Dead Inside von Kitty_cat (Sasu/Saku) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Dunkelrot tropfte es mit einen leisen Plopp zu Boden. Verfärbte den weißen Fliesenboden blutrot, genau wie die anderen Tropfen vor ihm es schon getan hatten. Ein weiteres Plopp, das kaum zu vernehmen, doch trotzdem so laut in mein Innerstes hallte, dass ich leicht erschauderte. Fasziniert beobachtete ich weiter das rinnende Blut, wie es sich seinen Weg an meinen Handgelenk bahnte und sich dann zu einen weiteren Tropfen sammelte, der wie seine vielen Vorgänger sich von meiner Haut abperlte und zu Boden tropfte. Plopp. Ich folgte ihn mit den Augen und sah zu wie er am Boden in tausend kleine Teile zersprang. Fast wie Glas das zu Bruch ging. Leicht drehte ich mein Handgelenk, um in einen anderen Blickwinkel meinen Lebenssaft dabei zuzuschauen, wie es von meiner Haut herunter tropfte. Ich wusste nicht wie lange ich schon hier in meinem viel zu kleinen Bad bewegungslos saß und mich mit dem Rücken an der Badewanne anlehnte. Ich hatte komplett mein Zeitgefühl verloren. Doch das machte nichts. Es war egal wie lange ich hier saß, niemand würde mich vermissen oder gar suchen. Ich war allein. Ein Außenseiter. Ein Niemand. Keiner schenkte mir Beachtung oder nahm mich wahr. Ich war wie ein Schatten und das war gut so. Ich brauchte niemanden der mir was vor heuchelte und mir das Blaue vom Himmel herunter versprach. Ich wusste doch in Vorhinein dass er es nicht ernst meinte. Irgendwann würden sie sich alle eh wieder von mir abwenden und ich war wieder allein. Doch es war gut so. Ich war gern ein Einzelgänger. Ich brauchte niemanden. Trotz dieser Gedanken saß ich wieder mal hier und öffnete erneut mit einer scharfen Rasierklinge die kleine Wunde an meinem Handgelenk, die aufgehört hat zu bluten, weil es in der Zeit wo ich wie in Trance meinen Lebenssaft zugesehen hatte wie es aus diesem kleinen Schnitt,- der meine blasse Haut verunstaltete-, wieder zu einer Kruste getrocknet war. Doch dies ließ ich nicht zu. Ich wollte noch mehr von dieser roten Flüssigkeit sehen und mich vergewissern, dass ich noch lebte. Ich hieß den süßen Schmerz willkommen und ein kleines freudloses Lächeln erschien auf meinen Lippen, als erneut das Blut aus der Wunde perlte und die Spuren des getrockneten Blutes meinen Arm hinunter folgte. Ich spürte keine Schmerzen. Nicht den pochenden und stechenden Schmerz an meinem Handgelenk der eigentlich unerträglich sein sollte. Ich spürte nichts. Plopp. Erneut beobachtete ich mit Emotionslosen Gesichtsausdruck wie der nächste Tropfen zu Boden fiel. Wieder für mein Gehör unnatürlich laut, so als wollte er mir irgendwas sagen. Warum spürte ich keine Schmerzen? Warum saß ich hier und beobachtete wie mir das Leben meinen Arm hinunter floss? Immer und immer wieder? Wieso tat ich nichts dagegen? Ganz einfach. Ich spürte nichts. Kein Gefühl regte sich in mir, während meine Augen den nächsten Tropfen auf seiner kurzen Reise verfolgte. Ich spürte keine Schmerzen. Ich war… Innerlich Tod! --------------------------------------------- Ich fühle mich tot, tief in mir drin, nur der Schmerz lässt mich wissen, dass ich noch am Leben bin. Kapitel 1: Wunder Punkt ----------------------- Lautes Klingeln ließ mich aufhorchen. Mein Blick glitt von meinem immer noch blutenden Handgelenk zur geschlossenen Tür meines Badezimmers. Wer konnte das sein? Ich erwartete zumindest keinen Besuch. Ohne Anstalten zu machen mich zu bewegen und nachzuschauen wer meine Ruhe störte, lauschte ich nur in die darauf folgende Stille meiner kleinen doch gemütlichen Zweieinhalb-Zimmer Wohnung. Vielleicht war es nur ein Vertreter der mir irgendeinen Quatsch aufdrängen wollte um mich von irgendwas zu überzeugen das ich unbedingt kaufen, spenden oder einen nichtsnutzigen Abo-Vertrag zustimmen sollte von dem wir beide wussten dass ich da nicht mehr so leicht heraus kommen würde. Ich hatte kein Interesse an solchen banalen Dingen. Vielleicht war es aber auch ein Zeuge Jehovas, der mir göttliche Weisheiten herunter ratterte und in allen Ernstes glaubte, mich von seinen Krankhaften Glauben zu überzeugen. Solchen Leuten klatschte ich immer gleich die Tür vor der Nase zu, wenn sie mal Glück hatten das ich überhaupt an die Tür ging. Viel lieber ließ ich es einfach klingeln und ignorierte den Fakt, dass sich einer an meine Haustür verirrt hatte. Ich erwartete ja schließlich niemanden, also sollten sie mich auch verdammt noch mal in Ruhe lassen und sich dorthin verpissen wo sie her gekommen waren. Ich hatte mich gerade wieder meinen Handgelenk gewidmet und die bereits wieder leicht getrocknete blutrote Kruste erneut mit der Rasierklinge geöffnet, als wieder das laute Klingeln meiner Haustüre ertönte, gefolgt von energischen Klopfen. Es war also kein schmieriger Vertreter oder ein nerviger Zeuge Jehovas, die sich eigentlich gleich wieder zum Teufel scherten, wenn sie begriffen dass ihnen keiner öffnete. Fragend runzelte ich meine Stirn. Wer stand dann bitte vor meiner Tür, klopfte und klingelte abwechselnd wie ein Gestörter? „Sakura! Mach schon auf! Ich weiß genau dass du da bist!“ Genervt aufstöhnend verdrehte ich kurz meine Augen. Was machte die denn hier? Wiederwillig erhob ich mich langsam und hielt kurz das Gesicht verziehend inne weil meine steif gewordenen Glieder protestierten. Als die Taubheit in meinen eingeschlafenen Beinen langsam wieder verschwand machte ich mich mit lustlosen Schritten auf den Weg zu dem Störenfried der meine Haustür und Klingel terrorisierte. Mit einem gleichgültigen Blick öffnete ich die Tür und sah zu meinen ungewollten Besucher. „Was willst du hier?“ Eine Platinblonde junge Frau stand vor mir und sah mich aus ihren Babyblauen Augen, die einen leichten Grünstich hatten vorwurfsvoll an. Kokett warf sie ihre langen Haare die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte und ihr bis zu ihren Hintern reichten über ihre Schulter. „Darf man nicht seine Freundin besuchen und kucken wie es ihr geht?“ Freundin? Wer? Ich? Ich konnte mich nicht daran erinnern dass wir Freunde waren. Dies zeigte ich ihr mit meinen Blick. „Wie du siehst geht es mir gut. Also kannst du wieder gehen!“ „Hey jetzt warte doch mal!“ Die Frau die wie eine zur Leben erwachte Barbiepuppe aussah, hielt die Tür mit ihrer Hand auf, die ich vor ihrer Nase gerade wieder schließen wollte. Finster sah ich sie an. Meine stumme Warnung eindeutig. „Ino…", begann ich bedrohlich, wurde aber von ihr unterbrochen. „Ich bin nicht hier her gekommen um mir die Tür vor der Nase zu klatschen zu lassen!“ brauste sie auf und schob die Tür noch ein wenig weiter auf. Mein Blick verfinsterte sich noch mehr. Kapierte sie nicht, dass sie hier unerwünscht war? Ich wollte meine Ruhe haben! Wie oft musste ich es ihr denn noch sagen? Doch anscheinend prallte das alles an ihr ab wie an einer Steinmauer, weil sie es immer und immer wieder versuchte. „Verschwinde.“ Wieder machte ich Anstalten die Tür zu schließen, doch Ino warf sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen. Was verdammt noch mal war ihr verfluchtes Problem? Ich wollte nichts mit ihr zu tun haben, was war daran so schwer zu verstehen? „Sakura jetzt stell dich… Hey was hast du da?“ Mit großen Augen sah sie auf mein rechtes Handgelenk, das immer noch blutete und den Boden voll tropfte. „Das ist nichts.“ meinte ich mit gereizter Stimme als ich meinen rechten Arm hinter meinen Rücken versteckte und ihr so den Blick darauf verwehrte. Ino ließ sich damit aber nicht abspeisen. Das sah ich an ihren Blick. „Dass sah aber nicht nach nichts aus“, fauchte die Blonde nun aufgebracht, als sie sich nun ganz Zutritt zu meiner Wohnung verschaffte und ungefragt nach meinen Arm griff. Ich konnte nichts machen um sie aufzuhalten. Nicht mal zum Protestieren hatte ich Zeit. „Oh mein Gott! Dass muss sofort behandelt werden“, rief sie geschockt als sie meine aufgeschnittene Wunde sehr nah an meiner Pulsschlagader war, sah. Tief hatte ich nicht geschnitten, ich wollte schließlich ja noch nicht abdanken. Zumindest jetzt noch nicht. „Geht dich nichts an“, knurrte ich in einen giftigen Ton, als ich ihr meinen Arm wieder entriss. Ich hatte absolut kein Interesse an ihrer Hilfsbereitschaft und noch weniger brauchte ich ihr Mitleid. „Um Himmels willen Sakura! Ich werde mich nicht von der Stelle bewegen, bis die Wunde nicht behandelt ist!