We were both young, when I first saw you von ManamiArishima (Tears about our past) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Ich falle in die Stille und Leere. Dunkelheit umgibt mich. Einsam. Alleine. Verlassen. Doch bin ich nicht traurig. Ich bin glücklich, denn so konnte ich dich retten, mein Liebster. Und ich erinnere mich an dein Lächeln, dein Lachen, deine Art mich in den Armen zu halten, als ob es das letzte Mal sein würde, deine Röte auf den Wangen, wenn ich dir Komplimente machte, deine Schüchternheit, als du mich zum ersten Mal nach einem Date gefragt hattest, der erste Kuss, das erste Mal. Dabei beginne ich eine Sache zu bereuen, die Einzige, die mich nicht mehr loslassen wird. Dir nie gesagt zu haben, wie ich dich vom ganzen Herzen liebe und verehre und das für den Rest meines Lebens. Niemals wirst du diese Worte hören. Und so falle ich weiter. Glücklich dich und deine Familie gerettet haben zu können, doch stellt sich mir eine Frage. Wieso... WIESO KANN ICH DANN DIESE TRÄNEN NICHT STOPPEN?! Ich will sie auffangen und fest in meinem Herzen verschließen. Sie nie wieder gehen lassen. Jede Träne spiegelt eine Erinnerung wieder, die ich für dich aufgebe, um dich zu beschützen. Ich höre deine Stimme. Sie schreit meinen Namen. Ruft nach mir. Versucht mich zu erreichen. Doch auch diese verstummt langsam. Ich schließe meine Augen. Strecke meine Hände in die Luft und lasse mich tiefer in die Dunkelheit ziehen. Doch fange ich eine der Tränen auf. Sie umhüllt mich. Gibt mir Kraft. Nein. Ich gebe nicht auf! Ich will dich wieder sehen. Ich WERDE dich wiedersehen. Bis dahin erinnere dich, denn auch ich erinnere mich. Erinnern an das was uns zusammen brachte. Daran... ...wie alles begann... Kapitel 1: Träne 1: Jungs sind Deppen und Mädchen stinken --------------------------------------------------------- Unser erstes Treffen. Es war der letzte Tag der Sommerferien und eine Woche nachdem ich mit meinen Eltern in ein anderes Land gezogen war. Noch immer hatte ich mich nicht an Gegend gewohnt. New Jersey, nicht gerade ein Ort, den ich auf meine Wunschliste packen würde, wo ich gerne gelebt hätte. Doch leider musste ich nun da durch. Mein Vater hatte einen Job angenommen, den er lediglich hier ausüben konnte und so war ich nun an diesen Ort gebunden. Damals hatte ich nicht geahnt, dass dieser Ort mein Leben verändern würde und das für immer. Stattdessen hasste ich es umgezogen zu sein und wagte es nicht einmal das Haus zu verlassen, in welchem ich von nun an aufzog. Egal wie schön es war oder das es direkt am Strand war, ich war angewidert von meinem neuen zu Hause. Ich hatte Angst davor, dass man mich erschießen, entführen oder sonstiges machen würde, sobald ich nur einen Fuß vor die Haustür setzen würde. Meine Eltern versicherten mir das Gegenteil, doch wollte ich nichts davon hören. Lieber verfluchte ich alles, was mit diesem Umzug zu tun hatte. Meine Eltern, das neue Haus, der neue Job, alles. Einfach alles sollte dahin scheitern! Ich wollte nur noch nach Hause! Plötzlich vernahm ich allerdings etwas von außerhalb des Hauses und wagte einen Blick durch das Fenster in meinem Zimmer, welches sich im zweiten Stock befand, sodass ich eine gute Aussicht auf das Meer genießen konnte, wenn ich denn mal unter meiner Bettdecke hervor gekrochen kam. Vorsichtig lugte ich über die Fensterbank hinaus und erblickte den weiten Strand. Erneut konnte ich etwas vernehmen. Dieses Mal war es deutlicher. Eine Stimme, relativ hoch, wahrscheinlich von einem Kind, schrie verzweifelt und - wenn ich es richtig hören konnte - leicht verheult: "Lasst mich endlich in ruhe!" Nun starrte ich richtig raus und stellte mich auf, um besser einen Blick über das Geschehen erhaschen zu können. Da sah ich einen Jungen, vielleicht um die 12 Jahre alt - also in meinem Alter -, mit Brille über den Sand des Strandes stolpern, während er versuchte vor drei anderen Jungs wegzulaufen. Anscheinend waren sie dabei ihn fertig zu machen. Ich konnte da nicht einfach zu sehen! Der Junge brauchte meine Hilfe. Aber was wenn sie mich auch angreifen würden? Hätte ich überhaupt eine Chance? Ich schüttelte den Kopf! Darüber war keine Zeit nachzudenken und so nahm ich meine Beine in die Hand und sprintete die Treppen hinunter. Beinahe wäre ich sogar gefallen, doch hatte ich mich gerade so fangen können. Meine langen - viel zu langen -, blonden Haare band ich mir auf den Weg zu einem Zopf zusammen. Meine Eltern waren einkaufen und da ich mich weigerte mitzukommen, war ich nun alleine zu Hause, doch das war mir gerade egal. Ich stürmte zu den Schuhen, schlüpfte in die Sandalen und begann weiter zu rennen. Da es vom Wohnzimmer aus näher war, schließlich lag es unter meinem Zimmer, begab ich mich dahin und presste die schwere Tür mit meinen dünnen Ärmchen auf, bevor ich das Haus endlich verlassen und dem Jungen zur Hilfe eilen konnte. Zwischendurch stolperte ich durch den Sand, doch kam ich letzten Endes endlich an, allerdings war bereits jemand anderes zur Hilfe geeilt. Denn sobald ich angekommen war, erkannte ich einen weiteren Jungen, welcher festgehalten und immer wieder in den Bauch geschlagen wurde. Zwischendurch hörten die Jungs auf und wandten sich lieber an den jenigen, der bereits auf dem Boden lag und anscheinend seine Brille suchte, um seine Widersacher überhaupt sehen zu können. Doch die Möglichkeit boten sie ihm gar nicht erst. Was für Arschlöcher! Sofort ballte ich wütend meine Hände zu Fäusten und begann zu überlegen, wie ich diese Typen überwältigen konnte, da ich sicher zu schwach war, um es so gegen sie aufnehmen zu können. Da ertönte die Stimme des Jungen, der festgehalten wurde. "Lasst ihn in Ruhe, ihr Idioten! Ich mach euch fertig!", schrie er wütend und versuchte sich zu befreien. Erst jetzt erkannte ich die Ähnlichkeit der Beiden, doch war keine Zeit darüber nachzudenken! Ich dachte gar nicht mehr, sondern handelte nur noch. Da konnte ich einfach nicht mehr hinsehen! Ständig traten sie auf den einen ein oder verprügelten den Anderen. Genau deswegen wollte ich nicht umziehen! Wie sollte ich hier überleben? AH FUCK IT! "HEY!", rief ich und nutzte den Überraschungsmoment, um einen der Jungs von dem auf den Boden liegenden wegstoßen zu können, bevor ich mich schützend mit weit auseinander gerissenen Armen und standfest vor ihn stellte. Vorsichtig kniete er sich hin und blickte irritiert zu mir. Kurz schielte ich zu ihm, bevor ich meinen Blick wieder zu den Pennern warf, die die Beiden terrorisierten, da einer von ihnen zu lachen begann. Ein fettes Kind mit paar Pickeln im Gesicht und wahrscheinlich ein Jahr älter als ich und die beiden Jungs. Ich konnte ihn jetzt schon nicht leiden. Vor allem klang seine lache hässlich und herab lassend. Ekelhaft. "Seht mal Jungs. Die Pines Zwillinge brauchen Hilfe von einem Mädchen! Ein kleines Mädchen!", meinte der Fettsack und begann erneut dreckig zu lachen. Knurrend sah ich zu ihm, bevor er auf mich zu kam und mich von oben herab ansah. Ich ging nicht zur Seite. So leicht wollte ich mich nicht einschüchtern lassen, auch wenn ich innerlich zitterte. Noch nie hatte ich mich mit einem anderen Menschen angelegt, geschweige denn überhaupt einem Jungen, der sehr offensichtlich größer UND stärker als ich war. Trotzdem ließ ich mir nichts anmerken und blieb standfest. Mein Blick war ernst, die Augenbrauen zusammen gezogen, die Augen eiskalt blau blitzend, die Mundwinkel nach unten gezogen. "Was willst du tun, hä? Du bist doch nur ein dummes, kleines Mädchen. Willst du uns zu Tode langweilen oder etwa mit deinen Puppen und Kuscheltieren beschmeißen? Lächerlich!", meinte der Junge herablassend und ich merkte wie ich sofort rot anlief. Einerseits vor Scharm, andererseits vor Wut und bevor ich mich versah, stieß er mir zu Boden. Ein leichtes "Ah" kam aus meinem Mund, bevor ich rot sah. Was für ein Arsch! Hatte er solche Komplexe, dass er alles an kleineren und schwächeren auslassen musste? NICHT MIT MIR! Ich fühlte den Sand unter meinen Fingern und bekam eine Idee, weshalb ich leicht zu grinsen begann. Während Fetti dabei war sich halb zu Tode zu lachen und einer der Anderen gerade lieber damit beschäftigt war in seinem Ohr zu pulen, stand ich leise auf und stellte mich hinter Fettsack. Feste ballte ich meine Hand zur Faust und holte aus, bevor ich rief: "HEY! Fettsack!" Sofort drehte sich das Kind um und bekam meine Faust mitten in sein Gesicht gejagt, dabei schmiss ich ihm den Sand in die Augen und er begann vor Schmerzen zu schreien. Kurz schnaubte ich genervt aus, bevor ich erneut ausholte, den Schlag allerdings abbrach, als ich sah wie der Junge zu wimmern und heulen begann. Weichei. "Alter! Die Kuh hat mir die Nase gebrochen!", jammerte der Große, während sich die Nase hielt, welche definitiv blutete und auf den Boden tropfte. Sofort rannten seine beiden Partner zu ihm und fragten ihn ob es ihm gut ging. "NATÜRLICH NICHT!", antwortete er ihnen und ich verdrehte die Augen. Doch schon kam der Junge, welcher die ganze Zeit festgehalten wurde, an, um den Fetten ebenfalls schlagen zu können, doch waren er und seine Truppe schneller. Sofort reagierten sie und rannten davon. Dabei redeten sie noch irgendetwas davon, dass wir dafür büßen würden und er nächstes Mal nicht so gnädig sein würde. Das ich nicht lachte. Leere Drohungen waren das. Der Typ war ein Schwächling! Und vor dem hatte ich Angst gehabt. "JA! Lauft nur ihr Penner, nächstes Mal werdet ihr es bereuen!", hörte ich neben mir plötzlich einen der Jungs rufen, obwohl die anderen Kinder bereits auf und davon waren. Etwas erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen blickte ich zu dem Jungen. Es war der, der von der Gruppe festgehalten wurde. Endlich konnte ich einen vernünftigen Blick auf ihn erhaschen. Im Gegensatz zu seinem Bruder trug er selber keine Brille, auch wirkten die Haare weniger füllig, dafür zerzauster und durcheinander. Während sein Bruder ein wenig wie ein Nerd aussah, was vor allem auch an dem Klamotten Stil lag, trug der Junge neben mir ein weiß, rot gestreiftes T-Shirt, was zu dieser Jahreszeit und der Hitze angemessen war. Dazu eine passende Jeans und rote Schuhe. Ansonsten sahen sie aus wie ein und dieselbe Person. Die braunen, bis zu den Ohren gehenden Haare. Die selben grünen Augen. Das Gesicht an sich, welches noch relativ kindlich wirkte, dank den leicht aufgeplusterten Wangen. Würden sie ihre Kleidung tauschen, würde man sie sofort mit dem jeweils anderen verwechseln. Zwillinge, sehr faszinierend. Wobei sie etwas anderes ebenfalls unterschied. Beide hatten typische pubertäre Piepsstimmen, die zwischendurch kratzig klangen, doch war die Stimme des Jungen mit dem gestreiften T-Shirt eindeutig tiefer als die des anderen. Sehr interessant. Plötzlich blickte der Junge mit einem finsteren Blick zu mir und fragte leicht aggressiv: "Ist was?" Sofort schüttelte ich eingeschüchtert den Kopf und wich etwas zurück, bevor ich schluckte und an meinem Rock zu zupfen begann. "Stanley, sei nicht so gemein", meinte der Junge mit der Brille etwas zurückhaltend und relativ leise, während er das Gestell auf seiner Nase zurecht rückte und sich zu seinem Bruder begab. Man erkannte sofort, welcher der stärkere der Beiden war, da Brille sich sofort leicht hinter seinem Bruder stellte und ihm eine Hand auf die Schulter legte. Auch sein Blick wirkte weniger streng. Seine Augen waren leicht rot, dank Tränen, die er anscheinend weggewischt hatte. Leichte Röte war auf seinen Wangen zu sehen, als sich unsere Blicke trafen, woraufhin ich sofort freundlich lächelte. Auch wenn das seinem Bruder nicht zu gefallen schien. Anscheinend sah