Café Enterprise von Janora ================================================================================ Kapitel 2: Logisches Outsourcing und faszinierende Saftmischungen ----------------------------------------------------------------- Das erste Mal, dass Spock das etwas abseits gelegene Café namens Enterprise betrat, war, weil er einen ruhigen Ort zu lernen für sein Studium suchte. Er hatte sich den Naturwissenschaften verschrieben: Biologie, Chemie, Physik. Jedes Fach für sich alleine war schon ein großes Gebiet. Für ihn war es aber kein Problem sich fast gleichzeitig darum zu kümmern. Sein Studium war ihm wichtig und er nahm es ernst. Sein Mitbewohner scheinbar leider nicht, denn dieser hatte nebenbei immer Musik oder eine Serie laufen. Die Bibliothek der Universität, die gar nicht so weit von hier entfernt lag, war zwar ruhig, aber manchmal kam sie ihm so stickig vor, dass sie ihm die Luft zum atmen nahm. Außerdem waren Lebensmittel dort verboten. Ein erheblicher Missstand, zumindest Spocks Meinung nach. Also hatte er sich eine Liste von allen Etablissements der Stadt gemacht, in denen man für längere Zeit hinsetzen und arbeiten konnte. Neben unzähligen Coffee Shops waren das auch einige Bistros und ähnliches, die er, sortiert nach Entfernung zur Uni, aufsuchte und prüfte. In den meisten hatte er es nicht lange ausgehalten. Zu voll waren sie oder zu laut. Immerhin hatten viele Studenten die gleiche Idee des Outsourcen, und generell waren solche Orte ja ein beliebter Treffpunkt. Die Enterprise stellte da keine Ausnahme dar. Dennoch war es hier anders. Spock fühlte sich weniger angespannt, als er auf einen der Sessel saß, den Laptop auf dem Tisch, dahinter seinen Kaffeebecher und ein Glas Wasser. Hier hatte er keine Probleme damit bis zum Abend effizient durchzuarbeiten. Ein wenig überrascht von dieser Tatsache, kam er nun öfters hierher, mehrmals pro Woche. Es war angenehm. Jim war nett, aber niemals zu aufdringlich, wofür Spock dankbar war. Der Blonde riss oft Witze, die er nicht verstand oder einfach zu trivial fand, um darüber amüsiert zu sein. Trotzdem lächelte er als Antwort und wurde jedes Mal mit einem breiten Grinsen belohnt. Spock hatte seine Lieblingsplätze in dem Café. Tische in der Nähe von Steckdosen, nicht in der Mitte des Raumes, und so gelegen, dass ihn niemals die Sonne ins Gesicht stach und blendete. Oder direkt auf seinen Bildschirm prallte und die Sicht trübte. Aber er beschwerte sich auch nicht, wenn diese Tische besetzt waren und er auf andere ausweichen musste. So saß er da, packte seinen Laptop aus der schwarzen Umhängetasche und ließ den Kaffee unberührt auf dem Tisch stehen, füllte sich nur immer wieder Wasser nach. „Weißt du, Spock, du musst keinen Kaffee bestellen, wenn er dir nicht schmeckt“, meinte Jim, dem das natürlich auffiel, einmal, als das Spock das Café betreten und zum Tresen getreten war. Der Student verzog keine Miene. „Es ist nicht so, dass er mir nicht schmeckt“, stellte er klar „Die Langzeitauswirkungen von Koffeineinnahme belasten meinen Organismus intensiver als andere Individuen, Sir.“ „Ich sagte dir doch schon: nenn mich Jim. Und ich kann dir auch alles entkoffeiniert zubereiten. Es ist schade um den Kaffee, wenn er draußen immer einfach entsorgt wird.“ Spock schwieg für einen Moment. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Jim sein Verhalten bemerkt hatte, sich überhaupt dafür interessieren würde, und es scheinbar anstoßend genug fand, um es anzusprechen. Er musterte den Blonden, konnte in dessen Gesicht aber keine negative Regung finden. Nur ein freundliches, abwartendes Lächeln. Also hob er den Blick zur Tafel und besah sich zum ersten Mal das Angebot. In dem er bald verloren ging. Von vielen Sachen hatte er als Nicht-Kaffee-Trinker keine Ahnung. Wie sollte Spock da das passende auswählen? Jim merkte das Zögern und griff ein. „Welchen Geschmack magst du denn gerne?“, fragte er. Spock richtete seinen Blick wieder auf den Blonden. „Ich bin mit den meisten in Kombination eines Getränkes nicht vertraut“, gab er zu. Kirk überlegte einen Moment. „Wie wäre es damit“, schlug er dann vor „in den nächsten zwei Wochen mache ich dir jedes Mal etwas anderes und wir finden gemeinsam raus, was dir schmeckt.