“ Wir lieferten uns ein kleines Blickduell und ich musste seufzend einsehen, dass sie mir so lange auf die Nerven gehen würde, bis sie ihren Willen bekommen hatte. Wiederwillig gab ich nach. „Na schön!“ Ino grinste breit über ihren Sieg, als sie fröhlichen Schrittes meine Haustür hinter ihr schloss und mich auffordernd ansah. „Also, wo ist dein Verbandskasten? Im Bad?“ Entsetzt sah ich zu wie sich die Blonde in Bewegung setzte und sich in die Richtung drehte wo sie das Bad vermutete. Sie durfte auf keinen Fall ins Bad. Denn dann würde sie das Blut auf den Boden und die Rasierklinge auf den Rand der Badewanne entdecken. Selbst ein dummer würde drauf kommen, wie ich zu dieser Wunde gekommen war. Auf keinen Fall wollte ich, dass Ino heraus fand, dass ich mich selber und mit voller Absicht verletzt hatte. Es ging sie nichts an. Keinem ging es etwas an und auf die Fragen die danach mit hundert Prozentigkeit kamen, konnte und wollte ich verzichten. „NEIN“, rief ich etwas lauter als beabsichtig und Ino hielt erschrocken in ihrer Bewegung inne. Mit großen Augen sah sie mich an, als sie sich halb zu mir drehte, doch Schuldgefühle für meinen kleinen Ausbruch hatte ich keine. „Der Verbandskasten ist in der Küche! Im kleinen Fach über den Kühlschrank hab ich meine Hauseigene kleine Apotheke“, erklärte ich kurz und wieder in bewusst normalen Ton und Ino drehte sich sofort in Richtung Küche. „Ach so. Aber deswegen musst du nicht gleich schreien“, tadelte sie mich leicht, was ich aber ignorierte. Je schneller sie mir meine Wunde verband umso schneller konnte ich sie wieder aus meiner Wohnung schmeißen. Während Ino sich durch den Schrank wühlte auf der Suche nach Verbandszeug ließ ich mich auf den einen der zwei Stühle an meinen kleinen Esstisch fallen und wandte meinen Blick aus dem Fenster raus. Viel sehen tat ich zwar nicht, da ich im zweiten Stock des Mehrfamilienhauses wohnte, doch es war besser, als Ino dabei zuzuschauen wie sie sich durch meinen Schrank wühlte. „Okay, ich bin so weit.“ Flüchtig sah ich zu der zuversichtlich grinsenden Blonden und wortlos hielt ich ihr mein rechtes Handgelenk hin um ihre Arbeit machen zu lassen. Ino setzte sich auf den zweiten Stuhl und griff nach meinem Handgelenk. Als sich ihre schmalen Finger mit den perfekt manikürten Fingernägel um mein Fleisch etwas fester schlossen, zuckte ich kurz zusammen. Verdammt noch mal das tat doch weh. „Aua“, fauchte ich sie zischend an und wollte ihr mein Handgelenk wieder entziehen, doch Ino hielt mich fest. „Halt gefälligst still“, forderte sie mich nicht minder gereizt auf und murrend gab ich wieder nach. Ino besah sich erst genauer die Wunde, ehe sie anfing sie behutsam zu säubern um mir dann einen Druckverband anzulegen. „Weißt du, du könntest ruhig öfter mit mir reden! Ich meine wenn du irgendwelche Probleme hast und so“, begann sie leise und sie schielte kurz zu mir hoch, doch ich fand meine kleine rote Küchenzeile im Moment interessanter. Ich wusste was Ino da gerade versuchte, doch ich würde mich auf ihren Small Talk nicht einlassen. Wann verstand sie endlich dass ich mit niemanden was zu tun haben wollte? Sie war die erste und einzige die mir wirklich hartnäckig hinterher lief und mir teilweise schon auflauerte. Sei es Privat oder in der Uni. Ich trat ihr mit Misstrauen entgegen. Schließlich wollte sie mich genauso verarschen wie all die anderen auch. Ich konnte ihre Hartnäckigkeit nicht nachvollziehen. Was wollte sie eigentlich von mir? Schon oft hatte ich sie beleidigt, bloßgestellt, ignoriert, abblitzen lassen und sie probierte es immer und immer wieder. Ich verstand sie einfach nicht. Worauf war sie aus? Sie sagte, wir seien Freunde. Doch ich konnte mich nicht daran erinnern ihr einen Anlass gegeben zu haben, mit mir eine Freundschaftliche Bindung aufzubauen. Warum sagte sie dass dann immer wieder. Freunde. Das waren wir mit Sicherheit nicht. Bekannte ja, Freunde auf keinen Fall. Zumindest von meiner Sicht aus. Ino sah dass natürlich ganz anders. Schon damals als wir unser Studium für allgemein Medizin angefangen hatten versuchte sie es schon seit erster Sekunde wo sie sich einfach neben mich gesetzt hatte, eine Freundschaftliche Bindung zu mir aufzubauen. Jetzt kamen wir schon ins zweite Semester und sie versuchte es immer noch. Bis jetzt hatte ich sie erfolgreich abgeblockt, hatte meine schützende Mauer um mich aufgebaut um nicht wieder von jemandem verletzt zu werden. Hatte es die Blonde jedoch abgeschreckt? Natürlich nicht. Sonst würde sie ja jetzt nicht vor mir sitzen. „Wie ist das passiert?“ Sie gab einfach nicht auf. „Bin mit dem Küchenmesser abgerutscht als ich mir einen Apfel schneiden wollte.“ Log ich ohne rot zu werden und Ino zog ungläubig eine ihre perfekt gezupfte Augenbraue nach oben. Es war mir egal ob sie mir glaubte oder nicht. Es war mir auch egal was sie darüber dachte. Sie sollte sich lieber beeilen, damit ich sie wieder raus schmeißen konnte. Natürlich bemerkte ich ihren umherschwirrenden Blick durch den Raum um zu überprüfen ob ich die Wahrheit sprach. Wie es der Zufall so wollte lag tatsächlich noch das Küchenmesser und die Hälfte von den Apfel den ich mir vorhin tatsächlich zurecht geschnitten hatte auf der Küchenzeile. Inos Blick klebte kurz an der besagten Stelle, ehe sie sich wieder auf mein fast fertig einbandagiertes Handgelenk richtete. „Du solltest vorsichtiger sein. Es ist zwar eine oberflächliche Wunde, aber es hätte schlimmer kommen können!“ Was sie nicht sagte. Ich wusste selber über die Risiken bescheid. Ich studierte ja genauso wie sie Medizin und wusste deshalb bestens Bescheid. Ich spürte ihren Blick auf mir. Sie wartete wohl auf meine Antwort. „Das nächste mal werde ich besser aufpassen!“ Misstrauisch zog sie eine ihrer Augenbrauen etwas hoch. Sie glaubte mir wohl nicht ganz, weil ich so sorgenfrei geantwortet hatte. „So was nimmt man nicht auf die leichte Schulter, Sakura. Dass müsstest du auch am besten wissen!“ Genervt verdrehte ich meine Augen und seufzte auf. Sie benahm sich schon fast wie eine Mutter, die versuchte mir was vorzuschreiben. So was konnte ich gar nicht ab. „Bist du fertig mit deiner Predigt? Wenn ja dann kannst du ja jetzt wieder gehen!“ Ino verengte nur leicht ihre Augen, als sie den Rausschmiss aus meinen Worten heraus hörte. Missbilligend schürzte sie ihren vollen und mit viel zu viel Lipgloss bemalten Mund und dachte gar nicht daran sich zu bewegen. „Ich versteh dich einfach nicht. Was hast du für ein verdammtes Problem? Warum blockst du jedes Mal ab, wenn ich mit dir reden möchte?“ Sie klang wütend und auch leicht verzweifelt, doch dies prallte an mir ab wie die Regentropfen, die auf ihrer kurzen Reise schließlich gegen ein hartes unnachgiebiges Fenster knallten. Emotionslos sah ich ihr stumm in die Augen. Schweigen breitete sich zwischen uns aus, was ihr anscheinend unangenehm war, denn sie rutschte unruhig auf ihren Stuhl hin und her und trommelte leicht mit dem Nagel ihres Zeigefingers auf der Tischplatte herum. Ein nerviges Geräusch. „Weil es dich nichts angeht! Du nervst mich einfach nur.“ Meine Worte waren wie eine Pistolenkugel. Ich konnte beobachten wie sich Inos Augen immer mehr weiteten und sich Schmerz in diesen sich abbildete. Scharf zog sie die Luft ein und ganz langsam ballte sie ihre Hand, die auf den Tisch lag zur Faust, als sie ihren Blick senkte. Vermutlich um sich wieder zu sammeln. Wie oft hatte ich diese Reaktion schon bei ihr gesehen, wenn ich sie absichtlich verletzt hatte. Wörter waren die perfekten Waffen um Menschen zu verletzen. Wörter trafen tiefer als es andere Gesten oder Gefühle es je konnten. Ich musste es ja wissen. Schließlich wurde ich auch solange von ihnen verletzt, bis ich die Stufe erreicht hatte wo ich nichts mehr spürte. Wo mir alles egal wurde. Mir war es auch komplett schnuppe dass ich Ino auf den gleichen Weg verletzte. Ihr die Tränen in die Augen trieb, die sie versuchte energisch wegzublinzeln, um keine Schwäche vor mir zu zeigen. Ich verspürte keine Schuldgefühle. Kein Mitleid. Gar nichts. „Ich glaube ich sollte jetzt gehen!