Sumi - e von Chaosbande (Tuschebild) ================================================================================ Prolog: -------- „Geschafft!“ Freudig zieht ein junger Mann einen letzten schwarzen Strich über die Leinwand. Auf der linken Hand balanciert er ein Holztablett, auf dem kleine Gefäße mit verschiedenen Farben stehen. In der rechten Hand hält er einen schmalen Pinsel. Leicht lächelnd tritt der junge Mann wenige Schritte zurück, um das Kunstwerk im Ganzen zu betrachten und streicht sich mit dem rechten Handrücken über die Stirn. Ein minimaler Schweißfilm sammelt sich auf seiner Hand, doch es stört ihn nicht großartig. Es ist vollkommen normal, denn jedes Mal, wenn die „Muse“ ihn küsst, ist er so gefesselt, dass er die reale Welt um sich herum vergisst. Dann zählt alleine das Verhältnis von Licht und Schatten, bunter Farbe und schwarz, von Winkeln und Perspektiven. Klare und definierte Dinge, die er sehr gut versteht. Er weiß genau, wie er Realität und auch Fantasie auf der Leinwand zum Leben erwecken kann. Nicht umsonst hatte er sich so in sein Kunststudium gestürzt. Nicht umsonst sollte die gemachte „Findungsreise“ sein. Eine Reise durch das Land, während der er als achtzehnjähriger nach seiner eigenen, höchstpersönlichen Kunst gesucht hatte. Nach einem Jahr mit vielen Rückschlägen, wenigen Erfolgen und in dem er lernte, mit wenig zurechtzukommen, hatte er den Künstler „Ne“ kennengelernt. Manchmal hat er noch heute das irrationale Bedürfnis, sich zu einer Kugel zusammenzurollen, wenn er an die Zeit bei diesem denkt. „Ne“ hatte ihm so viel mehr beigebracht, als nur das Verständnis für Farben … Als er schließlich wieder nach „Alt-Konoha“ zurückgekehrt war, hatte er recht schnell Ino kennengelernt. Sie ist zwei Jahre jünger als er selber und steckte mitten in der Ausbildung zur Floristin, um den Blumenladen ihrer Eltern übernehmen zu können.   Der inzwischen vierundzwangzigjährige Mann schmunzelt tatsächlich, als ihm wieder einfällt, wie Ino damals war. So freundlich und beinahe schüchtern … wovon jetzt nun nicht mehr wirklich etwas zu merken ist. „SAI! Essen ist fertig, beweg deinen Hintern nach oben!“, schallt genau in diesem Moment Inos Stimme vom Eingang des Kellers zu ihm hinunter. Aufgrund seiner Gedanken sich ertappt fühlend, zuckt der Gerufene zusammen. Er legt seine Malutensilien auf die Werkbank und daneben seine Schürze. Als er dabei die Arme hebt rümpft er die Nase. Wie lange war er hier unten in seinem kleinen Keller? Ein stechender Schmerz zieht, gefolgt von einem lauten gluckern, durch seinen Magen. Länger als gedacht, geht es ihm durch den Kopf, als er sich plötzlich sämtlicher Energie beraubt zur Treppe schleppt und das Geländer zum emporziehen nutzt. „Bin da“, kommt es matt von Sai und er versucht seine Freundin anzulächeln. Mit verschränkten Armen und hochgezogener Augenbraue steht diese vor ihm und mustert ihn von Kopf bis Fuß. „Ach, beehrt der Herr mich auch mal wieder?“, sagt sie im abschätzigen Ton. „Du warst verdammte vierundzwanzig Stunden in diesem dreckigen Keller! Ich habe dich zum Essen  gerufen, doch du hast nicht reagiert“, mit jedem Satz klingt ihre Stimme beleidigter. „Immer ist es deine dämliche Kunst. Nie bist du bei mir. Dein Gekrakel liebst du doch viel mehr als MICH!“ Bevor er auch nur ein Wort erwidern kann, dreht sie sich auf dem Absatz um und rauscht in die Küche, wobei sie die Tür hinter sich zu schmeißt und das Radio laut anstellt. Kopfschüttelnd beginnt er in Richtung des Badezimmers zu schlurfen. Er hat gehört, was seine Freundin ihm vorgeworfen hat und irgendwo in seiner Brust zwickt es währenddessen schmerzhaft, doch trotzdem kann er sie nicht verstehen. Ja, es gibt im Moment damit nicht allzu viel Geld zu verdienen. Doch warum ist seine Kunst denn plötzlich ein Problem, zumal auch Ino von seinem Beruf profitiert? Schließlich zeichnet er ihre „Vorzeichnungen“ für Gestecke noch einmal ordentlich. Inos Entwürfe sehen immer nach Kindergartenkind aus, wobei selbst einige von diesen besser malen können. Es kann mit gutem Willen 'Gekritzel' genannt werden. Ein weiterer Punkt der Sai verwirrt, ist, warum Ino seine Gemälde auf einmal als 'Gekrakel' bezeichnet. Ob er schlechter geworden ist? Der soziale Kontakt war, ist und bleibt einfach anstrengend, dieser Überzeugung ist Sai schon lange. Menschen reagieren impulsiv, haben Launen und ändern ihre Meinungen von einen auf den anderen Moment. Etwas, das ihn frustriert, denn kein Buch kann ihm bisher eine zufriedenstellende Erklärung liefern.   Vorsichtig öffnet er zwanzig Minuten später die Küchentür. Beinahe rechnet er damit, von Ino mit Tassen beworfen zu werden, als er seinen Kopf durch den schmalen Türspalt schiebt. Dies ist eine Angewohnheit, die Ino von ihrer besten Freundin Sakura übernommen hat. Aggressive Übersprungshandlung, wie er anhand eines Buches herausgefunden zu haben meint. Nicht wirklich ernst gemeintes Verhalten, jedoch dadurch nicht weniger gefährlich für das 'Opfer'. Doch Ino sitzt ruhig am Küchentisch und beschäftigt sich damit, mit der Gabel in der linken Hand gebratene Nudeln in den Mund zu stecken. In der Rechten hält sie eine Zeitschrift, auf dessen Cover Sai Blumen entdeckt, und liest anscheinend konzentriert. „Hey Schönheit“, sagt er sanft, als er sich auf den Stuhl sinken lässt und beginnt Nudeln auf seinen Teller zu packen. Kurz schnaubt Ino, bevor sie mit der Gabel in Richtung Anrichte deutet und sagt: „Es ist ein Brief für dich gekommen.“ Dabei nimmt sie jedoch nicht den Blick von ihrer Zeitschrift und schiebt sich wieder eine Gabel voll Essen in den Mund. Erstaunt darüber, dass er einen Brief bekommen hat, steht er auf und holt sich diesen. „Der ist von einer Galerie aus Neu-Konoha“, sagt er, als er einen Blick auf den Absender wirft. „'Crystal Dragon'. Was wollen die denn von mir?“ „Das erfährst du wohl nur, wenn du nicht nur den Briefumschlag anguckst, sondern ihn öffnest und liest, Sai“, meint Ino trocken. Stirnrunzelnd lässt Sai sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Während er in der einen Hand den ungeöffneten Brief hält, beginnt er abwesend zu essen. Schon nach der dritten Gabel spürt er, wie der drückende Schmerz in seinem Magen weniger wird. „Stimmt“, kommentiert er Inos Aussage, legt die Gabel neben den Teller und öffnet den mysteriösen Brief, um vorzulesen.   „Sehr geehrter Sumi - san, durch eine Kundin bin ich auf Ihre Kunstwerke aufmerksam geworden. Sie liegt mir dauernd in den Ohren, wie toll die von Ihnen angefertigte Darstellung ihrer Katze geworden ist. Als ich selber einen Blick darauf geworfen habe, konnte ich ihr nur zustimmen. Finden Sie nicht es wäre an der Zeit, dass wir uns zusammensetzen? Sollten auch Ihre anderen Kunstwerke von dieser Qualität sein, könnte ich mir vorstellen, Sie mit in meine Ausstellung 'Jung und unverbraucht – Neue Künstler stellen sich vor' mit aufzunehmen.   Mit freundlichen Grüßen,   Chrystal Guren“   Erstaunt senkt er den Brief und blickt mit großen Augen zu Ino, die mit ebenso großen Augen zurück guckt. „Wow“, haucht sie. „Ja“, kann er nur überwältigt zurückgeben. Bei der angedeuteten Kundin kann es sich nur um Frau Shijimi handeln. Er hatte sie vor ungefähr einem Vierteljahr kennengelernt, als diese an einer Kreuzung stand und auf einen beschriebenen Stein blickte. Wegen diesem seltsamen Verhalten neugierig geworden, hatte er sie angesprochen. So erfuhr er, dass hier ihre über alles geliebte Katze Tora überfahren worden war. Die ältere Dame schien sehr niedergeschlagen und hatte Sai erzählt, wie einsam sie sich fühlte. Mehrere Minuten hatte er ihr zugehört, die Bilder angesehen, die sie in der Geldbörse aufbewahrte und aus einer Laune heraus angeboten, ein lebensgroßes Gemälde von Tora anzufertigen. Als sie schließlich das Gemälde in Empfang nahm drückte sie ihn tränenüberströmt und schluchzend an sich. Die Entlohnung für dieses Gemälde war nicht schlecht, sodass Ino und er sich einen Monat keinerlei Gedanken um ihre Finanzen machen mussten. Seitdem hatte er nie wieder etwas von der alten Dame gehört oder gesehen.   „… und dann kann ich mir die neuen Schuhe kaufen und auch diese niedliche Tasche, die ich letztens mit Sakura entdeckt habe“, reißt ihn Inos aufgeregte Stimme aus seinen Überlegungen. Mit einem Kopfschütteln versucht er wieder ins Hier und Jetzt zu kommen. „Was hast du gesagt? Ich war in Gedanken“, gesteht er seiner Freundin, die ihn daraufhin böse anfunkelt. „Ich sagte, dass wir dann eine Menge Geld verdienen und ich mir endlich die Sachen kaufen kann, die ich haben möchte!“ Irritiert blickt er Ino an. Er kann ihr in ihren Überlegungen nicht folgen. „Womit verdienen wir viel Geld?“, fragt er daher. „Na, mit deiner Ausstellung, wenn du da deine Bilder verkaufst“, sagt sie voller Inbrunst. Verwirrt schüttelt er erneut den Kopf. „Hast du nicht zugehört? Es ist nichts sicher. Der Brief heißt nicht, dass wir Geld verdienen.“ Doch er merkt an ihrer wegwerfenden Handbewegung, dass seine Worte sie nicht erreichen. „Papperlapapp, du wirst ausstellen, verkaufen und Geld en mass verdienen. Und ich bekomme meine Schuhe und Tasche.“ Voller Euphorie steht Ino auf, um ihren Teller in die Spülmaschine zu räumen. „Das muss ich sofort Sakura erzählen.“ Mit diesen Worten rauscht sie aus der Küche und nur Minuten später ist das Geräusch der sich schließenden Wohnungstür zu hören.   Währenddessen sitzt Sai immer noch in der Küche und lässt seinen Blick von dem Brief zum Fenster schweifen. In seine Irritation mischt sich eine Spur von Stolz, der durch Inos festen Glauben in sein künstlerisches Talent wächst, doch … irgendwie beschleichen ihn immer mehr Fragen: Wer von ihnen beiden das Problem mit der zwischenmenschlichen Kommunikation und Umgang hat. Ob Ino wohl versteht, dass dieser Brief nichts weiter als eine Einladung ist? Ob sie begreift, dass dieser Brief für ihn nun eine ganze Menge Arbeit bedeutet und sie sich noch weniger sehen? Um die Grübelei zu unterbrechen schlägt er sich sanft auf beide Wangen. 'Nicht denken. Nicht fühlen. Nur Handeln!', hört er die Stimme von Ne in seinem Kopf und erhebt sich entschlossen. „Euch zeig ich es!“ Oh ja, er würde es allen zeigen. Allen, die an seinem Talent gezweifelt hatten und es noch tun.   Schnell geht er mit dem Brief zum Telefon im Flur und wählt die darauf stehende Telefonnummer. Es ist Samstagmorgen und laut Öffnungszeiten, ist das ‘Crystal Dragon’ noch geöffnet. Nach fünfmaligem tuten, währenddessen er tatsächlich immer nervöser wird, wird der Hörer am anderen Ende abgenommen und eine piepsige Stimme meldet sich: “Crystal Dragon. Yukimaru am Apparat, was kann ich für Sie tun?” Kurz ist Sai irritiert von dieser jungen Stimme. War er auch wirklich richtig und hatte sich nicht verwählt? Schnell hält er den Hörer von seinem Ohr und switscht mit seinem Blick immer wieder zwischen Display und Briefkopf. Nein, er hat sich nicht geirrt. “Äh, ja … hallo. Hier ist Sumi Sai. Ich habe heute einen Brief von Ihrer Galerie erhalten. Also ich meine … also da stand was von einer Ausstellung für neue Künstler und ich hätte Interesse. Also …”, unsicher bricht Sai seine Ansprache ab und beißt sich kurz auf die Unterlippe. Er ist einfach kein Mann der vielen Worte und großen Reden. War er noch nie und wird er niemals sein. Er lebt lieber im hier uns jetzt und tut was getan werden muss.   Kapitel 1: ----------- Endlich ist es soweit, der Tag der Beginn der Ausstellung ist gekommen. Noch einmal streicht er durch seine Haare, zupft an der Kleidung herum und wirft einen selbstkritischen Blick auf seine zehn Ausstellungsstücke. Von Pflanzen, über Tiere, zur Portrait bis hin zu Landschaftsbildern, ist alles vorhanden. Beruhigt dass ihm all dies in der kurzen Zeit gelungen ist, nutzt er den kurzen Moment der Ruhe, um über die letzten Monate nachzudenken. Eine Zeit, die genauso anregend, stressig, anstrengend, wie auch herrlich gewesen war. In diesen Monaten hatte er sich ganz dem widmen können, was er von Kindesbein an liebt: Der Malerei.   Tatsächlich und wider seiner Erwartungen, war er sich schnell mit der Inhaberin des Crystal Dragon einig geworden. Nachdem er am nächsten Montag einen Termin im Atelier gehabt hatte um sein Vorstellungsmappe zu präsentieren, war Guren so angetan gewesen, dass sie direkt im Anschluss mit zu ihm nach Hause gekommen war. Dort hatte sie sich begeistert weitere Arbeiten zeigen lassen. Sai hatte in dem Moment nicht gewusst, was er sagen oder tun sollte. Letztendlich hatte er sie mit einem freundlichen “Bitteschön” die Kellertreppe hinab geleitet und sie dann von der Treppe aus beobachtet. Nicht das er es ihr zutraute, aber seine Bilder waren sein Heiligtum und so musste er einfach aufpassen dass sie diese nicht beschädigte. Nach einer kurzen Führung durch sein Heim - damit er auch die dort hängenden Bilder präsentieren konnte - hatten sie beide sich noch einmal in der Küche zusammengesetzt und allerlei Einzelheiten besprochen. So war ein Vertrag zwischen den beiden aufgesetzt worden zum beidseitigen Schutz. Mit diesem Vertrag hatte sich Sai verpflichtet nur für Crystal Dragon zu arbeiten. Auf jeden Fall während des Zeitraums der Ausstellung. Weiter waren unter anderem eine kleine Aufwandsentschädigung, Verfügbarkeiten, zu verarbeitende Themen und letztendlich auch das ‘Du’ verhandelt worden.   Zwei Monate Zeit hatte er bekommen, dann sollte die eine neue Ausstellung für 'Jung und unverbraucht – Neue Künstler stellen sich vor' beginnen. Zwei Monate, die er entweder in seinem kleinen Kelleratellier an der Leinwand, oder in der Natur vollbracht hatte. Wie viele Stunden er auf der Suche nach dem ‘Perfekten Motiv’ mit seinem Zeichenblock durch die Gegend gelaufen war, wusste er nicht mehr. Er hatte nur gemerkt, dass Ino irgendwann nicht mehr mitgekommen war. Doch es war ihm egal gewesen. So hatte er das Tageslicht noch ungestörter nutzen können. Niemand hatte ihm in den Ohren gelegen, dass es kalt, langweilig oder sonst was wurde. Nur Zeichenblock, Stift, Er und die Vorlagen die Mutter Natur und das Leben an sich ihm boten. Es hatte wenige Momente gegeben, in denen seine Gedanken von etwas Anderem erfüllt gewesen waren, als das ‘Perfekte Motiv’. Einer der Momente war aufgetaucht  als er, endlich, eine Woche vor der Deadline, das letzte Kunstwerk fertiggestellt hatte. Es stellte einen großen, 1 Meter hohen, Löwen dar. Irgendwie war er ziemlich stolz auf sich. Hatte er es doch mit nichts anderem als schwarzer Tinte geschafft, den Löwen zum ‘brennen’ zu bekommen. Denn die Konturen des Tieres waren nicht durchgängig - schienen als würden sie flimmern - und Mähne und Schweif standen in Flammen. Das Wesen hatte seinen Kopf geneigt und aus einer Intention heraus hatte er dem Tier das Zeichen Konohas in die Mähne eingearbeitet. Mit anderen Worten, es sah beängstigend gefährlich und mystisch aus. Wie etwas das bereit war zu verteidigen, was es liebte. Die Idee dazu war ihm bei einem Besuch des Zoos gekommen. Das Löwenmännchen mit seiner prachtvollen, im Wind wehenden Mähne und dem tiefen - bis in die Seele reichende - Brüllen, hatte ihn sofort inspiriert.   Als dieses Bild beendet war und er zugleich voller übersprudelnder Euphorie und tiefer Erschöpfung in die Küche getaumelt war, hatte er als erstes seine Freundin entdeckt. Eben Jene hatte am Küchentisch gesessen und ihn mit hochgezogener Augenbraue, sowie verkniffenen Gesichtsausdruck gemustert und nur kalt gemeint er würde stinken und wäre dreckig. Kommentarlos war er umgedreht und im Bad verschwunden. Nach einer halben Stunde kam er erfrischt und in bequeme Kleidung gekleidet, zurück in die Küche geschlendert. Augenblicklich hatte ihn der betörende Duft von Inos Nudelauflauf empfangen. In dem Moment war ihm erschreckend klar geworden, dass die letzte richtige Mahlzeit schon ein wenig her gewesen war. Sein Kompliment über den guten Geruch, als er sich an den Tisch setzte, hatte Ino nur mit einem Schnauben beantwortet. Wie ein ausgehungerter Bär war er schließlich über das Essen hergefallen. Erst ein empörtes und ebenso strenges “Sai!”, hatte ihn in seinem Fresswahn innehalten lassen. Eine volle Gabel vor dem Mund schwebend, hatte er den Kopf gehoben und direkt in die zusammengekniffenen Augen Inos blicken lassen. Wieder einmal verstand er nicht, warum sie sich so komisch verhielt. Warum guckte sie ihn an, als hätte er behauptet Rosen würden zur Familie der Liliengewächse gehören? “Ist was?”, hatte er sich im ruhigen Ton erkundigt und ein erneutes Schnauben erhalten, ehe seine Freundin ihm antwortete. “Deine schweinischen Essgewohnheiten! Wir sind hier nicht auf dem Bauernhof, iss gefälligst ordentlich!” Diese Antwort hatte nur so vor Abwertung getrieft. Das war selbst ihm aufgefallen. Mit einem knappen Nicken war er ihrer Aufforderung Folge geleistet. Was hätte er auch erwidern können? Erst nach einer ganzen Zeit des Schweigens und Beendigung der Mahlzeit, hatte Ino ihre Stimme wieder erhoben. “Sai … fällt dir nichts auf?” Musternd blickte er sie über den Rand seines Glases an. Was sollte ihm auffallen? Verstohlen ließ er seinen Blick durch den Raum wandern, ehe er sich wieder voll auf seine Freundin konzentrierte. “Du hast du Haare anders?” Eigentlich hatte es wie eine Aussage und nicht wie eine Frage klingen sollen, doch in dem Moment war ihm einfach nichts aufgefallen. Vor allem hatte er nicht mal aufgeschnappt, dass bei genau dieser Frage, Frauen beim Friseur oder Shoppen gewesen waren? Das kalte Auflachen der Frau ihm gegenüber, sowie das Blitzen in ihren Augen hatte ihn beunruhigt. Er kannte diese Kombination und sie versprach nichts Gutes. Genau dieses Verhalten zeigte ihre beste Freundin Sakura, bevor sie einen Wutanfall orkangleichen Ausmaßes bekam. “MEINE HAARE HABE ICH VOR EINER GOTTVERDAMMTEN WOCHE SCHNEIDEN LASSEN, DU IDIOT!”, hatte die Blondine ihn angebrüllt, ehe sie wutschnaubend aufgestanden war. Brachial hatte sie sich die Teller geschnappt und geradezu in die Spüle gepfeffert. “Heute ist unser Kennenlerntag, du unsensibler Arsch”, hatte er noch geradeso von ihr vernommen, ehe sie sich Halt suchend an die Küchentheke gekrallt und zu schluchzen begonnen hatte. Vollkommen überfordert hatte er nur zusammenhanglos “Ich … du … also … mir leid … Ausstellung … fertig … leid“, und anderes gestammelt. Das war der Moment gewesen, in dem er seine Kunst vergessen hatte. Was war die richtige Reaktion in so einer Situation? Sollte er sich entschuldigen? Es tat ihm ja leid, doch so ganz verstehen konnte er sie trotzdem nicht. Warum war ein Tag, an dem sie sich zufällig über den Weg gelaufen waren, so wichtig? War es nicht wichtiger das sie jetzt zusammen waren und nicht etwas das Zufall gewesen war? Was erwartete Ino nun von ihm? In dem Moment hatte er sich nichts mehr gewünscht, als sein Handy zu zücken und im Internet nach der richtigen Antwort zu suchen. Doch wieder einmal war ihm Nes Ratschlag durch den Kopf gezogen und so war er aufgestanden, zu seiner weinenden Freundin hinüber gegangen und hatte sie einfach in seine Arme gezogen. Hatte sie, trotz ihres anfänglichen Zappelns festgehalten und beruhigend über ihren Rücken gestrichen. Mit einem leisen “Ich hab dich vermisst”, hatte sie sich in sein Shirt verkrallt und sich näher an ihn gedrückt. Kommentarlos hatte er ihr einen Kuss auf den Scheitel gehaucht und weiter gestreichelt. In dem Augenblick war ihm aufgefallen, dass er dies nicht von sich selbst bei ihr sagen konnte. War das normal?   Entschlossen schüttelt Sai seinen Kopf. Er kann sich jetzt nicht mit Vergangenem und nicht mehr Änderbarem auseinandersetzen. In wenigen Minuten würde Guren die Tür des Crystal Dragon öffnen und die kleine Meute aus Kunstinteressierten und Presse herein lassen. Eine Meute, die maßgeblich an seinem weiteren Dasein als Künstler Einfluss nimmt. Denn das ist etwas, das Guren ihm und seinen fünf Jung-Künstler Kollegen sofort beim ersten Gruppentreffen klar gemacht hatte: Je nach Reaktion der Öffentlichkeit, würden sie entweder in der Zukunft wirklichen Erfolg haben oder konnten mehr oder weniger direkt nach etwas anderem Ausschau halten. Zu keiner Sekunde bezweifelt er diese Aussage seiner ‘Chefin’. Nicht umsonst ist das Crystal Dragon - und auch Guren Crystal - weit über die Grenzen Konohas bekannt. Ein Blick auf die beeindruckende einen Meter hohe und breite Kamelie aus rosa Kristallglas, bekräftigt ihn in seiner Meinung. Ebenso das Wissen, dass schon einige Künstlerkarrieren in genau dieser Galerie ihren Anfang, und natürlich auch ihr Ende, genommen haben. Wieder einmal spürt er Nervosität aufsteigen. Nervosität die ihm auf den Magen schlägt. In diesem Augenblick sehnt er sich beinahe nach der Anwesenheit Inos, die beruhigend seine Hand nimmt und ihm versichert, dass er es schon packen würde. Doch diese ist - wider seines Stillen Wunsches -  nicht hier bei ihm. Sie verbringt den Tag mit Sakura und Hinata. Sollte sie nicht eigentlich bei ihm sein, um diese einmalige Chance mit ihm zusammen zu erleben? Sich mit ihm zu freuen und einfach für ihn da sein? Ist es nicht das, was eine feste Beziehung ausmacht? Hieß es nicht ‘In guten wie in schlechten Zeiten’ oder trifft dieses Versprechen erst mit dem Bund der Ehe ein?   “Meine Lieben, hört alle her!”, reißt ihn die energische Stimme Gurens aus seinen Überlegungen. Beinahe froh darüber, konzentriert er sich auf die schlanke Blauhaarige. “In wenigen Minuten ist es soweit, dann öffne ich diese Tür ....”, dabei deutet sie mit der Hand auf die Eingangstür in ihrem Rücken, “... und ich erwarte von euch ALLEN -  auch den Servicekräften - vorbildliches Verhalten und Professionalität. Wenn es Probleme, mit was auch immer, geben sollte, sagt mir sofort Bescheid. Wenn ihr Interessenten für eure Werke habt, sagt mir Bescheid. Ich werde euch helfen das Maximum heraus zu holen. Schließlich will ich auch möglichst viel Provision abbekommen.” Lachend klatschte die erfolgreiche Atelierbesitzerin in die Hände. “Nun denn, habt ihr noch Fragen? Wenn ja, dann stellt sie jetzt!”   Ein junges Mädchen das Holzschnitzereien ausstellt, will tatsächlich noch einige Fragen beantwortet kriegen. Die paar Wortfetzen, die der junge Tuschekünstler mitbekommen, machen ihm klar dass dieses Mädchen nur Zeit schinden will. Schmunzelnd stellt er fest, dass er wohl nicht der Einzige ist, der unruhig wird bei dem Gedanken was nun auf sie zu kommt. Die einzige Hoffnung die er hat ist, dass man es ihm nicht ansieht. Noch einmal schließt er die Augen und atmet tief durch. Fest auf seine ruhiger werdende Atmung konzentriert, geht er noch einmal sein Mantra durch. Er ist der Schüler Nes, er ist ein Meister der Tuschezeichnungen, er ist Sai Sumi und dies hier würde ein Anfang werden und nicht sein Ende sein!   “Bereit, Sai?”, dringt die ruhige Stimme Gurens an ihn heran. Mit einem möglichst überzeugenden Lächeln und festem Blick, erwidert er stumm nickend ihre Frage, woraufhin diese letztendlich zur Eingangstür schreitet. Mit einem “Lasst die Spiele beginnen!” dreht die blauhaarige Künstlerin den Schlüssel in der Tür um. Das leise und doch geradezu hallende Klicken, lässt ihn noch einmal trocken schlucken und einen Blick auf seine Künstlerkollegen werfen.   In der Zeit als Guren freundlich die einströmende Menge begrüßt, bleibt Sais Blick auf einem jungen Mann hängen. Während allen Anderen - eingeschlossen ihm selbst - mehr oder weniger auf den ersten Blick die Nervosität anzusehen ist, steht dieser entspannt angelehnt an der Wand. Die Arme sind locker vor dem Oberkörper verschränkt, ein Bein an der Wand angewinkelt und ein entspanntes Grinsen auf dem Gesicht platziert. Nichts an diesem Kerl strahlt auch nur einen Funken Unsicherheit aus. Im Gegensatz. Eher sieht er vollkommen überzeugt von sich aus. Auch die Kleidung … ist so unpassend leger. Die Künstlerinnen haben Kleider oder elegante Hosenanzüge angezogen und die Herren - einschließlich Sai selbst  - Anzüge oder wenigstens Stoffhosen und Hemd samt Krawatte, hingegen sieht dieser Fremde aus als wenn er gleich noch ins Kino will. Schwarze Chucks, graue enge Jeans und dazu ein mehr als verwaschen wirkendes orangefarbenes Shirt. Mit zusammengekniffenen Augen stellt Sai fest, dass dieser Bursche auch anscheinend keinen Wert auf eine gepflegte Frisur zu legen scheint. Wie passt dieser Typ hier her? Der Sumi kann beobachten wie der Fremde sich einmal durch dieses Vogelnest auf dem Kopf streicht und schließlich von der Wand abstößt, als sich ein älterer Herr in dessen Richtung bewegt. Plötzlich dreht der Unbekannte den Kopf in seine Richtung, lächelt und zwinkert ihm zu, ehe er sich dann seinem Interessenten zuwendet. Wer zum Geier ist dieser blauäugige Typ? Und wo ist Ino, wenn er sie mal braucht? Kapitel 2: ----------- Die Stunden scheinen nur so dahin zu fließen. Stunden, in denen die Nervosität immer mehr von ihm abfällt. Gerade als er ein Gespräch mit einem Interessenten an seinem Landschaftsgemälde von Konoha beendet und Guren mit diesem davon schreitet um die Formalitäten zu klären, ertönt ein schüchternes Räuspern zu seiner Rechten. Verwirrt wendet er seinen Kopf zur Seite und entdeckt die kleine Holzkünstlerin.   “Ähm … Hallo”, begrüßt er das Mädchen. “Hi. Glückwunsch zum ersten Verkauf.” Ein kleines Lächeln umspielt ihre Lippen, während sie ihre Hände knetet. “Danke? Ich bin Sai und du bist?” Sich an seine guten Manieren erinnernd streckt er ihr seine Hand entgegen. “Oh entschuldige. Mein Name ist Mary”, sagt sie hastig und ergreift seine Hand schnell, nur um sie ebenso schnell wieder loszulassen. “Ich stelle die Holzskulpturen aus”, haspelt sie und deutet dabei nach hinten. “Wollte mir mal deine Arbeiten ansehen … also … ähm.” Selbst Sai merkt, dass diese Mary sich anscheinend äußert unwohl fühlt, dafür sind ihr Gestotter und das Reiben der Arme doch ein eindeutiges Zeichen. “Tu dir keinen Zwang ein.” Mit einem ermutigenden Lächeln tritt er einen Schritt zur Seite um ihr einen ungestörten Anblick seiner Arbeiten zu gewähren. Mit Argusaugen beobachtet er dieses fremde Mädchen während sie an seinen Bildern entlang schreitet. Nicht dass sie diese noch anfasst! Vor dem Löwen bleibt sie schließlich stehen und blickt über ihre Schulter zu ihm zurück. Langsam geht er auf sie zu und bleibt hinter ihr stehen.   “Er ist so … beeindruckend”, haucht sie und richtet ihren Blick wieder auf das Kunstwerk. “Es ist, als wenn er gleich rausspringt und alles verbrennt, dass sich ihm in den Weg stellt. Wie ein treuer Kämpfer der beschützt was ihm wichtig ist, ohne Rücksicht auf Verluste.” Überrascht blickt er auf den Hinterkopf dieser Unbekannten. Hat sie doch mehr oder weniger seine Gedanken zu diesem Bild ausgesprochen. Das Einzige was er krächzend hervor bringt, ist ein “Ja.” Langsam dreht sich das Mädchen zu ihm herum und lächelt ihn ehrlich an, während sie zu ihm empor guckt. “Du solltest es nicht verkaufen, sondern behalten”, rät sie ihm, woraufhin er sie nur mit gerunzelter Stirn mustert. Hat sie vielleicht recht? Von all seinen Arbeiten ist dieses Gemälde jenes welches ihm am meisten am Herzen liegt.  Unbeholfen kratzt er sich am Kinn, ehe er sie gezwungen anlächelt. “Ja vielleicht hast du recht. Ich werde es mir überlegen.” Eifrig nickend nimmt sie seine Aussage hin, ehe sie unsicher auf ihrer Unterlippe herumbeißt. “Ähm … würdest du dir vielleicht auch meine Arbeiten ansehen?”, fragt sie vorsichtig und beginnt wieder die Hände zu kneten. Soll er? Kann er seine Bilder unbeobachtet lassen? Wobei, die anderen Künstler laufen auch durch die Gegend und dieser ungehobelte Kerl hatte sogar kurzzeitig das Atelier verlassen und sich anschließend mit einem Sandwich in der Sitzecke niedergelassen. Zudem hatte diese Mary gerade seine Arbeiten bewundert und gelobt, bietet es da nicht der Anstand es bei ihren Werken gleichzutun? “Sai?” Die Stimme Marys und ihre Hand an seiner Schulter lassen ihn kurz zusammenzucken, ehe er nickt. “Cool!”, ruft sie aus und zieht ihn euphorisch zu den Holzskulpturen.   So kommt es, dass er ihre Arbeiten begutachtet und neidlos ehrlich zugibt, dass sie wirklich gute Arbeit geleistet hat. Dankbar blickt sie ihn an und Sai kann wieder einmal nur Ne zustimmen, der ihm einmal sagte Künstler seien Menschen, die besonders glücklich für jedes kleinste Lob sind. Für alles, was ihr Ego streichelt und sie in ihrer Leidenschaft bestärkt. Dafür, dass ihr Fleiß belohnt wird. Doch Ne hatte ihm auch eingebläut, dass der Künstler selber alles geben muss um dies zu erhalten; selber dafür verantwortlich ist, ob er Lob oder Kritik bekommt oder gar in der Masse untergeht. Das Fachsimpeln mit Mary über Konturen, Schatten und die Schwierigkeiten ihrer jeweiligen Arbeitsmaterialien, entspannt ihn deutlich. Wie lange ist es her, dass er mit jemanden SO über seine Leidenschaft gesprochen hat? Ino hört ihm schon lange nicht mehr wirklich zu, wenn er von einer neuen Tuschemischung spricht. Ihre Interesse lag immer deutlicher auf dem Fokus ‘Finanzen’ und somit wie teuer das Ganze ist und im Gegenzug wenig einbringt.   Als Mary schließlich einen Interessenten hat, verabschiedet er sich mit einem Winken und beschließt sich auch einmal die anderen Künstler anzusehen. Der Nächste von seiner neuen lilahaarigen Bekanntschaft aus, ist der ‘Flegel-Künstler’ wie er den unbekannten Blauäugigen insgeheim getauft hat.   Mit verschränkten Armen mustert der Sumi die fremden Arbeiten. Was soll das alles darstellen? Es sind Figuren und lebensgroße Puppen. Doch keine dieser Objekte stellt etwas Reales dar. Es ist eher eine Versinnbildlichung von … ja, wovon eigentlich? Von einer Seite auf die andere neigt er seinen Kopf, schreitet an den Werken entlang und betrachtet sie aus verschiedenen Winkeln. Doch was er auch tut, er wird einfach nicht schlau aus ihnen! Alles was er herausfindet ist, dass alle etwas ‘tierisches’, ‘düsteres’ und ‘geheimnisvolles’ an sich haben. Im Kontrast zu seinen eigenen Werken stehen, die dem Betrachter nicht auf den ersten Blick gleich ein Rätsel aufgeben.   “Na, interessiert, Pinsler?” Die amüsierte Stimme in seinem Rücken lässt Sai mit einem verschreckten Quietschen herumwirbeln. “Och, so schreckhaft. Keine Sorge ich tu dir schon nichts.”   Vor ihm steht niemand anderes als eben jener Erschaffer dieser seltsamen Kunst. Die blauen Augen blitzen belustigt und ein selbstgefälliges Grinsen ziert das Gesicht, während er mit locker verschränkten Armen nur wenige Schritte vor ihm steht. Schnell weicht Sai einen Schritt nach hinten. “Bist du taubstumm oder hab ich was im Gesicht, so wie du mich angaffst?” Stirnrunzelnd tastet sein Gegenüber sich ab. Vollkommen überfordert kann Sai seinen Blick einfach nicht von dem Anderen abwenden. Irgendwas an diesem … nimmt ihn gefangen. Nur kann er einfach nicht greifen was es ist! Verwirrt schüttelt der schwarzhaarige Tuschekünstler seinen Kopf. Er benimmt sich gerade wirklich unnormal. Vielleicht hat er einen Schwächeanfall? Wäre ja nur zu verständlich, wo er doch bisher nichts gegessen und nur wenige Schlücke getrunken hat. Ja, das muss es sein. Sein Kreislauf ist einfach überbeansprucht durch die Unterversorgung mit Lebensmitteln, der warmen Luft im Atelier und all dem Stress. Irgendwann muss das alles ja seinen Tribut zollen. “Ent … Entschuldige”, krächzt er räuspernd, ehe der Sumi sich strafft und fortfährt. “Deine Arbeiten sind … ungewöhnlich. So ganz kann ich damit nichts anfangen”, sagt er geradeheraus im nun wieder kühlen Ton.   Das gleicht in seinen Augen schon beinahe einer Beleidigung und so wappnet er sich gegen einen Wutanfall des anderen Künstlers. Doch dieser verwirrt ihn noch mehr, als er in Gelächter ausbricht, sich locker durch die Haare fährt und um Sai herum tritt. “Dies alles … sind Dämonen, Pinsler. Die Dämonen die ein jeder ins sich trägt.” Ohne sich umzudrehen lässt er sich die Erklärung des Künstlers durch den Kopf gehen. Noch einmal ruft er sich die erst vor wenigen Minuten eingängig betrachteten Figuren vor Augen und tatsächlich. Mit Hilfe dieser Erklärung … kann er trotzdem nicht so wirklich nachvollziehen, was der Flegel meint. Was sollen Dämonen im Inneren sein? Kann ja nur etwas schlechtes sein. Irgendwie ist der Typ genauso geheimnisvoll wie seine Kunst, das steht schon nach den wenigen Minuten für Sai fest. Er würde weder aus Erschaffer, noch Kunst schlau werden. Lieber kann er sich endlich etwas vom Buffet nehmen und die Werke der anderen Künstlerkollegen betrachten. Mit Guren oder Mary sprechen. Oder vielleicht bei Frau Shijimi, die eben angekommen war, bedanken, denn nur durch ihre Begeisterung war er in Gurens Fokus gerückt. Ja, das würde er machen! Noch einmal blickt er über die Schulter zu dem Fremden: “Aha. Na dann … tschüss.” Mit diesen Worten entfernt er sich von dem Geheimnisvollen. “Moment mal!”, entschlossen wird er am Oberarm gepackt und herumgerissen, nur um sich direkt vor dem geheimnisvollen Blauäugigen wiederzufinden. Blaue Augen, gebräunte Haut und schwarze Haare. So nah, wie er dem jungen Mann ist, bemerkt er nicht nur, dass der Andere wenige Zentimeter größer ist als er selbst, sondern auch dass sich feine Sommersprossen unter dem linken Auge befinden. Nicht nur ihre Kunst steht im Kontrast, auch ihr eigenes Aussehen tut es. Sai selbst hat glatte, schwarze Haare, dunkle Augen und ist eher blass. Der Typ der immer noch eine Hand auf seinem Arm liegen hat - wie Sai irritiert feststellt - hat ebenfalls schwarze Haare, doch stehen sie ab wie nach einem Stromschlag. Die Augen sind strahlend, geradezu freiheitsversprechend blau und die Hautfarbe zeugt eindeutig von reichlich Sonnenkontakt. Irgendwie muss er gerade an den Vampirefilm denken, den er vor kurzem mit Ino gucken musste. Nur das er in dem Fall der blasse Vampire ist. Schmunzelnd schüttelt er seinen Kopf.   “Was ‘nein’, Pinsler?”, erkundigt sich der andere Schwarzhaarige mit Neugierde in der Stimme. “Geht dich nichts an und ich habe einen Namen!”, gibt er giftiger als gewollt zurück. “Oh eine kleine Diva, unser Herr Tuschekünstler.” Schmunzelnd löst der Andere seine Hand, um erneut die Arme zu verschränken. Abschätzig schnaubt Sai. Eingebildeter Fatzke! Bestimmt ein neureiches Söhnchen, dass die Kunst nur zum Zeitvertreib nutzt. “Na dann, Pinsler. Raus mit der Sprache.” “Du zuerst”, fordert der Sumi und verschränkt nun ebenfalls die Arme. Anscheinend genervt verdreht der vor ihm Stehende seine Augen, ehe er den Namen preisgibt. “Menma. Mein Name ist Menma. Nett dich kennenzulernen, …?”   Doch bevor er antworten kann, wird er ebenso wie Menma von Guren in die Arme gezogen. “Jungs, es ist ja toll das ihr euch beschnuppert. Aber wenn ihr nicht augenblicklich aufhört hier immer wieder herumzublöken und Blitze zu verschießen, dann lernt ihr mich kennen.” Der säuselnde, liebenswerte Ton, in dem sie dies sagt, steht im starken Kontra zu ihren Worten. Sich unwohl fühlend aufgrund der Worte und der Nähe, versucht er aus der Umarmung zu kommen. “Junger Mann, du hast da noch eine reizende ältere Dame, mit der du noch nicht gesprochen hast. Nicht wahr?” Schwach nickt der Tuschekünstler. “Gut, dann los. Sie war eben in der Sitzecke.” Damit schubst ihn die Atelierbesitzerin mehr oder weniger von sich. Nach einem letzten unschlüssigen Blick zurück auf die beiden, macht er sich auf den Weg um endlich mit Frau Shijimi zu sprechen. Hätte er das doch nur sofort getan, dann wäre er um diese mehr als seltsame und auch … verwirrende Begegnung mit diesem Menma herumgekommen. Was ist das bitte für ein Kerl?   Der restliche Tag zieht nur so an ihm vorbei. Erfüllt von längeren Gesprächen mit Frau Shijimi, anderen Kunst Interessierten, die ihn nach seinen Bilder ausfragten und Mary. Die junge Frau ist wirklich nett, dies kann Sai ohne jegliche Bedenken sagen.   “Und du willst wirklich nicht mitkommen, Sai?”, fragt ihn die Lilahaarige, während er ihr in den Mantel hilft. “Nein danke, Mary. Genieß du deinen Abend mit deinem Verlobten. Ich werde noch mit dir warten, bis er dich hier abholt und dann heimgehen. Meine Freundin wird wahrscheinlich schon warten und noch irgendwas mit mir unternehmen wollen.” Beruhigend lächelt er sie mit geschlossenem Mund an. “Na … wenn du meinst. Aber du musst nicht warten, ich bin schon groß!” “Also ich mag zwar nicht viel wissen, aber dass man eine hübsche junge Dame nicht alleine im Dunklen stehen lässt, weiß selbst ich!” Leise lachend harkt sich die Frau bei ihm unter und die beiden verlassen, nachdem sie sich von Guren und Yukimaru verabschiedet haben, gemeinsam das Atelier. “In zehn Minuten müsste er da sein”, gibt die Frau bekannt, nachdem sie ein Blick auf ihre Armbanduhr geworfen hat. “Keine Sorge, ich habe Zeit.”   Schweigen senkt sich über die beiden, während die Lichter des Ateliers erlöschen und sie nur noch im Licht der Straßenlaternen dastehen. “Sag mal, Sai …”, zögerlich dreht sich Mary zu ihm herum und beißt sich wieder mal unsicher auf der Unterlippe herum. Was kommt denn jetzt? “Du hast eben gesagt, dass deine Freundin ‘wahrscheinlich warten’ würde und was ‘unternehmen wolle’. Entschuldige meine Neugierde … aber irgendwie klingt das nicht nur ziemlich danach als hättest du keine Ahnung, sondern auch vor allem keine Lust. Also … ich weiß du kennst mich nicht … aber, ist da alles ok?” Verdutzt blickt er die Holzkünstlerin an. Hatte er das wirklich gesagt? Worauf spielt sie an mit ihren Fragen? Hatte er die Aussage wirklich so gemeint, wie sie diese deutet? Ist dies das Phänomen des ‘zwischen den Zeilen-Lesens?’ “Ähm …”, überfordert kratzte er sich am Hinterkopf. Wie soll er auf diese Fragen reagieren? Doch bevor er wirklich in Erklärungsnot kommt, unterbricht ihn der laut “HEY!”, brüllende Menma.   Als der andere Schwarzhaarige keuchend vor ihnen stehen bleibt und sich auf den Knien abstützt, ist er dem Flegel beinahe dankbar. Auch wenn er sich fragt, ob der Andere gerade einen Marathon gelaufen oder nur ebenso unsportlich wie er selbst ist. “Hey Menma. Was können wir für dich tun?”, richtet sich Mary genau so verwirrt wie er selbst an den wieder zu Atem kommenden. “Ich wollte … wollte euch beiden nur fragen, ob ihr mit uns Anderen mitkommen wollt. Also anstoßen auf den ersten geschafften Tag. Freunde von mir kommen auch mit.” “Nein danke. Wann anders vielleicht. Ich werde gleich von meinem Verlobten abgeholt. Er hat einen Tisch im ‘New Ichirakus’ reserviert.” Nickend scheint Menma diese Erklärung hinzunehmen, ehe dieser sich an ihn wendet. “Und du?” Kopfschüttelnd lehnt er das Angebot ab. “Ich muss nach Hause. Meine Freundin wartet bestimmt schon.” Augenblicklich kann Sai beobachten wie ein belustigtes Schmunzeln auf Menmas Gesicht erscheint. “Och, wartet das kleine Frauchen auf dich, Pinsler?”   Seufzend rollt Sai mit den Augen, begrüßt Marys Freund, der in der Zwischenzeit angekommen ist und dreht sich ab um nach Hause zu gehen. Doch die laute Stimme Menmas, der fordert dass er stehen bleibt, lässt ihn genervt anhalten, beherrscht herumdrehen und mit kalter Stimme sagen: “Geh mir nicht auf die Nerven, nur weil du anscheinend keine Beziehung hast, sondern nur Saufbekanntschaften. Hör auf, mich ‘Pinsler’ zu nennen. Um es in deinem ‘Slang’ zu sagen: Geh mir nicht auf den Sack!” Dass er während seiner Ansprache direkt an den Blauäugigen herangetreten war, bemerkt er erst, als er direkt in die großen, klaren blauen Augen blickt. Sie sind doch eher von einem dunkleren Blau. Nicht wie ein Sommermittagshimmel, sondern eher wie kurz vor Sonnenuntergang. Ein Lapislazuli-Blau. Wie lange sie so voreinander stehen, während ihre Blicke ineinander verharkt sind und nichts außer ihres vermischtem Atem zur hören ist, weiß er nicht. Doch als er es bemerkt, tritt er hektisch zurück und räuspert sich. “Man … man sieht sich.” Mit diesen Worten verschwindet er eilig in die Dunkelheit. Was im Namen aller Tuschemeister, ist das gewesen? Warum lässt er sich immer wieder von diesem Schnösel provozieren und zu solchen Ausbrüchen hinreißen? Warum stört ihn die Nähe des ‘Dämonenkönigs’ weniger, als die anderer Menschen? Irgendwas an diesem Kerl ist wirklich komisch und er kann sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen.   Frustriert öffnet er die Wohnungstür, schaltet das Licht ein und streift erschöpft die Schuhe ab. Moment, das Licht war aus? Schläft Ino etwa schon? “Ino?”, ruft er unsicher, während er die Wohnung absucht. Doch Ino ist nirgends aufzufinden. Wo treibt sich seine blondhaarige Freundin denn jetzt schon wieder rum? Die Shopping Mall hat doch schon lange geschlossen! Vielleicht ist ja etwas passiert? Schnell zieht er sein Handy aus der Tasche und tippt seiner Freundin eine Nachricht, während er die gelockerte Krawatte von seinem Hals zieht. »Hi. Bin zu Hause, wo bist du? Sai« Die Harken hinter der Nachricht zeigen ihm, dass sie zugestellt ist. Jetzt muss er nur darauf warten, dass sie diese liest und antwortet. Nun die Zeit würde er für eine Dusche nutzen. ‘Wartet das Frauchen?’, kommen ihm die Worte des unsympathischen Schwarzhaarigen in den Sinn. Er kann ein kaltes Auflachen nicht vermeiden, während er ins Bad tritt und sich aus den Klamotten schält. “Von wegen ...”, murmelt er. Wenn er gewusst hätte, dass Ino noch nicht zu Hause gewesen wäre, dann … ja, was dann? Kopfschüttelnd stellt er sich unter die Dusche und genießt das kühle Wasser, das nicht nur ihn abkühlt, sondern auch seine chaotischen Gedanken beruhigt. Sehnsüchtig kommt ihm der Wasserfall in der Nähe von Nes Berghütte in den Sinn. Jetzt gerade könnte er das kalte, klare Bergwasser wirklich gut gebrauchen um darunter zu meditieren.   Als er, nur in ein Handtuch gewickelt, zurück ins Wohnzimmer kommt, verrät ihm der Blick aufs Handy, dass Ino die Nachricht zwar inzwischen gelesen, doch nicht geantwortet hat. Er weiß nicht warum, doch das knallende Geräusch, mit dem er das Handy zurücklegt, hallt in seinen Ohren wieder. Es reicht! Ja, für heute ist es wirklich genug, entschließt er überraschend schlecht gelaunt und trottet ins Schlafzimmer. Schnell zieht er sich eine Boxershort und ein T-Shirt zum schlafen über. Nach einem Blick auf das große Doppelbett schnappt er sich kurz entschlossen seine Decke und das Kopfkissen, wankt zurück ins Wohnzimmer und richtet sich auf der Couch für die Nacht ein. Er weiß nicht warum, aber gerade fühlt sich diese Entscheidung einfach richtig an! Kapitel 3: ----------- Der Geruch von frischem, starken Kaffee sowie Brötchen, ist das Erste was er wahrnimmt, als er am nächsten Morgen langsam aus dem Schlaf erwacht. Verwirrt reibt er sich über die Augen. Nicht nur dass er in der Nacht wenig geschlafen und dafür viel verwirrendes geträumt hatte, nein. In dem Moment des Erwachen weiß er auch nicht wo er ist und wie er dort hingekommen ist. Das worauf er liegt ist weder groß, noch weich genug für das Bett. Nur müßig kommen seine Gehirnwindungen in Gang. Sie sträuben sich ebenso wie die Augen ihrer Arbeit nachzukommen. All der Streß, die Nervosität, die Menschen und das vorherige intensive Arbeiten zeigen nun ihre Folgen. Warum ist nur die Frage, schließlich hatte er vor allem in der Vorbereitungszeit deutlich weniger geschlafen. Achtundvierzig Stunden wach zu bleiben ist für ihn, leider, nichts ungewöhnliches. Ein Alltag mit viel Stress und dafür wenig Essen und Schlaf ist ihm nur zu bekannt. Und doch kommt er sich heut Morgen ehrlich gesagt miserabel vor. Das erste Mal versteht er, was gemeint ist wenn sich jemand wie ‘ausgekotzt' fühlt. Herzhaft gähnt er hinter vorgehaltener Hand. Nur träge schafft er es schließlich die Augen zu öffnen und bemerkt langsam dass er auf der Wohnzimmercouch liegt. Das heruntergefallene Kopfkissen und die Bettdecke, die nur noch mit einem Zipfel auf seinem Fuß liegt, zeugen eindeutig von einer unruhigen Nacht. Wieso liegt er eigentlich hier? Lautes Geschirrklappern, sowie fröhliches, schiefes Singen aus der Küche sagen ihm dass Ino bereits voller Tatendrang und guter Laune das Frühstück zubereitet. Ino … und in dem Moment als ihr Name durch seinen Kopf hallt, beginnt sich der gestrige Tag noch einmal abzuspielen. Gestern war die Eröffnung der Ausstellung gewesen. Er war ungewohnt aufgeregt und voller  Zweifel. Die Nervosität über all die Ungewissheiten hätte ihn beinahe vollkommen eingenommen. Er hatte sich Inos Unterstützung gewünscht, doch sie war nicht da gewesen. Neben Gesprächen und sogar einem Verkauf, hatte Sai die bunthaarige Mary kennengelernt. Ein wirklich liebes Mädchen das Holzarbeiten ausstellte und mit einem Architekten verlobt ist. Mit ihr hatte er sich wirklich gut unterhalten. Die überschwänglichen Ausbrüche hatten deutlich abgenommen, je weiter der Tag voran geschritten war. Was ihm ehrlich gesagt sehr recht gewesen war. Hinter diesem überdrehten Auftreten versucht sie bloß ihre Unsicherheiten zu verstecken, das wird ihm jetzt erst bewusst. Wenn er jetzt so drüber nachdenkt, kam er vielleicht deswegen sofort mit ihr klar gestern. Sie dreht auf und er wird ruhiger im Streß. Künstler mit Leib und Seele, deren Selbst das ‘Hauptkunstwerk’ ist. Leise stöhnt der Sumi auf als ihm bewusst wird, welch irrsinnige Gedankengänge er so kurz nach dem wach werden hat. Kopfschütteln richtet er seine Gedanken wieder auf den vergangenen Tag. Er hatte Ino vermisst, Mary kennengelernt, Gespräche geführt, sich bei Frau Shijimi bedankt die ihm mit ihrer plötzlichen Umarmung nicht nur überrascht, sondern auch gefühlt die Rippen zerquetscht hatte. Dann war da noch … blaue, belustigt blitzende Augen tauchen in seinen Gedanken auf. Wie von der Tarantel gestochen setzt er sich kerzengerade hin und versucht sie blinzelnd zu vertreiben. Doch alles was es bringt ist, dass sich immer mehr von dem Träger der blauen strahle Dinger aus seiner Erinnerung bildet. Seine Erinnerung und wie er in dem Moment erschreckt feststellt, auch der Grund seiner schlaflosen Nacht, bekommt im wahrsten Sinne ein Gesicht. Das schwarze strubbelige Haar, das sonnengebräunte Gesicht mit den kleinen Sommersprossen, das süffisante, selbstzufriedene und so selbstsichere Grinsen. Erneut stöhnt der junge Tuschekünstler auf und bedeckt das Gesicht mit seinen Händen. Was ist nur los mit ihm? Wird er verrückt, wenn er schon von diesem flegelhaften Dämonenkönig träumt? Dass er sich deswegen die Nacht um die Ohren schlägt? Und warum im Namen aller Tuschemeister, gibt er diesem Unbekannten diesen doofen Spitznamen? Auf einer Stufe mit Bärchen, Hasi und Mausi. Obwohl, eigentlich ist ‘flegelhafter Dämonenkönig’ ja eher eine Vermischung aus Charakter und Kunst. Leise über seine eigenen seltsamen Gedanken knurrend, schwingt er seine Beine von der Couch. Er würde jetzt unter die Dusche gehen und seinen Kopf mit einer eiskalten Dusche schockfrosten. Hatte bisher schon oft geklappt in seinem Leben, wenn ihm selbst die Malerei keine Ruhe mehr geben konnte. Gerade als er wenige Schritte vom Sofa in Richtung Tür gegangen ist, erscheint plötzlich Ino vor ihm im Türrahmen. “Ah gut, du bist wach, dann spare ich mir das Wecken. Beeil dich, dann können wir noch zusammen frühstücken ehe ich in den Laden muss. Warum hast du eigentlich heute Nacht auf der Couch gepennt? Naja, mach dich fertig, sonst wird der Kaffee kalt.” Mit einem letzten fordernden Blick dreht sie sich so schwungvoll um, dass er beinahe ihre Haare ins Gesicht bekommt und rauscht zurück in die Küche. Seufzend folgt Sai ihr im deutlich langsameren Tempo, lässt doch der Ton in dem sie zu ihm gesprochen hat, eindeutig keine Weigerung zu. Mit jedem schlurfenden Schritt den er in Richtung Küche macht, spürt er wie die Wut der Nacht wieder in ihm anschwillt. Warum erlaubt sie sich so einen Ton ihm gegenüber, wo er extra wegen ihr nach Hause geeilt war? Wo zum Kuckuck hatte sie sich gestern bitte rumgetrieben und wann war sie bitteschön nach Hause gekommen? War es so spät gewesen, hatte sie sich nur leise verhalten oder er zu tief geschlafen, sodass er es nicht mitbekommen hatte wie sie Heim gekommen war? Letztendlich auch egal, denn alles was ihn gerade interessierte war richtig wach zu werden und heraus zu bekommen, wo die Blondine gestern gewesen war. Missmutig trinkt er seinen Kaffee und knabbert lustlos an seinem Brötchen herum, während Ino beinahe ohne Luft zu holen plappert. “ … und dieses süße Top erst, das hat so gut zu Sakura gepasst, dass wir es einfach kaufen mussten. Ich sag dir, die neue Kollektion ist wirklich ein Burner!”, schwärmt die Wasserstoffblonde mit verträumten Blick. Kleine dunkle Kaffespritzer landen auf dem Tisch, als Sai seine Tasche fester als beabsichtigt wieder auf den Tisch stellt. “Wo warst du gestern?” mit beinahe stechenden Blick fixiert er seine Freundin. Verwirrt blinzelt diese ihn einen Moment lang an, ehe sich ihr Gesicht verfinstert. “Das habe ich dir gerade gesagt. Hörst du mir überhaupt mal zu?” Nein, er würde sich jetzt hier kein schlechtes Gewissen einreden lassen! “Shoppen. Mit deinen Mädels. Ich will wissen wo du danach warst.” Skeptisch zieht die Yamanaka eine Augenbraue hoch und legt sich mit verschränkten Armen auf ihrem Stuhl zurück. “Warum interessiert dich das?” Überrumpelt blickt er seine Freundin an. Eigentlich ist dies eine gute Frage, denn es gab öfters Tage oder Wochenende an denen sie sich weder sahen noch schrieben. Es ist nicht so, dass sie das Klischeehafte Pärchen sind. Waren sie auch noch nie gewesen, wenn er jetzt mal mit beispielsweise Mary und ihrem Verlobten verglich. Kopfschüttelnd versucht er wieder auf seine Ursprungsgedanken zurück zu kommen. Auf dieses Verwirrspiel, welches sie hier versuchte, würde er erst gar nicht einsteigen. “Ich frage dich noch Mal…”, erneut bohrt er seinen stechenden Blick in ihren skeptischen. “Wo warst du danach? Warum warst du nicht zu Hause als ich wieder kam und warum kriegst du es, verdammt noch eins, nicht auf die Reihe auf meine Nachricht zu antworten? Du hast sie gelesen, das wurde angezeigt, also komm mir nicht mit irgendwelchen Ausreden!” Von erneuter Wut gepackt schiebt er seinen Stuhl abrupt nach hinten und steht auf um sich auf dem Tisch abzustützen. Am liebsten würde er schreien, ja dass ist es wohl wonach es ihm gerade gelüstet. Ino geht ihm inzwischen wirklich auf die Nerven mit ihrem selbstverliebten und Konsum-geilen Verhalten. Wann hatte dies begonnen? “Sai … was ist denn los mit dir?”, dringt die deutlich verwirrte und wenn er es richtig deutet auch ängstliche Frage Inos an ihn heran. “Antworte einfach, meine Hübsche.” Nur mühsam schafft er es diese Forderung nicht hinauszuschreien. Schreien bringt nichts, ausser das Leute Angst bekommen oder komplett abblocken. “Also, bitte sag es mir.” Warum seine Freundin ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrt, weiß er nicht und es ist ihm auch egal solange er seine Antwort bekommen. Mit stummen aber beharrlichen Blick beobachtet er, wie Ino sich schüttelt und einen Schluck Kaffee nimmt, ehe sie zu reden beginnt. “Wie gesagt, wir waren Shoppen. Wir haben uns so wohl gefühlt, dass wir beschlossen haben die Kleider noch ein wenig ‘ausführen’. Also waren wir Kaffee trinken. Als wir gehen wollten, kamen einige ehemalige Klassenkameraden rein und joa … da haben wir uns mit verquatscht.” “Klassenkameraden?”, unterbricht er sie mit hochgezogener Augenbraue. Das erste Mal während ihrer ganzen Beziehung, bereut er es ein kleines bisschen, dass er nicht weiß wen sie meinen könnte. Aus Inos Freundeskreis kennt er nämlich nur Sakura und Hinata. Tief aus seiner Erinnerung tauchen Namen auf die Ino mal erwähnt hat. Lee, Shino, Kiba. Dann hatte sie doch mal von einem Freund erzählt, dem er ähneln würde. Dabei fällt ihm auch auf, dass er doch eine männliche Person aus ihrem Freundeskreis kennt. Der Freund des Kerl, dem er ähnelt. Wie heissen sie nur? “ … und dann fragte Naruto ob wir mitkommen wollten. Anstoßen halt, auch auf die alten Zeiten. Es ist so lange her, dass wir alle mal zusammen saßen. Auch wenn es Zufall war. Da bin ich irgendwie drüber hinweg gekommen. Vor allem als dann …” Doch der Sumi unterbricht sie mit einer anschneiden Handbewegung. “Danke, ich habe nun alles erfahren was ich wissen wollte. Wenn du mich nun entschuldigst, Ich werde duschen gehen ehe ich ins Crystal Dragon fahre.” Damit richtet er sich auf und wendet sich in Richtung Tür. “Was ist denn los mit dir? Bist du etwa eifersüchtig?” Überlegend bleibt er im Türrahmen stehen und versucht rauszubekommen, warum er gerade diese Achterbahn der Gefühle durchgemacht hat. Warum er es so sehr wissen wollte. “Nein.” Dies meint er vollkommen ernst. Es ist ihm herzlich egal, ob Ino sich nun mit Frauen oder Männern trifft. Muss wohl dieses überall erwähnte und hochgeschätzte Vertrauen in den Partner sein. “Was ist es dann, Sai?”, harkt seine Freundin noch einmal nach. Doch alles was er tut ist mit den Schultern zu zucken und ins Bad zu gehen um sich für den Tag fertig zu machen. Vielleicht findet er ja im Laufe des Tages heraus warum ihm die ganze Situation so nervt. “Hey Sai”, ertönt es auch schon fröhlich, kaum dass er die Galerie betreten hat. Gedankenverloren blickt er sich um und entdeckt Mary die strahlend auf ihn zu tänzelt. Sie sieht irgendwie … glücklich aus. Ja, das ist wohl das richtige Wort um dieses breite Grinsen in ihrem Gesicht, sowie die strahlenden Augen zu beschreiben. Grimmig kommt es ihm in den Sinn, dass ihr Abend wohl ein voller Erfolg war. Ganz im Gegensatz zu seinem eigenen, der sogar damit endete, dass er auf der Couch schlief. Er kann förmlich spüren wie seine schlechte Laune ansteigt und seine unerklärliche Wut auf Ino zurück kommt. “Hallo Mary”, antwortet er monoton als die junge Frau vor ihm stehen bleibt. Warum fühlt er nur all das? Sonst stören ihn solche Sachen doch auch nicht! Trotz Beziehung, haben sie beide trotzdem ein eigenes Leben. Ino ihre Blumen und Freundinnen und er seine Kunst. Was ist also plötzlich sein Problem? Was hat sich geändert? “Sai? Ist alles ok bei dir?” Kopfschüttelnd versucht er die belastenden Gedanken zu verscheuchen und sich auf die vor ihm Stehende zu konzentrieren. “Nein?”, hinterfragt Mary sein Kopfschütteln, doch er schüttelt erneut den Kopf und geht mit einem  “Ja.”, an ihr vorbei in Richtung Aufenthaltsraum. “Was ja? Ja, alles stimmt oder ja, es ist nicht in Ordnung? Du sprichst in Rätsel Sai!” Unglaublich, wie neugierig dieses bunthaarige Persönchen doch ist! “Alles bestens, danke der Nachfrage”, bringt er ruhig hervor, während er seine Jacke aufhängt und einen prüfenden Blick in den Spiegel wirft. “Hey, Sai … also …”, unsicher bricht Mary ab, ehe sie tief Luft holt und fortfährt. “Ich glaube dir nicht und wenn was ist, kannst du es mir erzählen. Schließlich sind wir Freunde!” Verwirrt blinzelnd starrt er sie über den Spiegel an. “Sind wir?” Schließt man denn wirklich so schnell Freundschaften? Heißt es nicht in den Büchern, dass sich Freundschaft mit der Zeit entwickelt? Dass sich immer mehr ein Band zwischen den Beteiligten bildet, bis es ‘jedem Sturm trotzt’? Gute vierundzwanzig Stunden dürften dafür eindeutig nicht reichen! Er weiß ja nicht mal wirklich etwas über sie! Wobei … es ist mehr als sie über ihn selbst weiß. Schließlich hatte er es möglichst knapp gehalten, was er ihr über sich und sein Leben erzählt hatte. Seine Kunst, ja die hatte er gestern hervor getan und in den Fokus gerückt, denn schließlich war er ja auch deswegen hier. Grübelnd legt er die Stirn in Falten und testet diese unbekannten Worte stumm auf der Zunge. ‘Freund’, ‘Freunde’, ‘Freundschaft’. Die Definition von Freundschaft ist laut dem Lexikon: Ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet. Eine in einer freundschaftlichen Beziehung stehende Person bezeichnet man als Freund oder Freundin. Trifft dies auf Mary und ihn zu? Richtig sicher ist er sich nicht, denn um dies zu beurteilen, fehlt um schlicht und ergreifend die Erfahrung. Niemals in seinem bisherigen Leben, war er in so eine Situation gekommen. Dafür waren ihm alle andere Menschen einfach viel zu unwichtig und es auch einfach nicht wert Zeit mit ihnen zu verbringen. Niemand außer Ne hatte bisher begriffen, dass die Kunst nun Mal an erster Stelle stand, steht und es auch immer tun wird. Niemand hat begriffen, dass es das Einzige ist, über das er reden kann und sich gut damit fühlt. Und eben jener Meisterkünstler und Lehrmeister war es auch gewesen, der ihm gesagt hatte, dass Gefühle einem oftmals im Weg waren. Den besten Beweis dafür hatte er ja gestern Abend, sowie heute Morgen bekommen. Seine Wut war so unerwartet heftig gewesen und eigentlich doch auch aus dem Nichts gekommen, oder? Sein aktuelles Problem ist es einfach, dass eben diese Wut und Enttäuschung einfach nicht mehr verschwinden wollten. Sie kriechen immer wieder empor, sodass ihn allein der Gedanke an das Gespräch am Frühstückstisch die Kiefer aufeinander pressen lässt. Eine schmale Hand, die sich vorsichtig auf seine Schulter legt, lässt ihn in seinem wild wirbelnden Gedanken und Gefühls-Mix innehalten. “Sai, hast du gehört was ich dir gesagt habe?” Blinzelnd dreht er sich zu Mary herum und lächelt sie möglichst entschuldigend an. Augen rollend seufzt die Bunthaarige und boxt ihm spielerisch auf den Oberarm. “Hab ichs mir doch gedacht, du Träumer!”, sanft lächelt sie ihm entgegen und blickt ihm entschlossen in die Augen. “Ich sagte, in meinen Augen sind wir Freunde. Du bist nett, du bist ein toller Künstler. Ich kann mich super mit dir unterhalten. Du bist auf deine Art wirklich lustig. Selbst Yamato, mein Verlobter, sagte gestern, dass du nett wirkst. Wenn auch ein wenig düster. In meinen Augen reicht dies doch, um Freunde zu sein oder?” Mit schief gelegtem Kopf mustert sie ihn. Kann es denn so einfach sein, fragt er sich wieder einmal und muss doch ein wenig bei Marys kindlicher Naivität schmunzeln. Kann es wirklich nur vom Nachteil sein dieses Gefühl der Freundschaft zu ihr zuzulassen? Bei Ino hatte er sich ja schließlich auch über Nes Anweisung keine Gefühle und Bande zu Menschen zuzulassen, hinweggesetzt. Ja, er würde Mary vertrauen. Er würde sie wirklich als Freundin betrachten und auch die damit Verbundenen Verpflichtungen gerne eingehen. Es muss nicht dazu kommen, dass ihn diese Freundschaft behindert und schwach macht! Ein ehrliches Lächeln erscheint auf seinen Lippen, als er dem vor ihm stehenden Mädchen die Hand auf den Kopf legt. “Ja, du hast wohl recht. Wir sind Freunde!” Fasziniert beobachtet er, wie seine neue Freundin daraufhin strahlt wie das viel beschriebene ‘Honigkuchenpferd’. “Na dann, lass uns hier ein paar schöne Stunden haben und heute Abend gehen wir was Essen und Trinken!”, flötet die junge Frau deutlich bester Laune gestimmt und klatscht in die Hände. Bei allen Tuschemeistern! Diese Frau ist wirklich anstrengend - wenn auch unterhaltsam -  mit ihrer guten Laune und überdrehten Art. “Und was ist mit Yamato … also habt ihr nichts Pärchen mäßiges vor? Kommt er mit? Vielleicht kann ich ihm dann beweisen, dass ich gar nicht so düster bin.” Kurz wirkt ihr Grinsen verkniffen, ehe sie entschlossen den Kopf schüttelt. “Nein, leider ist er heute nicht da. Er musste zu einem dringenden Großprojekt. Als leitender Architekt wird er da doch dringender gebraucht als gedacht, weil irgendwas nicht so läuft wie geplant. Genaueres konnte er mir nicht erzählen, weil es was Staatliches ist.” Verstehend nickt der Sumi ihr zu. Über Dinge nicht reden zu können und zu dürfen, ist ihm dank Ne leider nur allzu bekannt. “Deswegen würdest du mir echt einen Gefallen tun, wenn wir später noch was unternehmen.” Schmunzelnd hält der Schwarzhaarige ihr seinen Arm hin, woraufhin sie sich bei ihm einharkt. “Na dann meine Liebe, lass uns jetzt noch ein wenig Zeit hier verbringen, dann gehen wir uns Mittagessen holen und dann gehen wir Abends ‘um die Häuser ziehen’.” Lächelnd blickt er auf das, durch seine Zustimmung wieder glücklicher wirkende, Mädchen hinab. Seine erste wirkliche Freundin, die von sich aus auf ihn zugekommen ist. “Wie gut, dass wir nicht dauerhaft hier seien müssen, sondern nur unsere Kunstwerke. Lass uns nachher Eis essen gehen, ok? Oder Pizza. Oder Salat. Oder Nudeln. Hast du von dem neuen Sushi Laden gehört der hier um die Ecke aufgemacht haben soll?” Zufrieden lauscht er Marys unaufhörlichem plappern, während sie sich in Richtung Ausstellungsraum auf machen. Gerade als sie diesen betreten, versperrt ihn ein gewisser ‘Dämonenkönig’ den Weg. Während Mary den Hinzugekommen freundlich begrüßt, versucht Sai ihn mit einem knappen Nicken abzuspeißen und an ihm vorbei zu kommen. Den dass was der Streit mit Ino und auch das Gespräch mit Mary erfolgreich verdrängt haben, kommt ihm jetzt wieder unaufhörlich in den Sinn. Im Schnelldurchlauf durchlebt er noch einmal dieses komischen Moment zwischen ihnen am gestrigen Abend und Erinnerungsfetzen seiner Träume. Doch jetzt ist eindeutig nicht der Moment, in dem er sich damit befassen will. Es musste ja nicht sein, dass er sich noch mehr Probleme zu legt, wo Ino doch schon ein gewaltiges Problem darstellte. Doch der Versuch einfach an Menma vorbei zu kommen, wird durch Mary behindert. Hängt sie doch immer noch meine krampfhaft an seinem Arm und tauscht Nichtigkeiten mit dem anderen Schwarzhaarigen aus. Unauffällig versucht er seinen Arm zu befreien, doch egal wie sehr er es auch versucht, seine bunthaarige Freundin verstärkt ihren Griff einfach nur. Dabei muss ihr doch auffallen, wie unwohl er sich fühlt, so aufmerksam wie sie ist. Warum tut sie ihm dann dies hier an? “Was würde wohl dein Verlobter dazu sagen, wenn er sehen würde dass du hier Arm in Arm mit nem Anderen rum läuft? Und wie siehts mit deiner Perle aus, Pinsler?” Während die junge Frau empört nach Luft schnappt, wendet Sai seinen Kopf langsam in Richtung des Schnösels und wenn Blicke töten könnten, würde dieser jetzt wohl in Flammen aufgehen. “Wenn man keine Ahnung hat, soll man doch die Klappe halten, oder?”, zischt er mühsam beherrscht. Von Null auf Hundert spürt er wie seine Wut wieder empor kommt und dieser arrogante Fazke ist einfach perfekt dafür um sie heraus zu lassen! Vielleicht würde das diesen von seinem hohen Ross herabholen. “Zum Mitschreiben, wir sind Freunde. Falls dir dieses Wort etwas sagt!” Dass es schon an einer Farce grenzt, dass gerade er so etwas sagt, fällt ihm in dem Moment nicht auf. “Lass uns in Ruhe und geh mit deinen Puppen spielen, Dämonenkönig.” Seine Stimme ist leise, doch er kann sehen dass er es geschafft hat die Drohung bei Menma ankommen zu lassen. Haben sich doch dessen Pupillen deutlich geweitet. Mit einem kribbelnden Hochgefühl und einem siegesgewissen Lächeln zieht er die sprachlose Mary hinter sich her. Weg von diesem komischen Kerl, der ihn selbst in seinen Träumen nicht in Ruhe ließ. Kapitel 4: ----------- Wenn er bisher dachte, dass der gestrige Freitag gut besucht gewesen war, so merkt er heute, wie sehr er sich geirrt hatte. Er hatte Guren am Morgen nicht geglaubt, als diese alle noch einmal zusammengerufen hatte und meinte, dass heute nicht nur geladene Gäste kamen, sondern vor allem die Laufkundschaft. Diese sei, bei dem Namen ihrer Galerie, auf keinen Fall zu unterschätzen. Tja, jetzt kann er diesen Worten einfach nur noch zustimmen! Es sind viele gekommen die nur gucken, doch ebenso sind viele dabei die Sachen über seine Werke wissen wollen. Leider sind viele schlicht und ergreifend unwissend und simpel in ihrer Faszination. Laien. Gut gelaunt und neugierig, aber Laien. Nein, besser gesagt gut gelaunte, neugierige und zahlkräftige, ja beinahe kaufwütige, Laien! Seine Kollegen hatten im Laufe des Vormittags rund um ihn gut verkauft, doch er selbst nicht. All die heutigen Interessenten sind einfach nicht kompatibel mit seinen Werken, seiner Meinung nach.   