrscher eine Leidenschaft für sich. Das Leid. Zu Beginn quälte er niedere Tiere. Später wurden es Säugetiere, da sie so schön quiekten, bis er auf den Menschen überging. Zunächst tötete er nur. Später begann er das Foltern. Irgendwann umschloss er mit seinen riesigen Krallen ganze Dörfer und isolierte sie von der Außenwelt. Nur um zuzusehen wie die Menschen in seinen Händen verhungerten und sich gegenseitig töteten und auffraßen. Er ließ sich stets neue Gemeinheiten und Boshaftigkeiten einfallen, nur um sein tristes Dasein aufzuhübschen. Man könnte meinen, dass Aurelion Sol nach und nach den Verstand verlor. Doch als ihm das ebenfalls nicht genug war und er nach einer Steigerung seiner Taten suchte, entschloss er sich eines großen Projektes anzunehmen, an dem er nur als Regisseur teilnehmen sollte. Ein Projekt, das nicht nur ein einzelnes Dorf einschloss oder einzelne Kreaturen sterben ließ. Er wollte eine gesamte Welt aufrühren und gegeneinadner aufrbingen. Kurzum: Er wollte eine Welt brennen sehen, um sich an der Wärme des flammenden Untergangs zu wärmen. Doch um dieses Projekt zu realisieren, musste er eine geeignete Welt in seiner Dimension finden. Eine Welt mit vielen Konflikten und einer unstillbaren Gier. Eine Welt, die nicht nur Krieg kennt, sondern auch Freundschaft. Eine Welt, die starke Krieger besitzt sowie kluge Köpfe. Ein paar schräge Charaktere und Geisteskranke wären ebenfalls nicht übel, befand er. Er suchte nach der perfekten Mischung wie ein Chemiker und ging dabei vor wie ein Kritiker, Planeten wurden begutachtet, Welten durchforstet und Bevölkerungen analysiert. Aurelion Sol wollte keine x-beliebige Welt für seine große Aufführung. Es musste einfach passen. Es brauchte dieses Kribbeln, welches einen durchdringt, wenn man das Gefühl hat genau das Richtige gefunden zu haben. Und so suchte er Jahrhundert in allen Galaxien nach einem perfekten Schauplatz bis er ihn tatsächlich fand: Runeterra. Kapitel 2: Ein eigensinniger Traum ---------------------------------- DAS BUCH EIS   Ort: Norden Valorans Er schreckte aus dem Schlaf auf. Sein Atem war schwer und er brauchte einige wenige Sekunden um zu realisieren wo er war, obwohl er sich in dem Zelt befand, welches er sein zu Hause nannte. Er schlug die dicke Felldecke von seinem Körper und setzte sich auf. Es fühlte sich an als hätte er die Nacht kein Auge schließen können, obwohl er ungewöhnlich früh zu Bett gegangen war. Schon am Abend zuvor hatte er unbeschreibliche Kopfschmerzen verspürt, weil er in der Schlacht einen Schlag auf den Kopf erhalten hatte. Zunächst dachte er, er habe sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, doch nun schien der Schmerz verflogen zu sein und auch das Schwindelgefühl war fort. Dennoch fühlte er sich schwach und ermattet. Anscheinend hatte der Traum eine Menge Kraft gekostet. Der Schweiß lief ihm vom Gesicht und er griff nach dem Tuch, welches sich, über einen Holzeimer gehangen, neben seinem Bett befand. Der Eimer war zu Hälfte mit Wasser gefüllt. Noch am Vorabend hatter er ihn in weiser Voraussicht aufgefüllt. Auf der Oberfläche hatten sich schon kleine Eiskristalle gebildet. Er wusch sich die Gliedmaßen und das Gesicht und schüttelte die Müdigkeit ab, obwohl ihn dieser Traum nicht losließ. Er legte das Handtuch auf seinen Schoß, bevor er den Blick durch sein zu Hause gleiten ließ. Die blauen Runen, welche auf die Außenseite seines Zeltes gemalt waren, schlugen durch als die Morgensonne das Zelt traf und alles erhellte. Das Zelt war groß genug, dass man aufrecht darin stehen konnte. Es bot Platz für ein Bett und eine Feuerstelle. Auf sein Dringen hin, wurde ihm genehmigt, dass er einen kleinen Stuhl und Tisch bekam, auf dem er die Nachrichten aus der Geisterwelt notieren konnte, welche ihn von Zeit zu Zeit erreichten. Sie waren Orakelsprüche, deren Deutung von Zeit zu Zeit durchaus schwierig und bipolar sein konnte. Darauf waren einige Pergamente verteilt, welche von seinen letzten Träumen zeugten, die dem der vergangenen Nacht allerdings in der Intensität um Einiges nachstanden. Er beschloss diesen Traum nicht, wie üblich, sofort niederzuschreiben. Er überlegte, ob er ihn direkt vortragen sollte. Auf dem Boden lag ein Teller mit Essensresten des Vortages. Darunter ein Tierfell, welches gegen die Kälte des Bodens schützte. Bestimmt war die Pampe vor wenigen Tagen noch ein Fisch gewesen. Es sah alles Andere als appetitlich aus, aber er war nicht zimperlich und schaufelte die letzten Brocken des Fraßes in seinen Mund. Danach warf er den Holzteller geräuschvoll wieder auf den Boden. Er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen: Dieser Traum – er kam nicht von den Geistern, die ihn sonst kontaktierten. Diese Geister waren Geister des Waldes, der Tiere und der Natur. Doch dieser Traum – er kam nicht von dieser Welt, dachte er. Es fühlte sich eher an als hätte ihm jemand eine Botschaft hinterlassen und das war es, was ihn beunruhigte. Er warf das feuchte Handtuch unter großem Platschen wieder auf den ihm vorgesehen Platz, sodass etwas Eiswasser auf den Boden schwappte. Er konnte es nicht aufwischen, da sein einziges Handtuch durchnässt war und er es gerade im Holzeimer versenkt hatte. Hier draußen besaß man nun einmal nicht viel. Die Hauptsache war, man hatte genug warme Kleidung und Verpflegung, denn in einer Eiswüste kann man sich nur auf die Basis des Daseins beschränken. So etwas härtet ab. Er drehte sich zur Seite und ließ seine Füße auf den Boden gleiten, doch blieb noch am Bettrand sitzen. Das kärglich zusammengehämmerte Bettgestell ächzte qualvoll, doch hielt stand. "Dieser Traum... Er fühlt sich unnatürlich an.", murmelte er zu sich selbst. Er strich sich nachdenklich durch den bart und überlegte ob er der Stammesanführerin wirklich darüber berichten sollte oder ob es womöglich doch nur ein unwichtiger bizarrer Traum war. Er kannte ihre Kälte und Berechnung, aber wusste auch, dass sein Wort eine große Bedeutung für sie hatte. Wenn er zu schwarzmalerisch und aufgewühlt berichten würde, könnte er einen Krieg lostreten, denn die Stammesführerin nahm Omen und Orakelsprüche niemals auf die leichte Schulter. Er scheute keinen Kampf und wenn es sein musste, wusste er sich zu verteidigen. Doch erst am gestrigen Tag hatte der Stamm eine entscheidende Schlacht verloren und der Zeitpunkt für unüberlegte Angriffe, für die die Stammensführerin bekannt war, war schlecht. Bei dem Gedanken daran, wurde er nervös. Er stand auf und ging langsam im Zelt auf und ab. Andererseits könnte die Stammanführerin den Ernst der Lage verkennen, wenn er seinen Traum zu sehr herunterspielen würde. Es dauerte nicht lange und die Eiseskälte der Winterlandschaft im Norden Avalons war duch die Zeltwände gebrochen und Udyr legte sein Bärenfell und Stiefel an, um sich vor der Kälte zu schützen. Im Stammeslager befanden sich vorwiegend Krieger und diejenigen, die keine Krieger waren, waren hauptsächlich Frauen, die allerdings ohnehin heillos in der Unterzahl waren. Viele liefen irgendwann über Nacht davon, weil sie die brutale Atmosphäre des Lagers nicht ertragen konnte. Die meisten flohen nach Freljord, dem Haus Avarosa, dem Erzfeind der Stammesanführerin. Sie befand das für gut, denn ihre Krieger würden noch wilder kämpfen, wenn sie wissen, dass ihre Frauen dorthin geflohen waren. Wer würde nicht am Liebsten den Ungehorsam seines Weibes eigenhändig bestrafen? Dass die Meisten der Frauen auf der Flucht dorthin von der Kälte der Eiseswüste dahingerafft worden sein mussten, verschwieg sie und die meisten Kämpfer waren zu dumm um es selbst zu begreifen. Er beschloss seinen Traum so neutral wie möglich zu berichten, dass die Stammesführerin eine objektive Entscheidung treffen konnte. Als er den Beschluss gefasst hatte, verließ Udyr umgehend das Zelt. Als er nach draußen trat, schien ihm die Sonne entgegen und er bemerkte, dass es in der Nacht geschneit hatte. Dies war seine Heimat und Udyr die Kälte von Klein auf gewohnt. All diejenigen des Stammes, die sein Alter erreicht hatten und noch lebten, würde die Kälte höchstwahrscheinlich nicht mehr umbringen, denn man hat mit ihr leben gelernt. Eine andere Sache war es beim Hunger. Weit im Norden gab es reichlich wenig, was man an Nahrung finden konnte, geschweige denn anbauen. Ab und An erlegte man vielleicht einen Poro, jedoch war an den pelzigen Biestern auch nicht viel dran außer Haut und Fell. Aber die Knochen waren verdammt gute Zahnstocher, wenn man wusste wie man sie behandeln musste. So ernährte sich der Stamm vorwiegend von der Eis-Fischerei, Poro-Knochenmark und der Brandschatzung umliegender Dörfer. Das wollte Udyr nicht gutheißen, aber er wusste, dass es in dieser Eishölle zu überleben galt und wenn er sich entscheiden musste, ob er starb oder ein Anderer, fiel ihm die Wahl leicht. Die Nachtwachhe hatte gute Arbeit geleistet und die Pfade des Lagers vom Neuschnee freigeschaufelt, so dass sein Weg nicht so anstrengend werden würde, wie er zunächst angenommen hatte. Es war eine unwirtliche Gegend, vor der man sich schützen musste, deshalb musste jeder Mann im Stamm Kämpfen lernen. Den Frauen stand es frei. Ab und An stießen Fremde aufs Lager, die sich als Soldaten anschließen wollten. Alles war im Rahmen des Möglichen, allerdings bestand die Anführerin auf regelmäßige Kämpfe untereinander sowie bedingungslosen Gehorsam und Treue den Stammesritualen gegenüber. Udyr hatte nur einmal miterlebt wie ein Fußsoldat es gewagt hatte die Traditionen des Stammes zu hinterfragen, indem er die regelmäßige Kämpfe als Schwächung der eigenen Reihen ansah. Daraufhin hatte sie den armen Bastard erschlagen. Während einer Stammesversammlung. Vor allen Beteiligten. Viele dachten, dass sie überreagiert hätte und verrückt sei, aber Udyr wusste es besser. Er wusste, dass der kleinste Samen des Zweifels und das kürzeste Zögern in dieser Eiswüste das Ende bedeuten könnte. Da braucht man nicht nur Männer, die kämpfen können, sondern Männer, die für ihre Brüder und Schwestern im Stamm sterben würden. Das geht nur über eine total Identifikation mit den Regeln. Egoismus war für die Anführerin Schwäche – und Schwäche kann man sich nicht leisten. Udyr hatte das verstanden. Er durchstreifte das Lager und war schon fast am Zelt der Anführerin angekommen als er eine dunkle, kratzige Stimme hinter sich vernahm, die ihn aus seinen Gedanken riss. "Du weißt doch, dass ich dieses Bärenfell nicht mag.", polterte sie. Udyr blieb stehen und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Ich respektiere dich, weil du so eng mit der Natur verbunden bist und ich weiß, dass du das Fell nur gefunden hast, aber mal ehrlich. Ich trage doch auch keine Menschenhaut auf meinem Rücken.", fuhr sie fort. Udyr dreht sich um und erwiderte: "Aber du musst zugeben, dass ein Bärenfell auf einem Menschen in einer Eiswüste mehr Sinn ergibt, als eine Menschenhaut auf einem Ursaren, Volibear. Dein Fell schützt dich genug. Ich musste meines erst einmal finden." Volibear stand nur wenige Meter von Udyr entfertn. Bei seiner riesenhaften Gestalt war es unglaublich wie geschickt er sich anschleichen konnte. Seine breite Statur versperrte den Hauptpfad des Lagers und einige Fußsoldaten warteten brav hinter ihm, bis er sich von selbst bewegte, um zu passieren. Volibear war zwar kein unangenehmer oder prahlerischer Krieger, anders als viele Andere in dem Lager, aber sein Aussehen allein genügte, um sich nötigen Respekt zu verschaffen. Wen würde ein über zwei einhalb Meter großer sprechener Bärenmensch nicht nervös machen? Sein weißes Fell waberte im eisigen Wind. An der Brust und um die Schnauze gab es Stellen, die von der letzten Schlacht noch rot gefärbt waren. Volibear hatte tapfer und gut gekämpft, aber der Stamm war in der Unterzahl und man musste sich nach einigen Verlusten wieder zurückziehen, um nicht die gesamte Streitmacht zu verlieren. Die Kämpfer des Stammes waren in drei Trupps eingeteilt, die alle ihre eigenen Befehlshaber hatten. Diese wiederum unterlagen dem Kommando der Stammesführerin, die lediglich eine Spezialeinheit unter ihrem Kommando hatte. Die Trupps hatten verschiedenfarbige Bänder erhalten, welche sie am Oberam zum Knoten gebunden hatten, damit die Befehlshaber im Kampf ihre Männer schnell erkennen und lenken konnten. Udyr war der Befehlshaber des grünen Trupps. Volibear der des Blauen. Die Spezialeinheiten der Anführerin trugen hingegen schwarze Bänder. Udyr und Volibear waren als Befehlshaber auf derselben hierarchischen Stufe im Lager und jeder respektierte sie. Fast jeder. Volibears Trupp war der Einzige, der nicht nur Menschen unter sich hatte, sondern auch einige Ursaren, was seine Männer zu den gefährlichsten der drei Trupps machte. "Da hast du Recht, mein Freund. Deine Männer haben sich gut geschlagen, Udyr. Hattet ihr schwere Verluste?", fragte der Ursar. "Bei mir war es bei Weitem nicht so verheerend wie bei Olaf. Als ich merkte, dass es keinen Sinn gemacht hat, hab ich mich in die Defensive begeben und gerettet was es noch zu retten gab, aber Olaf...", Udyr macht eine kleine Pause und schüttelte ernst den Kopf, während ihm ein Seufzer entwich. "Er hat, glaube ich, die schwersten Verluste hinnehmen müssen." "Ohne eine Wertung über Olaf abgeben zu wollen, ist seine Kriegsführung immer so aufgebaut, dass es viele Verluste geben könnte, wenn