er jeden als Bedrohung. Dabei wollte ich doch nur helfen. "Ich bin nicht gemein! Ich mag nur keine neugierige, kleine Mädchen, die sich überall einmischen müssen! Ich hätte diese Idioten auch alleine erledigen können!", beschwerte sich Stanley, wenn ich das richtig verstanden hatte. Betrübt blickte ich zu Boden. Ich wollte doch gar nicht neugierig sein. Vielleicht wäre es besser gewesen, hätte ich mich nicht eingemischt. Dann müsste ich mir jetzt nicht diese Hassterade anhören. Denn der Junge hörte nicht auf sich zu beschweren. Hatte ich etwa sein Ego verletzt? "T-tut mir leid... Ich wollte nicht neugierig sein. Ich wollte nur helfen", erklärte ich kleinlaut, während ich den Sand unter meinen Füßen betrachtete und hoffte, dass mir keine Tränen kommen würden, da ich mich langsam unwohl fühlte. Hätte ich gewusst, wie undankbar die Menschen in dieser Stadt waren, wäre ich einfach in meinem Zimmer geblieben. Für den Rest meines Lebens. "Ja? Schön, hätten wir auch drauf verzichten können", beschwerte sich der Junge erneut und ich konnte seine Blicke auf mir ruhen spüren. Langsam war es doch so weit. Mir kamen die Tränen, weshalb ich den Jungs lieber den Rücken zu kehrte und wegzurennen begann. Im Hintergrund konnte ich noch die Stimme des Jungen mit Brille vernehmen, welcher erneut "Stanley" sagte. Wenn ich richtig verstand, sogar relativ ernst und leicht ermahnend. Doch war mir das egal. Ich wollte nur noch weg hier. Plötzlich ertönte die Stimme von diesem Stanley hinter mir und ich vernahm schnelle Schritte, die mir zu folgen schienen. Irritiert blieb ich stehen und drehte mich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, während ich kurz schniefte und mir die Tränen weg wischte. Tatsache, der Junge von gerade eben kam mir nach gelaufen. Doch wieso? Wollte er mich noch mehr ärgern? Ich mochte diese Stadt jetzt schon nicht. Wäre ich doch nur wieder in meiner Heimat. "Was willst du denn noch?", fragte ich beleidigt und wandte schnell den Blick ab, während ich meine Arme vor meiner Brust verschränkte. "Hör mal... Es tut mir leid, ok? Vielleicht habe ich etwas überreagiert. Ich sehe mich halt als Stanfords Beschützer und mag es nicht, wenn man sich einmischt. Ich kann nämlich gut alleine auf ihn aufpassen! Ich bin ganz schön stark musst du wissen!" Überrascht über die Entschuldigung blinzelte ich ihn irritiert an. Dazu noch diese Rechtfertigung. Irgendwie war das ja niedlich. Vielleicht hatte ich die ganzen Sachen, die er gesagt hatte, zu sehr an mich ran kommen gelassen und war somit auch nicht ganz unschuldig an der ganzen Sache. Dazu schien er es aufrichtig zu meinen. Das konnte man gut in seinen Augen erkennen, weshalb ich sachte und leicht verlegen lächelte, dabei zupfte ich erneut an meinem Rock. "Schon gut. Aber ich habe nie gedacht, dass du nicht stark bist. Ganz im Gegenteil. Für deinen Bruder bist du sicher eine Art Superheld oder so, hihi", äußerte ich dann fröhlich und lachte sogar kurz. Zu meiner Verwunderung wurde der Junge auf einmal rot und starrte mich in einer Abwehrhaltung mit aufgerissenen Augen an. Hatte ich etwas falsches gesagt? Wieso reagierte er so seltsam? Ich hatte doch nur gesagt, was ich dachte. "Öhm... pff! J-ja klar! Ich bin ja auch ein Held!", meinte Stanley auf einmal nervös, woraufhin ich erneut lachte und nickte. Kurz darauf konnte ich die Stimme meiner Mutter vernehmen, die panisch nach mir zu suchen schien. Sofort drehte ich mich um und zupfte noch einmal meine Schuhe zurecht. "Vielleicht sieht man sich nochmal. Bis dann", meinte ich fröhlich zu Stanley, welcher wie angewurzelt da stand mit seinen geröteten Wangen. Erneut rief mich meine Mutter. Schnell rief ich ein "Komme!" zurück, damit sie wusste, dass es mir gut ging, und rannte zu ihr. Vielleicht würde es mir hier ja doch ganz gut gefallen ~ Kapitel 2: Träne 2: URMTVIUVGRHXS --------------------------------- Eine Woche war nun seit dem Vorfall am Strand vergangen. Leider hatte ich die Jungs seit diesem Tag nicht wieder gesehen, dabei hätte ich mich darüber gefreut, denn dann wäre ich nicht ganz so einsam in meiner Klasse gewesen. Dazu war ich das deutsche Schulsystem gewohnt, welches sich in einigen Punkten deutlich von der in Amerika unterschied. Schon alleine dass es so etwas wie Realschule, Gymnasium und so weiter gar nicht gab, sondern alle Schüler auf die High School - wenn ich mich recht entsinnen konnte, damit kam ich immer durcheinander - gingen bis sie sich für ein College bewerben würden - oder kam da noch was dazwischen -, was in meiner Heimat die Universität war. Allerdings musste man dafür Geld haben, was meine Eltern sicher nicht besaßen, außer sie wütend sparen bis zu meinem Abschluss. Doch würde ich sie nicht darum bitten. Es war deren Entscheidung. Ich könnte genauso gut versuchen zu arbeiten. Vielleicht das Business meines Vaters übernehmen. Mal sehen. Jetzt musste ich mich erst einmal auf die Schule konzentrieren. Im Gegensatz zu den anderen Schülern war ich noch relativ verloren und wusste manchmal immer noch nicht, wo ich genau hin musste. Auch hatte ich mich bisher für keinen Club eingetragen, da ich mit der Auswahl überfordert war. Es gab einige Aktivitäten die ich zu gerne ausüben würde. Doch müsste ich mich für eine entscheiden. Glaubte ich zumindest. Wirklich erklärt hatte mir das keiner. Doch wollte ich mir auch nicht zu viel auf heimsen. Es reichte mir, wenn ich eine Club Aktivität ausüben würde. Zusammen mit den Hausaufgaben und den Klausuren wäre das genug Arbeit. Ansonsten hätte ich gar keine Zeit mehr für meine sonstiges Hobbies. Doch welchem Club sollte ich beitreten? Ich entschied mich dazu, dies später in Ruhe zu überlegen. Vielleicht in der riesigen Bibliothek, welche die Schule uns zur Verfügung stellte. Dort konnte man sicherlich gut und in Ruhe lernen. Wenn ich mich recht entsinnen konnte, gab es sogar Lerngruppen, die sich regelmäßig dort verabredeten, um gemeinsam über Hausaufgaben zu sprechen und sich für Klausuren vorzubereiten. Allerdings hatte die schule gerade erst begonnen, weshalb das auch genauso gut ein Gerücht sein konnte. Seufzend blickte ich auf die Karte, welche an der Wand der Schule hing, und versuchte herauszufinden, wo sich noch einmal die Cafeteria befand, da wir gerade Mittagessen durften. Ich wäre gerne zu Hause und würde mit meinen Eltern essen, doch war das in diesem Land nicht üblich. Leider. Ich vermisste es ein wenig. Vor allem, da ich bisher immer alleine saß und mir dadurch schnell der Appetit verging. Vielleicht sollte ich mich lieber woanders aufhalten und gar nicht erst essen. Solch einen großen Hunger hatte ich sowieso nicht. Zum Glück ging die Middle School - genau das kam noch VOR der High School! - nicht mehr so lange. Auch wenn die High School sicher nicht besser werden würde. Wieso konnte ich nicht umgezogen sein, NACHDEM ich hätte wechseln müssen? So startete ich mitten während der Schulzeit. Es war frustrierend. Ich warf noch einmal einen kurz Blick auf die Karte, bevor ich einfach weg gestoßen wurde und, mit dem Po voraus, auf dem Boden landete. Erbost blickte ich hinauf zu dem Übeltäter und erkannte sofort den dicken Jungen, der vor einer Woche die Beiden am Strand schikaniert hatte. Mit einem düsteren Grinsen blickte er auf mich herab und schnipste kurz mit seinen Fingern. Verwirrt sah ich ihn an, bis ich seine Gruppe erkannte, die sich sofort neben ihn gesellte. Von oben herab betrachteten sie mich alle. Ihre Blicke sagten alles. Rache. Und dieses Mal konnte ich nicht den Überraschungsmoment oder Sand nutzen, um mich zu wehren. Meine einzige Möglichkeit wäre nur noch zu laufen. Vor allem da sie dieses Mal nicht nur zu dritt waren, sondern auch noch zu fünft. Wo bekam solch ein Widerling wie der die ganzen Typen her? Machte er ihnen Angst? Oder waren sie einfach nur genauso ekelhaft wie er? Egal was es war, ich war in der Unterzahl und musste so schnell wie möglich weg hier. Somit sprang ich vom Boden auf und nahm meine Beine in die Hand. Nach einer gefühlten Ewigkeit, erblickte ich ein Schild, auf welchem Bibliothek - natürlich in Englisch - geschrieben stand. Das Einzige, woran ich denken konnte, war zu hoffen, dass solch ein Ort diese Rüpel fern halten und ich somit sicher sein würde. Lange hätte ich es nicht mehr ausgehalten, denn ich war nicht gerade die Sportlichste und Ausdauer kannte mein Körper anscheinend nicht. Schnell sprintete ich durch die riesig wirkende Tür und knallte sie hinter mir zu, woraufhin ich sofort ein erbostes "Shh!" zu spüren bekam. Doch dafür war keine Zeit. Verängstigt und keuchend blickte ich mich um, während ich die Schritte der Jungs vernehmen konnte. Ohne zu zögern presste ich mich durch die Regale und hoffte einen Ort zu finden, wo diese Mobber nicht so schnell hin kommen würde. Da erblickte ich einen Jungen, welcher sich hinter einem Buch verkrochen hatte und an einem kleinen, runden Tisch saß, wo wahrscheinlich gerade mal vier oder fünf Personen Platz nehmen konnten. Eigentlich hatte ich keine Zeit dafür. Ich musste ein Versteck finden. Doch war die Neugierde zu groß und so begutachtete ich das Cover des Buches. Anscheinend ging es um Paranormale Aktivitäten, die Menschen - angeblich - tatsächlich erlebt und zu verzeichnen hatten. Sofort war mein Interesse geweckt und ich blickte mich in der kleinen aber feinen Leseecke um. Überall waren solche oder ähnliche Bücher verteilt und auf einem der Schilder war deutlich "Paranormal & Fiction" zu lesen. Hier war ich richtig. In solch einem Bereich würden die mich sicher nicht vermuten und die Bibliothekarin würde sie hoffentlich vorher raus scheuchen, sodass ich vielleicht bis nach der Mittagspause Ruhe hätte. Doch da ertönten bereits die Stimmen der Jungs, die mich laut stark zu suchen schienen. Stetig riefen sie nach einem Miststück, dass noch verprügelt werden musste. Da ich die Einzige war, die mir spontan einfiel, mit der sie noch ein Wörtchen zu klären hatten, konnte ich daraus schließen konnte, dass sie mich damit meinten. Somit versteckte ich mich lieber schnell hinter einem der zehntausend Bücher, die auf dem Tisch verteilt lagen, in der Hoffnung, dass sie mich nicht erkennen würde. Schließlich konnte so ein Buch einiges verdecken, wenn man sich klein machte und lediglich die Haare raus gucken ließ. Trotzdem begann ich stark zu schwitzen, als ich schwere Schritte in meine Richtung kommend vernehmen konnte. Selbst die Bibliothekarin konnte sie nicht davon abbringen sich um zusehen. Erst als sie den Direktor erwähnte, schienen sie hell hörig zu werden. Erleichtert atmete ich auch. Die Schritte entfernten sich wieder. Plötzlich öffneten sich die Türen und eine mir seltsam bekannte Stimme meldete sich zu Wort. "Hör lieber auf die Frau, Fettsack. Sonst musst du zum Direktor!", meinte die Stimme eines Jungen frech. Dieser Klang. Diese Frechheit. Das kannte ich noch. Also gingen die Beiden doch auf diese Schule! Das war eindeutig einer der beiden Jungs, denen ich geholfen hatte. Und nun war er - ohne es zu wissen - mein Held geworden. Denn tatsächlich verschwanden diese Rüpel endlich nach einem lauten Schnauben und knurren, dass das ganze noch Konsequenzen haben würde. Na wenigstens erfuhr ich endlich den Namen der Zwillinge. Wobei ich meine vernommen zu haben, dass sie Stanley und Stanford hießen, doch sicher war ich mir damit nicht mehr. Dazu hatten die Jungs nicht deren Vornamen, sondern Nachnamen geknurrt. Pines. Klingt lustig. "Stanford? Bist du hier?", hörte ich den einen Zwilling rufen, während im Hintergrund deutlich das bekannte PLOPP eines platzenden Kaugummis zu vernehmen war. War das etwa die Bibliothekarin gewesen? Ganz