Ein Blick auf die Armbanduhr verrät ihm, dass es nun Zeit ist mit Mary Mittag essen zu gehen. Langsam tritt er an seine Freundin heran, die gerade im Gespräch mit einem Aquarellkünstler ist. “... es ist wirklich verrückt und … oh, hey Sai”, unterbricht das Mädchen sich selbst als sie ihn entdeckt und strahlt ihm entgegen. “Hi. Ich wollt nicht stören. Du sagtest heute Morgen was von Mittagessen und jetzt ist es schon nach 12 Uhr.” “Was? Oh … ok. Bis später Sam!” Mit diesem Ausruf wirbelt die Holzkünstlerin auf dem Absatz herum und verschwindet in Richtung Aufenthaltsraum. Schmunzelt blickt der Sumi ihr hinterher, während Sam lachend meint, dass jetzt nur noch die Cartoon-Klischee-Staubwolke fehlen würde, damit der Abgang perfekt ist. Doch noch bevor Sai darauf antworten kann, steht Mary schon wieder vor ihnen und drückt ihm seine Jacke in die Hände. Überrumpelt blickt der Schwarzhaarige zwinkernd zwischen seiner Jacke und dem Mädchen hin und her. Dabei fällt ihm auf, dass sie mit ihren nun rot gefärbten Wangen und den großen strahlenden Augen unglaublich aussieht. Unschuldig, jung und irgendwie … schutzbedürftig. Das nie zuvor gefühlte Gefühl ‘Beschützerinstinkt’ kommt in ihm unerwartet empor, während er in seine Jacke schlüpft. Prompt hängt sich Mary bei ihm ein und zieht ihn ungeduldig zum Ausgang.   Während ihres kurzen Weges zu einem der kleinen Bistros in der Nähe, fasst Sai einen Entschluss: Er würde auf Mary aufpassen und über sie wachen. Ist ja auch nur logisch, denn schließlich ist Yamato nicht in der Stadt und zudem ist Mary seine Freundin. Da muss er auf diesen “Flummi”, wie Sam die Lilahaarige vorhin leise genannt hatte, doch einfach aufpassen. Das gehört sich als Freund und Gentlemen. Obwohl, wie ist noch einmal die Definition von ‘Gentlemen’? Doch bevor er aus den Tiefen seines Hirns eben jene Definition holen kann, tauchen bunte Haare in seinem Blickfeld auf und holen ihn wieder ins Hier und Jetzt. “Hey Mr. Sumi. Erde an Sai”, dringt Marys Stimme an ihn heran, während sie mit der Hand vor seinem Gesicht herumwedelt. Blinzelnd fokussiert er den Blick auf die junge Frau. “Entschuldige bitte. Ich war …” “... tief in Gedanken”, unterbricht Mary ihn lachend, während sie ihm spielerisch in die Seite boxt. “Nun hör aber auf zu träumen, oder ist das besser als mit mir”, dabei macht sie eine Handbewegung ihren Körper hinab,”... die Zeit zu verbringen?” Irritiert zieht der junge Sumi eine Augenbraue empor. Was ist nur heute mit seiner bunthaarigen Freundin los? Irgendwie … ja, irgendwie ist sie überdreht. Aber nicht richtig irgendwie. Er kann er nicht genau benennen, aber wenn er es beim Namen nennen müsste, so würde er es wohl ‘falsch überdreht’ nennen. Oder ist das vielleicht die wahre Mary? War sie gestern vielleicht nur zu überwältigt und verschüchtert von den ganzen Eindrücken gewesen? Sai weiß es nicht und greift kopfschüttelnd nach dem Türgriff, um Mary den Eintritt ins Bistro zu gewähren.   Doch in dem Moment, in dem er ziehen will, wird die Tür von innen aufgedrückt und niemand anderes, als der ihn in den Schlaf verfolgende Dämonenkönig steht mit großen Augen vor ihm. Doch so sehr ihn der beinahe verschreckte Ausdruck des anderen Schwarzhaarigen verwirrt, so verwirrt ihn doch umso mehr das beinahe diabolisch wirkende Grinsen, welches auf dem Gesicht des Marionettenkünstlers erscheint. Der Blick Menmas springt zwischen Sai und Mary hin und her. “Was machst du denn hier?”, entfährt es Sai ehe er es vermeiden kann und kneift schnell die Lippen zusammen. “Auf jeden Fall nicht im Weg stehen und dumme Frage stellen”, gibt Menma trocken zurück und tritt mit verschränkten Armen zwei Schritte auf ihn zu. Vollkommen jeglicher Argumente beraubt, blickt Sai in die blauen Augen Menmas. Es ist beinahe wie … ja, wie funkelnde Meere. Tief, geheimnisvoll, faszinierend. Was denkt er hier eigentlich für einen Quatsch? Das klingt eher wie frisch aus einer von Inos Frauenzeitschriften oder einem dieser Liebesfilme, die sie dauernd mit Sakura guckt - also nach totalem Bockmist. Und obwohl er sich seines schrägen Verhalten bewusst ist, schafft er es doch nicht seinen Blick zu lösen. Wie lange sie beide da so gefangen im Blick des jeweils Anderen stehen, weiß der Sumi nicht. Was er jedoch wahrnimmt ist der Anflug von Bedauern, als Mary sich laut räuspert und der andere Schwarzhaarige blinzelnd seinen Blick löst. “Also, wenn ihr dann fertig seid mit eurer Show? Falls nicht … ich geh jetzt schon mal essen.” Damit verschwindet die junge Frau lachend im Geschäft. Das leise Knallen der sich schließenden Tür hallt geradezu in seinen Ohren wieder. Was ist nur los mit ihm im Moment? Für einen kurzen Augenblick schließt er die Augen und atmet tief ein und aus. Er benimmt sich ja wirklich albern, also ebenso wie seine Gedankengänge sind. “Ich geh dann mal”, bringt er krächzig hervor, ehe er verunsichert an Menma vorbeitritt. Als er dabei mit seinem Ellenbogen den des Anderen streift, kann er nur mit Mühe ein Zusammenzucken verhindern indem er nach dem Türgriff greift, die Tür entschlossen aufzieht und hinein tritt. Ein zögerliches “Ja … bis später”, im Ohr.   Wirklich viel hat er von dem Gemüseauflauf nicht herunter bekommen, denn blaue Augen und eine gefühlte Millionen an unbeantworteten Fragen toben in seinem Kopf. Mary beweist mal wieder, welche Qualitäten sie als Freundin und Mensch allgemein hat, denn erst als sie sich räuspert, wird ihm bewusst, dass sie ihn nicht angesprochen hat. Die Bunthaarige hat einfach geschwiegen und gegessen. Und ihm immer wieder komische Blicke zugeworfen. Das hat er selbst in seinem zerstreuten Zustand bemerkt. Ein weiterer Punkt auf der Liste, den er nicht versteht. Doch dem würde er heute Abend Abhilfe schaffen, hat er sich doch fest vorgenommen in seinen treuen Büchern - und notfalls auch dem Internet - nach Antworten auf alles zu suchen!   “Bist du fertig? Oder willst du das Essen noch länger hin und her schieben, als würdest du Farbe anrühren?”, fragt Mary unschuldig, doch Sai sieht wie ihre Augen belustigt blitzen. “Lass uns gehen.” Entschlossen steht er auf, legt - unter dem Protest seiner Begleitung - ausreichend Geld auf den Tisch und schon stehen beide in ihren leichten Jacken vor dem Laden. “Also mein Lieber, wann lerne ich eigentlich die Frau an deiner Seite kennen? Wie ist sie so?”   Augenblicklich beginnen die Gedanken des Sumis Amok zu laufen. Nicht nur dass seine unterdrückte Wut auf Ino wieder empor kommt und seine Beschreibung dieser deutlich negativer färbt. Zudem beginnt sein Hirn auch noch Szenarien zu produzieren. Szenarien in denen Mary und Ino aufeinandertreffen. Was dann wirklich eine Gänsehaut über seinen Rücken schickt. Denn die beiden sind wie Tusche und Aquarellfarbe. Mit beidem kann man Kunstwerke schaffen, doch zusammen? Ino ist eine Prinzessin, immer auf der Suche nach schicker, besser, neuer und einfach cooler. Mary hingegen ist deutlich bodenständiger, einfacher und wenn er ehrlich ist, auch deutlich einfacher und in ihrem Verhalten direkter. Warum ist er überhaupt mit Ino zusammen? Schnell schüttelt er den Kopf um diesen Gedanken los zu werden, denn so darf er einfach nicht denken! Ausweichend vertröstet er seine lilahaarige Freundin mit der ungenauen Aussage, dass er Ino mal fragen würde und verwickelt die Holzkünstlerin in eine Diskussion über die heutige Abendplanung. Gedanklich setzt er jedoch den Punkt ‘Ino und Mary nicht aufeinandertreffen lassen’ nach ganz oben auf seine To-do-Liste!   Kurz bevor die beiden gut gelaunt wieder am Chrystal Dragon ankommen, ertönt hinter ihnen plötzlich eine laute Stimme. “... ECHT JETZT!” Irgendwoher kommt ihm die Stimme bekannt vor. “Sai. Hey, Saaaai!” Und die Stimme scheint ihn zu kennen. Doch noch bevor er sich mit Mary herum drehen kann, spurtet auch schon jemand an ihnen vorbei und ein Mensch mit blonden Haaren kommt schlitternd vor ihnen zum Stehen. Freudig-blitzende blaue Augen strahlen ihn an und am liebsten würde er laut stöhnen. Nicht noch so einer!   “Hey, Alter. Lange nicht gesehen, kennst mich noch?”, erkundigt sich das Strahlemännchen, während es die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Natürlich kann Sai sich an diesen menschlichen Flummi erinnern. Er ist einer von Inos Freunden. Naruto. “Und wer ist die hübsche Lady da an deinem Arm?”, plappert Naruto auch schon weiter, ohne Sais Antwort abzuwarten. Augenblick schießt eben jene Lady, ein reichlich undamenhaftes Schnauben zurück und schnalzt mit der Zunge. “Woher kennst du den Verrückten?”, will seine Künstlerkollegin so unauffällig wie möglich wissen, doch Sai flüstert ihr nur ein “Später” zurück. “Was machst du hier, Na…” “NARUTO!” Diese Stimme … der Tonfall und die Wut, das ist ganz eindeutig Sakura. Augenblicklich sieht Sai seine Fälle, oder besser gesagt seine To-do-Liste sich in Luft auflösen. Verdammt, wo Sakura ist, da ist Ino in der Regel nicht weit. Irgend so ein ‘beste Freundinnen Ding’, welches ihm Ino schon mehrfach versucht hat zu erklären.   “Komm…”, raunt er Mary leise zu, ergreift ihre Hand und versucht so unauffällig wie möglich an den Anderen vorbei zu kommen. Hoffentlich ist Sakura zu sehr damit beschäftigt, auf den Blonden einzuschreien und einzuschlagen. Flucht mag vielleicht nicht ehrenhaft sein, aber in diesem Moment wächst ihm einfach alles über den Kopf. Erst diese Freunde Geschichte mit Mary, dazu die Gedanken, Träume und Begegnungen mit Menma und schließlich jetzt dieses unfreiwillige Zusammentreffen. Da gibt es doch diese Redensart, ‘Schlimmer geht immer’ und DARAUF, kann er wirklich verzichten!   “SAI! Wo gedenkst du hinzugehen?” Die Herausforderung und auch das kein Widerspruch geduldet wird, ist für ihn deutlich aus Sakuras hoher Stimme herauszuhören. Verdammt, jetzt heißt es kämpfen. Bei Sakura eventuell sogar wortwörtlich. Eigentlich ja peinlich, dass er dieser Situation so feige entkommen will. Wenig männlich. Jedoch kann er Sakura einfach nicht leiden. Konnte er noch nie. Nicht nur dass sie aufbrausend ist und zu körperlichen Attacken neigt, nein. Dazu ist sie auch noch falsch und hinterhältig. Eine typische ‘Lästerschwester’, wie es umgangssprachlich so schön heißt. Oder doch eher ‘Bitch’? Sai weiß es nicht und er bekommt auch keine Zeit mehr darüber nachzudenken, stößt die Rosahaarige doch gerade ein hohes “Was ist das?”, aus und zeigt mit aufgerissenen Augen auf Mary.   “Ich bin kein ‘das’", reagiert Mary, befreit ihre Hand und baut sich mich verschränkten Armen neben ihm auf. Ok, dieser laufende Meter hat wirklich mehr Stolz als ihr gut tut. “Hab ich dich gefragt? Ich rede mit ihm”, gibt Inos beste Freundin mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück und augenblicklich spürt Sai diesen typischen stechenden und verurteilenden Blick auf sich liegen. “Raus mit der Sprache, Freundchen.”   Doch ehe er der Rosahaarigen antworten kann, schlägt das Schicksal richtig zu - oder trifft die Redensart nur voll ins Schwarze ? - und er sieht wie Ino, in Begleitung eines anderen Schwarzhaarigen, hinter Sakura um die Ecke kommt. Sasuke, fällt ihm der Name spontan und überflussigerweise ein. VERDAMMMT! So war das nicht geplant!   “Sakura, was ist hier los?”, will Ino auch schon wissen und Sai glaubt für einen kurzen Moment so etwas wie Triumph in den Augen der Gefragten aufblitzen zu sehen. “Och nö”, kommt es maulend von Naruto, der wohl nun auch begriffen hat was um ihn herum abläuft. “Das, meine Liebe, versuche ich auch rauszubekommen. Ich habe deinen werten Freund gerade Händchen haltend mit der da erwischt.” Dabei zeigt die Rosahaarige auf Mary, die sofort wieder zu Protest ansetzt. Jedoch unterbindet Sai dieses, in dem er die Holzkünstlerin kurzerhand hinter sich schiebt. Er hat es sich ja schließlich selber geschworen, auf Mary aufzupassen. Auch wenn es vielleicht übertrieben ist, aber seine sonst so unempfänglichen Alarmglocken schreien jetzt geradezu. “Sakura, hör auf zu lügen”, sagt er mit drohenden Unterton, was Sakura ein abschätziges Schnauben entlockt. “Naruto hats doch auch gesehen. Nicht wahr, Naruto?” Wenn sich Blicke in Menschen bohren könnten, dann wäre der Blonde jetzt wohl ein Sieb. Das dieser sich deutlich beginnt unwohl zu fühlen, kann der Sumi ihm nicht verdenken. Sakuras Ausstrahlung war schon immer besonders und eindrucksvoll. Ihr Ruf als Kampfsportlerin tut dann ihr übriges. “Ähm … äh … also”, stottert Naruto und wirft ihm einen Hilfe suchenden Blick zu, den Sai nüchtern erwidert. “Ich … ich weiß nicht genau”, gesteht der Uzumaki und kratzt sich entschuldigend grinsend am Hinterkopf. Natürlich rettet ihn das nicht vor einer erneuten Attacke seitens der Kampfsportlerin. Während Naruto so gut es geht ausweicht und versucht zu erklären, dass er zu beschäftigt damit war sich vor Sakuras Attacke zu schützen, klingt sich nun auch Ino in die Szene ein.   “Du sagst also Sakura, meine beste Freundin, würde lügen?” “Ja.” “Du hast also nicht mit ‘der da’, Händchen gehalten?” “Nein.” “Dann, mein Lieber, klär mich auf. Wer ist sie?” Tief durchatmend versucht Sai seinen Zorn runterzudrücken. Waren die beiden eigentlich schon immer so nervtötend? “Was sind denn das bitte für Schnepfen?”, hört er Mary leise zischen, doch ansonsten hält sie sich hinter ihm auf. “Kleines, geh doch schon Mal vor. Ich komm auch gleich nach”, fordert er die junge Frau mit einem Blick über die Schulter auf, doch ihr entschlossener Blick sagt ihm, dass er auf taube Ohren stößt. “Hier spielt die Musik!”, keift Ino. “Beruhig dich endlich, Ino! Verdammt, müsst ihr denn immer wie aufgeregte Hühner schnattern? Das ist Mary meine Kollegin und Freundin.” “FREUNDIN?”, erklingt es auch schon schrill zweistimmig. “Gehst du mir etwa fremd oder was?”, will Ino mit blitzenden Augen wissen, während Sakura an sie heran tritt und einen Hand auf die Schulter legt. Diese Frage scheint jedoch bei Mary den Geduldsfaden zu reißen, denn ehe Sai sich versieht, steht die Lilahaarige mit in die Hüften gestemmten Händen wieder neben ihm.   “Erstens: Hast du Bohnen in den Ohren? Ja, ich bin seine Freundin. Nicht mehr und nicht weniger. Was verstehst du daran nicht? Oder gehst du Sai mit dem Blacky neben dir fremd?” “WAS FÄLLT DIR EIN, DU KLEINE SCH…” Nur ein beherztes Eingreifen Sasukes ist es zu verdanken, dass sich die besten Freundinnen nicht auf Mary stürzen. “Hol deinen Bruder”, hört Sai den Uchiha sagen und wie der Blitz verschwindet Naruto auch schon.   “Komm runter Ino”, zischt der Sumi beinahe kalt, während er im Augenwinkel eine zufrieden grinsende Mary erkennt. Wirklich, diese Frau ist seltsam. Überdreht, nett, hilfsbereit und doch … doch auf eine seltsame Weise gefährlich. Wie hatte Ne ihn doch einmal gewarnt? ‘Frauen zum Feind zu haben, konnte bei der falschen tödlich enden.’ Gut, Mary tötet nicht, jedoch scheint sie zu wissen, mit welchen Worten sie verletzen kann. Gab es da nicht auch ein Sprichwort? ‘Wörter sind schärfer als jedes Schwert’, oder so ähnlich? “Sas, jetzt lass mich los verdammt! Ich soll runter kommen, während die Schlampe sonst was behauptet?”, keift Ino während Angesprochener gar nicht einzusehen scheint die Hellhaarige aus seinem Griff zu entlassen. Auch Sakura windet sich schnaubend, doch der Griff Sasukes an ihren Krägen ist unerbittlich fest. “Ich habe eine ganz normale Frage gestellt und nichts unterstellt”, kommt es trocken von der jungen Holzkünstlerin, während sie mit den Schultern zuckt. Leise lacht Sai auf und wuschelt ihr durch die Haare. “NIMM DEINE FINGER WEG!”, brüllt Ino laut, sodass selbst dem letzten Passanten klar seien muss, dass hier gerade ein Drama abläuft. Gerade als Sai etwas erwidern will, erklingt eine dunkle Stimme hinter ihm und so verlässt nur ein frustriertes Stöhnen seine Lippen. Was nun Mary zum Lachen bringt.   “Was ist denn hier los?”, ertönt es neugierig von Menma und umgehend kann Sai eine Veränderung an Ino beobachten. Hat sie sich vorher noch wie ein Hamster mit Tollwut verhalten, sackt sie plötzlich in sich zusammen und ihre Augen füllen sich mit Tränen. “Menma …”, wispert die Yamanaka mit brüchiger Stimme und blickt den Hinzugeholten mit großen Augen hilfesuchend an. “Sasuke, spielst du jetzt den Aufpasser für die beiden wildgewordenen Furien?”, übergeht der Angesprochene den Hilfeersuch schlicht und einfach. “TZ! Furien ist das richtige Wort. Lästig nenne ich es”, antwortet der Uchiha und verzieht sein Gesicht. “Benehmt euch, wenn ich euch loslasse, sonst ziehe ich hier ganz andere Seiten auf. Verstanden?” Die Drohung ist für Sai deutlich herauszuhören. Für die Mädchen ebenfalls, nur dass sie anscheinend auch die Tragweite begreifen, den Sakura schüttelt sich und beide nicken artig. “Also, was ist hier los?”, erkundigt sich Menma, verschränkt die Arme und fixiert Sai. “Das sag ich dir, Sai hat …”, wirft Ino ein, doch Menma unterbricht sie mit einer harschen Geste. “DICH habe ich nicht gefragt.” “Aber Menma ....”, jammern nun beide Mädchen, doch der Uzumaki schnalzt nur mit der Zunge und widmet sich wieder Sai. “Also …?”   Verwirrt runzelt Sai die Stirn und blickt Hilfe suchend zu seiner kleinen Freundin, doch die zuckt nur mit den Schultern und macht eine ungenaue Handbewegung. Gut, die ist ihm wohl gerade keine Hilfe. Ob es am ‘Können’ oder ‘Wollen’ liegt, kann Sai nicht sagen. “Also Sai … heute noch!”   “Pamp mich hier nicht an, nur weil die durchdrehen”, gibt Sai ungehalten zurück, was ihm nur eine hochgezogene Augenbraue einbringt. Ihm reicht es inzwischen wirklich. Das Ganze ist wieder Mal ein Beweis von Nes Lebensphilosophie. Vom Abstand zu anderen Menschen. Beobachten, nicht interagieren. “Mary und ich waren auf dem Rückweg, da kommt erst Naruto angerannt. Dann Sakura, verdrischt deinen Bruder und als ich Mary wegziehen will, schreit sie rum. Dann Ino. Geschrei, Lügen und …” “Und dass du FREMDGEHST!”, brüllt Ino erneut. Schneller als erwartet stürzt die Yamanaka nach vorne und klammert sich Halt suchend an den schwarzhaarigen Uzumaki. “Menma, er hat mit ihr Händchen gehalten. Auf offener Straße. Er sagt, sie ist seine Freundin und diese Bitch unterstellt mir, was mit Sasuke zu haben. Mach was”, schluchzt die angeblich Betrogene. Mit offenem Mund blicken sich der Tusche- und die Holzkünstlerin an, ehe sie sich sprachlos wieder der Szene vor ihnen zuwenden. DAS da vor ihm, ist eindeutig nicht Ino. Diese jammert und klagt zwar auch ab und an, aber dieses Abbild von Hilflosigkeit und Trauer und Lüge, ist nicht Ino. Oder hat er bisher einfach nur nicht die wahre Ino gesehen? Der Zweifel an dieser Beziehung in ihm wächst erneut.   “Lass mich los”, bittet Menma angewidert klingend, doch die Floristin verkrallt sich nur stärker schluchzend in dessen Oberteil. “LASS. LOS!”, befiehlt er, doch erst ein eingreifen Narutos lässt die Yamanaka von dem Schwarzhaarigen loseisen. Augenblicklich atmet Sai befreiter durch. Er hat gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte. Warum? “Und da unterstellt sie dir Fremdgehen”, kommentiert Mary das Ganze schnaubend. Warum? Warum kümmert ihn der Gedanke - dass Ino fremd gehen könnte - nicht und der Gedanke dass es mit Menma sein könnte, jedoch sehr wohl. Irgendwas stimmt hier überhaupt nicht! Das wird ihm ganz deutlich klar. Vor allem wird ihm bewusst, dass nicht nur mit ihm etwas nicht stimmt, sondern in erster Linie mit der Beziehung zu Ino. Ein Ratschlag aus einer von Inos Frauenmagazinen, den er aufgeschnappt hatte, kommt ihn in den Sinn. “ … ist verlobt, ihr beiden …” “Ino, es ist aus”, unterbricht er Menma und blickt Ino mit festen Blick an. “Es reicht mir. Du reichst mir. Es gibt kein ‘Wir’ mehr, denn das gab es nie.”   Schweigen legt sich über die Gruppe, während er sechs Augenpaare auf sich liegen fühlt. Leichtigkeit erfasst ihn und es kommt ihm vor, als sei etwas in ihm geplatzt.   Kapitel 5: ----------- Stumpf blickt Sai auf den dunklen Tee in der edlen Holztasse. Sanft schwenkt er diese und beobachtet die Bewegungen der Flüssigkeit. Wie ist er noch gleich hier her gekommen, in Mary und Yamatos Wohnung? Gemächlich nippt er an dem eigentlichen Heißgetränk, welches inzwischen fast kalt ist, ehe er die Tasse wieder schwenkt und mühsam über die letzten Stunden nachdenkt. Das Letzte woran er sich erinnern kann, ist, dass er sich so unglaublich gut - berauscht - gefühlt hatte, kaum hatte er die Beziehung zu Ino beendet. Schweigen tritt ob Sais ernst gemeinter Worte ein. Der Ton hat allen klar gemacht, dass Sai hier nicht nur etwas dahersagt, sondern es wirklich ernst meint. Todernst. Selbst die neugierigen Passanten zucken vereinzelt zusammen. Neugierige Bluthunde! Ino starrt ihn mit aufgerissenen Augen an, während in Sakuras Augen deutlich Wut und Triumph miteinander kämpfen. Gleichzeitig klappt die Rosahaarige den Mund auf und zu, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ein skuriler Anblick. Und anscheinend sieht er dies nicht alleine so, denn Mary beginnt verhalten zu kichern. “Lass uns gehen”, japst sie leise und ergreift Sais Arm um ihn in Richtung Galerie zu ziehen. “Das war … geh bloß”, kommt es nun auch von einem schockierten Naruto. “Ähm … äh … WAS?” Die besten Freundinnen erwachen anscheinend langsam aus ihrer Starre. “Los, geh. Wir regeln das mit den Furien!” Eine warme, große Hand legt sich auf die Schulter des Sumis. Perplex dreht er sich zu dessen Besitzer herum und blickt direkt in ein sonnengebräuntes Gesicht mit blauen Augen. “Los, Kleiner. Hau ab, bevor die beiden richtig checken was los ist. Bevor Ino realisiert, dass du sie auf offener Straße, vor uns allen, abserviert hast und Sakura die Fäuste zur Ehrenrettung auspackt.” Niemand anderes als Menma ist es, der ihn in so einer ruhigen und eindringlichen Stimme anspricht. Ihm rät, zu seinem - und ihrer aller Wohl - mit Mary abzuhauen. Tja und so nickt er nur träge, wird noch einmal aufmunternd an der Schulter gedrückt und schließlich mit den Worten “Mary, pass auf den Deppen auf”, von Menma mehr oder weniger in Marys Arme geschubst. Schwach kann er sich daran erinnern noch kurz in der Galerie gewesen zu sein, aber mehr auch nicht. Tja, und nun sitzt er hier in dieser fremden Wohnung und starrt in den Tee. Ob er in den Überresten am Tassenboden wohl Informationen finden wird? Der Schwarzhaarige weiß nicht so genau, was er gerade fühlen soll. Was er denken soll und im Moment will er es auch nicht wissen. Sich nur einen Moment der Ruhe gönnen. Es ist alles ganz neu. Gut und schlecht zu gleich. Ungewiss. Allein die Wohnsituation. Außer der Malkeller, zieht ihn nichts wieder dahin zurück. Die Zeit mit Ino hat diese Wohnung mit Erinnerungen gefüllt. Erinnerungen, die ihn letztendlich nur von seiner Kunst ablenken. Ihn frustrieren können, einfach weil er diese Beziehung so lange aufrecht erhalten hat. “Sai?” Marys sanfte Stimme dringt zu ihm heran und die Couch quietscht leise, als sich das Mädchen neben ihn setzt. “Möchtest du vielleicht … einen neuen Tee?” Erst nach einigen Augenblicken findet er seine Stimme wieder. “Nein, danke.” Dumpfes klirren erfüllt die Stille, während er die Tasse auf dem fein gearbeiteten Holztisch abstellt. “Sai …”, setzt die junge Künstlerin erneut an, scheint jedoch unsicher wie sie fortfahren soll. “Sai also … wenn dich das so belastet mit dem Schluss machen, vielleicht solltest du dann noch mal mit Ino … reden?” So nah wie sie neben ihm sitzt, spürt er das unsichere Heben und Senken ihrer Schultern. “Nein … es ist nicht … sondern … eher so … ach verdammt!” Frustriert schnaubt der Tuschekünstler und vergräbt die Hände in den Haaren. Nach vorne gebeugt und die Ellenbogen auf den Knien abgestützt, lauscht er Marys Entschlüsselungsversuch seiner Stotterei. “Also, du bereust es nicht oder du willst nicht mit ihr reden? Hmm … vorhin klangst du noch so entschlossen, also schätze ich, dass beides zutrifft. Du wirkst auch eher nachdenklich, als traurig. Falls es dich tröstet, ich finde es war genau die richtige Entscheidung Ino abzuschießen.” Langsam lässt der Sumi die gefolterten Haare los und richtet sich mit hochgezogener Augenbraue zu seiner Freundin und Arbeitskollegin. “Abzuschießen?” “Na, in die Wüste jagen, Schluss machen, Beziehung beenden”, ruft das Mädchen aus und erhebt sich kichernd. “Wirklich Sai, manchmal bist du echt ein Unikat. Weißt du was? Wir backen jetzt!” “Backen?” “Jaaaa, dieses Ding mit dem Teig und so. Wirst sehen, das wirkt Wunder um sich abzulenken und den Kopf frei zu kriegen. Mach ich immer. wenn ich in ner Krise stecke. Yamato hat 5 Kilo zu genommen. Allein durch meine Kekse und Kuchen, wie er nicht müde wird zu betonen. ” Und schneller als er dazu kommt Veto einzulegen, schnappt sich die Lilahaarige einfach seine Hände und zieht ihn giggelnd von der Couch in die Küche. Hätte ihm das jemand vorher gesagt, dass Backen so viel Spaß machen und helfen kann, dann hätte er es wohl schon vorher versucht. Aber vielleicht liegt das auch einfach nur an der jungen Frau neben ihm. Unter ihrer Anleitung hatte er gelernt was alles zum Kekse backen - denn Mary hatte sich für Schokoladenkekse entschieden - dazu gehört. Mit der selben Sorgfalt mit der er die Tusche anrührt, hat er die Zutaten miteinander vermengt. Was Mary zum Lachen gebracht hatte, denn beim Backen käme es auch auf ein wenig “Freigeist” an. Als er dann auch noch die genaue Menge der einzelnen Plätzchen abwiegen wollte, verfiel Mary in einen erneuten