“ Sie sprang schon fast von ihrem Stuhl hoch, immer noch ihren Blick vor mir verbergend. Trotzdem sah ich wie ihr rechter Mundwinkel leicht zuckte. Ihr Zeichen, dass wenn ich jetzt noch was sagen sollte, sie hier und jetzt in Tränen ausbrechen würde. Das wussten wir beide. Eilig lief sie an mir vorbei und vermied es mich anzusehen. Stumm folgte ich ihr mit den Augen. Sollte ich sie nicht aufzuhalten und versuchen in entschuldigenden Ton sie wieder etwas zu trösten? Sollte ich mich nicht eigentlich vor Schuldgefühlen am Boden liegen winden weil ich so abweisend und verletzend zu ihr gewesen war? Mal wieder? Ich tat nichts davon. Fühlte absolut gar nichts. Es herrschte komplette dunkle Leere in mir. War ich denn nicht normal? Hatte ich absolut keine Gefühle mehr in mir drin? Die Antwort war einfach. Nein. Ich hatte nichts mehr davon. Ich war leer. Innerlich Tod. Abgefuckt. Ino blieb im Türrahmen der Küche abrupt stehen. Ich sah wie ihre Schultern leicht zitterten, ehe sie sie strafte und anscheinend ihr letztes bisschen Würde zusammen kratzte. Mit einem gekünstelten Lächeln drehte sie sich noch einmal zu mir um. Wollte die Illusion aufrecht erhalten, dass meine Worte sie nicht tief getroffen hatten. Ich bewunderte ihre Stärke und ihren eisernen Willen. Trotzdem wussten wir beide dass es nur eine Schmierenkomödie war, die sie da abzog. „Mein Angebot steht immer noch! Wenn du reden willst dann kannst du jederzeit zu mir kommen“, sagte sie, ein breites gekünsteltes Zahnpasta Lächeln im Gesicht, dass ihre Augen auf keinster weiße erreichte. „Meine Nummer hast du ja“, rief sie noch einmal überfröhlich, als sie sich schwungvoll umdrehte und kurz darauf ohne noch etwas zu sagen schon fast fluchtartig meine Wohnung verließ. Immer noch stumm sah ich ihr einfach hinterher und registrierte nur am Rande wie die Wohnungstür mit einen lauten Klick zu ging. Wem machte die Blonde etwas vor? Wir wussten doch beide ganz genau dass ich sie nicht anrufen würde. Egal wie oft sie es auch noch erwähnte, dass ich mich doch mal bei ihr melden sollte. Ich tat es nie. Trotzdem wurde ich sie nicht los. Immer und immer wieder tauchte sie vor meiner Tür auf und versuchte erneut mich weich zu kriegen. Mich von unseren angeblichen Freundschaft zu überzeugen. Ich bekam sie einfach nicht mehr los, egal wie oft ich sie auch noch von mir stieß, sie verletzte. Sie gab einfach nicht auf. Dabei wollte ich doch nur in Ruhe gelassen werden. Warum verstand sie das nicht? Mit leerem Blick betrachtete ich den weißen Druckverband der mein Handgelenk umhüllte. Spürte den leichten pochenden Schmerz darunter, der mir zeigte dass ich noch am Leben war. Irgendwann stand ich seufzend auf und schlürfte ins Bad um meine Spuren zu beseitigen, die ich dort hinter lassen hatte. Die Lust auf dass was mich angetrieben hatte nach der Rasierklinge zu greifen war mir eindeutig vergangen. -------------------------------------------- Jeder Mensch hat diesen einen wunden Punkt. Wird er mit den richtigen Worten getroffen, zersplittert er wie Glas. Kapitel 2: Kontrollbesuch ------------------------- Erschrocken riss ich meine Augen auf als ich unsanft umgeschubst wurde und hart mit meinen Schienbeinen auf den Asphalt aufkam. Ein leichtes Keuchen verließ meine Lippen und ich sah wie in Zeitlupe dabei zu, wie meine Einkaufstüte auf den Boden aufkam und der halbe Inhalt heraus fiel. Meine gerade eben erst gekauften Äpfel kullerten über den dreckigen Boden und ein lautes knirschen verriet mir dass die Eier nicht überlebt hatten. Na ganz toll. „Oh verdammt! Das tut mir ja so Leid. Ich hab dich gar nicht gesehen, echt jetzt!“ Langsam hob ich meinen Blick und sah finster zu den Blonden Typen hoch der mich mit einem breiten Grinsen entschuldigend ansah. Dieses Grinsen konnte er sich sonst wo hin stecken. Wegen ihm pochten meine Knie schmerzhaft und mein eben eingekauftes lag um mich herum auf den Boden verteilt und der Verursacher von den ganzen nahm sich die Frechheit heraus um sich noch über mich lustig zu machen. Denn was sonst sollte sein dämliches Grinsen bedeuten? Mein Blick verdunkelte sich noch mehr. Es machte ihn wohl Spaß sich am Leid eines anderen zu ergötzen. Warum sonst hätte er mich ohne Vorwarnung geschubst, dass ich den Halt verloren hatte und zu Boden geknallt war? Ich hasste solche Typen. Abgrundtief. Wütend aufschnaufend richtete ich meinen Blick auf meine immer noch am Boden liegende Sachen und begann sie einzusammeln, den ganzen Blicken um mich herum sehr wohl bewusst. Doch was konnte man schon erwarten? Es würde keiner freiwillig her kommen und seine Hilfe anbieten. Wozu auch. Die Zeiten waren schon lange vorbei, wo man noch ansatzweiße einen guten Charakter und eine gute Erziehung genossen hatte. Viel lieber standen die Leute einfach um dich herum und gafften dich an, während sie sich insgeheim um dich lustig machten und sich gleichzeitig dachten, dass es Gott sei Dank sie es nicht waren, die jetzt am Boden knieten und wie Frischfleisch von den Blicken aufgefressen wurden. Ich schnaubte wieder, doch konnte ich die Hitze nicht unterdrücken, die sich in mir hoch kroch und ein unangenehmes Kribbeln in meinen Nacken verursachte. „Warte ich helf dir“, hörte ich wieder diese nervige Stimme von dem Idioten und Sekunden später sah ich eine fremde Hand, die nach den Apfel griff, der am weitesten weggerollt war. Was sollte dass denn jetzt werden? Erst schubste er mich, dann machte er sich über mich lustig und jetzt half er mir? Was war denn bei dem denn kaputt? Immer noch schlecht gelaunt sah ich ihm dabei zu, wie er meine Sachen wieder in die Einkaufstüte stopfte und sich nebenbei mindestens tausendmal bei mir entschuldigte. Dies nahm ich aber nicht so ernst, weil er dabei wieder so dämlich grinste. Für mich sah es nicht so aus als ob es ihm wirklich Leid täte. „Übrigends find ich deine Haare voll cool! Sind sie gefärbt oder sind das deine Natürlichen? Bestimmt gefärbt, ich hab nämlich noch nie einen mit rosa Haaren gesehen“, plapperte der Blonde munter drauf los und mir war es fast so als würde Ino vor mir stehen. Sie waren sich auch wirklich sehr ähnlich. Er hatte ebenfalls blonde wild vom Kopf abstehende Haare, die wohl schon lange keinen Kamm mehr gesehen hatten und azurblaue Augen. Seine Haarfarbe war aber etwas dunkler als die von Ino. Während sie schon fast weiße Haare hatte so hell war ihr blond, war seins im Vergleich schon beinahe dreckig. Straßenköderblond schoss es mir durch den Kopf. Meine Musterung fand ein Ende als er mir grinsend eine Hand entgegen streckte. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich immer noch auf den Boden saß und er es gewesen war der mich erst da runter gebracht hatte. Mein Gesichtsausdruck verfinsterte sich wieder als ich seine Hand zur Seite schlug und mich selber aufrappelte. Ich brauchte keine Hilfe! Von niemanden! „Idiot! Pass das nächste Mal besser auf“, blaffte ich ihn an, als ich ihm meine Einkaufstüte aus der Hand riss und an ihn vorbei stolzierte. Ich wollte zumindest einen würdevollen Abgang machen, doch der Blonde machte mir abermals einen Strich durch die Rechnung. „Hey, warte mal! Kennen wir uns nicht?