schön scheinheilig. Schien total genervt, kaute allerdings nebenbei selber auf einem Kaugummi und ließ es auch noch zerplatzen. Seltsame Frau. Allerdings schien sie dem Jungen gesagt zu haben, wo sich sein Bruder befand, denn mit gezielten Schritten begab er sich durch die Bibliothek. Irritiert starrte ich zu dem Gang, welcher zu dieser Ecke führte. Ich freute mich die Jungs wieder sehen zu dürfen, da ich nicht die Gelegenheit bekommen hatte, sie besser kennen zu lernen. Allerdings wunderte ich mich, wieso er ausgerechnet in meine arichtung kam, da ich seinen Bruder nicht in meiner Nähe erkennen konnte. Verwirrt sah ich mich um, bis mein Blick wieder auf den Jungen neben mir fiel, welcher sich immer noch hinter einem seiner Bücher vergrub. Endlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. ER war der Zwillingsbruder! Er war der mit der Brille gewesen! Wie konnte mir das nur entgehen? Seine Haare hätten ihn verraten müssen. Doch nach einer Woche vergaß man so etwas wohl schnell, vor allem wenn man stetig neue Menschen kennen lernte. Trotzdem war mir das Ganze unangenehm. Wie hatte ich ihn nur nicht erkennen können? Bestimmt hatte er mich sofort erkannt und machte sich nun gedanklich lustig über mich, da ich so vergesslich war und ihn nicht bemerkt hatte. Verfluchte, dummes Ich! Beschämt und mit roten Wangen schielte ich zu dem Jungen, als ich etwas bemerkte. Ich konnte nicht anders, als fasziniert hinzu starren. Seine Hände waren mehr als nur faszinierend. Sie waren... Besonders. Ein besseres Word fiel mir in dem Moment nicht ein. Beide Hände besaßen ein zusätzliches Paar Finger. An jeder Hand sechs Stück davon. Ich kannte den Fachausdruck leider nicht, allerdings war das eine Seltenheit, die ich noch nie zuvor an einem Menschen gesehen hatte. 12 Finger insgesamt. 6 an jeder Hand. WIE COOL! Anders konnte und wollte ich nicht denken! Ich fand sie bemerkenswert und wollte sie am liebsten genauestens untersuchen und anfassen. Einstudieren. Herausfinden wie sie funktionierten und welcher Finger quasi doppelt vorhanden war. All diese Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum, als seien die Hände des Jungen das Einzige, was mich jetzt noch voran treiben würde. Ich war wie weg getreten. Und so bemerkte ich nicht, wie sein Bruder hinter mir stand und mir böse Blicke zuwarf. Anscheinend gefiel es ihm nicht, dass ich die Hände seines Zwillings betrachtete, denn das erste was ich vernahm, war das wütende Knurren eines Jungen, dass dem eines Hundes glich. Gefolgt von einem: "Mach doch ein Foto von, hast du länger was!" Erschrocken wandte ich mich um und erkannte tatsächlich einen von den beiden Jungs, denen ich vor einer Woche am Strand geholfen hatte. Schluckend und mit weit aufgerissenen Augen sah ich den Jungen vor mir an, welcher die Arme vor der Brust verschränkt hatte und mich ansah, als ob er mir am liebsten den Kopf abreißen wollen würde. Neben mir hörte ich rascheln, weshalb ich schnell zu dem Zwilling blickte. Er war es tatsächlich. Die Brille hatte ihn verraten. Das Buch hatte er nun auf den Tisch gelegt und blickte zu seinem Bruder. Wenn ich mich recht entsinnen konnte war der Name des Jungen mit der Brille Stanford und der andere hieß Stanley. Irritiert blickte ich zwischen den BEIDEN hin und her. Während der Eine mich ansah, als ob er mich am liebsten umbringen wollen würde, blickte der Andere verletzt zu seinem Bruder, als ob er bei ihm Schutz suchen würde. Hatte ich etwa etwas falsch gemacht? Ging es tatsächlich darum, dass ich auf die Finger gestarrt hatte? Ich wollte ihn damit doch nicht verletzen. Ich war lediglich so fasziniert gewesen, da ich das noch nie gesehen hatte. Immer wieder blickte ich zwischen den Beiden verzweifelt hin und her. "E-es tut mir leid! Ich wollte sicher nicht starren! Ich war nur so fasziniert gewesen. Noch nie habe ich sechs Finger an jeder Hand bei jemandem gesehen. Ich- ich fand es so... cool", gab ich ehrlich zu und spürte wie sich meine Wangen langsam rosa verfärben. Verlegen blickte ich zu den beiden Jungs. Vor allem Stanford fiel mir ins Auge. Er war knallrot angelaufen. Etwa vor Wut? Hatte ich etwas falsches gesagt?! Konnte ich eigentlich überhaupt irgendetwas richtig machen? "Du... Du magst meine Finger?", fragte der Junge mit der Brille schüchtern und zweifelnd, während er sogar leicht stotterte. Ob er wohl nicht viel mit Mädchen redete? Moment. Also war er gar nicht sauer, sondern lediglich überrascht über meine Aussage? Und ich hatte bereits das schlimmste befürchtet. Skeptisch betrachtete mich sein Bruder, bevor ich langsam nickte und verwirrter als zuvor zwischen den Beiden erneut hin und her sah. "Öhm... Ja. I-ist das falsch? Ich finde sie halt sehr... faszinierend und öhm... Ich denke jedes Hände schütteln bringt einem dadurch sofort einen Finger näher und wirkt freundlicher. Oder nicht?", entgegnete ich ehrlich und lächelte die beiden Jungs verlegen an, während meine Unsicherheit deutlich hervor schimmerte. Ich wollte nichts falsches sagen und die Beiden nicht verärgern, da ich mich seit dem ersten Treffen mit ihnen anfreunden wollte. Irgendetwas sagte mir, dass es wichtig sei. Als ob eine Stimme in mein Ohr flüstern würde. "Es ist nicht falsch, nur beschimpfen die meisten Stanford als Freak, wenn sie seine zusätzlichen Finger sehen", entgegnete mir der mutiger wirkende von den beiden Brüdern zu mir, während der andere betrübt seine Hände hinter dem Rücken versteckte. Anscheinend erinnerte er sich nicht gerne daran. Wurden er und sein Bruder etwa deswegen letztens geärgert? War Stanley deswegen so misstrauisch mir gegenüber gewesen? Ich versuchte es zu verstehen und langsam setzten sich die Puzzle Stücke zu einem Bild zusammen. "Das ist gemein... Deswegen wurdet ihr also letztens verprügelt. Also ich mag seine Finger", meinte ich ehrlich und lächelte breit, woraufhin Stanford erneut stark errötete und sich wieder hinter seinem Buch verkroch. Interessiert starrte ich darauf und wollte gerade fragen, ob ich es mir mal ausleihen könnte, da unterbrach auch schon Ford die Stille. "Weswegen bist du eigentlich erst jetzt gekommen Stanley?", fragte Stanford seinen Bruder, welcher gerade dabei war zwei Tüten mit Essen aus seiner Tasche zu wühlen und diese breit grinsend seinem Zwilling zu präsentieren, welcher ihn skeptisch beäugte. "Ich glaube nicht, dass wir in der Bibliothek essen dürfen", äußerte Stanford skeptisch, woraufhin ich mich auch endlich wieder zu Wort meldete und meinte, dass die Bibliothekarin an einem Kaugummi zu kauen schien, weshalb es sicher kein Problem wäre, selber ein bisschen Brot oder ähnliches zu essen, solange die Jungs nichts dreckig machen würden. Darauf sah mich der Junge mit der Brille leicht überrascht an. Hatte er etwa bereits vergessen, dass ich mich hier befand? Oder war er davon ausgegangen, ich sei gegangen? Die Verwirrung stand mir ins Gesicht geschrieben, woraufhin Stanley zu lachen begann. Hatte ich irgendetwas verpasst? Ich fühlte mich gerade so, als sei ich bei einem Film eingeschlafen und hätte den spannendsten Teil verschlafen. "Dein Gesichtsausdruck ist zu köstlich gerade! Aber Ford war einfach überrascht. Wie gesagt. Sonst nennt ihn jeder einen Freak und Mädchen halten sich sowieso in der Regel von uns fern. Deswegen sind wir Beide ein wenig überrascht, dass du immer noch hier bist. Und skeptisch...", erklärte mir Stanley zuerst ruhig, während er sich neben seinen Bruder setzte und ihm seine Tüte reichte, damit sie endlich essen konnten, bevor er mir wieder einen bösen Blick zuwarf. Ich wusste eindeutig nicht was ich von diesem Jungen halten sollte. Er wollte seinen Bruder beschützen, das war offensichtlich. Doch dann wiederum wirkte er zutraulich und lachte mich sogar aus. Was war los mit diesem Kerl?! "Also ich finde nicht, dass er ein Freak ist. Ich kenne euch Beide auch noch gar nicht richtig. Erst seit der Sache am Strand, somit kann ich das nicht beurteilen aber so an sich, wirkt ihr Beide echt nett und irgendwie süß so zusammen", meinte ich leicht amüsiert, weshalb ich kurz schmunzelte. Danach blickte ich in die Augen der Beiden und lächelte erfreut. Ich überlegte ebenfalls etwas zu essen, doch fiel mir wieder ein, dass ich nichts dabei hatte. Seufzend ergab ich mich meinem hungerndem Schicksal und legte meinen Kopf auf meine Hand, welche ich auf dem Tisch vor mir abgestellt hatte. Erwartungsvoll blickte die Zwillinge an. Solch eine Aussage hatten sie wohl nicht erwartet, da Ford sofort "S-süß?", fragend gestottert hatte. Niedlich~ Plötzlich erhob sich Stanley mit einem lauten WUMMS und knallte dabei seine Hände auf den Tisch, während sein Stuhl nach hinten flog und umkippte. Was war denn jetzt kaputt? Dazu sah er mich wütend an, als ob ich ihn beleidigt hätte. Oh stimmt ja. Er hatte ein wenig Machohaftes an sich. Ich hatte jetzt doch nicht etwa seine Männlichkeit verletzt oder? "Süß? SÜSS?!" Ok ich HATTE seine Männlichkeit verletzt. "Wir sind Jungs! Jungs sind nicht süß! Wir sind männlich, stark, mutig und wenn dann cool aber nicht SÜSS! Mädchen sind süß! Du! Du bist süß! Aber nicht wir Jungs!", äußerte er erbost, bevor er sich beleidigt auf seinen - nun wieder stehendem - Stuhl setzte und dabei die Arme vor der Brust verschränkte. Ich hingegen lief sachte rot an. Er fand mich süß? "Ok. Dann bin ich süß", meinte ich und strich mich verlegen eine Strähne hinter mein Ohr. Irritiert und überrascht starrte Stanley mich an, bis er bemerkte, was er da eigentlich von sich gegeben hatte und nun knallrot anlief. Sofort begann ich amüsiert zu kichern. "S-so hatte ich das nicht gemeint! Ich-!" "Schon verstanden. Jungs sind männlich. Und ihr Beide seid auch cool. Wie ihr zusammen haltet und stark seid ihr auch. Und total MÄNNLICH! Ich meine... Ohne dich wäre ich wahrscheinlich von diesen Jungs vorhin zerstückelt worden. Also... Danke du männlicher Held", äußerte ich ehrlich und lief nun noch roter an, während ich seinen Blicken auswich. Ich spürte wie meine Wangen regelrecht zu glühen begannen. Mein Herz schlug schneller gegen meine Brust als gewöhnlich und meine Hände fühlten sich schwitzig an. "Öh... A-ach glaub doch was du willst. Mir egal", meinte Stanley nur und wandte seinen Kopf ab, was ich aus den Augenwinkeln erkennen konnte. "Ich bin übrigens Alice", stellte ich mich nun endlich vor und reichte den beiden Zwillingen die Hand, welche sie nacheinander schüttelten - wenn auch etwas zögerlich - und sich dabei auch nochmal vorstellten. Vor allem Stanford wirkte nervös, weshalb ich ihn so freundlich und breit anlächelte, wie ich nur konnte. Das Gefühl einen sechsten Finger dabei zu spüren, war einerseits merkwürdig aber andererseits auch so angenehm wohltuend und warm. Als ob dieser zusätzliche Finger das Händeschütteln tatsächlich einen ticken freundlicher machen würde. "Hehe. Siehst du? Das Schütteln fühlte sich sofort freundlich an und irgendwie verbindender", meinte ich begeistert zu Ford, während dieser seine Röte nicht mehr los wurde und mich verlegen anlächelte. "N-naja wenn du das meinst", meinte er peinlich berührt, woraufhin ich nickte und zu lachen begann. Dies war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ich wünschte nur sie hätte ewig gehalten und wäre nicht schon so bald zerbrochen... Wie sehr bereute ich es euch nicht hatte aufhalten zu können... Wäre alles anders geworden? Wozu trat ich überhaupt in euer Leben? Nur um zu sehen wie ihr euch gegenseitig zerfleischt? Was hatte ich falsch gemacht? Was?! Kapitel 3: Träne3: Was für ein Theater -------------------------------------- Mehrere Wochen vergingen und langsam begannen die Blätter an den Bäumen zu