Café Enterprise von Janora ================================================================================ Kapitel 4: Lady in red ---------------------- Nyota Uhura hatte schon viel gehört, bevor sie das erste Mal mit einigen Freundinnen dorthin ging. Es war kurz nach den Weihnachtsferien und sie hatten sich eine Menge zu erzählen. Gaila hatte ihren Freund zum ersten Mal nach Hause zu ihren Eltern eingeladen, Carol wusste um eine interessante Tratschgeschichte über einen Professor, und Uhura hatte einen traumhaften Urlaub verbracht, von dem sie gerade berichtete. Sie hatte sich, während sie gerade anstanden, zu den beiden gedreht und bekam nur am Rande mit, wie sie von hinten angesprochen wurde. „Wie ist dein Name, hübsche Frau, die gerade von den Alpen zurückgekommen ist?“ Uhura verdrehte bloß die Augen. Sie hasste es, wenn man sie in einem Gespräch störte, dabei scheinbar auch noch mitgehört hatte und dann versuchte sich mit einem Kompliment an sie ranzumachen. Das hatte sie wirklich schon oft genug erlebt. „Das geht dich nichts an“, erwiderte sie daher bloß schroff und widmete sich wieder ihren Freundinnen. „Dann muss ich mir eben einen Namen für dich ausdenken“, wurde sie direkt wieder unterbrochen. Jetzt drehte sich Uhura doch um. Allerdings bemerkte sie, dass vor ihr gar keiner mehr in der Schlange stand, sondern der Blonde hinterm Tresen es war, der sie amüsiert anblickte. In der Hand hielt er bereits einen Edding. „Uhura“, erwiderte diese, während die beiden Studentinnen hinter ihr kicherten. „Einen großen Eiskaffee mit Sahne, bitte.“ „Uhura, das ist genau der Name, den ich mir für dich ausgedacht hatte“, zwinkerte Jim. Er schien ihr die zuvor schroffe Abfuhr nicht übel zu nehmen. Trotzdem stellte sie später sicher ein paar Dollar extra in das Glas mit dem Trinkgeld zu werfen. „Und was darf es für deine beiden bezaubernden Begleiterinnen sein?“, wandte sich Jim an Gaila und Carol. Somit war Uhuras erster Eindruck von Kirk zurecht, dass dieser eindeutig ein Frauenheld war. Und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn mochte oder nicht. Aber sein Kaffee war ohne Zweifel gut. ~ Im Gegensatz zu Studienkollegen bevorzugte Nyota Uhura es in den eigenen vier Wänden zu lernen, oder mit Lerngruppen in der Bibliothek. Café, Bitros und Bars waren für sie Orte, wo denen man sich mit Freunden traf, wo man ein wenig Abstand vom Studentenalltag bekam. Und normalerweise war es auch kein Problem, denn Uhura und ihre Mitbewohnerin Gaila hatten strenge Regelungen, was die Benutzung ihres Studentenzimmers bezüglich Männerbesuch anging. Genauer gesagt hatte Uhura diese eingeführt, als die genug davon hatte die Rothaarige jedes Wochenende inflagranti zu erwischen. Dass diese jetzt einen Freund hatte, machte nur einen kleinen Unterschied. Wobei man fairerweise sagen muss, dass sich Gaila, seit sie die Regeln hatten, gebessert hatte. Heute war allerdings ein Abend, an dem ihre Freundin sie gefragt hatte, ob sie ihr nicht für ein paar Stunden das Zimmer überlassen könnte. Ihr Freund war gerade von einer Studienreise zurück gekommen und dessen Mitbewohner schrieb morgen früh eine Klausur. Den konnten sie also leider nicht rauswerfen. Uhura hatte schließlich zugestimmt und Gaila versprach ihr eine Sms zu schreiben, sobald die Luft rein war. So war die Dunkelhaarige erst in die Bibliothek gegangen, hatte aber irgendwann keine Lust mehr zu lernen und gönnte sich noch ein Getränk in der Enterprise. Außerdem nutzte sie die Gelegenheit und skypte mit ihrer Familie, sie an einem anderen Ende der Staaten lebte. Gerade als sie auflegte, weil ihre Eltern langsam schlafen gehen wollten, bekam sie eine kleine Brötchentüte auf den Tisch gestellt. Uhura blickte auf und warf Jim einen fragenden Blick zu. „Brownies, die heute übrig geblieben sind. Nimm sie ruhig mit“, erklärte dieser „Ich schließ jetzt“, fügte er dann nach einer kurzen Pause fast schon entschuldigend hinzu. Uhura schaute auf die Uhr und nickte. „Klar, ich bin schon weg.