Lachanfall. Was wiederum von Sai gekontert wurde, in dem er die Lachende einfach mit Mehl bewarf. Ende der Geschichte war eine wilde Essensschlacht mit Mehl, Vanille- und Backpulverpäckchen gewesen. Bis Sai das ganze, lachend Mehl hustend, mit schmerzenden Bauchmuskeln und einem “Friede!” beendet hatte. “Danke”, murmelt er ehrlich, während ihm Mary einen Keks, gefolgt von einem Glas Milch, in die Hand drückt. Für was genau dieser Dank eigentlich steht, weiß er in diesem Moment nicht so genau. Wahrscheinlich für alles. Denn wieder einmal beweist die junge Holzkünstlerin, was für eine gute Freundin sie doch ist. Hat sie das Thema Ino doch nicht von sich aus wieder auf den Tisch gepackt, sondern einfach dafür gesorgt, das Sais Gehirn einen Moment aufhören kann zu denken. Doch es gibt eine Frage, die ihm auf der Seele brennt. Etwas, das ihn verwirrt und auch zugleich seine Neugierde weckt. “Mary … du hast vorhin gesagt, dass du es gut findest, dass ich die Beziehung mit Ino beendet habe. Warum?” Abwartend tunkt er den Keks in die Milch und knabbert schließlich zaghaft daran. Den Blick nicht von der Lilahaarigen nehmend. “Nun ja …” Unsicher beißt Gefragte ein Stück ihres Kekses ab. “Die einfachste Erklärung ist wohl: Du bist du und sie ist sie.” Ratlos zuckt das Mädchen mit den Schultern. Gut, das ist jetzt wirklich eine einfache Erklärung ihrer Meinung, aber so unrecht hat sie damit ja nicht, oder? Mit einer Handbewegung bittet er um Ausführung. Sein Hirn ist wohl noch voll mit Mehl und schafft es nicht, zwischen den Zeilen zu lesen. Aber, wenn er ehrlich ist, gehört das wohl zu seinen höchsteigenen Unzulänglichkeiten. “Also … wie sag ich es … du bist der ruhige, etwas verpeilte, aber bodenständige Typ. Eigenbrötlerisch, kreativ und definitiv ein Künstler mit Leib und Seele. Typ “Jaja, mach du mal, aber stör mich nicht in meiner Welt.” Zufrieden nickt sich Mary selbst zu, ehe sie fortfährt. “Deine, nun Ex-, Freundin hingegen wirkt deutlich … extravaganter. Falsch. Aufbrausend und wenn mich ihre Markenhandtasche nicht getäuscht hat, auch recht materiell. Typ: “Was kostet die Welt, ich hätte gerne zwei mit pinker Schleife und bitte beachtete mich alle.” Wieder nickt die Holzkünstlerin. “Also, wo passt das zusammen? Ich glaube, ohne sie kannst du dich noch viel mehr entfalten. Ein noch großartiger Künstler werden und vielleicht … auch zu dir selbst finden.” Auch wenn es zum Ende hin wieder irgendwie kryptisch für Sai klingt, kann er doch nicht anders als ihr nickend zuzustimmen. “Hmm …”, brummt er und versucht mit dem essen von Keksen seine Unsicherheit zu überdecken. “Sooooo, wir räumen jetzt hier auf, gucken uns nen Film an und dann gehen wir in deine Wohnung und holen ein paar deiner Sachen!” Bestimmt stößt sich Mary von der Arbeitsplatte ab, stopft sich noch einen Keks in den Mund und räumt die Schüsseln in die Spülmaschine. “Äh … was?”, kann Sai nur perplex antworten, während er ihr den Schneebesen reicht. “Du hast mich sehr gut verstanden, Mr. Sumi! Du willst doch nicht ernsthaft weiter mit der Giftnatter zusammen wohnen, oder?” Nun ist es an Mary die Augenbraue skeptisch hochzuziehen. Seit wann kann ein so kleines Ding es mit einem Blick und einem Schneebesen in der Hand es schaffen, bedrohlich auszusehen? “Was?”, versucht er es nochmal verwirrt. Diese Frau ist sprunghafter und lebendiger als er es jemals erlebt hat. Anstrengend aber irgendwie angenehm zu gleich. “Na ist doch klar. Du ziehst erstmal hier bei uns ein. Wir haben ein freies Gästezimmer und so bin ich auch nicht alleine, so oft wie Yamato weg ist!” Sai öffnet den Mund, doch kommt nicht dazu etwas zu sagen, plappert die aufräumende Mary doch resolut weiter. “Und ich will keine Widerworte hören. Das machen Freunde nun mal füreinander! Ich räume auf und du gehst schon mal ins Wohnzimmer und suchst nen Film aus. Los ab mit dir!” Damit wird der immer noch reichlich perplexe Sumi aus der Küche geschoben und steht reichlich hilflos im schmalen Flur zwischen Küche und Wohnzimmer. Letztendlich bleibt nur sich fügen und so lümmelt er schließlich auf der Couch um sich von einer Mischung aus Disney- und Westernfilmen berieseln zu lassen. Das nannte Mary also einen gemütlichen Tag haben. Für Ino besteht dies daraus ins Solarium zu rennen um anschließend darüber zu jammern, dass sie einfach nicht braun wurde. Oder sich im Blumenladen zu verbarrikadieren und Gott weiß was zu tun. Aber was erwartet er auch von Mary? Die ist so ganz anders als Ino. Nicht schlecht anders, nur anders anders. Gewöhnungsbedürftig für den Sumi, aber doch genießt er jede Minute mit der jungen Holzkünstlerin, welche wirklich einfach für den Moment zu leben scheint. Allein die Essensgewohnheiten! Auf dem Tisch stehen bestimmt genug Süßigkeiten um eine Fußballmannschaft in den Zuckertot zu treiben. Doch anstatt dass die junge Frau nur mal hier und davon nascht - während sie der Süßigkeit böse-mahnende Blicke zuwirft sich ja nicht auf den Hüften abzusetzen - futtert sie genüsslich. Oder besser gesagt schiebt sich das süße Zeug Händeweise in den Mund. So wie gerade, als eine handvoll Gummitieren in die Lilahaarige wandert. Wenn er allein an die Kekse denkt, die garantiert so einige Kalorien aufweisen. Kein Wunder, dass Yamato zugenommen hat. “Sag mal, wie hast du deinen werten Verlobten eigentlich kennengelernt?”, unterbricht er das einvernehmliche Schweigen. “Ooooh, das war irgendwie … seltsam. Aber auch romantisch. Es war auf einem Vortag in der Uni über Hölzer.” “Erzähl”, fordert der Sumi und anscheinend hat Mary nur darauf gewartet. Mit leichtem Lächeln und funkelnden Augen blickt sie ihn an, während sie alles Mögliche über Yamato erzählt. Während Mary schwärmt, kann Sai nicht anders als festzustellen, dass dies wohl Liebe sein muss. Diese leuchtenden Augen, das Seufzen ab und an, die Begeisterung, das Aufhängen an Kleinigkeiten wie Yamatos Haare nach dem Duschen oder das sympathisch finden der Macken des Architekt. Irgendwann scheint die Holzkünstlerin fertig zu sein mit ihrem ‘Grobabriss’ - nach Marys Worten - über ihren Verlobten und wendet sich mit einem “Er ist mein Seelenverwandter und macht mich komplett. Allein wenn ich ihn ansehe wird mir ganz anders. So blümerant”, wieder von Sai ab und dem Fernseher zu. Doch ob nun bewusst oder unbewusst, irgendwann kann er es nicht mehr hinausschieben, dass der letzte Teil von Marys Planung in Angriff genommen wird. “So Herzchen”, damit schaltet die Lilahaarige den Fernseher aus und springt auf. “Bevor es noch später wird, gehen wir jetzt und holen deine Sachen. Was meinst du, brauchen wir Verstärkung?” “Verstärkung?” “Och Sai! Meine Güte, wir gehen ins Revier deiner Ex, die du alles andere als charmant abserviert hast. Auf offener Straße vor allen Freunden, sodass sie bei denen nicht mal prahlen kann selber Schluss gemacht zu haben oder sich richtig ausjammern kann.” Mit verschränkten Armen blickt Mary auf ihn hinab. “Frauenlogik?” Ein Versuch dieses Geplapper irgendwie zu erklären und für sich verständlich zu machen. “Wenn du es so nennen willst … also, willst du noch wen dazu holen oder meinst du wir schaffen das zu zweit?” Auf die erneute Frage erwacht nun auch in Sai das männliche Ehrgefühl. “Ich krieg das auch alleine hin”, schnaubt er und erhebt sich ebenfalls. “Ooooh nein, mein Freund!” Lachend tippt Mary ihm aufs Brustbein. “Erstens: Den Spaß lass ich mir nicht entgegen und Zweitens: Freunde. Du erinnerst dich?” Kurz wirft sie ihm noch einen Blick zu, der wieder mal keinen Widerspruch duldet. Schnaubend hilft er seiner Freundin das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen und stellt diese an. Freunde sind anstrengend und Frauen vom anderen Stern! Blöde Sprichwörter die auch noch wahr sind! “Oh, bereit, Kleines?” Schmunzelnd steckt Sai wenig später den Schlüssel in die Tür und öffnet diese so vorsichtig wie möglich. Nicht das Ino und/oder Sakura dahinter warten um ihn zu attackieren. Mit einer Bratpfanne oder so. “Du sollst mich nicht so nennen, du Tuscheheini!” “Baumkuschlerin!” “Pinselquaste!” “Das du es wagst, hierher zu kommen und auch noch mit DER DA!” Inos wütende Stimme hält ihn davon ab, eine weitere spielerische Frotzelei zurückzugeben. Dass er noch nie der Wortgewandteste war, zeigt sich auch jetzt. Steht er doch nur da und gafft. Insgeheim hat er ja er ja die ganze Zeit darauf gehofft, das seine nun Ex-Freundin unterwegs ist und dieses Sachen holen ohne Drama abläuft. Aber wie so oft in letzter Zeit ist das Schicksal anscheinend nicht auf seiner Seite. Es ist wieder einmal Mary, die das Kommando übernimmt. “Ich habe einen Namen, du Nuss. Mary, nur falls er dir, ob des ganzen Stresses, entfallen sein sollte.” Oh du meine Güte, Sai fühlt geradezu wie beide Frauen ihre Krallen ausfahren und ein schlechtes Gefühl macht sich in seinem Magen breit. Vielleicht wäre es doch nicht so verkehrt gewesen ‘Verstärkung’ mitzunehmen. Einfach nur um die beiden Frauen auseinander zu halten. Denn eins haben beide gemeinsam: Einen elendigen Dickkopf! “Was fällt dir eigentlich ein, du …” Doch weiter kommt die Yamanaka nicht. Ist es doch der Sumi, der nun genervt aufbraust. “INO! Zu deinem eigenen Wohl, schluck den Kommentar runter.” Mahnend blinzelt er seine Ex an. “Und du”, dabei wendet er sich kurz an Mary, ”Hörst auf sie zu provozieren. Wir sind hier doch nicht im Kindergarten, verdammt.” Genervt schnaubend streicht er sich durch die kurzen Haare, ehe er sich wieder Ino zuwendet. “Ino, wir sind hier um einige meiner Sachen abzuholen. Dass unsere Beziehung zu Ende ist, war ernst gemeint. Es gibt keine Zukunft für uns zusammen. Dir liegt die Wohnung mehr am Herzen, darum werde ich ausziehen.” “Ach, willst wohl bei der kleinen Schlampe einziehen, was?”, giftet Ino mit blitzenden Augen dazwischen, doch Sai ignoriert sie. Innerlich gratuliert er Mary dazu, nicht mehr als mit einem Schnauben zu kontern. “Ja, ich werde vorerst zu Mary und ihrem Verlobten ziehen, bis ich etwas Eigenes habe. Du kannst entweder hier bleiben, während wir die Sachen zusammensuchen - oder dich vom Acker machen. Es ist mir egal!” Damit schreitet er entschlossen an der perplexen Yamanaka vorbei und ins Schlafzimmer. Dort kramt er die alte Tasche, sowie den Transportkoffer für seine Malunterlagen hervor. “Sie ist gegangen. Glückwunsch Sai, der hast du es echt gezeigt!” Kurz klapst sie ihm gratulierend auf die Schulter, ehe sie zum Kleiderschrank geht. “Also, sag an was mit soll.” Und so packen die beiden Freunde schweigend die wenigen Habseligkeiten des Sumis ein. Jeder hängt seinen Gedanken nach und anscheinend wissen beide nicht so genau, wie sie die eingetretene Stille brechen sollen. So hört man einige Zeit nur Packgeräusche, Anweisungen und Nachfragen, was noch mit muss. “So, ich hole noch schnell das wichtigste aus dem Keller und dann können wir”, unterbricht Sai schließlich das geschäftige Schweigen und macht sich auf den Weg in seinen Hobbyraum. So genau weiß er auch nicht, was er alles mitnehmen soll. Soll er auch die Leinwände mitnehmen? Nein … die kann er auch noch wann anders mitnehmen. So packt er schließlich nur noch die wertvollen Farben, die Ideenmappe sowie die handgearbeiteten und von Ne vermachten Malutensilien ein. Aber was, wenn Ino in ihrer Wut auf die Idee kommt, den Rest zu zerstören? Unsicher steht er auf dem Flur und blickt in den düsteren Keller hinab. “Alles klar, Sai?” “Ich überlege ob Ino die Sachen wohl zerfetzt …” “Meinst du echt sie ist so ein Monster? Kannst du es nicht abschließen?”, ratlos zuckt der Schwarzhaarige mit den Schultern. Einen Versuch ist es wert. So verlassen die beiden schließlich die Wohnung, in Sais Hosentasche zusätzlich den Kellerschlüssel. “Da ich keine Lust habe, heute noch zu kochen, was hälst du davon wenn wir essen gehen?”, erkundigt sich Mary eine Stunde später vorsichtig, nachdem sie die wenigen Habseligkeiten des Tuschekünstlers in das Gästezimmer geräumt haben. “Können wir machen”, stimmt er zu und als wäre dass ein Startsignal gewesen, leuchten die Augen der Lilahaarigen auf. “Na dann ... mach dich frisch und vorzeigbar. Ich weiß schon ganz genau wie wir den Abend gut abschließen”, sprichts und verschwindet freudig hüpfend und pfeifend aus dem Zimmer. Irritiert zieht der junge Schwarzhaarige eine Augenbraue hoch. Warum wird er das Gefühl nicht los, geradewegs in eine Falle getappt zu sein? Kapitel 6: ----------- Das hier … also wenn das Marys Vorstellung von einem einfachen ‘Abend ausklingen lassen’ ist, na dann prost Mahlzeit! Warum hatte er nicht einfach beim Pizzadienst angerufen? Neeeein, er war wie ein abgerichteter Pinscher Marys Anweisungen gefolgt und nun hat er den Salat! Kann er nicht einfach wieder auf die gemütliche Couch? Ein wenig Skizzen anfertigen? Aber nein. Er steht stattdessen in einem dieser, geradezu aus dem Boden geschossenen, neuen Insider-Läden. Tagsüber nettes Bistro mit Bio Küche, in dem einem Bilder von Kühen auf der Weide anstarrten und abends … Abends wurde es zur Disko. Innerhalb einer Stunde bekommt das ‘What you want’ ein ganz anderes Gesicht. Selbst Sai bemerkt die Ironie aus dem Namen des Ladens und seiner Einstellung. Die Musik ist seiner Meinung nach viel zu laut. Die Menge an Menschen schlimmer als beim Schlussverkauf und vor allem auch deren Geruch. Immer wieder rempelt ihn irgendein menschenähnliches Wesen an. Die Frauen überschminkt und die Kerle … ist das da Schminke im Gesicht des Kerls ihm gegenüber? Gut, jeder wie er will - solange es glücklich macht. Verzweifelt klammert er sich an sein Wasserglas und drückt sich noch weiter in die Ecke in der er steht, als sich eine fünfer Gruppe Frauen an ihm vorbeiquetscht. Muss Mary den für sich gewünschten Cocktail erst selbst zusammenmischen, oder warum braucht diese kleine hinterhältige Lilahaarige so lange? Doch nachdem alles Zetern und Maulen nichts gebracht hatte, außer eine erboste Standpauke auf offener Straße, muss ein neuer Plan her. Mary so schnell wie möglich betrunken machen, denn dann ist der Abend beziehungsweise dieser Besuch der Hölle auch überstanden. Gemein vielleicht, aber Ne hatte ihm gelehrt dass man die Schwächen anderer finden und für sich nutzen musste. “Ah, da bist du ja, Sai!” Gut gelaunt dringt Marys Stimme zu ihm heran und er kann nicht anders, als eine Augenbraue hochzuziehen. Schließlich steht er seit einer gefühlten Ewigkeit auf ein und demselben Fleck! “Trinkst du da Wodka pur?”, übergeht seine Freundin einfach seine Reaktion und schnuppert an dem Glas. “Was ist das? Wasser?” “Ja.” “Nun sei doch nicht so eine mürrische Spaßbremse, Pinselquaste! Du wirst sehen, das wird dir nen ruhigen Schlaf bringen nach dem ganzen Stress.” Lachend rempelt das Mädchen ihn an und zwinkert. “Na los, lass uns tanzen gehen!” Die Kommentare, die sich gerade auf seiner Zunge überschlagen, schluckt er einfach runter und spielt wieder den gefolgsamen Hund. Fügt sich dem Unausweichlichen und trottet dem Mädchen in die Elektroarea nach. Bei Tag der Festsaal, bei Nacht eine wummernde Blitzlicht Hölle! Himmel, dieses Blitzlicht-Dings macht ihm jetzt schon Kopfschmerzen! So langsam geht sein Plan wirklich auf! Ein Blick auf die Armbanduhr verrät ihm, dass sie schon zwei Stunden hier drin sind. Zwei Stunden, die beim besten Willen nicht spurlos an Mary vorbei gegangen sind. Diese tänzelt deutlich angeschickert und vollkommen neben dem Takt des Liedes über die Tanzfläche als würde sie ihr gehören. Wirklich, diese Frau besitzt mehr Persönlichkeiten als zu Anfang gedacht. Das hatten auch schon so einige Typen mitbekommen. Denn Mary war in ihrer Welt alleine ganz glücklich und Sai wurde den Verdacht nicht los, dass das Mädel diesen Besuch hier eher für sich brauchte. Dass er nur ein Vorwand ist, um ausgehen zu können. Aber gut, wenn der Alkohol weiter fließt, dann könnten sie hier in einer Stunde verschwinden. Dem Aufpasser-Job kommt er ohne Probleme nach. Er steht an einem Stehtisch am Rand der Tanzfläche, wacht von oben über das angeschickerte Ding und genauso passt er auf, dass sich niemand traut etwas in Marys Drink zu kippen. In dem Augenblick kommt seine Freundin zu ihm gewirbelt, genehmigt sich einen tiefen Schluck und verschwindet mit einem “Klo”, wieder hüpfend in entgegengesetzte Richtung. Milde lächelnd trinkt der Sumi die Cola leer und lehnt sich seufzend an einen massiven Pfeiler der hinter ihm ist. Seinen Augen einem Moment Ruhe gönnend, schließt er diese und massiert sich die Stirn. Nicht mehr lange … bald kann er ins Bett … bald ist es … “Na Kleiner, du auch hier?” Eine irgendwie bekannte Stimme dringt zu ihm heran und unterbricht den Sumi in seinem Motivationsmantra. Was für eine dumme Frage ist das? Dafür stört dieser Kerl ihn? Ein genervtes, verächtliches Schnauben ist seine Antwort. Mehr hat der vor ihm nicht verdient. Nicht mal, dass er dafür die Augen öffnet! Couch, Tee, Skizzenblock und im Hintergrund eine ruhige Musik … klingt verlockend wie nie! “Bist du ganz alleine hier?”, erkundigt sich die aufdringliche Person, was Sai genervt seufzen lässt. Abrupt öffnet er die Augen und möchte all seinen Frust an dem Gegenüber auslassen. Eigentlich nicht seine Art, aber irgendwann ist auch bei Sai das bekannte Ende der Fahnenstange erreicht! Doch die Worte bleiben ihm im Hals stecken. Niemand anderes als Menma steht mit blitzenden Augen und einem süffisanten Lächeln vor ihm. “Du …”, krächzt eher und trinkt hektisch einen Schluck aus Marys Glas. Angewidert verzieht er ob des Geschmacks das Gesicht. “Ich freu mich auch, dich hier zu sehen.” Übermütig zwinkert der andere Schwarzhaarige ihm zu, als plötzlich ein Glas mit brauner, klarer Flüssigkeit in Sai Richtung gestreckt wird. “Hier, das kann man besser trinken, als dieses Weibergesöff.” Ohne auf eine Reaktion zu warten, drückt der Uzumaki ihm das Glas in die Hand und stößt mit seinem an. “Na dann, auf einen netten Abend.” Verdammt, wo ist Mary, wenn man sie braucht. Ins Klo gefallen? Eigentlich … eigentlich ist es ja hier doch ganz lustig. Was diesen Sinneswandel bei dem Sumi eingebracht hat? Ein gewisses Getränk namens Rumcola. Ein paar Tequila und Jägermeister kommen wohl auch dazu. Und Schuld war nur Mary. Leicht lächelnd blickt er von seinem Sitzplatz zu seiner Freundin. Diese sorgt nämlich mit Naruto dafür, dass sich noch kaum einer auf die Tanzfläche traut. Auf jeden Fall niemand, der nicht sofort von den beiden mit eingebunden werden möchte. Aber Sai gönnt es seiner kleinen Freundin. Zufrieden lässt er sich etwas tiefer in das Lederimitat sinken, die eine Sitzecke darstellt. Wie sich nämlich vorhin raus gestellt hatte, hielten sich dort Menma, sowie Naruto und Sasuke auf. Um genau zu sein, ist dies ihre Stammecke. Was wiederum nicht verwunderlich ist, da dem Vater der Uzumakis dieser Laden gehört. Und damit sieht Sai auch die Einschätzung Menmas als “Schnösel-Künstler” vollkommen bestätigt. Leise kichernd stellte er fest, dass dieser - oder war es inzwischen der gestrige Tag? - wirklich eine Menge Überraschungen parat gehabt hat. Und jetzt sitzt er hier neben dem Dämonenkönig in einem Nachtclub. Absurder geht doch wohl wirklich nicht! Ach doch, geht es, denn er fühlt sich wohl! Dass Sasuke jetzt ihr ‘Schwarzhaariges-Trio’ in ein Duett verwandelt, um rauchen zu gehen, stört ihn nicht mal. “Hey Pinsler, willst du noch?” Mit diesen Worten hält Menma ihm eine Flasche Rum hin und schwenkt sie in Richtung Sais Glas. “Näää, mir reicht … Colaaaa … ich muss die da, noch n’Hause bring.” Dabei deutet der Sumi grob in Richtung Tanzfläche. “Dass ich nicht lache! Meinst du nicht, die bringt DICH nach Hause?” Sanft stupst Menma ihn an, doch es reicht, um iden Tuschekünstler umkippen zu lassen “Heeey!”, mault der Sumi, während er halb auf der Seite liegt. Abgestützt auf dem Ellenbogen, während die Cola aus dem Glas schwappt und klebrig über seine Hand rinnt. “Wääääh”, mault er, lehnt sich nach vorne und schafft es so gerade, das Glas auf den niedrigen Tisch vor sich zu schieben. “Bäh”, jammert er weiter und friemelt umständlich ein Taschentuch aus der Hosentasche. Bei allen Tuschemeistern, SO betrunken, ist er lange nicht gewesen! Das letzte Mal, zusammen mit Ne … nach einer zweiwöchigen Survivals Tour zur Stärkung von Körper und Geist … und dem Anstoßen mit Nes Selbstgebranntem. So genau weiß der Sumi immer noch nicht, was danach in den nächsten Stunden passiert ist. “Du bist voll, Alter!” Menmas feixende Stimme dringt zu ihm durch und beendet die Grübelei an alte Zeiten. “Na komm her.” Mit diesen Worten ergreift der Uzumaki seinen freien Arm und zieht ihn wieder aus der halb liegenden Position empor. Doch damit nicht genug … zieht ihn Menma doch einfach weiter und so landet er mit einem leisen Quietschen in dessen Armen. “Bevor du mir noch mal um-, oder von der Couch fällst.” Kommt es Sai nur so vor, oder klingt der Kerl belustigt und zufrieden zu gleich? “Arsch”, gibt der Sumi zurück, bleibt jedoch vorerst in der Position. Durch dieses ganze Hin und Her, ist sein Körper ordentlich durcheinander gekommen. Alles wirkt verschwommen und verdreht. Wo ist oben? Wo ist unten? Links? Rechts? EGAL! Hier an Menma gelehnt, hat er immerhin eine Konstante die nicht umhertanzt. “Arsch … hascht mich … betrunken gemacht”, faucht Sai nur halb so ernst zu nehmen, wie gewollt. “Wie?” Denn er hatte an dem ersten Glas nur genippt. Aus gezwungener Höflichkeit und sich dann mit einem unverbindlichem Dank abgewendet. Tja, und dann war Mary wieder aufgetaucht … und hatte beschlossen, mit den Anderen zu feiern. Dies wiederum bedeutet für Sai, dass er dabei sein muss. Wer wusste schon, was diese ungleichen Uzumaki Brüder treiben? Selbst wenn dieser Sasuke ganz vernünftig wirkt. Warum ist er nicht einfach mit Mary abgehauen? “Hab dir was in deine Cola gekippt. Jedes Glas ein wenig mehr. Du verträgst echt nichts”, lachend wuschelnd der schwarzhaarige Uzumaki ihm durch die Haare. “Aber jetzt sind deine Sorgenfalten auch verschwunden.” “Du … Dämon …”, nuschelt Sai und versucht den Kopf aus Menmas Reichweite zu bringen. “Nicht … Kopf … du … Arsch.” Wo ist nur das Sprachvermögen hin? Wahrscheinlich irgendwo mit der Abneigung gegenüber Menma am Feiern. Eigentlich sitzt - liegt - es sich ja ganz bequem hier in dessen Armen. Ha, anscheinend hat er zu tief über der Tusche gehangen. Die Dämpfe können aber auch gefährlich sein … und dieses leise, dunkle Lachen Menmas ... “Du lässt auch nichts anbrennen, was Menma?” Oh, da ist Jemand vom Rauchen zurück. “Sas … auch wieder da. Du stinkst. Bah!” Übertrieben wedelt Sai mit dem freien Arm in die Richtung des Uchihas. Der, wie er nun weiß, mit Menmas jüngerem Bruder Naruto zusammen ist. “Der ist ja voll wie so sonst was. Was hast du dem denn noch alles eingeflößt?” Deutlich ist die Belustigung und leichte Verachtung in der Stimme zu hören. “Kann ich was dafür, dass der Kleine nichts verträgt? Jetzt hat er wenigstens keinen Pinsel mehr im Arsch!” Gibt Menma selbstzufrieden zurück. Schwach haut Sai dem Anderen dafür auf den Bauch. Oh … fühlt er da tatsächlich Bauchmuskeln? “Hey … nicht nett!” Vorsichtig tastet er über die einzelnen Muskelstränge. Warum ist das nur so ein angenehm aufregender Gedanke, wie der Uzumaki unter dem T-Shirt aussieht? Interessiert ihn ja auch nicht bei den anderen Typen! Himmel, seine Gedanken sind unkoordiniert wie fallende Blätter im Herbstwind. “Sasuke, hol die Beiden von der Tanzfläche. Die Schnapsdrossel sollte ins Bett.” Kaum spricht Menma das Wort ‘Bett’ aus, scheint es, als wenn der Alkohol richtig anfängt zu wirken. Lärm und tanzendes Licht, lassen ihn gepeinigt die Augen schließen und den Kopf nach hinten fallen. “Menma … wiederholt sich die Geschichte?”, ist das Letzte, was er mitkriegt, ehe sein Bewusstsein dem Alkohol erliegt. Weicher Untergrund. Weiche und zugleich kühle Bettwäsche. Marys Waschmittel. All das nimmt er wahr, kaum dass er aus der Dunkelheit des Bewusstseins heraufschwebt. Doch schneller als ihm lieb ist, setzt auch wieder ein wenig die Erinnerung ein. Stöhnend greift er sich an den Kopf und kneift die Augen zusammen. Sein Kopf … eben noch so leicht und fluffig … jetzt zentnerschwer und schmerzend. Allgemein, jetzt wo er immer wacher wird, fühlt sich sein ganzer Körper seltsam an. Schwer, steif und irgendwie tut er weh. Nicht mal an einem bestimmten Ort, sondern komplett. Was ist gestern geschehen? Das letzte, was ihm gerade einfällt, ist, dass er mit Mary in einem Szene-Laden war. Gegen seinen Willen. Dann, dass die Jungs auftauchten und die beiden Freunde mit diesen zusammen feierten. Gegen seinen Willen. Und dann? Stöhnend reibt er sich über die Augen, bevor er diese blinzelnd zu öffnen versucht. “Na Schneewittchen, auch mal wach?”, ertönt es süffisant und dunkel neben ihm. Ruckartig reißt er die Augen auf und blickt zu der Stimme neben sich. Was er sieht, lässt ihn stöhnend die Decke über den Kopf ziehen. Sich irgendwo anders hin wünschen. Egal wo, hauptsache ruhig, dunkel und weit, weit weg! Dunkle Haare, welche ein gebräuntes Gesicht umrahmen. In dem ihm zwei blaue Augen entgegenstrahlen. Wie ist das noch mit dem bekannten spontan auftretenden Loch im Boden? Was, verdammt, ist nur geschehen? Dass hier alles, ist doch bestimmt nur ein Traum. Ein Albtraum! Ein Albtraum, in dem ihm die Kleidung fehlt, wie er gerade panisch feststellt. Kapitel 7: ----------- Mit einem - nicht sehr männlich hohen - geschrienem “ÄH ... WAS?” taucht er mit dem Kopf wieder unter der Decke hervor. Diese an sich drückend, wie ein Schutzschild, rutscht er von dem Bettnachbarn weg. Nur um plötzlich, mit einem erneuten hohen Quieken, aus dem Bett zu fliegen. Stöhnend bleibt der Sumi flach atmend auf dem Boden liegen. Sicher, dass ihm jederzeit der Kopf explodiert. Bei allem was ihm heilig ist, nienienieniemals wieder Alkohol! Vor allem nicht mit Jemand, der Uzumaki mit Nachnamen heißt. Magen und Kopf kämpfen darum, wem es schlechter geht, während sein Mund trocken ist wie die Wüste Sunagakures. Von dem mehr und weniger dumpfen Schmerzen, an allen möglichen Stellen seines Körpers, wirklich einmal abgesehen! Apropos Uzumaki … dessen Kopf taucht über der Bettkante auf und lächelt auf ihn hinab.   “Na, Prinzessin Pinsel … auch mal wieder unter den Lebenden?” Dieses süffisante, schadenfrohe Lächeln würde Sai dem Anderen ja nur zu gerne aus dem Gesicht wischen. Aber dafür müsste er sich bewegen und er weiß momentan nicht mal, ob er es schafft, sich auf die Seite zu drehen. Nicht ohne sich zu übergeben. So schnaubt er nur und schließt die Augen. Ganz auf die Atmung konzentriert, versucht er den Schwindel und die Übelkeit zu verbannen. Ne - und alle Warnungen anderer Menschen - haben Recht: Alkohol ist wirklich keine Hilfe gegen Probleme! “Na los, Prinzessin, erhebe dich vom Boden. Du holst dir den Tod”, dringt Menmas Stimme zu ihm heran und schon spürt er Finger, die ihn am Arm berühren. Hektisch entzieht er dem Dämonenkönig diesen und faucht ihn an wie ein tollwütiger Fuchs. “Wow! Ruhig Tiger. Ich will dir nur helfen, du Schnapsdrossel.” Mit erhobenen Händen richtet sich der Uzumaki wieder auf und lässt sich im Schneidersitz auf die Bettkante fallen.   Finster fixiert Sai den anderen Künstler mit zusammengezogenen Augenbrauen. “Wasser …”, krächzt er schließlich leise. Er ist gerade wirklich nicht in der Position, um den Anderen so anzugiften. Mühsam richtet sich der Tuschekünstler auf die Unterarme auf, während Menma ihm tatsächlich etwas zu trinken holen scheint. Nett. Nett? Nett im Bezug auf den hübschen Figurenkünstler? Nervig, anstrengend, seltsam - ja! Aber nett und hübsch? Der Alkohol ist wohl noch lange nicht aus seinem Hirn verschwunden, wenn er solch seltsame Sachen denkt!   Als Menma mit einem Glas wieder in seinem Blickfeld erscheint, hat Sai es immerhin geschafft, sich richtig hinzusetzen. Dabei hat dieser auch realisiert, dass er doch nicht ganz nackt ist. Die Boxershorts und eine Socke hat er immerhin an. Was ihn zugleich erleichtert und verwirrt.   Stumm nimmt er das Getränk entgegen und mustert es. Also, reines Wasser, ist DAS nicht! Wasser ist nicht so … trüb und hat auch nicht solch einen komischen Schaum. Jedenfalls nicht, wenn nicht in der Nähe ein Chemiewerk hochgegangen ist. Da der Sumi dies jedoch ausschließt, schnuppert er vorsichtig daran. “Trink schon! Da ist kein Gift drin, sondern eine Schmerztablette. Ich wette, die kannst du sehr gut gebrauchen.” Wie schafft es Menma nur, gleichzeitig so genervt und doch belustigt zu klingen? Ironie? Schulterzuckend nippt der Betrunkene vorsichtig an der Flüssigkeit und tatsächlich entfaltet sich augenblicklich der leicht mehlig, aber bittere Geschmack von Brause-Schmerzmedikamenten in seinem Mund. Ohne es zu wollen, entschlüpft ihm ein zufriedenes Seufzen, während er das Getränk mit großen Schlucken und geschlossenen Augen zu sich nimmt.   Fest entschlossen so schnell wie möglich die vorhandenen Erinnerungslücken zu schließen, lässt er sich wieder auf den Rücken gleiten. Die Decke bis zum Kinn hochgezogen und in einem Klammergriff, der jede Python neidisch machen würde. Nicht dass der Uzumaki ihm diese noch klaut! Ganz schutzlos muss er ja nun nicht vor diesem auf dem Boden liegen. “Willst du nicht lieber im Bett - bei mir - weiter schlafen? Hier ist es bequemer. Versprochen!” Lockend redet der Dämonenkönig auf ihn ein, doch nein - diesen Triumph würde er dem Anderen beim besten Willen nicht geben! Oh nein! Marys Lila flausche Teppich ist auch nicht unbequem! Nicht so, wie im Bett und Menmas Armen, flüstert ihm sein Unterbewusstsein. Schnaubend kuschelt er sich enger ein und driftet wieder in den Schlaf. Den bockigen Gedanken, dass Menma ja auch zu ihm runter kommen könnte, mit in den Schlaf nehmend. NIE WIEDER ALKOHOL! ES ZERSTÖRT WIRKLICH GEHIRNZELLEN!     “ … auf dem Boden? Was machst du hier im Bett?” “Bei allem was dir heilig ist, Frau, schrei hier nicht so rum!” “Das ist meine Wohnung und mein Gästebett, in dem du liegst und mein bester Freund, der halb nackt auf dem Boden liegt! Also: Was in da Vincis Namen geht hier vor?” “Das kannst du auch leise fragen! Lass ihn schlafen! Und lass gefällig Leo aus dem Spiel!” Bett knatschen, Schritte, das Geräusch der sich vorsichtig schließenden Tür und schließlich die Stimmen Mary und Menma, die ihn jetzt nur noch gedämpft erreichen. Und er ist wirklich nicht traurig darüber, denn das Gezicke der beiden, steht wirklich nicht auf seiner Top drei der Lieblingsmethoden geweckt zu werden. Dass man durch zu viel Alkohol, außer Kopf- und Magenschmerzen, auch noch Sarkasmus ‘bekommen’ kann, wusste er bisher auch nicht. Aber gut, man lernt nie aus und der Sumi definitiv nicht. Auch wenn die Schmerzen sich im Allgemeinen im Moment deutlich bedeckter als vorhin verhalten, ahnt er doch, dass sie im Laufe des Tages zurückkehren werden. Da wohl nur eine dieser Tabletten - und hatte Ino nicht mal gesagt, auch Fastfood -  dagegen helfen, bleibt ihm nur aufzustehen und sich noch so eine zu organisieren.   Nur durch das ‘Training’, welches ihm Ne in all den Lehrjahren zukommen ließ, ist es Sai jetzt möglich, auf dem Weg in die Küche zu sein. Zuvor hat er es tatsächlich mit frischer Kleidung ins Bad und unter die Dusche geschafft. Und das OHNE, dass er sich übergeben musste. So schlendert er jetzt mit aller Selbstbeherrschung die er aufbringen kann, in die Küche; ignoriert dabei die anderen vier Menschen in dieser Wohnung und genehmigt sich erst mal eine Tasse Kaffee. Auch wenn er sonst eher ein Teefreund ist, so braucht er jetzt doch dieses Koffeingetränk. Unverdünnt und schwarz wie seine Haare. Dabei versucht er wieder, die vorhandenen Gedächtnislücken zu schließen. Doch er kommt nicht weiter, als bis zu dem Moment in dem Sasuke vom Rauchen wieder kam. Danach ist alles irgendwie nur mit  - stark verdünnter - Wasserfarbe gemalt. Nicht greifbar. Erst am Morgen und mit dem unverhofften Bettgast, werden die Erinnerungen klar und logisch. Naja, soweit man in dem Zusammenhang von logisch sprechen kann. ‘Blackout’, hatte Ino mal so eine Nacht mit Sakura beschrieben und jetzt kann er ansatzweise verstehen, was seine Ex damals meinte.   Dieses Mal ist es Marys zaghafte Stimme, die ihn aus den Grübeleien holt. “Sai … alles klar bei dir?” “Ja”, gibt er mit einem kleinen Grinsen zurück. ‘Bester Freund’ kommt es ihm in den Sinn. Ja, so hat sie ihn genannt. Warum ihn dadurch wieder ein Glücksgefühl durchströmt, kann er wirklich nicht beschreiben, aber es ist so. “Und wie siehts bei dir aus? Weißt du, wie wir hierher gekommen sind?” Vertrauensvoll lehnt sich die junge Frau gegen ihn. Sai spürt das Heben und Senken ihrer Schulter. “Keine Ahnung. Jedoch hat Menma versprochen, es beim Frühstück zu erklären. Naruto schmollt, weil es erst Essen gibt, wenn du auch so weit bist. Meine Order!” “Und dir widersetzt man sich besser nicht”, spekuliert Sai mit einem kleinen Grinsen und legt einen Arm um die Lilahaarige. “So ist es! Na los, lass uns Naruto erlösen und die Erklärung abholen. Sag mal … warum lagst du eigentlich auf dem Boden und Menma im Bett?” “Warum ist Naruto nicht einfach abgehauen, wenn er so dollen Hunger hat?”, lenkt Sai ab und spürt nur zu genau den ‘dein Ernst?’ Blick. Ein typischer Frauenblick, über den mehrere Menschen Bücher schreiben oder es schon haben.   “Na endlich, bist du wach! Können wir dann bitte ENDLICH essen, bevor ich tot umfalle?” Aufgebracht rennt Naruto an den Esstisch, auf dem der Sumi allerhand Essen entdeckt. Sogar frische Brötchen und daneben … Pizza. Ok … sehr seltsam, doch da sonst niemand etwas dazu sagt, wird er den Teufel tun. Vielleicht ist das ja wirklich normal, nachdem man am Abend zuvor Alkohol getrunken hat? “Nun, Naruto, du wirkst auf mich nicht wie jemand, der frisch aus einem Kriegsgebiet kommt. Oder gar am Hungertuch nagt. Du wirst es schon überleben”, kommentiert Sai trocken, während er, ganz Gentleman, einen Stuhl für Mary hervor zieht, damit diese sich setzen kann. Dabei den Rettungsanker namens ‘Kaffeetasse’ mit einer Hand festklammernd, ehe er sich selbst auf dem einzig freien Platz niederlässt: dem Tischende.   Abwechselnd vom Kaffee nippend und an einem trockenen Brötchen knuspernd, lauscht er den Gesprächen um ihn. Smalltalk, bei dem Mary mal Narutos und mal Sasukes Partei ergreift. Sai hingegen lauscht bloß, genau so wie Menma. Immer wieder huscht der Blick des Sumis zu diesem und mehr als einmal, treffen sich ihre Blicke. Verharken sich ineinander, bis einer geradezu hektisch den Blickkontakt abbricht. Das Ganze hier ist einfach … merkwürdig und es wird Zeit für Erklärungen. Nachdem seine Tasse mit neuem Kaffee gefüllt ist und er einen tiefen Schluck davon genommen hat, räuspert er sich. In Filmen und Büchern bekommt man so immer die Aufmerksamkeit der Anderen und tatsächlich, es klappt.   “Also … kann mir einer erklären, warum ihr drei überhaupt hier seid?” Sofort fliegen alle Blicke zu dem Dämonenkönig, welcher sich genervt durch die Haare streicht. “Was ist das Letzte, woran ihr euch erinnern könnt?” Stirnrunzelnd blicken sich Mary und Sai an, ehe die Frau zuerst spricht. “Also ich weiß, wir sind aus dem Club raus und Naruto und ich wollten noch ein wenig After-Hour Party machen. Ihr nicht. Ich weiß, dass Mr. Uchiha, dauernd gemault hat, wir sollten nicht rumalbern und ich glaube, er hat uns auch von der Straße gezogen?” Ein verschämtes Lachen Narutos und ein Schnauben Sasukes sind Bestätigung genug. “Naja, ich weiß, dass wir alle hier hin sind und Naruto und ich uns Pizza in den Ofen gepackt haben.” Grübelnd fasst sich die junge Holzkünstlerin ans Kinn. “War da nicht noch irgendwas von, ‘wir sind zu doof um geradeaus zu laufen’?”, warf Naruto grübelnd ein. “Ja, weil ihr beiden im Suff vergessen habt, das Plastik abzumachen. Ihr hättet hier ein riesen Chaos veranstaltet und es nicht gemerkt. WEIL IHR EINGESCHLAFEN SEID, KAUM DAS DIE PIZZA IM OFEN WAR!” Es ist der sonst so beherrschte Sasuke, der dies nun brüllt und die Angesprochenen böse anfunkelt. “Ups!”-”Eehehe”, sind die beschämt kichernden Reaktionen der beiden. “Ich musste euren verdammten Besoffenen-Sitter spielen. Aufmerksamkeitsspanne eines Thunfischs, unberechenbar wie ein Blatt im Wind und überdreht wie ein Eichhörnchen auf Drogen. Als wäre Naruto betrunken nicht schlimm genug … aber zusammen …”   “Um Sasukes Gejammer abzukürzen, ...” Finstere Blicke werden zwischen den beiden Schwarzhaarigen ausgetauscht. Sasuke schnaubt und Menma spricht weiter. “Er hat sich um euch beiden gekümmert und ich mich um dich, Sai.” Nun legt sich der Blick des schwarzhaarige Uzumaki auf Angesprochenen. Augenblicklich wandert wieder dieses komische Gefühl durch seinen Körper - dessen Ursprung er dem Restalkohol zuschreibt - sobald er in die blauen Augen blickt. “Was ist bei dir das Letzte, an dass du dich erinnern kannst?” Nun ist der Blick irgendwie stechend. Ein anderes Wort fällt dem Sumi nicht ein. So unter Druck gesetzt, beginnt er sich unwohl zu fühlen. Als wenn der Andere ihm mit diesem Blick noch etwas mitteilen will. Aber was? Selbst ohne Alkohol bedingten Blackout, ist er doch schließlich kein Hellseher! So tuend als wenn er angestrengt nachdenkt, nippt er am beinahe kalten Kaffee, ehe er sich räuspert und mit ruhiger Stimme sagt: “Dass wir in der Bar waren und Sasuke wieder kam. Du hast was von Bett gesagt und dann frische Luft und dass es kälter war. Dann … “ Nun ernsthaft überlegend, legt er den Kopf schief. Verschwommene Bilder ziehen vor seinem inneren Auge entlang. Dinge bei denen er sich nicht sicher sind, ob sie Wahrheit oder Alkohol-Illusionen sind. “Du hast mich einfach ins Bett geworfen …” “Stimmt, weil du schwer wurdest und angefangen hast zu würgen. Vollkotzen lassen, wollte ich mich dann doch nicht”, wirft Menma ein, was Sai nur mit einem grüblerischen Nicken bedenkt.   “Und dann … hmm … dann”, setzt er an, presst jedoch resolut die Lippen aufeinander. WENN DAS, was gerade aus dem Unterbewusstsein empor drängt, WIRKLICH geschehen ist, dann … dann … nun so genau weiß er es auch nicht. Aussprechen wird er es jedenfalls nicht! Oh nein! Definitiv nicht! Denn das ist bestimmt wieder nur so ein seltsamer Traum wie letztens. Durch den ungewohnten Alkohol verstärkt. Ja, genau so ist es. Muss es einfach sein! “Jaaa und dann …?”, kommt es neugierig von Mary. “Dann äh, weiß ich erst wieder, wie ich wach geworden bin und Menma neben mir lag”, antwortet der Sumi schnell. Schiebt das Rührei auf seinem Teller von links nach rechts und fragt sich, wer die Heizung angedreht hat. Der junge Tuschekünstler ist sich sicher, dass seine Freundin ihn gerade skeptisch betrachtet, doch er will den Blick partout nicht heben. Nicht wegen Mary, nein. Warum auch immer, aber er hat Angst vor dem Ausdruck in den Augen eines ganz gewissen Uzumaki.   Warum ist dies so? Warum hat er ein schlechtes Gewissen, weil er etwas verschweigt? Wo er dies doch schon sein ganzes Leben immer wieder tut. Warum möchte er Menma nicht verletzen, wo er diesen doch nicht mal wirklich kennt. Und eigentlich sind ihm andere Menschen eh egal. Eigentlich ist er nur ‘nett’ und ‘sozial’ weil es laut den Büchern die er gelesen hat, so sein muss. Warum, ist ihm die Meinung des Dämonenkönig also wichtig? Warum hat er all diese unsinnigen Gedanken und dieses Gefühl in Brust und Bauch? All die Fragen, auf die er eh niemals eine Antwort bekommen wird seiner Meinung nach, lassen die Kopfschmerzen wieder in den Vordergrund rücken. Kopfschüttelnd schließt er die Augen und massiert sich die Schläfen.   “Sai … geht es dir gut?” Die Stimme seiner besten Freundin erklingt direkt an seinem Ohr. Leicht zuckt der Sumi zusammen, hat er das Mädchen doch nicht gehört, wie sie zu ihm herangetreten ist. “Vielleicht solltest du dich ein wenig hinlegen? Du bist ganz warm und rot im Gesicht”, wispert die Lilahaarige. Die Hand auf seiner Wange. Schwach nickend stimmt er seiner Freundin zu. Ohne es zu wollen, hat Mary ihm die perfekte Ausrede gegeben, dieser unangenehmen Situation am Esstisch zu entkommen. Menma zu entkommen! Umständlich und mühsam auf Mary gestützt, erhebt er sich und blickt Reih um über die drei anderen Tischnachbarn. “Entschuldigt mich bitte … mein Kopf bringt mich um. Ich leg mich hin, bevor ich euch noch ‘vollkotze’”, dabei blickt er schnell zu Menma und warum auch immer, er zwinkert diesem beim letzten Wort zu.   “Siehst auch schon ganz grün aus, Alter. Echt jetzt!”, kommentiert Naruto mit einer wegscheuchenden Handbewegung. Sasuke nickt ihm nur mit einem Tee in der Hand, zu. Und Menma … der starrt ihn geradezu in den Boden. Eine der Augenbrauen zuckt und Sai fühlt sich automatisch an Ino erinnert. Bei ihr war dies ein Hinweis darauf, dass sie gerne etwas - laut schreiend - mitteilen würde, es jedoch mühsam zurück hält. Was hat der Uzumaki nur? Was ist in der letzten Nacht wirklich geschehen? Wieder eine Frage, auf die er wohl keine Antwort bekommt. Außer er fragt den Dämonenkönig und das … kommt nicht infrage!   So hebt der Sumi nur die Hand und lässt sich, von Mary gestützt, zurück in sein Zimmer bringen. Die junge Künstlerin ist noch einige Minuten bei ihm geblieben. Neugierde, versteckt unter Sorge, lässt sie - nach Sais Meinung - bleiben. Doch er enttäuscht ihre Hoffnung auf Informationen und stellt sich recht schnell schlafen. So verschwindet die junge Frau schließlich seufzend und mit dem Kommentar, dass sie ihn lieb hat und immer für ihn da wäre.   Er will jetzt nicht reden. Nicht denken. Nicht diese seltsamen Sachen fühlen. Schlaf ist das Einzige, was er jetzt will! Ein kurzes, zynisches Lächeln taucht auf seinen Lippen auf. Wieder flüchtet er wenig männlich. Aber wer würde das nicht, wenn er an seiner Stelle wäre? Es kann doch nur eine Spinnerei seines Hirns sein, dass er Menma geküsst hatte … oder?   Kapitel 8: ----------- Die Tage und Wochen vergehen als wäre nichts gewesen. Sais Alltag besteht darin, für sich und Mary Frühstück zuzubereiten, im ‘Crystal Dragon’ vorbei zu sehen und in einem kleinen Café in Alt-Konoha zu jobben. Jeder Urlaub endet irgendwann einmal und das zusätzliche Geld kann er gut zum Überleben gebrauchen. Schließlich will er seiner besten Freundin nicht auf der Tasche liegen und die Kunst sichert ihm auch - noch - nicht die Zukunft. In den kurzen Pausen trifft er sich hin und wieder mit der Lilahaarigen, welche in einer Schreinerei in der Nähe arbeitet. Die Zeit bleibt nicht stehen, alles ist normal und doch … doch wird ein gewisser Schwarzhaariger von einem gewissen anderen Schwarzhaarigen geradezu verfolgt.   Ein treffenderes Wort fällt dem Sumi zu dem aktuellen ‘Zustand’ auch nicht ein, denn immer und immer wieder wandern seinen Gedanken in Richtung Menma. Die große Frage “Was ist passiert?” verfolgt ihn bis in die Träume. Natürlich ist Mary nicht blöd und merkt, dass er immer wieder in grüblerischen Gedanken versinkt, doch erweist sie sich als gute Freundin und bohrt nicht nach, wenn er sie mit fadenscheinigen Begründungen abwiegelt. Die Frage, die sich für den Sumi stellt, ist, wie lange dies noch so klappt. Hatte nicht mal irgendwer gesagt, dass Frauen zu Bluthunden mutieren können wenn sie etwas wirklich erfahren wollten? Dass selbst die Geheimorganisationen der Polizei ein Dreck gegen eine neugierige - besorgte - Frau sind? Doch auch dieses Damoklesschwert über dem Kopf, gibt ihm nicht genug Motivation Gedanken, Gefühle und Sorgen vor der jungen Frau preiszugeben.   Bei allen Tuschemeistern, er weiß ja selbst nicht einmal, was es damit auf sich hat. Was er mit jedem Tag der vergeht merkt, ist jedoch, dass seine Laune deutlich schlechter wird. Spricht ihn jemand darauf an, hat er es sich angewöhnt, alles auf die noch nicht lange zurückliegende Trennung von Ino zu schieben. Wie einfältig die Menschen doch sind, dass sie dies mit einem mitleidigen Lächeln und blanken Floskeln des Trostes hinnehmen.   Je mehr er über den Disco Abend nachdenkt, desto weniger oder verworrener, erscheint ihm alles. Als würde sich nach und nach ein Schleier über alles legen und das Geschehene ins Reich der Einbildung verbannen. Das Schlimme ist, dass er nur Ruhe durch Antworten finden wird. Und diese kann ihm wohl nur ein einziger Mensch in ganz Konoha geben: Menma! Doch weder erwischt er diesem im Atelier, noch besitzt er die Handynummer des Anderen. Von sich aus melden, tut sich der Dämonenkönig auch nicht. Bastard! Aber vielleicht ist Sai auch einfach nur der Einzige, der bis in den Schlaf verfolgt wird? Vielleicht ist er für den Uzumaki ja nicht mehr, als ein einfacher Bekannter und Arbeitskollege in der Galerie. Und vielleicht hatte er irgendwas im Suff angestellt, was dem Kerl nicht gepasst hatte.   Leise aber dafür umso herbere Verwünschungen gegenüber Menma in den nicht vorhandenen Bart murmelnd, versucht sich Sai auf die Arbeit zu konzentrieren. Ein zögerliches “Entschuldigen Sie bitte”, lässt ihn schließlich aus den düsteren Gedanken empor kommen. “Was?”, faucht er geradezu und funkelt den Kunden auf der anderen Seite des Tresen böse an. ‘Menschen sind scheiße, Steine sind toll’ - heißt es nicht so oder ähnlich? “Ich will ja nicht an ihrer Kompetenz zweifeln, aber die Tasse ist voll”, erklärt der ältere Kunde monoton und hebt pikiert die Tageszeitung hoch, als eine braune Pfütze langsam zu ihm treibt.   “FUCK!”, ruft der Sumi laut - entgegen seiner sonstigen Art - aus und schmeißt Kaffeekanne und Tasse in die Spüle hinter sich als würden diese brennen. Dass dadurch die Überschwemmung und auch das Chaos nicht ein Deut weniger werden, ignoriert der junge Aushilfsbarista. Unter dem abwechselnden “Fuck” - “Ist doch scheiße” und “Alles seine Schuld”, kniet er nieder und beginnt die Pfütze hinter dem Tresen aufzuwischen. Mit einem kleinen Spülschwamm.   “Junger Mann, es tropft hier auf den Boden!” “Dann machen Sie es halt weg!” Damit fliegt ein Handtuch über den Tresen in Richtung des Herren. Ob es diesen trifft oder nicht, ist Sai gerade vollkommen egal. Was bleibt der Kerl da auch stumpf sitzen und nervt ihn auch noch? Menschen sind wirklich dumm! “Also wirklich. So eine Unverschämtheit! Ich werde mich …” Doch weiter kommt der Kunde in seiner Schimpftirade nicht, denn die Besitzerin und damit Chefin Sais mischt sich in die Szene ein. “Was ist denn hier … AchduliebeGüte!” Die Augen rollend wischt Sai manisch mit dem Schwamm weiter auf dem Boden herum, während sich die Chefin um den aufgebrachten Kunden kümmert.   Warum ist alles im Moment so komisch? Warum fühlt er sich so seltsam? Wie kann es sein, dass dieser für ihn eigentlich so fremde Dämonenkönig dauernd die Gedanken beherrscht? Was zum Kuckuck ist passiert? Tritt nun der von Mary weisgesagte Punkt ein, an dem alles ‘zu viel wird’? Kann es sein, dass er die Trennung von Ino wirklich nicht verarbeitet oder verkraftet hat? Nein! Heute Morgen hatte er sie auf dem Arbeitsweg gesehen. Im Gespräch mit ihrem Großhändler und er hat nichts gefühlt. Es war egal, denn Ino ist nur Mensch wie die anderen in dieser Stadt. Auch wenn Sai es nicht versteht und diesen aktuellen Zustand nicht gebrauchen kann, so begreift er doch, dass alles durch Menma Uzumaki anders geworden ist. Dass ER anders geworden ist! Warum kann ihm auch keines seiner Bücher eine wirkliche Antwort geben? Von Parasiten bis Hirntumor sind die Diagnosen aus den medizinischen Büchern. “VERDAMMT!” Wütend wird der Schwamm davon geschleudert. Kniend und mit gesenktem Kopf bleibt Sai einfach auf dem Kachelboden hocken. Laut klingt ihm der eigene Herzschlag in den Ohren wieder.   “Sai?” Es ist die Stimme der Chefin, welche ihn vorsichtig anspricht. “Sai, geht es dir gut?” Schnaubend kommentiert Gefragter dies. “Was ist denn los mit dir, Blacky? Jetzt komm mal mit. Los hoch mit dir!” Widerstandslos lässt sich der junge Mann hochziehen und vom ‘Tatort’ wegführen. Erst als er entschlossen in einen weichen Sessel gedrückt wird, taucht der Sumi wieder aus der Lethargie empor. Nur um sich direkt mit einer ihn streng musternden Chefin konfrontiert zu sehen. “Also, Sai”, beginnt die rothaarige Frau zögerlich und lehnt sich an die Schreibtischkante. “Was ist denn los bei dir? So kenn ich dich ja gar nicht und naja … das macht mir doch ein wenig Sorgen, muss ich gestehen.” Ausdruckslos erwidert der Schwarzhaarige den Blick. “Sai, wenn dich was bedrückt, dann rede mit mir. Schließlich sind wir doch Freunde. Nicht nur Chefin und Angestellter.” “Freunde?”, gibt Sai monoton zurück. Zynisch kommt ihm in den Sinn, was Ino nun sagen würde, denn diese hatte ihm oft genug vorgeworfen keine Freunde zu haben. “Natürlich sind wir Freunde, du Idiot”, gibt die Frau vor ihm zurück und legt den Kopf schief. Es ist der typische Anblick, als würde seine Chefin an Sais Geistesgesundheit zweifeln. “Hmm …” Schulterzuckend nimmt der Künstler diese Information hin. “Mir geht es gut. Danke der Nachfrage.” Praktische Floskeln. Ein kurzes Lachen ertönt von der Cafébesitzerin. “Ja klar, und ich bin ein Einhorn! Ernsthaft Junge, du bist nicht du! So wie du jetzt drauf bist, kann ich dich hier nicht gebrauchen, denn deine Aura vertreibt mir entweder die Kunden oder du setzt den Laden nachher noch in Brand.” Irritiert ob dieser Worte, legt der Sumi den Kopf schief. Was genau ihn an dem Gesagten mehr irritiert, weiß er in diesem Moment auch nicht genau. “Geh nach Hause, komm wieder ‘klar’ wie ihr jungen Leute sagt und dann kommst du wieder. Keine Sorge ...”, eilig hebt die Frau beide Hände hoch “, dass hier ist kein Rauswurf. Nur ein kleiner Zwangsurlaub zu unser aller Wohl.” Einen Moment geschieht nichts, doch dann nickt Sai, erhebt sich und verschwindet mit einem blanken “Danke” aus dem Büro.   Die Hände tief in der Hosentasche vergraben, schlendert der Sumi einige Zeit später durch die Straßen Konohas. Er könnte sich auch in den Bus setzten um zu Marys Wohnung zu kommen, doch insgeheim hat er die Hoffnung, dass die frische Luft auf magische Weise etwas an diesem seltsamen Chaos in seinem Kopf ändert. “Men …”, abrupt hebt Sai den Kopf. “...sch, hier bist du!” Ein Mädchen rennt zu einem anderen. “... das Men …”, erneutes Lauschen “... sa Essen ist wirklich gar nicht so übel.” Frustriert tritt Sai ein Steinchen aus dem Weg. “Hey, Uzu!” Suchend schaut sich der Sumi nach einem Uzumaki um. Als dann jedoch nur ein Hund zu seinem Herrchen rennt, würde Sai am liebsten laut aufschreien.   Das darf doch nicht wahr sein, er benimmt sich schon wie der viel gepriesene Pawlowsche Hund. Nur dass es bei ihm keine Glocke ist, welche Essen suggeriert, sondern alles was auch nur ansatzweise auf Menma oder Uzumaki passen könnte, holt ihn aus den Gedanken. Es ist zum verrückt werden! Obwohl … ist er es nicht schon, laut den gesellschaftlichen Normen? Immerhin führt er Selbstgespräche. “Mennooo.” Und wieder zuckt der Schwarzhaarige kurz zusammen, während ein nörgelndes Kind an der Hand der Mutter durch die Gegend gezogen wird. “Jetzt reichts!”, flucht Sai entschlossen. Irgendwie muss der ihn so beeinflussende Lärm aufhören, denn sonst wird er wahnsinnig. Irgendwie muss er die Glocke übertönen. Suchend lässt er den Blick über die Straßen wandern und als er einen Technikladen entdeckt, macht es klickt bei ihm. Meine Güte, selbst für jemanden wie ihn, steht der Sumi im Moment wirklich arg auf den Schlauch!   Nicht sehr viel später, schlendert der Tuschekünstler deutlich ruhiger durch die Straßen. Laute Musik dröhnt ihm nun via neuen Kopfhörer direkt ins Gehirn und lässt seine ganz persönliche ‘Glocke’ verstummen. Je lauter er die Musik dreht, desto zäher werden auch die Gedanken und dies begrüßt er ebenfalls. Hatte er nicht mal irgendwo gelesen, dass Musik die Seele heilt? Stand nicht einmal, in einem der sozialen Netzwerken, so etwas von ‘Musik an - Kopf aus’? Nun, egal. Hauptsache es hilft! Es ändert sich nichts an der allgemeinen Situation, aber jetzt, hier und in diesem Moment, spürt sich der Sumi doch erleichtert wie lange nicht. Die Menschen um ihn rum sind nicht mehr als gesichtslose, teils farbige Punkte in dieser Stadt, auf die die Spätsommer Sonne erbarmungslos niederbrennt. Vögel fliegen geschäftig hin und her, Kinde spielen auf Spielplätzen und ein leichtes Lüftchen sorgt für angenehme Luft. Wirklich, eigentlich ist alle recht angenehm und doch stößt es Sai irgendwie sauer auf den Magen. Es ist ZU normal, wo doch für ihn gerade die Welt ein einziges Chaos ist. Es ist ZU normal, als dass es überdauert. Es ist ZU erholsam und zu verlockend. Wenn die kleinen Kinder auf dem Spielplatz wüssten, welch Schrecken auf sie wartet, sie würden entweder ekstatischer oder gar nicht mehr spielen. Schnaubend wendet sich Sai ab und schreitet entschlossen weiter. Spontan entschließt er noch im kleinen Laden in der Nähe von Marys Wohnung anzuhalten und der Lilahaarigen auch ihre Lieblingsschokolade und Gummibärchen mitzubringen.   ‘Das Leben hasst mich!’ ‘Karma ist ne Bitch!’, ‘Das Schicksal ist ein mieser Verräter’ und ‘Schlimmer geht immer’, diese und ähnliche Floskeln strömen auf Sai ein, kaum dass er den kleinen Laden betritt. Denn niemand anderes als ein gewisser schwarzhaariger Uzumaki, steht im Gang mit dem Obst und Gemüse. Doch dieser Fakt an sich, lässt Sais Herz höchstens freudig höher schlagen. Jener, welcher die Laune in den Boden - in die kochende Hölle - treibt, ist das Mädel welches in hohen Schühchen um den Kerl rumtänzelt. Sich an ihn lehnt, einharkt oder ihm einfach einen Kuss auf die Wange haucht, nur um dann Hüfte schwingend wieder davon zu huschen. Und was macht Menma? Der regt sich nicht auf, oooooh nein! Der grinst nur dumm und lacht leise! Also wirklich, kann so ein Verhalten nicht verboten werden in der Öffentlichkeit? Das Problem: Die beiden bewegen sich einfach nicht wirklich vorwärts und scheinen zu diskutieren ob lieber Nektarinen oder Pfirisch. Also wirklich, wer einen Nachtclub sein eigenen nennt, sollte sich doch wohl beides leisten können! Überhaupt … was macht der Kerl hier, in dieser Ecke Konohas? Wohnt er nicht im Bonzenviertel laut Mary? Aber egal, denn um einkaufen zu können, muss er dank der dämlichen Ladeneinteilung an diesen beiden vorbei. Ein letztes Mal atmet er tief durch, ehe er Nes Ratschlag befolgt und seine Mimik zu einem monotonen - nichts sagendem - Einerlei werden lässt. Wenn er sich beeilt, schafft er es hinter den Diskutierenden vorbei, ohne dass diese ihn bemerken.   “Hey! Sai!” Natürlich hat der Sumi kein Glück. Dabei hat er es schon beinahe um die Ecke in den nächsten Gang geschafft. “Was machst du denn hier?” Und wieder eine diese Floskeln, anscheinend verfolgen diese ihn heute. Nur mit Mühe kann er sich einen sarkastische Antwort, a la “Eisbären jagen” oder “Den Sinn des Lebens suchen”, verkneifen. Wohlgemerkt ein weiterer Fakt, dass ihm dieses Trash TV gucken mit Mary nicht gut tut. Langsam dreht er sich zu dem Uzumaki herum und zieht die Kopfhörer aus den Ohren. Sie sind eh nur noch ‘Alibi’, da die Musik nicht mehr läuft. “Ach Menma, hey. Du hier? Gar nicht gesehen.” Mit hochgezogener Augenbraue blickt dieser kurz zwischen Eingangstür und Sai hin und her. “Ja, ich war durch … Zufall hier in der Nähe”, meint der blauäugige Schwarzhaarige und zuckt mit den Schultern. “Aha … du meinst wohl, deine kleine Freundin wohnt hier irgendwo.” Eigentlich sollte es eher spaßig klingen, doch selbst Sai hört die Bitterkeit in dieser Aussage. Doch Menma anscheinend nicht. “Und was machst du schon hier? Hast du nicht eigentlich noch Schicht? Geht es dir nicht gut?” “Ähm … ich hab früher frei gekriegt. Es war nicht viel los. Alles bestens und selbst?” “Och, auch.” “Hmm na dann …” Langsam tritt der Sumi einige Schritte zurück. Dass Ganze ist einfach komisch und steif. “Und, hast du dich gut erholt von der Feierei?” “Ähm ja … und du?” “Auch. Hast dich ja nicht mehr gemeldet.” Unbehaglich tritt der Schwarzäugige noch weiter zurück. “Du dich doch auch nicht. Keiner von euch. In der Galerie warst du auch nicht.” “Doch war ich, du aber nicht! Zu dem habe ich dir geschrieben!” Irritiert schüttelt Sai den Kopf. “Nein, hast du nicht! Oder deine Brieftaube hat sich verflogen.” “Klappe!” Und damit zieht der Uzumaki sein Handy hervor, lässt wild die Finger darüber gleiten und hält Sai schließlich das Display hin.   SAI M: “Hallo, Menma hier. Guren gab mir deine Nummer. Wie gehts?” M: “Lebst du immer noch nicht?” M: “Das mit dem Trinken, müssen wir echt lernen!” M: “Hallo?” M: “?”   Dieses komische Kribbeln, welches ihn vorhin ergriffen hat, treibt ihn zusammen mit dem hektisch schlagenden Herzen beinahe dazu, wie ein Mädchen verzückt zu quietschen. Quietschen und seufzen und hüpfen. OK - KEINE SCHNULZEN MEHR MIT MARY! Räuspernd versucht er dieses bisschen Stimme, welches der freudige Klos in seinem Hals zulässt, zusammenzusuchen. “Mir hast du nicht geschrieben.” Damit zieht auch Sai sein Handy und präsentiert den SMS Eingang. “Wie du siehst, keine Nachricht von dir. Auch nirgendswo anders.” Glückwunsch Sumi, sei doch noch zickiger, schimpft sich Sai selbst. “Hmm … ist dies deine Nummer?” Ein schneller Blick zeigt dem Tuschekünstler den Fehler. Ein simpler Zahlendreher. Ebenso schnell ist dieser behoben und Schweigen tritt zwischen den beiden jungen Männern ein. Auch weil Sai sich ärgert, nicht selbst auf den Gedanken Guren zu fragen gekommen zu sein.   “Ähm …also dann …” Doch eine hohe, nach Menma brüllende Frauenstimme unterbricht Sai in seinem Gestotter, während Menma leise, aber genervt, stöhnt. “Frauen, dass die aber auch immer so laut sein müssen. Oder?” Stumm nickt der Schwarzhaarige und schiebt sich weiter von Menma weg. Die Sicherheit, dass die Maske hält wenn diese High Heel Tante wieder an dem Uzumaki hängt, ist nicht garantiert. “Bis dann. Viel Spaß noch”, schafft der Sumi gerade noch hervor zu pressen, ehe er sich auf der Stelle umdreht und wieder mal geradezu flieht. Den Schein wahrend irgendwelche Lebensmittel, welche ihm bekannt vorkommen, in den Einkaufswagen werfend. ‘Raus! Weg! Abstand! Ruhe und Frieden!’, ist alles was er gerade will, während es in seiner Brust mehr und mehr schmerzt. Mit jedem Schritt wird der Drang zurückzugehen und dieses Weibsbild zu vertreiben, mehr. Es bleibt nur die Flucht. Wenn er es nicht besser wüsste, dann würde er ja sagen dass er an Eifersucht leidet, aber das ist doch Quatsch ... oder?   In der Dunkelheit hockend, eingelullt von der Musik, sitzt Sai alleine auf Marys Couch und versucht irgendwie mit all dem klar zukommen. Das eigentlich für seine beste Freundin gekaufte Schoko-Minz Eis geöffnet auf dem Schoß. Dieser Tag war einfach zu viel. Zu aufregend. Zu unberechenbar. Zu schlecht und doch zu gut. Und egal wie er es dreht und wendet, schuld ist und bleibt in seinen Augen Menma! Hätte Sai nicht in der Nacht von diesem geträumt - wieder mal - dann hätte er mehr geschlafen, wäre konzentrierter gewesen, hätte bessere Nerven gehabt, wäre auf der Arbeit nicht ausgerastet und somit auch nicht vorzeitig nach Hause geschickt worden. Tja und DANN wäre er auch nicht auf Menma getroffen, der wie ein Gockel mit seinem Weibchen angeben muss. Auf Menma, der sich von dieser Trulla einfach abknutschen lässt wie ein Stück Kuchen. “Arschloch!”, murmelt Sai leise und schiebt sich einen weiteren Löffel Eis in den Mund.   