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-Blauseide-

Schimmer des blauen Mondes
von
Koautor:  SirJacobFrye

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Süße Sachen

Langsam strich Lorell mit dem Tuch über das Fensterglas des Schaufensters. Befreite es so vom Staub der Straße, die vor seinem Laden verlief. Der morgendliche Verkehr war noch kaum wahr zu nehmen, was sich im Laufe des Tages natürlich ändern würde.

In geschwungenen Lettern stand auf einem großen Schild, oberhalb der Eingangstür, „Zuckerbäckerei Diamantentränen“.

Lorells Laden war klein, aber fein. Die Damen in dieser Stadt, nannten ihn auch gern romantisch und verspielt. Das entlockte dem Mann ab und an ein verlegenes Schmunzeln.

Unten hatte er den Verkaufsraum mit den Sitzgelegenheiten für die Kunden und der L-förmigen Theke, in deren Auslage verschiedenste Torten und Törtchen, Cupcakes, Kekse und Pralinen angepriesen wurden. Diese endete an einem Flur, der zur Backstube führte und weiter zum angrenzenden Lager. Die Stühle und Tische standen auf einem Podest gegenüber der Theke, so dass man die Leckereien, die Lorell anbot gut sehen konnte. Der Raum war in gold- und elfenbeintönen gehalten. Gerade Linien vermischten sich stilvoll mit verspielten Stuckornamenten und von der Decke hing ein Lüster aus Bleikristall, der je nach Tageszeit dem Raum einen anderen Schimmer gab, ohne die warme, einladende Atmosphäre zu verändern. Im hinteren Teil der Bäckerei waren die WC-Anlagen, sowie die Wendeltreppe, die nach oben in den privaten Wohnbereich führte.

Die Wohnung hatte eine offene Küche, die ins Wohnzimmer überging und an welches ein großer Balkon angrenzte, auf dem Blumen, drei Liegen und eine Sitzgarnitur Platz fanden.

Trat man aus dem Wohnzimmer heraus erkannte man, neben der Wohnungstür, vier weitere Türen, welche von dem langgestreckten Flur abgingen.

Am Anfang der Wohnung, links neben der Wohnungstür, war das Zimmer von Barell. Barell war der älteste seiner zwei Ziehkinder und mit seinen 16 Jahren gerade mitten im Rüpelalter, was nicht nur Lorell ab und an zu spüren bekam. In der Mitte befand sich das Bad mit Dusche und WC, so wie Waschmaschine und Trockner.

Daneben war Belials Zimmer. Belial war der Jüngere der Brüder und wo Barell laut und schrill war, war der kleine ruhig und geerdet. Belial war 14 Jahre alt und wenn Lorell Glück hatte, würde aus dem Jungen ein feiner, vornehmer Mann werden. Ähnlich wie es einst …

Die Abstellkammer war die dritte Tür und befand sich gleich neben dem Zimmer von Belial.

Ein kleiner Raum war da aber noch. Dieser war kaum größer als die Abstellkammer. Dies war Lorells Zimmer. Allerdings brauchte er auch nicht viel Platz. Nur sein Sarg und ein Schreibtisch mit samtüberzogenem Stuhl standen darin.

Ja richtig, ein Sarg.

Lorell war aber nicht etwa ein Grufti oder Satanist. Nein. Lorell war ein Vampir. Und das machte ihn besonders. Dennoch lebte er unter den Menschen, ohne dass diese es bemerkten.

Als er seine Arbeit erledigt hatte und die Sonne wieder ungehindert durch das Glas scheinen konnte, ging er hinein und schüttete das Wasser in den Ausguss.

Der Vampir war schlank und hatte Porzellanhaut. Rein und weiß. Dazu hatte er Türkisfarbene Haare, die ihm in langen gewellten Strähnen den Rücken hinab fielen und sein Gesicht umschmeichelten. Am liebsten trug er sie offen, doch da dies sein Beruf oft nicht zuließ, hatte er sich angewöhnt, sie in einem leichten Pferdeschwanz zusammen zu binden. Oft wurde er auf den zarten fliederfarbenen Hauch unter seinen Augen angesprochen, doch entgegen der allgemeinen Meinung der Menschen war dieser kein Make-up.

Wenn Lorell arbeitete trug er ein blütenweises Hemd, welches er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte, sowie eine schwarze Hose mit langer dunkler Schürze. Sein einziger Schmuck war das silberfarbene Kreuz, mit den eingesetzten Diamanten. Dies war sein wertvollster Besitz. Das Letzte was ihm von seinem einstigen Herrn geblieben war.