“ „Ich bring dich nach Hause.“ Jim bekam einen kritischen Blick zugeworfen. „Nicht nötig.“ Doch der Blonde schüttelte den Kopf. „Ich habe ein besseres Gewissen, wenn ich hübsche Ladys sicher daheim weiß.“ Er lächelte so ehrlich, dass die Dunkelhaarige schließlich zustimmte. Jim schloss also den Laden zu und zusammen machten sie sich auf den Weg durch die Straßen. Die Nachtluft war kühl, doch das störte die beiden, die sich gut unterhielten nicht. Uhura erzählte von ihrem Sprachstudium und die beiden tauschten einige Storys über die Uni und deren Studenten aus. Jim war zwar keiner, aber dennoch kannte er genug, die sein Café besuchten, so dass er nie um eine Geschichte verlegen war. Unterwegs bekam Uhura auch endlich die erwartete Sms von Gaila, dass ihr Freund und sie jetzt wieder Klamotten trugen. Gott sei Dank! Sie musste über die Formulierung der Rothaarigen lachen und auf einen fragenden Blick von Jim beschloss sie ihn einzuweihen. „So ist das also bei euch“, grinste der Blonde. „Denk gar nicht erst daran, das noch weiter auszuführen“, erwiderte Uhura mit mahnend erhobenen Finger, lachte dann jedoch. Jim hob abwehrend die Hände und fiel ins Lachen mit ein. Nach zwei weiteren Blocks waren sie dann bei Uhuras Wohnung angekommen. „Hier wohn ich“, nickte sie auf ein Studentenwohnheim. „Sicher, dass du mich nicht doch noch zu einem Kaffee hochladen willst?“, fragte Jim. „Ganz sicher“, erwiderte Uhura „Außerdem ist meine Mitbewohnerin noch oben.“ „Meinetwegen könnte sie bei diesem Kaffee mittrinken.“ Uhura war ernsthaft am überlegen, ob sie dem grinsenden Blonden eine reinhauen sollte. Dieser wandte sich aber bereits ohne wenn und aber zum gehen. Bevor er aber um die Ecke bog, drehte er sich noch mal um. „Hey, Uhura.“ Sie hatte gerade den Fuß ins Haus setzen wollen und schaute ihn fragend an. „Mein Kaffee schmeckt eh viel Besser. Den solltest du mal probieren!“ Uhura musste schmunzeln. Sie gab ihm recht. ~ Dass Uhura schließlich anfing in der Enterprise zu arbeiten war Zufall gewesen. Die Stellen waren nie ausgeschrieben und wurden höchstens durch Mundpropaganda weiter gegeben. So hatte sie erfahren, dass vor kurzem jemand gegangen war und Jim darauf angesprochen. Und damit hatte sie plötzlich den Job. Und obwohl es eigentlich nicht gerade ein spannender Beruf war, erlebte sie doch schon einiges dort. Mit der Zeit hatte sie gerade bei den jüngeren Studenten einen Blick dafür bekommen, wer kurz vor einer Projektabgabe oder einer Klausur stand und wahrscheinlich mal wieder viel zu spät angefangen hatte etwas dafür zu tun. Prokrastination war ein weit verbreitetes Hobby. Einmal hatte Uhura sogar einen Kunden, einen blassen Jungen mit tiefen Augenringen, abgewiesen. „Du hast schon ein halbes Dutzend Espressos in der letzten Stunde getrunken. Ich mache mir ernsthaft Sorgen, dass du tot umfällst, wenn ich dir jetzt deinen siebten gebe“, hatte sie hartnäckig erklärt und ihm stattdessen ein Sandwich und ein Wasser gegeben. Ein anderes Mal hatte sie morgen sie Frühschicht begonnen. Da sie mit ihren Prüfungen für das Sommersemester durch war und ihre vorlesungsfreie Zeit genoss, war es kein Problem für sie auch andere