Aber er hat dir geschrieben. Er wollte wissen wie es dir geht. Hat er wirklich mit dem Mädel geflirtet oder sie mit ihm? Mut machend redet das Unterbewusstsein auf ihn ein. “Und wenn schon!” Er hat sich Sorgen gemacht. “Als wenn!” Weißt du überhaupt was du willst? “HALT DIE KLAPPE!” Entschlossen wandert ein weiterer Löffel in seinen Mund und die Musik wird lauter gedreht.   Es mag stimmen, dass Menma seltsam klang, als er sich nach Sais Arbeit erkundigte … MOMENT! Ruckartig setzt sich der Sumi auf; ignoriert das Eis welches sich auf ihm verteilt. “Hast du nicht eigentlich noch Schicht?”, ja DIES sind die Worte des Uzumaki gewesen. Aber das heißt ja wiederum, dass dieser nicht nur weiß, wo Sai nebenbei jobbt, sondern auch wie die Arbeitszeiten sind. Das ist ja zum … ja wie findet der Sumi das eigentlich? Ein freudige Glucksen, welches sich bei dieser Erkenntnis die Kehle emporwindet, ist ihm Beweis genug. Warum auch immer, aber Menma ist anscheinend sein kleiner persönlicher Stalker. Mit einem irren Grinsen lässt sich der Tuschekünstler auf die Seite fallen und badet sich einen Moment in den heute so seltenen Glücksgefühlen. Allein der Gedanke lässt wieder dieses kribbelige Gefühl anschwellen, das Herz schlagen und ob ihn die Beine jetzt tragen würden, bezweifelt Sai. Gleichzeitig fühlt er sich federleicht und doch schwer. Immer noch lächelnd zieht er das Handy hervor. Keine Nachricht, von niemanden. Ein Seufzen entfährt ihm, doch dann öffnet er die Internetapp und gibt in die Suchmaschine seine Beschwerden ein. Innerhalb von Sekunden gibt ihm die App tausende von Infos. Also entweder er leidet an einer Herzrhythmusstörung oder … Verschreckt schreiend und strampelnd - die Eispackung auf die Couch pfeffernd - umklammert er das Mobiltelefon wie einen Rettungsanker. Hektisch atmend öffnet er einen Link. “Kribbelige Schmetterlinge im Bauch und das Gehirn ist ein unlogisches Chaos. Der Körper spielt ohne Sinn verrückt. Herzlichen Glückwunsch, Sie sind verliebt!”   “OH NEEEEIN!”, ruft der Sumi laut aus, doch ohne Erfolg. Dafür spürt er einfach zu sehr, dass es stimmt. Dass er jetzt etwas fühlt, was er in diesem Ausmaß niemals zuvor spürte. Und was jetzt? Wie konnte er es bis zu diesem Moment nur nicht begreifen, wo doch alles so glasklar ist. Klar ist, dass dieser Uzumaki wirklich nicht 'Irgendeiner' ist. Kapitel 9: ----------- Ok … ok … alles klar … beruhig dich Sai. Immer ruhig bleiben.” Wieder und wieder murmelt der junge Sumi diese und ähnliche Worte wie ein Mantra und Anker. Aber wie - bei allen Tuschemeistern - soll er bitte ruhig bleiben, wenn ihm dieses verfluchte Internet gerade an den Kopf geworfen hat, dass er verliebt ist? Zu allem Überfluss auch noch in Menma Uzumaki und damit unleugbar in einen Mann! Er selbst hat zwar kein Problem mit Homosexualität oder Sexualität allgemein, denn es gehört einfach zum Leben dazu, aber … dass ihm das selbst einmal ‘passiert’ … Vor allem, dass er wirklich einmal diese gravierenden Auswirkungen von ‘Verliebt sein’ abbekommt, grenzt schon beinahe an ein Wunder in seinen Augen. Nicht ansatzweise oder vergleichbar hatte er jemals so für Ino empfunden. Das fröhlich vor sich hinschmelzende Eis ist vergessen und Sai beginnt Furchen in den Boden zu laufen, während sich die Gedanken überschlagen. War alles mit Ino eine Lüge? Meinte die Chefin ‘das’ mit er wäre nicht er selbst? Wann hatte er sich bitte in den Dämonenkönig verliebt? Wie? Wieso? Weshalb? Warum? War dies einfach nur ein Fall von Überkompensation? Gerade aus einer Beziehung raus und dann ist jemand anderes nett zu einem. Menma hatte sich ja anscheinend wirklich um ihn gekümmert, als sie feiern gewesen waren. Auch wenn streng genommen der Uzumaki überhaupt an Sais damaligen Zustand Schuld war. Aber nein, dann wäre es logischer gewesen, wenn er sich in Mary verliebt hätte. Selbst eine der Kolleginnen im Café hatte sich mehr um ihn ‘gekümmert’ um ihn vom Trennungsschmerz abzulenken. Nicht dass er es brauchte, aber es war leichter gewesen sie einfach machen zu lassen, anstatt zu diskutieren. Aber nein, nicht ablenken lassen, sondern beim Thema bleiben. Wo ist er noch gleich stehen geblieben? Kurz bleibt der rastlose Sai grübelnd stehen, ehe er schnipsend die Wanderung wieder aufnimmt. Also feststeht, wenn diese Internet Diagnose stimmt, dann wirft es auch auf den eventuell stattgefunden Kuss ein ganz anderes Licht. Interessanterweise nimmt allein durch den Gedanken an dieses eventuelle - und für ihn momentan ungewisse - Ereignis, das Kribbeln zu. Bilder - Erinnerungsfetzen tauchen plötzlich vor seinem inneren Auge auf und neugierig geworden, lässt der Sumi sich mit diesem Strudel mitziehen. Er dümmlich grinsend auf dem Rücken liegend, nachdem er von einem schnaufendem Menma aufs Bett geworfen wurde. Mit großen Augen blickt er zu dem Uzumaki hoch, welcher mit einem Bein auf dem Bett kniet. “Du bist schwerer als du aussiehst, mein Lieber.” “Ey … ich bin nisch dein Liebaaa”, lallt Sai. Der Versuch mit dem Zeigefinger zu wackeln erinnert eher daran, einen LKW einzuweisen. “Oh doch.” Damit lächelt der Uzumaki ihn an und fängt Sais fuchtelnden Hände ein. “Nicht dass sich einer von uns noch verletzt, du Schnapsdrossel.” Den bösesten Blick aufgesetzt, welchen er in diesem Moment auf die Kette kriegt, funkelt der Sumi den anderen Schwarzhaarigen an. “Du … bisch … scht sch … schuld.” Na super, jetzt boykottiert auch noch ein Schluckauf sein Sprachvermögen. “Klar … und der Alkohol war sowieso schlecht. Aaaaaber sicher doch, Pinsler”, lacht der Andere gut gelaunt und stupst Sai übermütig auf die Nasenspitze. Was dieser mit aufgeplusterten Wangen quittiert. So als ‘Zuschauer’ muss Sai schon sagen, dass er selbst mit dieser Geste irgendwie … kindisch wirkt. An dieser Stelle unterbricht die Erinnerung bisher immer, doch anscheinend hat die Selbsterkenntnis des ‘Verliebtsein’ Dinge frei gelegt. So beobachtet er gespannt, was er bisher nicht mehr in Erinnerung hatte. Mit sanftem, aber doch bestimmten Griff wird er wieder ein Stück in Richtung Bettkante gezogen. Nur um, ehe er sich versehen kann, entschlossen auf die Füße gezogen zu werden. Quietschend, überrumpelt und Gleichgewicht suchend, taumelt der Sumi nach vorne. Direkt in die Arme und damit gegen die Brust Menmas. Dessen Herz schlägt so laut und schnell. Gebannt legt Sai eine Hand direkt auf den lebenswichtigen Muskel, um auch ja keinen Schlag zu verpassen. Dieser Herzschlag ist … Musik. Dazu die Körperwärme des Uzumakis und der Geruch. Reste der Partynacht und doch ist da dieser Geruch, den er schon bei ihrem ersten Treffen unbewusst wahrgenommen hat. Die Kunst des Uzumaki dringt diesem aus jeder Pore und direkt in Sais Nase. Doch es stößt ihn nicht ab, nein. Es bringt den Tuschekünstler dazu, noch näher zu kommen; sich geradezu an den anderen anzukuscheln. Dabei nicht einen Moment die Hand von der Brust nehmend. Oh man, der Alkohol muss echt mehr mit ihm angestellt haben, als ihn nur betrunken zu machen. Der sich erinnernde Sai beobachtet, wie er selbst erneut dumm kichert und die Augen vertrauensvoll schließt, als sich Menmas Arme um seine Taille legen. Dieses Bild … dieser Anblick, er ruft irgendwas in ihm wach. Er weiß es nicht und ehe Sai darauf kommt, was er fühlt, löst Menma sich und ergreift die Hand des Sumis. Nur um diesen in Richtung Bad zu ziehen. Zeitgleich entweicht beiden Tuschekünstlern ein wehmütiges Seufzen. Und doch, folgen beide neugierig dem Uzumaki aus dem Raum und in das kleine Bad gegenüber. Das lautstarke Schimpfen Sasuke Uchihas wegen irgendwas, einfach ignorierend. Nicht sein Problem. Sai weiß ja nicht mal was bei ihm selbst passiert - wieso, weshalb und warum - da kann er sich nicht auch noch um die Anderen kümmern. Schwankend kommt der Sumi schließlich am Waschbecken an und klammert sich daran fest. Die Welt dreht sich ungewohnt und so richtig scheinen ihn die Beine auch nicht mehr tragen zu wollen. Hände wandern sanft über seinen Rücken und langsam hebt der Tuschekünstler den Blick. Eine störrische Strähne aus dem Gesicht pustend, lächelt er dem hinter ihm stehenden Menma über den Spiegel schüchtern an. Dieser erwidert das Lächeln, legt die Arme von hinten um den Sumi und das Kinn auf dessen Schulter. Beide Sais überfällt eine Gänsehaut von nie zuvor gekannter Intensität. Spüren sie doch beide die Nähe des Uzumakis bis in die Tiefe ihrer Seele. Ein Gefühl und auch ein Bild, an welches er sich durchaus gewöhnen könnte. Einen Moment stehen die beiden Schwarzhaarigen einfach nur stumm da. Schwarze Augen treffen im Spiegel auf blaue, blaue verankern sich in schwarzen und keiner scheint gewillt diesen Augenblick zu zerstören. Sai kann nicht anders, als festzustellen, dass sein Erinnerungs-Ich ziemlich zufrieden aussieht. Oh man, ist das hier alles surreal! Doch ein resolutes Klopfen an der Tür, sowie Rütteln an der Klinke, lässt die beiden Verträumten zusammenzucken. Es ist Menma, welcher zuerst die Stimme nach einem Räuspern wiederfindet. “Ich glaube, wir sollten uns beeilen … die Anderen wollen auch mal. Also los, mach dich bettfein, Schnapsdrossel.” Erneut plustert Sai mit bockigem Blick die Wangen auf; will schon zum Protest ansetzen, doch Menma fällt ihm einfach ins Wort. “So gern ich dich auch im Arm halte, im Bett hätte ich dich noch lieber”, raunt der Uzumaki dunkel und platziert einen zarten, aber doch bestimmten - mehr versprechenden Kuss - auf Sais Hals. Dass dessen Gurren nicht laut im Badezimmer widerhallt, ist auch nur dem fluchenden Sasuke auf der anderen Seite der Tür zu verdanken. Mit wild schlagendem Herzen öffnet der Sumi die Augen und findet sich blinzelnd in Marys Zimmer wieder. Wohl gemerkt, dumm mitten im Raum stehend, aber egal! Was hat diese Erinnerung zu bedeuten? Ist dies alles wirklich geschehen? Unwillkürlich legt der junge Mann eine Hand auf die Stelle, an der Menma ihn im Bad geküsst hat. All diese betrunkenen Gedanken und auch all das, was er gefühlt hat, ist ihm so fremd. Kann Alkohol wirklich solch eine Veränderung hervor rufen? Aber gibt es da nicht diesen Spruch a la “Betrunkene und Kinder sagen die Wahrheit”? Alkohol ist nun mal ein körperfremder und Bewusstsein verändernder Stoff. Selbst Ne hatte ihm doch einmal gesagt, dass Alkohol und Drogen die Welt in ganz anderen Farben erscheinen lassen konnten. Naja, Ne hatte ihm auch geraten zu diesen Dingen zu greifen, sollte er einmal nicht weiterkommen und ehrlich gesagt, hatte er dies nicht vor. Weg von Ne, hin zu diesem schwarzhaarigen Mistkerl! Also … was war nach der Badezimmerszene gewesen? Mit gerunzelter Stirn nimmt der Sumi die Wanderung erneut auf. Um den Tisch rum, in die Küche, in die Essecke und zurück ins Wohnzimmer. Doch alles, was sich wieder und wieder bei ihm abspielt, ist die Mischung der Gefühle und Eindrücke, welche er mit dem Badezimmerkuss verbindet. Wütend über sich selbst stampft er mit dem Fuß auf. Wie gut dass ihn niemand sehen kann. Die Szene, beziehungsweise der Ausbruch, bei der Arbeit ist schon peinlich genug gewesen. Er weiß, da gab es noch diesen anderen Kuss, aber da sind wieder die Fragen: Wie? Wieso? Weshalb? Warum? “Ist doch scheiße”, murmelt er resigniert. Dieses Verlangen, endlich alles zu wissen, brennt wie ein Feuer in ihm. Wie soll er sonst schlafen, Menma oder sonst wem in die Augen sehen? Wie sich selbst? Gedankenverloren trottet er zu dem Spiegel im schmalen Flur. Er sieht wirklich nicht gut aus. Blass - noch blasser als normal - und Augenringe sind auch schon zu erkennen. Die Haare stehen wirr in alle möglichen Richtungen ab. “Du siehst nicht gut aus, Sai”, wispert er dem Spiegelbild zu und verzieht die Lippen zu einem schiefen Lächeln. Eine absurde, starre Erscheinung, welche ihn einen gewissen Grad an ‘Irrsinn’ verleiht. So lässt er es schnell wieder aus dem Gesicht verschwinden. Jetzt wo er hier steht, kommt ihm die Frage, wer er wirklich ist. Was ihn ausmacht und was Menma überhaupt dazu bringen könnte, wirklich Interesse an ihm zu haben. Er - Sai Sumi - ist doch nicht mehr als ein familienloser Bastard, der in einem Waisenhaus aufgewachsen ist. Seit jeher ein Ausgestoßener, denn all die gesellschaftlichen Normen überfordern und verwirren ihn. Erst mit der Kunst hat er angefangen Fuß in der Realität zu fassen. Klar, Ne war einerseits eine große Hilfe und doch hatte dieser ihm auch immer wieder eingeprügelt, dass die Kunst über alles ging, dass Gefühle einfach nur stören. Dass Sai nur ein waches Auge, Pinsel, Tusche und eine Malunterlage braucht und dies seine Aufgabe ist. Ja - eigentlich ist der Sumi ein sprichwörtlicher Fachidiot und armes Würstchen. Auch wenn er nicht weiß, warum ihm diese Worte jetzt in den Kopf kommen, sie passen in Sais Augen. Lassen ihn kalt, unscheinbar und unreal erscheinen, wie das nackte Licht einer Neonröhre auf einem Raststättenklo. Kopfschüttelnd wendet sich der Tuschekünstler von seinem traurig wirkenden Spiegelbild ab und trottet gedankenverloren in sein Zimmer. ‘Sein Zimmer’. Ein Schnauben entweicht ihm, denn nicht einmal eine eigene Wohnung hat er bisher organisiert. Immer noch hockt er hier bei Mary und ihrem Verlobten. Denn dieser ist nun auch öfter wieder zu Hause und egal wie oft beide ihn vom Gegenteil überzeugen wollen, er fühlt sich doch wie ein Eindringling. Egal wie nett beide zu ihm sind - auch Yamato welcher direkt mit einem gemeinsamen Bier feiern wollte -, er fühlt sich doch wie das fünfte Rad am Wagen, welches im Weg ist. Nie zuvor hat er dieses Gefühl der Ratlosigkeit, Leere, Unwissenheit, Verunsicherung und ja, auch Zukunftsangst gefühlt. Es ist einfach zu viel und so lässt sich Sai mit einem tiefen Seufzen auf sein Bett sinken. Es ist, als wäre er nach der Trennung erst richtig ‘erwacht’. Als hätte die Zeit mit Ino alles irgendwie überdeckt - wie auch immer das möglich sein soll - und nun stürzt die grausige Realität mit all ihren Formen, Farben und vor allem Gefühlen auf ihn ein. Diese Dinge in Sachbüchern oder Romanen erklärt und beschrieben zu bekommen, ist ihm doch wesentlich vertrauter und lieber. Schutz suchend schnappt er sich die Bettdecke, rollt sich auf der Seite liegend ein und kneift fest die Augen zu, als könne er sich so vor allem schützen. Was er nicht sieht, sieht ihn auch nicht! Seit wann ist er eigentlich solch ein weibischer Angsthase, Feigling … Loser? Dieses Gefühl der Nacktheit ist irgendwie komisch. Sollte es ihm nicht eigentlich total egal sein, ob er hier nun nur noch in Boxershorts und Socken im Raum steht, während sich der Uzumaki ebenfalls in diesen ‘Zustand’ versetzt? Anscheinend hat dieser überhaupt kein Problem damit, die Kleidung abzustreifen. Aber warum auch, schließlich sind sie beides Männer. Und was für ein Mann dieser Blauäugige vor ihm ist, holla! Diese Muskeln sind wirklich nicht zu verachten. Sanft und doch mit einer ganz eigenen Art von Kraft zeichnen sie sich unter der sonnengebräunten Haut ab. Spielen bei jeder Bewegung Menmas ihr Spiel und verleihen dem Dämonenkönig eine für Sai unbeschreibliche Art von Eleganz und Geschmeidigkeit. Wage erinnert er sich daran, schon im Club und auf dem Heimweg gespürt zu haben, dass der Uzumaki nicht einfach nur einer dieser ‘Heringe’ ist. Ganz im Gegensatz zu sich selbst also. Unsicher löst Sai den Blick von seinem Gegenüber und schielt auf seinen eigenen Körper. Blässe die schon beinahe als weiß bezeichnet werden kann, Bauchmuskeln die sich nur schwach zeigen und im Gegensatz zu Menmas Oberarmen, erinnern seine eigenen eher an Streichhölzer. Sofort keimt die Unsicherheit wieder vollkommen in Sai auf und am liebsten würde er sich schnell unter die Decke verkrümeln, doch dies verhindert ein entschlossener Figurenkünstler. “Nichts da, Pinsler! Du versteckst dich nicht so schnell, nicht wenn …”, langsam lässt der Andere die Finger zart über Sais Brust wandern. Seit wann können Berührungen brennen? “Nicht wenn du glatt mein neues Inspirationsobjekt werden könntest”, fährt der Uzumaki ungeachtet Sais starrer Haltung fort. Auf dem Rücken liegend und auf den Ellenbogen abgestützt, starrt der Sumi zu seinem Gast empor. Die dunkle Stimme Menmas sorgt mit der Berührung für eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper und noch etwas, was er jedoch nicht genau benennen kann. “Du bist viel zu hübsch, als dass du dich unter der Decke verstecken kannst, Pinsler. Und jetzt habe ich dich auch dort, wo ich dich die ganze Zeit haben wollte.” Wie kann eine Stimme noch dunkler und rauchiger werden mit einem Mal? Doch Sais Gedanken setzen ebenso aus, wie sich Atmung und Puls beschleunigen, als sich der Uzumaki geschmeidig auf das Bett kniet. Ein Bein an Sais Seite und das andere zwischen den Beinen, hockt der Andere schon mehr auf dem Sumi drauf, als alles andere. Als Menma sich dann auf noch herabbeugt, lässt sich der Tuschekünstler überrumpelt von so viel Nähe einfach nach hinten fallen. Was passiert hier nur? “Wa …”, schafft er mühevoll zu krächzen, doch ein warmer Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. “Nicht denken Pinsler, mach dich locker. Dir passiert schon nichts, versprochen.” Sai weiß zwar nicht genau, wie und was der andere Schwarzhaarige meint, aber er glaubt ihm und schließt seufzend die Augen. Lehnt sich einfach nur gegen die warme Hand, welche über seine Wange streicht, während ihm das Herz beinahe aus der Brust springt. Der Alkohol … tut er ihm nun gut oder nicht? Oder ist es vielleicht doch nicht die Schuld all dieser hochprozentigen Flüssigkeit? Verdammt, wie soll er sich denn bitte konzentrieren, wenn Erschöpfung und dieses komische Gefühl, ausgelöst durch Menmas Berührung und Nähe, durch seinen Körper rasen wie Ameisen auf Zucker? Hier und jetzt, ist es einfach viel zu angenehm. Flatternd schafft er es die Augen zu öffnen, nur um sich direkt von diesen strahlenden und funkelnden blauen Ebenbild Menmas gefangen zu sehen. Ein kleines Lächeln liegt auf den Lippen des Anderen, während dessen Hand weiter über Sais Gesicht, Hals und Brust hin und her streicht. Schüchtern schafft Sai es, dieses Lächeln zu erwidern. Zögerlich erhebt der Sumi seine Hand schafft er es tatsächlich die Hand behutsam auf die Wange Menmas zu legen. “Sooo weisch”, nuschelt der Tuschekünstler, während sein Daumen hin und her streicht. “Dito.” “Men … ma …” “Ja, Schnapsdrossel?” “Ich … also … kann isch …” “Nicht denken, Pinsler!” Einen Moment zögert der Aufgeforderte noch, doch dann kratzt er allen Mut und auch Stolz zusammen, legt die Hand behutsam in Menmas Nacken und beginnt diesen dort zu kraulen. Das Gurren, welches diesem entschlüpft ist wie Musik in seinen Ohren. Kann er das wagen, was ihm gerade in den Kopf gekommen ist? Kann er umsetzen, was ihn als Vorstellung schon seit einer gefühlten Ewigkeit quält? Lauernd sucht er in den Augen des Uzumaki nach etwas was dagegen spricht, doch er findet nichts. Nichts weiter als Ruhe, Freundlichkeit und irgendein mysteriöses Glitzern. So atmet er noch einmal tief durch, ehe er Menma entschlossen nach unten zieht und ihre Lippen sich zu einem beinahe keuschen Kuss treffen. Danach explodiert alles wie ein Feuerwerk aus Farben und Gefühlen und alles, was er noch sieht, sind Erinnerungsfetzen. Menma und er. Auf dem Bett. Keuchend wie nach einem Marathon. Menma, welcher nun wirklich auf ihm liegt. Ein Blick, der entschuldigend und doch zuversichtlich auf ihm liegt. “Glaub mir, es ist besser so, Schnapsdrossel. Du hättest es mir nicht verziehen!” “Aber ...”, protestiert der Sumi, kommt jedoch nicht weiter. “Ich bin froh, wenn du dich auch nur an irgendwas von heute Nacht erinnerst. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich daran Zweifel …” Sanft wird Sai ein Kuss auf die Nasenspitze gehaucht. “Ich erinnere mich, bestimmt!” “Wenn du es tust, dann sage mir irgendetwas, was ich dir hier oder im Bad gesagt habe. Oder so … und dann sehen wir weiter, Prinzessin Pinsel!” “Spielverderbääääääär.” Glucksend rollt sich Menma von ihm runter, doch noch ehe diesem die Nähe und Wärme fehlen kann, wird er in starke Arme geschlossen und kuschelt sich automatisch näher. “Schlaf jetzt, wir müssen schließlich morgen fit für die Chaoten da draußen sein. Nun … vielleicht ist Schlaf nicht so verkehrt. Kann der Sumi doch kaum noch die Augen aufhalten. “ ... dich lieb, Men.” “Sag das noch mal, wenn du nüchtern bist, Pinsler. Aber ich hab auch was für dich über.” Und ein Kuss wird in seinem Nacken platziert. Verwirrt, weil ihn jemand rüttelt, taucht Sai aus dem Traum - der Erinnerung - empor und blickt sich mit schlafgetrübtem Blick um. Nur mühevoll gelingt es ihm, wieder Fuß in der Realität zu fassen und Mary vor sich auf dem Bett auszumachen. “Sai? Oh mein Gott, endlich bist du wach!” Warum klingt sie so erleichtert? “Mary?” “Geht es dir gut? Was ist los?” “Warum?” Und warum ist seine Stimme so kratzig? “Weil du hier lagst, hin und her gerollt bist und dann angefangen hast zu weinen und jammern! Verdammt, was ist denn nur mir dir los, verdammt! Manno, ich mach mir verdammt noch mal Sorgen, verdammte Axt! Bei allen Holzwürmern, rede endlich, sonst kann ich dir doch nicht helfen, Herzchen!” Dass sie den Sumi dabei schüttelt und rüttelt ist der Holzkünstlerin anscheinend herzlich egal. Beinahe ist Marys Art zu fluchen ja niedlich, aber … Moment! Hat die Dame des Hauses nicht gerade was von ‘weinen’ gesagt? Abwesend hebt der junge Mann eine Hand und tatsächlich, er spürt feuchte Spuren auf seinem Gesicht und jetzt, wo er in sich ‘hineinhört’, spürt er die brennenden Augen und den rauen Hals. Verzweifelt hebt er langsam den Kopf. “Mary … ich glaub, ich hab ein ganz großes Problem. Hilf mir bitte.” Und so springt er endlich über seinen Schatten und öffnet sich seiner besten Freundin. Kapitel 10: ------------ Das Wetter zeigt noch mal all sein Können in dem die Sonne aus einem wolkenlosen, blauen Himmel auf Konoha nieder scheint. Doch Sai hat dafür genau so wenig Beachtung über, wie für die fröhlichen Vögel und Menschen um ihn herum in diesem kleinen Park. Locker eine Hand auf dem ungeöffneten Skizzenblock liegend, versinkt er immer weiter in seiner Gedankenwelt, während er das Gespräch mit Mary Revue passieren lässt. Auch die halbe Woche, welche seit dem vergangen ist, hat ‘noch keine Früchte getragen’. “OK … Schätzchen, du machst mir gerade echt Angst, verdammte Axt.” Stimmfarbe und Blick sprechen genauso die gleiche Sprache, wie sie sich widersprechen. Kurz bereut Sai es, dass er über seinen Schatten gesprungen ist, doch dann seufzt seine beste Freundin kellertief und lässt sich vorsichtig neben ihm auf dem Bett nieder. “Los mach mal Platz.” Damit kriecht die junge Frau zu ihm unter die Decke und schließt ihn fest in den Arm. Irgendwo hat er gelesen, dass es in einer besten Freundschaft nicht Frau und Mann im eigentlichen Sinne gibt. Es geht um die Verbundenheit, Vertrauen und Geheimnisse vor der Welt miteinander verstecken. Grob gesagt: Um ein Band, welches ganz besonders ist und Katastrophen standhalten kann. Nun … für Sais Maßstäbe ist diese aktuelle Situation schon als Katastrophe einzuschätzen. “Also mein lieber Freund der samtenen Tusche, jetzt raus mit der Sprache! Was ist los und warum kann man von meiner Couch Eis trinken? Wenn man dann noch Lust drauf hat, ist bestimmt auch noch was im Flokati versickert, welchen man somit ablecken kann.” In der Stimme der Frau schwingt einiges an Sarkasmus und Ironie mit. Mary ist einfach nur bewundernswert. Ino, und bestimmt jedes andere Mädchen, hätte einen Aufstand gemacht und ihn mit einer kleinen Bürste auf Knien das Chaos beseitigen lassen. Doch nicht so dieses erstaunliche lilahaarige Wesen. Die liegt hier, hält ihn fest und versucht die Flecken auf seiner Seele zu ergründen. Und in diesem Moment geben ihm Freude und Glück genug Kraft sich aufzurichten, sich sitzend an das Kopfteil des Bettes zu lehnen und nun so selbst Mary im Arm zu halten. Wenn er durch diesen kleinen Wirbelwind eins begriffen hat, dann das er nicht alleine ist und er vielleicht doch nicht so ein Freak ist, mit dem niemand etwas zu tun haben will. Noch einmal atmet er tief durch, räuspert sich und verlässt sich blind auf die angeblich magischen Kräfte einer besten Freundschaft. “Die Gefühle ähneln einem leeren Blatt Papier. Lässt du jemanden drauf schreiben, gehen seine schlechten Worte nicht mehr aus dem Blatt weg. Radierst du, bleiben immer noch die Abdrücke. Ist es vollgeschrieben, ist kein weiterer Platz mehr da und man beginnt zu weinen. Natürlich kannst du es zerreißen und somit einfach das Meiste aus deinem Gedächtnis verdrängen, jedoch bleibt die eine zerrissene Seite vom restlichen Blatt immer noch als Wunde in deiner Seele bestehen.” Leise fließen diese Worte über seine Lippen. Doch er meint sie genau so und nun hängen sie schwer in der Luft. Fressen sich in jedes Herz, welches diese Worte vernommen hat. “Und … was willst du nun mit der letzten, kaputten Seite machen? Und vor allem: Welchen Namen trägt sie? Ich habe da zwar meine Vermutung, aber …” Verkrampft lächelt Sai seine Freundin an. “Ich weiß nicht, was ich machen soll.” “Willst du es ihm sagen?” “Wenn ich ihm was sage, was ja nur eine Vermutung ist, dann mach ich mich doch wirklich zum Deppen.” “Und wenn er genauso denkt?” “Wie meinst du das?” “Wie kommst du überhaupt darauf, dass du was für das Blauauge über hast?” “Ich hab ihn gesehen … und wie kommst du darauf, dass er auch so fühlt? Woher weißt du überhaupt, dass ich Menma meine?” “Na, das merkt man doch! Wann hast du ihn gesehen?” “Vorhin. Was meinst du mit ‘merkt man doch’?” “Och Sai, ernsthaft? Ihr schleicht schon seit der Galerieeröffnung umeinander rum wie rollige Katzen. Dann hast du mit Ino Schluss gemacht und ich dachte da schon … ‘Zusammen ergeben die - also ihr - nen schönes Bild’. Also habe ich euch beobachtet und wenn man die Signale kennt …” Ratlos zuckt die Lilahaarige mit den Schultern als bedürfe es keine weiteren Erklärungen. Das mag vielleicht auf andere Menschen zutreffen, jedoch nicht auf Sai Sumi. Dieser versteht gerade nur Bahnhof. Seufzend erhebt sich die junge Frau. “Warte kurz”, meint sie noch und verschwindet auch schon mit energischem Schritt aus der Tür. Was hat Mary jetzt vor? Und überhaupt, irgendwie reden beide aneinander vorbei? Mary hat es also schon damals gemerkt, irgendwelche Signale gesehen und ihn wie ein Versuchsobjekt beobachtet, anstatt zu helfen. Das soll Freundschaft sein? Grimmig starrt er die Lilahaarige an, als diese wenige Minuten später wieder mit einem üppig beladenen Tablett ins Zimmer marschiert. “So, jetzt können wir dieses Gespräch standesgemäß fortsetzen. Ich habe heiße Schokolade, Schokocookies, Gummibärchen, Haferkekse, anderen Krimskrams und sogar noch einen Rest Vanilleeis im Gefrierfach gefunden. Also …” “Wieso hast du es gemerkt, aber ich nicht?”, unterbricht Sai seine plappernde Freundin brüsk. “Was? Hä? Achsoooo”, grinsend stellt sie das Tablett auf das Fußende und krabbelt wieder ins Bett. Fest blickt sie Sai dabei in die Augen. “Sag mir ehrlich Sai, wie hättest du reagiert, wenn ich dir nach der Disco Nacht an den Kopf geworfen hätte, dass du auf Menma stehst und er auf dich? Oder nach der Szene auf der Straße, wo du deine reizende Ex abserviert hast und er wie ein Ritter an deiner Seite stand? Allein dass du mich jetzt ungläubig und mit aufgerissenem Mund anstarrst, als hätte ich zwei Köpfe, sagt doch alles, oder nicht?” Kichernd schiebt sich die junge Frau einen Schokokeks in den Mund. Darauf hin gewiesen klappt Sai eilig den Mund zu, nur um sich Sekunden später eine Hand voll Smarties in den Mund zu schmeißen. Diese Aktion gibt ihm Zeit, denn mit vollem Mund spricht man bekanntlich nicht und Zeit zum Überdenken von Marys Worten kann er gerade sehr gut gebrauchen. “Sei mir bitte nicht böse, ja? Ich finde einfach, sowas sollte man selbst merken, denn sonst glaubt man es einfach nicht. Viel eher, wenn man es bemerkt und dann noch von jemanden bestätigt bekommt, findest du nicht?” Beinahe flehend blickt die Lilahaarige ihn unter ihren langen Wimpern heraus an. Auch wenn immer noch ein kleiner Teil von ihm bockt, ändert es doch nichts daran, dass sich Marys Worte richtig anhören. Dass sie wohl überlegt klingen und Sinn ergeben. Nein, er kann ihr dies nicht zum Vorwurf machen und so erscheint ein schiefes Lächeln auf seinen Lippen und er öffnet die Arme. Nur einen Wimpernschlag später kuschelt sich die beste Freundin glücklich an ihn. “Ich bin dir nicht böse, Kleine. Ich … ich weiß einfach nicht was ich denken soll. Weißt du … ich habe noch nie solche Gedanken oder Gefühle wegen einem Menschen gehabt. Niemals in diesem Ausmaß und ich habe einfach keine Ahnung davon. All diese sozialen Gepflogenheiten und Normen, sind mir oftmals ein vollkommenes Rätsel welche mich einfach nur den Kopf schütteln lassen. Auch hatte ich vor dir, niemals eine Person die sich ‘bester Freund’ oder ‘beste Freundin’’ bezeichnen konnte. Niemals habe ich mich einer Person so schnell verbunden und von jemanden so verstanden gefühlt, wie dir. Ich bin sehr, sehr froh dass wir uns in der Galerie kennengelernt habe. Das werde ich doch nicht wegen meinem Unvermögen für Gefühle kaputt machen. Dann würde ich mir selbst das Leben schwer machen, nicht wahr?” Es ist, als wenn ein Stein von seiner Seele fällt, kaum dass er dies ausgesprochen hat. “Ich habe dich sehr gern Mary. Du bist meine beste Freundin und ich brauche dich an meiner Seite. Wer erklärt mir denn sonst die Welt?” Vorsichtig nimmt er die zarte, junge Frau fester in den Arm, während diese ihre Hände in seinem Oberteil vergräbt und beide in einvernehmliches Schweigen verfallen. Wie lange sie beide hier so liegen, während der Kakao unbeachtet abkühlt, weiß Sai nicht und das ist auch nicht wichtig. Denn schon durch dieses kurze und irgendwie umständliche Gespräch fühlt er sich besser. Zeit, in welcher in ihm der Entschluss reift, dass