neko von michischreibt ================================================================================ Kapitel 9: 9 ------------ Darius saß auf dem Teppichboden und beobachtete den Mann dabei, wir er das Bettzeug aufschüttelte, ohne die Decke und die Kissen jedoch neu zu beziehen. Was hatte der Mensch vor? Am vergangenen Abend hatte er das nicht gemacht. „Kätzchen, ich fürchte, du musst die Nächte ab jetzt auf dem Boden verbringen. Eine weitere Nacht auf dem Küchenstuhl, und ich kann mich morgen gar nicht mehr bewegen. Tut mir leid.“ Er packte eines der Kissen - das, auf dem Darius bislang gelegen hatte - und drapierte es vor dem Schrank. Das Milchschälchen stellte er daneben. Darius war verdutzt. Der Kerl hatte auf dem Küchenstuhl geschlafen? Etwa nur wegen ihm? Das wurde ja immer besser. Sollte er diesem Menschen jemals von Angesicht zu Angesicht begegnen, würde er bestimmt kein Wort herausbringen, wenn er dabei an die Umstände dachte, die er ihm gerade bereitete. Nachdem der Mann das Katzenbett offenbar zu seiner Zufriedenheit hergerichtet hatte, setzte er Darius behutsam darauf, dann legte er sich selbst schlafen. Darius starrte zu ihm hinüber. Er hatte sich nicht gewehrt, als er umgebettet worden war, nun aber kam er sich irgendwie ausgesetzt vor. Mit seinen Katzenaugen konnte er trotz der Dunkelheit die Details im Raum erkennen, als wäre es Tag. Insbesondere sah er die Gestalt im Bett, die sich unter der weichen Decke deutlich abzeichnete. Der Mann lag auf der Seite und hätte Darius direkt angeschaut, wenn er nicht sofort eingeschlafen wäre. Er musste wirklich müde gewesen sein. Zögernd legte sich auch Darius hin und bemühte sich wieder, eine Position zu finden, in der sein ungelenkes Bein genügend Platz hatte. Dabei ließ er das Bett auf der anderen Seite des Raumes nicht aus den Augen. Die Bettdecke hob und senkte sich ganz leicht mit den Atemzügen des Mannes. Was sein Retter wohl den Tag über arbeitete? Darius erinnerte sich an den kräftigen Oberkörper. Bestimmt war es etwas Physisches, etwas Anstrengendes. Etwas, das Darius selbst nicht fertigbringen würde. Er kam sich deswegen nicht schlecht vor, schließlich war er sich sicher, dass es auch Dinge gab, zu denen er, aber nicht sein Retter imstande war. Verwandlungen zum Beispiel. Auch wenn Darius sich so langsam wieder in seinen richtigen Körper zurück wünschte. Er wollte den Kopf auf seine Vorderpfoten legen, aber die Schiene drückte in dieser Haltung unangenehm in seine Hüfte. Wäre er in diesem Augenblick in seinem menschlichen Körper gewesen, hätte er ein genervtes Seufzen von sich gegeben. So blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als eine andere Position zu finden, was gar nicht so einfach war. Wenn er sich flach auf die Seite legte, drückte die Schiene zwar nicht mehr, sein Kopf kam allerdings tiefer als der Rest seines Körpers zum Liegen, weil er dann nahe am Rand des Kissens war. Das war doch frustrierend. So konnte er niemals einschlafen. Wenn er wenigstens wieder die warme Hand auf seinem Kopf hätte, die ihm die Ohren kraulte. Das hatte sich schön angefühlt. Ruckartig hob Darius den Kopf wieder an und mühte sich auf seine vier Pfoten, die drei gesunden und die lädierte. Anschließend humpelte er Richtung Bett. Ob er es hinbekommen würde, hinaufzuspringen? Vielleicht, wenn er sich auf sein gesundes Hinterbein verließ. Aber ohne sich allzu sehr weh zu tun und ohne das Bettzeug mit seinen Krallen zu ruinieren? Unwahrscheinlich. Aber so, auf dem Boden mit dem einzelnen Kissen, konnte er die Nacht nicht verbringen. Nein … So ganz stimmte das nicht. Vermutlich konnte er schon, aber er wollte nicht. In diesem Moment war er ganz und gar egoistisch. Er brachte sich in eine Position, in der er dachte, springen zu können, ohne sein verletztes Bein zu belasten, und drückte sich nach oben ab. Er streckte die vorderen Krallen weit von sich aus und bekam die Decke zu fassen. Jetzt hing er senkrecht in der Luft, langgestreckt wie ein nasses Stück Wäsche zum Trocknen an der Leine. Und nun? Darius zappelte mit den Hinterbeinen, weil er spürte, dass die Krallen seiner Vorderpfoten langsam aber sicher Löcher in den Stoff rissen. Er musste schnell machen. Wie ein Kletterer befreite er abwechselnd seine vorderen Pfoten aus dem Bettzeug und setzte sie jeweils ein Stück höher wieder an. Das funktionierte ganz gut und so gelangte er innerhalb weniger Sekunden über die Bettkante. Ein wenig war er außer Atem, wobei er sich nicht sicher war, ob da nicht sein menschliches Ich durchschlug. Eine Katze konnte eine solch kleine Kletterpartie bestimmt nicht dermaßen beanspruchen. Darius‘ Blick heftete sich nun auf den schlafenden Menschen. Viel sah er allerdings von seiner Position neben den Beinen des Mannes aus nicht. Er stakste auf leisen Pfoten am Oberschenkel entlang, quetschte sich unter dem Arm hindurch, den der Mann abgewinkelt vor seinem Oberkörper abgelegt hatte, und bemühte sich, vom oberen Ende aus unter die Decke zu kriechen. Er wollte einfach ein bisschen Wärme. Der Mann schlief wie ein Stein und blieb von Darius‘ Anstrengungen offenbar komplett ungestört. Bald schon schmiegte sich Darius an die sich von der Atmung sanft auf und ab bewegende Brust und schnurrte zufrieden. Sein eigenes Herz klopfte dabei schneller als gewöhnlich und ein sehr menschlicher Schauer rieselte sein Rückgrat entlang. So vergaß er sogar beinahe seine Verletzung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)