Auch Prinzessinnen weinen nachts von Anwysitna ================================================================================ Kapitel 2: Rose --------------- Gerade als Mary und ich darüber diskutierten, ob Debussy oder Beethoven schönere Melodien geschrieben hatte - Ich war sowas von auf der Seite von Debussy - merkte ich, wie meine Hände unkontrolliert zu zittern begannen. Nicht jetzt! So finden meine Anfälle für gewöhnlich an, meine Kopfwehanfälle. Andere hatte Migräne den Tag lang, bei mir war es kurz und heftig, wie Blitze in meinem Schädel. Diese komischen Kopfwehanfälle hatte ich, seit ich 10 war.  Und ich wollte nicht, dass mich die Leute hier so sahen.  Schnell ließ ich die Hände sinken und knetete sie im Schoß, merkte, wie komisch fremd sie sich anfühlten. Mary sang immer noch eine Melodie, aber ich konnte nicht mehr zuhören, weil sich in meinen Ohren ein Pochen breitmachte.   Es war wie ein Strudel, so einer, der dich packt und nicht mehr loslässt und dich zu Boden schmeißt. Ehe ich mich versah, kippte ich vornüber und rutschte von der Couch auf den Boden. Das war noch nie passiert. Dann lag ich dort irgendwie verdreht…wie Gummi...und noch dazu mit mörderischen Kopfschmerzen, definitiv stärker als je zuvor. Verschwommene Gesichter, Anna, Mary, daneben der Typ von vorhin, nicht Jake …wie hieß der nochmal? Der, der von sich behauptet hatte, ein Vampir zu sein. Ich konnte nicht mehr nachdenken, die Kopfschmerzen ließen es nicht zu. Irgendwann merkte ich, dass sich mein Körper auf die Seite drehte und zu würgen anfing. Meine Lunge brannte ...nein, eher fraßen sich ein paar eklige schleimige Würmchen durch meine Lunge, raubten mir den Atem. Dann sah ich mich erbrechen, aber ich fühlte es nicht. Ich stand echt neben mir selbst, könnte man sagen. Nicht nur im übertragenen Sinn, sondern wirklich. Es war, als würde ich zuschauen, wie in einem Kinofilm. Zoom auf die am Fußboden liegende erbrechende Rose. Ich fiel aus dem Film zurück in meinen Körper, sah den Vampirtyp und Anna über mir, der irgendwelche komischen Handbewegungen machte. Verzweifelt schloss ich die Augen. Dann konnte ich endlich wieder ihre Stimmen vernehmen. "Sie hat das öfter, aber nicht so. Weißt du, was mit ihr los ist?" Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, vielleicht war es Anna, wenn sie direkt bei mir war. "Noch nicht, bis auf einen erhöhten Puls sehe ich nichts." Das war eindeutig der Vampirtyp. Spielte er gerade etwa Doktor? Ein Wahnsinniger, der Doktor spielte…wusste nicht, was er tat…oder ob er mich gerade sterben ließ. "Mach jetzt keinen auf Vampir und bring mich zu einem echten Doktor", wollte ich sagen, stattdessen kam aber nur ein leises Röcheln aus meinem Mund. Scheiße, starb ich gerade?! Oder hatten Annas Freunde mir eiskalt Drogen serviert? War ich auf einem Trip und bildete mir gerade ein, zu sterben? Verdammte Scheiße! Ich lasse mich nie wieder auf so einen Blödsinn ein.   Eine Schmerzwelle ließ mich zusammenzucken. Anscheinend vereinte ich mich wieder ganz mit meinem Körper…und es war pure Folter. Am liebsten würde ich zurückgehen und nichts spüren und mich mit dem Trip außerhalb meines Körpers zufriedengeben. Ich wollte schreien, wollte all meine Schmerzen losschreien, wollte meinen Kopf auf den Boden hauen, um bewusstlos zu werden...musste aber mit Tränen in den Augen eine Schmerzwelle nach der anderen über mich ergehen lassen. Wieder zog sich mein Magen zusammen und ich erbrach…diesmal erlebte ich es bewusst.   