etwas schief läuft. Er hat nie einen Rückzugsplan im Kopf. Dadurch verlieren wir viele Männer." "Er besitzt nun einmal diese Alles-oder-Nichts-Mentalität. So sind Berserker. Sie sind für bedingungslosen Kampf geboren." "Ich weiß nicht so Recht. Jeder hat seine Beweggründe, aber warum er unbedingt im Kampf fallen will... Ich stelle mir das nicht so angenehm vor. Vor Allem nicht für die bedauernswerten Soldaten unter seinem Kommando, die keine Berserker sind, aber dennoch seine Befehle ausführen." "Nun ja... Er ist nun mal anders als wir, Volibear. Du bist ein Kämpfer der Bestimmung. Ich bin ein Kämpfer der Erleuchtung, doch beide haben wir unseren Weg erst finden müssen. Olaf wurde als Krieger geboren. Da verstehe ich es, dass er auch als Krieger sterben möchte." "Mir scheint, du könntest Recht haben, Udyr. Wie dem auch sei. Hast du Lust ein wenig zu trainieren? So eine Niederlage wie die letzte hat gezeigt, dass wir uns noch mehr stählen müssen." "So gerne ich mich von dir auch verprügeln lassen würde, mein treuer Freund, muss ich abwinken. Ich muss zur Stammesführerin wegen eines wichtigen Anliegens. Frag doch deine Ursaren. Ihr kämpft wenigstens in derselben Gewichtsklasse." Volibear stutzt:"Wichtiges Anliegen? Worum geht es?" Er war ziemlich direkt und hielt von Privatsphäre nicht sehr viel. "Tut mir Leid, alter Freund. Das muss ich erst einmal mit ihr besprechen, denn ich möchte nicht, dass uns jemand hört und Gerüchte entstehen. Du weißt doch, die Zeltwände hier haben Ohren. Außerdem weiß ich noch nicht einmal ob es wirklich wichtig ist. Das muss sie entscheiden." "Für Entscheidungen ist sie da. Das stimmt.", fuhr Volibear fort und nickte zuistimmend. "Aber sobald du Informationen hast, die wichtig für das Lager sind, lass es mich umgehend wissen. Du findest mich entweder auf dem Trainingsplatz oder in der Waffenkammer." "Ich finde dich doch sonst immer in der Essensausgabe.", scherzte Udyr. "Ich habe gestern 14 Männern den Kopf abgebissen. Das sollte für den Tag vorhalten, meinst du nicht auch?", sagte Volibear trocken. Udyr wusste, dass es kein Scherz war. Der Ursar hob seine Pranke zum Abschied und drehte sich zum Gehen um. Einer der Fußsoldaten, die immer noch hinter ihm standen, versuchte rücklings auszuweichen, doch stolperte über seine eigenen Beine. Als Volibear nach ihm griff, um ihn wieder auf die Beine zu stellen, wurde dieser kreidebleich wie der Schnee, der ihn umgab. "Du bist wohl neu hier.", sagte Volibear und stellte den jungen Burschen, der am ganzen Körper zitterte, auf. "Du brauchst keine Angst zu haben. Pass nur auf, dass du nicht wieder umfällst. Dumme Verletzungen können wir nicht gebrauchen." Er gab dem Soldaten im Vorbeigehen einen aufmunternden Klaps auf die Schulter, worauf dieser unter der Last von Volibears Pranke leicht in die Knie ging. Für kurze Zeit hatte Udyr es geschafft sich von seiner Unterredung ablenken zu lassen, doch der Ernst der Lage war nicht zu verkennen. Er wusste, dass das womöglich die große Möglichkeit war den Stamm in eine bessere Zeit zu führen, aber womöglich auch das Ende bedeuten würde. Es war ein Alles oder Nichts Szenario, welches kommen würde, wenn sein Traum tatsächlich eine Vision oder Nachricht war. Es war nicht mehr weit bis zum Ziel, doch je näher er dem Zelt der Anführerin kam, desto mehr Soldaten begegneten ihm. Einige standen scheinbar ohne Beschäftigung in der Gegend umher, allerdings wirkten sie angespannt. Andere hingegen versuchten zumindest beschäftigt auszusehen und polierten konzentriert ihre Waffen, aber keiner von ihnen sprach. Außerdem trugen sie alle rote Bänder um die Oberarme, so dass sie weder zu Udyrs oder Volibears Trupp angehörten. Ebenfalls waren es keine Spezialeinheiten. Nur wenige Augenblicke später wusste Udyr, weshalb die Soldaten so unter Strom standen. Die Aufmerksamkeit, die sie aufbrachten galt nicht der Waffenpflege, sondern viel mehr einem anderen Schauspiel, bei dem sie kein Wort und keine Nuance verpassen wollten, denn das war der Stoff aus dem Geschichten und Gerüchte im Lager gemacht waren. Allem Anschein nach war Olaf, der Anführer des roten Trupps, gerade in einer Unterredung mit der Anführerin, was selbst 30 Meter rum ums Zelt herum, trotz pfeifenden Windes, niemandem entgangen war, denn Olaf schrie aus voller Kehler seinen Zorn heraus. Seine Soldaten standen um das Zelt herum und hörten ihrem Befehlshaber zu. "DU WUSSTEST, DASS ICH DAS NICHT WOLLTE! EIN RÜCKZUG IST UNEHRENHAFT!" Die Worte der Anführerin konnte man nicht verstehen. Sie behielt die Fassung. Eigentlich hatte Udyr sie noch nie schreien hören. Ihre kühle und schneidende Art war furchteinflößend genug. Inzwischen stand er vor dem Zelt, in dem sich Olaf und das Stammesoberhaupt befanden. "DAS IST REINSTER MÜLL, DEN DU VON DIR GIBST! DU HAST MIR DEN EHRENVOLLEN TOD VERSPROCHEN! STEH ZU DEINEM WORT UND PFEIF MICH NIE WIEDER ZURÜCK ALS WÄRE ICH EIN KÖTER! WENN DU MICH EINMAL IN DEN KRIEG GESCHICKT HAST, DANN LEBE DAMIT, DASS ICH IHN ZU ENDE BRINGE!!" Kurz nachdem Olaf diese Worte gebrüllt hatte, kam er auch schon aus dem Zelt gestapft. Sein blondes Haar war verfilzt und seine Haut von dem Blut seiner Gegner des Vortages verkrustet. Anscheinend war er noch nicht dazu gekommen den Unrat des Krieges von seinem Körper zu waschen. Seine Äxte thronten gekreuzt über seinem Rücken und ihre Griffe ragten weit über Olafs Kopf in den kalten Himmel. Er hatte wieder diesen starren, geisteskranken Blick, den er immer hatte, wen sein Blut zu kochen begann. In diesen Momenten konnte er nur selten die Ruhe bewahren. Er schritt an Udyr vorbei ohne ihn zu beachten und normalerweise hätte Udyr ihn auch passieren lassen, aber nicht, wenn Olaf sich der Stammesanführerin gegenüber so respektlos verhielt. Er packte den Berserker am Arm und zwang ihn so anzuhalten. Die langen Fingernägel bohrten sich in den Oberarm, doch Olaf ließ sich nichts anmerken und blieb wie vereist stehen. Die Wut kochte in ihm kochte. "Glaubst du allen Ernstes, dass du so mit ihr reden kannst?", fragte Udyr einschneidend. "Lass mich sofort los oder ich schlage dir eine Schneise in dein Gesicht, so dass dich nicht einmal deine verdammten Geister wiedererkennen.", zischte Olaf mit hochrotem Kopf, ohne Udyr auch nur eines Blickes zu würdigen. Er starrte blind nach vorne und Udyr wusste, dass eine offene Konfrontation mit ihm unangenehm werden würde. Olaf wurde noch nie im Kampf besiegt und war stetig auf der Suche nach einem ehrenvollen Kontrahenten, der ihn töten konnte. Wenn man nichts zu verlieren hat, ist man wohl am gefährlichsten. Falls Udyr auf die Drohung eingehen sollte, würde es nach Stammestradition einen Kampf Mann gegen Mann geben. Bis der Erste kapitulierte oder starb und Udyr wusste, dass weder er noch Olaf kapitulieren würden. Die Soldaten starrten und schwiegen. Einige legten die Tücher zum Putzen ihrer Waffe beiseite und grinsten diabolisch. Olafs Männer galten als die Loyalsten, wenn es um ihren Befehlshaber ging. Sie waren auch der Meinung, dass sie die besten Soldaten des Lagers waren und würden zu gerne ihren Kommandanten bei einem Sieg über einen anderen Befehlshaber sehen. Es war totenstill im Lager, lediglich das wütende Schnauben Olafs, der pfeifende Wind und die bohrenden Blicke der hyänenhaften Soldaten bohrten sich in Udyrs Kopf. Niemand wusste, wie Udyr reagieren würde. Wenn ein Berserker solche Drohungen aussprach, dann meinte er sie auch so wie er sie formulierte. Man hatte die bedingungslose Brutalität Olafs jedes Mal auf dem Schlachftfeld beobachten können, doch Udyr hingegen war ein Taktiker. Es gab viele Gerüchte im Lager, die besagten, dass Udyr sich im Kampf immer dem Gegner anpassen würde, um übermäßige Brutaltitä zu vermeiden. Er würde sich nun ganz exakt überlegen, was er als nächste machen würde. Noch bevor die Lage misslicher werden konnte, lockerte Udyr den Griff und Olaf verschwand schnellen Schrittes hinter dem nächsten Zelt, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Die Fußsoldaten allerdings hatten ihr schäbiges Grinsen immer noch nicht von Udyr abgewandt. Er beachtete Olafs Männer nicht weiter und betrat das Zelt der Stammesanführerin. Als er hineinkam, saß sie auf der Kante ihres Bettgestells, so wie Udyr es vor wenigen Minuten in seinem Zelt selbst getan hatte. Sie stütze ihren Oberkörper auf den Knien ab und starrte mit ihren eisblauen leeren Augen einige Meter von sich entfernt auf den Boden. Keine Gesichtsregung und auch keine Bewegung würde ihm verraten was sie gerade dachte, geschweige denn was sie gerade fühlte, sofern sie überhaupt dazu in der Lage war etwas zu empfinden. Udyr blieb im Eingang stehen, um nicht unhöflich zu wirken. Ihre blonden Haare waren zu einem einfachen Zopf geflochten und fielen über ihre linke Schulter nach vorne. Die Haut erinnerte an die Reinheit des frischen Schnees und obwohl sie die Stammesanführerin war, wirkte sie in diesem Moment weich und verloren. Wenn man sie so sah, dachte Udyr, wurde man Zeuge wie sehr das Schicksal einen Menschen verändern konnte. Wäre sie nicht hier geboren worden, sondern in Demacia, hätte sie ebenso gut eine adelige Schönheit sein können. Doch mit ihrem Schicksal und Orakelspruch war sie das, was sie war. Eine Kriegerin, an der sich nur ganz wenige Männer im Kampf nicht die Zähne ausbeißen würden. Ihre Narben zeugten davon. Sie besaß fast an jeder Körperstelle Spuren des Kampfes und Udyr wusste das, weil er sie im Kampf gesehen hatte und auch ihre unzählichen Verletzungen. Unter ihren Tiermänteln, Rüstungen und Helm musste sie fast bis zu Unkenntlichkeit vernarbt sein. Ihr Zelt war ebenso ausgestattet wie das seine, nur ohne Tisch und Stuhl. Sie legte großen Wert darauf, dass die Zelte nur mit dem Nötigsten für jeden Kämpfer ausgestattet waren, obwohl sie Jedem, passend zu seinen Aufgaben, einen Wunsch fürs Zelt gewährte. Sie hasste Neid unter Geschwistern und so gab sie ihren Stammesbrüdern und -schwestern keinen Anlass dazu. Ebenso wie Udyr seinen Tisch bekommen hatte, hatte auch sie eine Besonderheit in ihrer Unterkunft. Statt des Mobiliars besaß sie einen Hintereingang, um direkten Zugang zum Gehege ihres Reittieres zu haben – ein riesiger Freljord-Eber, der auch ohne eine solche Kriegerin auf dem Rücken alleine Schlachten entscheiden würde. Udyr hatte nur dieses eine gezähmte Exemplar gesehen. In der freien Wildbahn waren diese Tiere unberechenbar. Sie nannte ihn Rasgard. Im Lager nannte man das Schwein, hinter ihrem Rücken, allerdings auch Drecksvieh, da es des Nachts so zu schnarchen vermochte, dass die Meisten nicht schlafen konnten. Rechts neben dem Eingang war eine Vorrichtung, die ihren großen Morgenstern griffbereit hielt, sodass sie nur einen Griff und zwei Schritte brauchte um kampfbereit auf ihrem Kriegseber zu sitzen. Sejuani schien gar nicht bemerkt zu haben, dass Udyr hereingekommen war, denn sie regte sich kein Stück. "Stammesanführerin? Ich habe ein Anliegen, welches ich mit Ihnen besprechen muss.", sagte Udyr. "Komm rein, Udyr.", befahl sie. "Was gibt es?" Ihr Klang war das Gegenteil ihres Aussehens. Während sie ihre Schönheit nicht verbergen konnte, sprühte ihre Stimme geradezu vor Kälte und Berechnung. Diese Tonlage beschrieb Sejuani am Besten, denn sie suggerierte, dass sie Nichts an sich heranlassen würde, was ihr schaden könnte. "Macht Olaf Probleme?" "Das ist ein Thema, dass dich nicht zu interessieren hat." "Mit Verlaub – ich finde es unmöglich wie er mit euch spricht, Stammesführerin." "Höflichkeit gewinnt keine Schlacht." "Aber Höflichkeit ist eine Form des Respekts und Respekt ist wiederum die Basis von Treue." "Seine Loyalität steht nicht zur Diskussion, Udyr. Ich werde auch nicht zulassen, dass Zwietracht unter meinen Männern herrscht. Ihr seid hierarchisch auf einer Ebene und solltet gemeinsam arbeiten, damit ihr mich am besten unterstützen könnt. Jeder, der das nicht versteht, ist hier Fehl am Platz. Ist das klar?", verdeutlichte Sejuani in einem kalten und ruhigen Ton. Es dauerte einige Sekunden bis Udyr diesen Satz sacken lassen konnte. Nur vor wenigen Augenblicken hatte Olaf ihn bedroht, doch er zog es vor die Sache für sich zu behalten. Der Stamm hatte zur Zeit genügend Probleme, befand er und erwiderte die Forderung nur mit einem gehorsamen, aber ehrlich gemeintem Nicken. "Nun denn... Dein Anliegen wird nicht Olafs Auftreten sein, also sprich.", fuhr Sejuani fort. Udyr atmete tief durch und fuhr dann mit langsamer, aber ernster Stimme fort: "Ich hatte einen Traum. Eher eine Art Vision." Sejuani nahm das erste Mal den Blick nach oben und sah ihn direkt an. Ein Gefühl der Kälte jagte ihm durch die Glieder, als ihre starren Augen ihn durchdrangen. Sie wirkte fast wie eine Puppe. Hübsch, aber irgendwie leblos. "Erzähl mir von deiner Vision.", sagte sie und deutete auf das Tierfell vor ihr auf dem Boden, was bedeutete, dass Udyr sich setzen durfte. Er ließ sich im Schneidersitz vor dem Lagerfeuer, welches im Zelt brannte, nieder. Durch eine Öffnung im Dach konnte der Qualm nach Außen dringen. Wie Sejuani bei der Öffnung nicht erfror, war Udyr ein Rätsel. "Ich werde euch den Traum nachzeichnen.", sagte er und griff in den kleinen Beutel, der an seinem Gürtel befestigt war. Seine Hand kam ruckartig aus dem Beutel geschossen und hielt über dem Feuer inne, daraufhin öffnete sie sich langsam