Bin ich wertlos in deinen Augen ...? von North-Blue ================================================================================ Kapitel 38: ------------ Ich bekam nur am Rande mit, wie Bepo die Tür öffnete. Das alles schien in Zeitlupe abzulaufen. Ich nahm meine Umgebung bloß verschwommen wahr. Erst, als Bepo mehrmals meinen Namen rief, erkannte ich, dass er das Büro meines Vaters bereits betreten hatte, während ich nach wie vor an Ort und Stelle auf dem Flur verweilte. Bepo begab sich zurück auf den Gang und sah mich fragend und mit schief gelegtem Kopf an. "Kommst du? Der Captain wartet." Seine im gedämpften Tonfall gesprochenen Worte erreichten mich zwar akustisch, aber sie brachten mich keineswegs dazu, mich auch nur einen Millimeter näher in Richtung von Laws Büro zu bewegen. Urplötzlich ergriff mich Panik. Langsam und Bepo nicht aus den Augen lassend, trat ich ein paar wacklige und unsichere Schritte zurück. Dann drehte ich mich mit einem Male um und versuchte, so schnell es mir möglich war, den größtmöglichen Abstand zwischen mir und ihm herzustellen. Es war offensichtlich, dass Bepo mit einer solchen Fluchtreaktion meinerseits nicht gerechnet hatte, denn die ersten Sekunden lang war von seiner Seite her nichts zu hören. Scheinbar war er sprachlos vor Verblüffung. Dann, als er endlich verstand, was ich da grade tat, hechtete er mir hinterher. Natürlich hatte er mich nach kürzester Zeit eingeholt- ich bewegte mich nur mit langsamen, schwankenden Schritten fort und war dementsprechend nicht weit gekommen. Meine Beine zitterten bereits wegen der für sie ungewohnten Belastung. Trotzdem dachte ich nicht einmal daran, stehen zu bleiben. "Warte, wo gehst du hin?" Bepo schien echt nicht verstehen zu können, dass ich nicht mit meinem Vater reden wollte. Er überbrückte die letzten Meter, die uns noch trennten, und stoppte meinen Abhauversuch schlussendlich, indem er mich mit seiner Tatze festhielt. "Mina, komm jetzt besser mit, ehe der Captain noch wütender wird", flüsterte er mir zu, ehe er mich am Arm festhaltend zurück in die Richtung zog, in der Law sich befand. Ich ging widerstandslos mit. Ich wusste selber, dass ich dem Gespräch mit meinem Vater nicht mehr länger aus dem Weg gehen konnte. Es war einfach eine Kurzschlussreaktion meinerseits gewesen. Und zwar keine besonders intelligente, wenn man bedachte, dass ich weder in der Lage war, weit zu laufen, noch von diesem U-Boot entkommen, da wir uns nach wie vor unter Wasser befanden. Erneut vor Laws Büro angekommen, ließ Bepo mich dieses Mal nicht aus den Augen. Die Tür stand immer noch offen. Mit leichtem Nachdruck wurde ich von ebendiesem in den Raum geschoben, wobei ich den Blick starr gen Boden gerichtet hielt. "Hab sie hergebracht, Captain." "Du kannst gehen." Jetzt wusste ich, was Bepo damit gemeint hatte, als er sagte, dass Law schlecht gelaunt sei. Und das war noch untertrieben, die Stimmung meines Vaters war unterirdisch schlecht. Um das zu merken, brauchte ich ihn nicht einmal ansehen- der eine Satz von ihm hatte mir zur Einschätzung gereicht. Seine Stimme hatte eine Kälte und Härte, die selbst für ihn rekordverdächtig war. Als ich, nachdem Bepo den Raum verlassen hatte, das Schließen der Tür vernahm, ging ich davon aus, dass Law das Wort ergreifen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Eine unangenehme, spannungsgeladene Stille verbreitete sich und zwang mich dazu, meinen Kopf nun doch ein wenig anzuheben, um einen Blick in Richtung meines Vaters zu wagen. Dieser hingegen beachtete mich nicht, sondern las an seinem Schreibtisch konzentriert in einem Buch. Ich kam mir vor wie bestellt und nicht abgeholt. Normalerweise wäre mir das nur recht gewesen, dass ich ignoriert wurde, aber ich spürte, dass meine Beine mit dem Tragen meines Gewichtes langsam an ihr Limit stießen und ich nicht mehr lange stehen bleiben würde können. Aber ich würde mich jetzt nicht von mir aus bemerkbar machen. Ich war mir sicher, dass Law sich dessen bewusst war und mich deshalb extra stehen ließ. Eine gefühlte Ewigkeit später erst klappte mein heißgeliebter Vater sein Buch zu und wies mich mit einer Handbewegung an, Platz zu nehmen. Auch wenn ich nichts lieber getan