verschwinden oder, die die noch übrig blieben und sich mit aller Kraft festhielten, verfärbten sich in ein wunderschönes Gold und ließen die Welt erstrahlen. Die warme Sommerluft nahm ab, sodass man sich wärmer anziehen musste. Hier und da liefen immer noch Mädchen rum, die das alles nicht einsehen wollten und sich immer noch in die kürzesten aller kurzen Mini-Röcke zwangen, nur um gut auszusehen. Zwischendurch erblickte man sogar Menschen im Wasser am Strand. Unverständlich für ein einfaches Mädchen wie mich. Ich mummelte mich in meine warme, leicht gefütterte, braune Jacke, die mir mein Vater letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte und trug unter meiner Jeans eine Hauch dünne Strumpfhose, welche ich jederzeit ausziehen könnte. Unter der Jacke verbarg sich ein pinker Pullover mit V Ausschnitt. Mir war kuschelig warm, während andere selbst im angenehm warmen Bus zu frieren schienen. Ich unterdrückte ein Kopfschütteln. Selber Schuld, konnte man da nur sagen. Doch sollte mich das nicht interessieren, denn heute war für mich ein besonderer Tag. Nein. Nicht mein Geburtstag. Allerdings würden sie heute verkünden wer die Julia in dem Stück zur Weihnachtsfeier spielen würde. Ich hatte den Jungs nicht mitgeteilt dass ich vor gesprochen hatte, weshalb ich erst recht nervös war. Vielleicht würde ich tatsächlich Julia in Romeo und Julia oder besser gesagt Romeo and Juliet spielen. Wie die Zwillinge wohl reagieren würden? Schließlich waren wir in den paar Wochen wirklich gute Freunde geworden. Jeden Tag hatten wir uns in der Bibliothek getroffen. Es ging sogar so weit, dass ich zusätzliches Essen mit brachte, falls den Beiden es geklaut werden würde. Doch bisher hatten wir Ruhe gehabt. Einerseits schön. Andererseits beunruhigend. Ich hoffte, dass da nicht noch etwas schlimmeres auf uns zu kommen würde. Lächelnd stieg ich aus dem Bus und begab mich zu meinen Spinden, wo ich von Joshua, einer von Dickerchens - ok sein Name lautete anscheinend Crampelter - Schlägern, bereits fies grinsend erwartet wurde. Er hatte so ein typisches schmieriges Gesicht und ständig ein Lächeln auf den Lippen. Dazu klebten die Mädchen förmlich an ihm. Unverständlich für mich aber was soll man machen. Ich war halt nicht normal und das war auch gut so. Nun gut er hatte schöne Augen. Eisblaue, wie die von einem Husky. Aber ansonsten war er ein richtiges Arsch. Doch die meisten gingen wohl sowieso nur nach dem Aussehen. Waren sie selber Schuld. Er war bestimmt so einer, der später seine Freundinnen betrog, sollte er sich überhaupt mal auf eine feste Beziehung einlassen. Nicht wissend was auf mich zukommen würde, begab ich mich leise grummelnd zu meinem Schrank und öffnete diesen, doch schlug Joshua ihn sofort zu und lehnte sich mit seinem Körper dagegen. Die Beine überkreuzt und die Arme vor der Brust verschränkt, dazu weiterhin sein dämliches Grinsen im Gesicht. Kurz begutachtete er mich von oben bis unten. Was war eigentlich sein Problem?! "Ich habe gehört, dass du dich für die Julia beim Stück beworben hast. Rate mal wer wahrscheinlich der Romeo sein wird", meinte er teuflisch grinsend und mit einem seltsamen Unterton in der Stimme, woraufhin ich skeptisch eine Augenbraue nach oben zog und ihn anstarrte, als ob er von einem anderen Planeten kommen würde. Ob die Anderen Ford normalerweise auf diese Art und Weise ansahen? Wie ein Monster von einem anderen Planeten? Ich wünschte sie würden sein Inneres mehr zu schätzen wissen. Er war so ein lieber und schüchterner Junge. Moment. Was hatte mich Joshua nochmal gefragt? Ach genau. Der Romeo. "Keine Ahnung. Du? Und das sollte mich interessieren, weil?", fragte ich ihn gelangweilt und schob ihn von meinem Schrank weg, damit ich die Bücher für den heutigen Unterricht raus suchen und in meine Tasche packen konnte. Da fiel mir dann wieder genau das Ende von Romeo und Julia ein, woraufhin ich erschrocken eines meiner Bücher fallen ließ. "Die Kusszene", nuschelte ich zu mir selber und merkte förmlich, wie die Farbe aus meinem Gesicht langsam verblasste und ich Kreide bleich anlief. Sollte wirklich Joshua Romeo werden, dann müsste ich ihn küssen, sollte ich Julia spielen. Oh Gott nein! NEIN, NEIN, NEIN! "Ganz genau, Baby. Freu dich schon Mal MICH zu küssen. Du wirst es sicher nicht vergessen, hehe. Bis dann, Süße", meinte Joshua amüsiert und ließ mich versteinert zurück. Das durfte nicht wahr sein! Und so wie er redete war er sich seiner Sache sehr sicher, dazu klang es so, als wüsste er bereits, dass ich die Julia spielen würde. Na toll... Ich war am Arsch! Erschöpft trottete ich zu der Bibliothek, wo ich mich erneut mit den Jungs treffen wollte. Ich konnte nicht mehr klar denken. In der Pause musste ich zu meinem Leid feststellen, dass ich tatsächlich die Julia spielen würde. Meine gesamte Freude vom Morgen war wie weggeblasen. Wieso musste mir Joshua alles nehmen was ich liebte? Selbst meine Lieblingsfächer machten mir keinen Spaß mehr, da er mir überall hin zu folgen schien und mich nervte, bis ihm Beachtung schenkte. Sobald ich es tat, starrte er mich an, als ob er mich gleich auffressen wollen würde. Verängstigt versuchte ich ihn daraufhin so gut es ging zu ignorieren, doch begann er sofort wieder mich zu nerven. Einmal wurde ich deswegen vor die Tür gesetzt. Zusammen mit ihm. An diesen Tag erinnerte ich mich nicht gerne. Ich war so schnell es ging geflüchtet. An dem Tag wollte ich einfach nur noch weg. Weg von hier. Weg von ihm. WEG! Was lief bei dem Jungen eigentlich schief?! Warum ließ er mich nicht in Ruhe? Seufzend ließ ich mich auf dem Stuhl an dem runden Tisch nieder, bevor ich meine Tasche auf den Boden und meinen Kopf auf den Tisch knallen ließ. Ich konnte ihre Gesichter nicht sehen und erst recht nicht erkennen, doch spürte ich die Blicke auf mir ruhen und konnte erahnen, wie mich die Jungs ansehen mussten. Wahrscheinlich dachten sie nun ich sei bescheuert oder nicht mehr ganz dicht in Kopf, weshalb sie mich sicher ansahen, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Kopf. Oder sie tauschten fragende Blicke aus. Ich wusste es nicht. Im Moment war mir dies allerdings auch herzlich egal. Ich konnte an nichts anderes mehr als dieses Theaterstück denken. Wieso? WIESO war ich so - ACH SO - dumm gewesen und hatte mich für diese Rolle beworben? Ich hatte es doch kommen gesehen. Natürlich war mir bewusst gewesen, dass ich jemanden küssen müsste. Doch hatte ich gehofft, dass es ein Fremder oder wenigstens freundlicher Junge gewesen wäre, von dem ich gerne geküsst werden würde und dann hätte ich mich dabei verliebt. Wir würden heiraten, Kinder bekommen und glücklich bis an unser Lebensende immer an diesen einen Moment denken. So waren meine Gedanken als junges Mädchen tatsächlich geweseb. Das dachte ich mir leider NICHT aus. Egal wie sehr ich es mir auch wünschte... "Da hatte wohl jemand einen schlechten Tag, hm?", ertönte Stanley's Stimme spöttisch fragend. Konnte er nicht einmal ernst bleiben? Doch Unrecht hatte er nicht. Mein Tag war allerdings nicht nur schlecht, sondern zum Kotzen gewesen. Die ganze Zeit schwirrten mir Joshua und seine Bemerkung im Kopf herum. Wie hätte ich mich so auf den Unterricht konzentrieren sollen? Nun gut. Joshua neben mir war dabei sowieso keine große Hilfe, wobei er sogar in manchen Stunden - ZUM GLÜCK - gefehlt hatte, wodurch ich mich ein wenig erholen hatte können. Trotzdem war der gesamte Tag bis jetzt ein Desaster gewesen und das nur wegen dieser dummen Bemerkung! Ich hasste mein Leben im Augenblick und wünschte ich könnte es mit jemanden nur diesen einen Tag tauschen. Allerdings war sowas nicht möglich. - Naja, wie sich heraus stellte, war so etwas möglich, doch dazu würde ich noch kommen. - "Schlecht ist gar kein Ausdruck", begann ich in den Tisch unter meinen Lippen zu murmeln, bevor ich endlich den Kopf erhob und mir ein paar meiner Strähnen aus dem Gesicht schob, welche aussahen, als sei ich gerade aufgestanden. Wahrscheinlich hätte man mich mit jemanden in seiner Midlife Crisis verwechseln können. Oder einem Assi. Grummelnd fuhr ich fort: "Dabei hatte der Tag so gut angefangen." "Was ist denn genau passiert?", fragte Ford neugierig und gleichzeitig ruhig und gelassen, während er sein Buch nieder legte und mich mit seinen grünen Augen besorgt betrachtete. Auf ihn konnte ich mich bei Problemen wirklich immer verlassen. Stetig hatte er ein offenes Ohr für mich. Ganz im Gegensatz zu Stan. Er zählte ebenfalls zu meinen besten Freunden, ohne Zweifel. Doch manchmal ging es mir auf die Nerven, dass er aus allen Sachen einen Witz machte und nichts ernst nehmen konnte. Zumindest wirkte es so. Doch wenn er sich doch mal dazu entschloss mir aufrichtig zuzuhören, schien er sofort Feuer und Flamme zu sein, weshalb ich ihm meistens nicht lange böse sein konnte, wenn er mir mal wieder mit den Gedanken woanders zu sein schien, während ich ihm mein Herz ausschüttelte. Sollte ich mal wem das Gesicht polieren wollen, wäre Stanley sicher da und würde mir helfen. Trotzdem könnte er von Anfang an zumindest Interesse heucheln! Doch Stattdessen ließ er den Blick durch den Raum schweifeln oder popelte in der Nase. War ihm überhaupt bewusst, dass sich ein Mädchen direkt in seiner unmittelbaren Nähe befand? Wahrscheinlich nicht. Erneut seufzte ich und wandte meine gesamte Aufmerksamkeit auf Ford. Stan schien sowieso nicht zuhören zu wollen. Wenn ich damals nur geahnt hätte, wie AUFMERKSAM eigentlich tatsächlich immer gewesen war, wäre sicher vieles anders gelaufen. "Naja. Also von Vorne. Ich habe mich für die Rolle der Julia für das Weihnachtsstück des Theater Clubs, in dem ich Mitglied bin, beworben. Und-", wurde ich plötzlich von Stan unterbrochen, welcher einen dummen Kommentar über Theater abgeben musste. "Du und Julia? Lustig! Theater ist doch sowieso nur was für Schwule und Mädchen. Wer macht da schon noch freiwillig mit?", fragte er hämisch, bevor er leicht zu lachen begann und ich ihm einen bösen Blick zu warf. Musste das sein? Ich versuchte gerade zu erzählen, was mir geschehen war und er unterbrach mich einfach, nur um mir auch noch mein Hobbie schlecht zu machen. Am liebsten wäre ich einfach gegangen. Doch im Moment konnte ich noch die Nerven bewahren und mich zusammen reißen. "Ich BIN ein Mädchen. Darf ich weiter erzählen?", fragte ich sichtlich genervt, doch schien Stan das gekonnt zu ignorieren, da er sofort noch einen drauf legen musste. Manchmal bereute ich es mich mit ihm angefreundet zu haben. Aber nur manchmal, da er an sich ein wirklich guter und vor allem treuer Freund sein konnte. "Bist du sicher? Ich dachte du seist ein Junge", meinte er und grinste mich frech an. Ich weiß nun, dass er mich lediglich necken wollte, damit ich mich nicht mehr so sehr aufregen würde, doch in dem Moment sah ich es als pure Beleidigung und mein Geduldsfaden riss. Erbost erhob ich mich und schwang mir meine Tasche über die Schulter. Wütend blickte ich zu Stan, welcher mich irritiert ansah, als ob er nichts gemacht hätte. "Wenn du mir eh nicht zuhören möchtest, gehe ich halt! Danke für's zuhören Ford", meinte ich erbost, während ich Stanford kurz anlächelte. Kurz darauf wandte ich mich ab und stapfte wütend davon. Im Hintergrund konnte ich Stan noch rufen hören, dass das angeblich nur ein Scherz sein sollte und er es nicht ernst meinte, doch wollte ich davon nichts hören. Sollte er bleiben wo der Pfeffer wächst! Musste ich mit halt selber helfen. Irgendwie würde ich es schon schaffen, dass Joshua nicht der Romeo werden würde und wenn ich ihn sabotieren müsste. Plötzlich stand Stan vor mir. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er mir gefolgt war. Wahrscheinlich war ich zu sehr in Gedanken gewesen. Genervt verschränkte ich die Arme vor der Brust und schnaubte wie ein Pferd durch meine Nase aus, um ihm zu zeigen, dass ich das ganze überhaupt nicht lustig fand und ich eine Entschuldigung erwartete. Dazu setzte ich noch ein angesäuertes "Was?!" hinterher. Keuchend und entschuldigend sah er mich an. Na wenigstens schien er sich seiner Schuld bewusst zu sein. Dazu noch dieser Blick! Er wusste genau, dass ich diesem Blick nicht standhalten konnte. Der typische Dackelblick. Und das mit seinen Augen und diesem Gesicht. Ugh! Furchtbar dieser Junge! Er wusste genau, wie er mich dazu bekam, dass ich ihm verzieh. Somit seufzte ich erneut und blickte ihn nun erwartungsvoll an. Die Arme neben meinem Körper baumelnd und den Wut hinunter schluckend. "Es tut mir leid, ok? Das war doch nur ein Witz. Ich wollte dich nicht beleidigen oder so. Ich höre dir jetzt auch zu. Ok?", meinte Stan und sah dabei aus wie ein treuer Hund, der sich mit eingezogenem Schwanz und einem trauriger Quieken einschleimen wollte, damit man nicht mehr böse auf ihn war. Gott, man konnte diesem Kerl wirklich nicht lange böse sein, weshalb ich schnell nachgab. "Ugh.... Sei froh, dass du so süß sein kannst und ich dich mag!", entgegnete ich geschlagen und drehte wieder um, nur um Stan im Hintergrund meckern zu hören, dass Jungs NICHT süß seien, doch war mir das egal. So hatte ich ihm wenigstens ebenfalls eins rein würgen können. Zwar ohne Absicht. Doch tat es trotzdem unglaublich gut und ein Schmunzeln konnte ich nicht unterdrücken. Allerdings konnte er davon sowieso nichts sehen, da er - immer noch meckernd - hinter mir her ging, Wieder am Tisch angekommen, setzte ich mich neben Stanford, welcher offensichtlich auf uns gewartet hatte, da sein Essen noch nicht angerührt wurde. Kaum zu glauben wie unterschiedlich die Zwillinge waren. Im Gegensatz zu Stan nahm Ford immer Rücksicht und war sehr höflich. Vor allem wirkte er schüchterner und schien sich zurück zu halten, um nicht zu sehr aufzufallen. Während Stanley gerne durch die halbe Schule und jede Aufmerksamkeit auf sich zog. Er stand anscheinend gerne im Rampenlicht. "Also, was ist jetzt genau geschehen?", fragte mich Ford ruhig und blickte mich fragend an, während er begann in sein Pausenbrot zu beißen, welches ihm anscheinend nicht abgenommen wurde. Hieß also wieder mehr Essen für mich. Ich würde noch fett werden aber egal. Ich tat das gerne. Vor allem schien den Jungs mein Essen zu schmecken, worüber ich mich jedes Mal - sollte ihnen ihre eigentliche Mahlzeit weggenommen worden sein - freute, wenn sie es aßen. Die Bibliothekarin hatte sich übrigens daran gewöhnt, dass wir regelmäßig hier aßen, obwohl sie sich am Anfang tatsächlich darüber aufgeregt hatte. Trotz des Kaugummis, welches sie selber zerkaute und regelmäßig platzen ließ. Dass dies Ford nicht störte beim Lesen war ein Wunder. Doch war er sowieso etwas Besonderes. A-also nicht auf diese Weise! Errötet blickte ich zu meiner Tasche. Nicht ablenken lassen! Kurz räusperte ich mich und nahm einen Schluck aus meiner Wasserflasche, um so zu wirken, als ob ich mich gerade verschluckt hätte oder ähnliches. Wieso musste mir auch ausgerechnet JETZT solch ein Gedanke durch den Kopf gehen? "Wie bereits erwähnt, habe ich mich für die Rolle der Julia im Stück beworben, welches zur Weihnachtsfeier aufgeführt werden soll. Eigentlich hatte ich mich schon gefreut es euch zu erzählen, da ich hoffte die Rolle zu bekommen und das habe ich auch aber...", unterbrach ich und blickte betrübt zur Seite. Der Tag hatte so schön begonnen. Wieso musste Joshua ihn mir vermiesen? Penner! "Aber? Ist doch gut oder nicht?", fragte Stanley sichtlich verwirrt. Anscheinend hatte er keinen Schimmer darüber, worum es bei Romeo und Julia ging. Dazu kam ich noch nicht zu einer ausführlichen Erklärung, wieso es so schlecht war, dass ich die Hauptrolle bekommen würde. Doch schon slleine der Gedanke an eine Kusszene würde wahrscheinlich die meisten Mädchen verschrecken. Somit würde man nicht unbedingt die Rolle haben wollen. Doch machte mir das nichts aus. Allerdings konnten die Jungs dies nicht ahnen, weshalb es kam, wie es kommen musste. "Gab es bei Romeo und Julia nicht mehrere Kussszenen?", fragte Ford relativ zurück haltend, während er mich allerdings neugierig anblickte, nur um von mir ein langsames Nicken als Antwort zu bekommen. Empört blickte mich - zu meiner großen Überraschung - Stanley an und schrie: "Was?!", woraufhin die Bibliothekarin in verwahnte. Noch einmal und er würde raus fliegen. Doch warum regte er sich so auf. Ihn interessierte dieses Stück und die Weihnachtsfeier ohnehin nicht. Dazu wirkte er bis gerade eben gelangweilt und desinteressiert. Verstehen musste ich das nicht oder? "Uhm... Ja. Aber das machte mir nichts aus. Bis jetzt. Ich meine... Ich hatte indirekt gehofft, dass ich durch den Kuss vielleicht meine erste, große Liebe finden würde. Doch jetzt...", erklärte ich ruhig und stockte erneut. Nervös schielte ich zu den Beiden. Während der Eine mich skeptisch betrachtete, wirkte Stan fast so, als ob er gleich vor Wut platzen würde. Hatte ich irgendetwas Falsches gesagt? Na egal. "Naja auf jeden Fall, hängt mir seit ungefähr zwei Wochen Joshua wie eine Klette am Bein und lässt mich nicht in Ruhe. Heute morgen kam er zu mir und meinte, dass er mit Sicherheit de Romeo spielen würde und ich diesen Kuss nie wieder vergessen würde", erzählte ich nun zu Ende und sah die Zwillinge betrübt und verzweifelt an. Ich wollte diesen Jungen nicht küssen. Er war ein Arsch und gehörte zu den Jungs, die stetig Stanford geärgert hatten. Ich verstand ohnehin nicht, warum der mir so am Rockzipfel hing. "Weiß gar nicht wieso du dich so aufregst. Du wolltest doch jemanden küssen. Joshua wird sowieso nicht Romeo oder wie auch immer der Kerl heißt. Weißt doch wie der drauf ist. Also warum die Aufregung? Ansonsten küsst du ihn halt. Na und? Vielleicht verliebst du dich ja sogar. War doch was du wolltest, oder nicht?!", meinte Stan in einem Ton, den ich lediglich kannte, wenn er sich über Crampelter und seine Schläger beschwerte. Wütend und regelrecht Hasserfüllt, doch zugleich verletzt und irgendwie beleidigt. Hatte ich irgendetwas gesagt, was ihn verärgerte? Wenn ja, was? "Wie redest du eigentlich mit mir? Ich dachte ihr könntet mir helfen und du fragt nur, wieso ich mich so aufrege? Was habe ich dir getan?! Warum bist du auf einmal so fies zu mir? Ich kann Joshua nicht ausstehen. Er ist ein Arsch! Natürlich will ich ihn dann nicht küssen!", fauchte ich nun zurück. Ich verstand nicht was sein Problem war, doch wollte ich mich nicht einfach so anschnauzen lassen. Ich hatte ihm nichts getan. Ich wollte Hilfe und er machte mich regelrecht zur Schnecke und schrie mich an. Was sollte denn der Mist? "Und wie sollen WIR dir dabei helfen? Sollen wir jetzt jemanden suchen, der in deinen Augen KEIN Arsch ist, damit ja deine ACH SO TOLLE erste grosse Liebe finden kannst? Ohne mich!", beschwerte sich Stanley und verschränkte die Arme vor der Brust, während er in irgendeine Ecke blickte. Was hatte ich gemacht, um ihn so zu erbosen?! Was sollte der Mist?! "SCHÖN! Ich habe keine Ahnung was gerade dein Problem ist aber gut, wenn du mir nicht helfen willst, dann kann ich auch gehen!", schrie ich ihn wütend an, bevor ich mich erhob und versuchte die Tränen runter zu schlucken, die gerade dabei waren aufzusteigen. Betrübt blickte ich zu Ford und flüsterte ein leises "Danke", bevor ich mich zum Gehen wandte. Stan machte nicht einmal irgendwelche Anstalten mir zu folgen oder sich zu entschuldigen. Schön! Wenn ihm so wenig an unserer Freundschaft lag, dann besaß ich lieber gar keine Freunde! Bei dem Gedanken konnte ich es nicht mehr zurück halten. Die Tränen quollen über und liefen langsam meine Wangen hinunter, während ich mich noch ein letztes Mal zu den beiden Jungs umdrehte, um verletzt und zugleich wütend zu Stan zu blicken. "UNSERE FREUNDSCHAFT IST DAMIT BEENDET! ICH HASSE DICH!", schrie ich rannte unter Tränen davon. Sollte er doch bleiben wo der Pfeffer wächst! Ich benötigte keine Freunde! Ich kam auch gut alleine zurecht. Doch ließ mich das "SCHÖN!", von Stanley augenblicklich hinter der Tür zusammen sacken und mich in Tränen ausbrechen. IDIOT! Kapitel 4: Träne 4: HQWVFKXOGLJXQJ - SHUJHEXQJ ---------------------------------------------- Ich bemerkte schnell, dass mich der Streit mit Stan mehr mitgenommen hatte, als ich es gerne zugegeben hätte. Da ich nicht länger vor der Tür sitzen wollte - vermutend, dass die Jungs sich ebenfalls irgendwann herausbegeben würden -, begab ich mich auf die Toilette und betrachtete mich im Spiegel. Mein Gesicht war Kreide bleich. Man hätte mich mit einem Gespenst verwechseln können. Während die Augen rot unterlaufen waren. Tränen waren immer noch schwach zu erkennen und markierten meine Wangen mit unübersehbaren Zeichen. Seufzend wandte ich den Blick ab. Ich konnte mich selbst nicht ertragen. Wieso hatte ich das auch gesagt? Natürlich war ich wütend gewesen, doch deswegen gleich die Freundschaft zu kündigen, war eine deutliche Überreaktion, für welche ich mich entschuldigen müsste. Allerdings war ich stur und sah eine Entschuldigung im Grunde nicht ein. Wieso war Stan überhaupt so wütend geworden? Ich hatte nichts Falsches gesagt! Oder doch? Seufzend betrachtete ich meine Tasche. So könnte ich mich zumindest nicht im Unterricht blicken lassen. Die anderen Kinder würden mich auslachen und die Lehrerin würde sich wahrscheinlich stetig erkunden, ob es mir gut ginge. Darauf hatte ich nicht wirklich Lust. Ich wollte gerade einfach nur alleine sein und versuchen meine herunter gezogene Miene wieder in ein Lächeln zu verwandeln. Selbst wenn es nicht echt wäre. Hinterher würde mich jeder ansprechen und sich erkundigen, was denn mit mir los sei. Joshua würde die Chance sicher nutzen, um mir das Leben noch mehr zur Hölle zu machen oder ähnliches. Crampelter - oder wie auch immer der Spinner noch mal hieß - wäre sicher sofort zur Stelle, um mich auszulachen und noch mehr hinunter zu ziehen. Nein danke. Ich musste mich zusammen reißen. Irgendwie. Doch jetzt fehlte mir noch die Kraft dazu. Ich entschied mich dazu abzuwarten, bis sich so gut wie alle Schüler in ihren Klassen eingefunden hätten, um mich endlich wieder aus der Toilette hinaus trauen zu können, ohne befürchten zu müssen, eine andere Person zu treffen, die mich ansehen würde, als sei ich nicht von dieser Welt. Kurz legte ich meinen Kopf an die Tür und presste mein Ohr dagegen, um zu horchen, ob sich auch tatsächlich niemand im Gang befand. Anscheinend war die Luft frei. Erleichtert atmete ich aus, schwang meine Tasche über meine Schulter und begab mich zu der Schulschwester. Bei ihr im Krankenzimmer könnte ich mich sicherlich verstecken. Zumindest so lange, bis es mir wieder besser ging. Doch kam ich leider gar nicht bis zu dem Zimmer, welches ich verzweifelt am Suchen war. Plötzlich zerrte jemand an meinem Arm und knallte mich gegen eine Wand in der Nähe der Spinde. Leicht Schmerz erfüllt kniff ich die Augen zusammen, bevor ich sie aufriss, um zu erkennen, wer mich angriff. Ich hätte es ahnen müssen. Erneut dieses widerliche Grinsen und diese Augen, die mich auszuziehen schienen. "Joshua... Was willst du?", fragte ich erbost und wollte weggehen, als er bereits seine Hände nehmen mein Kopf knallte und mich zusammen zucken ließ. Irritiert und deutlich verunsichert blickte ich zu Joshua hinauf, welcher sich leicht zu mir herunter beugte. Warum ließ er mich nicht endlich in Ruhe? Auch noch ausgerechnet nach dem Streit mit