“, rief er, als er nach meinen rechten Handgelenk griff. Unwillkürlich zuckte ich etwas zusammen, als sich seine Finger fest um den Druckverband schlossen und mich im festen Griff zurück hielten. Sofort begann meine Wunde wieder unangenehm zu pochen und zu zwicken und ich ballte meine Hand zur Faust. Das tat weh verdammt! „Fass mich nicht an“, knurrte ich erzürnt als ich mich aus seinen Griff los riss und mich zu ihm umdrehte. Wütend funkelte ich ihn an und ignorierte die immer noch gaffenden Blicke um uns herum. Wer hatte ihm verdammt noch mal erlaubt mich anzufassen? Er sollte seine Griffel gefälligst bei sich behalten! Ich konnte diesen Typen von Sekunde zu Sekunde die verging, weniger ausstehen. „Sorry, ich ähm…“, fing er an, gänzlich überrumpelt von meiner aggressiven Reaktion. Wie hatte er sich den sonst vorgestellt dass ich reagierte? Sollte ich ihm um den Hals fallen oder was? Schon bei den Gedanken schnaubte ich angewidert auf. „Ich also, ähm…“, begann er wieder zögerlich, als er mich mit einem vorsichtigen Blick ansah und seine beiden Hände immer noch abwehrend vor seiner Brust hielt. Wohl ein Zeichen dafür, dass er mich nicht noch einmal ohne Erlaubnis oder Vorwahrung berühren würde. Als ob ich dies ein zweites Mal zulassen würde. „Dope, was treibst du da?“ Ein Schwarzhaariger sehr gut aussehender Typ trat zu den Blonden und zog unsere Blicke auf sich. Abschätzend sah er zwischen mir und den Blonden hin und her, ehe sein Blick gänzlich auf den Blonden verweilte. Er wartete wohl auf eine Erklärung für unser zufälliges oder eher unglückliches Aufeinandertreffen. Meine Laune wurde dadurch auch nicht besser. „Teme, da bist du ja endlich! Hab ganz schon lange auf dich warten müssen, echt jetzt“, meckerte der Blonde los, als er sich ganz zu seinem Kumpel drehte. Diesem schien aber das gemeckere kalt zu lassen, denn er zuckte nicht mal mit der Wimper. Er starrte ihn einfach nur weiter an und schien noch immer auf eine Erklärung zu warten. Stumm sah ich dabei zu, wie der Blonde kurz die Situation erklärte, immer noch wütend, dass er es gewagt hatte mich einfach anzufassen. Als Blondi, so wie ich ihn in geheimen getauft hatte, mit seinem Dialog endete sahen die beiden zu mir. Musterten mich abschätzend genauso wie ich sie. Warum ich hier eigentlich noch stand und meine Zeit mit diesen zwei Idioten verschwendete wusste ich selber nicht. Ich ballte meine Hand fester zur Faust, dass meine Knöchel weiß hervor traten. Dadurch wollte ich eigentlich das grässliche Pochen an meinem Handgelenk unterdrücken, doch dadurch wurde es nur noch schlimmer. Also lockerte ich etwas meinen Griff und versuchte es zu ignorieren. „Auf jedenfall kenn ich sie irgendwoher. Ihr Gesicht kommt mir so bekannt vor.“ Beide Männer starrten mich an. Ich starrte zurück. Keine Ahnung was der Blonde Trottel damit meinte, dass er mich von irgendwoher kannte. Ich tat es auf alle Fälle nicht. Weder hatte ich ihn noch seinen stummen Schwarzhaarigen Kumpel jemals zuvor in meinen Leben gesehen. Plötzlich dieser ganzen Situation überdrüssig drehte ich mich einfach zum gehen um. Diese beiden nervten mich einfach nur noch und ich wollte so schnell wie möglich von ihnen weg. Ich hatte ihnen sowieso schon mehr meiner kostbaren Zeit geschenkt, als sie überhaupt verdient hatten. „Hey, warte doch mal! Wohin gehst du?“ Ich hielt in meiner Bewegung inne und starrte Blondi über meine Schulter kalt und emotionslos an. Eine klare Warnung, dass er es nicht noch einmal wagte mich anzutatschen. „Geht dich einen Scheißdreck an“, knurrte ich immer noch verstimmt und drehte mich abermals zum gehen um, ihre Reaktion auf mein Verhalten ignorierend. Sie sollten mich gefälligst in Ruhe lassen. Wohl ein Fremdwort für den Blonden, denn er gab einfach nicht auf. Er brüllte mir immer noch hinterher. Fast genauso schon wie Ino. Einfach nervig. Waren alle Blonde so drauf? Wenn ja, dann war es ein Glück dass ich nicht auch Blond war, sonst hätte ich mich gerade selbst beleidigt. Ich war stolz auf meine Blassrosa Mähne, die nicht gefärbt waren, so wie der Blondi es vorhin angedeutet hatte, sondern durch einen Gen-Defekt in meiner Familie vererbt wurde. Also alles aus natürlicher Herkunft. „Hey, wie heißt du eigentlich?“ Bildete ich mir dass nur ein oder nannte er mich die ganze Zeit über „Hey!“. Aber eigentlich konnte es mir auch egal sein. Ich würde ihn sowieso nie wieder über den Weg laufen. Als Antwort auf seine Frage hob ich nur meinen rechten Arm und zeigte ihn, mich nicht mal zu ihm umdrehend, meinen Stinkefinger. Diese Geste verleite mir ein hochmütiges Gefühl und ein kleines Schadenfrohes Lächeln erschien auf meinen Lippen. Jetzt wusste der Blonde Typ wenigstens was ich von ihm und seinem Kumpel hielt. Gar nichts. Immer noch mit einen Lächeln im Gesicht ging ich ohne weitere Zwischenfälle nach Hause. Schon vor der Haustüre, als ich gerade den Schlüssel ins Schloss strecken wollte, bekam ich ein ungutes Gefühl in meiner Bauchgegend. Dies hieß nichts Gutes und mein Gefühl sollte recht behalten. Kaum hatte ich meine Wohnung betreten und die Tür zu gemacht, bemerkte ich die zwei paar Schuhe, die nicht mir gehörten. Tief seufzte ich auf. Dahin war die Hoffnung auf einen ruhigen und entspannten Nachmittag. Meinem Schicksaal mich wohl oder übel ergebend, schlüpfte ich aus meinen Schuhen und trat mit leisen Schritten Richtung Küche. Wissend, dass ich schon erwartet wurde. Kurz vor der Tür angekommen hielt ich trotzdem noch mal inne. Überlegte ob ich wirklich eintreten sollte. Jetzt hatte ich die Chance noch mal abzuhauen und erst später wieder zu kommen, mit der Hoffnung dass mein ungewollter Kontrollbesuch wieder verschwunden war. Doch ich wusste, dass das nur ein Wunschdenken meinerseits war. Sie würde mir keine Ruhe lassen und so lange hier warten, bis ich mich ihr stellte. Es brachte also nichts jetzt abzuhauen. Schon einmal musste ich das schmerzlichst erfahren und ihr damaliger Wutausbruch ließ mich heute noch erschaudern. „Ich weiß genau dass du vor der Tür stehst. Also komm rein.“ Kurz schloss ich meine Augen und atmete tief durch. Sammelte die Nerven zusammen, die ich gleich dringend brauchen würde. Setzte meine ruhige und gleichgültige Maske auf. Augen zu und durch. So betrat ich die Küche und sah meinen Kontroll-Besuch am Küchentisch sitzen. Genau auf den Stuhl wo gestern noch Ino gesessen hatte. Mit freiem Blick zur Tür und dass hatte die Blonde Frau auch sogleich ausgenutzt. Ihre Ellenbogen hatte sie auf der Tischplatte abgestützt und hielt ihre Hände ineinander verschränkt dicht vor ihrem Gesicht. Ihr ernster Blick aus ihren Rehbraunen Augen fest auf mich gerichtet. Das war ihre Standard Pose und ich wusste sofort dass es um was ernstes ging. So wie jedesmal eigentlich. „Sakura“, begrüßte sie mich mit ernster Stimme. „Tsunade.“ Ich nickte ihr sogar noch leicht zu, wie ich es immer tat. Danach trat ich an meine Küchenzeile und stellte meine etwas eingerissene Einkaufstüte auf dieser ab. Bei den Gedanken wie sie diesen riss bekommen hatte verfinsterte sich mein Blick wieder. Ich war momentan einfach von zu vielen Blonden umgeben. Hatte ich irgendwie einen Magneten an mir dran, der wo die Blonden alle zu mir hinzog? Langsam glaubte ich das echt. „Was ist los Tsunade? Hast du wieder dein ganzes Geld verspielt oder warum bist du hier?“ Es wäre nicht das erste mal dass sie mich Geldmäßig anpumpe. Mit ihrer Spielsucht war sie schon eine kleine Berühmtheit in den ganzen Casinos, kleinen Kneipen und anderen Spielhöllen in Konoha und sogar Umgebung. Als Legendäre Verliererin hatte sie sich bei den meisten Spielhallen schon einen richtigen Namen gemacht und wurde von den meisten dann so richtig abgezockt. Hatte die Blonde was daraus gelernt? Natürlich nicht. Sie war eher damit beschäftigt sich Gedanken darüber zu machen, wo sie als nächstes Geld her bekam. „Darum geht es nicht!