Löwenherz von Himmelslied ================================================================================ Kapitel 3: Ein Unglück kommt selten allein ------------------------------------------   Es war Montag. Mehr musste an diesem Tag eigentlich schon nicht mehr gesagt werden. Bereits der Samstagabend hatte ganz schrecklich begonnen. Und wenn schon ein Samstagabend so begonnen hatte, dann konnte der darauffolgende Montag nicht viel besser werden. Pius Thicknesse, ein Angestellter des Ministeriums der in der Abteilung für magische Strafverfolgung arbeitete, war beim Abendessen erschienen und hatte ihnen allen erklärt, dass er - natürlich aus zuverlässiger Quelle - Informationen über Schwarze Magie erhalten hatte, die in der Schule gewirkt worden war. Das warme Licht der Kerzen hatte ihm harte Schatten in das Gesicht gezeichnet und direkt mit seinen ersten Worten, war ihr ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Das Ministerium, viel mehr der Zaubereiminister, hatte ihn dazu befugt die Schüler Hogwarts zu befragen. "Und genau das, liebe Schüler, werde ich in den kommenden Tagen auch tun. Professor Dumbledore ist darüber unterrichtet, aber er wird nicht dazu in der Lage sein ihnen zu helfen, noch Sie alle,", dabei blickte er vielsagend in die Runde, "wie er es so gerne in Schutz zu nehmen." Dorcas, der bewusst gewesen war, was das ganze bedeutete, hatte direkt mit angsterfüllter Miene zu Lily gesehen, die nur sacht den Kopf geschüttelt hatte. Ohne dass sie die bis gerade noch mehr als köstlich duftenden Nudeln die mit Käse überbacken waren, noch eines Bissens würdigte, ließ sie ihre Gabel sinken. Jeglicher Appetit war ihr vergangen. Sie hatte keinen Hunger mehr, und anscheinend hatte auch Thicknesse beschlossen, dass nun das Abendessen für sie alle beendet sein musste. Nachdem er seine Nudeln in beachtlicher Geschwindigkeit verschlungen hatte, stand Thicknesse auf und tupfte sich vornehm seinen Mund mit einer Serviette sauber. "Nun, ich werde umgehend mit den Verhören beginnen. Ist Devon Avery anwesend?", verlangte er mit Beachtung heischender Mimik. Dorcas stockte der Atem und sie merkte, wie ihr Herz eine Etage tiefer rutschte, mehr. Erneut sah sie mit mehr als ängstlichem, hilfesuchendem Blick zu Lily, die neben ihr saß und unter dem Tisch ihre Hand griff. Kaum merklich schüttelte sie wieder ihren Kopf, während Dorcas Tränen in die Augen stiegen. Mit einem Griff, der Lily durch ihre Kraft vermutlich ziemliche Schmerzen zufügen musste, klammerte sie sich an die Hand die gerade noch das Einzige war was sie irgendwie in der realen Welt hielt, sie erdete. Alle Blicke waren auf den Tisch der Slyhterins gerichtet. Vollkommen beherrscht und ruhig stand Avery auf. Sein kupferrotes Haar war wie immer vollkommen achtlos nach hinten gekämmt und er trug einen schlichten, schwarzen Pullover, wie es an freien Tagen oft der Fall war. Genau konnte Dorcas sein Gesicht nicht erkennen, aber seine eigentlich grünen Augen schienen von ihrem Platz aus tiefschwarz. Er trat auf Thicknesse zu, der ihm nur zunickte und ihm dann bedeutete zu folgen. Fester konnte Dorcas wohl nicht mehr nach Lilys Hand greifen, die Knöchel ihrer Finger traten glühend weiß hervor. Mitfühlend sah Lily zu ihr herüber und es dauerte bis Thicknesse mit Avery die Große Halle verlassen hatte, dass Dorcas sich wieder einigermaßen entspannen konnte. Nachdem der Samstag so bescheiden zu Ende gegangen war - was genau Avery mit dem Typen vom Ministerium zu klären gehabt hatte blieb Dorcas weiterhin ein Rätsel - hatte der Sonntag nicht wesentlich besser