Stan. Da wollte ich mich erholen und nicht erneut zu Tode genervt werden, weil er meinte, mich stetig belästigen zu müssen. Doch auf einmal veränderten sich seine Züge. Er wirkte sanfter und lächelte mich seltsam an, als ob ich etwas Besonderes wäre. Nun bekam ich erst recht Angst! Der Kerl war doch nicht normal. Dazu führte er seine Hand zu meiner Wange und strich über diese, bevor er etwas grober über die Tränen-Rückstände wusch. Sofort kniff ich mein linkes Auge zusammen und wunderte mich, wieso er das alles gerade machte. Wieso war er so... fürsorglich? Was bezweckte er damit? Ich verstand es nicht. Erneut kam er mir näher. "Verheult siehst du noch bezaubernder aus", hauchte er mir entgegen. Das war ein Witz oder? Machte Joshua mich gerade an? Ausgerechnet einer von Crampelters Schlägern stand auf mich? Das konnte unmöglich sein Ernst sein! Er musste sich irren. Wieso ausgerechnet ich? Wieso ausgerechnet ER?! Er war ein Arsch und machte mir das Leben zur Hölle, seit wir uns trafen. Er konnte unmöglich in mich verknallt sein. Das ging einfach nicht! Das durfte nicht sein! Das war nicht wahr! Leider musste ich feststellen, dass er es sehr ernst meinte. Wie ein Löwe, der gleich eine Gazelle erlegen würde, sah er mich von oben herab an, bevor er mir noch näher kam und ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Verängstigt schluckte ich und presste mich noch enger gegen die Wand, als ob ich einen Weg hindurch suchen wollen würde. Natürlich bemerkte er dies, weshalb er sofort mein Kinn zwischen seine dürren Finger nahm und es anhob, sodass ich ihm in sein Gesicht blicken musste und nicht wegsehen konnte. "Wenn du mich so ansiehst, kann ich gar nicht bis zu unserem Bühnenkuss warten. Ich muss dich jetzt haben", hauchte er mir entgegen und kam meinen Lippen bedrohlich nahe. Ich wollte das nicht. Eindeutig nicht! Ich wollte meinen ersten Kuss doch nicht an so einem Widerling verlieren! Jemand musste mir helfen! WUMMS Erschrocken öffnete ich die Augen, die ich zusammen gekniffen hatte, um es schneller hinter mich zu bringen, als ich auf einmal einen lauten Knall hörte und den darauf folgenden Aufprall. Irritiert sah ich mich um. Ich erblickte Joshua auf dem Boden liegen, während er sich an seine aufgeplatzte Lippe fasste und das Blut auf seinen Fingern anstarrte, als ob es das Ende der Welt sei. Ich versuchte zu rekonstruieren, was geschehen war. Doch konnte ich nichts nachvollziehen. Hatte ich ihn geschlagen? Daran könnte ich mich erinnern, somit war das unmöglich. Ich war wie erstarrt gewesen, als er versucht hatte mich zu küssen. Andere Möglichkeiten fand ich allerdings nicht. Bis auf einmal eine mir bekannte Stimme Wut entbrannt brüllte: "GRIFFEL WEG VON IHR!" Ungläubig blickte ich in die Richtung, aus welcher die Stimme kam, doch hatte ich gar keine Zeit einen vernünftigen Gedanken zu fassen oder zu reagieren, da ich bereits im nächsten Moment mit gezerrt wurde und man mir befahl zu laufen. Verwirrt über seine Handlungen starrte ich die braunen Haare vor mir an und versuchte mit zu halten, während ich immer wieder nach hinten blickte. Joshua lief uns hinterher und mit ihm auch ein paar seiner Kumpels. Wo kamen die auf einmal her? Doch die größere Frage war, was ER hier machte und wieso ER mich rettete?! "Stanley, was machst du? Ich kann nicht so schnell!", fragte ich verwirrt und beschwerend, während ich zu keuchen begann. Ich war nicht gerade die Sportlichste, dazu besaß Stan längere Beine als ich. Doch wo war er her gekommen und wieso half er mir, trotz des Streits? Ich hatte gedacht, dass er auf ewig sauer auf mich sein würde und mich keines Blickes mehr würdigte. Doch hier war er. Verprügelte einen Jungen und rannte mit mir davon. Fühlte sich so eine Prinzessin, wenn sie von ihrem Prinzen in schimmernder Rüstung gerettet wurde? Verwirrt. Überwältigt. Herz rasend. Nicht wissend, was zu tun ist. Es war kompliziert. Ich konnte es kaum beschreiben. Zu viele Gedanken kreisten durch meinen Kopf. Zu viele Gefühle schossen durch meinen Körper. Ich war wie betäubt und rannte Stan hinterher, während er meinen Arm fest umgriff und mich hinterher zog. Selbst was er sagte, verstand ich nicht mehr. Ich sah ihn einfach nur an... Plötzlich zerrte mich Stan in eine Gasse - wir hatten die Schule verlassen, um uns besser verstecken zu können - und presste mir einen Zettel in die Hand. Verwirrt blickte ich zwischen ihm und dem Stück Papier hin und her, doch erklärte er nicht viel. Er äußerte lediglich, dass ich schon einmal vorgehen sollte und wehe ich würde nicht kommen. Er hingegen wollte die Jungs ablenken. Ich tat wie man mir befahl, auch wenn ich selber nicht genau nachvollziehen konnte wieso, da ich im Grunde immer noch leicht sauer auf Stan war. Doch vertraute ich ihm und hoffte, dass wir an diesem Ort, der auf der Karte - das schien der zettel darzustellen- eingezeichnet war, ein wenig Ruhe hätten. Vielleicht könnten wir über den Streit reden und uns wieder versöhnen. Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, ob ich ihm jemals verzeihen könnte. Ich konnte sehr nachtragend sein. Auch wenn ich mir wünschte, dass wir wieder Freunde wären. Egal wie frech und gemeint er sein konnte, so lieb und herzlich war er. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich am Strand an. Den Rest der Schule würde ich an diesem Tage wohl nicht mehr mitbekommen. Hoffentlich würden meine Eltern dies nicht bemerken. Dazu wollte ich wenigstens zum Vorsprechen wieder in der Schule sein. Doch war das Verlangen zu groß herauszufinden, wohin mich Stans Karte führen würde. Es ähnelte beinahe einer Schatzsuche. Doch was wäre der Schatz? Was würde ich entdecken? Was war es, das Stan mir zeigen wollte? So viele Fragen und bisher fand ich keine Antwort, da ich den Faden verloren hatte. War ich bereits die 50 Schritte nach links gegangen oder nicht? Ich stand am Strand. So viel war sicher. Doch was nun? Die Karte war unübersichtlich und leider war Stan kein begabter Künstler sowie Ford. Ich hatte mir ein paar Zeichnungen angesehen und dieser Junge hatte Talent. Im Gegensatz zu Stan. Zumindest was Kunst anging. Nun gut. Hier gab es niemanden, bei dem ich hätte nachfragen oder mich beschweren können, somit musste ich weiter gehen. Egal welche Richtung. Ich würde schon irgendwann ankommen. Hoffentlich... Tatsächlich fand ich wenige Meter von mir entfernt, hinter einem Hügel, etwas, was höchstwahrscheinlich den Ort darstellen sollte, zu welchem ich geführt wurde. Die Karte knüllte ich zu einem Ball zusammen und stopfte ihn in meinen Rucksack, bevor ich mich dem Objekt näherte, welches im Sand befestigt war und nur darauf wartete, vom Meer weggespült zu werden. Je näher ich kam, desto deutlicher wurde es, dass Stan mich hier hin führen wollte, auch wenn ich immer noch verstand wieso. Es war ein einfaches Boot oder Schiff. Relativ klein und sah mitgenommen aus. Obwohl an manchen Ecken neues Holz befestigt wurde, was man sofort fühlen konnte, wenn man über die einzelnen Bretter strich. Die einen fühlten sich Morsch und jeden Moment in sich zusammen brechend an, während die anderen glatt waren und keine Splitter aufzuweisen schienen. Abprubt blieb ich an einer Stelle stehen und betrachtete diese genau. "Stan o' war?", las ich laut und fragend vor. Den Namen verstand ich nicht, doch wusste ich nun, dass es sich hierbei um ein Schiff handelte, welches den Zwillingen zu gehören schien. Ob sie es wohl gefunden hatten? Anders konnte ich es mir nicht erklären, da es nicht so wirkte, als ob deren Eltern reich genug waren, um eben für zwischendurch ein Boot zu kaufen und es den Jungs zu schenken. Nicht einmal als Geburtstagsgeschenk wäre es akzeptabel. Bestimmt hatten sie es gefunden und versuchten es nun zu reparieren, um von diesem Ort weg zu kommen. Typisch Jungs. Wahrscheinlich würden sie auf ihrer Reise Abenteuer suchen wollen. Irgendwie süß der Gedanke. Es brachte mich zum Schmunzeln. Auf einmal spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und vernahm starkes Keuchen hinter mir, woraufhin mein gesamter Körper zu zittern begann und mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter lief. Einen Geist erwarten, begann ich zu schreien und drehte mich verängstigt um, nur um Stan zu erblicken, welchem ich aus versehen eine Ohrfeige verpasst hatte. Besorgt betrachtete ich ihn von oben bis unten. Er blutete aus der Lippe und überall waren blaue Flecken zu vernehmen. Dazu blutete er an der Hand und den Fingern, als ob er sich an Dornen geschnitten hätte. - War das überhaupt möglich? - "Was ist denn mit dir passiert? Und entschuldige die Ohrfeige", fragte ich besorgt, wobei ich versuchte mehr verwirrt zu klingen, da ich ihm zeigen wollte, dass ich immer noch sauer war, weshalb ich meine Aussage über die Ohrfeige regelrecht flüsterte. Hoffentlich hatte er das nicht gehört. "Ach, ich habe lediglich diese Idioten in dir Flucht geschlagen und verprügelt", log Stan stolz. Als ob ich ihm das abkaufen würde. So wie er aussah, konnte man sofort erkennen, dass er mehr Schläge eingesteckt als ausgeteilt hatte. Wahrscheinlich waren sie irgendwann abgehauen, weil es ihnen zu langweilig geworden war. So oder so waren diese Rüpel nun weg und wir hätten unsere Ruhe. Ich verstand das alles ohnehin nicht. War Joshua wirklich in mich verknallt oder wollte er sich einfach nur das neue Mädchen als Erster unter den Nagel reißen, um angeben zu können? Ich wäre glücklich, wenn ich wüsste, dass ich ihn ab der High School nie wieder sehen würde. Allerdings gab es in der gesamten Stadt lediglich eine - soweit ich wusste - und somit würden wir uns dort sicher wiedersehen. Ätzend... Ich wandte meine Aufmerksamkeit erneut auf Stan und blickte ihn skeptisch an, während ich die Arme vor der Brust verschränkte und eine meiner Augenbrauen nach oben zog. "Ich würde eher sagen, dass sie dich verprügelt haben und irgendwann die Lust verloren und weg gingen, mein Lieber. Ich glaube ich habe etwas desinfizieren und Pflaster in meiner Tasche", äußerte ich neckend, bevor ich mich an meine Tasche wandte und in dieser zu wühlen begann. Schnell wurde ich fündig und zerrte die Sachen heraus, doch winkte Stan ab und machte ein herablassendes "Pfft", um mir zu zeigen, dass er solch einen Kram nicht benötigte, schließlich war er doch ein MANN und käme auch so mit den Wunden und Schmerzen zurecht. Zum Glück war ich ein stures Mädchen und mitten in der Pubertät, weshalb ich auf das, was man mir sagte, sowieso nicht hörte und einfach meinen Willen durchsetzte. Egal wie sehr er sich wehren würde. Sofort überrumpelte ich ihn und nutzte es aus, dass er geschwächt war, um ihn auf den Boden zu pinnen und anzufangen seine Wunden zu versorgen. "W-was soll das?! Ich brauche das nicht!", beschwerte sich Stan, doch hörte ich ihm gar nicht zu, stattdessen zerrte ich seinen Arm zu mir und schob den Ärmel hoch, nur um noch mehr Wunden zu erblicken. Kurz schielte ich zu seinem Gesicht. Meine Wangen begannen zu glühen, als ich sah, wie errötet er war und beleidigt in den Himmel blickte, den Kopf auf seiner freien Hand abgestützt, während er mir die andere hin hielt. Warum hatte ich plötzlich so ein seltsames Kribbeln im Bauch? Merkwürdig. Es gab keine logische Schlussfolgerung, weshalb ich es lieber darauf beruhen ließ. Stattdessen konzentrierten ich mich auf seinen Arm, welchen ich desinfiziert und mit Pflastern versah. "Das brennt", brummte Stanley genervt, woraufhin ich ihn frech an funkelte. "Gut. Sonst macht es ja auch keinen Spaß", entgegnete ich frech, bevor ich mich um den andere Arm und seine Beine kümmerte. Ein verächtendes "Ha ha...", entfloch dem Mund des