Irgendwie musste ich ohnmächtig gewesen sein…wie eine Zeitreise kommt es mir vor. Ich lag weich, auch wenn ich nicht wusste, wo ich war...den Raum hatte ich noch nie gesehen. Er musste noch in diesem Haus sein, schließlich konnte man mich ja nicht einfach so leicht herumtragen. Die Schmerzen waren großteils verschwunden, aber ein komisches krankes Gefühl hatte ich dennoch. Und hungrig war ich auch…wahrscheinlich musste ich nach der ganzen Kotzerei dringend etwas essen...einen Cheeseburger von McDonalds, oder vielleicht doch lieber eine Nudelbox, oder einfach nur eine trockene Semmel. Und Wasser. Meine Kehle fühlte sich richtig komisch an, wie nach einer langen Nacht mit zu viel Wein und Schnaps. Noch hatte ich mich kein Stück bewegt, nur die Augen geöffnet. Neben der Tür saß Anna auf einem Hocker - anscheinend hat sie die ganze Zeit auf mein Aufwachen gewartet - und neben ihr steht dieser Vampirtyp. Der, den ich so anziehend gefunden hatte, wobei, jetzt nicht mehr. Warum ich ihn so attraktiv gefunden hatte, konnte ich mir nicht mehr erklären.  Paul. Endlich fiel mir sein Name wieder ein. Kurz flüstert er Anna etwas ins Ohr, dann drehte es sich zu mir um und starrte mich direkt an, ohne etwas zu sagen.   "Was ist passiert?" Meine Stimme klang so geschmeidig wie ein Reibeisen. "Das würde ich auch gerne wissen. Ich habe bis jetzt keine Erklärung gefunden." Paul kratzte sich verlegen im Nacken. Das war keiner meiner gewöhnlichen Kopfwehanfälle gewesen… Ich wusste es, da war irgendein Blödsinn in meinem Getränk und er hatte mir das reingemischt und das hatte meinen Anfall getriggert, aber heftiger. "Auf welchen Trip hast du mich geschickt? Sags doch einfach, jetzt ist es doch eh schon egal", gab ich böse zurück. Paul sah mich daraufhin verwirrt an. "Ich habe nichts gemacht", verteidigte er sich, ich ließ ihm aber nicht die Zeit zum Reden. "Ach ja, und was war das dann mit dem komischen 'Blut des Alten'-Getränk, du hast mir nicht gesagt, was da drinnen ist." Jetzt war ich voll in Fahrt. "Das ist keine Droge, ich habe zu der Mischung auch nichts dazugegeben, das bewirkt gar nix, hast du doch nach dem Trinken gemerkt, dass nix passiert ist. Anna kann dir auch versichern, dass ihr das nicht passiert ist." Verärgert blickte er zurück, rechtfertigte sich aber immer noch. Dann hielt er inne. "Spürst du etwas, dass im Vergleich zu vor dem Anfall anders ist?" Sein Tonfall hatte sich verändert…so richtig zögerlich und überhaupt nicht zu Paul passend. "Sollte mit mir irgendetwas passiert sein?", fragte ich vorwurfsvoll. Ich wollte mich aufsetzen, aber mir fehlte die Kraft dazu. Das war doch nicht normal, das hatte ich nie nach meinen Anfällen. "Sag mir einfach, was für Drogen in dem blöden Getränk sind." Stöhnend ließ ich mich ins Bett zurückfallen. "Da sind keine Drogen drinnen." Paul war nun wirklich verärgert. "Wie oft soll ich es dir noch sagen, dass da keine Drogen drinnen sind. Ich weiß selbst nicht, was genau drinnen ist, aber bisher haben das alle ohne Nebenwirkungen getrunken, egal welche Krankheiten sie hatten." Sogar die Bewegung, mit der Paul sich auf den Stuhl neben meinem Bett fallen ließ, war die Wut in Person. Ich schwieg. Mit ihm waren Diskussionen sinnlos. Sollte er sich eine falsche Realität vorspielen, ich tat es aber nicht. Und ich wollte zurück nach Hause, dorthin wo es sicher ist. Bloß weg von diesem Idioten. Ich wollte Anna nicht verletzen, war einfach so sauer und wütend und fertig. Paul musste Anna ähnliche Lügen auftischen, die sie nicht durchschaute, aber