“, fauchte sie etwas gereizt und ich wusste sofort dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Die dicke Luft, die sich gerade im Raum ausbreitete ignorierend, räumte ich seelenruhig meine Einkäufe auf und beachtete den finsteren Blick nicht, der sich in meinen Rücken bohrte. Erst als ich fertig war drehte ich mich zu ihr um und erwiderte ihren starren Blick. Für ihr Alter sah sie noch richtig jung aus. Sie hatte noch keinerlei Falten, Fettpölsterchen oder sonst ein Gramm zu viel auf den Hüften. Man könnte meinen sie wäre erst Anfang Dreißig dabei war sie schon etwas über Fünfzig. Wie sie dass anstellte, dass sie so jung aussah, war ihr großes Geheimnis, wo niemand darüber Bescheid wusste. Ich vermutete aber dennoch ganz stark, dass sie sich Liften ließ. Ein bisschen Botox hier ein bisschen Botox da und schon sah man wie Gebügelt aus. Mein Blick rutschte eine Etage tiefer und meine Vermutung, dass sie sich doch unters Messer legte schien sich immer mehr zu bestätigen. Niemand konnte in ihrem Alter noch so einen gut bestückten Vorbau aufweisen wie sie es tat. Sie konnte mir nicht erzählen, dass ihre zwei Dinger das Produkt reinster Natur waren. Das kaufte ich ihr einfach nicht ab. Da waren bestimmt Implantate drin und hoben ihren Vorbau so vor, dass selbst Dolly Buster bei ihren Anblick vor Neid ganz grün werden würde. „Worum geht es dann?“ Ich hielt ihren Blick stand und wusste, dass ich auf dünnes Eis getreten war. Sie mochte es nicht, wenn man so mit ihr redete. Das sah man an ihren rot geschminkten Mund, den sie leicht verzog. Noch ein bisschen mehr und ich konnte mir eine Schimpftirade der Superlative anhören. Ihr Blick verdunkelte sich etwas und so wie sie ihre Augenbrauen zusammen zog, wusste ich dass nichts Gutes kommen würde. Hatte ich irgendwas angestellt, was sie erbost haben könnte? Ich wüsste nicht was. „Ino hat mich angerufen.“ Genervt verdrehte ich meine Augen und stöhnte laut auf. Das durfte doch nicht wahr sein. Die Blonde hatte gepetzt. Das hätte ich mir auch gleich denken können. Es war schließlich nicht das erste mal, dass die beiden ihre Köpfe zusammen steckten. War aber auch kein Wunder. Tsunade war auch ihre sowie meine Ausbilderin im Krankenhaus und beide hatten einen guten Draht zueinander. Vielleicht weil sie beide Blond sind, schoss es mir durch den Kopf und erheiterte mich wieder etwas. Ja, Tsunade war nicht nur eine komplette Null wenn es um Glücksspiele ging, nein, sie war auch gleichzeitig die begnadetste Ärztin ganz Konoha und die Besitzerin von unserem Krankenhaus. Kein anderer Arzt konnte ihr das Wasser reichen, da sie auf den Gebiet einfach die beste war. Aus diesem Grund versuchte sie aus mir auch eine gute Ärztin zu machen. Sie war es schließlich gewesen, die mich überhaupt zu dem Studium gedrängt hatte und ich tat es nur, damit sie mir nicht ständig damit in den Ohren lag. Sie bekam somit was sie wollte und ich hatte meine Ruhe. „Was sollte das gestern? Warum behandelst du sie so abweisend?“ Tsunade sah mich mit einen harten und strengen Blick an, doch dieser prallte einfach an mir ab. Ich hatte keine Lust ihr zu erklären, wie ich mich anderen gegenüber verhielt. Es ging sie nichts an. Deswegen zuckte ich nur mit den Schultern und wich bewusst ihrem Blick aus. Wieso mussten wir immer so eine Art Mutter-Tochter Gespräch führen? Sie war nicht meine Mutter, sondern nur die Schwester von ihr, also folglich meine Tante. Sie würde sie nie ersetzten, egal wie oft sie es auch versuchte. Außerdem war ich schon lange alt genug um mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und ich brauchte niemanden, der mir ständig sagte, was ich zu tun und zu lassen hatte. Tsunade seufzte tief auf, als ich ihr nicht antwortete. Ich sah auch keinen Grund ihr Rede und Antwort zu stehen. Wie gesagt, sie war nicht meine Mutter. „Was soll ich nur mit dir machen Kind. Du redest nicht mit mir und anrufen tust du mich auch nicht. Wenn ich nicht ab und zu bei dir vorbei schauen würde, um nach den Rechten zu sehen, dann würde ich dich nicht mal zu Gesicht bekommen. Mebuki würde es bestimmt nicht wollen, dass wir so ein mangelndes Verhältnis haben!“ Sofort stieg brodelnde Wut in mir hoch, als sie den Namen meiner Mutter in den Mund nahm. Sie wusste dass dieses Thema ein rotes Tuch für mich war. „Sie würde nicht wollen dass du jeden abweist, der sich mit dir anfreunden möchte. Sie würde nicht…“ Ich unterbrach sie, als ich mit meiner geballten Faust auf die Küchenarbeitsplatte haute. Leicht zuckte sie bei dem plötzlichen Lärm zusammen und sah mich an. Wütend starrte ich zurück. „Hör auf über meine Mutter zu sprechen!“, blaffte ich sie an, als die Wut wie Gift sich durch meine Adern ausbreitete und mein Blut zum kochen brachte. Leicht bebend schloss ich meine Hände zu Fäusten und versuchte den aufkommenden Kloß in meinen Hals herunter zu schlucken, der sich dort bildete. Das letzte was ich wollte war es jetzt über meine Mutter zu sprechen und Tsunade wusste das ganz genau. Ich sah wie sie unmerklich hart schluckte und leicht ihren Blick senkte, doch dies linderte meine Wut in keinster weiße. Verstand denn niemand dass ich einfach nur in Ruhe gelassen werden wollte. Immer und immer wieder tauchten sie hier auf in der Annahme sie würden mir damit helfen und dass ich mich dann besser fühlen würde. Dabei übersahen sie aber, dass genau das Gegenteil der Fall war. Sie machten es nicht besser sondern nur schlimmer. Doch keiner verstand es! Plötzlich diesen ganzen Theater überdrüssig wandte ich Tsunade den Rücken zu und machte Anstalten die Küche zu verlassen. „Sakura…“, versuchte mich die Ältere noch auf aufzuhalten, doch ich ignorierte sie. Ich wollte jetzt nur noch alleine sein. Mich in meinem Schlafzimmer verkriechen und am besten nie wieder raus kommen. Hinter mir knallte die Küchentür mit einem lauten Rums zu. Trennten mich und Tsunade voneinander. Genauso wie das viel zu dünne und instabile Band dass uns zusammen hielt und drohte auseinander zu brechen. ---------------------------------------------------------------- Jeder hat diese Geschichte über sich, die er nie erzählt, weil er selbst nicht erträgt, sie zu hören. Kapitel 3: Tiefer Schmerz ------------------------- Das energische Klopfen und das leichte quietschende Geräusch der immer wieder herunter gedrückten Türklinke drangen an mein Ohr. Ich schenkte dem aber keine Beachtung und kauerte mich in meinem Bett liegend zusammen. Reagierte auf keinster weiße auf das Klopfen und die Rufe Tsunades, die vor meiner verschlossenen Schlafzimmertür stand und mich schon das gefühlteste Hunderste mal aufforderte Sie herein zu lassen. Ich kam ihrer Aufforderung natürlich nicht nach. Wollte nur von ihr in Ruhe gelassen werden. Zitternd rang ich nach Atem, als ein tiefer Schmerz sich in meiner Brust ausbreitete und mir die Luft zu atmen nahm. Mit meiner rechten Hand fasste ich an meine Brust, genau über meinen Herz und krallte meine Finger dort fest in mein Oberteil. Ein schwacher Versuch so den tiefen stechenden Schmerz etwas zu lindern, der mein Herz fest zusammen drückte. Jeder weitere kräftige Schlag spürte ich so intensiv gegen meinen Brustkorb hämmern, dass es noch mehr weh tat. Mein Magen verkrampfte sich und der dicke Kloß in meinem Hals erschwerte mir das Schlucken, als siedeheiße Tränen meinen Wangen hinunter liefen und den Stoff meines Kopfkissens benetzten. Ich wollte dass es aufhörte. Ich wollte diesen Schmerz nicht spüren. Viel zu lange musste ich ihn schon ertragen. Ich dachte ich hätte ihn mittlerweile überwunden. Hätte ihn mit der Leere in meinem Inneren verdrängt. Doch nur die Erwähnung des Namens meiner Mutter reichte aus, um ihn noch stärker als zuvor zurück kehren zu lassen und mir sogleich den Atem zu rauben. Ich wollte die Leere zurück. Die Taubheit. Ich begrüßte alles, nur um diesen Schmerz nicht mehr zu ertragen. „Sakura, bitte. Mach die Tür auf!“ Mein starrer von den Tränen leicht verschwommener Blick glitt zur Tür und wieder mal konnte ich beobachten, wie Tsunade auf der anderen Seite die Türklinke herunter drückte. Ihre Stimme hatte einen belegten traurigen und leicht reumütigen Klang, doch ich machte keine Anstalten mich in irgendeiner Weiße zu bewegen. Im Gegenteil. Ich zog meine angewinkelten Beine noch mehr an meinen Oberkörper heran und machte mich so klein wie nur irgend möglich. Sie sollte mich doch endlich in Ruhe lassen. Schließlich war sie es doch, die daran Schuld war, dass dieser tiefe stechende Schmerz erneut Besitz von meinem Körper ergriff und mich quälte. Wäre sie doch bloß nicht hier aufgetaucht. Warum konnten Sie mich nicht endlich in Frieden lassen? Immer und immer wieder schafften sie es auf meinen Gefühlen herum zu trampeln und mir so das Leben zur Hölle zu machen. Konnten sie sich nicht einfach um ihren eigenen Kram kümmern? „Sakura, bitte…“, versuchte Tsunade wieder in einen verzweifelten Ton, mich doch zu überreden, sie rein zu lassen. Doch was würde das bringen? Was konnte sie schon tun, dass dieser Schmerz aufhörte mein wild schlagendes Herz zu zerreißen. Nichts. Sie konnte gar nichts dagegen tun. Sie würde es wohl sogar noch schlimmer machen und darauf konnte ich getrost verzichten. „Sakura…“ Sie gab einfach nicht auf. Merkte sie nicht, dass sie mit ihrem gebettel nicht bei mir durch kam? „Geh weg! Lass mich allein!