“ Spock nickte einverstanden und damit war es entschieden. So kam es, dass er erfuhr, dass ihm entkoffeinierter Kokos Latte mit einem extra Schuss Milch zusagte. ~ Das ganze war am Anfang seines Studiums gewesen. Jetzt, zwei Semester später, war er mittlerweile ein Stammgast des Cafés. Es war kurz vor den Semesterferien und alle Studenten waren im Stress der Abschlussprüfungen. Spock bildete da keine Ausnahme und trotz seines brillanten Verstandes, schlug er sich Nächte um die Ohren, weil er einfach die doppelte Menge an Prüfungen bewältigen musste. Noch hatte das Café keinen 24 Stunden Service, was man, seiner Meinung nach, aber dringend ändern sollte. So saß er bis halb elf abends in der Enterprise und ging dann zurück in seine Wohnung, um sich dort das Gejammer seines Mitbewohners anzuhören, bis dieser aufgab oder einschlief. Meist erfolgte beides recht zeitgleich. Spock dagegen machte weiter bis er nur noch sein Minimum an 3,5 Stunden Schlaf bekommen würde, das er brauchte, um auch nach einigen Tagen mit diesem Rhythmus funktionstüchtig zu sein. Aber auch das hatte seinen Preis. Jim beobachtete ihn nachdenklich dabei, wie der Student noch blasser als sonst auf seinen Laptop starrte. Es war immer wieder dasselbe am Ende der Semester mit diesen Kids, die eigentlich gar nicht jünger waren als er. Aber er bezeichnete sie trotzdem gerne so. Er tat sein bestes sie in ihrem Stress zu unterstützen, doch meist gab es nicht viel, was er tun konnte. Es war kurz vor Feierabend als er bemerkte, dass Spock über seinen Aufzeichnungen eingenickt war. Mit einem müden Lächeln holte Jim eine dünne Decke von hinten und legte sie ihm über, bevor er anfing die anderen Tische zu putzen und alles einzuräumen. Als Spock aufwachte, tat ihm der Nacken weh. Dann bemerkte er, dass er noch immer saß, und blickte auf. Er befand sich sogar noch immer im Café, doch das Licht war gedämmt und Jim saß bei ihm am Tisch und trank einen Kakao. „Ah, du bist wieder wacht, Spock“, stellte dieser fest. Der Student hatte nichts zu dieser Aussage hinzuzufügen, bis sein Blick auf die Uhrzeit seines Laptops fiel. Mitternacht. „Ich habe die Öffnungszeiten überschritten. Es wäre logisch gewesen mich zu wecken.“ „Du sahst aus, als könntest du den Schlaf gebrauchen“, winkte Jim ab. Spock begann derweil seine Sachen einzuräumen. „Ich entschuldige mich dich von deinem Feierabend abgehalten zu haben.“ „Ach, Spock, für einen Freund ist das doch kein Problem.“ Der Dunkelhaarige hielt daraufhin für einen Moment inne, lächelte dann jedoch. Zusammen verließen sie die Enterprise und machten sich jeder auf den Heimweg, wobei sie bemerkten, dass sie einige Blocks in die gleiche Richtung zu laufen hatten. ~ Im Sommer hatte die Enterprise ein ganz besonderes Angebot: frisch gepresste Säfte. Jim überzeugte jeden seiner Stammkunden mal mindestens einen zu probieren. Es gab den 'Krios Prime' mit Ananas, Mango und Kiwi oder den 'Thalos IV' mit Äpfeln, Heidelbeeren und Grapefruit und viele andere Kreationen. Da Spock nicht für den Koffein herkam, war es ihm gleich was er trank und so bekam er jedes Mal eine andere bunte Farbe in die Hand gedrückt, die er jedes Mal mit leicht erhobener Augenbraue musterte. Bisher hatte Jim aber immer Geschmack bewiesen. Heute hatte er einen orangefarbenen Arex aus Apfel-, Orangen- und etwas Möhrensaft mit einem Hauch Ingwer. Definitiv ernährte er sich hier gesund. Als er zurück zu seinem Platz ging, wurde er plötzlich von einem anderen Gast, der das Café verlassen wollte, angerempelt. Das Glas fiel ihm aus der Hand und zerbrach am Boden. Spock besah sich das Desaster der riesigen Pfütze für einen Moment. Sein Rempler hatte den Vorfall kaum mitbekommen oder sich einfach nicht dafür interessiert. Zumindest war er verschwunden. Mit einem stummen Seufzen ging Spock in die Hocke und begann die Scherben aufzulesen. Heute war jedoch eindeutig nicht sein Tag, denn im nächsten Moment blutete er aus einem breiten Schnitt an der Handinnenfläche. „Zeig mal her.“ Spock sah auf, als er angesprochen wurde und erkannte einen dunkelhaarigen Mann, der seine Hand musterte. „Es ist nur ein unglücklicher Kratzer.