Coming Home von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 1: ----------- And though we cry, We must stay alive.   Mumford & Sons: „Hot Gates“ aus Wilder Mind.   1.   Tsunade nickte, schüttelte ungläubig den Kopf und nickte wieder. Kakashi verstand, weswegen ihre Reaktionen so widersprüchlich waren. Das, was er ihr gerade erzählt hatte, klang, als wäre es einem Albtraum entsprungen. Oder mehreren. Kaguya, die schwarze Zetsu-Masse, Obito, und schließlich Sasukes irrwitziger Plan. Er hatte das Gefühl, ihr versichern zu müssen, sich nichts davon ausgedacht zu haben. „Was Sasuke betrifft, sollten wir das erst einmal für uns behalten“, ergänzte er und erntete ein zustimmendes Nicken der Anwesenden. Sakura und er hatten Naruto und Sasuke wieder zurück zu den Anderen auf das Schlachtfeld gebracht, wo unter Tsunades Order bereits in Windeseile ein improvisiertes Lazarett aufgestellt worden war. Der Krieg war vorbei, das Genjutsu aufgelöst, aber es blieben unzählige Verletzte, die versorgt werden mussten. Neben unzähligen Gefallenen, die geborgen werden mussten. Beim Anblick des mitgenommenen Team Siebens ließ Tsunade schnell einen abgetrennten Bereich im Lazarett errichten und sie dort hineinbringen. Nun kniete Sakura erschöpft zwischen einem sich stur wachhaltenden Sasuke und einem bewusstlosen Naruto. Ihre Verletzungen waren schlimm, ihr Blutverlust dramatisch, aber, so versicherte Tsunade Kakashi, sie würden es schaffen. Sai war irgendwann, während Kakashi der Hokage Bericht erstattete, hinzugekommen. Unsicher, ob er bleiben durfte, erklärte Kakashi ihm, dass er als Mitglied des Teams die Geschichte mitanhören sollte. „Na schön“, sagte Tsunade schließlich und wandte sich Kakashi zu, der allmählich sichtbar Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. „Immerhin hat dein Team die ganze Sache ohne Verlust überstanden.“ Ihr Satz traf Kakashi wie einen Blitzschlag. Nein, sein Team war nicht vollzählig, sie hatten einen Verlust erlitten. Aber es war zu bitter, es auszusprechen, er schaffte es nicht, Tsunade auf ihren Fehler hinzuweisen. Er hatte einen Kameraden im Stich gelassen. Schlimmer noch, denn dieser ganze Krieg und alles, was zuvor geschehen war, lag ebenso in seiner Verantwortung. Während all dieser Wahnsinn geschehen war, hatte Kakashi kaum einen Gedanken an das Schicksal desjenigen verschwendet, der verloren gegangen war, bevor der eigentliche Kampf begonnen hatte. Nun jedoch, wo Obito wieder fort war, traf ihn die Erinnerung an den vermissten Kameraden wie ein plötzlich einsetzender Fieberschub. „Tsunade-sama, das stimmt nicht“, unterbrach Sai Kakashis finstere Gedanken. „Yamato-taichou fehlt.“ Tsunades sowieso schon nicht erfreuter Blick wurde noch resignierter. „Ich weiß. Aber wir haben nicht einmal einen Anhaltspunkt, wo er sein könnte. Sobald ich einige Leute zusammen habe, die einsatzbereit sind, werde ich nach ihm suchen lassen.“ Sie schaute zu Kakashi und zögerte beim Anblick seines sorgenvollen Ausdrucks. „Ich denke, wir sollten vorsichtig damit sein, uns noch Hoffnung zu machen, dass-“ „Von wem redet ihr?“ Sasukes Stimme klang schwach und seine Augenlider schlossen sich immer wieder. „Yamato-taichou“, erklärte Sakura mit müder Stimme. „Du hast ihn auch schon mal gesehen. Damals, als wir dich zum ersten Mal gefunden hatten. Er gehört zu unserem Team.“ Sasuke überlegte kurz. „Brünett, seltsames Stirnband, Mokuton?“ „Ja, das passt irgendwie als Beschreibung“, bestätigte die Kunoichi. „Den habe ich gesehen.“ „Was?!“ Tsunade starrte den Uchiha fassungslos an. Kakashi tat es ihr gleich, aber war unfähig, etwas zu sagen. „Wann? Wo?“ „Als wir uns unter meinem Susanoo versteckten und das Genjutsu begann. Er fiel aus diesem Zetsu mit dem merkwürdigen Spiralgesicht.“ Sakura und Tsunade tauschten erschrockene Blicke aus, während Kakashi für ein paar Momente vergaß, zu atmen. „Was für ein Zetsu? Was meinst du?“, fragte er irritiert nach. „Das kann nicht sein“, hauchte Sakura entgeistert. „Es ergibt Sinn“, murmelte Tsunade ebenso schockiert. „Der Zetsu wandte das Mokuton unheimlich geschickt an. Das hat mich die ganze Zeit gewundert. Aber warum sollte Yamato …?