geendet. Nachdem es nämlich mit der Sache mit Avery nicht hätte schlimmer werden können, war noch am Samstagabend ein, in einer Kutte gehüllter, Mann aufgetaucht, der einfach nur eine Peitsche in Händen gehalten und sie alle wirklich mehr als fies angestarrt hatte. Wie sich dann herausgestellt hatte, war es ein Henker gewesen. Ein Henker, der jemanden suchte, den er Anstelle von Mister Sweets bestrafen konnte. Bestrafen für die fünf Morde, die Mister Sweets begangen hatte. Mister Sweets war ein Geist, den James vor einigen Wochen unwissentlich und weniger als unbeabsichtigt beschworen hatte. Dreimal hatte er seinen Namen gerufen und dann war er plötzlich da gewesen, wollte sie alle umbringen. Was und wie genau das ganze geschehen war, wusste Dorcas nicht. Sie war nicht dabei gewesen, nur dass Lovegood ihn zeitweise mit einem Patronus vertrieben hatte. Das Ganze hatte nicht geholfen. Mister Sweets war zurückgekehrt, bedrohte sie alle und erschien in ihren Träumen. Bedrohte Emmeline, die einem Blumenmädchen ähnlich sah, dass dieser Geist einmal geliebt hatte und dann hatte James seine Schuld auf sich nehmen müssen. Dreißig Peitschenhiebe hatte er ertragen, auf sich genommen. Für sie alle. Jeden einzelnen von ihnen. Egal wen er  mochte oder nicht. James hatte die Bürde von dreißig Peitschenhieben durch einen Henker auf sich genommen um die ganze Schule zu beschützen. Sein Rücken war zerfetzt gewesen, blutend und sie alle hatten zuerst nicht so Recht daran geglaubt, dass er es überleben konnte oder würde. Aber er hatte es überlebt und sie hatten ihn, Merlin sei Dank, versorgen können. Der Montag begann nicht wesentlich besser. Der Einzige Lichtblick schien zu sein, dass Thicknesse mit seinen Befragungen zu einem Ende gekommen war ohne, dass er Dorcas hatte verhören müssen. Sie war sich mehr als sicher gewesen, dass der Beamte alles, was er zu Wissen suchte, aus ihr herausbekommen hätte. Noch immer mit vor Schmerz leicht verzerrtem Gesicht saß James nun am Frühstückstisch. "Was macht dein Rücken?", fragte Dorcas mit besorgter Miene nach. Sein Gesamtbefinden schien sich verbessert zu haben, aber trotzdem würde das Alles wirklich lange brauchen, bis jeglicher Schmerz verebbt und der seelische Schaden verheilt war. "Es geht schon...", entgegnete der Quidditchkapitän mit einem schiefen Lächeln. "Gut...", nickte sie zustimmend und wandte ihren Blick zur wolkenverhangenen Decke der Großen Halle hinauf. Die schwebenden Kerzen flackerten nur sacht und einige gingen aus, als das Rauschen hunderter Flügel die Geräusche der Halle übertönten. Die Eulenpost kam an. Dorcas zuckte zusammen. Onycha, ihr Wüstenuhu, landete mit einem tiefroten Umschlag vor ihr auf dem Tisch. Ein Heuler. Von wem dieser Brief stammte war ihr nur mehr als bewusst. Mit suchendem Blick sah sie auf vom Tisch, auf dem der Brief mittlerweile lag, und hinüber zum Slytherintisch. Dort saß noch niemand des fünften Jahrgangs, also war es sicher. Zumindest vor der Erniedrigung gegenüber Avery. Das Lächeln, was noch zuvor auf James Lippen gelegen hatte, wurde nun zu einem recht fiesen, aber nicht weniger amüsierten Grinsen. "Also wenn ich du wäre, Dorcas, dann würde ich den jetzt schnell öffnen.", verkündete er mit vielsagender Miene auf ihren Brief, der langsam aber sich zu Rauchen begann.. "James hat Recht! Wenn du länger wartest, weißt du was dir blüht...", fügte nun auch Evelyn mit entschuldigendem Blick hinzu. "Nagut...", murmelte sie und öffnete das Siegel vorsichtig. Sofort war Dorcas mehr als klar, wer der Absender war.   