und ließ ein rostfarbenes Pulver in die Flammen rieseln. Das Pulver entzündete sich, worauf ein grünlich-dunkler Rauch emporstieg und auf Sejuanis Augenhöhe stehen blieb. Er verformte sich zu einer kleinen Miniaturform Udyrs. Auch wenn diese Form der Darstellung etwas aufgebauscht wirken mochte, wusste Udyr, dass es das Beste war, wenn die Stammesanführerin den Traum so erleben würde wie er ihn erlebt hatte. Nur so konnte er sicher stellen, dass er nichts verdreht oder falsch darstellte. Womöglich würde Sejuani zum Schluss alles anders sehen als er. "Ich war im Traum in einem Gespräch mit den Geistern gefangen.", fuhr er mit sonorer Stimme fort, währen neben dem qualmenden Miniatur-Udyr vier Tiergeister auftauchten, die ihn umringten. Diese kleine Qualmgemeinschaft sah aus wie eine Meditationsgruppe, welche sich blind vertraute. "Sie resümierten unsere verlorene Schlacht und sprachen mir Mut zu, dass der meinige Weg der Richtige sei und dass der Verlust einiger meiner Soldaten mich nicht entmutigen dürfe, doch plötzlich wurde ich meinem Traum entrissen." Udyr warf erneute eine eine kleine Prise des Pulvers ins Feuer. Eine riesige Pranke aus Rauch griff nach seiner Miniaturform und verwibelte die Geister. Sie schnellte nach oben bis an die Zeltdecke und warf den kleinen Udyr wieder in Richtung Feier. Dieser verbrannte mit schmerzverzerrtem Gesicht, nur um kurz darauf erneut emporzusteigen und sich hektisch nach allen Seiten umzusehen. "Ich war verwirrt.", sagte Udyr und beobachtete dabei sein kleines Ich, welches über dem Feuer ratlos umhertapste und zu verstehen versuchte, was soeben geschehen war. "Ich kannte diesen Ort nicht, an dem ich war. Weder aus Lebzeiten, noch aus meinen sonstigen Träumen. Dieser neue Ort wirkte unnatürlich, fremd und inszeniert. Noch bevor ich wirklich verstehen konnte, was passiert war, tauchte es auf." Nun warf Udyr eine geballte Ladung des Pulvers in das Feuer und ein überdimensionaler Drache tauchte vor seinem kleinen qualmenden Ich auf. Diese neue Qualmfigurwar so groß, dass die Krone, die sie trug, durch die Öffnung des Zeltes nach oben herausragte. Die Szenerie war so bedrohlich, dass Sejuani sich aus ihrer lockeren Haltung aufrichtete. Sie war deutlich angespannt und von der Erzählung gefesselt. "Sterbensangst durchfloss meinen Körper und mein Hirn war nicht bereit einen anderen Gedanken zu fassen als Flucht, doch die Beine boykottierten den Rückzug und rührten sich nicht. Zunächst dachte ich, dass es womöglich ein Bildnis über den übermächtigen Gegner der letzten Schlacht war und ein Zeichen, dass ich nicht hätte fliehen sollen, doch dann begann das Ungetüm zu sprechen." Der qualmende Riesendrache schwebte ganz dicht vor den kleinen Udyr und begann seinen Mund zu bewegen als würde er sprechen. Udyr selbst synchronisierte ihn und verlieh dem Schauspiel durch seine klare und deutliche Stimme eine besondere Atmosphäre. "Du darfst dich geehrt fühlen, Sterblicher. Kaum Jemand deiner Art vermag solch ein Glück zu besitzen und einen Blick meines Anmutes zu erhaschen. Und du, mein lieber Udyr, hast sogar doppeltes Glück. Du darfst Sejuani eine Nachricht überbringen und demnach sogar meiner Stimme lauschen. Wahrscheinlich fragst du dich, woher ich deinen Namen kenne und auch Sejuani und warum du eine Nachricht überbringen sollst. Nun ja...", der Drache lachte künstlich. "Weil ihr und eure Welt mir gehört. Mir allein! Ich habe euren Stamm beobachtet, Udyr. Ich weiß Alles. Ihr steht unter Druck und habt keine Möglichkeit Freljord zu besiegen. Glaubt mir. Wirklich keine. Ihr werdet auf Ewig in dieser verdammten Eiswüste leben müssen, wenn kein Wunder geschieht. Ich biete euch ein Wunder an und du weißt, dass dieses Angebot echt ist und ihr ein Wunder braucht. Du spürst doch, dass das kein gewöhnlicher Traum ist, oder nicht? Deshalb habe ich dich ausgesucht, Udyr. Du hältst deine Kaffeekränzchen mit den schwachen Geistern, die meinen sie wären weise und die Vorboten dieser Welt, doch dabei vergessen, wer diese Welt erschaffen hat. Du kennst den Unterschied zwischen Traum, Traumdeutung und Vision. Also höre jetzt genau zu, denn ich werde nicht noch einmal auftauchen, um es dir zu sagen. Ich werde zu gegebener Zeit ein Artefakt erschaffen, das seinem Besitzer und seinen Anhängern göttliche Macht verleihen wird. Euer Stamm wird sich, nach Erhalt des Artefaktes, in eurer Welt Alles nehmen können, war er möchte, denn er wird über unendliche Kraft verfügen und unverwundbar sein. So können selbst kleine Soldatentrupps ganze Heere niedermähen! Völker beschützen! Unterjochen! Aber auch das, was für deine kleine Sejuani am Wichtigsten ist. Sie könnten Königreiche stürzen. Klingt verlockend, nicht wahr? Allerdings gibt es einen kleinen Haken, denn ich sage euch nicht wann und wo ich dieses Artefakt erschaffe. Noch nicht. Ich werde jedem Stammes-, Staats- oder Militärführer, ja sogar dem geistig verwirrtesten Massenmörder dieses Landes dieselbe Nachricht überbringen, nur um das perfekte Chaos zu erzeugen. Warum? Aus Spaß. Das heißt, mein lieber Udyr, es gibt mehr als nur eine handvoll Anwärter auf dieses Artefakt, mehr als einen Staat voll, es ist ein ganzes Land voll! Wenn ich du wäre, würde ich schnell zu Sejuani laufen und ihr diese Nachricht überbringen. Ach und sag ihr, dass es womöglich nicht unklug wäre einige der Anwärter auf das Artefakt im Vorfeld zu eliminieren. Falls es einen großen Krieg um die Macht geben sollte, seid ihr – gelinde gesprochen – nicht die größte Streitmacht." Nachdem Udyr diesen Monolog beendet hatte, lösten sich die Qualmfiguren auf und entschwanden durch das Loch im Zeltdach nach draußen als wären sie nichts anderes als Rauch, der vom Lagerfeuer entstammte. Udyr schloss den Beutel wieder, der ihm dieses Schauspiel ermöglichte und schwieg. Er wartete auf eine Reaktion Sejuanis, die den Blick wieder von ihm abgewandt und aufs Feuer gerichtet hatte. Die Flammen warfen ein wärmendes Licht auf ihre nachdenklichen Gesichtszüge und sie wirkte zutiefst besorgt. Einige Minuten verstrichen, bis sie sich zu Wort meldete. "Stimmt es, dass du es wirklich gespürt hast? Ich meine, der Drache hat behauptet du hättest gespürt, dass es eine Vision war und kein Traum. Stimmt das?", Sejuani verzog keine Miene. "Ich hatte das Gefühl, dass die Unterbrechung meiner Unterredung mit den Geistern kein Zufallen gewesen sein kann. Mein erster Gedanke war tatsächlich, dass es eine Vision sein musste, aber kurz nach dem Aufwachen konnte ich nicht mehr mti Sicherheit sagen, ob es ein Hirngespinst war oder nicht, aber im Traum fühlte es sich real an.", führte Udyr aus. "Falls es wahr sein sollte, wäre es nicht ungewöhnlich, dass ausgerechnet du diese Vision hattest. Du kommunzierst über deine Träume mit Geistern, die dich umgeben. Du kannst unterscheiden zwischen wahrhaftigem Omen und bloßen Träumen und dass du das nun nicht unterscheiden kannst, macht mir Sorgen. Ein gewöhnlicher Traum wird es nicht gewesen sein, sonst wärst du nicht so unsicher, Udyr.", mutmaßte Sejuani und biss ein Stück ihres Fingernagels ab und spuckte ihn laut ins Lagerfeuer. "Es muss einfach so sein.", fuhr sie fort. "Ich glaube, dass der Drache eine Vision war und dass er die Wahrheit sagt." Sie sah ihn das erste Mal seit dem Ende seines Schauspiels wieder direkt an. Ihre Augen waren kalt wie eh und je und ließen erneut keinerlei Rückschlüsse auf ihre Gefühlswelt zu. "Was macht euch da so sicher?", fragte Udyr. "Es gibt mehrere Indizien. Der Bezug auf deine Geister, die Kenntnis über unsere Lage und vor Allem das Wissen, dass ich Königin Ashe und ihr verdammtes Freljord stürzen will und jede Hilfe benötige, die ich bekommen kann.", knurrte sie und ballte die rechts Hand zur Faust. "Aber das weiß ich ebenso, Stammesführerin. Vielleicht war es doch nur ein Traum, der gespickt war mit eigenen Informationen. Vergesst nicht, dass ich eine Gehirnerschütterung davontrug und nicht klar bei Sinnen war.", widersprach er. "Doch du sagtest, dass du es gespürt hast, oder nicht?" "Was gespürt?" "Dass es echt war." "Im Traum – ja. Danach war ich mir, wie gesagt, nicht sicher." "Wenn du dich nun festlegen müsstest. Würdest du sagen, dass es echt oder unecht war?" Nun war Udyr in der Situation, in die er nicht geraten wollte. Er wusste, dass seine Antwort nun ausschlaggebend dafür sein würde, ob sein Stamm in den Krieg zöge oder nicht. Er konnte nicht abschätzen welche Ausmaße seine Antwort exakt nehmen würde, aber er wusste, dass er seine Stammesführerin nicht belügen konnte, denn wenn er lügen würde, um einen Krieg zu verhindern und sich herausstellte, dass es tatsächlich ein Artefakt gäbe, würde er sie Alle umgebracht haben, denn dann würde das Artefakt in die Hände Anderer fallen. "Wenn ich mich festlegen müsste, Stammesführerin.", fasste er sich ein Herz. "dann würde ich sagen, dass es echt war." Sejuani nickte, als würde sie zeigen wollen, dass sie nun verstanden hätte, worum es geht. "Und was heißt es, dass alle Anführer unserer Welt unterrichten würden?", fragte sei unter dem lauten Knistern des Lagerfeuers. "Es würde bedeuten, dass uns ein Weltkrieg bevorstünde. Irgendwann auf jeden Fall, wenn nicht sogar schon ab Heute. Falls der Drache wirklich jeden instruiert." "Es würde noch Schlimmeres bedeuten. Wenn der Drache jeden informiert.", fuhr sie stoisch fort. "Dann wird er auch Freljord informieren. Königin Ashe und ihr Königreich wären mit diesem Artefakt alle ihre Probleme auf einen Schlag los. Sprich uns! Sie könnte ihr verweichlichtes Volk mit nur ein paar wenigen Kriegern beschützen. Ohne große Scharmützel ausfechten zu müssen. Außerdem wäre sie nicht mehr auf diesen dreckigen Vogel angewiesen, der uns das Leben zur Hölle macht." "Ohne Anivia wäre Freljord unter Umständen schon gefallen.", beteuerte er. "Aber ihre Macht über das Eis und die Kälte stellen selbst mich vor unlösbare Aufgaben." "Wir dürfen nicht zulassen, dass das Artefakt in die Hände Ashes fällt. Hörst du, Udyr? Sonst ist unser Stamm in Windeseile verloren." "Ich weiß, dass das nicht im Rahmen des Möglichen liegt, aber wie wäre es wenn wir versuchen würden uns mit dem Haus Avarosa zu verbünden? Aus Schein zumindest.", tastete Udyr sich vorsichtig heran. "Das kommt nicht in Frage. Lieber sterbe ich, bevor ich mit dieser Hure von Königig rede. Sie bestieg den Thron, der mir gehört. Wenn ich mich mit ihr verbünde, akzeptiere ich damit ihre Stellung. Das wird nicht passieren!" "Dann müssen wir uns einen Hinterhalt ausdenken oder irgendwie anders einen Vorteil verschaffen. Eine offene Konfrontation mit Königin Ashe und ihren Streitkräften würde unser Ende bedeuten. Führt euch vor Augen wie der gestrige Kampf gegen sie endete." Sejuani schwieg und dachte sichtlich nach. Ihr Stolz stand ihr im Weg. Das wusste sie, aber es war auch ihr Stolz gewesen, der sie zu dem machte, was sie war. Zur Anführerin dieses Stammes. Ohne diese innere letzte Bastion wäre sie schon vor Jahren gestorben, dachte sie. Nein, mit Ashe würde sie sich niemals verbünden. Auch nicht zum Schein. So gut könne man gar nicht schauspielern, befand sie. Doch eine Lösung musste her. "Lasse Olaf und Volibear rufen. Wir müssen einen Plan ausarbeiten. Ich erwarte euch in einer Stunde im Kommandozelt.", befahl sie. "Sehr wohl." Obwohl es nur mit einem Traum begonnen hatte, wusste Udyr beim Verlassen des Zeltes, dass sie sich nun im Krieg befanden. Kapitel 3: Der Trollkönig ------------------------- Der Trollkönig "Du?! Mich herausfordern?!", fragte Trundle von seinem Hügel herab. Die Eishöhle um ihn herum glitzerte in einem glasklaren blau und er musterte seinen Herausforderer, der zwei spitze Eiszapfen als Waffen in den Händen hielt. "Ja! Du bist ein scheiß König, hähä!", lispelte der Troll. "Wird Zeit, dass ein richtiger Troll übernimmt. Nicht so ein Waschlappen, wie du einer bist, Trundle! Hähä." Trundle erhob sich langsam von seinem Platz und präsentierte seine gesamte Größe unter tosendem Gegrunze seines Trollvolkes, welches sich zum Königskampf als schaulustiges Publikum eingefunden hatte. Sogar für einen Eistroll war er unglaublich überdimensioniert. Er rümpfte seine riesige Knollnase und griff nach der Eiskeule, welche er als Waffe nutzte. Sein Blick verriet nichts Gutes und das mysteriöse blaue Leuchten, welches von seiner Keule ausging, offenbarte in der dunklen Höhle Trundles fuchsteufelswilden Blick. Sogar eine eitrige Blase an seinem Hals platzte auf, weil seine Schlagadern die Wut durch die Blutbahn fegen ließen. Während er langsamen Schrittes von seinem Schneehügel herabstieg und seine Keule hinter sich herzog, welche eine tiefe Spur im Schnee hinterließ, provozierte sein Kontrahent weiter. "Diese Höhle stinkt! Wir gammeln hier seit einem Jahr herum. EINEM JAHR, du Hund! Du bist Scheiße, hähä! Ein wahrer König lässt Trolle kämpfen, aber du bist weich wie die Menschen, hähä. Wer weich ist, darf kein König sein, hähä. Komm her, du Versager!", er stach mit den Eiszapfen symbolisch in Richtung Trundle, der sich noch ein gutes Stück entfernt auf ihn zubewegte, um ihn zu bedrohen und einzuschüchtern. "Ja, komm her! Ich steche dir beide Augen aus, hähä!" Einige aus dem Zuschauerkreis lachten. Andere Trolle stießen vor Erregung unkontrollierte spitze Schreie aus. Einen Königskampf hatte es lange nicht mehr gegeben. Bevor Trundle seinen vor