Jungen, doch ignorierte ich es gekonnt, bevor ich nicht mehr die Chance hatte etwas zu ignorieren. Denn nun war das Gesicht dran. Doch jedes Mal, wenn ich meine Hand an seine verletzte Wange oder Lippe legen wollte, begann mein Herz schneller zu Klopfen als gewöhnlich, was mich irritierte und mich wundern ließ, ob denn etwas mit mir nicht stimmte. War ich krank? Das musste es sein. Bestimmt hatte ich mich durch das Laufen verausgabt oder die Heul-Attacke nagte immer noch an mich. Das musste es sein. Am besten würde ich nicht mehr darauf achten. Es verwirrte mich und das machte mir Angst. Selbst eine kleine Stimme schien mir in mein Ohr zu flüstern. Ignorier das Gefühl. Ignorier alle Gefühle. Sie sind unwichtig So seltsam es auch klingen mag. Ich stimmte dieser Stimme zu. Gefühle waren überflüssig. Sie standen einem im Weg. Oder? Ich war verwirrt! Mein Kopf schmerzte! Ich wollte nur noch nach Hause und den Tag beenden, doch wollte ich auch zur Schule, um wenigstens das Vorsprechen für den Romeo mit zu bekommen. Die ganze Welt schien sich schneller zu drehen als sonst. Mir war schwindelig und ich befürchtete das Bewusstsein zu verlieren. Da riss mich Stan aus meinen Gedanken, als er seine Hand erneut auf meine Schulter legte und mich besorgt ansah. "Alles in Ordnung? Du bist so blass" Ich fühlte mich, als sei ich in einer Art Trance gewesen und nun daraus erwacht. Vorsichtig nickte ich, doch sagte ich kein Wort. Stattdessen verstummte ich und klebte das letzte Pflaster auf seine Wange. Danach lächelte ich ihn an. Sichtlich geschwächt. Denn Stan ließ seinen Blick nicht fallen. Stattdessen betrachtete er mich immer intensiver, sodass mir unbehaglich wurde und ich aufsprang. Ich versuchte abzulenken. Somit deutete ich auf das Boot, bevor ich fragte: "Warum sollte ich eigentlich ausgerechnet hier hin kommen?" Stan erhob sich vom Sand und gesellte sich neben mich, während er versuchte nach geeigneten Worten zu suchen. Zumindest wirkte es so, da er sich nervös am Hinterkopf kratzte und seine Wangen immer noch leicht gerötet waren. War es ihm peinlich mich her gebracht zu haben? "Nun... Ich wollte mich entschuldigen, indem ich dir zeige, was für eine gute Freundin du für uns bereits geworden bist", begann er zu erklären, doch verstand ich nicht, was das nun mit dem Schiff zu tun hatte, weshalb ich lediglich ein "Hä?", von mir gab. Wenigstens wollte er sich entschuldigen. Das war schon einmal etwas. "Also... Der Stan o' war ist von Stanford und mir ein Geheimnis. Wir wollen es reparieren und damit dann um die Welt segeln. Abenteuer, Strände und Babes! A-" "Babes?", fragte ich skeptisch und grinste ihn frech an, woraufhin er verlegen zur Seite blickte. "Ja, Babes. Was dagegen? Auf jeden Fall... Wollte ich dich in unser Geheimnis einweihen, weil du unsere beste Freundin geworden bist und so ein Quark. Also, Lust uns zu helfen? Und es tut mir wirklich leid. Ich habe überreagiert", sagte er und stieg auf das Boot, bevor er mir seine Hand reichte, um mich hochziehen zu können. Dabei lächelte er mich an, während ich spürte wie sich meine Wangen erneut erhitzten und sich in meiner Brust etwas zu rühren begann. Was war das für ein Gefühl? Es war so angenehm. So wohlig warm. Ohne weitere darüber nachzudenken, nahm ich seine Hand und ließ mir hoch helfen, bevor wir uns hinsetzt und das Meer betrachteten. Ab diesem Moment wusste ich, dass wir alle Hindernisse zusammen überstehen könnten. Doch ahnte ich nicht, welche Gefühle dabei waren sich in mir aufzubauen. Diese Szene... Würde auf ewig in meinem Herzen hallen... Danke Stanley. Kapitel 5: Träne 5: Vorsprechen (Sei mein Romeo) ------------------------------------------------ Nach einer gefühlten Ewigkeit des Meeres Anstarren, konnte ich stan endlich dazu überreden zurück zur Schule zu gehen. Auf dem Weg unterhielten wir uns über alles Mögliche. Was wir einmal werden wollen, wenn wir groß sind, ob wir uns Geschwister wünschen oder besser gesagt noch mehr, da Stan schließlich bereits einen Bruder hatte, wie oft die Beiden bereits geärgert wurden und so weiter. Zu meinem Erschrecken wurden die Beiden bereits seit dem Kindergarten geärgert. Früher ähnelte Stanley vom Aussehen Ford mehr, doch hatte er sich irgendwann dazu entschieden seinen Bruder beschützen zu wollen und dafür veränderte er sich. Er legte sich mit alles und jedem an, der seinem Bruder zu nahe kam. Deswegen hatte er mich bei unserer ersten Begegnung weg gejagt, da er befürchtete, dass ich ihm Ford wegnehmen würde oder vor hatte ihm weh zu tun. Schließlich kannten sie mich nicht. Verständlich. Ich hätte wohl genauso reagiert. Verletzt hatte es mich damals trotzdem. Doch nicht deswegen war ich betrübt und wütend zugleich. Mich kotzte es an, wie lange Crampelter die Beiden bereits schikanierte. Es reichte! Es würde enden! Diese Tyrannei würde ich nicht mehr zulassen! Das hatte Ford nicht verdient. Er war solch ein lieber Junge, der niemanden etwas antun konnte, und er war alles andere als ein Freak! Ich würde es ihnen zeigen. Rache! Egal wie ekelhaft sie sein sollte! "Alice, alles ok? Du siehst so aus, als würdest du gleich anfangen alles kurz und klein zu schlagen", fragte mich Stan sowohl besorgt, als auch leicht verängstigt. Das erkannte ich gut, da er zitterte wie am Spieß, was er sicher niemals zugeben würde, weshalb ich es versuchte zu ignorieren und den Drang zu unterdrücken zu sagen, dass er mal wieder süß wirkte. Er würde sich darüber aufregen und sicherlich rot anlaufen. Oh.... Die Verlockung war so groß! Ich wollte ihn schon ein wenig ärgern, doch hatten wir uns gerade erst versöhnt, weshalb ich es mir lieber nicht sofort wieder mit ihm verscherzen wollte. Besonders nicht nach dieser netten und süßen Geste. Ich war also deren besten Freundin, hm? Es machte mich glücklich. Unglaublich glücklich. Hoffentlich würde diese Freundschaft niemals enden. "Ja, alles in Ordnung. Ich dachte nur daran, was du erzählt hast. Wegen Crampelter und seinen Schläger Freunden. Es macht mich so wütend! Moment... OH KACKE! JOSHUA! DAS VORSPRECHEN! ICH werde sterben sollte er Romeo werden!", äußerte ich verzweifelt und wäre am liebsten im Boden versunken. Ich hatte Joshua komplett vergessen. Verflucht. Ich wollte ihn nicht küssen! Nein! NEIN! Plötzlich spürte ich eine Hand dir mir auf die Schulter klopfte und mich kurze Zeit später an sich zog, um den dazu gehörigen Arm um mich legen zu können. Irritiert sah ich auf und blickte in Stans Gesicht, welches mich breit und triumphierend angrinste. Sofort stieg mir wieder das Blut in den Kopf und ließ meine Wangen kochen. Was hatte das zu bedeuten?! "Mach dir deswegen mal keine Sorgen", begann Stan und bewegte seine freie Hand zu seiner Brust, um mit seinem Daumen auf sich selbst zu deuten, "ICH habe einen Plan! Überlass das nur Stan, dem Superhelden", fügte er hinzu und ich begann los zu lachen. Er war viel zu überzeugt von sich selbst, doch gab mir das Kraft und Hoffnung, weshalb ich ihn lieb anlächelte und nickte. "Ok, danke Stanley. My hero", trällerte ich leicht, bevor ich kichernd vorging. Ich vernahm keine Schritte hinter mir, weshalb ich mich umdrehte und zu Stan wandte. Dieser wirkte wie versteinert. Sein Kopf explodierte fast Dank dem Rot im Gesicht. Verwirrte legte ich den Kopf schief. "Alles ok?", fragte ich besorgt. Er zuckte zusammen. War er etwa im Stehen eingeschlafen?! Wie niedlich! Oder... Hatte es etwas anderes zu bedeuten? EGAL! Endlich waren wir an der Schule angekommen, wo wir bereits vom Direktor erwartet wurden, hinter welchem sich ein grinsenden Joshua versteckte. Natürlich rannte er sofort zum Direktor, um Stan ärger machen zu können, denn schließlich waren wir weggerannt, nachdem er Joshua eine verpasst hatte. Das hatte dieser Widerling sofort ausgenutzt, um Stanley anzuschwärzen und zu verpetzen. Sicherlich würde er eine Strafe bekommen. Solch ein Penner! Dabei wollte mich Stan lediglich beschützen und das vor diesem Arsch. Doch das würde der Rektor sicher nicht einsehen. Stattdessen würde er unsere Eltern anrufen oder uns gar von der Schule schmeißen, da wir den Rest des Tages geschwänzt hatten. Dabei hatten wir gute Gründe gehabt! Seufzend trottete ich dem Mann hinterher, während ich im Augenwinkel Stan bemerkte, welcher Joshua mit der Faust drohte. Dieser wandte sich grinsend ab und begab sich zum Proberaum der Theater AG. Ich stieß Stanley sachte an, damit er damit aufhörte. Hinterher würde die Strafe für ihn noch höher ausfallen. Das wollte ich verhindern, weshalb ich ihm zuflüsterte: "Hör auf dich wie ein Schläger aufzuführen. Du kannst dich später immer noch rächen. Überlass mir das Reden. Verstanden?!" Sofort nickte er, auch wenn er etwas widerwillig blickte und hinterher genervt den Blick abwandte. Er fand es unfair. Zurecht. Doch was sollten wir machen? Wir waren einfach abgehauen und konnten uns schlecht verteidigen, doch vielleicht könnte ich den Schaden verringern und wenn ich auf diese eine Sache zurück greifen muss... Zu unserer großen Überraschung befand sich Stanford ebenfalls im Büro des Direktors, zusammen mit - zumindest schloss ich es daraus wie sie standen - seinen Eltern und meinen. Stan und Fords Vater sah so aus, als würde er zum Lachen in den Keller gehen, bestimmt konnte er sehr streng und nachtragend sein. Während deren Mutter einen besorgten Gesichtsausdruck machte, als sie die Wunden und Pflaster bei Stanley bemerkte. Bestimmt war sie sehr lieb und tat nur so, als sei sie hochnäsig. So sah sie nämlich aus. Laut Stan und Ford war sie eine Wahrsagerin oder tat zumindest so. Irgendwie sowas. Ich erinnerte mich nicht wirklich. Auf jedenfall wirkte sie netter als gedacht. Zumindest vom Aussehen her. Meine Eltern starrten mich an und ich sie, bevor mich auf einmal meine Mutter in ihre Arme riss und mich besorgt fragte, was denn geschehen sei und dass sie sich Sorgen gemacht hätte. Sofort lief ich knallrot an und stieß mich von ihr weg. Wie peinlich! Und das ausgerechnet vor den Jungs. Was würden sie nun von mir denken? Zum Glück mischte sich der Direktor ein und deutete unseren Eltern sich zu setzen, bevor er Stanford nach draußen verwies, schließlich hatte er hiermit nichts zu tun. Doch da erhob ich sofort die Stimme. "Das ist idiotisch! Wissen Sie eigentlich wie lange die Beiden bereits von Crampelter und seinen Schlägern gemobbt und verprügelt werden? Kaum schlägt Stan Joshua auf die Nase, um mich vor diesem Penner zu beschützen, werden wir sofort her bestellt und unsere Eltern benachrichtigt?! DAS IST UNFAIR! Wir haben bloß geschwänzt, weil uns diese Rüpel verfolgt haben und sehen Sie sich Stan doch mal an. Er hat mehr eingesteckt als Joshua! Natürlich ist es nicht gut, dass wir geschwänzt haben, doch war das lediglich, um nicht noch mehr Schaden einstecken zu müssen. Und Stanford wird sowieso ständig fertig gemacht! Eigentlich müssten diese Rüpel hier sein und nicht WIR!", erklärte ich erbost und sah den Direktor streng an, welcher laut seufzte, bevor er zu überlegen schien. Meine Eltern sahen mich entgeistert an. So kannten sie mich gar nicht. Vorlaut. Frech. Direkt. Normalerweise war ich eher schüchtern und zurück haltend gewesen, doch konnte ich nicht weiter zu sehen. Sie sollten endlich ihre Strafe bekommen! Plötzlich nickte der Direktor. "Nun gut. Es klingt plausibel, dass ihr Beide geflüchtet seid, doch trotzdem dürft ihr nicht einfach das Schulgelände verlassen. Nächstes Mal kommt ihr direkt zu mir. Trotzdem benötigt ihr Beiden eine Strafe. Sich zu Prügeln ist keine Lösung und Schwänzen genauso wenig", äußerte er nachdenklich. Er glaubte mir also? Das war... unglaublich. Ich konnte es nicht fassen. Mal ein