irgendwas zwischen ihm und dem Uzumaki ist und er herausfinden wird, was es ist. Leises Schluchzen, sowie das unterdrückte Zittern Marys, holt ihn schließlich wieder in die Realität zurück. “Hey, Mary? Äh, was is.., ist los?”, stottert er unsicher, als das Schluchzen lauter und das Zittern stärker wird. Verzweifelt versucht er sich ein wenig zu lösen, doch die Holzkünstlerin klammert sich nur fester an ihn und Sai spürt, wie die Tränen langsam das Oberteil durchweichen. Warum weint die Madame denn nur? Hat er vielleicht etwas falsch gemacht oder was falsches gesagt? Hat er ihre Gefühle verletzt? “Mary, verdammt rede mit mir, sonst kann ich dir doch nicht helfen!” Das er Marys Worte benutzt, fällt ihm erst im nachhinein auf, doch es scheinen die richtigen Worte gewesen zu sein. Langsam hebt die Lilahaarige ihren Kopf und blickt den Sumi mit Tränen verschleiertem Blick an. “Sai … ich hab dich auch lieb und du bist mir so unglaublich wichtig. Es ist … ist irgendwie, als hätte ich mit dir endlich meine zweite Hälfte gefunden. Wie ein Bruder … und ich hatte eben wirklich Angst, dass du mir mein Schweigen übel nimmst. Das du mich nun wieder alleine lässt. So wie alle anderen auch …” Marys Stimme bricht ab und sie senkt den Kopf wieder auf Sais Brust. Vollkommen überfordert schließt Sai seine Freundin fester in die Arme und gedankenverloren stellt er laut die Frage “Was ist dir nur passiert, Kleines?” Und tatsächlich bekommt er unerwartet eine Antwort. So erfährt er, dass Mary einmal einen Bruder hatte und dieser durch den Sturz von einer Klippe ums Leben kam. Für Mary doppelt belastend, weil sie a) hilflos dabei zusehen musste und b) sich die Schuld an dem Sturz gibt, da sie zuvor einen Streit mit ihrem Bruder hatte. Ein Streit, weil sie diesem die Wahrheit über dessen fremdgehende Freundin sagte und dieser in seiner Wut direkt am Rand auf und abmarschierte. “Wir waren seit dem wir beide laufen konnten auf dieser Klippe. Es war unser Geheimversteck, denn von dort konnten wir nicht nur unser kleines Dorf, sondern gefühlt auch die ganze Welt sehen. In unserer Vorstellung waren wir die Könige der Welt. Dann kam dieser Tag und er ist genau an der Kante entlang gegangen, obwohl es stark geregnet hatte und wir den Erdrutsch in der Nacht zuvor ins Tal donnern hörten …” Erneut senkt sich Schweigen über die Beiden, während die Freunde sich aneinander klammen, als wäre der jeweils andere ein Rettungsanker und Schutzwall vor der Welt. Ja, es war wirklich eine merkwürdige Nacht gewesen. Immer wieder hatten die beiden über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gesprochen. Ängste, Verhaltensmuster, Erwartungen und Unsicherheiten, aber auch Hoffnungen daraus oder dafür. Es waren Gespräche, die jeder eher laut mit sich selbst führte, einfach um es einmal laut ausgesprochen zu haben und zu Sais Erstaunen, hatte es wirklich geholfen. Jedenfalls ihm selbst, doch im Nachhinein betrachtet wirkte auch Mary am nächsten Tag irgendwie … freier. Auch wenn Sai für einen Moment kurz vor dem Herzinfarkt war, auf jeden Fall kam es ihm in dem Moment so vor, als Yamato mit hochgezogener Augenbraue das Zimmer betrat. Stumm hatte der Architekt die Szene beobachtet. Die beiden angeblichen Freunde, welche zusammen im Bett unter Decke lagen und um sie herum alle möglichen leere Süßigkeitenverpackungen. Mary hatte sich irgendwann Anaconda gleich um ihn drum gewickelt und Sai selbst war froh noch halbwegs atmen zu können, auch wenn er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte ebenso einzuschlafen wie das Mädchen. Gerade wollte er zu einer Erklärung ansetzen und Mary wecken, doch Yamato flüsterte, dass er die Lilahaarige ruhig schlafen lassen sollte, da er eh morgens wieder früh zur Arbeit musste. Mit einem “Du liegst ihr sehr am Herzen, also, pass auf sie auf”, hatte der Braunhaarige das Zimmer wieder verlassen. Dieser Kerl ist Sai aber auch ein Rätsel. Nach dieser Nacht und einem Gespräch, welches Mary und Yamato geführt hatten, hatte sich das Verhalten des Architekt ihm gegenüber verändert. Als der Tuschekünstler den Anderen darauf angesprochen hatte, hatte dieser nur gesagt, dass Sai ja nun zur Familie gehört und somit einen anderen Stellenwert besitzt. Zwei fröhlich schreiende, an ihm vorbei rennende Kinder holen ihn aus den Erinnerungen. Einen Moment muss er sich orientieren wo und wie er hierher gekommen ist, sowie warum er hier in einem Park sitzt. Doch dann fällt der Blick auf den Zeichenblock und seufzend öffnet er diesen. Zeichnet einen großen Vogel, der wie ein Parkwächter in einem nahen Baum sitzt genauso wie Menschen wie sie agieren. Eine Spinne und Käfer, einfach alles mögliche und doch ist es bloss unbedeutendes Gekrakel, wie er bemerkt als er aus der ‘Zeichnen-Trance’ erwacht. Es ist nichts dabei, was er auf Leinwand festhalten möchte. Der Wind frischt auf und die Sonne ist auch schon auf dem Weg um bald hinter dem Horizont zu verschwinden, so entschließt sich der junge Mann, wieder in die Wohnung zurück zu kehren. Auch wenn es seltsamerweise kein sehr verlockender Gedanke ist, denn Mary begleitet Yamato. Ab Morgen hat der Architekt Urlaub und so wollen sie die Woche zusammen verbringen. Sai gönnt es den beiden wirklich, aber doch … doch kommt er sich ohne Mary wirklich fehl am Platz vor in der Wohnung. Es ist, im Vergleich zu sonst, so ruhig und der einzige Vorteil ist, dass er sich hemmungslos sämtlichen Fast Food Gerichten hingeben kann, ohne dass eine gewisse Frau meint dass er fett werden würde. Auch wenn es im Gegenteil zu Ino spaßig gemeint ist, sind da wohl alle Frauen gleich wie er gerade zufällig bemerkt. So werden Block und Stift im Rucksack verstaut und Sai beschließt sich für heute Abend eine frische Pizza und gefüllte, fettige Pizzabrötchen beim Italiener ganz in der Nähe zu holen. Die inzwischen so vertraute Türglocke ertönt als er die Tür öffnet und wieder hinter sich schließt. Wie immer herrscht hier geschäftiges Treiben und alle Plätze sind bis auf den Letzten besetzt. Geschickt bahnt Sai sich den Weg zur Bestelltheke und ordert die übliche Pizza: Meeresfrüchte Spezial, also mit Soyasproßen als Topping. Ob Mary und Yamato wohl schon angekommen sind? Neugierig sucht er nach dem Handy in Hosen- und Jackentasche sowie im Rucksack. Doch so sehr er auch sucht, das kleine Mobiltelefon ist nicht da. “Sai du Depp”, schimpft er sich selbst und schließt fester nötig als den Rucksack. “Nana, nun sei doch mal nicht so streng zu dir und was hat dir überhaupt die arme Tasche getan?”, ertönt es plötzlich belustigt hinter ihm und der Sumi hält augenblicklich inne. Allein die Stimme des Jungen hinter ihm reicht aus, dass er eine Gänsehaut bekommt. Menma! Verdammt, seit dem peinlichen aufeinandertreffen im Supermarkt hatte er den Uzumaki nicht mehr gesehen. Ein paar harmlose und nichts sagende Nachrichten wurden via Handy ausgetauscht - hauptsächlich Phrasen und Smiles - aber nichts, was Sai Gewissheit in irgendeiner Weise gegeben hatte. Nur mehr Verunsicherung gegeben hat wie es weiter gehen soll und kann. Doch hier so hocken bleiben und Menma ignorieren geht auch nicht. Wegrennen steht ebenfalls nicht zur Debatte. Nicht schon wieder! So erhebt sich der Tuschekünstler langsam und dreht sich herum. Kaum dass er den Anderen erblickt, taucht ein unsicheres Lächeln auf seinen Lippen auf. “Hey Menma, du hier?” “Hey Sai. Ja klar, hast du die SMS nicht gelesen?” “SMS? Nein, ich habe mein Handy in der Wohnung vergessen, als ich zeichnen ging.” Verdammt, immer wieder verbockt er es! “Haha, du und dein Handy. Ist wohl ne Nummer für sich. Ich hatte geschrieben ob du und der kleine Lila Teufel mit uns hier essen wollt. Die Akimichi machen einfach die besten Gerichte, vor allem Pizza!” Strahlend zwinkert Menma Akimichi Junior namens Choji zu, welcher sich gerade der Zubereitung von Sais Pizza widmet. “Ähm, uns?” “Ja, mein Bruder, Sasuke und …” In diesem Moment tänzelt eine rothaarige Bohnenstange auf hohen Schuhen zu ihnen heran und hängt sich an Menmas Armen. Die Supermarkttrulla, geht es Sai sofort durch den Kopf. Genauso wie der Wunsch sie von dem Uzumaki abzurupfen und vor die Tür zu stellen. Wie geht noch gleich dieses Sprichwort mit der Malkreide und der Autobahn? “Menma, Schatz, was dauert das hier denn so lange? Du wolltest doch nur unsere Bestellung aufgeben. Ich habe Durst, mein Lieber und du willst doch eine Dame nicht dursten lassen, oder?” Mit klimpernden Wimpern blickt die Rothaarige von unten herauf zu Menma. Seufzend tätschelt dieser der Fremden die Hand. “Karin, meine Liebe, geh doch wieder zum Tisch zurück und pass auf, dass die Jungs sich hier nicht wieder wegen Kinderkram in die Wolle kriegen oder übereinander herfallen wie brünftige Hirsche, ja?” Einen Moment fixiert die Frau Menma mit zusammengekniffenen Augen, ehe sie Sai einen giftigen Blick zuwirft und mit schwingenden Hüften zurück an ihren Tisch kehrt. “Und deine Freundin, wolltest du wohl gerade sagen, ehe du unterbrochen wurdest.” Keine Frage, sondern eine bittere Feststellung seitens Sai. “Nein, ich habe keine Zeit. Ich wollte mir nur schnell eine Pizza holen und mich dann auf die Couch verziehen. Die Ruhe genießen, da Mary im Urlaub ist. Ich wünsche euch allerdings noch einen schönen Abend.” Krampfhaft lächelnd zwinkert er Menma zu und betet darum, dass seine Pizza schnell fertig wird. Das kurzzeitige Schweigen zwischen den beiden dröhnt laut in seinem Kopf, während es in seiner Brust sticht. Der Anblick von Menma mit dieser Frau im Arm tut weh. Doppelt, da er nun weiß WARUM er so fühlt und weiß, dass es wirklich Eifersucht ist. “Was …? Hä …? Ähm, ok ich würde sagen, du verstehst da was falsch.” Mit schief gelegtem Kopf bedeutet Sai dem anderen Schwarzhaarigen zu erklären. “Karin ist meine …” Zeitgleich ertönt Chojis Hinweis, dass Sais Pizza fertig sei, sowie Karins Stimme, dass Menma sich beeilen solle. “Du entschuldigst mich, Menma? Man sieht sich irgendwann”, meint Sai knapp, tauscht Geld gegen Pizza und steuert ohne auf eine Antwort wartend den Ausgang an. “Hey, halt Stopp! Was ist denn los mit dir, Alter?” Menmas Hand, welche sich um sein Handgelenk schlingt, hindert ihn am schnellen Verschwinden. “Jetzt hau doch nicht gleich wieder ab. Bitte Sai … lass uns einfach nur reden, ok?” Es ist das leichte Flehen, welches Gefragter in der Stimme zu hören glaubt, welches ihn seufzend umdrehen lässt. “Ok … vielleicht hast du recht. Dieses reden via Handy ist ja auch irgendwie nicht das Gelbe vom Ei.” So sehr ihn die ganze Situation hier auch nervt, so kann er doch nicht das Schmunzeln welches an seinen Mundwinkel zupft, unterdrücken. “Hey Choji, könnt ihr meine Pizza zum Mitnehmen machen? Ach und packt uns doch noch zwei von eurem Spezialbier ein und … willst du noch was?”, erkundigt sich der Dämonenkönig mit schiefgelegtem Kopf. “Äh, nein … ich hab alles?” Wirklich, von Menmas sprunghaftem Verhalten bekommt er ja beinahe ein Schleudertrauma. Zur Verdeutlichung hebt er die Plastiktüte empor, in welcher seine eigene Pizza schon fröhlich abkühlt. “Yo, Men. Was dauert das denn so lange? Ich hab Hunger, echt jetzt!”, brüllt Naruto in diesem Moment deutlich hörbar durch den gesamten Laden, woraufhin sich Menma schwer seufzend in die Nasenwurzel kneift. “Kannst du mir einen Gefallen tun? Geh doch bitte zu meinem Fressmonster von Bruder und sag ihm, Speis und Trank kommen gleich. Ich klär das alles mit Choji und seinem Dad, denn sonst kommen wir hier wohl nie raus. Ah und gib mal deine Pizza, die sollen uns ne Warmhaltebox mitgeben.” Überrumpelt reicht der Sumi die Tüte an den Uzumaki weiter und stolpert in Richtung Naruto, Sasuke und dieser rothaarigen Pest. “Siehst du Sas, ich hatte recht. Es ist Sai!” Siegessicher grinst der Blonde der Runde ihn an. “Hallo. Schön euch auch mal wieder zu sehen”, meint Sai und versucht sich die Irritation ob Narutos Aussage nicht anmerken zu lassen. Ungeduldig klopft der blonde Uzumaki neben sich auf die Bank. “Los, los. Setz dich, hier ist genug Platz. Man Karin, du hast da noch voll viel Platz, jetzt rutsch auch gefälligst. So viel Platz braucht dein Arsch nicht!” “NARUTOOOOOO”, faucht die rothaarige Frau und Sai wird automatisch unangenehm an Sakura erinnert. Was dieses rothaarige Make Up Monster wirklich NICHT sympathischer macht in seinen Augen. “Ja, chill mal Karin”, giftet Naruto zurück, auch wenn dieser die Hände ergeben erhebt, so erkennt selbst Sai dass er es nicht so meint. Da wundert ihn nicht mal die Reaktion dieser ominösen Karin. “Du bist so ein …” “Meine Güte, könnt ihr zwei euch EINMAL vertragen? Los Karin, rutsch nen Stück und du Sai setzt dich jetzt. Auch wenn ich vermute, dass es sich eigentlich nicht lohnt?” Mit einem wissenden Blick und leicht grinsend fixiert Sasuke ihn und der Tuschekünstler fragt sich ernsthaft, ob der Uchiha Gedanken lesen kann. “Ähm …”, stottert er und macht das Einzige was ihm einfällt: Lächeln.Verkrampft, aber immerhin ist es ein Lächeln. “Oh man… los Naruto lass mich mal durch”, damit erhebt sich der andere schwarzhaarige junge Mann, schiebt sich an dem verdutzten Uzumaki vorbei und zieht Sai schließlich ein Stück von den beiden zurück gebliebenden Maulenden weg. “Da ich langes drumherum Gerede verabscheue: Sieh zu, dass du dich mit Menma aussprichst. Der Junge ist UNAUSSTEHLICH in den letzten Wochen. Und DAS soll bei einem Uzumaki echt was heißen. Dauernd guckt er auf sein Handy. Schleicht in dieser Ecke der Stadt herum und nervt uns alle. Zieht alle in euer Spiel mit rein.” Sai versteht nicht ein bisschen davon, was der Uchiha vor ihm da zu sagen versucht. Doch anscheinend ist es diesem ziemlich ernst. “Also … geht es ihm nicht … gut?”, fragt er ins Blaue herein und erntet ein Schnauben. “Geht es dir gut? Ich habe da anderes gehört und ich sehe es dir an.” Musternd wandert der Blick des Anderen an Sai auf und ab, während parallel dazu eine Augenbraue hochgezogen wird. “Woher weißt du …?” “Mary. Ich traf sie bei einem Außendiensttermin und fragte sie nach dir. Sie sagte, du hättest viel zu tun und wärst ein wenig unkonzentriert momentan.” Hat Mary ihn an Sasuke verraten? Weiß dieser nun um seine Gefühle für den Uzumaki und hatte der Uchiha es gar an diesen weitererzählt? Doch anscheinend sind ihm die Zweifel im Gesicht abzulesen, denn Sasuke beruhigt ihn. “Keine Sorge, Mary hat nicht mehr gesagt. Aber ich kenne erstens Menma und zweitens die Symptome. Also: Sprich dich mit Menma aus, denn es wird euch beiden helfen, ehe ihr euch beiden unglücklich macht weil ihr aneinander vorbei redet. Du bist mir dabei herzlich egal, auch wenn du nett zu sein scheinst. Aber ich habe nicht schon wieder Bock auf eine neue Runde …” Kopfschüttelnd wendet sich der Uchiha abrupt von ihm ab und schlendert zurück zum Tisch als wäre nichts geschehen. Sai hingegen steht da, als hätte er eine Eisdusche bekommen. Der Körper unbeweglich, während sich seine Gedanken geradezu überschlagen. Keinen einzigen Gedanken kann er klar und zu Ende denken. Sasukes Worte ergeben auf den ersten Blick überhaupt keinen Sinn, doch Sai spürt dass sie sehr, sehr wichtig sind. Was ist mit Menma? Kann es sein ...? Ist er wegen IHM immer hier in der Nähe von Marys Wohnung oder … und was meinte Sasuke mit neuer Runde? Ist es es wirklich möglich, das ... Doch Menma, welcher nach ihm ruft, stoppt ihn in der Grübellei. Auf der Unterlippe herumkauend dreht er sich langsam zu dem schwarzhaarigen Uzumaki herum und hebt vorsichtig den Kopf. Und dann … plötzlich und vollkommen erwartet ist es, als wenn die Welt stehen bleibt, als seine schwarzen auf blaue Augen treffen. Wild schreiend erwacht die freudige Hoffnung in ihm und das Herz flattert mit den Schmetterlingen in seinem Bauch um die Wette, als ihn ein unerwartet und unglaublich warmer Ausdruck entgegen gebracht wird. Ja, jetzt er sich sicher: Menma ist nicht zufällig hier, sondern empfindet mindestens ähnlich wie Sai selbst. Mary und Sasuke haben recht, dass ein Gespräch zwingend nötig ist. Doch Sorgen macht der Sumi sich keine. Warum auch? Die eigenen Gefühle hat er inzwischen verstanden und akzeptiert und dieses beinahe schüchterne Lächeln, welches nun auf Menmas Gesicht erscheint als Sai auf ihn zu geht, verwandelt Hoffnung in Gewissheit. “Na, hat Naru dich wieder gehen lassen?”, erkundigt sich Menma und zwinkert ihm zu. “Ich hab hier das Essen, also wollen wir? Ich hab noch Brötchen dazu genommen. Die sind der Burner.” “Äh … ja klar.” Schnell schreitet Sai voran und hält dem Uzumaki die Tür an, damit dieser mit der schwarzen Transportbox bequem auf die Straße treten kann. Nur am Rande bekommt Sai mit, dass er Menma überhaupt nicht den Weg zu Marys Wohnung erklären muss, denn selbstsicher schreitet dieser durch die Straßen. Also entweder hat der Junge wirklich ein sehr gutes Gedächtnis, oder es ist ein Beweis für Sasukes Aussage. Schulterzuckend verwirft Sai die Gedanken daran und lauscht Menma, welcher über eine Auseinandersetzung in der Galerie erzählt, von welcher Sai noch nichts mitbekommen hat. Wie sie danach auf das Thema Schokolade, dann Games und dann wer weiß was gekommen sind, weiß Sai wirklich nicht. Aber es ist ihm auf vollkommen egal. Es wundert ihn eher, dass er nicht über den Asphalt schwebt, so stark wie die - in jeder Frauenzeitschrift beschriebenen - Schmetterlinge in seinem Magen hin und her flattern. Es ist wie als wenn die Welt um sie herum nicht mehr existiert, sondern nur noch Menma neben ihm, welcher gerade über seinen eigenen Witz zu lachen scheint. So sicher ist Sai sich da nicht, denn … ehrlich gesagt ist er zu abgelenkt und so lächelt er einfach nur breit und kichert leise. Wirklich … wenn Ne ihn so sehen würde, dass würde so einige Strafstunden geben für so viel Gefühlsdusseligkeit. Aber glücklicherweise ist Ne nicht hier und Sai genießt dieses lebendige Gefühl welches er zum allerersten Mal in diesem Ausmaß fühlt. “Hey Sai, warte mal kurz, mein Schuh ist aufgegangen”, ertönt es plötzlich hinter ihm. Irritiert blinzelnd dreht Angesprochener sich herum, hat er doch nicht mitbekommen dass Menma zurückgefallen ist. “Ähm, ich geh schonmal zum Haus und kämpfe mit der Eingangstür. Die klemmt ziemlich und dann ist sie schon auf, bis du da bist. Ok?” “Ah, ja ok mach das. Ist ja direkt nach dieser kleinen Straße. Viel Erfolg”, wünscht Menma gut gelaunt und widmet sich seinen Schuhen. “Bis gleich”, meint Sai noch und dreht sich herum. Mühsam sucht er im Laufen den Schlüssel aus den Taschen seines Rucksacks. Ist es nicht eigentlich ein Frauending, dass diese viel zu viel Krimskrams in den Taschen haben? Egaaaaal! “Und verlauf dich nicht!”, ruft der Blauäugige frotzelnd von hinten und Sai dreht sich im Laufen herum und streckt diesem die Zunge heraus. Das Letzte was er sieht, ist, wie sich Menmas Augen weiten und dieser die gerade aufgenommene Box wieder fallen lässt. Das Letzte was er hört, sind quietschende Reifen und ein panisches “SAI!” Das Letzte was er fühlt, sind ein Schlag in der Seite, wie sein Kopf hart auf dem Asphalt aufschlägt und das Gefühl der Angst. Dann wird die Welt schwarz und alle Empfindungen verblassen. Mit dem letzten Gedanken: “Ich liebe dich Menma … es tut mir leid”, entschwindet Sai Sumi ins Nichts. Kapitel 11: ------------ Menma Pov: Ich kann mein Glück kaum fassen und dabei hatte ich die Hoffnung doch schon beinahe aufgegeben. Nichts was ich bezüglich Sai Sumi getan hatte, hatte mich ihm auch nur irgendwie näher gebracht. Mit seinem Handy scheint der Kerl wirklich auf dem Kriegsfuß zu stehen. In der Galerie verpassen wir uns auch dauernd - so ich mich da denn hin bequeme - und in den Club oder das Café in der Nähe vom Crystal Dragon ist er auch nicht gekommen. Und dann will ich ihn bei der Arbeit ganz ‘zufällig’ treffen und bekomme mit, wie er den Ausraster schlecht hin bekommt. Doch dieser hat diesen mysteriösen Schwarzäugigen nur noch interessanter gemacht in meinen Augen. Niemand, eingeschlossen mir selbst, versteht warum ich diesen Kerl so interessant finde. Was mich in seine Richtung zieht wie Licht die Motte anzieht. Ist es dieses leicht Weltfremde? Die Mischung aus Abweisung und doch unendlicher Freundlichkeit? Diese ganz besondere Aura die einen Vollblut Künstler ausmacht? Ich weiß es nicht und doch habe ich seit dem ersten Augenblick, in dem ich Sai in die Augen blickte, das Bedürfnis ihn kennenzulernen. RICHTIG kennenzulernen und nicht nur diese leicht verwirrte aber doch höflich distanzierte Maske. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen über Ino an Informationen über den Schwarzhaarige zu kommen. Was eine ziemlich nervenaufreibende und nicht gerade erfolgreiche Aktion gewesen war. Aber eigentlich kein Wunder, denn das Mädel badete sich noch immer im Trennungsschmerz als grausam Verlassene. In ihren Augen war sie das Opfer und Sai der Teufel in Person. Aber warum denke ich jetzt an dieses Weibsbild, wo ich doch endlich die Möglichkeit habe, Zeit zu zweit mit Sai zu verbringen? Vorsichtig blicke ich zu ihm herüber und mein Herz schlägt unwillkürlich schneller als mir bewusst wird, dass wir gleich in der Wohnung ankommen. Ankommen und alleine sind! Ganz alleine. Die kleine Lilahaarige ist laut Sai im Liebesurlaub. Automatisch spinnen sich in meinem Kopf Bilder zusammen, was alles passieren KÖNNTE. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und vielleicht … vielleicht ist ja wenigstens eine Fortsetzung unserer Knutscherei drin? Beide sind wir wohl tief in verschiedene Gedanken versunken und wollen doch nicht, dass unser Gespräch verebbt. So kommen die unterschiedlichsten Gesprächsthemen zustande, aber auch das scheint keinen von uns zu stören. Wenn ich Sais Verhalten richtig gedeutet habe, fühlt er die gleichen seltsamen Dinge und spürt die gleiche Verunsicherung wie ich. Manchmal wirkt er ja wie ein verschrecktes Reh, welches zum ersten Mal im Leben die Welt um sich herum bemerkt. Irgendwie ja … putzig. Und so ganz anders als mein werter Ex war. Tobi… allein der Gedanke daran schmeckt bitter und zieht wie eine Gewitterwolke durch meinen Kopf. Dieser manipulative, arrogante, selbstgefällige Bastard, welcher mich wie eine Marionette kontrolliert hatte. Als wenn irgendetwas mich vor diesen düsteren Gedanken schützen möchte, stolpere ich über einen meiner Schnürsenkel. Dabei merke ich auch, dass ich wohl so abgelenkt gewesen war, dass ich zurück gefallen bin. Schnell rufe ich den vor mir Laufenden, der wohl ebenso abgelenkt gewesen ist, denn er blickt sich irritiert blinzelnd um wo ich bin. Ein wenig umständlich wird das weitere Vorgehen besprochen und während Sai sich auf den Weg in Richtung Marys Wohnung macht, binde ich mir breit grinsend die Schuhe zu. Gerade sehe ich bestimmt wie das grenzdebile Glücksbärchen aus, wie mich Sasuke nur noch nennt sobald das Thema Sai aufkommt. Oder wahlweise auch Stalker im Liebesrausch, da ich mindestens einen der Jungs immer in diese Ecke der Stadt mitschlüre. Wie auffällig ist es denn sonst bitteschön? Unter spielerischen Sprüchen sind die Schuhe bald wieder fest verschnürt und so ergreife ich die Box mit unserem Essen und richte mich auf. Doch die Szene welche sich vor meinen Augen abspielt, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Sai, der Depp, steht mitten auf der Straße und erkennt die Gefahr nicht. Doch ich sehe sie. Ein Kleinbus rauscht im ungeheuren Tempo auf den Schwarzhaarigen zu und anstatt zu bremsen hupt er einmal kurz. Ich will ihn warnen. Von der Straße ziehen oder was weiß ich, aber ich kann nicht. Meine Beine sind wie versteinert. Die Füße festgeklebt und mein Mund vollkommen trocken. Panisch reiße ich die Augen auf, denn ich weiß, egal was ich nun tue - oder auch nicht - es ist zu spät. Ich bin zu weit weg und der Kleinbus zu schnell. Zu schnell und doch wie in Zeitlupe - wie in einem schlechten Actionfilm - sehe ich wie Sai mich ansieht und wohl mitbekommt dass ich ihn anstarre. Ein einzelnes, lautes und irgendwie verrückt klingendes “SAI!” löst sich aus meinem Mund, dann treffen das zu schnelle Fahrzeug und der im Weg stehende Sai aufeinander. Niemals … niemals wieder werde ich dieses Geräusch vergessen. Oder sollte ich GeräuschE sagen? Wenn ein Mensch von einem großen Fahrzeug niedergemetzelt wird - dieser Knall. Dann der nächste geradezu ohrenbetäubende Knall: Wenn der Körper auf der Erde aufschlägt. Knochen die unter all dem Druck brechen und Übelkeit bei mir aufkommen lässt. Das Quietschen der Reifen ist in diesem Orchester genauso nur Hintergrundmelodie, wie das panische Schreien der Augenzeugen. Und ich? Ich stehe hier immer noch wie versteinert und frage mich allen ernstes, ob das nun ein schlechter Scherz des Universums ist. Es ist das hohe Weinen eines Kindes, welches mich aus der der Schock bedingten Apathie holt und mit einem erneuten lauten “SAI” zu diesem stürmen und mich neben ihm auf die Knie gehen lässt. “Sai, hey Sai. Komm schon wach auf! Verdammt … bitte … komm schon. Bitte, tu mir das nicht an!”, flehe ich unter mühsam unterdrückten Tränen. Wenn ich ihn anschreie und schüttel, wacht er bestimmt auf, oder? Der Logik nach ja, flüstert mir die Verzweiflung zu und so ergreife ich seine Schultern. “MENMA! FINGER WEG VERDAMMT! Hallo? Tsunade hier. Wir haben hier Ecke Hokagesstraße - Leafroad einen nulldreiunddreißig mit mindestens einem Verletzten. Schick Polizei und Rettungswagen raus.” Stark zusammenzuckend ziehe ich die Hände zurück und kann nicht anders, als erleichtert auszuatmen. Hilfe. Kompetente Hilfe. Tsunade hat gerade wirklich etwas von einem Engel, so wie sie alles regelt. Denn ich bin dazu schlicht nicht in der Lage in diesem Moment. Mehr als versteinert auf Sai zu blicken und ihm sanft über das Blut gezeichnete Gesicht zu streichen, kann ich nicht tun. Dies hier, ist NICHT wahr! Lüge, Albtraum und/oder eine schlichte Halluzinationen meines verrückten Unterbewusstseins. Ich kann meine Augen nicht von ihm lösen. Was wenn ich dann auch nur die allerkleinste Regung oder das schwächste Zucken verpasse? „Erde an Menma! Er lebt und jetzt hilf mir gefälligst damit es auch so bleibt, du Bengel!” Und so werde ich auf die typisch bestimmte - und auf ihre ganz eigene Variante - ‘Tsunade-Art’ in die blutige, makabere, Realität gezehrt. Würde mich irgendjemand fragen, ‘Was’ und ‘Wie’ ich die letzten Sekunden, Minuten und Stunden - oder sind es Tage? - getan habe, ich könnte es nichts sagen. Genauso wenig könnte ich irgendeine andere ‘W-Frage’ beantworten. Alles was ich weiß, ist, dass die Zeit verzehrt wurde und ich irgendwie hier ins Krankenhaus gekommen bin. Bin ich mit im Krankenwagen gefahren? Gelaufen? Habe ich den Bus genommen oder wie? Egal! Ich bin hier im Wartebereich vor dem Operationstrakt und warte auf Neuigkeiten. Am Anfang lief ich auf und ab, sprang jede Person die durch die automatische Tür trat gerade zu an und fragte nach Informationen. Jetzt allerdings, sitze ich nur noch hier, das Gesicht in den Händen vergraben und einen inzwischen kalten Kaffee vor mir auf dem niedrigen Glastisch. Es ist alles meine Schuld! Ja so ist es, denn ich habe ihn abgelenkt. Habe rumgealbert, sodass er länger als normal auf der Straße war. Ach was, der Fehler fing schon da an, als ich realisierte dass ich was von dem Sumi will und ihn dann heute - welchen Tag haben wir? - um dieses verkackte Date gebeten habe! Warum habe ich es nicht einfach sein lassen? Ihn einfach in Ruhe gelassen? Neeeein, Menma Uzumaki mutiert zum Stalker und bringt dabei Leute um. Wenn ich könnte, würde ich zu Zeit zurückdrehen zu dem Zeitpunkt, als Guren an meinen Vater herantrat um mich für die Ausstellung zu gewinnen! Denn dann würde ich Sai niemals begegnen und dann … “VERDAMMT, VERDAMMT, VERDAMMT!”, schreie ich durch die gespenstig leeren Flure. Scheiß drauf, ob ich irgendwen störe. Es ist mir sowas von egal ob ich irgendeinen scheintoten Opi oder den Nachtdrachen verärgere. Schuld. Schuld Schuld. Immer wieder halt dieses Wort in mir wieder, legt sich wie eine Decke um mich und nimmt mir die Luft zum Atmen. Bei allen Fadenknoten, diese Unwissenheit macht mich bekloppt! Wenn ich einfach in den OP-Trakt stürme und Sai suche … dann kann ich mich quasi gleich danebenlegen, sollte Tsunade mich erwischen. Und das wird sie, denn sie ist direkt aus dem Krankenwagen mit in den OP gehuscht. Stimmt, jetzt fällt es mir wieder ein. Wir sind mit im Krankenwagen und unter lautem Tatütata in Richtung Krankenhaus gerauscht. Jetzt wo mir dies wieder eingefallen ist, erinnere ich mich auch an dieses grausame Geräusch, als das EKG eine Nulllinie verkündete. Dieses hohe alarmierende Piepsen, welches Panik und Hektik auslöst. Ein Geräusch, welches ich wohl nicht so schnell vergessen werde und mein eigenes Herz an den Rand der Katastrophe brachte. Was mich Sai anschreien ließ, jetzt keinen Scheiß zu machen. Und mir eine Ohrfeige von Tsunade einbrachte. Erschöpft lehne ich mich zurück und gegen meinen Willen perlen salzige Tränen meine Wangen hinab. Mit geschlossenen Augen lausche ich. Schuld. Piiiiiiep. Schuld. Piiiiiiep. Schuld. Piiiiiiep. Seufzend erhebe ich mich, ziehe das Handy aus der Hosentasche und blicke irritiert auf die geradezu grell leuchtende Uhrzeit. Es ist bereits kurz vor Mitternacht, was zur Hölle treiben die? Muss ich eigentlich irgendwem Bescheid geben? Hat Sai Familie? Aber wie komme ich an diese Kontaktdaten? Ein lila Haarschopf taucht in meinen Gedanken auf. Mary! Warum habe ich daran nicht sofort gedacht? Meinen Bruder, Sasuke oder sonst irgendwen möchte ich nicht um mich haben, aber die kleine Holzkünstlerin … sie wird meine Sorgen verstehen. Ich weiß zwar nicht, wie die Verbindung zwischen den Beiden genau ist, aber ich weiß dass Sai Mary sehr wichtig ist. Ihr Kommentar, dass sie mir den Arsch aufreißt wenn ich dem Sumi weh tue, war es schließlich der mich genauer über den Tuschekünstler nachdenken ließ. Nun, jetzt hat sie wohl einen Grund sauer auf mich zu sein. Schnell suche ich die Nachtschwester, trichtere ihr ein mir sofort Bescheid zu geben wenn es Neuigkeiten über Sai gibt und flüchte geradezu aus dem stickigen, nach Desinfektionsmittel stinkendem Gebäude. Gierig sauge ich die frische Luft ein und blicke in den geradezu verspottenden sternenklaren Himmel. Die Welt hört nicht auf sich zu drehen, nur weil es uns so vorkommt oder wir es wollen. “Ok Menma ... du schaffst das”, baue ich mich selbst auf, während ich Marys Nummer anwähle und dem Tuten lausche. So sehr ich auch auf Geschrei verzichten könnte, so kann und will ich doch einfach nicht mehr alleine mit dieser Angst und Unwissenheit sein. “Ähm … Menma, hey. Warum rufst du mich an und woher hast du meine Nummer?” Das erste Schmunzeln seit gefühlten Jahren huscht über meine Lippen bei Marys direkten Art. Doch dies verschwindet genauso schnell wie es auftrit. Tief einatmend suche ich allen Mut und alle Kraft zusammen, die sich noch irgendwo in meinem überforderten Körper befinden. “Mary … ich … ich muss dir was sagen. Es … es geht um Sai.” Einen kurzen Moment schweigt meine Gesprächspartnerin, ehe sie mühsam herauspresst: “Menma, was, bei allen Holzwürmern, ist passiert?” Und so erzähle ich ihr was war, ist und was ich nicht weiß. Es ist wirr und die Kleine muss öfters nachfragen. Die wieder fließenden Tränen machen das Ganze auch nicht verständlicher. “Mary … kannst du herkommen?” “Ja! Was meinst du was ich nebenbei mache? Ich bin hier am Koffer packen oder meinst du ich bleibe lustig im Urlaub, während mein Bruder um sein Leben kämpft? Idiot! Ich wecke Yamato und dann sind wir in … keine Ahnung, drei Stunden da.” “Danke …”, flüstere ich nur erleichtert, was Mary zum Schnauben bringt. “Menma, hier bist du!” Es ist Tsunades Stimme, welche mich aus dem Gespräch reißt. “Beweg deinen knochigen Arsch, dein Stecher erwartet dich!” Und schon rauscht die blonde Frau wieder in das Krankhaus. “Mary, er ist wach! Ich … äh … also.” “Jetzt sieh schon zu, dass du zu ihm kommst und sag ihm ich bin auf dem Weg. Los, lass ihn nicht so lange alleine, er hat bestimmt Angst.” Zack, kaum ist dies gesagt - oder eher befohlen - zeigt das Tuten auch schon an, das Mary einfach aufgelegt hat. Erleichtert auflachend stopfe ich mein Handy in die Hosentasche und renne so schnell mich meine Beine tragen zurück ins Krankenhaus. Jetzt wird alles gut, bestimmt! Kapitel 12: ------------ Schwere. Ein Gefühl als würde etwas sehr schweres auf seinem Körper liegen, ist das Erste was ihm in den Sinn kommt als er wach wird. Nun ja, er versucht es zumindest. Aber die Sinne sind so dumpf als wäre er unter Wasser. Dennoch sind da Sachen an und in ihm, welche dort eindeutig nicht hingehören! Irgendwas ist komisch in seinem Hals und auch im unteren Bereich ist mehr als da sein sollte. Ein dumpfes Piepen dröhnt in den Ohren, welches mit jedem Mal mehr nervt. Der Geräuschmix aus Stimmen, Schritten und Klappern macht das Ganze wirklich nicht besser. Er möchte wach werden! Er muss es einfach! Sein Herz rast und schlägt hart gegen den Brustkorb. Sai möchte allen sagen, dass sie die Klappe halten sollen, doch nichts funktioniert so wie es soll. Nicht einmal atmen und schlucken. Angst durchflutet ihn und reflexartig versucht der Sumi die Hände zu heben um sich zu befreien, doch gerade als er es endlich schafft gegen diese Schwere anzukommen, ergreift ihn eine andere Hand und ein schriller Ruf erklingt: “Tsunadeeeee, er wird wach!”   