neko von michischreibt ================================================================================ Kapitel 8: 8 ------------ Eine Tür fiel ins Schloss, dann näherten sich Schritte und jemand betrat den Raum. „Ach du … Was ist denn hier passiert?“ Der Mann ließ seinen Blick erst einmal schnell durch das Zimmer schweifen, bevor er in der nächsten Sekunde neben Darius am Boden kniete. „Was hast du denn angestellt? Dein Verband ist …“ Der Mann klaubte die zerfetzten Stoffbahnen und das Holzstückchen, das als Schiene gedient hatte, vom Teppich auf. Seine freie Hand hatte er dabei vorsichtig auf das weiche, zitternde Fellbündel gelegt, als das Darius auf dem Boden kauerte. Darius hatte es irgendwie geschafft, wieder in Katzengestalt zurückzukehren, nachdem seine Rückverwandlung schmerzhaft schief gegangen war. Seiner Verletzung hatte der Versuch eindeutig geschadet, denn er lag seitdem unkontrollierbar zitternd auf dem Teppich und der quälende Schmerz hatte seine Gedanken dumpf gemacht. „Dummes Kätzchen. Komm erst mal mit.“ Darius wurde behutsam aufgehoben und in die Küche getragen. Das war das zweite Mal, dass er diesen Raum sah, doch auch jetzt konnte er sich nicht richtig umschauen. Er wollte einfach nur, dass es aufhörte. Der Mann breitete ein Handtuch auf dem kleinen Küchentisch aus und platzierte Darius darauf. Er zog sich einen Hocker heran, setzte sich daneben und begann, Darius‘ Bein zu untersuchen. Er fuhr über das Fell, hinauf, hinab, drückte ab und zu leicht an bestimmten Stellen sanft mit den Fingerspitzen. Darius spürte die Bewegungen, die ab und zu kleine Blitze durch seinen Körper sandten, aber er versuchte, still zu halten, versuchte auch, das Zittern zu unterdrücken. Er glaubte daran, dass der Mann ihm helfen konnte. „Ah, hier …“, murmelte der Mann auf einmal in die Stille hinein. Er stand auf, ging an einen der Küchenschränke und suchte etwas darin. Mit Stoffbahnen und zwei Holzschienen kehrte er zurück. Dann drückte er mit einem Unterarm Darius fest auf die Tischplatte, packte mit beiden Händen das verletzte Bein und schob mit einem Ruck etwas in dem Bein zurecht. Darius schrie auf, zuckte und strampelte, doch der Ellbogen hielt ihn an Ort und Stelle. Geschwind legte der Mann die neuen Schienen an und umwickelte sie mit den Verbänden. „Geschafft.“ Er nahm den Druck von Darius und blickte zufrieden auf sein Werk. „Es sollte so wieder anwachsen … hoffe ich.“ Er begegnete Darius‘ Blick. „Was machst du nur für Sachen? Eigentlich hatte ich dir etwas Leckeres mitgebracht, jetzt bin ich mir aber nicht sicher, ob du überhaupt Appetit darauf hast. Es dürfte wieder ziemlich wehtun.“ Der Mann fuhr kurz über Darius‘ Kopf, dann ging er hinaus in den Garten. Darius atmete schwer, doch das Zittern hatte aufgehört. Die Verletzung spürte er jetzt als dumpfes Pochen überall im Körper. Es stach und brannte jedoch nicht mehr so sehr, wie noch vor ein paar Minuten. Er war froh, dass sein Retter zurückgekehrt war und ihn erneut beschützt hatte. Darius drehte den Kopf, als der Mann aus dem Garten zurückkehrte, ein paar grüne Blätter zwischen den Finger drehend. Wie am vorigen Tag wurden die Blätter zu einer kleinen Kugel gepresst, die Darius hinunterschluckte. Er fragte sich dabei, ob sein Retter vielleicht auch etwas von Magie verstand. Der Retter ließ ihn erst mal wieder allein und verschwand im Zimmer nebenan. Darius blieb still liegen und wartete, nein, hoffte darauf, dass die Wirkung der Medizin einsetzte. Jedenfalls hatte er jetzt eine neue Erkenntnis, dachte er bitter. Frische Knochenverletzungen verschwanden durch eine Verwandlung nicht. Wie lange würde er wohl noch hierbleiben, bis er wieder einigermaßen gerichtet sein würde? „Von der Milch hast du gar nichts angerührt. Du musst etwas essen, kleiner Kerl.