“ Sein Versuch die Situation runterzuspielen und den anderen aus seinem persönlichem Wohlfühlbereich abzuwimmeln, scheiterte leider. Denn der Kerl packte einfach mit den Worten „Ich bin Arzt“ sein Handgelenk und besah sich die Sache selbst. „Das sieht mir nicht gut aus“, murmelte er dann mit einem derart finsterem Blick auf das offene Fleisch, dass man Angst bekommen könnte, die Hand müsste deswegen gleich amputiert werden. „Es ist wirklich nicht-..“, setzte Spock mit einem nachdrücklichen Ton an, wurde jedoch direkt unterbrochen. Ein Verhalten an anderen Individuen, das er als extrem störend empfand. „Keine kluge Idee mit bloßen Fingern in Scherben zu packen“, beendete der Arzt den Satz und drehte den Kopf zur Theke. „Jim, ich brauch Wasser und einen Verband.“ Der Chef des Ladens, der die beiden bereits im Blick hatte und auch selbst dazugekommen wäre, hätte Bones die Sache nicht bereits in die Hand genommen, nickte und winkte beide zu sich. Die Geschäfte überließ er für den Moment seinen fleißigen Mitarbeitern. „Ich hab hinten eine Erste-Hilfe-Medizintasche.“ Hinter einer Tür grenzte noch ein Raum an, der sowohl als Lager, als auch als Küche und Aufenthaltsraum diente. Leonard setzte Spock, der seine stoische Maske zur Schau trug und keine Miene verzog, auf einen Stuhl und trat an einen Wasserhahn, um seine eigenen Hände zu reinigen. Dann nahm er ein feuchtes Tuch und kümmerte sich um das viele Blut an Spocks Hand. „Das war ein verdammter Mistkerl, der dich da erwischt hat.“ „Unfälle passieren nun mal. Obwohl ich Ihnen da Recht gebe.“ „Hochhalten, dann wird die Zirkulation langsamer“, gebot Leonard und suchte im Verbandskasten nach passenden Utensil. Jim beobachtete ihn bei seinem tun. Es war interessant zu sehen wie verändert McCoy war, sobald er in seinen Arzt-Modus geschaltet war und einen Patienten zu versorgen hatte. Sein Blick schien weniger griesgrämig, sein Ton milder und seine Handgriffe geübt, fast schon besorgt. Als wüsste er genau wie wertvoll das Leben war, um das er sich kümmerte. Spock bekam einen Verband an seine Hand. „Du hast Glück, dass es nicht so tief war um genäht werden zu müssen.“ „Auch das wäre sicher kein Problem gewesen“, erwiderte Spock nur, dem es ein wenig trivial vorkam um eine nicht mal stark verletzte Hand, was keinerlei lebensbedrohlich war, einen solchen Aufriss zu machen. Leonard schüttelte darüber nur den Kopf. „Bist du auf irgendwelchen Drogen? Schmerzmittel. Gras?“, fragte er und hob Spocks Kinn, um dessen Pupillen zu untersuchen. Jetzt wurde es dem Schwarzhaarigen dann doch zu viel und er schob Leonards Hand beiseite. „Ich danke Ihnen für Ihre Mühe und Ihre Behandlung, Doktor. Seien Sie versichert, dass es mir ansonsten ausgezeichnet geht.“ Er stand auf und rieb untersuchend über seine bandagierte Hand. Da damit alles soweit in Ordnung schien und auch keine weiteren Einwände mehr kamen, verabschiedete er sich mit einem kaum merklichen Kopfnicken und verließ den Behandlungsraum. Leonard sah ihm Kopf schüttelnd nach. „Unglaublich.“ Dann drehte er sich zu Jim. „Und du, dein Verbandskasten ist total veraltet.“ Der Blonde, der während der ganzen Zeit ungewöhnlich still gewesen war, zuckte mit den Schultern. „Wir haben hier nicht oft Notfälle“, meinte er und fügte hinzu: „Das sieht übrigens alles sehr professionell bei dir aus.“ „Ich bin Arzt“, wiederholte Leonard seine Aussage und machte sich eine gedankliche Notiz beim nächsten Mal wenn er herkam das Notfallequipment der Enterprise aufzustocken. Wenn er hier schon zu tun bekam, dass wollte er auch mit dem richtigen Material arbeiten. „Außerdem, was dachtest du denn, woher ich sonst frühmorgens herkomme?“, fragte er dann noch. Jim grinste. „Keine Ahnung. Vielleicht wolltest du ja deiner Ehefrau ausweichen.“ Sofort verfinsterte sich Leonards Gesicht. „Geschieden“, murmelte er in einem Ton, den niemand weiter nachfragen ließ. „Single“, meinte Jim dennoch daraufhin mit einem Zwinkern antworten zu müssen und ging wieder nach vorne. Er hatte im Vorfeld schon angeordnet, dass sich ein Angestellter um das Malheur kümmern sollte, sodass Spock bereits wieder auf seinem Platz sitzen konnte. Der Student bekam einen neuen Saft und der Doktor seinen Kaffee heute aufs Haus. Dafür steckte dieser seinen Geldschein in das Trinkgeldglas. Es war immerhin sein verdammter Job und er war an erster Stelle Arzt und als zweiter erst Kunde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)