Direktor der einen gesunden Menschenverstand zu besitzen schien. Hätte nie gedacht, dass ich so etwas noch erleben würde. "Und was machen Sie jetzt mit den Beiden?", fragte Stan und Fords Mutter, während sie zu dem Direktor blickte. Auch meine Eltern wandten ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. "Nachsitzen reicht denke ich für den Anfang. Alice für 2 Wochen und Stanley 4. Das sollte reichen", meinte der Direktor, woraufhin unsere Eltern einverstanden nickten. Bis auf Mr. Pines. Der Kerl verzog tatsächlich keine Miene. Ich konnte nicht erkennen, ob er erleichtert war, wütend oder gar glücklich. Die ganze Zeit waren die Mundwinkel leicht nach unten gezogen, während die Augen von einer Sonnenbrille verdeckt wurden. Was sollte denn das? Da fiel mir noch etwas ein. "Was ist denn mit dem Theaterstück? Wir haben jeden Mittwoch und Samstag Probe. Fällt dann das Nachsitzen aus?", fragte ich neugierig, woraufhin der Direktor nickte und ich erleichtert aus atmete. Ein Glück. Ich wollte das sicher nicht verpassen. "Fällt es für mich dann auch aus? Ich werde nämlich auch noch vorsprechen!", fragte Stan auf einmal zu meiner großen Überraschung. Irritiert starrte ich ihn an. Ich konnte meinen Blick nicht mehr abwenden. Was hatte er vor? Blinzelnd und Ungläubig betrachtete ich ihn von oben bis unten. Ausgerechnet Stanley wollte vorsprechen? Für welche Rolle? Etwa Romeo? War das sein Plan, damit ich Joshua nicht küssen müsste? Doch dann würde ich Stan küssen.... Mein erster Kuss. Ich würde ihn an S-Stan verlieren. Meine Wangen begannen zu glühen, als ich darüber nachdachte. Das war doch unmöglich sein Ernst. Doch dieser Blick. So entschlossen. Er schien es tatsächlich ernst zu meinen. Tat er das wirklich für mich? Ich konnte es kaum glauben. Er war tatsächlich ein Held. MEIN Held. Nachdem alles geklärt war und unsere Eltern sich verabschiedet hatten, begab ich mich mit den Jungs zum Vorsprechen, wo wir bereits von Joshua erwartet wurden, welcher uns frech anfunkelte, bevor er sich auf die Bühne begab, um vortragen zu können. Währenddessen bekamen Stan und Ford den Zettel mit dem Text drauf in die HAND gedrückt, auf welchem als Anmerkung vermerkt war, dass man auch etwas eigenes vortragen könnte. Solange es etwas mit dem Stück zu tun hatte. Und genau dies schien Joshua zu machen. Wir wollten uns gerade darüber lustig machen, dass solch ein Rüpel es sicher nicht schaffen würde, genauso wenig wie Stan, da er nicht einmal wusste wer Shakespeare überhaupt war, da begann Joshua zu sprechen und ich konnte nicht anders, als ihn mit weit aufgerissenen Mund anzustarren. WIE WAR DAS MÖGLICH?! "Wenn ich den schmeichelnden Eingebungen des Schlafs trauen dürfte, so würden mir meine Träume angenehme Neuigkeiten vorbedeuten. Ein ungewöhnlicher Geist der Frölichkeit erfüllt meinen Busen, und hebt mich mit angenehmen Gedanken über den Boden empor: Ich träumte, meine Geliebte käme und fände mich todt - - (Was für ein seltsames Ding ein Traum ist, daß er todten Leuten doch noch die Erlaubniß giebt zu denken!) - - und hauchte durch ihre Küsse ein solches Leben in meine Lippen, daß ich wieder von den Todten auferstand und ein Kayser wurde. O Himmel! wie süß ist der würkliche Genuß der Liebe, da ihre Schatten schon so reich an Wonne sind!" Das... War... unglaublich. Es hatte mir den Atem geraubt. Wie viel Gefühl er in diese kurze Stelle gesetzt hatte. Die Bewegungen, die er mit unter brachte in seine Aufführung. Kleine, schnelle Bewegungen. Mit den Händen. Mit den Füßen. Seine Lippen schienen sich sacht zu bewegen, doch erklang seine Stimme stark und hell und zugleich so weich, als ob er tatsächlich von seiner Liebsten geträumt hätte. Von ihrer Schönheit. Ihrem Kuss. Ich beneidete ihn für dieses Talent. Doch woher kam diese Begabung? Er war der perfekte Romeo. Wie könnte ich da mithalten? Moment! Wollte ich überhaupt mithalten? Ich konnte ihn nicht ausstehen. Zumindest vor seinem Auftritt. Doch jetzt. Er wirkte auf einmal wie eine andere Person. Ausgetauscht. Sein Rüpel Dasein aufgegeben und das Theater Leben angenommen. Er war Romeo geworden. Ein Charmeur. Schmeichler. Wundervoll. "Alice? Hallo~ Bist du noch anwesend?", hörte ich Stanley neben mir fragen, während er seine Hand vor meinen Augen auf und ab bewegte. Doch war ich geistig nicht mehr auf diesem Planeten. Mein Gedanke spielte die verrücktesten Ideen und Fantasien ab, während Joshua auf uns zuging. Die Leiterin des Clubs und Theaterstücks war immer noch am Klatschen und lächelte dem Jungen hinterher. Er würde eindeutig Romeo werden und ich war verloren, doch seltsamerweise machte es mir nichts mehr aus. "Na, Kleines? Bist du etwa dabei dich in mich zu verlieben? Dann freu dich schon auf unseren Kuss. Den wirst du nie vergessen", meinte Joshua frech grinsend zu mir und war wieder das alte Arsch, welches ich so der verachtete. Beschützend stellten sich Stan und Ford vor mich, wobei Stanford leicht zitterte. Wahrscheinlich hatte er Angst, da wollte er mir trotzdem zur Seite stehen. Er war so niedlich und reinem Herzens. Man musste ihn einfach gerne haben. Wieso sahen die Anderen das nicht? "Wie niedlich. Seid ihr ihre Bodyguards oder was? Als ob ihr eine Chance hättet. Dich, du Freak, machen wir ständig fertig und dich haben wir vorhin fertig gemacht. Möchtest du noch eine Abreibung?", fragte Joshua ernst, während er zuerst auf Ford und danach auf Stan deutete. Unrecht hatte er nicht. Stanley hatte einiges einstecken müssen. Doch trotzdem gingen er und Ford nicht zur Seite. Stattdessen standen sie Felsenfest und Stan schob mich sogar noch ein Stück hinter sich, woraufhin ich errötet zur Seite schielte und sachte lächelte. "Hmpf. Von mir aus. Ihr werdet schon noch sehen, was euch blüht", meinte Joshua schließlich noch, bevor er schmaubend davon ging und uns stehen ließ. Erleichtert atmete ich aus. Hoffentlich war erst einmal Ruhe. Am nächsten Tag würde er mir wahrscheinlich genug auf die Nerven gehen. Mal wieder. Vor allem bei den Proben, würde er mich nicht mehr in Ruhe lassen. Doch gab ich nicht auf! Ich wollte die Julia spielen. Es würde schon alles gut gehen... "So dann bin ich wohl jetzt dran!", meinte Stan und riss mich aus meinen Gedanken. Skeptisch betrachtete ich ihn von oben bis unten. Ich war noch nicht überzeugt von seinem Plan. Wie wollte ausgerechnet ER der Romeo werden? "Hey! Guck nicht so. Vertrau mir, ok? Man muss nicht diesen Shaker-Typen-" "Shakespeare!", unterbrachen Ford und ich ihn ernst, doch winkte er sofort ab. "Jaja. Auf jedenfall muss man den nicht kennen, um gut spielen zu können. Also, seht zu und lernt", sagte er, bevor er seine Finger knacken ließ und die Bühne betrat. Doch plötzlich drehte er um und begab sich zu mir. Perplex starrte ich ihn an, bevor er mich charmant anlächelte und hinter sich her zog. Ich konnte nicht anders, als dem schnellen Schlag meines Herzens zu horchen. Erneut dieses Gefühl. Seine Hand hielt meine. Es ließ sie schwitzig werden und in meinem Bauch begann es zu Kribbeln. So ungewöhnlich und frustrierend. Ich konnte dieses Gefühl nicht zuordnen. Ätzend! "O, sie glänzt mehr als alle diese Fakeln zusammen genommen; ihre Schönheit hängt an der Stirne der Nacht, wie ein reiches Kleinod an eines Mohren Ohr: Und welch eine Schönheit! Sie ist zu reich zum Gebrauch, und zu kostbar für diese Erde. So glänzt die schneeweisse Daube aus einem Schwarm von Krähen, wie dieses Fräulein unter ihren Gespielen glänzt. Wenn der Tanz vorbey ist, will ich mir den Plaz merken, wo sie steht, und ihr meine Hand geben. Welch eine Glükseligkeit ihre Hand zu berühren! - - Nein, ich habe noch nie geliebt - - Schwör es, mein Auge; vor dieser glüklichen Nacht wußtest du nicht, was Schönheit ist." Als Stanley zu sprechen begann, verschlug es mir die Sprache. Er war nicht so gut wie Joshua, doch begann mein Herz höher und schneller zu schlagen, als es dieser Rüpel hätte schaffen können. Romeo spiegelte er wieder, allerdings zog Stan mich in seinen Bann. Voll und ganz gespannt, auf das was noch kommen würde. Den Blick nicht abwenden könnend, betrachtete ich ihn, als sei es das erste Mal. Ich schluckte. Als er mich berührte, glaubte ich Funken springen zu sehen zwischen unserer Fingern. Es war seltsam. Er war nicht perfekt. Doch trug er es vor, als hätte er Wochen geübt. Ausgerechnet er. War das noch mein bester Freund Stan? Wir schaffte er es mich so zu verzaubern? War das... Liebe? Ach nein. Er war mein Freund und mehr nicht. Eine Art Bruder. Schließlich kannten wir uns erst seit ein paar Wochen. Liebe wäre voreilig und vollkommen unlogisch. Oder nicht? Nicht wissend, was ich machen sollte, blickte ich Stan an, als ob er der letzte Mensch auf Erden war - neben mir - und hoffte, dass er das schnelle Schlagen meines Herzens nicht hören würde. Dabei stand er mir so nahe. Es war unmöglich dieses laute Hämmern zu überhören. Oder kam es nur mir so laut vor, da mein Herz offensichtlich in meinen Hals gerutscht war, so wie dieser pulsierte. Schluckend versuchte ich mich zu beruhigen und das kochende Blut in meinen Wangen zum erlischen zu bewegen. Doch nichts funktionierte. Erst als die Leiterin sich zu Wort meldete, wurde ich aus meinem Bann gezogen und wandte den Blick zu ihr. Sie war halbwegs begeistert und offensichtlich genauso positiv überrascht wie ich. "Nicht schlecht. Ein paar Wörter solltest du noch einmal üben auszusprechen, doch ansonsten war es gut. Ich hänge morgen einen Zettel für den Romeo aus, genauso die anderen Rollen, die noch frei waren. Bis dahin musst du dich gedulden", meinte sie ruhig aber etwas ernst, bevor sie Stan und mich von der Bühne scheuchte, sodass sich Ford nun auf diese begeben konnte. Stan zeigte seinem Bruder einen Daumen nach oben, bevor er sich neben die Treppe mit mir zusammen gesellte und zu seinem Zwilling blickte, welchem er beide Daumen drückte. Na ob das helfen würde? Stanford war ein lieber und sehr begabter Junge, der sich für Shakespeare ansatzweise interessierte, doch war er leider genauso schüchtern. Alleine würde er es auf der Bühne doch nie überstehen. Es kam wie es kommen musste und Stanley äußerte das offensichtliche. "Lampenfieber... Ich hatte ihm gesagt, er solle es lassen, wenn er zu nervös ist." Ich konnte da nicht zusehen. Der Arme stotterte vor sich hin. Somit begab ich mich auf die Bühne und nahm Fords Hände in meine, woraufhin er diese erschrocken zurück zog. Anscheinend war er es nicht gewohnt, dass jemand freiwillig seine ungewöhnlichen Hände berührte. Dabei hatte ich ihm bereits gesagt wie sehr ich sie mochte. Doch trotzdem schien es ungewohnt zu sein und so reichte ich ihm erneut meine Hände und wartete darauf, dass er seine hinein legen würde. Lächelnd sah ich zu ihm. Sanft und mitfühlend. Er registrierte dadurch, dass ich ihm lediglich helfen wollte, weshalb er nun einwilligte unsere Hände zu verbinden. "Und jetzt konzentrier dich einfach auf mich, ok? Niemand ist hier. Nur wir Beide. Ich bin Julia und du Romeo. Ok?", flüsterte ich ihm lächelnd zu, woraufhin sich seine Wangen rosa färbten und er sachte nickte. Kurz darauf schluckte er. Ich konnte spüren wie nervös er war. Seine Hände vibrierten. Doch schloss er kurz seine Augen und öffnete diese erneut. Er sah mir in die Augen und ich in seine. Danach begann er zu sprechen. Manchmal stotterte er immer noch und man konnte die Nervosität deutlich hinaus hören, doch konnte man das ignorieren, denn ansonsten machte er das wirklich gut. Anscheinend hatte mein Tipp geholfen. Hoffentlich würde er oder Stan Romeo werden. Wobei ich mir Stanley mehr als Romeo wünschte. Seltsam... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)