Bin ich wertlos in deinen Augen ...? von North-Blue ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo ich mich befand. Und vor allem, dass ich wohl doch nicht tot war. Doch die Freude, die jeder andere beim Feststellen dieser Tatsachen wohl verspürt hätte, blieb bei mir aus. Ich bezweifelte stark, dass es eine positive Seite hatte, dass ich noch lebte. "Dann ist es noch nicht zu spät. Ihr beiden, beeilt euch und helft mir, sie hochzuheben." Deutlich drang Laws Stimme an mein Ohr und hinterließ ein unangenehmes Gefühl. Sie klang... so anders als sonst. Normalerweise war sein Tonfall ruhig und emotionslos, manchmal auch kalt. So gut wie nie gab er anderen durch seine Mimik, Gestik oder seine Artikulation Einblicke in seine Gedanken oder seine Gefühlswelt. Er war stets darum bemüht, nach außen hin ein Pokerface zu bewahren. Ich wusste, dass mein Vater es als Schwäche ansah, wenn man offen seine Gefühle zeigte und diese nicht unter Kontrolle halten konnte. Aber jetzt war deutlich die Wut aus seiner Stimme rauszuhören. Die Stimmen um mich herum waren jedoch auch schon das Einzige, was ich von meiner Umgebung wahrnahm. Meinen Körper spürte ich kaum und ich fühlte mich benommen, als stände ich unter starken Beruhigungsmitteln. Bewegen konnte ich mich nicht, und teilweise hatte ich sogar gar kein Gefühl in meinen Körperteilen. So fühlte ich weder meinen linken Arm noch meine Beine ab den Knien abwärts, auch ein Teil meines Rückens war empfindungslos. Mein restlicher Körper hingegen schmerzte höllisch. Das Atmen fiel mir von Sekunde zu Sekunde schwerer, irgendwas schien mir förmlich die Kehle zuzuschnüren. Ich hatte einen seltsamen Geschmack im Mund und mir war bitterkalt. Selbst das Denken bereitete mir große Schwierigkeiten, denn mein Kopf fühlte sich an, als ob ich mit 180 gegen die nächste Wand gelaufen wäre. Trotz meiner Kopfschmerzen versuchte ich zunächst, über das grade Erlebte nachzudenken. Doch das ich gab schon nach kurzer Zeit auf, als sich Übelkeit in mir ausbreitete. Ich beschloss, mich später damit auseinanderzusetzen und vorerst einfach nur still liegen zu bleiben. Der Entschluss, ruhig zu bleiben, war jedoch kurz darauf schon wieder hinfällig, denn als Law mich zusammen mit jemand anders hochhob und mich allem Anschein auf der Krankenliege niederlegte, wimmerte ich vor Schmerzen. Es tat einfach unerträglich weh. Gleichzeitig schämte ich mich dafür, wieder einmal vor Law so schwach zu sein. Ich wollte nicht, dass er mich behandelte. Aber ich war nicht in der Lage, dass zu kommunizieren. Meine Augen ließ ich geschlossen. Ich war viel zu erschöpft, als dass ich jetzt mit irgendwem in ein Gespräch verwickelt werden wollte. "Wir müssen ihre Vitalfunktionen überprüfen. Bepo, schließ sie an das EKG an. Und Shachi, miss ihre Sauerstoffsättigung." Ich verzog mein Gesicht. Ihre Stimmen klangen ungewöhnlich laut, mir war es, als würden sie mir ins Ohr brüllen. "Dem Geruch nach, den ihr Atem verströmt, ist sie eindeutig mit Kaliumzyanid vergiftet worden. Passt auf, dass ihr nicht damit in Berührung kommt, das Zeug ist nämlich hautresorptiv." "Captain? Ihre Sauerstoffsättigung liegt bei nur 79% und ihr Atem ist viel zu flach-" "Dann schließ sie an das Beatmungsgerät an, beobachte aber weiter ihre Sauerstoffsättigung." Ich spürte, wie mir die Beatmungsmaske aufgelegt wurde. Trotzdem fiel mir das Atmen noch schwerer als zuvor. "Ähm, Captain? Ihre Atmung nimmt weiter ab, anstatt sich zu bessern." "Das liegt am Kaliumcyanid, es verhindert die Sauerstoffaufnahme. Ich werde ihr jetzt ein Antidoton verabreichen müssen. Penguin, gib mir den Behälter dort mit der Aufschrift Hydroxycobalamin und bereite schon einmal eine Infusion vor. Bepo, hast du sie an das EKG angeschlossen?" Wie zur Bestätigung ertönte ein lautes und unregelmäßiges Piepsen. Nach einem kurzen Moment des Schweigens vernahm ich erneut Laws Stimme "Sie hat Herzrhythmusstörungen. Das ist untypisch für eine solche Vergiftung..." Im Gegensatz zu vorher konnte ich nicht mehr so deutlich die Wut aus seiner Stimme raushören, er schien sie einigermaßen in den Griff bekommen zu haben. Vielmehr klang seine Stimme nun konzentriert und bestimmt. Nur am Rande nahm ich den nun folgenden Stich wahr, als Law mir ein Medikament