Dorcas Ourania Meadowes! Ich habe unter deinem Bett eine Flasche Feuerwhiskey gefunden! eine leere Flasche! Erklär mir das! Trinkst du etwa?! Dein Vater und ich sind sehr enttäuscht von dir! Was haben wir in deiner Erziehung falsch gemacht? Wenn das deine Großmutter erfährt! Oder deine Urgroßmutter, sie würde sich im Grabe umdrehen! Möchtest du wie Großonkel James enden?! Ich erwarte umgehend eine Erklärung von dir! Deine Mum P.S.: Vergiss nicht die dicken STrumpfhosen anzuziehen, du weißt, wie schnell du eine Blasenentzündung kriegst.   Ein tiefer Seufzer der Erleichterung entfuhr ihr. Das hätte wirklich schlimmer sein können. Trotzdem war es Dorcas doch etwas unangenehm. Trotzdem grinste sie schief: "Ich brauch wohl ein neues Versteck für den Feuerwhiskey..." Es dauerte noch einige Zeit, dann erst trat der gesamte fünfte Jahrgang der Slytherins auf. Geschlossen gingen sie zu ihrem Tisch und machten sich über das ausgiebige Frühstück her, dass die Hauselfen in der Küche vorbereitet hatten. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Was niemand wusste war, dass Dorcas einen Brief an Avery geschrieben hatte. Einen kurzen zwar, aber einen Brief. Wie genau Dorcas auf diese Idee gekommen war wusste sie nicht. Sie hatte ihn gefragt ob sie mal zusammen ein Butterbier trinken wollten. Ein verdammtes Butterbier! Was bei Merlins Unterhose hatte sie sich dabei nur gedacht?! Ein erneuter tiefer Seufzer entfuhr ihr und sie vergrub das Gesicht in den Händen. Wo war Lily, wenn man sie mal brauchte? So unauffällig wie möglich schielte Dorcas zum Slytherintisch herüber. Es war gar nicht so einfach an all den anderen Haustischen vorbei zu schauen und über die Massen von Schülern hinweg zu sehen, was Avery tat. Seinen Brief schien er noch achtlos liegen zu lassen und machte sich über sein Frühstück her. Dabei schien er in ein angeregtes Gespräch mit seinem Gegenüber, wer das war konnte Dorcas nicht erkennen, vertieft zu sein. Abgesehen von der Tatsache, dass Dorcas gerade die Unterstützung ihrer Freundin braucht hatten sie auch noch ein Sammelalbum der Traumprinzen an Emmeline zu übergeben. Etwas Aufmunterung und Freude konnte im Moment sicher nicht schaden. Emmeline war schon vor einiger Zeit in der Großen Halle angekommen und hatte sich auf ihrem Stammplatz bei Benjy und Alya niedergelassen und unterhielt sich angeregt mit ihnen. Noch immer war Dorcas erleichtert, dass der Heuler zwar alle Augen auf sie gezogen, aber anscheinend nur die wenigsten interessiert hatte. Eine sanfte Hand legte sich auf ihre Schulter und sie drehte sich leicht zusammenzuckend zu Lily um, die sie anlächelte. "Guten Morgen!", grüßte Dorcas sie und erwiderte das Lächeln. "Hast du das Sammelalbum für Emmeline? Wir sollten es ihr jetzt überreichen, oder?" Lily runzelte einen Moment lang die Stirn und nickte schließlich. "Ja du hast wohl recht.", entgegnete sie und zog das in Geschenkpapier gewickelte Buch heraus. Natürlich hatte das auch den Vorteil beobachten zu können, ob und wenn ja wie, Avery den Brief den sie an ihn verfasst hatte zu aufnahm. Vorsichtig erhob sie sich und schloss sich Lily an, die sich auf den Weg zum Ravenclawtisch machte. "Hey Emmeline!", vorsichtig tippte Lily dem blonden Mädchen vor ihnen auf die Schulter. "Wir haben hier etwas für dich vorbereitet." Ein wenig irritiert musterte die Ravenclaw die beiden Mädchen vor sich und nahm dann zögerlich das lila Päckchen, dass ihr entgegengestreckt wurde, entgegen. Vorsichtig wickelte sie es auf und ihr Blick erhellte sich deutlich. Auch wenn man es nicht direkt gesehen hatte, wer Emmeline etwas länger kannte, konnte in ihrem Gesicht