“ Der Mann kam zurück. Er hatte sich umgezogen, trug nun wieder die leichte Stoffhose vom Morgen. Das Schlupfhemd legte er neben Darius auf dem Tisch ab und trug das Milchschälchen zur Anrichte neben dem Herd. Darius begutachtete erneut den nackten Oberkörper des Fremden, dachte an seine schmächtige Gestalt, in die er momentan nicht zurückkehren konnte. Wäre er in menschlicher Gestalt diesem Mann begegnet, hätte dieser ihn womöglich nicht einmal wahrgenommen. Der Mann machte Feuer unter dem Herd, suchte einen Topf und eine Pfanne und machte sich daran, eine Handvoll Kartoffeln zu schälen und in Scheiben zu schneiden. Außerdem holte er etwas, dessen Geruch Darius nur allzu bekannt vorkam, aus einem Beutel, einen frischen Fisch. Darius beobachtete den Mann, wie er so herumwerkelte mit den Zutaten, Topf und Pfanne, Wasser aus einem großen Bottich in eine kleinere Schüssel umfüllte, um es zum Kochen zu verwenden, wie er Holz für das Ofenfeuer nachlegte. Der Mann blieb dabei ruhig und gelassen. Darius erkannte, dass der Mann nichts Besonderes für das Gericht machte; er verwendete das, was man im Dorf bekam und bereitete es so zu, wie es jeder im Dorf tun würde. Trotzdem ließ der Duft Darius sich gleich etwas wohler fühlen und er spürte, wie das Leben in ihn zurückkehrte. Die Verletzung, besonders die damit verbundenen Schmerzen, traten in den Hintergrund und er konnte sich selbst etwas entspannen. Irgendwann war der Mann dann fertig und richtete direkt neben Darius auf dem Tisch an. Er schien keine Angst zu haben, dass sich Darius im nächsten Moment auf den voll beladenen Teller stürzen würde, gebratener Fisch mit Kartoffeln. Für Darius stellte er ebenfalls etwas auf den Tisch. Die Milch, die er angewärmt hatte, und einen Teller mit dem Kopf des Fisches drauf, dessen Augen Darius direkt anzuglotzen schienen, was ihm einen leichten Schauder über den Rücken jagte. „Guten Appetit, Kätzchen.“ Der Mann ließ sich auf dem Hocker nieder, nicht, ohne sich vorher wieder sein Hemd überzuziehen, und begann zu essen. Darius schielte auf den Teller mit den gebratenen Filets. Er stemmte sich etwas in die Höhe und streckte den Kopf so weit, dass er gerade zu dem Milchschälchen gelangte und ein wenig davon aufschleckte. Zu dem rohen Fischkopf reichte er nicht ganz hin. Er ließ sich zurücksinken und stieß ein leises Miauen aus. Der Mann blickte auf, seufzte. Dann zog er mit den Fingern ein Stück Haut des Fischkopfes ab und hielt es vor Darius‘ Schnauze. Darius nahm die Haut vorsichtig mit seinen Zähnen, kaute eine halbe Ewigkeit eher lustlos darauf herum und miaute dann, als er das zähe Stück hinuntergewürgt hatte, erneut, diesmal aber den Kopf in Richtung des gebratenen Fisches gereckt. „So, du bist also ein Feinschmeckerkater.“ Der Mann, der die Geste offenbar richtig interpretiert hatte, zupfte ein kleines Stück von seinem Fischfilet ab und reichte es Darius. Das war doch mal ein Service! Darius schnappte sich das hingehaltene Stück und schlang es hinunter. Erwartungsvoll fixierte er den Mann, wartete auf mehr. „Sag mal, wäre es dir lieber, wenn wir tauschen?“, lachte der Mann und hielt Darius ein weiteres Stück von seinem Filet hin. Auf diese Weise aßen sie den Teller leer und der rohe Fischkopf stierte hinterher immer noch unverwandt in Richtung Decke. Anschließend wurde aufgeräumt. Darius schlabberte währenddessen noch ein wenig Milch. Jetzt gerade, mit vollem Bauch und der Wärme des Ofens, fühlte er sich pudelwohl. Er musste zugeben, dass er die Aufmerksamkeit, die ihm geschenkt wurde, durchaus genoss. Das war er sonst einfach nicht gewöhnt. Nachdem die Küche blitzblank war, wurde er, wie am Tag zuvor, in den Garten hinausgetragen. Es war eine laue Nacht, und nachdem er kurz ausgetreten war und humpelnd das Grün ein wenig erkundet hatte, war er sich sicher, dass er nicht mehr in seinem Dorf war. Das überraschte ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)