injizierte. "Bepo, miss ihren Blutdruck. Penguin, hilf mir sie an die Infusion anzuschließen, wir müssen ihren Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht halten." Diesmal spürte ich den Stich nicht, was bedeuten musste, dass sie mir den Zugang in den Arm gelegt haben mussten, welcher taub war. Kurz darauf spürte ich die Hand von jemandem auf meiner Stirn. "Ihre Körpertemperatur ist zu warm, Captain." Das war eindeutig Shachis Stimme. Langsam und mit großer Mühe öffnete ich meine Augen. Es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Viel sehen konnte ich nicht, da mein Kopf gerade auf dem Kissen lag, blickte ich an die Decke. "Captain? Sie ist wach." Unter großer Anstrengung schaffte ich es, meinen Kopf zur Seite zu drehen. Meine Sicht war verschwommen. Schwindel überkam mich. Ich sah, wie Law an mich herantrat und mich musterte. Dann leuchtete er mir mit einer kleinen Lampe ins Auge. "Ihre Pupillen sind stark geweitet. Ich habe da einen Verdacht. Shachi, bring eine Probe des Wassers in mein Arbeitszimmer und begib dich danach in die Kantine." Ich sah, wie Shachi sich Handschuhe anzog und anschließend mit einer Pipette einige Tropfen des Wassers aufzog. Eilig verließ er daraufhin den Raum. Mir fiel auf, dass Laws Stimme wieder den üblichen monotonen und neutralen Ton angenommen hatte. "Penguin, versammle den Rest der Crew in der Kantine und pass auf, dass keiner den Raum verlässt." Auch dieser verließ mit eiligem Tempo und ohne weitere Nachfragen zu stellen die Kabine. Dann wendete sich Law wieder mir zu. Auch er legte mir nun seine Hand auf meine Stirn. Seine Hand war um einiges rauer als die von Shachi. "Du hast tatsächlich Fieber.", stellte er daraufhin fest. Ich verstand nicht, was er meinte, denn mir war total kalt. Und ich wünschte mir, dass er seine Hand von meiner Stirn nähme, denn er kotzte mich an. Wäre ich nicht in diesem Zustand, würde er jetzt was zu hören bekommen. Ich beschränkte mich darauf, ihm einen bösen Blick zuzuwerfen. Doch Law ging nicht darauf ein. Er verhielt sich sowieso grade seltsam. Ich merkte ihm deutlich an, dass er im Moment gedanklich woanders war und ihn irgendwas beschäftigte. "Das sollte sich aber geben, wenn das Gegengift erst einmal richtig wirkt. Deine Atmung und dein Puls scheinen sich schon wieder zu normalisieren. Ich denke, dein Zustand ist einigermaßen stabil." Mit diesen Worten begab sich Law in Richtung der Tür. Ich wusste echt nicht, wieso Law dachte, dass sich mein Zustand gebessert haben sollte. Vielmehr fühlte ich mich immer benommener und schwächer. Auch das Taubheitsgefühl in Teilen meines Körpers bestand weiterhin. Etwas verbessert hatte sich meine Atmung tatsächlich, doch ohne die Atemmaske wäre ich wahrscheinlich trotzdem noch in Atemnot, da war ich mir sicher. "Bepo, du wirst hierbleiben und auf sie aufpassen. Ich habe ein paar wichtige Angelegenheiten zu regeln. Sollte es irgendwelche Auffälligkeiten geben, wirst du mich sofort holen kommen." Kurz darauf schon war er durch die Tür getreten und verschwunden. Somit blieb ich nun mit Bepo alleine zurück. Ich merkte sofort, dass diesem das alles andere als geheuer war, denn seine Körpersprache war da eindeutig. Kaum war Law die Tür hinaus, betrachtete mich Bepo mit unruhigem Blick und wich nervös ein paar Schritte zurück, bis er an die Wand stieß. Ich brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, was mit ihm los war. Er schien sich daran zu erinnern, was damals passiert war, als er mich hatte überwachen sollen. Ich hatte ihn ohne mit der Wimper zu zucken betäubt, um aus dem Raum zu entkommen. Man, was glaubte er eigentlich, was ich ihm antun würde? In meinem Zustand konnte ich ihm nicht einmal eine Beleidigung an den Kopf werfen, und dann sah der mich so an, als ob ich ihn jetzt gleich auffressen würde. Ich beschränkte mich darauf, Bepo einen bitterbösen Blick zuzuwerfen. Dieser reagierte darauf tatsächlich, indem er zurückschreckte und noch näher an die Tür heranging. Ich beachtete Bepo nicht weiter und schloss ich meine Augen. Law ließ meiner Meinung nach echt seltsame Leute an Bord. Müdigkeit breitete sich in mir aus und vernebelte meinen Verstand. Es dauerte nicht lange, und ich war eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)