drei Jahren gewann, hatte es regelmäßige Herausforderer gegeben. Nun war es wieder der Erste seit einem Vierteljahr. Der Trollkönig war inzwischen auf der unteren Ebene angelangt und stand gute fünf Meter vor seinem Kontrahenten und starrte ihn durch seine gelb-glühenden Augen an. "Ich werde König, hähä!", schrie sein Gegner. Trundle hob seine Keule und zielte wie ein Schütze mit ihr auf den Kopf seines Gegenübers. Dabei kniff er sein rechtes Auge zum Zielen zu. "Ich werde deinen Träume zerschmettern.", sagte er ruhig. "Die sind doch im Kopf, oder?" Wie vom Blitz getroffen schleuderte Trundle seine Eiskeule in Richtung seines Gegners. Sie drehte sich um die eigene Achse und nahm direkten Kurs auf den Schädels seines Opfers. Der Troll konnte sich noch im letzte Moment mit einem beherzten Sprung zur Seite in Sicherheit bringen, doch sein König nutzte die Sekunden der Unachtsamkeit und sprang auf ihn zu. Trundle ließ einen Wutschrei entbrennen und riss seinen linken Arm nach oben, worauf sich hinter seinem Kontrahenten ein riesiger Eiskegel aus dem Schnee erhob und ihm den Fluchtweg versperrte. Noch bevor allen Zuschauern bewusst wurde, was gerade geschah, packte Trundle aus vollem Lauf den Kopf seines Gegenübers, welchen er mit seinen Pranken komplett umschließen konnte und rammte diesen ungebremst gegen den Eiskegel. Ein dumpfer Aufschlag schallte durch die Eishöhle, deren Wände diesen Akt der Brutalität immer wieder von Wand zu Wand warfen und ein Echo bildeten. Das Trollpublikum verstummte augenblicklich und Alle starrten ihren König an, der den Kopf seines Kontrahenten immer noch fest umschlossen hatte. Einige Schneeflocken wurden durch den Aufschlag wachgerüttelt und rieselten langsam von der Eisdecke hinab. Sie funkelten im Sonnenlicht und verliehen dem brutalen Szenario eine unwürdig schöne Atmosphäre. Der Körper des Herausforderers zuckte noch seinen letzten Lebenshauch aus und die Arme ließen die Eiszapfen los, welche klirrend zu Boden fielen und zersprangen. "ICH! Bin der König!", unterstrich Trundle seinen Sieg und drehte seinen Kopf so zur Seite, dass alle anwesenden Trolle sein Gesicht sehen konnten. Sein beißender Blick hatte immer noch nicht von seinen Augen abgelassen. Er zerdrückte den Kopf seines Opfers, welchen er fest in seinem Griff hielt, wie eine Frucht und man hörte das laute Knacken des Schädels. Nachdem er losließ und der Körper des Verlierers leblos zu Boden sackte, begann der erschaffene Eispfeiler sich langsam aufzulösen als würde er schmelzen, obwohl in der Höhle mindestens 30 Grad unter dem Gefrierpunkt herrschten. "Ich will ihn gebraten.", befahl Trundle und zwei eifrige Trolle schafften die Leiche des Verlieres davon, um ihn für den König zuzubereiten. "Die Innereien kann haben, wer will!" Trundle hob seine Keule vom Boden auf und kehrte langsam schlurfend auf seinen Hügel zurück und überließ sein Volk wieder sich selbst. Das war das angenehme am Trollkönig-Dasein: Bei den Menschen musste man für sein Volk da sein, es beschützen, Interesse heucheln, sich um Alles kümmern. Bei den Trollen hatte man nur das Sagen und alle hatten Angst vor Einem. Natürlich musste man diese Angst pflegen, das wusste Trundle nur zu gut. Deshalb auch seine martialischen Auftritte bei den Königskämpfen. Okay, zugegeben: Es bereitete ihm natürlich auch Freude. Eigentlich hätte er den Troll nicht unbedingt umbringen müssen, aber er wollte wieder Ruhe einkehren lassen, denn in letzer Zeit hatten sich die kritischen Stimmen seines Volkes gehäuft und waren sogar für ihn unüberhörbar geworden. Grund dafür war, dass er seit mehreren Monaten in einer riesigen Eishöhle am nördlichsten Punkt Freljords mit seinem Volk ausharrte. Früher hatten sie in etwas südlicheren Landstrichen gelebt. Da war es ebenfalls noch bitterkalt, doch hier am nördlichsten Punkt, war Alles noch extremer. Nahrung war Mangelware, also sind die Trolle dazu übergegangen sich in Notzeiten gegenseitig aufzufressen. Nicht selten passierte es, dass neugeborene Trollkinder in der Nacht verzehrt wurden. Von ihren eigenen Eltern. Trundle war das herzlich gleichgültig und den restlichen Trollen ebenfalls, allerdings gab es hier in dieser Eishöhle keine Gegner, keine Menschen. Das war auch der Hauptgrund, weshalb Unmut unter den Trollen herrschte. Ohne gute Kämpfe, waren sie unausgelastet und unzufrieden. Das Volk fragte sich weshalb Trundle sie in diese Einöde geführt hatte und nicht mehr zurückkehren wollte und da Trolle nicht für ihre gedanklichen Meisterleistungen bekannt waren und Alles aufs Kämpfen bezogen, schien ihnen die Antwort klar: Feigheit vor den Menschen. Trundle machte das wütend, denn er würde am Liebsten von Allen wieder in den Krieg ziehen. Unter den Trollen gab es niemanden, der ihm ebenbürtig war, außerdem brachen die Knochen der Menschen lauter als die der Trolle und das Geräusch vermisste er sehnlich. Auch hatte er schon seit ihrer Flucht keinen Menschen mehr gesehen, geschweigedenn gegessen. "Am liebsten mit Salz und einem Hauch Pfeffer.", tagträumte er schmatzend, während sein fettiges violettes Haar an seinem verschwitzten blauen Kopf klebte. Doch er musste weiterhin ausharren. Nun war er wieder auf seinem Königshügel angelangt. Er ging hinter einen Felsvorsprung aus Eis, um vor den Blicken seines Volkes geschützt zu sein und ließ sich krachend in den Schneidersitz fallen. Seine blau leuchtende Eiskeule bohrte er neben sich griffbereit in den Boden. Sie war makellos. Eine Waffe aus ewigem Eis. Selbst bei der extremsten Hitze würde diese Waffe nicht schmelzen. Er besaß sie nun schon seit drei Jahren – kurz bevor er Trollkönig wurde, wurde sie ihm zu Teil und Trundle wusste, dass er ohne sie höchstwahrscheinlich immer noch einer von vielen kleinen Trollen wäre, die nie auch nur in die Nähe des Throns gekommen wären. Sie war mehr als nur eine Waffe – sie hatte nämlich auch ihn verändert. Während Trundle früher einer der schmächtigsten seiner Art war und sich lediglich durch seine List und Intelligenz am Leben halten konnte, hatte die Magie des ewigen Eises aus íhm einen wahrhaftigen Muskelberg gemacht. Er verstand diese Magie zwar nicht, aber er wusste, dass er ohne sie ein Niemand war. Er würde diese Waffe ebenso hüten wie sein eigenes Leben. Er hatte schließlich auch einen hohen Preis gezahlt, um an diese Waffe zu gelangen. "Na? Gefällt dir dein Spielzeug immer noch, Trundle?", fragte eine süffisante Stimme hinter ihm. Er drehte sich nicht um und blieb regungslos sitzen, ohne den Blick von seiner Waffe zu nehmen. "Wie kommt es, dass du dieses Mal zu mir kommst? Sonst darf ich mich doch zwei Tage lang durch das Eis plagen, wenn du mit mir sprechen willst.", fragte Trundle trocken. "Bestimmt nicht, weil ich Sehnsucht nach dir hatte." Er gab ein kurzes verächtliches Schnauben von sich: "Man sehnt sich nicht nach Dingen mit denen man überfordert wäre." "Mir gefällt dein Ton nicht.", wechselte die Stimme in einen schneidenen Ton. "Etwas Humor wird doch wohl erlaubt sein. Sieh es so. Ich bin seit einem Jahr in dieser Höhle und mit dir zu sprechen ist die einzige Abwechslung die ich habe, wenn ich nicht mal wieder einen meiner eigenen Leute verdreschen muss.", beschwichtigte Trundle und stütze sich auf seiner Keule ab, um sich zu erheben. "Humor ist in der Tat sogar angebracht. Wir haben etwas zu feiern, Trundle." "Aha. Ich platze vor Neugier.", erwiderte Trundle mit einem ironischen Unterton. Inzwischen hatte er sich erhoben und dreht sich zu seiner Gesprächpartnerin um. "Ironie steht Dummköpfen nicht gut zu Gesicht, mein Guter. Erst Recht nicht welchen, die in der Schuld stehen.", stichelte Lissandra. Die Eishexe stand nur wenige Meter von ihm entfernt. Schwarzes Eis umgab sie von den Fußsohlen bis knapp über ihre Gürtellinie. Es waberte und pulsierte hypnotisierend und tanzte um sie herum als wäre sie ein Planet und die Eiskristalle ihre Monde. Sie trug eine Kopfbedeckung, die ihre Augen verdeckte und zu zwei Hörnern geformt war. Wie üblich bildete das schwarze Eis eine eng anliegende Rüstung um sie, sodass Trundle nur anhand ihres Gesichtes wusste, dass sie schneeweiße Haut hatte als würde kein Tropfen Blut durch ihre Adern fließen. "Du erinnerst dich doch, dass du in meiner Schuld stehst, oder etwa nicht, Trollkönig?", verdeutlichte sie. "Ich denke jedes Mal daran, wenn ich meinen Schatz in den Händen halte.", grinste Trundle und tätschelte seine Waffe. "Gut, du solltest den Tag nie vergessen, an dem du zu mir kamst und um Hilfe batst König der Trolle zu werden. Vergiss unsere Abmachung nicht. Du hast mir deine Treue zugesichert." "Ich weiß." "Du weißt sicherlich auch, dass ich dir die Waffe jederzeit wieder wegnehmen könnte, wenn du mich betrügst?" Trundle legte seinen Kopf zurück und setzte ein emotionsloses Grinsen auf und nickte langsam. Lissandra hatte ihm die Waffe gegeben um ihr Heer zu verstärken und zumindest einen Verbündeten zu haben, falls es zu ihrer Rückkehr aus dem Eis kommen sollte. Sie war schon viele Jahre von der Bildfläche verschwunden. Seit dem Tag als sie gegen das Haus Avarosa den Kampf um die Krone Freljords verlor. Sie wartete auf ihren Moment, um sich an den Nachfahren des damaligen Königs zu rächen und den Thron zu besteigen. Über die Jahre hatte sie sich an die Spitze des Stammes der Frostwächter gesetzt und nun, mit den Trollen an ihrer Seite, war sie gewappnet, um einen Streich zu wagen. Allerdings fehlte ihr bis zu diesem Zeitpunkt eine günstige Gelegenheit, die sich nun auftat. "Also?", fragte Trundle. "Was gibt es zu feiern?" "Es ist so weit. Wir verlassen diese Eiswüste." "So richtig verlassen? Also so wirklich?", entglitt Trundle die Aufregung. "Ja." "So richtig, richtig?!" Lissandra rollte mit den Augen. "Du bist ein König! Benimm dich auch so." Trundle brüllte auf und schlug sich vor Freude mit der Faust drei mal gegen die Brustmuskeln wie ein Gorilla. Plötzlich stieg die Kampfeslust in ihm auf. Alles was sich über ein Jahr in ihm aufgestaut hatte, brach nach Außen. Er wollte sofort losziehen und dem ersten Lebewesen den Schädel einschlagen. Er wirkte wie ein Monster, welches endlich aus seinem Käfig gelassen wurde. "Greifen wir sie direkt an?", gierte er. "Nein. Wir werden es anders angehen.", befand Lissandra. "Wir verlassen den Norden nicht, um direkt eine Alles-oder-Nichts-Schlacht zu schlagen, Trundle." "Was werden wir dann tun?", stutzte er. "Wir legen uns die Konkurrenz zurecht.", grinst Lissandra diabolisch. "Ich schätze, dass musst du mir erklären, Eishexe." "Im Laufe der näheren Zukunft wird ein Artefakt auf Runeterra auftauchen. Dieses Artefakt soll eine schier unendliche Macht beinhalten. Deine Keule und mein schwarzes Eis sind dagegen nur ein Zahnstocher und ein lauer Herbstwind. Falls es uns gelingt im Vorfeld unsere Feinde zu schwächen und selbst unbeschadet aus der Situation zu entkommen, sind wir zum Zeitpunkt des Auftauchens im Vorteil.", erklärte sie. "Woher weißt du das mit dem Artefakt?", hinterfragte Trundle. "Das ist unwichtig. Ich weiß, dass es passieren wird und du wirst mir Folge leisten, weil du in meiner Schuld stehst, verstanden?!", setzte Lissandra ein Zeichen. Sie würde einem Troll nichts über Visionen und übernatürlichen Gottheiten erzählen, da sie wusste, dass Trundles Horizont nicht einmal bis zum Höhlenausgang reichte. Sie wäre schon froh, wenn es diesem stinkenden Halboger gelänge ihren Plan adäquat auszuführen. Trundle hingegen gefiel es nicht wie Lissandra mit ihm sprach, aber er wusste, dass sie am längeren Hebel saß. In der Tat hatte sie ihm die Eiskeule damals einfach überlassen als er versucht hatte sie zu stehlen. Er war damals sehr jung und schwach gewesen. Kurz davor hatte er einen Königskampf verloren und wurde vom damaligen König namens Dothmah im Kampf bis aufs Blut gedemütigt. Er war damals so unterlegen, dass der amtierende König ihn innerhalb von wenigen Sekunden töten hätte können. So wie er es heute mit seinem Kontrahenten getan hatte. Nur im Gegensatz zu seinem Kontrahenten heute, hatte Trundle damals einen Plan ausgeheckt. Er wollte beim ersten Schlag zu Boden gehen und sich ohnmächtig stellen. In dem Moment, in dem Dothmah ihm den Rücken zugedreht hätte, hätte er ihm einen Eispflock durch den Hals gerammt. Es kam allerdings nicht wie geplant. Anstatt Trundle zu attackieren, spielte der König mit ihm wie eine Katze mit ihrer Beute. Er hatte ihn angespuckt, beleidigt, wie es Trollkinder mit Versagerkindern taten. Nur mit dem Unterschied, dass er ein Troll im jugendlichen Alter gewesen war und es ein Königskampf war. Als die Quälerei nach zwei einhalb Stunden ein Ende gefunden hatte, hatte der König ihm die Kleidung vom Leib geschnitten und nackt aus dem Lager gejagt. Und Trundle lief soweit ihn seine Beine trugen, um etwas zu finden, dass ihm zur Rache verhelfen konnte. Nach mehreren Stunden in der Eislandschaft Freljords, traf er auf dem Stamm der Eiswächter und Lissandra. Er bettelte um etwas Warmes zu trinken und Kleidungsstücke, doch sie wollte ihn kläglich erfrieren lassen. Als die Verzweiflung ihn vollkommen ergriffen hatte, bot Trundle ihr ewige Treue im Tausch gegen ihre Hilfe und so kam es, dass er seine Waffe bekam und Rache nehmen konnte. Als er mit seiner Waffe zurückkehte, forderte er den König nochmals heraus. Dothman war der Einzige, den Trundle im Königskampf