Schichten zu übernehmen. Und so früh war noch nicht viel los, aber ein Student, der eindeutig eine Nachtschicht hinter sich hatte, war schon da. Mit einem Rucksack und einem dicken Lehrbuch mit einem Dutzend heraus schauender Notizzettel unterm Arm bestellte er einen halben Becher eines großen Kaffees. Uhura blickte ihn irritiert an. „Das ist dasselbe wie ein kleiner Kaffee“, informierte sie ihn, doch er sah sie bloß mit stumpfen Auge an. „Ich weiß“, murmelte er tonlos, während sich die Tür öffnete und ein weitere Gast gerade von einer Nachtschicht kam. Der Student wiederholte seine Bestellung und Uhura machte ihm eben einen großen, halben Kaffee. Er nahm ihn mit einem dankbaren Nicken. Dann schüttete er drei Päckchen Zucker nach und holte eine Dose Energy-Drink heraus, deren Inhalt er komplett im Kaffee versenkte. Während er mit den Worten „Ich überleb diesen Mist nicht“ einen Schluck trank, schlug er sein Buch auf und vertiefte sich auf dem Weg nach draußen ins Lernen. Dabei entging ihm der entsetzte Blick eines gewissen Arztes, der inständig hoffte, dass dieser Horror, der sich eben vor seinem Auge abgespielt hatte, nur ein Produkt seines übermüdeten Gehirns war. Und dann war da noch der Überfall gewesen. Es war spät am Abend, kurz nach Feierabend. Uhura half Jim die Tische abzuwischen und alles wegzuräumen. Der Blonde hatte übrigens den exzentrischen Tick sich während der Arbeitszeit nicht Chef oder Boss sondern Captain nennen zu lassen. Daran hatte sich die Dunkelhaarige erst mal gewöhnen müssen. „Bring noch den Müll raus. Ich mach die Theke fertig und dann sind wir für heute durch“, wies Jim sie an. „Aye“, nickte Uhura und verschwand nach hinten, um die Säcke zu sammeln. Während Jim einen frischen Lappen suchte, ging die Ladentür noch mal auf. „Du bist recht spät dran, Kumpel. Wir haben eigentlich schon geschlossen.“ Er drehte sich zu dem Kunden um und sah sich einem Typen im Kapuzenpullover gegenüber. Und einer Pistole. „Ich will das Geld aus der Kasse!“ Jim hob die Hände. „Hey man, da ist nicht viel drin. Wir sind nur ein kleiner Laden..“ „Hör auf zu quatschen und gib mir die verdammte Kohle!“ Jim bewegte sich langsam zur Kasse und senkte eine Hand auf die Tasten, um den Code einzugeben. Er warf einen kurzen Blick auf den angespannten Kerl. Oder vielmehr hinter ihn. Plötzlich ging alles ganz schnell. Er wusste nicht wie Uhura es geschafft hatte, aber sie hatte sich lautlos angeschlichen, in den Händen einen großen Teller – etwas besseres hatte sie hinten gerade nicht gefunden. Sie trat dem Kerl in die Kniekehle und pfefferte ihm den Teller an den Hinterkopf, dass sie zerbrach und er nach vorne stürzte. Gleichzeitig packte Jim die Pistole und wendete sie von sich ab ins Leere. Mit der anderen Hand griff er den erstbesten Gegenstand, den er in die Finger bekam – es war das Glas mit dem Trinkgeld – und schlug es dem Kerl ins Gesicht. Noch mehr Scherben verstreuten sich auf dem Boden und der Kerl war außer Gefecht. Mit einem Satz war Jim über die Theke gesprungen. „Alles klar bei dir?“, fragte er Uhura, welche bloß grimmig nickte. „Sorry wegen des Geschirrs.“ „Ja..das Trinkgeld geht heute komplett an dich“, erwiderte Jim und zückte sein Handy um die Polizei zu rufen. Uhura warf einen Blick auf die am Boden verteilten Münzen und Scheine. Der Abend wurde dann doch noch später als geplant, aber am nächsten Tag, und auch noch einige Tage später, bekam jeder die heroische Geschichte erzählt, wie der Überfall auf die Enterprise erfolgreich zurückgeschlagen worden ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)