“ „Ich denke nicht, dass er uns angreifen wollte. Nein, das kann ich mir nicht vorstellen“, entgegnete Sakura. „Der Feind muss ihn dazu gezwungen haben.“ Da Kakashi seine Frage lautstark wiederholte, fasste Sakura ihm kurz die Begegnung mit dem unheimlichen Zetsu zusammen. Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Ich bin mir sicher, er würde uns nicht angreifen. Yamato würde so etwas nie tun.“ Determiniert blickte Kakashi zu Sasuke, der langsam in den Schlaf driftete. „Wo hast du ihn gesehen?“ „Etwa 800, 900 Meter südwestlich von hier.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte Kakashi sich um und steuerte den Ausgang an. „Warte mal“, stoppte Tsunade ihn. „Wo willst du hin?“ Seine Antwort bestand lediglich in einem Blick, der ihr sagen sollte: Das fragst du noch? Die Hokage verstand, war allerdings trotzdem nicht einverstanden. „Du bist zu erschöpft. Ich werde jemand anderen schi- … Kakashi!“ Ihr wütender Einwand half nicht. Er hatte längst seinen Weg fortgesetzt. Empört schüttelte sie den Kopf. „Sai, kannst du ihn begleiten?“ „Natürlich.“ Der dunkelhaarige Shinobi machte eine knappe Verbeugung und ging schnellen Schrittes dem Anderen hinterher.   Kakashi störte sich nicht daran, dass Sai ihm folgte. Im Gegenteil. Es war beruhigend, Sai dabei zu haben, denn momentan war er sich nicht sicher, ob er die Distanz, die Sasuke genannt hatte, noch schaffen würde. Jede Faser seines Körpers schmerzte, jeder zweite Schritt drohte, in ein Stolpern abzugleiten und er hatte große Mühe, etwas zu sehen, da ihm ständig schwarz vor Augen wurde. Nein, sein Körper war nicht für zwei Sharingan und ein Susanoo geschaffen. Und dies merkte er nun bei jedem qualvollen Schritt. Doch auch wenn er nur langsam voran kam, Kakashi hatte es sich in den Kopf gesetzt, Yamato zu finden. Er konnte sein Versäumnis, den Anderen nicht schon längst gerettet zu haben, nicht mehr rückgängig machen. Aber verdammt, er wollte ihn nun finden! Von Weitem erblickte Kakashi die riesige Holzstatue, die Sakura in ihrem kurzen Bericht erwähnt hatte. Sein sichtbares Auge weitete sich maßgeblich beim Anblick des gewaltigen Gebildes. Zu so etwas sollte Yamato in der Lage sein? Er signalisierte Sai, rechts um die Statue zu gehen, während er selbst den Weg linker Hand abschreiten wollte. Sein Herz übersprang einen Schlag, als Kakashi im Schatten der hölzernen Statue eine zusammengekauerte Gestalt sitzen sah. „Tenzou!“ Yamato hatte seine Arme um seine Knie geschlungen und blieb regungslos sitzen, auch als Kakashi sich näherte. Der geistesabwesende Blick des jüngeren Shinobi verriet, dass er gedanklich nicht an diesem Ort war. „Yamato!“, versuchte Kakashi, nachdem sein erster Ruf scheinbar ungehört verhallt war. Immer noch keine Reaktion. Mit wachsender Beunruhigung überlegte er, ob er auch noch „Kinoe“ versuchen sollte, doch diesen Namen wollte er nicht benutzen. Endlich bei Yamato angekommen, kniete Kakashi sich neben seinen Kameraden und war nun nah genug, um zu hören, dass der Jüngere unzusammenhängende Sätze murmelte. „Ich versteh das nicht … gerade war doch noch … Konoha … nein, das hier ist nicht Konoha … wo bin ich dann? Das war … Sandaime? Das kann nicht ...“ „Yamato“, sagte Kakashi hörbar beunruhigt. Er packte ihn an den Schultern, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch Yamato sah ihn nur geistesabwesend an. „Ich bin es, Kakashi.“ Er hielt die Schultern des Anderen fest und rüttelte ihn sanft. „Kakashi. Erkennst du mich?“ Langsam, sehr langsam klärte sich sein Blick. „Kakashi-sempai??“ Yamato starrte das fremdartig anmutende Stirnband seines Gegenüber an und ließ seinen Blick mit wachsendem Horror über Kakashis blutverschmierte Weste wandern. „Der Krieg!“, rief er plötzlich aus, während Sai sich von der anderen Seite näherte, aber unbeachtet blieb. „Der Krieg! Was ist mit dem Krieg?! Naruto! Was ist mit Naruto?! Bist du in Ordnung, Sempai?!“ Yamato krallte sich an Kakashis Armen fest. „Ich bin in Ordnung, der Krieg ist vorbei, Naruto geht es gut.“ Beim letzten Punkt traf Kakashis Auge auf Sais fragende Miene und er hoffte, dass der Junge verstand, warum die Wahrheit hier nichts zu suchen hatte. „Der Krieg ist vorbei? Naruto geht es gut. Naruto geht es gut“, wiederholte Yamato nach wie vor unter Schock stehend. „Es tut mir so leid, es tut mir so leid. Ich habe versagt. Ich habe alle in Gefahr gebracht.