nicht umgebracht hatte, denn er wollte ihm dieselben Schmerzen zufügen wie der damalige König ihm. "Ja, das habe ich verstanden.", sagte er ruhigen Tones. "Gut, nimm deine Trolle und gehe mit ihnen nach Südwesten. Wir werden mit den Barbaren ein Bündnis eingehen." "Wozu? Sie hassen uns Trolle. Und wir hassen Menschen. Barbaren hin oder her." "Wir brauchen sie." "Sie werden dieses Bündnis nicht wollen.", widersprach Trundle. "Doch, das werden sie. Glaube mir. Du weißt wo sich das Lager befindet?" "Ja." "Warte zwei Kilometer östlich des Dorfes auf weitere Instruktionen. Ich werde mit ihnen reden und dich informieren.", sagte sie. "Alleine. Deine Trollbande kannst du einen Kilometer weiter entfernt rasten lassen." Trundle drehte sich um, um seine Eiskeule aus dem Eis zu ziehen. "Nun gut... also soll ich direkt losziehen?", er hob sie auf und wandte sich wieder Lissandra zu. "Ich würde nämlich gerne noch den Troll aufessen, denn ich e..." Sie war verschwunden. Kaum dreht man ihr für wenige Augenblicke den Rücken zu, verschwand sie wie sie auch aufgetaucht war. Nun gut, dachte sich Trundle. Es würde schwierig sein den Trollen zu verkaufen, dass man womöglich bald mit Menschen kooperieren musste. Das schmeckte ihm gar nicht und würde definitiv viel Gegenwind in seinem Volk bringen. Er würde sie nun erst einmal in Richtung Südwesten führen und die alleinige Tatsache, dass sie wieder in Bewegung kommen, würde jegliche Fragen nach dem 'Warum' verfliegen lassen. Sobald Lissandra nähere Informationen für ihn hatte, würde er sein Volk informieren weshalb sie losgezogen waren. Er kletterte auf den eisigen Felsvorsprung, der ihm Sichtschutz gewährte und überblickte die riesige Eishöhle, die sein Volk beherbergte. "HÖRT ZU!!!", schrie er ihnen entgegen und alle Köpfe reckten sich in seine Richtung. "MACHT EUCH AUF EINEN MARSCH BEREIT! WIR ZIEHEN GEN SÜDWESTEN!" Ein ohrenbetäubender Applaus folgte auf Trundles Schrei und ein riesiges Freudenchaos brach aus. Die stinkende Trollmeute hatte sehnsüchtig auf diesen Tag gewartet. Einige hatten geglaubt, dass sie nie wieder die Höhle verlassen würden, doch nun war es soweit. Trundle sprang vom Felsvorsprung in die jubelnde Meute und ging forschen Schrittes auf den Ausgang zu, den er vor einem Jahr mit seinen Eissäulen versiegelt hatte. Endlich konnte er das Siegel aufbrechen und wieder hinaus, den schneidenden Wind Freljords spüren. "Ääähhh... Herr König, Trundle, Sir... ähm..", erklang eine zögerliche Stimme neben ihm. Trundle blieb abrupt stehen und blickte einem jungen Trollkind in die ängstlichen Augen. Es war sogar für Trollverhältnisse extrem hässlich, sodass er nicht sagen konnte ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte. "Was willst du?", blaffte er es an. "I-i-i-ich dachte ich e-e-erinnere an ihn.", stotterte das kleine Häufchen Elend und zeigt mit dem Finger in eine Ecke der Höhle. "Achjaaaaaaaa.....", erinnerte sich Trundle und tätschelte den Kopf des Kindes, bevor er auf die Ecke zuging. "Braves, hässliches Kind." "D-d-d-danke." "Gebt ihr als Belohnung mein gebratenes Opfer!", befahl er. Kaum zu glauben, dass er das fast vergessen hätte. Dabei bereitete es ihm jedes Mal aufs Neue so eine riesige Freude nach ihm zu sehen. In der Ecke der Höhle war eine Ritze aus Eis. Gerade einmal breit genug, dass ein Troll darin liegen konnte. Er hatte diese Ritze mit einer seiner Säulen versiegelt und stand nun vor ihr. Er löste sie auf und sie schmolz zu einer kleinen Pfütze zusammen, sodass die Eisspalte offen stand. "Komm raus.", sagte Trundle in einer bestimmten Tonlage. "Bitte.... nicht wieder.", jammerte es aus der Öffnung. "KOMM RAUS!", brüllte er. Ein sichtlich zugerichteter Troll stolperte aus der Spalte heraus. Er war fast so groß wie Trundle, allerdings war er schon etwas in die Jahre gekommen und zog das Bein hinter sich her. Es war wohl mehrere Male gebrochen worden und schief zusammengewachsen, was den alten Troll wohl zu einem Krüppel gemacht hatte. Er trug einige zerrissene Lumpen am Körper und hatte einige Narben und Wunden am Leib. Er blieb kurz vor der Öffnung stehen und blickte Trundle durch smaragdgrüne Augen an, welche schon länger ihren Glanz verloren hatten. Trundle lachte lauthals und klatschte vergnügt in die Hände. "Applaudiert dem ehemaligen König, Dothmah, liebe Leute!", forderte er sein Volk auf und einige wenige Trolle folgten widerwillig Trundles Aufforderung. Als Trundle bemerkte, dass einige seiner Anhänger zögerten, hörte er auf zu klatschen und wandte sich dem verkrüppelten Troll zu. Er ging ganz nah auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr: "Ich weiß, ich habe dir über die letzten drei Jahre schreckliche Dinge angetan, Dothmah. Du musstest dich jedes Mal vor Allen entblößen, manchmal habe ich dir aus Spaß einige Knochen gebrochen, aber du weißt doch, dass das nichts Persönliches war, oder? Ich wollte nur Rache. Ist doch verständlich, nicht wahr?" Dothmah wusste nicht worauf Trundle hinauswollte, aber er war so verängstigt, dass er eifrig nickte. Trundle blickte an dem Alten herunter. "Du bist in einem miserablen Zustand. Das habe ich echt gut hinbekommen.", lachte er leise, nur um direkt wieder ernst zu werden. "Wie gut bist du zu Fuß?" "Ich weiß nicht. Ich habe seit einem Jahr diese Spalte nur verlassen, um verdroschen zu werden." "Man wird dich tragen. Wir verlassen die Höhle und die Quälereien haben ab Heute ein Ende. Wie klingt das?", sagte Trundle in einem todernsten Ton. Dothmah blickte ihn ungläubig an. Eigentlich hatte er sich nur einen schnellen Tod gewünscht – und das seit 3 Jahren, aber dass Trundle ihm nun anbot, ihn nicht mehr zu tyrannisieren, konnte er nicht glauben. "Ich wünschte, ich könnte dir glauben, Trundle." "Hör auf sentimental zu werden. Ich hasse dich nach wie vor. Fakt ist allerdings, dass ich dein Wissen benötige.", korrigierte Trundle. "Welches Wissen?" "Als du König warst, hast du doch Verhandlungen mit so einem Barbarenkind geführt, welche gerade Stammesanführerin geworden war, richtig?" "Ja, sie hieß Sejuani." "Gut. Du kommst mit.", wandte er sich zum Gehen. Nach einem Schritt hielt Trundle inne und machte nochmal zu Dothmah kehrt. "Wenn du etwas Krummes planst, wie zum Beispiel einen Aufstand, wenn du Trolle gegen mich aufbingen solltest, schlecht über mich redest, mich auch nur in irgendeiner Weise ansiehst, die mir nicht passt – dann werde ich dich wieder quälen, Dothmah. Haben wir uns verstanden?" "Ja, mein König.", erwiderte Dothmah. Trundle grinste und tätschelte dem Alten die Wange mit der flachen Hand, die auch eine leichte Ohrfeige hätte sein können. "Du hast es scheinbar verstanden. Und da sag noch einmal Jemand, man könne alten Hunden keine Kunststücke mehr beibringen.", nun wandte er sich endgültig zum Gehen. "Versorgt den Alten medizinisch und sorgt dafür, dass er mithalten kann. Im Notfall tragt ihr ihn. Wenn ihm Jemand auch nur ein Haar krümmt, werde ich ihn zermatschen.", befahl Trundle seiner Meute. Er wusste nicht was Lissandra vorhatte und er hielt es für klüger ein Ass im Ärmel zu haben. Dothmah könnte ihm unter Umständen mit seinem Wissen sehr nützlich werden. Er war der König mit der längsten Regierungszeit und hatte wahrscheinlich mehr Schlachten gegen die Menschen geschlagen, als Trundle Tage alt war. Auf dem Weg nach draußen, rieb er sich die Hände. Ja, das war ein sehr guter Tag bislang. Kapitel 4: Ein ungebetener Gast ------------------------------- Udyr hatte seinen Soldaten aufgetragen Olaf wegen des Treffens zu informieren – nach der letzten Auseinandersetzung, hatte er wenig Lust in sein Zelt zu gehen und einen kleinen Plausch mit ihm zu halten. Er hatte nach Volibear gesucht, den er – wie erwartet – nicht in der Waffenkammer oder auf dem Trainingsgelände fand. Selbstverständlich war der Ursar bei der Essensausgabe gewesen. Udyr erwischte ihn gerade beim Ablecken einiger Poroknochen. Nachdem Udyr ihm erklärt hatte, dass Sejuani eine Besprechung anberaumt hatte, sagte er, dass er pünktlich da sein werde. Das Kommandozelt war mit Abstand das größte des Lagers. Es war langgezogen und mit dem schwarzen Fähnchen auf dem Dach sah es ein wenig wie ein Zirkuszelt aus, fand Udyr. Ungeachtet des Aussehens erfüllte es allerdings seinen Zweck. Als er das Zelt betrat, bemerkte er, dass er nicht der Erste war. Das große Innere war penibel auf Besprechungen ausgerichtet. In der Mitte waren vier Sitzteppiche ausgelegt, die so arrangiert waren als würden sie um eine Feuerstelle drapiert worden sein. Allerdings war die Mitte freigelassen worden, damit sich die Teilnehmer der Besprechungen direkt ansehen konnten. Hinter den jeweiligen Sitzplätzen hingegen waren Halterungen aufgestellt worden, welche Feuerschalen hielten. Die Flammen waren, dank der Pulver Udyrs, in die jeweiligen Farben der Truppführer eingefärbt. Falls einer der Kommandanten die Besprechung verlassen sollte, musste er seine Flamme beim Gehen mit dem kleinen Eimer löschen, welcher neben den Standschalen drapiert wurde. Mit dem Erlöschen der Flamme, erlosch auch das Recht desjenigen an der Besprechung teilzunehmen. Volibear hatte schon auf seinem Teppich Platz genommen, hinter ihm loderte die blaue Flamme. Er nickte Udyr zur Begrüßung kurz zu. Dieser erwiderte den Gruß und ging zu der ihm zugeteilten Feuerschale und entzündete grüne Flammen. Danach ließ er sich auf seinem Teppich links von Volibears nieder. "Wir sind etwas zu früh dran, denke ich.", bemerkte Udyr. "Ja. Aber es kann nicht mehr lange dauern." Ein kurzes Schweigen trat ein und Udyr schloss die Augen. Ihn hatte die Müdigkeit der turbulenten Nacht eingeholt und es fiel ihm schwer sich zu konzentrieren. Zu aufwühlend war das Erscheinen Aurelion Sols gewesen und das Schlimmste für Udyr war, dass er nicht wusste wie es weitergehen sollte. Seine Intuition sagte ihm, dass ihnen Allen eine verdammt schwierige Zeit bevorstehen würde. "Worum geht es denn nun eigentlich? Hat es mit deinem Anliegen von heute Morgen zu tun?", riss Volibear ihn aus seiner Müdigkeit. "Ehhm...", versuchte Udyr einen klaren Gedanken durch den Dunst der Müdigkeit zu fassen. "Es ist etwas vorgefallen, dass unsere gesamte Situation ziemlich schwierig macht, Voli. Ich weiß nicht genau, wie Sejuani die Sache sieht und finde, dass sie als Stammesanführerin die Sache erklären sollte und nicht ich. Ich verstehe, dass du das Wissen haben musst, aber du wirst es gleich erfahren. Ich garantiere dir nur, dass wir bis zum Hals in Schwierigkeiten stecken." Volibear brummte zustimmend. Man konnte nie so wirklich erahnen was er dachte oder fühlte. Menschengesichter ließen sich viel einfacher lesen als die eines Bären. Ursaren waren nicht für ihre herausragende Emotionalität bekannt und Volibear, so vermutete Udyr, war sogar für Ursarenverhältnisse ein emotionaler Eisklotz. Nun war auch der Ursar angespannt, denn er wusste, dass Udyr kein Mann war, der etwas sagte um wichtig zu erscheinen oder um Eindruck zu schinden. Nun vernahmen sie Stimmen vor dem Zelt, die sich scheinbar auf es zu bewegten. Es waren Sejuani und Olaf, die gemeinsam kamen. "...Ausraster vor den Anderen, hast du das verstanden?", schnitt Sejuanis Stimme durch die Zeltwände. "Ja.", antwortete Olafs Stimme knapp und seriös. Danach schlug Sejuani die Zelplane des Eingangs schwungvoll zur Seite und trat ein. Ihre Rüstung klapperte als sie den Schritt über die Schwelle nahm. Sie hielt ihren Morgenstern in ihrer Hand und stellte ihn in eine Vorrichtung neben den Eingang. Olaf hingegen zog es vor seine Äxte auf seinem Rücken zu behalten. Inzwischen hatte er Zeit gefunden sich das Blut vom Körper zu waschen und sein Aussehen hatte etwas an Wildheit verloren. Auch sein irres Starren hatte er gegen einen emotionslosen Blick eingetauscht. Während Sejuani Udyr und Volibear kurz zunickte, ging Olaf wortlos zu seiner Feuerstelle und entbrannt ein blutrotes Feuer. Sejuani entzündete die letzte Stelle mit Schwarzem. Danach setzten auch sie sich auf ihre Sitzteppiche zu den Anderen Befehlshabern. Die Müdigkeit nagte in den Schädelwänden von Udyrs Kopf und wollte hinaus. "Wie ihr euch denken könnt, gibt es einen Grund, weshalb ich euch ins Kommandozelt rufen ließ.", begann Sejuani. "Udyr hatte einen Traum, den ich, nach seinen Erzählungen für eine Vision halte. Dieses Mal waren es allerdings nicht die Waldgeister, die ihn kontaktierten." Als Udyrs Name fiel, warf Olaf ihm einen flüchtigen Blick zu, den man nicht zuordnen konnte. Olaf gefiel das Gerede von Geistern, Orakelsprüchen und sonstigem Firlefanz nicht. Er war der Meinung, dass man Schicksal erzwingen konnte und dass man sein Schicksal auch bezwingen konnte. Dennoch nahm er die Entscheidungen seiner Anführerin entgegen, weil seine Kriegerehre ihm ein Verweigern des Kommandos nicht gestattete. Udyr nahm den Blick kaum war, da er zu sehr darauf konzentriert war nicht einzuschlafen. Er rieb sich die Augen und versucht ein Gähnen zu unterdrücken. "Der letzte Kampf ging für uns nicht gut aus. Aus verschiedenen Gründen konnten wir die letzte Schlacht nicht für uns entscheiden und sind nun geschwächt, da wir einige Männer verloren haben.", fuhr Sejuani fort. So wenig hatte er doch nicht geschlafen. "Udyrs Traum beinhaltete eine Nachricht eines kosmischen Drachen namens... Wie hieß er gleich, Udyr?" Wieso waren seine Augenlider nur so