hätte als das, war es dieses Mal mein Stolz, der es mir verbot, Befehle oder Anweisungen von meinem Vater anzunehmen. Mein Vater versuchte zwar, sich diesbezüglich nichts anmerken zu lassen, aber ich sah deutlich, dass ihn mein Verhalten jetzt schon reizte. "Ich denke mal, du weißt, weshalb du hier bist." Seine Stimme war unterkühlt. Doch ich gab ihm keine Antwort, sondern blickte nur stumm auf die sich hinter ihm befindende Wand. Mir war bewusst, dass ich hier grade sprichwörtlich noch mehr Öl ins Feuer goss, aber genauso wusste ich, dass es jetzt kaum einen Unterschied mehr machte. "Nein? Soll ich deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen?", fragte er mich in einem Tonfall, der nichts Gutes verhieß. Okay, wenn man ihn so schnell auf die Palme bringen konnte wie jetzt, schien er echt einen miesen Tag zu haben. Er sah ziemlich gereizt aus, und ich wusste, dass es lebensmüde war, sich ihm in einem solchen Fall noch zu widersetzen. Man konnte sagen, dass es wie ein Spiel mit dem Feuer war, wenn man nicht aufpasste, verbrannte man sich. Wobei es bei Law wahrscheinlich zu Schlimmerem kommen würde, als nur einer Verbrennung. "Wo soll ich nur anfangen? Erst betäubst du Bepo, verschwindest dann des Nachts aus dem Krankenzimmer und wir müssen die halbe Insel nach dir absuchen, nur um dann zu erfahren, dass die Marine dich geschnappt hat. Als wir uns ebenfalls in die Marinebasis begeben, hältst du mir vor, dass du mich hasst und erstichst dich beinahe mit deinem eigenen Katana. Später spuckst du mir vor versammelter Mannschaft ins Gesicht, und, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, verschweigst du mir willentlich Informationen über einen Marinespion, wodurch du die gesamte Crew in ernsthafte Gefahr gebracht hast." Laws Stimme war zum Ende hin immer kälter und aufgebrachter geworden. Ich hob meinen Kopf und sah meinen Vater stumm an. Der Blick, mit dem mich dieser bedachte, war eisig. Da ich nun wirklich nicht länger stehen konnte, nahm ich nun tatsächlich auf dem Stuhl Platz, auf den Law vorhin verwiesen hatte. "Du wirst mir jetzt sofort sagen, was du mit diesen Aktionen bezweckt hast, Mina." Doch genau das würde ich nicht tun. Ich hatte mir selbst vorgenommen, nicht mehr über meine Gefühle, Gedanken, Erlebnisse oder sonstiges zu reden. Mit niemandem. Und schon gar nicht mit dem Verursacher all dieser Probleme. Eher würde ich würde all das mit ins Grab nehmen. "Versuch erst gar nicht, mich zu ignorieren." Auch wenn Laws Stimme ruhig und monoton blieb, wusste ich, dass mein Vater mein jetziges Verhalten überhaupt nicht ab konnte. Was ein Grund mehr dafür war, ihn weiterhin links liegen zu lassen. Soweit jedenfalls ging meine Planung. Ihn einfach nicht beachten, nicht auf seine Fragen und Provokationen einzugehen und vor allen Dingen, es schnell hinter mich zu bringen. Doch dieses Vorhaben hatte nicht lange Bestand. "Mina, das, was du getan hast, ist nichts anderes als Verrat, das ist dir doch wohl hoffentlich klar, oder? Und auch, was auf ein solches Verhalten folgt? Es war mitunter deine Fahrlässigkeit, wegen der jetzt einer deiner Nakama tot ist. Damit kann und werde ich dich nicht durchkommen las-" "Meine Fahrlässigkeit? Bin ich jetzt neuerdings für die Sicherheit der gesamten Crew verantwortlich? Du bist der hier der Captain, das ist deine Aufgabe! Wie kannst du es bitte jahrelang nicht merken, dass sich jemand von der Marine an Bord befindet? Ich war nicht derjenige, der Kōri getötet hat, und ich habe Saburo auch nicht gesagt, dass er es tun soll! Er war bereits tot, ehe ich überhaupt wusste, dass er Saburo im Weg war und somit auf seiner Abschussliste stand!" Schwer atmend, und vollkommen in Rage geredet, fiel mir erst auf, dass ich mein Schweigen gebrochen hatte, als ich sah, wie stark sich das Gesicht meines Vaters durch meine Worte verfinstert hatte. "Mina. Ich glaube, du bist die letzte, die wirklich allerletzte Person, von der ich mir Vorwürfe machen lassen muss, dass ich meine Crew in Gefahr gebracht habe." Ich kannte meinen Vater gut genug, um zu wissen, dass ich mit meiner Aussage einen wunden Punkt bei ihm getroffen hatte. "Außerdem hast du grade selbst zugegeben, dass du bereits