Bin ich wertlos in deinen Augen ...? von North-Blue ================================================================================ Kapitel 26: ------------ Eine ganze Weile stand er jetzt schon vor mir und sah mich unentwegt an. Irgendwie war sein Blick…traurig? Nachdem einige Minuten vergangen waren, in denen wir beide einfach in dieser Position verharrt hatten, setzte er sich auf den sich neben meinem Bett befindlichen Stuhl, den Blick weiterhin auf mich geheftet. Erneut biss sich Penguin auf seine Unterlippe, es war wohl eine schlechte Angewohnheit von ihm, wenn er in Gedanken war. Irgendetwas schien ihn sehr zu beschäftigen. „Mina?“ Beim Klang seiner Stimme wusste ich sofort, dass es um etwas Ernstes gehen musste, denn sie klang nicht nur angespannt, sondern es lag beinahe schon etwas Flehendes darin, als er das Wort an mich richtete. „Ich weiß, Kōri ist noch nicht sehr lange an Bord, und es mag verdächtig erscheinen, dass er direkt nach dem Giftangriff auf dich verschwunden ist, aber er ist mein Nakama und ich habe ihn in der kurzen Zeit, in der er jetzt hier ist, gut genug kennengelernt, um sagen zu können, dass er nichts damit zu tun haben kann! Ich bin mir sicher, dass ihm etwas zugestoßen sein muss…“ Er hob seinen Kopf und sah mir direkt in die Augen. „Mina, ich bitte dich, wenn du irgendetwas weißt, irgendetwas mitbekommen hast, wenn es auch nur eine Vermutung deinerseits ist, wer dahinterstecken könnte, bitte sag es mir. Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, aber was ist, wenn noch mehr Crewmitglieder angegriffen werden?“ Mit dieser Frage schien er an mein Gewissen und meine Vernunft appellieren zu wollen. Doch das schlug fehl. Für Penguin schien die Crew wie eine Gemeinschaft, ja vielleicht sogar wie eine Familie zu sein, ich wusste es nicht genau. Aber für mich war sie das nicht. Mir waren die Crewmitglieder egal, und ich wusste, dass ich es ihnen auch war. Sollte ich es nun verleugnen, dass ich etwas wusste, oder sollte ich meinem gegenübersitzenden Mannschaftsmitglied reinen Wein einschenken und ihm verdeutlichen, was ich von dieser Crew hielt, auf die Gefahr hin, dass das meine Situation verschlimmern würde? „Du weißt etwas darüber, oder?“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, das wusste ich. Als ich auf seine Aussage hin nickte, breitete sich auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. „Echt? Das ist ja großartig, Mina! Kannst du es aufschreiben, ich gehe in der Zeit den Captain holen, dann kann er direkt Maßnahmen ergreifen, um- ähm, stimmt irgendetwas nicht?“ Erst jetzt schien Penguin mein ernster, beinahe schon verbissener Gesichtsausdruck aufzufallen, der ihn allem Anschein nach irritierte. „Hey, hast du Angst davor, dass du Ärger bekommst, weil du dem Captain nicht eher mitgeteilt hast, dass du etwas über diese Sache weißt? Mach dir keine Sorgen, ich bin mir sicher, dass-“ Erneut unterbrach Penguin seinen Satz, da ich mit dem Kopf geschüttelt hatte. Einen Moment lang war ihm die Verwirrung über mein Verhalten anzusehen, ehe er zu verstehen schien, was ich ihm zu sagen beabsichtigte. Sein Lächeln, dass er ob der Hoffnung, mithilfe meiner Informationen diese Angriffsserie beenden zu können, getragen hatte, fror augenblicklich ein. „Du…Du willst nicht sagen, was du weißt?“, fragte er ungläubig. Es war deutlich herauszuhören, dass er von mir nun ein „Nein“ erwartete. Aber den Gefallen tat ich ihm nicht. Ich musste ihnen endlich zeigen, wie angehörig ich mich der Crew meines Vaters fühlte. Nämlich gar nicht. Nach all den Jahren, die ich schon an Bord der Death verbrachte, fühlte ich mich immer mehr wie eine Fremde. Penguin hingegen schien immer noch zu denken, dass ich mir einen Scherz erlaubte, und so reichte er mir den Notizblock mitsamt Stift, damit ich ihm alles aufschreiben konnte. Doch erneut schüttelte ich meinen Kopf. Verstand der nicht, dass ich ihm nichts erzählen würde? „Mina, was… was soll das heißen? Du kannst doch deine Crew nicht im Stich lassen, was, wenn nachher wieder jemand angegriffen wird? Wieso willst du nichts sagen?!