schwer? "Udyr?!", erhob sie die Stimme. "Au-Aurelion Sol.", platzte es aus ihm heraus. Er fühlte sich fiebrig, als hätte er die Gehirnerschütterung doch nicht überstanden. Sie wird kommen, um euch zu helfen!, schallte es in seinem Kopf. "Aurelion Sol! Er soll der Erschaffer unserer Welt sein, und er.... Udyr? Ist alles in Ordnung?", fragte Sejuani leicht genervt. Erzähl Ihnen nichts von mir! Ich helfe dir, Udyr. Vertrau mir! Sie wird kommen und helfen...! Ihr dürft sie nicht davonjagen! Hörst du?!, drängte die Stimme in Udyrs Kopf und es fühlte an als würde er gleich bewusstlos werden, doch plötzlich spürte er wie etwas aus seinem Körper Schoss und er wurde hellwach. Nun saß er da, beobachtet von den drei Anderen. Mit weit aufgerissenen Augen und leicht außer Atem versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Was war das für eine Stimme? "Ich mache mir nur Sorgen wegen der Situation. Sonst nichts. Ich glaube uns steht ein gewaltiger Krieg bevor.", verschwieg Udyr die Stimme. "Lass es mich bitte zunächst erklären, bevor du in Panik verfällst.", maßregelte ihn Sejuani und fuhr mit ihrer Einführung fort. Sie erzählte die Geschichte, die ihr von Udyr vorgetragen wurde und er befand, dass sie es sehr detailliert darstellte. Weitestgehend wertfrei und nüchtern, allerdings mit allen dramatischen Details, die aufzeigten, dass es mit dem Frieden vorbei war ab dem heutigen Tag. Anders als Sejuanis und Udyrs Reaktion auf die Erscheinung Aurelion Sols, reagierten Volibear und Olaf mit stoischer Ignoranz. Keine Gesichtsregung zeigt sich als Sejuani ihnen das mögliche Szenario eines Weltkrieges aufzeichnete. Als sie mit ihrer Geschichte fertig war, kehrte Schweigen ins Kommandozelt ein. Nach wenigen Augenblicken schaute Olaf gespielt verdutzt in die Runde. "Das ist es? Ein Traum?! Das kann nicht dein Ernst sein! Ein Traum von Udyr und wir ziehen in den Krieg?", zweifelte er an Sejuanis Zurechnungsfähigkeit. "Ich dachte du kämpfst so gerne.", sagte Udyr mit trotzig-ironischem Unterton. "Komm mir nicht auf die Tour, Udyr.", zischte Olaf. "Du weißt, dass ich keinen Kampf scheue, allerdings bin ich intelligent genug zu wissen, dass ich nicht wegen jedes Hirnfurzes eines Pseudo-Schamanen zu den Äxten greife." Udyrs Blick fixierte Olaf. Dieses Mal würde er nicht weichen. Sollte Sejuani erleben wie es um Olafs Loyalität bestellt war. Doch bevor es überhaupt brenzlig werden konnte, damit Udyr Olafs Unausgeglichenheit ausspielen konnte, unterband Sejuani die Situation mit einer schnellen Hackbewegung ihres Unterarms. "Es gefällt mir nicht, wie ihr miteinander umgeht. Vergesst nicht, dass ihr beide Brüder der Winterklaue seid! Wir müssen uns in eine gute Position bringen, um dieses Artefakt zu bergen, sobald es kommen wird. Und es wird defintiv kommen, Olaf.", unterstrich sie. "Was macht euch da so sicher?", fragte Olaf. "Meine Meinung.", spielte Sejuani ihre Macht aus. Daraufhin nickte Olaf und erhob sich. Er ging zu seiner Schale und griff zum Wassereimer. Scheinbar hatte er sich vorgenommen einen dramatischen Abgang hinzulegen, denn er dreht den Kopf leicht zur Seite und sagte: "Legt euch ruhig eine Strategie zu Recht. Ich bin für den Kampf gemacht, nicht für das taktische Geplänkel. Loyalität beginnt auf dem Schlachtfeld, nicht am Taktiktisch." Daraufhin goss er den Eimer über die rot flackenernde Flamme, welche unter Protest zischend erlosch. Unter den ungläubigen Blicken der drei Anwesenden, verließ Olaf mit arrogantem Grinsen das Zelt. Kaum war er energisch durch den Ausgang entschwunden, wandte sich Udyrs Blick zu Sejuani. Er holte tief Luft und wollte gerade dazu ansetzen seinem Unmut über Olafs Verhalten Luft zu machen, als Sejuani die Hand hob und ihm mit ihrer Handfläche anzeigte, dass er es lassen sollte. "Es steht ihm frei zu gehen, wann er möchte. Dann wird der Kampf so geführt wie wir es wollen. Er wird es akzeptieren müssen.", sprach sie in eisigem Ton. Nur, dass Olaf sich ohnehin nie an Absprachen hielt, dachte er sich. Da er allerdings nicht widersprechen wollte, schluckte er seine Wut und nickte zustimmend. "Nun denn, meine Herren. Wie bekommen wir es hin, dass wir unseren Gegner schwächen, wenn nicht sogar am Besten besiegen?", fragte Sejuani in die Runde. Volibear ergriff zum ersten Mal das Wort: "Nach dem letzten Kampf gegen Ashes Heer, wurden wir ziemlich aufgerieben. Fakt ist, dass wir nun nicht mehr über die personelle Stärke verfügen, um sie frontal anzugreifen. Vor Allem Olafs Trupp ist mindestens um die Hälfte geschrumpft. Seine rücksichtslose Kriegsführung schlägt uns Schneisen frei, allerdings sind die Verluste immens. Wenn Olaf dieses Mal nicht Alle seine Leute in den Tod schicken möchte, müssten wir sicher sein, dass er sich an den Plan hält." Gerade als Sejuani Olaf erneut in Schutz nehmen wollte, fuhr Volibear ihr über den Mund: "Anders geht es nicht. Entweder wir Alle befolgen einen Plan strikt oder wir sind zum Verlieren verdammt. Wenn wir schon zahlenmäßig unterlegen sind, werden wir eine sehr gute Taktik brauchen, um Ashe zu stürzen." "Zu töten.", korrigierte Sejuani mit erhobenem Zeigefinger. "Meinetwegen auch das.", erwiderte Volibear kühl. Udyr kratzte sich am Kopf. Ihm machte eine Kleinigkeit Sorgen. "Ashe hat viel mehr herausragende Kämpfer in ihren Reihen als wird. Wir sind zu viert. Mit Ashe zusammengerechnet, kämpfen wir gegen sechs Krieger mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Dabei sehe ich das Problem nicht nur darin, dass sie uns zahlenmäßig überlegen sind, sondern auch, dass sie sehr viele Nahkampfspezialisten haben, die Ashe verteidigen können. Wir müssten unbemerkt an sie herankommen, aber Anivia könnte sie mit Eiswänden schützen und aus der Entfernung hätten wir ebenfalls keine Möglichkeit.", führte er aus. "Und weshalb nicht? Olaf könnte dieser Schlampe doch eine Axt zwischen die Augen werfen?", widersprach Sejuani." "Dafür müsste er allerdings nah genug an sie herankommen, was allein schon ein schwieriges Unterfangen wird. Des Weiteren wissen wir ebenfalls, dass sie von diesem glatzköpfigen Muskelberg beschützt wird. Wir müssten ihn irgendwie aus dem Weg räumen oder umgehen, um an Ashe heranzukommen.", brachte Volibear ein. Udyr nickte zustimmend und erinnerte daran, dass Ashes Unterkunft, anders als das Zeltlager Sejuanis, aus festen Palisaden bestand. Sie hatten ein befestigtes Holztor sowie einen riesigen Bergfried inklusive Turm, von dem Ashe auf Alles feuerte, was ihr in die Quere kam. "Wie können wir unbemerkt an sie herankommen?", fragte Sejuani. "Olaf, Volibear und ich können alle drei unter Einsatz unserer Fähigkeiten schnell rennen, aber das wird nicht reichen um an Ashes Leuten vorbeizukommen. Alle von ihnen sind in der Lage uns durch ihre Kampfkünste auszubremsen. Unsere Armeen würden zerrieben werden, bevor wir oben auf den Turm kämen. Wir bräuchten entweder eine verdeckte Operation oder mehr militärische Durchschlagskraft.", fachsimpelte Udyr. Plötzlich wieder ein Stechen in seinem Kopf und es wurde schwarz vor seinen Augen. Sie kommt, Udyr! Lass nicht zu, dass ihr etwas widerfährt. Ihr müsst euch verbünden, sonst seid ihr verloren. Das Stechen ging ebensoschnell wie es kam und Udyr stand plötzlich. Er wusste nicht wann und wie er sich erhoben hatte, aber er hatte einen Schweißausbruch und bemerkte, dass Volibear und Sejuani ihn eindringlich musterten. "Ob wirklich Alles in Ordnung ist, habe ich gefragt, alter Freund.", wiederholte Volibear. Noch bevor Udyr etwas erwidern konnte, bildeten sich in der Mitte des Zeltes unter leisem Klimpern schwarze Eiskristalle, die wild umhertanzten. Sie wurden immer größer und aus dem Boden sprießten weitere Kristalle, die sich übereinander türmten. "Was geht hier vor?!", brach es aus Sejuani, die sich umgehend zu ihrem Morgenstern begab. Volibear stand nicht aufrecht, sondern begab sich in seine vierbeinige Kampfhaltung und fletschte die gewaltigen Reißzähne, sodass ihm Speichel aus dem Maul floss. Udyr hingegen, noch benebelt von der Stimme, stand da und realisierte nicht, was gerade vor sich ging. Die schwarzen Kristalle hatten sich inzwischen zu einer Eissäule zusammgeschlossen, welche wie ein Kokon im Zentrum des Zeltes stand. Es wäre totenstill im Zelt gewesen, wenn Volibears Kampfeslust nicht geweckt worden wäre, denn er schnaufte wie tollwütiges Tier. Plötzlich splitterten die schwarzen Eisteile von der oberen Hälfte ab und klimperten zu Boden. Aus dem Innteren des eisigen Kokons erhob sie eine schneeweiße Frau mit dunklem Hut, der zu zwei Hörner geformt war. "Ich komme in friedlicher Absicht.", sprach sie mit einem Ton, der die Kälte in Sejuanis Sprachmelodie bei Weitem überstieg. Diese blickte zu Lissandra auf und hielt den Morgenstern kampfbereit. Diese weiße Frau nutzt eine Art schwarze Magie, vermutete Sejuani, doch sie hatte keine Angst vor ihr. Sie wusste, dass sie nur einmal pfeifen musste und Rasgard würde das Zelt abreißen und sie würde diese bizarre Kreatur beiseite räumen. Außerdem hatte sie mit Volibear und Udyr zwei ihrer drei besten Kämpfer an ihrer Seite. Demnach stellte sie keine Gefahr dar. Man konnte sich zumindest anhören, was diese Eismagierin sagen hatte. "Sprich! Wer bist du?", forderte die Stammesanführerin, während Volibear immer noch zähnefletschend auf ein Angriffszeichen wartet. Udyr hatte den Ernst der Lage inzwischen auch erkannt, doch als er in die Kampfhaltung gehen wollte, passierte es wieder. Überzeuge sie, dass die Eishexe helfen kann! Was zum Teufel ging hier vor, dachte Udyr. War er dabei schizophren zu werden? Erst der Schlag auf seinen Kopf und die Gehirnerschütterung, danach dieser Traum, dann die Stimme in seinem Kopf. Er wusste nicht, warum sie wollte, dass man sich mit dieser komischen Eiskreatur verbündet. Lissandra grinste. "Ihr kennt mich, aber wusstet nie, dass ich existiere. Ich bin die Eishexe Lissandra." "Ich dachte immer, dass das ein Märchen sei, um Kinder zu erschrecken.", erwiderte Sejuani skeptisch. "Findet ihr nicht, dass ich sehr real aussehe?", versuchte Lissandra Sejuanis Zweifel zu zerstreuen. "Lissandra ist gerade aus dem Boden in Form von schwarzen Eissplittern herausgewachsen. Ohne widerspenstig erscheinen zu wollen, Stammesführerin.", warf Udyr ein. "Ich denke, dass sie tatsächlich die Eishexe ist." Udyr wusste, dass die Eishexe real war. Sejuani ließ ihren Blick nicht von dem Eindringling ab. "Wieso stört ihr uns? Und wie seid ihr ins Lager eingedrungen?", fragte sie sichtlich überfordert. So hatte weder Volibear noch Udyr sie bislang erlebt. "Ich weiß, dass ihr Ashe töten wollt.", überging Lissandra die Fragen. "Heute ist euer Glückstag – ich auch. Ich biete euch eine Partnerschaft an." Volibear lachte künstlich auf: "Ihr und welche Armee?" Noch bevor Lissandra antworten konnte, mischte sich Sejuani ein, denn Lissandra hatte einen wundern Punkt getroffen. "Wieso wollt ihr Ashe töten? Der Thron gehört mir.", warf sie ein. "Den könnt ihr haben. Ich möchte nur Vergeltung.", sagte Lissandra. "Wofür Vergeltung?" "Ich habe vor langer Zeit gegen Ashes Ahnen um die Krone des Landes gekämpft. Ihre Krieger und sie haben mir eine empfindliche Niederlage eingebracht, sodass ich jahrhundertelang unter dem Eis mein Dasein fristen musste. Nun ist es mir gelungen zu alter Stärke zurückzugelangen und neue Verbündete zu finden sowie eine Armee aufzubauen. Leider sehe ich mich nach wie vor nicht als stark genug an, um Königin Ashe auszulöschen.", Lissandra macht eine kleine Pause und blickte leicht über ihre Schulter zu Udyr. "Deshalb brauche ich Verbündete." "Woher weiß ich, dass ihr die Krone nicht immer noch wollt?", fragte Sejuani misstrauisch. "Das könnt ihr nicht wissen und selbst wenn ich euch sagte, dass ich nicht interessiert sei, würdet ihr mir nicht glauben, Stammesanführerin. Doch so wie ich das sehe, habt ihr ebenso wie ich zur Zeit nur begrenzte Mittel, um an eure Ziele zu kommen. Wir würden voneinander profitieren und haben keine Alternativen.", waberte die Eisstimme der Hexe durchs Zelt. "Woher wollt ihr wissen wie wir aufgestellt sind?", trotzte Volibear. "Sagen wir es so...", ein böses Grinsen verzerrte Lissandras Mundwinkel zu einer Fratze. "Ein Vöglein hat es mir gezwitschert. Ein allwissendes Vöglein." Es wurde still im Zelt. Jeder wusste, dass Aurelion Sol irgendwie mit im Spiel hing, allerdings wussten sie nicht wie Lissandra zu ihm stand. Das machte sie zwar nicht vertrauenswürdiger, allerdings stimmte es. Das Dorf Sejuanis hatte – gelinde gesagt – schon etwas bessere Zeiten miterlebt. Es war eine unlösbare Situation. Man musste kämpfen, weil man Gefahr lief das Artefakt nicht bergen zu können und da man sich selber nicht stärken konnte, musste man die Gegner schwächen. Aber eben dies ging ja nicht, weil man dafür zu schwach war. Und nun tauchte die Eishexe auf, welche für Sejuani immer nur eine mystische Gestalt war und das Böse verkörperte. Sie stand für Intrige und Verrat und sie war sich bewusst, dass sie ihrem Dorf den Rücken freihalten musste. "Erzählt mir von eurer Armee.", befal Sejuani. "Es sind die Frostwächter." "Aber... das ist doch... unmöglich!", warf Udyr ein. Die Frostwächter waren für das Gleichgewicht Freljords zuständig. Ein mächtiges Volk von Kriegern, die niemandem unterstanden außer ihrer eigenen Vernunft und nun hatte Lissandra sie als ihre Armee