die deutlichen Spuren von Sorge erkennen, die einige Falten in ihre sonst so hübschen Züge gefurcht hatte. Sorge um ihr eigenes Leben. Sorge um Mister Sweets, der sie alle noch immer wie eine unbekannte Bedrohung in Atem hielt. Zum Vorschein kam ein wunderschönes, blaues mit silbernen Verzierungen versehenes Buch. Es war ein Sammelalbum für die Traumprinzen Sammelkarten, die es seit einigen Wochen in der Schule zu kaufen gab und um deren Organisation sich Dorcas, manchmal mit Hilfe von Bertha Jorkins und selten mit Lilys Hilfe, kümmerte. Ein wenig Ähnlichkeit hatte es mit den allseits beliebten Schokofroschkarten, mit der Ausnahme, dass hier die beliebtesten Jungen der Schule abgebildet waren. "Oh! Wie schön! Danke ihr Beiden!", entfuhr es Emmeline und sie umarmte Dorcas und Lily. Dorcas, die über die Umarmung hinweg zum direkt angrenzenden Slytherintisch spähte, sah, dass Avery mittlerweile den Brief in die Hände genommen hatte. Auch nachdem sie die Umarmung mit Emmeline aufgelöst hatte sah sie weiterhin zum Tisch der Slyhterins herüber. Die Büroklammern, die sie extra für seine Sammlung beigefügt hatte, schien er zu ignorieren und las nur den Brief. Die Falte, die zwischen seinen Augen einen immer tiefer werdenden Graben furchte, sah nicht so aus, als wäre er besonders erfreut über ihre Einladung ein Butterbier trinken zu gehen und Dorcas musste einmal tief Luft holen um nicht direkt in Panik zu verfallen. Um nicht zu viel Aufsehen zu erregen sah sie nun wieder zu Lily und Emmeline, die sich weiterhin angeregt über die Sticker mit Siriusmotiv unterhielten und darüber, welchen Klebezauber sie dafür verwendet hatten. Trotzdem wanderte ihr Blick immer wieder zu Avery, der, mittlerweile fertig gelesen hatte, und nun immer wieder, mit verständnisloser Miene, zu Dorcas herüber sah. Ein schüchternes Lächeln umspielte ihre, bis zur Perfektion nachgezogenen, Lippen und ihr Herz machte einen Hüpfer. Avery jedoch wandte sich ab und widmete sich erneut seinem Essen. Immerhin schien er nicht direkt zu seinen Freunden zu gehen und zu petzen. Das stimmte Dorcas ein wenig positiver. Mit einem tiefen Seufzer ließ Dorcas sich auf der Bank neben Benjy Fenwick nieder. "Ich hab 'nen Heuler von Mum bekommen...", erklärte sie augenrollend Alya und Benjy, "...sie hat die leere Flasche Feuerwhiskey unter dem Bett gefunden." Ihre beiden Freunde sahen sie ein wenig ungläubig an, aber Benjy war derjenige, der seine Sprache zuerst wiederfand. "Unterm Bett, Dorcas? Ganz ehrlich? Du brauchst definitiv ein besseres Versteck!", mit leicht ungläubigem Grinsen sah er Dorcas an und musterte sie einen Moment lang. Wie so häufig in der letzten Zeit war sie mal wieder dazu übergegangen gedankenverloren in Richtung des Slytherintisches zu starren. "Heeey!", Benjy stieß ihr leicht mit dem Ellenbogen in die Seite. "Wir überlegen uns da mal was gemeinsam!" Auch Alya nickte eifrig und sah sie aus ihren großen, blauen Augen freundlich an. "Genau...Damit du nicht noch einmal einen Heuler bekommst. Das war sicher nicht so schön..." Ein kichern entfuhr Dorcas und nickte zustimmend. "Ja vermutlich habt ihr recht... Außerdem... voll peinlich hat Mum noch geschrieben ich soll die dicke Strumpfhose anziehen, weil ich so leicht eine Blasenentzündung bekomme. Wirklich erniedrigend das Ganze...", grummelte sie ungehalten, aber dennoch nicht minder amüsiert. Noch eine Weile saß sie bei Benjy und Alya und unterhielt sich mit den Beiden angeregt über die kommenden Unterrichtsstunden, dann verließ sie die große Halle Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)