dagegen konnte ich gerade nichts machen. Ich brauchte Ruhe. "Es tut mir leid, dass das mit dem Orden und mir nicht geklappt hat, aber ich will nach Hause", wisperte ich Anna zu. Ich wollte Paul nicht anfauchen, ich wollte auch kein Theater machen, aber mir war das alles zu viel. Ich wollte nicht hier sein, schon gar nicht, wenn es mir schlecht ging. Irgendwie würde ich das schon schaffen...es waren nur drei Bahnstationen bis zu Annas Studierendenwohnung, das konnte ich hinbekommen. Bis zu mir war es länger, aber das konnte ich auch hinbekommen, falls sie deswegen sauer auf mich war.   Anna musste aber gemerkt haben, dass es mir echt nicht gut ging, sie und Paul haben noch kurz geredet, Paul hatte sich mit besorgtem Gesicht bei mir entschuldigt und wir zwei machten uns zu Annas Wohnung auf. Mein Körper gehorchte mir wieder halbwegs und ich konnte aufstehen…und in der Bim waren nur wenig Personen, im Stehen hätte ich die kurze Fahrt wahrscheinlich nicht ausgehalten. Anna sperrte auf, ich wusste noch, wie ich mich zum Sofa im Wohnzimmer schleppte, dann musste ich eingeschlafen sein.   Als ich aufwachte, war es schon dunkel. Richtig still war es. Bewegungslos betrachtete ich das Zimmer vor mir. Annas Wohnzimmer. Fernseher, Tisch, Bücherschränke, ein am Boden liegendes Shirt. Die Schmerzen waren verschwunden. Es war viel zu ruhig für Annas Wohnung. Leise stand ich auf, ging zum Fenster, blickte hinunter auf die Straße, auf der wie immer dieselben lauten Autos fuhren, aber ich hörte sie nicht. Anscheinend funktionierte mein Gehör nicht. Wie bei dem Anfall. Schnell schloss ich wie vorhin die Augen, aber der Gehörsinn kam nicht zurück. Deprimiert schloss ich das Fenster, ging zurück zum Sofa, auf dem ich eingeschlafen war. Probleme hatte ich schon genug. Erbrechen und Übelkeit hatte ich oft, aber mein Gehör sollte jetzt nicht auch noch geschädigt sein. Neben mir saß Anna in ihrem alten Lehnstuhl, etwas ungemütlich verdreht, und schlief. Vielleicht hatte sie auf mich beim Schlafen aufpassen wollen, das machte sie, wenn ich krank war. Auf jeden Fall würde sie mit Muskelkater aufwachen, wenn sie so weiterschlief.   Ich hatte Fragen an sie, wenn sie wieder wach war, aber auch echt Hunger. Schnell noch in die Küche gehen und mich mit Essen stärken, dann würde ich Anna auf das Sofa legen. Ich schaltete das Licht in der Küche ein, dann aber sofort wieder ab, weil es mich blendete. Den Kühlschrank würde ich auch ohne Licht finden können. Ich stieg über eine spärlich beleuchtete Bananenschachtel am Boden, öffnete die Kühlschranktür und nahm einen Vanillepudding aus dem Regal. Für Vanillepudding könnte ich töten. Vanille ist einfach köstlich! Dann fixierten meine Augen den Wasserhahn und ich merkte, wie ausgedörrt meine Kehle war. Schnell drehte ich den Hahn auf und hielt meinen Mund in den Wasserstrahl. Kaltes Wasser rann in meinen Mund und über mein Gesicht. Erfrischung pur! Ich schluckte endlos scheinende Male hintereinander, auch wenn mein Rachen weiterhin nach Wasser schrie, hörte ich auf, zu trinken, da mein Bauch schon zu voll war. Zu voll. Mir wurde wieder schlecht. Das musste das fehlende Essen sein. Schnell packte ich den Pudding, löffelte ihn aus und nahm mir nicht die Zeit, um ihn zu genießen. Und kurz ging es mir besser. Aber längerfristig war es ein Fehler gewesen, diesen Pudding zu essen. Ich schaffte es gerade noch zur Toilette, dann krampfte sich mein Magen zusammen und ich übergab mich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)