angeheuert? Wie hat sie das nur angestellt? Sie schien mächtiger zu sein als die Sagen um sie verkündeten. "Und falls euch das nicht reicht, habe ich immer noch ein Ass im Ärmel.", fuhr Lissandra fort. "Ich höre.", sagte Sejuani, die sich immer noch in Kampfhaltung befand. "Der Trollkönig ist mein Untergebener. Er ist durch einen Pakt an meinen Befehl gebunden." "Pah! Trolle sind wie Hornissen. Sie wissen nicht was sie tun! Sie attackieren wahllos Alles auf dem Schlachtfeld. Wie könnt ihr behaupten ihr hättet sie unter Kontrolle?", platzte es aus Volibear heraus. "Weil der Trollkönig, nur durch mich König geworden ist. Er besitzt eine Waffe aus ewigem Eis, die ich gegen seine Loyalität tauschte. Er ist sich bewusst, dass ich ihm diese Waffe jederzeit wegnehmen kann und er zu demselben jämmerlichen Kümmerling verkommt, der er damals war.", fauchte Lissandra zurück. Daraufhin wandte sie sich wieder an Sejuani: "Was sagt ihr? Löschen wir die Königin gemeinsam aus? Ihr hättet einen Thron und ich meine Vergeltung. Mit den Frostwächtern und den Trollen, hätten sie keinerlei Chancen." Sejuani dachte sichtlich nach und blickte zu Volibear und Udyr. Sie sahen ebenfalls ratlos aus. Besonders Udyr, der sonst immer zuverlässige Ratschläge gegeben hatte, stand regungslos dort und überließ die Entscheidung ihr allein. Lissandra bemerkte, dass sie Sejuani zum Nachdenken gebracht hatte und nahm sich vor die Ruhe auszusitzen. Es steht auf der Kippe! Tu etwas, Udyr!, stach es in seinem Kopf, doch sein Wille weigerte sich. Diese Entscheidung würde er Sejuani überlassen. Schade, dass Olaf schon gegangen war. Er hätte Lissandra wahrscheinlich direkt angegriffen und sie wären gar nicht einmal dazu gekommen ihr Angebot zu hören. Dann müsste man nun nicht grübeln. Er wusste nicht wie Sejuani sich entscheiden würde. Seine Kopfschmerzen wurden stärker. Du törichter Narr!!! Du willst nicht gehorchen? Falls Sejuani sich gegen eine Allianz entscheidet, wirst du das bitter bereuen, Udyr. Mit einem langgezogenen Schrei spürte Udyr erneut, dass etwas aus ihm entwich. Scheinbar konnte diese Stimme in seinen Kopf ein- und ausgehen wie sie wollte. Das behagte ihm nicht. "Nun...", ertönte es plötzlich aus Sejuanis Mund. "Ich habe mich entschieden..." Kapitel 5: Königin des Eises ---------------------------- "Du musst doch die Geschichte kennen!?", polterte es ungläubig über den Tisch. Nunu schüttelte naiv den Kopf und griff nach einem großen Krug mit Kakao. "Potzblitz!", schlug Braum seine Faust krachend neben Nunus Krug, sodass etwas des braunen süßen Gebräus aus dem Behälter auf den Tisch tanzte. Durch den Aufschlag rutschte Nunus Parka nach vorne und nahm ihm die Sicht. Blind tastete er sich an sein Getränk heran, während hinter ihm und Braum das Siegesfest tobte. Der Glatzkopf grinste durch seinen Schnurrbart, richtete Nunus Kapuze und schob ihm den Krug zu. "Jetzt hörr mirr gut zu, mein kleinerr Frreund.", rollten die Sätze aus Braums freundlichem Blick. "Die Geschichte unserrerr Königin Ashe ist nicht nurr inspirrirrend, sonderrn auch sagenumwoben! Grreif dirr deine heiße Schokolade und spitze deine Ohrren." Der kleine Junge im blauen Parka grabschte nach dem Krug, der in seinen Händen überdimensioniert aussah und nahm einen gewaltigen Schluck daraus. Während er trank wippte er bedächtig auf und ab, da er auf dem Bauch seines schlafenden Yetis saß, den die Müdigkeit des letzten Kampfes scheinbar übermannt hatte. "Ashe warr nicht schon immerr unserre Königin. Ihrre Mutter war davor unserre Herrrrscherrin und davorr ihrre Mutterr und so weiter. Sie sind unserre Königsfamilie und die wahrren Bewahrrerr dieserr Winterrlandschaft, die unserr liebes zu Hause ist.", erzählte Braum wie ein Großvater seinen Enkeln erzählen würde und Nunu hört gebannt zu – immerhin war er noch ein Kind, also quasi ein Enkel. "Ashes Mutterr warr eine fantastische Königin.", fuhr der Bärtige fort. "Vielleicht sogarr besserr als Ashe selbst, vermuten Einige. Es warr eine sehrr frriedliche Zeit damals. Es gab noch keine Barrbarrenüberrfälle, keine Trrollkrriege, keinen Hass und den Bewohnerrn ging es gut, denn sie hatten Alles, was sie fürr ein schlichtes aberr glückliches Leben benötigten. Man könnte meinen, dass es weitaus besserre Zeiten warren als die heutige Zeit eine ist. Allerrdings änderrte sich eines Nachts Alles schlagarrtig. Als unserre jetzige Anführrerrin Ashe gerrade einmal 14 Jahrre alt warr, grriffen die Barrbarren das erste Mal an. Überrwältigt vom plötzlichen Krrieg, merrkte die Königin, dass sie von Krrieg keine Ahnung hatte und sich schlecht vorrberreitet hatte. Nurr mit Mühe konnte der errste Angrriff abgewehrrt werden. Ihrrerr Tochter Ashe warr es zu verrdanken, dass die Stadt nicht fiel, denn sie strreckte mit ihrrem Bogen die Hälfte allerr Angrreifer nieder. In Anbetrracht der neuen Gefahrr, rruhte sich Ashe nicht aus und bat die Königin Befestigungsanlagen bauen zu dürrfen. Innerrhalb von 2 Tagen wurrden die drei Palisadenringe errrichtet, die uns umgeben. Sogarr den Berrgfrried in derr Mitte der Orrtschaft, ist auf dem Mist unserrerr jetzigen Königin gewachsen." "Von dem sie immer runterschießt, wenn wir angegriffen werden?", unterbrach Nunu mit kindlichem Leichtsinn. "Genau derr.", lächelte Braum warm und stupste Nunus Nase mit dem Zeigefinger, worauf der Junge so laut kicherte, dass der Yeti ein kurzes Grunzen von sich gab, um direkt darauf erneut in Tiefschlaf zu fallen. "Es schien Alles perrfekt und wiederr sicherr, doch es kam anderrs." Nunu schlürfte vom Kakao und starrte gebannt auf Braum, dessen Geschichte den kleinen Jungen scheinbar gepackt hatte. "Die Königin fühlte sich in ihrrem neuen Berrgfrried sicherr, den ihrr ihrre Tochterr Ashe gebaut hatte. Es dauerrte auch nurr wenige Tage und die Barrbarren grriffen erneut an, allerdings warr derr Angrriff nicht so starrk wie beim errsten Mal. Scheinbarr hatten zu viele von Ihnen währrend des errsten Gefechts ihrr Leben gelassen. Es dauerrte nicht lange und die Barrbarren flüchteten in den Wald hinaus. Derr Angrriff warr kaum errnst zu nehmen und die im Kampf unerrfahrrene Königin befahl ihrren Strreitkrräften die Angrreifer zu jagen und endgültig den Frrieden wiederrherrzustellen. Also folgten Ashe und ihrre Strreitkrräfte und einige Kommandanten den Barrbarren in den Wald. Du weißt, wie es dorrt aussieht. Tausende Schlupfwinkel, Millionen Bäume und ein Dickicht, dichter als mein Schnurrrrbarrt, HAHA!", lachte der Glatzkopf urplötzlich auf, nur um geschwind fortzufahren. "Es dauerrte ein wenig, um die Angrreifer im Wald zu finden, aberr wirr haben sie errwischt und ausgemerrzt. Doch genau in dem Moment als wirr sie zurr Strrecke gebrracht hatten, fiel es Ashe wie Schuppen von den Augen. Es warr eine Falle gewesen. Alles Krrieger unserres Lagerrs waren im Wald. Niemand warr zurrückgeblieben, um die Königin und das Volk zu schützen. Getrrieben von derr Rrealisierrung einen fatalen Befehl befolgt zu haben, rrasten wirr zurrück zum Lagerr. Wirr errreichten es wenige Minuten späterr und fanden es in Flammen vorr. Der Barrbarrenkönig hatte das Dorrf angegrriffen. Err hinterrließ ein Feld derr Verrwüstung! Ich kann nicht sagen wie viele Unschuldige damals das Leben lassen mussten, aberr es warren sehrr viele gewesen. Kinder, Frrauen aberr auch wehrrlose Männerr, die noch nie etwas mit dem Krrieg zu tun gehabt hatten. Als wirr ankamen wollte err sich gerrade mit seinen Truppen zurrückziehen, um den übrriggebliebenen Krriegerrn nicht überr den Weg zu laufen. Scheinbarr hatten sie mit ihnen nicht so frrüh gerrechnet. Ashe konnte nicht sicherr sein, aberr ahnte, dass ihre Mutterr tot warr - das machte sie zurr Königin. Sie wusste, dass sie nun handeln musste. Vollerr Furrcht vorr dem Zorrn Ashes flüchteten die feigen Bastarrde in alle Himmelsrrichtungen. Es gelang nicht Allen. Ungefährr ein Vierrtel derr Angrreifer konnte gestellt und festgenommen werrden. Das ganze Dorf sinnte nach Rrache und wollte sie tot sehen, doch Ashe warr errstaunlich kühl. Sie sagte, dass es nie zu einem langen Krrieg kommen dürrfe und dass man anderre Wege finden müsse. Sie ließ den Barrbarrenkönig einsperrren, um ihn zu einem Frrieden zu zwingen. Er weigerrte sich. 8 lange Jahrre lang, bis err im Kerrkerr an einerr Krrankheit starrb." "Und was wurde aus den anderen Barbaren?", fragte Nunu. "Sie forrmierrten sich neu und sind bis Heute die Bande, die uns attackierrt und mit derr Ashe verrsucht einen Frrieden zu errzwingen.", antwortete Braum. "Und wer führt sie an?" "Nun ja... Kurrz nachdem derr König starrb, wurrde seine Tochterr Anführrerrin. Das ist sehrr errstaunlich, denn sie warr noch jüngerr als Ashe damals. Sie müsste ungefährr elf Jahrre alt gewesen sein, oderr so ähnlich.", überlegte Braum. "Ein wirrklich bedauerrnswerrtes Ding. Mit so einem Schicksal grroß zu werrden, sollte keinem Mädchen passierren." "Wenn wir ehrlich sind, ist es auch kein tolles Schicksal für einen kleinen Jungen von seinen Leuten verstoßen zu werden, nur weil er einem Yeti seine Treue geschworen hat.", sagte eine ruhige Stimme hinter Nunu. Tryndamere stand dort, trotz eisiger Temperaturen ohne Oberkörperbekleidung und schleifte sein Schwert hinter sich her, als er sich der Sitzbank langsam näherte. "Setz dich doch, Trryndamerre! Je mehrr, desto lustigerr, hat Mama immerr gesagt.", lachte Braum vergnügt und Tryndamere nickte ihm zu. Auch wenn er Braums positives Gemüt oftmals verstörend nervig fand, hatte er großen Respekt vorm Beschützer. Das Tor, welches Braum als Schild nutzte, konnte er nicht einmal hochheben. Er hatte es versucht und dass Braum es mühelos mit sich herumschleppen konnte, sagte ihm, dass er sich besser mit ihm nicht anlegen sollte. "Du siehst so angespannt aus, Onkel Tryndamere. Warum?", fragte Nunu in seiner kindlichen Art. "Ich habe dir gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst.", sagte der Schwertkämpfer kühl. "Wir sind nicht einmal im Entferntesten verwandt." "Na, na, na! Werr wirrd denn einem Jungen einen Wunsch abschlagen, nicht wahrr, Nunu?", zwinkerte Braum dem Kleinen zu. "Ich finde es nicht gut, dass wir die äußeren Ringe ohne Kommandanten unbewacht lassen, nur um den letzten Sieg zu feiern. Ich finde das unvorsichtig.", sagte Tryndamere in ruhiger Tonlage. Er war der letzte seines Stammes. Es war schon einige Jahre her als er mit seinem Stamm in etwas nördlicheren Teilen des Landes leben konnte. Ein Überfall hatte seine Leute überrascht, während er selbst auf Jagd war. Er kam nur zurück, um das Ergebnis eines Blutbades zu sehen. Bis heute wusste er nicht, wer seine Familie und Freunde damals umgebracht hat, doch er hatte hier in den Reihen von Ashes Kommandanten eine neue Heimat gefunden und diese wollte er nicht erneut durch Unvorsichtigkeit verlieren. "Ach, komm schon, Onkel Tryndamere! Du bist immer so unlustig. Trink einen Kakao und freu dich, dass der letzte Kampf so gut gelaufen ist.", versuchte Nunu Tryndamere aufzumuntern. Der Yeti hingegen kratzte sich im Halbschlaf mit seinen scharfen Krallen das Gesäß und schmatze genüsslich, bevor er wieder in seinen Schlaf entglitt. Tryndamere schwieg und ließ seinen Blick durchs Lager schweifen. "Komm schon! Derr kleine Rrabauke hat Rrecht. Wirr sollten uns einmal entspannen, hm? Ich werrde uns etwas zu Trrinken orrganisieren.", schlug Braum vor. "Nein, ich möchte bei klarem Verstand bleiben.", erwiderte Tryndamere. "Keine Widerrrede! Mama sagte immerr, wenn man krrank ist, hilft nurr Alkohol! Und Sorrgen sind ja auch eine Arrt Krrankheit, nicht wahrr? Haha!" Braum wollte sich gerade erheben, um neue Getränke zu beschaffen als eine riesige Pranke auf seiner Schulter landete und ihn wieder auf die Bank drückte. "Hab ich etwa Trinken gehört?!", röhrte es durchs Lager. "Da bin ich dabei!" Gragas zog den Stopfen aus seinem Fass und goss Wein in die leerstehenden Krüge. Als er auch in Nunu's Kakaotrog etwas eingießen wollte, konnte Tryndamere diesen noch schnell genug in Sicherheit bringen. "Er ist ein Kind, Gragas.", ermahnte er den Dicken. "Ich will das rote Zeug auch mal probieren! Manno!", quengelte Nunu. "Nein.", verbot Tryndamere. "Oaaaaaaaaaah!!! BITTEEEEHEEEE!" "Ich sagte: Nein.", wiederholte er mit Nachdruck. "BOAH! NIX DARF MAN HIER!", drehte sich der kleine Junge schmollend um und begann das Lagerfeuer und die tanzenden Soldaten und Bürger zu beobachten. Gragas zuckte nur mit den Schultern und setzte sich neben Braum. Er brauchte keinen Krug, da er direkt aus dem Fass trank. Er setzte an uns nahm mehrere riesenhafte Schlücke des roten Gebräus, wobei er so gierig war, dass mindestens die Hälfte des Weins an seinem Körper herunterlief. Als Gragas das Fass wieder absetzte, ließ er einen gewaltigen Rülpser ertönen und wandte sich dann wieder Braum zu. "Wie lief die Schlacht so bei dir? Kamen sie überhaupt in die Nähe von Ashe und Anivia?", lallte er leicht. "Ja, leiderr konnte ich nicht beide beschützen. Anivia ist zurr Zeit bei Ashe im Turrm. Die Königin warrtet bis Anivia wieder schlüpft." "Wer hat sie erwischt?", fragte Tryndamere überrascht. "Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sie erwischt wurde." "Es warr dieserr verrrückte Blonde mit den beiden Äxten. Err kennt kein Errbarrmen. Seine Männerr fielen um ihn herrum wie die Fliegen, weil Ashe Einen nach dem Anderen