“, rief ich meine letzte Kraft für eine wütende Stimme aufbringend, die in meinen Ohren wie ein verzweifelter Schrei klang. Ich wollte niemanden um mich herum haben. Wollte keinen Trost. Kein Mitleid. Ich wollte einfach nur hier bewegungslos liegen und darauf warten das der drückende stumpf pochende Schmerz verging und die wohltuende ersehnte Leere zurück kam und mein Herz wieder hinter einer dicken Mauer einschloss, dass ich um dieses so mühsam über Jahre aufgebaut hatte. Ich wollte nichts mehr fühlen. Denn Gefühle bedeuteten Schmerz. Einen Schmerz, den ich nicht ertrug. Zu lange hatte er mich gepeinigt und mich immer und immer wieder an den Rand des Wahnsinns gebracht. Ich wollte nichts mehr fühlen. Gefühle machten einen schwach. Machten mich schwach. „Es tut mir Leid Sakura. So leid.“ Ja. Das tat es mir auch. Ich hatte mir meinen Tag auch anders vorgestellt und meine liebe Tante hatte ihn mir gehörig versaut. Warum zum Teufel konnten sie sich nicht alle einfach von mir fern halten? Warum mussten sie immer und immer wieder auftauchen und mir das Leben zur Hölle machen? Ich verstand es einfach nicht. Sie sollten sich doch alle aus meinem Leben verpissen und mich dass machen lassen, was ich für richtig hielt. Ich schrieb ihnen doch auch nicht vor, wie sie ihr Leben gestalten sollten. Also dann sollten sie verdammt noch mal damit aufhören, sich in meins einzumischen. „Ich muss jetzt leider wieder gehen. Ich habe noch einen wichtigen Termin mit einen Patienten im Krankenhaus. Aber wenn was ist oder du meine Hilfe brauchst, dann ruf mich gefälligst an ja, Sakura?! Ich werde kommen und dir helfen. Wir könnten auch mal wieder zusammen was unternehmen. Eis essen gehen. Shoppen. Frauengespräche führen. Egal was! Aber bitte melde dich bei mir“, plapperte Tsunade sich um Kopf und Kragen und sie hörte sich so unglaublich müde an. Frustriert. Enttäuscht, weil ich sie abwies. Wie immer. Sie wartete wohl auf eine Antwort von mir, doch ich sagte nichts. Blieb einfach nur stumm liegen und starrte einen leeren Punkt in meine Zimmerecke an. Stille herrschte. Eine kleine Weile später hörte ich sie geknickt und enttäuscht seufzen. Hatte sie wirklich gedacht ich würde auf ihr sinnloses Geplapper antworten? Ich hätte am liebsten aufgelacht. Wie naiv war sie denn? Ich horchte auf, als ich ihre leisen Schritte vernahm, die sich von meiner Zimmertür weg bewegten. Sie hatte also endlich aufgegeben und trat den Rückzug an. Ich lauschte weiter in die darauf folgende Stille und als ich Fünf Minuten darauf auch nichts mehr hörte, atmete ich erleichtert aus. Sie war weg und ich endlich wieder allein. Lange lag ich noch so da und versuchte mein verkrampftes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. Mein Puls rauschte mir unangenehm in den Ohren und selbst an meinem Hals und Handgelenken spürte ich das stetige Pochen sehr deutlich. Meine Tränen waren schon lange wieder versiegt und teilnahmslos starrte ich weiter in die Leere meines Zimmers, nichts wirklich wahr nehmend. Ich lauschte der angenehmen Ruhe um mich herum und nahm nur am Rande das Ticken meines Weckers wahr, der neben mir auf den kleinen Nachttisch stand, genau neben der kleinen Tischlampe. Ich wusste nicht wie lange ich schon hier lag und mich nicht ein einziges mal bewegt hatte. Mein Zeitgefühl hatte mich komplett verlassen und ehrlich gesagt war es mir egal. Ich schloss meine Augen und hörte in mich hinein. Nahm meinen Körper bewusster wahr. Spürte wie ich die Luft tief einatmete, mein Brustkorb sich dabei dehnte und die Luft dann anschließend wieder entweichen zu lassen. Spürte das kräftige Pochen meines geschundenen Herzens und nahm den Schmerz wahr, der sich langsam wieder abschwächte und sich in die Leere ein weiteres mal in mir ausbreitete. Ich hieß diese willkommen. Viel lieber spürte ich gar nichts, als von diesem inneren Schmerz langsam und qualvoll aufgefressen zu werden. Irgendwann drehte ich mich auf den Rücken und strich mir verschlafen durch meine mittellangen Haare. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie ich eingeschlafen war. Kurz blickte ich zur Seite auf meinen Wecker und bemerkte, dass es schon neun Uhr Abends war. Eigentlich sollte ich mal was essen, doch mir war nicht danach. Schon bei dem Gedanken daran, drehte sich mir leicht mein Magen um. Nein. An Nahrungsaufnahme war nicht mal dran zu denken. Schwerfällig erhob ich mich und strich meine leicht zerknitterten Klamotten glatt und verließ mein Zimmer auf den Weg ins Bad. Dort spritzte ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht und erschrak fast als ich danach in den Spiegel schaute. Tiefe schwarze Augenringe zeichneten sich unter meinen Augen ab und meine Haut war ebenfalls blasser als sonst. Angewidert von mir selbst wendete ich mich von meinem Spiegelbild ab und drehte mich zur Tür um. Dabei streifte mein Blick kurz das kleine Schränkchen, in dem ich meine Handtücher aufbewahrte. Die Rasierklinge, die ich dort vor neugierigen Blicken versteckte glitzerte mich auffordernd an. Ich verharrte in meiner Bewegung und sah sie kurz stumm an. Spürte den nachhall des Schmerzes in meiner Brust, der noch immer nicht gänzlich verschwunden war. Der mir leichte Übelkeit bescherte. Ich griff nach der Klinge und wog sie leicht in meiner Hand. Überlegte ob der süße Schmerz den sie mir schenkte den dumpf pochenden Schmerz in meinem Herzen überdecken könnte. Mich ihn vergessen lassen würde. Kopfschüttelnd legte ich sie an ihren Platz zurück. Ich brauchte etwas stärkeres um den Schmerz wieder zu betäuben. Plötzlich hielt ich es in meiner Wohnung nicht mehr aus. Die vier Wände um mich herum versuchten mich mit einen mal zu erdrücken. Mir wurde heiß und schwindelig. Der Druck in meiner Brust verstärkte sich. Mein Atem kam schnell und stockend. Ich muss hier raus! Fluchtartig verließ ich meine Wohnung und erst an der frischen Luft atmete ich wieder tief durch. Versuchte mich wieder etwas zu beruhigen. Kurz sah ich mich um und lief dann einfach in irgendeine Richtung los. Das es langsam dunkel wurde war mir egal, ich mochte die Nacht eh lieber als den Tag. Öfters lief ich spät Abends durch die Straßen Konoha´s und genoss es, dass keine gaffenden und herum brüllenden, hektischen Menschen und Autos mehr die Straßen verstopften. Zu dieser Uhrzeit waren die meisten zu Hause und ich genoss die Ruhe um mich herum. Hörte stillschweigend den Geräuschen um mich herum zu und steuerte den erst besten Laden auf meinen Weg an, der Vierundzwanzig Stunden geöffnet hatte. Der Kassierer hinter den Tresen sah mich kurz über seine Zeitung desinteressiert an, als die Türglocke bimmelte, als ich eintrat. Schnell hatte er sich wieder seiner Zeitung zugewandt und ich verschwand zwischen den Regalen. Suchend sah ich mich kurz in dem Laden um, bevor ich den Gang erreichte wo ich hin wollte. Vor den vielen Flaschen mit Alkohol blieb ich stehen und rümpfte kurz missbilligend die Nase. Die hatten nicht mal eine große Auswahl aber was war von so einen kleinen Tante Emma Laden schon zu erwarten. Ich griff nach der Jack Daniel´s Flasche, dass einzig beste was sich hier anbot. Es war zwar nicht meine Lieblingsmarke, doch es würde seinen Zweck erfüllen. Es würde meinen Schmerz betäuben. Das war alles was zählte. Mit meiner Errungenschaft trat ich zur Kasse und ließ den Flaschenboden absichtlich etwas lauter auf die Theke aufkommen. Sofort hatte ich die Aufmerksamkeit von dem etwas älteren Kassierer, der seinen Blick von der Zeitung nahm und stattdessen mich anstarrte. Er sah von mir zu der Flasche und dann wieder zurück. Ich konnte beobachten wie er missbilligend seinen Mund verzog und leicht seine Augen zusammen kniff. Dabei vertieften sich die Falten um Mundwinkel und Augen. Er hielt wohl nicht viel von meinem Einkauf. Doch das war mir egal. Es konnte ihm ja schnuppe sein, was ich kaufte und was nicht. Auffordernd hob ich meine rechte Augenbraue und sah ihn unverwandt an, als ich meinen Geldbeutel raus holte um zu zahlen. „Biste nicht noch zu jung um diesen Mist in dich reinzuziehen?