“ Penguin hatte sich ganz schön in Rage geredet. Er war weiß wie eine Wand. Ich zuckte nur mit den Schultern, woraufhin er mich ansah, als sei ich ein Geist. „Aber wieso? Warum willst du uns nicht helfen? Setzt dich jemand unter Druck? Weißt du eigentlich, wie sich dein Vater bei der ganzen Sache fühlt? Erst wirst du fast umgebracht, dann verschwindet jemand und jetzt die Sache mit dem Blut…“ Die Erwähnung meines Vaters machte die Sache nicht besser. Was mein Vater bei der ganzen Sache fühlte? Gar nichts! Warum hätte er es schlimm finden sollen, wenn ich gestorben wäre? Machte er mir nicht schon seit Jahren deutlich, wie wertlos ich war? Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Konnte es sein, dass Penguin mich im Auftrag meines Vaters ausfragen sollte? „Ich weiß, dass der Captain manchmal etwas gefühlskalt rüberkommen kann, Mina. Aber ich bin mir sicher, dass er sich trotzdem um dich sorgt, immerhin bist du seine Toch- Ey, was machst du da?!“ Ich hatte mit dem Block nach ihm geworfen und ihn am Kopf getroffen. Ich wusste, dass das ein mehr als lächerlicher Angriff war und er nicht einmal einen Kratzer abbekommen hatte, aber in meiner derzeitigen Verfassung konnte ich nicht mehr bewerkstelligen. Es war einfach zu viel gewesen, was Penguin da gesagt hatte. Einen Dreck machte sich mein Vater Sorgen um mich. Und was meinte er mit „etwas gefühlskalt“? Dieses Schwein hatte meine Mutter auf dem Gewissen, und das würde ich ihm nie verzeihen. Aber scheinbar fiel Penguin, nein, seine ganze Crew, auf ihn herein. Langsam trat Penguin an mich heran, den Block hatte er wieder aufgehoben. „Ich weiß, du bist vielleicht etwas durcheinander im Moment wegen den ganzen Medikamenten, die du verabreicht bekommen hast. Aber bitte sag mir, was du weißt, sonst lieferst du uns alle, einschließlich dich, ans Messer.“ Erneut hielt er mir den Block hin, in der Erwartung, dass ich nun endlich vernünftig werden würde. Er behandelte mich wie ein kleines, bockiges Kind, dem man in Babysprache beizubringen versuchte, dass es etwas falsch gemacht hatte. Wieso verstand er mich nicht? Da stand ich einmal zu meiner Entscheidung, und dann schob er das darauf, dass ich wegen den Medikamenten nicht ganz klar im Kopf war. Als er begriff, dass ich nicht beabsichtigte, ihm auch nur ein einziges weiteres Sterbenswörtchen aufzuschreiben, legte er die Schreibutensilien auf den Schrank neben meinem Bett und drehte sich um. Dabei lag ein gequälter, ungläubiger Ausdruck in seinem Gesicht. „Habe ich dir irgendetwas getan, dass du wütend auf mich bist?“ Auf diese Frage hin zeigte ich keinerlei Reaktion. Ich war mir nicht sicher, ob ich selbst überhaupt die Antwort wusste. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens immer noch nur die Wand anstarrte, gab Penguin auf, mit Worten zu mir durchdringen zu wollen. „Weißt du, Mina, du hast dich sehr verändert. Ich wünschte, du wärst wieder wie früher. Wenigstens ein kleines bisschen.“ Nachdem er mehrere Schritte in Richtung der Tür getätigt hatte, ergriff er erneut das Wort. Im Gegensatz zu vorher klang seine Stimme jedoch ungewohnt hart und kalt, wie ich es bei ihm noch nie erlebt hatte. „Ich werde dem Captain Bericht erstatten gehen. Ich bin mir sicher, dass er dich dann aufsuchen wird. Wenn du auch nur ein kleines bisschen Verstand besitzt, teilst du ihm besser alles mit, was du weißt. Ansonsten…“ Er drehte sich noch einmal zu mir um und blickte mich an. Keine Spur mehr war in seinem Gesicht von der Freundlichkeit zu sehen, die normalerweise seinen Charakter ausmachte. „Sollte einem meiner Nakama etwas zustoßen, was durch dich hätte verhindert werden können, werde ich dir das niemals verzeihen.“ Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, trat er durch die Tür und ließ mich alleine zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)