ausschaltet, doch err – err hat nicht einmal mit derr Wimperr gezuckt. Err hat eine seinerr Äxte auf Anivia geworrfen und ich bin dazwischen gesprrungen. Währrend ich die Axt abfing, ist dieserr Verrrückte über mich drüberr gesprrungen. Err hat mein Schild als Leiterr benutzt und beim Überrspringen hat err mirr in den Rrücken getrreten, also bin ich gefallen. Danach hat err Anivia angefallen." "Wieso hat sie denn nicht eine ihrer Eiswände erschaffen, um sich zu schützen?" "Hat sie, aberr dieserr blonde Krriegerr wurde auf einmal extrrem schnell und ist einfach drrum herrum gerrannt. Sie hatte keine Chance.", erklärte Braum. "Das ist wirklich beängstigend.", sagte Tryndamere. "Und wie seid ihr da wieder herausgekommen?" "Es errtönte ja dieses Horrn kurz bevorr sich Alle zurückzogen. Hätte err Ashe attackierrt, hätten wirr jetzt keine Königin, aberr irrgendwie hatte es den Anschein als wolle err sie nicht töten." "Das ist sonderbar.", murmelte Tryndamere. "Das ist dämlich. HAR HAR! So viele Männer zu verlieren und kurz vor dem Ziel einfach umzukehren.", prollte Gragas. "Nächstes Mal müssen wir einfach schneller sein und bei Problempunkten aushelfen. Wenn irgendwo ein Wall bricht, müssen wir dort die Männer verstärken. Es war einfach Pech, dass in diesem Bereich kein Kommandant war." "Dieses Pech darf uns nicht mehr passieren. Wir hätten beinahe die Königin verloren. Das sollte keiner von uns auf die leichte Schulter nehmen.", ermahnte Tryndamere und nahm endlich einen Zug aus dem Weinkrug. Der Bergfried ragte hoch über das Lager der Eiskönigin. Sie saß in ihrem hölzernen Thron, der mit einem riesigen Tierfell ausgelegt war und verschwendete keinen Gedanken daran, an den Feierlichkeiten auf dem Dorfplatz teilzunehmen. Ihr langes weißes Haar und ihre blauen Augen offenbarten eine makellose Schönheit, die ihr bedächtiges Wesen unterstrich. Flackernde Feuertöpfe erhellten den Thronsaal und spendeten Wärme. Anders als sonst, war sie vollkommen alleine. Sie hatte die gesamten Streitkräfte und Arbeiter zur Feier geschickt. Sie hatten es sich nach der letzten Schlacht redlich verdient. Sie musste die Einzige sein, die derzeitig nicht betrunken oder auf dem Weg war, betrunken zu werden. Sie konnte einfach nicht, denn Ashe beschäftigte der Konflikt mit den Barbaren viel zu sehr.. Es schien fast so als würde sich Alles zuspitzen. Die Kommandanten waren der Meinung, dass die Barbaren Sejuanis zu geschwächt seien, um dem Dorf nochmal gefährlich werden zu können, doch irgendwas lag in der Luft, dass Ashe verunsicherte. Die Angriffe der Barbaren wurden wütender und stürmischer. Sejuani musste langsam blind vor Gier und Zorn sein. Sie wollte Ashes Thron um jeden Preis, dabei hatte Ashe sich Freljord ganz anders vorgestellt. Als Republik mit autonomen Ländereien. Sie würde Sejuani ihren Bereich bereitwillig überlassen, so wie sie es nun ohnehin schon tat. Frieden: Das war es, was sie wollte. Freljord vereinen und diese sinnlose Barbarei beenden, doch man konnte mit Sejuani nicht sprechen. Sie war so unglaublich stur und stolz, dass sie sich niemals auf eine Abmachung mit den Besiegern ihres Vaters einlassen würde. Wahrscheinlich war sie sogar davon überzeugt, dass Ashe ihn ermordet hatte. Wer konnte es ihr übel nehmen? Ihr Vater war schließlich ein Kriegsgefangener und hätte Sejuani einen ihrer Kommandanten festgenommen, hätte dieser bestimmt sein Leben gelassen. Ein blau waberndes Ei lag neben Ashe und zuckte bei Zeiten. Bald würde sie wieder schlüpfen. Ashe wusste, dass Anivias zwischenzeitlicher Tod ihren eigenen verhindert hatte. Dieser blutverschmierte Wikinger – er hatte diese Entschlossenheit in den Augen. Und so wie er kämpfte – als hätte er keine Angst vor dem Tod, nein, noch viel mehr. Es schien als würde er den Tod suchen. Als wäre dieser ein alter verlorener Freund. Das war sehr beunruhigend. Weshalb er Anivia attackiert hatte und nicht sie – die Königin, konnte sie nicht erklären. Es beschäftigte sie ungemein, denn als Königin war es ihre Aufgabe ihr Volk zu schützen und auch die Kommandanten so zu führen, dass ihnen nichts zustoßen konnte. Dies war einfacher, wenn man selbst die Zielscheibe war. Das war auch der Grund, weshalb Braum als ihr persönlicher Leibwächter eingeteilt war. Sie war es gewohnt das Ziel zu sein und von Allen, die nicht zu ihr gehörten, gehasst zu werden. Sie erhob sich und blickte aus ihrer Schießscharte auf den großen Platz des Dorfes. Sie sah die tanzenden Schatten der Soldaten, die ums Feuer torkelten und die Bauersmädchen bezirzten. Gegönnt sei es ihnen. An einem der großen Tische sah sie ihre Kommandanten, die sich lebhaft unterhielten. Lediglich der kleine Nunu wirkte etwas angesäuert und beobachtete das Feuer. Sie war froh dem Jungen ein zu Hause geben zu können. Der Yeti hatte ihn eines Nachts zum Lager getragen. Der Junge war total entkräftet und schien hohes Fieber zu haben. Die Dorfbewohner wollten das Ungetüm erschießen, weil sie dachten es hätte den Jungen entführt, aber Ashe hatte die Verzweiflung in den Augen des Yeti gesehen und verstanden. Sie übernahm die Aufsicht des Heilungsprozesses des Jungen höchstpersönlich und während der weiteren Wochen wich das Monster nicht von der Seite des Jungen. Es weigerte sich zu essen und schreckte jedes Mal aus dem Schlaf auf, wenn Nunu ein Geräusch aus seinen Fieberträumen entwich. Das hatte Ashe zutiefst beeindruckt und berührt. Heute sind die Beiden aus dem Dorf nicht mehr wegzudenken. Sie konnte sich ein warmherziges Lächeln nicht verkneifen. Sie war froh ihre Kommandanten zu haben, die alle irgendwie zufällig ihren Weg kreuzten. Tryndamere verlor seinen Stamm und Ashe gab ihm eine neue Heimat, als er sie darum bat. Gragas kam eigentlich aus dem Süden des Landes, doch blieb – während seiner Suche nach dem perfekten Weinrezept – irgendwie hier kleben, aber da war noch Braum. Er war der Einzige der hier im Dorf aufgewachsen war und auch seit jeher als Kommandant kämpfte. Irgendwann wurde die Lage für Ashe so brenzlig, dass sie ihn bat ihr Leibwächter zu werden. Damals hatte Braum nur durch seinen Schnurrbart gelächelt und entschlossen genickt. Sie war froh, dass sie jeden Einzelnen von ihnen hatte. Sie wandte sich erneut zum Ei und atmete tief durch. Es lag immer noch hypnotisch pulsierend, auf ein Kissen gebettet, neben dem Thron. Anivia war hingegen anders als sie Alle, dachte Ashe. Sie war fest mit Freljords Wesen und Natur verbunden und konnte das Eis tanzen lassen. Sie war kein Mensch, aber auch kein Tier. Sie war weder irdisch, noch göttlich. So wie Ashe es verstanden hatte, war Anivia die Seele Freljords und sie wusste, dass es Anivia war, der es zu danken galt, dass man ihr Dorf noch nicht eingenommen hatte. „Kommandant Tryndamere! Melde gehorsamst: Eine Gruppe von zwölf Vermummten steht vor den Toren und bittet um Einlass.“, salutierte ein aufgeregter Rekrut vor dem Biertisch der Kommandanten. „Sagten sie wer sie sind und sind sie bewaffnet?“, fragte Tryndamere skeptisch. „Nein, Kommandant! Sie tragen weite Roben. Man kann nicht erkennen, ob sich etwas unter ihren Gewändern verbirgt, allerdings sind sie ungewöhnlich groß. Ich vermute nicht, dass es Menschen sind, Kommandant!“ „Yordle sind es demnach bestimmt auch nicht! Har Har!“, gröhlte Gragas dazwischen. „Ich werde zum Tor gehen und mir die Gruppe genauer ansehen. Ihr unterrichtet die Königin, Soldat.“, befahl Tryndamere seinem Untergebenen. „Jawohl!“ Gerade als der Soldat losrennen wollte, stellte sich ihm Braum in den Weg. „Ich bin derr Leibwächterr derr Königin. Ich werrde gehen.“ Tryndamere nickt dem Glatzkopf zu und deutete seinem Soldaten an ihm zu folgen und ging schnellen Schrittes zum Haupttor des Dorfes, während Braum die Königin holte. Nunu und Gragas blieben zurück, die sich etwas verdutzt ansahen. „Sollten wir nicht mit, Onkel Gragas?“, fragte der kleine Junge. „Näää! Ist ja kein Alarm oder so. Meinen Wein lasse ich jetzt nicht im Stich.“, röhrte es zurück, woraufhin Nunu vergnügt kichernd einen großen Schluck aus seinem Kakaobecher nahm. Tryndamere erkannte schon viele Meter vor dem Tor, dass sich eine kleine Traube Soldaten am oberen Ausguck gesammelt hatte und in tumultartiges Gemurmel verfallen war. Er ging schnellen Schrittes auf sie zu und rief „Beiseite, Männer!“, woraufhin sich die Traube auflöste und ihrem Kommandanten Platz schuf. Tryndamere stieg auf die höchste Stufe des Tores und blickte auf die Gestalten herab, die große Kapuzenmäntel trugen. Sie verschleierten sie in Gänze und es war ebenso wie der Soldat beschrieben hatte – das waren definitiv keine Menschen: Dafür waren sie zu groß. Tryndamere ahnte nichts Gutes. „Wer seid ihr?“, schallte es vom Tor auf die Fremdlinge herab und kam in einem langen Echo aus dem umliegenden Wald zurückgeprallt. „Wir wollen mit dem Dorfoberhaupt sprechen.“, sprach die Gestalt, die an der Spitze des Trupps stand. „Ihr sprecht mit dem Dorfoberhaupt, sobald ich es entscheide. Ich bin Kommandant der hiesigen Einheiten dieses Dorfes. Ohne meine Erlaubnis, werdet ihr nicht einmal mit dem Schankwirt sprechen.“, erwiderte Tryndamere mit festem Ton. „Also wiederhole ich meine Frage: Wer seid ihr?“ „Wir haben Informationen, die für Ashe von Interesse sein werden.“, fuhr der Vermummte fort. „Ihr werdet ihr erklären müssen, weshalb sie diese Informationen nicht erhielt, nachdem es passiert ist.“ „Was passiert ist?“, stutzte Tryndamere. „Wir wollen mit dem Dorfoberhaupt sprechen.“, wiederholte die Gestalt. Tryndamere knirschte mit den Zähnen. Er empfand das Verhalten der Fremden als Beleidigung, schließlich wollten diese sich über sein Urteil hinwegsetzen und direkt mit Ashe reden. Als wäre er irgendein dahergelaufener Bote, dessen Meinung nicht zählte. Nein, noch viel schlimmer. Man setzte sich als Fremder über niemandes Kopf hinweg, wenn man vor dessen Stube stand. „Woher soll ich wissen, dass ihr wirklich etwas zu sagen habt und nichts Böses im Schilde führt?“, fragte er um Ruhe bemüht. „Gar nicht. Nehmt die Information oder lasst es. Wir können ebenso gut wieder gehen, allerdings haben auch wir ein Interesse daran, dass euer Dorf verteidigungsfähig bleibt.“ Tryndamere wusste, dass er keine detaillierten Antworten bekommen würde, also entschied er sich auf Braum und Ashe zu warten. „Ihr werdet warten.“, diktierte er den Fremden. „Meine Männer behalten euch im Auge.“ „Sehr wohl.“, antwortete die vermummte Gestalt. Tryndamere wandte sich wieder zu seinen Soldaten um: „Behaltet sie im Auge und haltet euch schussbereit. Sollten sie angreifen oder fliehen – schießt ihr.“ „Jawohl!“, gehorchte ein Chor. Tryndamere stieg roten Kopfes vom Tor und ging wieder in Richtung Dorfplatz, da er seiner Königin schnellstmöglich Bericht erstatten wollte, also ging er ihr entgegen. Doch kaum war er vom Tor gestiegen, kamen ihm Braum, der da Ei Anivias hielt und Ashe entgegen. Auf der Brust des Bärtigen war in einer Ledervorrichtung Anivias Ei eingespannt. Ashe ließ Anivia nie aus den Augen, wenn sie sich im Regenerierungsmodus befand. „Tryndamere, was geht vor?“, fragte die Königin. „Ungefähr 20 Gestalten vor dem Tor. Sind bedeutend größer als Menschen, sind aber definitiv keine Oger. Dafür wirken sie zu intelligent.“ Braum und Ashe tauschten besorgte Blicke. „Haben sie gesagt, was sie wollen?“, fragte sie weiter. „Mit euch sprechen, Königin.“ „Dann wollen wir sie nicht warten lassen.“ Ashe bestieg das Haupttor des Dorfes und blickte auf die Vermummten herunter. „Ihr wolltet mich sprechen?“, fragte sie. Die Gestalt, welche die Truppe anzuführen schien, blickte hoch und nickt langsam. Er zog seine Kapuze vom Kopf, ließ daraufhin die Robe fallen und wurde von den Fackeln, welche am äußeren Wall befestigt waren in ein warmes Licht gehüllt. Ashe riss vor Erstaunen die Augen auf. „Aber… aber… ihr seid doch…“, stammelte sie. „Königin! Was ist los?“, fragte Tryndamere besorgt, der Ashe noch nie so geschockt erlebt hatte. Er blickt auf die Gestalt herunter, die ihr Gesicht gezeigt hatte. Die Gestalt sah aus wie ein großer Bärtiger Mann mit Hörnern, allerdings machte es den Anschein, als würde er aus Eis bestehen. Der helle glitzernde Körper des Fremden warf das Licht zurück und blendete im Fackelfeuer. Er musste ungefähr drei Meter groß sein. „Wir wollen mit euch sprechen, Königin Ashe. Wir haben eine Warnung.“, sagte der Frostwächter. Ashe nickte eifrig und lief zum Tor, um es zu öffnen. „Königin!“, stellte sich Tryndamere ihr in den Weg. „Was ist los? Ihr benehmt euch wie eine Hörige. Was sind das für Gestalten?“ „Es sind Frrostwächterr.“, sagte Braum, während er oben auf dem Tor stand und hinunterblickte. „Ich dachte das wäre reine Freljord-Mythologie?“, erwiderte Tryndamere. „Nein, sie sind die Beschützer Freljords. Wir werden sie anhören.“, sagte Ashe. „Aber, Königin, es könnte eine…“ „Wir werden sie anhören, Tryndamere. Sie sind tausende von Jahren alt. Willst du dir etwa anmaßen klüger zu sein als sie es sind?“ Er schwieg. Nach wenigen Sekunden des Wartens wandte sich Ashe in Richtung des Tormechanismus. Sie begann das große Rad zu drehen und hatte sichtliche Probleme. „Lasst mich helfen.“, lächelte Braum und übernahm das Rad, woraufhin das gewaltige Tor in schwungvollen Zügen nach oben bugsiert wurde. „Seid willkommen, Frostwächter.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)