Ein Würgereiz beginnt energisch empor zu kriechen, je wacher er wird, doch da ertönt auch schon der Befehl bei drei auszuatmen, damit der Beatmungsschlauch und Tubus wegkönnen. Mühsam konzentriert sich Sai darauf und tatsächlich wird ihm kurz darauf ein Schlauch aus dem Hals gezogen. Erleichtert atmet er rasselnd ein und aus, nur um von einem kräftezehrenden Hustenanfall durchgeschüttelt zu werden.   “Alles gut. Ganz ruhig, Sai. Hier, trink einen Schluck”, ertönt die irgendwie bekannte Stimme wieder. Zum Glück nicht mehr so schrill. Die Bitte dieses verdammt nervige Piepen abzustellen, kreist durch seinen Kopf. Ein Strohhalm wird gegen die blassen Lippen gehalten und ganz behutsam trinkt der lädierte Schwarzhaarige einige Schlucke Wasser. “So ist gut, mach ganz langsam.”   Und wieder tut Sai was die Stimme sagt. Wer spricht da? Wo ist er? Was ist passiert? Nun, zwei dieser Fragen können direkt beantwortet werden, so Sai es irgendwie schafft die Augen zu öffnen. Doch was sonst so selbstverständlich ist, wirkt nun, als würde er gegen Sekundenkleber ankämpfen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, ehe er sie blinzelnd öffnen kann. Nur um sie direkt wieder hektisch zusammenzukneifen. Er hat einfach nicht gedacht, dass es um ihn derartig blendend hell ist. Eine Helligkeit, so künstlich und unangenehm, durch flirrende Leuchtstoffröhren. Kunst ist das hier um ihn herum nicht gerade!   “Hell”, röchelt Sai schwach. Doch anscheinend hat sein Begleiter es verstanden, denn selbst hinter den geschlossenen Lidern merkt der Sumi, dass es dunkler wird. Erneut kämpft der junge Patient gegen die Müdigkeit an und schafft es schließlich tatsächlich irgendwie die Augen aufzukriegen.   “Hey”, ertönt es sanft zu seiner Rechten, doch ehe er den Kopf herüber drehen kann, taucht ein bekanntes Gesicht im Blickfeld auf. “Hey, Sai. Man du hast mir echt Angst gemacht, mach so ein Scheiß nie wieder, ja? Ich dachte …” “Menma”, flüstert der Tuschekünstler halb erstaunt und ebenso erfreut. “Ja, ich bins. Schlaf noch ein bisschen, du siehst echt scheiße aus, mein Lieber. Ich pass auf dich auf”, antwortet der Uzumaki mit seinem typischen kleinen Lächeln. Dieses Lächeln auf den vollen Lippen und die Hand, welche sich vorsichtig um die Sais legt, sind es, die ihn lautlos seufzen lassen. Die Schmetterlinge in seinem Bauch flattern und ihn somit einen kurzen Moment die Schmerzen und das Schweregefühl vergessen lassen. Mit einem ebenso kleinen Lächeln fügt er sich den Worten Menmas, sowie dem Medikamenten Cocktail in seinem Blut, und gibt sich wieder der Schwere und Dunkelheit hin. Welche ihn nur zu gerne mit sich reißen. Menma ist ja hier - sein Dämonenkönig wird schon aufpassen.   Immer wieder driftet der junge Sumi aus dem Dämmerzustand hinaus.Eigentlich jedes Mal ist Menma an seiner Seite, beruhigt ihn und ist einfach für ihn da. Diese Tatsache ist es auch, die Sai liegen bleiben lässt wenn diese strenge Ärztin erscheint. Menma zu Liebe, flucht er sie nicht in Grund und Boden. Es ist dieser Fakt, der ihn die Untersuchungen und Gespräche ertragen lässt. Menma ist es, der bei den Untersuchungen so gut es geht dabei ist und ihn ermahnt die Berührungen zu ertragen. Tja, seid Sai versucht hatte heimlich aufzustehen um vor Tsunade zu flüchten, bat Menma nicht mehr sondern schlägt einen härteren Ton an.   Diese Ärztin namens Tsunade hat ja Recht, je mehr er sich an ihre Anweisung hält, umso schneller kommt er hier raus. Raus aus diesem gruseligen Gebäude. Immer wieder hält ihm jemand vor, dass nicht jeder soviel Glück hat. Nicht jeder wird angefahren, fliegt wie eine Feder durch die Luft, hüpft über den Boden wie ein Flummi und badet in seinem Blut. Und überlebt das Ganze auch noch relativ unbeschadet. Dem jungen Mann ist dies alles bewusst und doch … doch möchte er hier wie besagte Feder aus dem Fenster entschwinden. Huh, diese Schmerzmedikamente sind wirklich gut.   Zugedröhnt und gegen seinen Willen grinsend wie ein Glücksbärchen, liegt der junge Tuschekünstler im Krankenbett und lauscht mit geschlossenen Augen auf die Geräusche um ihn herum. Inzwischen sind sie irgendwie nur noch Hintergrundmelodie - man gewöhnt sich an vieles, wenn man es lange genug ertragen muss. Die Schritte auf dem Flur, die Stimmen welche murmeln oder schreien. Geräusche von Maschinen und Türen aus angrenzenden Zimmern. Eine typische Krankenhaus Kakofonie. Wenn jetzt nicht immer mehr die Abneigung gegen Krankenhäuser im Allgemeinen da wäre, könnte er auch ‘entspannen’. Doch so? So ist er heilfroh endlich von der Intensivstation auf die Normale verlegt worden zu sein. Allein die Geräusche und Gerüche sind dort viel intensiver. Dazu kommt allerdings auch noch das Thema ‘Zwischenmenschliche Verhaltensweisen’, welche ihn selbst in seinem Dämmerzustand genervt haben. Die Stimmung auf der Intensiv war oftmals so traurig, verzweifelt und voller zerbrochener Hoffnung. Jetzt ist da die alte verwirrte Dame im Zimmer nebenan, welche immer wieder aufsteht und verbotenerweise mit ihren Geräten herum marschiert. Sie bietet wirklich wesentlich mehr Unterhaltung. Auch wenn er im ersten Moment gedacht hatte, ein Zombie würde vor ihm stehen, mit all den Schläuchen und Elektroden, welche irre, protestierende Geräusche von sich gaben. Ein kleines, ein wenig verrückt klingendes Lachen entschlüpft seinem Mund und in diesem Moment ist er froh um das Einzelzimmer. Auch wenn er nicht weiß, wie er dazu gekommen ist, da er weder dafür bezahlt noch die entsprechende Versicherung besitzt, aber es erleichtert all den Mist doch unglaublich.   “Ach ja ...”, murmelt Sai zusammenhangslos und lauscht grinsend dem Geschrei auf dem Flur. Unverkennbar Tsunade, welche mal wieder nach ihrer rechten Hand Shizune brüllt. Ob diese Shizune wohl schon ein Hörgerät braucht? Wahrscheinlich hat sie das Gehör einer Fledermaus und hört die Oberärztin quer durch das Krankenhaus. Von Tsunade gut erzogen höchstwahrscheinlich. Oder vielleicht schlichtweg ein ‘Überlebensinstinkt’. Ein Bild der Beiden kriecht durch seine Fantasie. Ein Bild, in dem Tsunade Shizune mit Keksen belohnt, wenn diese besonders schnell aufkreuzt. Oh man, vielleicht hätte er doch nicht wieder an der Schmerzmittelpumpe herumspielen sollen. Aber wozu erklären sie es einem sonst? Das letzte Mal, dass er SO high war, war damals mit Ne als sie wilden Marihuana und leckere Pilze fanden … und zu sich nahmen.   Giggelnd wie ein verrückter Hamster liegt er im Bett, als wieder einmal die Zimmertür aufgeht. So vorsichtig, wie die geschieht, kann es nur …   “Hey. Was ist denn so lustig hier?” Kann es nur Mary sein. Dass diese ihren Urlaub wegen ihm abgebrochen hat, ist ihm immer noch unangenehm. “Nichts nichts”, gibt Gefragter breit grinsend zurück und zwinkert in ihre Richtung. “Du hast schon wieder mit den Medikamenten gespielt, stimmts?” Kopfschüttelnd und mit mahnendem Blick tritt seine lilahaarige Freundin näher. “So … bunt”, versucht Sai mit schwankenden Handbewegungen die Selbstmedikation zu begründen. “Oh man. High wie fünf Bergziegen”, kommentiert Mary diese abstruse Vorstellung. Woher weiß die denn was über Bergziegen? “Wo willst du hin?”, erkundigt sich Sai, als das Mädchen auch schon wieder herum wirbelt und entschlossen in Richtung Tür marschiert. “Mit Tsunade reden. Dich hier rausholen, ehe du dich in deiner Dummheit noch versehentlich umbringst.” Der Blick, welchen sie ihm über die Schulter zuwirft, ist halb verstehend und halb warnend. “Finger weg von dem Gerät und nicht weglaufen.” Der angesetzte Protest verhallt ebenso, wie das Geräusch der zugezogenen Tür. Frauen sind soooo anstrengend! Besser er gönnt sich noch eine Portion Medikamente. Glucksend bedient Sai die Schmerzpumpe.   “So, geschafft. Vorsichtig. Ja, so ist gut. Mach langsam.” Es ist Menma, welcher Sai so behutsam wie möglich ins Bett verfrachtet. Sai weiß nicht wie, aber zu zweit scheinen Mary und Menma es schaffen, eine Persönlichkeit wie Tsunade um den Finger zu wickeln. Dank der Beiden, kann der Tuschekünstler endlich wieder in seinem, anstatt in einem Krankenhausbett schlafen. Auch wenn er strenge Auflagen bekommen hat und auf eigene Verantwortung nach Hause entlassen wurde.   “Denk dran, wenn du aufstehen willst, dann mit Hilfe. Und nicht laufen, sondern nimm den Rollstuhl. Es wird erst mehr weh tun, weil die Dauerinfusion nicht mehr liegt, aber das sollte sich recht schnell geben. Essen wird es auch nur langsam gehaltvolles geben.” Genervt stöhnend lässt sich der Patient in die Kissen sinken, welche während Menmas Rede von Mary aufgeschüttelt wurden.   “Stöhn hier nicht rum, junger Mann”, tadelt Mary und Sai kann das Augenverdrehen nicht verhindern. “Ja, Mama”, antwortet er und streckt der Lilahaarigen keck die Zunge raus.   Sai hat die beiden wirklich sehr gerne und inzwischen hat er auch akzeptiert, dass er sie wohl beide auf irgendeine Art liebt. Das hat er in einem der Kitschromane, welche er von der ‘Nachbar-Oma’ im Krankenhaus geschenkt bekam, gelernt. Zudem ist er ihnen wirklich dankbar dafür, dass sie für ihn da waren und sind. Menma, der kaum von seiner Seite gewichen ist und der Erste war, den Sai auf der Intensivstation sah. Der zwischen ihm und dem Krankenhaus Personal vermittelte und anstrengende Besuche im Rahmen hielt. Naruto ist ja so schon etwas ‘besonders’, aber wenn man beduselt und mit Schmerzen ans Bett gefesselt ist, ist es wirklich noch eine ganz andere Nummer!   “Das ist kein Spaß, Sai. Du hast Tsunade gehört. Eigentlich gehörst du überwacht. Du hast ‘ne Gehirnerschütterung, Hämatome, deine Milz hat ‘nen Schaden und von deinen kaputten Knochen fang ich gar nicht erst an! Du, mein Freund, wirst tun, was ich dir sage, haben wir uns verstanden?” Erstaunlich, wie bedrohlich ein Meter fünfzig wirken können, wenn sie auf einen niederstarren. Jetzt fehlen nur noch Wind und Flammen und wir haben die Furie par excellence. Damit könnte sie bestimmt in einem Film auftreten und das erfolgreich. Wieder verlässt ein Kichern seine Lippen. Ein Fehler, wie ihm das Unterbewusstsein zubrüllt.   “Mary …”, versucht Menma zu helfen. Der schwarzhaariger Held. Doch ohne Erfolg. “Nichts Mary. So wie ich den Esel einschätze, fängt der hier morgen an rumzuturnen und macht alles mit sich selbst aus!” “Ja, aber…” “Kein aber! Sei froh dass ich dich hier dulde.” Nun wird auch der auserkorene Held förmlich kleiner. Was allerdings kein Wunder ist bei dem finsteren Gesicht welches Mary macht. Diese Frau könnte selbst der Mafia Angst machen.   Eins der Gespräche, welches er im Krankenhaus aufgeschnappt hatte, war ein Streit zwischen den beiden ihm wichtigen Personen. Jeder war der Meinung sich um ihn sorgen zu müssen - für ihn verantwortlich zu sein. Ein Gespräch, welches unterschiedlichste Gefühle in ihm verursacht hatte. Positive, wie beklemmende. Es war so … ungewohnt, und so wirklich richtig wusste Sai nicht wie er damit umgehen sollte. Doch er hatte nach einer schlaflosen Nacht beschlossen abzuwarten. Das viele Grübeln über seine Gefühle für Menma hatten ihn ja auch nicht weit gebracht, sondern letztendlich nur Nerven und Zeit gekostet.   Jetzt liegt er also hier und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, während sich die beiden anfunkeln. “Ähm … kann ich eine Suppe haben?”, erkundigt er sich vorsichtig und unterbricht damit die gespannte Stille. “Sicher. Du schläfst und wir machen dir was.” Freundlich nickt Mary, haucht einen Kuss auf seine Stirn und stolziert zur Tür. “Los Menma, beweg dich und lass Sai schlafen.” “Aber …”, setzt der junge Mann an, doch Mary schüttelt nur entschlossen den Kopf. Fährt jedoch im ruhigen Ton fort. “Menma, ihm passiert hier nichts. Weglaufen wird er auch nicht. Nicht von hier. Keine Sorge. Komm mit, du kannst ‘nen Kaffee vertragen.”   “Na los, geh. Du lässt sie besser nicht warten.” Sanft drückt Sai Menmas Hand. “Hast Recht. Bis später.” Vorsichtig streicht Menmas Daumen über seinen Handrücken, dann marschiert der Figurenkünstler hinter Mary her und schließt behutsam die Zimmertür.   Erschöpft lässt sich Sai tiefer in die Kissen sinken. Ein Seufzen verlässt seine Lippen und die Maske fällt ab. Er will es den beiden nicht zeigen, aber diese Schmerzen … die Schmerzen zehren wirklich an seinen Nerven. Alles sticht, drückt, zieht, spannt und dies alles zugleich. Selbst das Atmen hinterlässt einen faden ‘Beigeschmack’. Niemals zuvor, hat sich der junge Künstler so schlecht und schwach gefühlt. Es wurmt ihn, dass sein Körper so gegen ihn arbeitet und nicht mal einfache Dinge, wie aufs Klo gehen - einfach so und mal eben- , möglich sind.   Nein, er ist quasi ans Bett gefesselt und muss um Hilfe fragen. Etwas, dass er nie gern getan hat. Sein Motto war schon in der Kindheit, dass man sich nicht von anderen abhängig machte sondern es selber machte. Das man die eigene Kraft nutzt. Diese trainiert, verfeinert und damit das Beste macht. Ohne diese Kraft jedoch … ohne diese ist er nur ein menschlicher Wackelpudding dessen Geist mit Schmerzmitteln vernebelt ist. Und dazu kommt auch noch diese Langeweile. Nicht mal zeichnen kann er ordentlich, da Kopf und Augen zu schmerzen beginnen.   Es behagt ihm gar nicht, dass er allen anderen so eine Last am Bein ist und sie sich seinetwegen Sorgen machen. Diese stehen ihnen so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass selbst Sai es bemerkt. Dazu ihr Verhalten. Mary könnte gut und gerne den Spitznamen Tsunade 2.0 bekommen und Menma … Menma behandelt ihn wie ein rohes Ei. Wenn der Kerl sich noch einmal entschuldigt und sich die Schuld an dem Unfall gibt, dann muss Sai ihm wohl eine verpassen. Doh jetzt gerade braucht er die Maske ‘Es geht mir gut’ nicht. Erneut seufzend schließt er die Augen und kuschelt sich in die weiche Decke. Später … morgen, würde er mit den Beiden reden und vor allem wird er alles dafür tun, dass er schnell wieder auf den Beinen ist!   Schritt. Schritt. Kleine Schritte für die Menschheit, jedoch große für Sai. Wenn er so weiter macht, ist er in gefühlt einem Jahr in der Küche, aus welcher es verlockend duftet. Menma ist Zuhause oder so und Mary in der Galerie. Im Moment ist er alleine mit Yamato und dieser ist ein erstaunlich angenehmer ‘Betreuer’. Der Ältere achtete zwar darauf, dass er sich nicht übernimmt, aber er behandelt ihn normal. So läuft Sai nun ganz alleine in Richtung Küche. Auch wenn es mehr ein entlangtasten an der Wand ist und Yamato mit aufmerksamen Blick und verschränkten Armen in der Küchentür steht. Die Rollstuhl steht unbeachtet im Zimmer und schmollt wohl mit den Krücken um die Wette. Aber Sai fühlt sich gut. Schließlich ist eine weitere Woche vergangen und in seinen Augen muss es nun einfach so gehen, denn sonst wird es nie besser.   “Bis du hier bist, ist das Essen kalt”, erklingt es belustigt von der Tür. “Haha”, gibt Sai nur zurück und konzentriert sich wieder auf den Bewegungsablauf. Neben Essen warten auch die Schmerztabletten auf ihn. Als zusätzlicher Anreiz quasi. “Na komm schon. Das ging schon mal besser.” “Jaja.” “Wenn Mary dich erwischt, kriegen wir beide Ärger und ehrlich Kumpel, darauf kann ich echt verzichten. Ich wollt heute eigentlich nicht auf der Couch pennen, sondern Spaß haben wenn ich schon mal Zuhause bin.” Ein dreckiges Grinsen erscheint auf Sais Gesicht. “Vielleicht sage ich Mary dann einfach, dass du mich überredet hast zu laufen?” “Ich stell dich gleich einfach mitten in den Flur und dann hast du keine Wand mehr zum festhalten.”   Einen Moment herrscht Schweigen, dann brechen beide Männer synchron in Gelächter aus. Die beiden haben eine ganz eigene Art gefunden miteinander umzugehen. Früher wäre dies mehr als befremdlich für Sai gewesen. Wahrscheinlich hatte er den oftmals so verkniffen wirkenden Mann schlicht gemieden. Durch eine gewisse junge Frau jedoch, hatte er begonnen nicht nur alles und jeden analysieren zu wollen. Man muss nicht immer begreifen, um sich zu verstehen. Dies ist eine der Lektionen, die Mary ihm immer und immer wieder eingebläut hat in der letzten Zeit. Was hat es ihm gebracht? Eine beste Freundin, einen Kumpel und Freunde wie Naruto und Co. Am wichtigsten jedoch: Menma.   Stolz lächelnd erreicht er den Türrahmen, wo Yamato schon steht um ihn die letzten Meter zum Tisch zu stützen. Dankbar legt er seinen Arm um den Rücken des Mannes und lehnt sich leicht gegen diesen. “Danke”, murmelt er, als der Architekt ihn auf dem Stuhl ablädt. “Kein Ding, Kumpel. Na los, lass uns essen ehe es kalt wird. Das wäre doch schade, wenn du schon mal in den Genuss meiner Kochkünste kommst.” Grinsend nickt Sai und schaufelt sich etwas von dem verlockend duftenden Hühnchen-Reis-Auflauf auf den Teller.   “Ich bin wieder zu Hause. Wo seid ihr beiden de …” Mary erscheint in der Wohnzimmertür. Nach dem Essen hatte Sai sich auf die Couch verzogen, während Yamato sich um das Geschirr und die Reste kümmerte. Inzwischen lümmeln sie beide auf dem gemütlichen Möbelstück und bekämpfen sich schimpfend sowie fluchend bei einem Konsolenspiel. “Sagt mal ihr zwei … hattet ihr einen schönen Tag?” “Hmm” - “Ja, war gut.” Geben die Spielenden synchron zurück. “Schlafen, essen, spielen”, antwortet Sai knapp zusammengefasst, nimmt den Blick jedoch nicht vom Fernseher. Yamato ist einfach zu gut und eine weitere Niederlage kommt nicht in Frage, wenn sein Ego nicht erheblichen Schaden nehmen soll! “Das klingt ja, sehr spannend …” “VERDAMMT!”, ruft der Architekt aus, als Sai es durch einen Trick schafft einen Treffer zu landen. “Im Kühlschrank sind noch Reste, Schatz. Himmel Sai, wo hast du denn das gelernt?” “Männer …”, hört Sai die junge Frau noch seufzen, ehe beide Spieler diese wieder ausblenden und sich ihrem virtuellen Match widmen. Doch dies soll nur all zu schnell nicht mehr möglich sein.   “Meine Herren, ich habe eine Frage.” Säuselt dringt Marys Stimme an Sais Ohr. Anscheinend scheint dies ein Alarmcode zu sein, denn Yamato pausiert das Spiel und wirft Sai einen panischen Blick zu, ehe er sich Mary zuwendet. “Welche, mein Schatz?” “Hör auf mit dem ‘mein Schatz’! HABT IHR SIE EIGENTLICH NOCH ALLE?” Blinzelnd blickt der Tuschekünstler auf. Wo kommt denn der Stimmungsumschwung her. Ihm liegt die Frage auf der Zunge, ob die junge Frau in ihrer ‘besonderen Woche’ ist. Jedoch verkneift er sich auch nur ein zu tiefes einatmen bei dem Blick, welcher den Couchhockern abwechselnd geschenkt wird. “Guckt mich nicht an wie Kühe wenn es donnert, bei Kami!” Schnaubend stemmt Mary ihre Hände in die Hüften. “Was ist denn los?” Eine vorsichtig-mutige und doch sehr dumme Frage des Architekten. Dies wird spätestens dann klar, als Mary sich ein Kissen vom Sessel schnappt und auf ihren Partner wirft. “Oh … dies weißt du ganz genau. Oder bist du seit neustem Meister Proper?” Wieder blicken sich die beiden Männer an, dieses Mal ratlos. “Ich weiß nicht …”, setzt Sai flüsternd an, doch das klingeln von Marys Handy lässt ihn verstummen. Deutlich genervt nimmt die Frau des Hauses den Anruf entgegen. “Gut, dass du anrufst. Beweg deinen Arsch her und hol ihn ab. Ich muss hier was mit meinem hauseigenen Esel klären.” “HEY!”, ruft Yamato empört dazwischen und möchte sie sich erheben. Ein strenger Blick Marys und er sinkt wieder in das Polster. “Alles klar, Menma. Bis gleich. Sieh zu!” Damit legt die Lilahaarige auf, wirft das Handy auf den Sessel und fährt sich fahrig durch die Haare. “Mary, was hast du denn?” Nun ist Sai selbst so mutig, um seine Ratlosigkeit zu offenbaren. Er kann es sich wirklich nicht erklären, warum die Kleine hier so ein Theater macht. Menschen mit all ihren Gefühlen und Beweggründen werden wohl, trotz all seiner Fortschritte, für immer ein Rätsel für ihn bleiben. Frauen auf jeden Fall! Doch er erntet nur ein weiteres Schnauben sowie eine wedelnde Handbewegung. “Spielt weiter. Na los … macht schon. Vielleicht kommt ihr drauf, bis Menma hier ist.” Keiner der Männer macht Anstalten, sich wieder dem Videospiel zu widmen. “IHR.SOLLT.SPIELEN!” Noch nie hat man so schnell zwei Männer ein Spiel beginnen sehen. Auch wenn sie sich natürlich nicht darauf konzentrieren. Langsam lehnt der Architekt sich näher in Sais Richtung. “Tu einfach so, als würdest du spielen. Aber lass sie nicht aus den Augen. Du kennst sie noch nicht so gut wie ich. In dieser Stimmung ist sie zu allem fähig.” “Schlägt sie dich?” Sai hatte mal eine Reportage über häusliche Gewalt durch Frauen gesehen. Nun war es an dem Architekten zu schnauben. “Das nicht, aber sie ist eine Frau welche es perfekt beherrscht dich anders für Fehler - von denen du noch nichts weißt - büßen zu lassen.”   Lachend hält Menma sich die Seite, während es an Sai ist, den Uzumaki finster anzustarren. Zu zweit sitzen sie in Menmas Wagen vor der Wohnung. “Was ist daran so lustig?” “Ihr … oh man, ihr seid aber auch selten dämlich euch erwischen zu lassen.” “Wir haben einfach nicht daran gedacht, ok? Ich wollte eigentlich wieder in meinem Zimmer sein, wenn sie nach Hause kommt.” Breit grinsend schüttelt Menma den Kopf. “Wenn ihr wenigstens daran gedacht hättet die Krücken dekorativ an die Couch zu lehnen. Aber nein, ihr lasst alles in deinem Zimmer und euer kleiner Stunt fliegt auf. Als wenn Yamato mehr als zwei Sack Mehl tragen könnte.” “Ich bin nicht aus Zucker, verdammt! Ich kann nicht immer nur auf andere bauen.” Nun ist es an Sai zu schnauben. Genervt schaut er aus dem Fenster. Denn dies war es, was Mary auf die Palme gebracht hatte. Dass Sai ohne jegliche Hilfsmittel durch die Wohnung gelaufen war. Ihm selbst wurde vorgehalten ein unvernünftiger Sturkopf zu sein und Yamato durfte sich anhören unverantwortlich, kindisch sowie naiv zu sein. Als der Architekt dann in der inzwischen sehr hitzigen Diskussion erwidert hatte, dass Mary ein Mutterdrache wäre, hatte Menma ihm die, wann auch immer besorgten, Krücken in die Hand gedrückt und aus der Wohnung geschoben.   “Ich weiß, Sai. Mary weiß dies auch. Aber wir machen uns halt Sorgen um dich.” Behutsam drückt Menma sein Knie. Sai geht nicht auf die Berührung ein, auch wenn ein Stromschlag durch seinen Körper rauscht. “Lasst es einfach. Ich kriege das schon alles hin. In meinem Leben habe ich schon ganz andere Dinge überstanden.” Kurz schweifen seine Gedanken zurück an die Zeit mit Ne. Der Mann hatte ihn, körperlich wie geistig, nicht mit dem Samthandschuh angefasst. Wenn der ihn jetzt sehen würde … wäre er enttäuscht? Allein dass er jetzt hier saß und sowas sagte …   “Es ist mir scheiß egal, was du alles in der Vergangenheit gepackt hast. Auch wenn ich natürlich neugierig bin, wie dein Leben bisher so aussah. Was ich sagen will, ist, dass ich  … dass WIR dich damals nicht kannten. Jetzt jedoch, sind wir Freunde und als Freunde kümmert man sich umeinander.” Ehe er es verhindern kann, entfleucht ihm ein “Das noch nie jemand getan. Nie wirklich.” Menma drückt sein Knie. “Schau mich an. Bitte.”   Mit zusammen gepressten Lippen dreht sich Sai angespannt herum. Es sind bestimmt die Medikamente, welche ihn solche Dinge sagen lassen, welche er noch nie aussprach. Sanft lächelt der Blauäugige ihn an und ganz automatisch entspannt Sai sich. Diese Wirkung Menmas … ist das Magie?   “Sai, dieses ‘nie’ ist vorbei. Du hast Mary sowie ihren etwas gruseligen Verlobten. Du hast Naruto, Sasuke und selbst Guren, welche sich um dich sorgen. Und du hast mich. Ich werde mich immer dafür interessieren, wie es dir geht. Ich werde immer versuchen, dass es dir gut geht. Das verspreche ich dir.” Eine leichte Röte zeigt sich auf dem gebräunten Gesicht. “Oh verdammt, klang das kindisch.” Unsicher kichernd streicht sich Menma durch die eh schon wild abstehenden Haare. Nun ist es an dem Uzumaki, den Blick überall hin, nur nicht auf Sai zu richten.   Diese Situation ist so absolut neu und fremd für den Sumi. Was sagt man in so einem Augenblick? Gibt es überhaupt die richtigen Worte? Bereute Menma diese Worte, kaum dass sie über dessen Lippen gekommen waren? Auf jeden Fall wäre dies eine Erklärung dafür, dass der junge Mann sich so unruhig zeigte. Mag der Dämonenkönig ihn doch nicht SO, wie Sai diesen mag? Hatten er und alle anderen das Verhalten des Uzumaki vollkommen falsch verstanden? Er sollte am Besten einfach aus dem Auto verschwinden! Und doch geschieht etwas ganz anders, gesteuert von etwas tiefgründig geheimnisvollem, welches stärker ist als Sais Gedanken.   Vorsichtig, als könnte er Menma überfordern, ergreift er die Hände des Anderen. Blinzelnd richtet sich dessen Blick auf ihn. “Menma … danke. Danke, dass du für mich da bist. Ich mein, wir kennen uns ja streng genommen gar nicht. Dennoch … dennoch mag ich dich sehr gerne.” Weit aufgerissene Augen blicken ihn ungläubig an. “Wirklich? Also jetzt ernsthaft und du sagst das nicht einfach nur so?” “Was würde das bringen? Ich verstehe den Sinn dahinter nicht, so etwas zu erlügen.” Nachdenklich schüttelt Sai den Kopf, ehe er allen Mut zusammen nimmt und fortfährt. “Menma, ich habe noch nie so für einen anderen Menschen empfunden und vor allem nicht für einen anderen Mann.” Nun ist es an Sai, rot zu werden.   “Aber was ist mit Ino?” Unsicherheit schwingt in der Frage mit. Erneut schüttelt Sai den Kopf. “Nein, ich war irgendwie nur mit ihr zusammen, weil es halt passte und weil sie es so nannte. Es klingt gemein, aber es war irgendwie aus Gewohnheit.” “Hmm … ich weiß, was du meinst.” Grüblerisch schweift der Blick des Uzumaki einen kurzen Moment nach draußen. “Aber, jetzt ist es anders.” Es scheint, als würde Menma diese Worte eher zu sich sagen, als zu Sai. Das überwältigende, strahlende Lächeln jedoch auf Menmas Gesicht zu sehen, lässt ein Schwarm Schmetterlinge im Magen des Tuschekünstlers zum Leben erwachen.   Für Sai vollkommen aus dem Nichts heraus, zieht Menma ihn in eine feste Umarmung, welche Sai mit einem Lächeln nur zu gerne erwidert. Was auch immer das hier ist oder wird, es ist jetzt schon besser als alles, was er bisher erlebt hat und es ist nichts, auf das ihn irgendein Buch wirklich vorbereiten kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)