“ „Nicht doch.“ Kakashi schüttelte den Kopf. „Du hast nichts falsch gemacht. Es ist alles in Ordnung.“ „Kabuto! Ist Kabuto tot?“ Der Älteste der drei Anwesenden tauschte erneut einen Blick mit dem Jüngsten aus, ehe er antwortete. „Von Kabuto geht keine Gefahr mehr aus.“ Yamato erlaubte es sich nach dieser Antwort, kurz durchzuatmen, ehe er erneut etwas erschrocken ausrief: „Madara! Was ist mit Madara?!“ „Der ist tot.“ Verbittert dachte Kakashi daran, dass Yamato Madara tatsächlich nie begegnet war. „Yamato, woran kannst du dich erinnern?“ Yamatos Blick wurde wieder ein wenig wirrer, als er versuchte, sich zu erinnern. „Kabuto … Kabuto hat mich entführt. Da war Madara … es tut mir so leid, ich habe so viel verraten! Sie brauchten mich für Zetsus … so viele von denen! Und dann ...“ Er stockte und krallte seine Finger noch fester in die Arme seines Sempais. „Dann war da der Sandaime. Das kann doch gar nicht sein. Wo sollte der Sandaime …? Plötzlich konnte ich mich nicht mehr bewegen und dann … dann war ich wieder in Konoha. Und jetzt wieder hier. Da war dieses Ding.“ Er deutete mit seinen Augen nur leicht in eine Richtung. „Ich weiß nicht, was das war, es ist zerfallen.“ Kakashi erlaubte sich selbst, innerlich auszuatmen. Yamato schien es gar nicht mitbekommen zu haben, was mit ihm im Kampf geschehen war. „Es ist vorbei. Alles wird wieder gut.“ Sagte er dies zu seinem am ganzen Körper zitternden Kameraden oder zu sich selbst? „Wir bringen dich zu Tsunade, in Ordnung?“ Erst jetzt, als Sai mithelfen wollte, Yamato vom Boden aufzuhelfen, wurde er von diesem bemerkt. „Sai! Sai! Geht es dir gut? Bist du verletzt?“ „Ich bin unverletzt, Yamato-taichou.“ Sie hoben ihn hoch und griffen ihm unter die Arme, um ihn zu stützen, da er von selbst nicht stehen blieb. Kakashi war nun umso erleichterter, Sai dabei zu haben. Dies hätte er alleine nicht mehr bewerkstelligen können. „Sakura!“, rief Yamato aus, als sie sich auf den Weg gemacht hatten. „Was ist mit Sakura?“ „Ihr geht es auch gut“, antwortete Kakashi mit steigendem Unbehagen über Yamatos Zustand. „Und Naruto geht es wirklich gut?“ „Selbst Sasuke ist wieder da“, erläuterte Kakashi. „Selbst Sasuke? Genau wie in … warum war ich in Konoha? Ich war in Konoha.“ Kakashi wusste nicht, was er dazu sagen sollte, wie er ihm erklären sollte, dass er in einem Genjutsu gefangen gewesen war. Dass Obito die Welt wegen seines Fehlers ins Verderben hatte schicken wollen und dass sie gegen ein Alien gekämpft hatten. In diesem Moment wusste Kakashi nur, dass Yamato nichts davon wissen sollte, was mit Naruto und Sasuke passiert war, wie viel Leid es durch die Zetsus gegeben hatte, dass er von einem Zetsu auf das Schlachtfeld geführt worden war und dass nicht nur Kabuto frei herum lief, sondern auch Orochimaru wieder lebte. Mittlerweile waren sie im Lazarett angekommen und Sai fragte, ob sie ihn zu den anderen bringen sollten. „Nein“, antwortete Kakashi angespannt, als er sah, wie Yamatos Schock angesichts der vielen Verletzten schlimmer wurde. „Wir bleiben hier. Hol schnell Tsunade und sag ihr, was los ist.“ Sie legten ihn behutsam auf dem Boden ab, wo Kakashi neben ihm knien blieb, denn er schaffte es nicht mehr, aufzustehen. Sai lief los und kam kurz darauf mit Tsunade wieder. „Tsunade!“, entfuhr es Yamato, als er sie erblickte. „Es tut mir so leid! So leid! Ich ...“ Der Rest ging in einem elenden Schluchzen unter. „Mach etwas. Bitte“, forderte Kakashi sie nervös auf. Die Hokage zog eine Spritze aus einem kleinen Fläschchen auf. „Ich kann ihn hier nur grob untersuchen. Zum richtigen Durchchecken müssen wir ihn wie alle anderen nach Konoha bringen.“ Sie setzte Yamato die Injektion und keine zwei Sekunden später wurde er bewusstlos. Kakashi atmete laut aus. „Kümmere dich um ihn, ja?“ „Was hast du denn jetzt schon wieder vor?“, fragte sie erbost. „Nichts. Ich werde nur ohnmächtig.“ Geradeso hatte er den Satz beendet, als er zu Boden fiel und nur dank Sais schneller Reaktion nicht auf dem harten Boden aufschlug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)