Als auf der Treppe schnelle Schritte zu hören waren, sah Lorell auf. Aus der Wohnetage stürzte ein junger Mann die Treppe herunter und versuchte im Laufen noch Hose und Hemd anzuziehen, während er sich die Schultasche unter den Arm geklemmt hatte. Die Haare waren zerzaust und wahrscheinlich noch ungekämmt.

"Ich komm zu spät!", quakte Belia. Die letzten Stufen der Treppe übersprang er einfach, was Lorell nicht so gern sah, immerhin war der Junge nur in Socken und lief so Gefahr auf den rutschigen Fliesen ausgleiten zu können.

Lorell schaute auf die Uhr.

"Bell, du hast noch eine Stunde Zeit", meinte er dann und der Junge stockte, gefror beinahe in der Bewegung.

Verwirrt sah er noch mal auf seine Uhr und warf die Tasche auf den Boden.

"Oh! Lorell! Er hat es schon wieder gemacht!", protestierte der Junge und sah Lorell um Hilfe suchend an. Und der Vampir wusste was gemeint war.

Barell hatte Belials Uhr wieder vor gedreht.

"Sieh es positiv mein Kleiner, so kannst du noch frühstücken. Setze dich. Ich mach dir etwas."

Widerwillig und schmollend setzte sich Belial an einen der Tische. Noch waren keine Gäste im Laden, weshalb Lorell ihm diese Ausnahme zugestand. Normalerweise aßen sie alle zusammen oben.

Der Vampir trat hinter die Theke und legte zwei Hörnchen, Brötchen und Belag auf zwei separate Teller. Geschickt brachte er diese zu Belial an den Tisch. In der anderen Hand trug er zwei Tassen mit süßer, dampfender, heißer Schokolade.

"Bitte schön und einen guten Appetit, mein Kleiner", sprach er, als er alles vor seinen Ziehsohn stellte.

"Danke Lorell ... Barell ist manchmal so ein Idiot!"

Lorell setzte sich zu ihm und strich ihm die Haare nach hinten, durchkämmte sie mit seinen langen Fingern und brachte sie so in eine einigermaßen duldsame Ordnung.

"Er ist eben dein großer Bruder....", versuchte der Vampir zu beschwichtigen, doch Belial schien sich nicht beschwichtigen zu lassen.

"Kann ich den nicht umtauschen?", moserte er mit vollem Mund und sah Lorell mit großen Augen an.

Der Vampir schmunzelte väterlich.

"Nein, aber wir bekommen das schon hin."

Barell aber erschien erst etwa eine dreiviertel Stunde später im Laden. Gähnend kratzte er sich am Hinterkopf und streckte sich genüsslich seufzend.

"Morgen", gähnte er mehr als er sprach. Er warf sich auf einen der Stühle, legte die Beine auf einen zweiten hoch, schnappte sich ein Hörnchen und knabberte an dem Teilchen herum. Belial funkelte ihn böse an, doch der große Bruder ignorierte ihn, nahm dann seine Tasche als er fertig gegessen hatte und warf seinem kleinen Bruder dessen Helm zu.

"Wir machen dann los", meinte er und sah zu dem Mann, der seit dem Verschwinden ihres leiblichen Vaters, ihnen diesen so gut es ging versuchte zu ersetzen.

"Fahrt bitte vorsichtig. Bis später."

"Ja, ja."

Der Vampir hatte Barell zum Geburtstag einen Roller geschenkt, allerdings unter der Bedingung, dass er Belial zur Schule mitnahm. Da beide auf dieselbe gingen, war das kein Problem.

Er sah den beiden noch durch das Fensterglas zu, wie sie auf den Roller stiegen und losfuhren.