“, fragte er mich unverblümt mit einer tiefen rauen Stimme, die von Sarkasmus nur so strotzte. „Ich bin volljährig. Dass muss wohl reichen!“ Skeptisch zog er nur seine ergrauten Augenbrauen hoch. Er glaubte mir wohl nicht. „Das kann mir jeder weiß machen. Zeig deinen Ausweis her Mädel.“ Genervt kam ich seiner Aufforderung nach und hielt ihm meinen Personalausweis vor die Nase. Schon provozierend langsam setzte er seine Brille, die er auf seine Stirn platziert hatte auf die Nase zurück und nahm sich meinen Ausweiß in die Hand. Meine Laune verbesserte sich nicht gerade, als er quälend langsam mein Profilbild mit meinem Gesicht verglich. War er jetzt bald fertig? Der alte Sack ging mir jetzt gehörig auf die Nerven. „Ok, Mädel. Dass scheint alles seine Richtigkeit zu haben. Trotzdem solltest du in deinen jungen Jahren dich nicht mit Alkohol voll laufen lassen. Das ist ungesund!“ Herrgott noch mal. Er sollte mir den Scheiß verkaufen und mir keine Predigten halten. Gleichgültig sah ich ihn an, als er mir meinen Ausweis zurück gab und mich danach abkassierte. Dass ich nichts auf seine Worte erwiderte kratzte wohl an seinen alten Stolz, denn beim hinausgehen hörte ich ihn „ Die Jungendlichen von heute. Unhöfliches Pack, allesamt!“ schimpfen, doch ich überhörte es einfach. Ziellos wanderte ich durch die Straßen weiter und genoss einmal mehr die Ruhe um mich herum. Selten stieß ich mit einen Passanten auf der Straße zusammen und wenn doch, dann senkte ich meinen Blick und vermied es denjenigen entgegen zu schauen. An einer Brücke die nahe dem Konoha Park war, hielt ich inne und schwang mich auf das Steingeländer, dass breit genug war um sich bequem hinzusetzten. Kurz schweifte mein Blick nach unten in die Tiefe und auf das dunkle Wasser des Flusses, der geschätzt 10 Meter unter mir fröhlich seinen Weg hinunter floss. Leicht mit den Füßen baumelnd schraubte ich den Deckel von der Flasche ab und musterte kurz das Emblem auf der Flasche, das mir schon immer gut gefallen hat. „Also gut Jack. Dann betäub mich mal.“ Flüsterte ich die leicht sarkastisch klingenden Worte, als ich den Flaschenmund an meine Lippen setzte und einen großen herzhaften Zug nahm. Meine Kehle fing sofort an wegen dem Whiskey zu brennen, doch spürte ich die Wärme, die sich in meinen Magen ausbreitete und wie sich ein angenehmes Kribbeln über meine Haut zog. Leicht verzog ich mein Gesicht, als ich kurz hustete, da ich mich erst an das Brennen im Hals gewöhnen musste. Ich hatte diesen Whiskey noch nie pur getrunken und er schmeckte einfach nur widerlich. Was mich aber nicht davon abbrachte erneut die Flasche an meine Lippen zu drücken. Es war einfach noch nicht genug. Immer wieder nahm ich ein paar Schlucke und mittlerweile hatte ich mich an den Geschmack und an das brennen im Hals gewöhnt und langsam zeigte er seine Wirkung. Benebelte langsam meine Sinne, machten meine Glieder etwas schwerer und das wichtigste, betäubte langsam den Schmerz in meiner Brust. Tsunade hatte wohl unbewusst und ohne groß nachzudenken meine Mutter erwähnt, doch was sie in mir damit auslöste, hatte die Blonde nicht bedacht. Die schrecklichen Bilder von dem Unfall, -der schon Jahre zurück lag-, waren mit einen Ruck wieder an die Oberfläche gekommen und hatten mich wieder übermannt. Diese schrecklichen Bilder von zertrümmerten Autoteile, zersplittertes Glas, Blut und Tod. Ich war nie über das Ereignis hinweg gekommen, dass sich an diesen Tag ereignete. Ein Betrunkener hatte sich mitten am Tag ein Wettrennen mit der Polizei geliefert. In seiner Flucht hatte er eine rote Ampel überfahren und mit 160 Stundenkilometer ein gerade vorbei fahrendes Auto gerammt. Unser Auto. Ich konnte mich noch gut an die paar Sekunden erinnern, bevor das Auto uns erfasst hatte. Hörte immer noch die panischen Schreie meiner Mutter, die mich anwies mich festzuhalten, sah deutlich ihre weit aufgerissenen Augen, die so viel Angst und Panik gleichzeitig ausgestrahlt hatten und im nächsten Moment hatte uns das Auto frontal von der Seite gerammt und unser Wagen hatte sich durch die Wucht mehrmals überschlagen. Ich konnte mich noch gut an den Lärm, dass darauffolgende rumsen und quietschen des Metalls erinnern, als es über den Asphalt schlitterte. Meine Mutter war sofort Tod gewesen. Das andere Auto hatte direkt die Fahrseite erwischt und sie wurde von den Trümmerteilen sofort zerquetscht. Ich sah sie immer noch vor mir, wie sie leblos und blutüberströmt in dem Wrack lag, dass vor ein paar Minuten noch unser Auto gewesen war. Sah ihr dunkelblondes Haar, dass ihr wirr ins Gesicht und um den Kopf fiel. Hörte mich schreien, weinen und nach meiner Mutter rufen. Denn wie durch ein Wunder hatte ich überlebt und war schwerverletzt ins Krankenhaus gekommen. Damals hatte ich noch nicht realisieren können, dass meine Mutter nicht mehr am Leben war. Dass sie nie mehr zu mir zurück kam. Sie nicht mehr in den Arm nehmen konnte. Ich ihre warme Liebe und Fürsorge nicht mehr spüren würde. Damals war es das erste mal gewesen, als ich in ein tiefes schwarzes Loch gefallen war. Das erste mal von vielen weiteren. Siedeheiße Tränen kämpften sich bei der Erinnerung in mir hoch und ich spülte sie mit dem Alkohol wieder hinunter. Ich hatte den Tod meiner Mutter nie überwunden und nur eine kleine Erwähnung von ihr reichte aus um mich wieder in den Abgrund stürzen zu lassen, aus dem ich mich wieder und immer wieder hochgekämpft hatte. Abermals schluckte ich die im Hals brennende Flüssigkeit hinunter und betäubte so den Schmerz und meine Sinne. Wie durch einen Tunnelblick sah ich auf das durch die Dunkelheit schwarze Wasser hinunter und aus irgendeinen Grund fing ich an zu kichern. Das lag wohl an den ganzen Alkohol den ich schon konsumiert hatte. Mein gekichere schwoll zu einem Lachen an und dieses war wohl in der ganzen Gegend zu hören. Mir war es jedoch egal. Sollten all die Idioten, die hier noch vorbei kamen sich doch denken was sie wollten und sich dann wieder verpissen. Es hatte keinen zu interessieren warum ich auf diesem verdammten Steingeländer dieser verdammten Brücke saß und wie eine Irre in die Nacht hinein lachte. Es tat gut. So verdammt gut. Es dauerte lange bis ich mich wieder beruhigte und tief Luft holend wischte ich mir eine Lachträne aus meinen Augenwinkeln. Mein Blick glitt abermals hinunter auf das kühle Nass und plötzlich fragte ich mich warum ich dieses Dasein nicht einfach beendete. Ich bräuchte nur zu springen und dann wäre es vorbei. Es war zwar nur ein daher gedachter Gedanke, der sich jedoch immer mehr und mehr verfestigte. Warum eigentlich nicht? Dann wäre ich das triste Dasein dass ich jeden Tag aufs neue dar legte endlich los. Würde keinen Schmerz und weiteren Verlust ertragen müssen. Würde endlich meine ersehnte Ruhe haben. Wäre frei. Ich starrte auf das schwarze Wasser hinunter und rutschte unbewusst bis zum Rand des Geländers vor. Berechnend sah ich nach unten und vermutete stark, dass ich mindestens Zehn Meter freien Fall haben würde. Der Fluss war nicht so tief. Ich würde auf den Grund aufschlagen. Mein Kopf würde auf den spitzen Steinen am Grund aufprallen, die durch das Wasser schon zu sehen waren. Oder Ohnmächtig werden und dann ertrinken. In Gedanken spielte ich mir mehrere Szenarien durch wie ich da unten ankommen würde. Es würde wehtun. Das stand fest. Trotzdem hatte ich eine Entscheidung getroffen. Ich würde springen. Meinen traurigen Dasein ein Ende bereiten. Tief holte ich Luft. Sammelte meinen letzten Mut zusammen, schloss meine Augen und machte mich zum Sprung bereit. „Hey, was zum Teufel soll das werden?!