wusstest, dass Saburo der Spion ist, bevor er Kōri tötete. Zu dem Zeitpunkt haben sowohl ich, als auch Penguin, dich mehrmals gefragt, ob du Informationen über den Spion besitzt, was du abgestritten hast. Dadurch hast du mir die Möglichkeit genommen, rechtzeitig Interventionsmaßnahmen gegen ihn einzuleiten, und demzufolge bist du, neben Saburo, mitverantwortlich für Kōris Tod." Er ließ eine Pause, schien darauf zu warten, dass ich ihm widersprach. Doch ich tat ihm diesen Gefallen nicht ein zweites Mal. "Ich verstehe absolut nicht, woher deine plötzliche Abneigung gegen die Crew kommt." Er sah mir fest in die Augen, schien in diesen eine Antwort zu suchen. "Sag mir endlich, was in dich gefahren ist, dass du gegen deine eigene Crew agierst! Ich weiß, dass es etwas mit dem Vorfall in der Marinebasis zu tun hat, also rück endlich mit der Sprache raus, oder es wird ernsthaf-" "Du bist nicht mein Captain, also hör auf, mir Befehle zu erteilen", unterbrach ich ihn mit tonloser Stimme. Mir war es, als ob wir für einen Moment die Rollen getauscht hatten. Nach außen hin wirkte mein Verhalten ganz gewiss bescheuert, aber ich würde mich nicht von meinem Vater herumkommandieren lassen. Das fasste Law, der es gewohnt war, dass seine Crew ihm ohne große Nachfragen gehorchte, natürlich nicht besonders positiv auf. "Hast du mir grade einen Befehl erteilt?" Seine Stimme war bedrohlich. Ich wusste, dass ich Grenzen überschritten hatte, die ich nicht hätte überschreiten dürfen. Aber ich bereute es trotzdem nicht. Law hingegen ignorierte meine Aussage, dass ich ihn nicht als Captain akzeptierte, einfach. "Mina, ich bin nicht nur dein Captain, ich bin zusätzlich dein Vater, und grade deshalb wirst du aufhören, so respektlos zu sein, besonders vor der Crew. Weißt du eigentlich, wie ich vor meiner Mannschaft dastehe, jetzt wo rausgekommen ist, dass die Tochter ihres Captains einen ihrer Nakama auf dem Gewissen hat? Glaubst du, sie können einem solchen Captain noch vertrauen?" Ich antwortete ihm nicht, ich war dazu nicht fähig. Ich war wegen Laws offensichtlichem Egozentrismus so wütend, wie schon lange nicht mehr. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie groß der Hass war, den ich verspürte. Zornestränen traten in meine Augen. Schwankend stand ich auf. Law tat es mir gleich und trat langsam und bedrohlich wirkend auf mich zu. Vollkommen von meiner Wut gelenkt, holte ich aus, um ihm eine zu klatschen. Doch meine Hand wurde abgefangen. Er hatte meine Attacke natürlich kommen sehen. Grob packte mein Vater meinen Arm und hielt mich fest. Ich wusste, dass ich meine Lage gerade noch weiter verschlechtert hatte, Laws Mine sprach da Bände. "Du kannst es wohl kaum erwarten, deine Strafe zu erhalten." Seine Stimme war schneidend und ohne jegliche Emotion. Es lief mir eiskalt den Rücken herunter, als ich ihm in die Augen sah. Solch eine Kälte und Distanz hatten sie auch ausgestrahlt, als er Saburo gestellt hatte. "Du wirst gewiss verstehen, dass ich dich nicht frei herumlaufen lassen werde, da ich nicht weiß, wem deine Loyalität gilt." Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Ich hatte eine böse Vorahnung darüber, was er meinte. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln oder den festen Griff um meinen Oberarm zu lockern, trat er auf den Gang und zog mich mit sich. Wie schon zuvor bei Bepo, hatte es keinen Sinn, Widerstand zu leisten. Nachdem wir schier endlos durch die Gänge gegangen waren, kamen wir dort an, wovon ich schon befürchtet hatte, dass er mich hinbringen würde. Die Zellen. Ob Saburo auch hier war? Ich konnte aus diesem Winkel nicht in alle Zellen reinblicken, demzufolge war es nicht zwingend ausgeschlossen. Unsanft wurde ich von meinem Vater in die sich am nächsten zur Tür befindenden Zelle befördert und eingesperrt. Es war genau dieselbe Zelle wie die, in die ich damals gesperrt worden war, als ich Bepo betäubt hatte. Nur diesmal war eine Decke vorhanden. "Du kannst dir bis morgen Abend überlegen, ob du mir nicht doch noch etwas zu sagen hast, ansonsten ist das hier für die nächste Zeit dein neues Zuhause", gab er zynisch von sich, ehe er mich alleine ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)