"Sie werden so schnell groß...", wisperte er sehnsüchtig, als schon die ersten Kunden herein kamen und der Arbeitsalltag begann.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  vallendrael
2017-03-06T19:54:21+00:00 06.03.2017 20:54
Ich bin nicht so der Mensch für starke Exposition am Anfang einer Geschichte, auch wenn dadurch prinzipiell das Haus bereits beschrieben ist und es sicherlich LeserInnen geben wird, die sich merken können, wo welches Zimmer ist. Mir jedoch entfällt das meistens schon nach dem Satz, in dem es beschrieben steht, sodass ich es schöner fände, zuerst zu erfahren, wie die Charaktere miteinander interagieren und zueinander stehen. Wenn dann nach und nach die Beschreibung rein kommt, wenn sie wichtig wird, kann ich sie mir besser merken.^^ Die Beziehung wird gerade in der Szene, wie Barell Belial die Uhr vorgestellt hat, deutlich. Und wie Belial und Lorell unterschiedlich darauf reagieren. Dass Belial Barell bis auf ein böses Anfunkeln keine Konsequenzen spüren lässt, finde ich interessant, wo er sich doch zuvor sogar zu der Aussage hat hinreißen lassen, ihn austauschen zu wollen. Und Lorells Geduld und seine dadurch und durch die Gesten, wie er mit den beiden umgeht, ausgedrückte Liebe zu den beiden finde ich auch interessant. Etwas holperig finde ich die Stelle, in der Barell auch nochmal darauf eingeht, dass Lorell nicht ihr 'richtiger' Vater ist.
Was mich noch ein bisschen verwirrt, aber auch daran liegen kann, dass ich soetwas auf die Schnelle nicht gut erkenne, ist, welche Art des Erzählers du haben möchtest. Es wirkt auf mich wie eine Mischung aus personalem (Er-) Erzähler und allwissendem Erzähler. Der personale Erzähler ist zum Beispiel in der Szene vertreten, in der Belial die Treppe herunter gestürmt kommt und Lorell sich denkt, warum er zu früh dran ist. Der allwissende ist unter anderem dann vertreten, wenn quasi 'herausgezoomt' wird. Was besonders am Anfang stark hervor tritt, zum Beispiel in der Beschreibung des Hauses. Auch die Wendung des Erzählers an den Leser (z.B. bei "Ja, richtig, ein Sarg.") spricht eher für einen allwissenden Erzähler. Natürlich ist es nicht verkehrt, mehrere Erzählertypen zu haben, mich jedoch verwirrt das ein wenig. Je nachdem auch, mal wieder, was du erreichen möchtest. Wenn natürlich diese Verwirrung dein Ziel ist, weil man dadurch die Geschichte intensiver lesen soll, ist es natürlich gut.^^° Dann wiederum steht zumindest bei mir dagegen der Kontrast, dass mich die rein sachliche Beschreibung des Hauses und am Anfang auch von Lorells Aussehen etwas langweilt (wie gesagt, ich kann mich an sowas wenig begeistern). A propos Beschreibung des Aussehens; dieses hast du ja schon im Prolog angerissen, da frage ich mich, welchen Zweck es hat, das hier noch einmal aufzugreifen? Dagegen werden Barells und Belials Aussehen gar nicht beschrieben. Das gefällt mir zwar besser, weil ich mich so eher auf das Geschehen konzentrieren kann, aber gerade im Vergleich zur 'Überpräsenz' von Lorells Beschreibung seltsam.
Was offen geblieben ist, ist, warum Lorell im Sonnenlicht stehen kann, obwohl er ein Vampir ist. Gerade in der sachlichen Beschreibung am Anfang hätte ich mir da eine Erklärung gewünscht. Andererseits weckt das eventuell bewusste Weglassen dieser Erklärung in mir die Vermutung, dass irgendein spezieller Grund dahinter steckt, der erst im Laufe der Geschichte aufgenommen werden soll. Und dass es irgendetwas Großes ist.
Was mich auch etwas wundert ist, dass es anscheinend Zeit für die beiden Jungs ist, in die Schule zu gehen, aber noch keine Kunden kommen. Gibt es nicht die eine oder andere Mutter oder den einen oder anderen Vater, der seinen Kindern frische Brötchen vor der Schule holt? Oder einen Angestellten, der auf dem Weg zur Arbeit noch schnell ein Frühstück möchte?
Ich mag den Namen 'Diamantentränen'. Das fügt sich gut zu der Stimmung des Prologs ein, die irgendwie wunderschön aber auch traurig ist. Ich vermute, dass die Geschichte nach dem Tod von Dante spielt und der Name von Lorells Bäckerei auf eben diesen Verlust anspielt.
Insgesamt gibt das Kapitel einen schönen Einblick in das Alltagsleben von Lorell. Ich erwarte also in den nächsten Kapiteln, dass 'Plot' auftaucht, also ein Konflikt offenbar wird, der über das Alltägliche hinaus geht und einen Hinweis darauf gibt, wohin die Geschichte gehen soll.
Ich finde die beiden Jungen sympathisch, auch wenn Barell wohl wirklich ein Rüpel ist, aber dennoch ein liebenswerter.^^ Irgendwie macht er den Eindruck, dass er einfach nur in dieser Phase gerade ist, aber daraus wachsen wird.
Von:  SirJacobFrye
2016-08-03T16:26:58+00:00 03.08.2016 18:26
Auch ich freue mich auf mehr. ^^
Du weißt, ich bin bereit gern weiter zu machen und dir zu helfen. ^^
Hach ich freu mich. ^^

Von:  Scorbion1984
2016-08-03T14:32:16+00:00 03.08.2016 16:32
Tolle Geschichte ,frei mich auf die Fortsetzung !
Antwort von:  DameEvieFrye
03.08.2016 19:12
Danke für den Kommi^^
Ich beeile mich auch mit dem nächsten Kapitel^^


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