“ Erschrocken fuhr ich zusammen und drehte mich ertappt zu den Fremden um. Dabei pochte mein Herz so laut und schnell gegen meine Brust, dass es schon fast weh tat. Wieder mal. Aber das war eine andere Art von Schmerz. Stumm sah ich ihm in seine Pechschwarzen Augen. Wusste nicht was ich sagen sollte. ----------------------------------------------------------- Die Zeit heilt alle Wunden, aber nichts kann die Narben entfernen, die für immer an den Schmerz erinnern. Kapitel 4: Fremder Retter ------------------------- Wir starrten uns immer noch an. Ich erschrocken und sprachlos und er fassungslos und wütend? Zumindest dachte ich, diese Emotion in seinen Pechschwarzen Augen zu erkennen. Die Zeit schien zwischen uns stillzustehen, als wir uns weiter nur in die Augen starrten. Dann plötzlich und unvorbereitet ging ein Ruck durch seinen Körper und er machte einen Satz auf mich zu. Ich hatte gar keine Zeit irgendwie darauf zu reagieren. Spürte nur seinen festen griff um meinen rechten Oberarm und den darauf folgenden starken Ruck, als er mich spielend leicht vom Geländer der Brücke herunter zog. Mich auf den sicheren Boden zurück brachte. Taumelnd keuchte ich von seiner schnellen Reaktion überrumpelt auf und ich brauchte einen Moment um wieder einen sicheren Stand zu bekommen. Was gar nicht so leicht war, bei meinen momentanen Gemütszustand. Durch die ganze Aktion wurde mir stark wieder bewusst wie viel Alkohol ich mittlerweile Intus hatte. Die Welt drehte sich kurz und ich sah alles durch einen Tunnelblick. „Was zum Teufel sollte dass! Das war verdammt gefährlich! Wolltest du dich etwa umbringen oder was?!“ Das Gebrülle von meinem plötzlich auftauchenden Retter dröhnte in meinen Kopf und mein Schwindel wurde schlimmer, als er seine Hände auf meine Schultern legte und mich kräftig durchschüttelte. Dabei fluchte und beschimpfte er mich weiter, wie leichtsinnig ich doch gewesen sei und dabei hätte drauf gehen können. War er wohl noch nicht auf die Idee gekommen, dass das vielleicht genau meine Absicht gewesen war? Unwahrscheinlich. Er schob es wohl auf mein Alkoholkonsum und die darauf folgende Leichtsinnigkeit. Durch sein heftiges durchgeschüttel spürte ich förmlich wie mein Hirn erst vor und dann zurück gegen meine Schädeldecke krachte. Kein angenehmes Gefühl und meine Kopfschmerzen und der Schwindel wurden dadurch auch nicht besser. Außerdem wurde mir von dieser Aktion seinerseits schlecht. „Hey, antworte mir gefälligst!“, verlangte er mit einer scharfen und wütenden Stimme, als er endlich mit diesen gerüttel aufhörte. Ich fühlte mich mittlerweile, als wäre ich von einen Karussell heraus gekommen, dass sich mehrmals überschlagen hatte. Immer und immer wieder. Mein Magen machte Purzelbäume. „Ich muss kotzen.“ Dass war wohl nicht die Antwort die er erwartet hatte. Er starrte mich nur an, als ich mich aus seinen locker gewordenen Griff los riss und wieder zum Geländer der Brücke stürzte. Dieses mal aber nicht um in den sicheren Tod zu springen, sondern mich drüber zu lehnen und lautstark meinen Mageninhalt von mir zu geben. Immer wieder erbrach ich mich und als ich langsam glaubte an den ganzen würgen zu ersticken, spürte ich eine warme Hand auf meinen Rücken die diesen fürsorglich in kreisenden Bewegungen rieb und wenn ich stockte etwas klopfte. Das half ungemein. Schwer atmend und keuchend rang ich nach Luft, als ich den ganzen Alkohol wieder von mir gab, den ich vor nicht einmal einer viertel Stunde noch in mich rein geschüttet hatte. Kalter Schweiß stand mir auf der Stirn und ein zittern überzog meinen ganzen Körper, als ich mir mit meinen Handrücken undamenhaft über den Mund wischte und durch den ekligen Geschmack in meinen Mund mich fast schon wieder übergeben musste. Mein Hals brannte von der ganzen Misshandlung und das schlucken war mehr als unangenehm. „Geht´s wieder?“ Die Tränen, die sich in meinen Augenwinkeln gesammelt hatten wegblinzelnd sah ich auf in das Gesicht meines ungewollten Retters und Helfers in Not. Beinahe im selben Augenblick stöhnte ich auch schon auf und verdrehte genervt meine Augen. Das darf doch nicht wahr sein! Vor mir stand der Schwarzhaarige Typ, der mir heute Mittag mit seinen Blonden Trottel als Kumpel im Supermarkt begegnet war. Durch die ganze Ironie hier musste ich lachen. Da sah man doch mal wieder wie klein die Welt doch war. Immer noch kichernd hielt ich mich instinktiv an ihm fest, als ich kurz gefährlich zur Seite schwankte. In meinen Kopf drehte sich immer noch alles. „Hey, geht´s dir gut? Wie viel hast du denn getrunken, man!“ Prüfend ließ er seinen Blick von mir zu der Jacky-Flasche wandern, die einsam und verlassen immer noch auf dem Geländer der Brücke stand. Zu einsam, wie ich fand. „Auf jedenfall noch nicht genug. Da ist ja immer noch was drin.“ kicherte ich. Bevor der Schwarzhaarige reagieren konnte hatte ich mir die Flasche geschnappt und drückte den Flaschenmund abermals gegen meine Lippen. Das brennen des Whiskeys verschlimmerte zwar das brennen meiner geschundenen Speiseröhre, doch das war mir egal. Ich trank weiter. „Hey, bist du blöd?! Willst du wieder kotzen?!“, rief der Schwarzhaarige Typ und er riss mir die Flasche aus der Hand, als ich kurz abgesetzt hatte um Luft zu holen. Verdammt noch mal, was hatte der den für ein Problem? Tauchte hier einfach auf und nahm sich die Frechheit heraus mich herum zu kommandieren. Konnte er nicht einfach wieder abhauen und jemand anderen nerven? „Verdammt was tust du da?“ Wütend beobachtete ich ihn, wie er an das Geländer heran trat. Mit meiner Flasche in der Hand. Was hatte er vor? Das fand ich zwei Sekunden später heraus, als er die Flasche auf den Kopf drehte und der ganze schöne Whiskey in die Tiefe nach unten stürzte. Ungläubig riss ich meine Augen auf und rannte fluchend zu ihm um ihn aufzuhalten. „Hey, sag mal bist du bescheuert? Hör sofort auf damit!“ Doch es war schon zu spät. Die Flasche war leer. Der Alkohol weg. Fassungslos starrte ich in die Tiefe, ehe mein Blick zu den Schwarzhaarigen wanderte, der die nun leere Jacky-Flasche in den nahestehenden Mülleimer donnerte. Jetzt hatte ich das Bedürfnis ihn so richtig durchzuschütteln, so wie er es bei mir vorhin getan hatte. Vielleicht ging die Schraube wieder rein, die sich anscheinend in seinen Hirn gelockert hatte. Woher nahm er sich bitte das Recht heraus einfach den guten Alkohol wegzuschütten. Der war verdammt Teuer gewesen. Immer noch starrte ich ihn fassungslos an und rang um Worte. Es passierte nicht oft, dass ich sprachlos wurde, doch die Dreistigkeit von diesen Typen, hatte mich unvorbereitet getroffen und mich komplett überrumpelt. „Warum hast du das gemacht?“ Ich klang schon fast verzweifelt. Schließlich hatte er das Zeug weggeschüttet, das meinen Schmerz in der Brust betäuben sollte. Der mir die gewünschte Leere und Gleichgültigkeit wieder geben würde, die ich so sehr brauchte. Verstand er überhaupt was er angerichtet hatte? Nein. Natürlich nicht. Er verstand gar nichts. Wahrscheinlich glaubte er das richtige getan zu haben, da er ein betrunkenes Mädchen aufgegabelt hatte, die durch ihre Leichtsinnigkeit fast von der Brücke gefallen wäre. Brüstete sich wohl damit, wie Heldenhaft er doch jetzt war. Solche Typen fand ich einfach zum kotzen. Egal wie gut sie aussahen. Und dass er das tat, war absolut keine Frage. Er sah aus wie die männlichen Super-Models aus den Zeitschriften. Sein perfekt gestyltes Rabenschwarzes Haar, das ihm hinten etwas vom Kopf abstand glänzte im Schein der etwas weiter weg stehenden Straßenlaterne leicht bläulich und zwei längere Strähnen fielen ihm verspielt um sein schön geformtes Gesicht. Seine Pechschwarzen Augen sahen mich mit einem Blick an, bei denen andere Frauen schmachtend in Ohnmacht gefallen wären. Alle außer mir. Es war mir egal wie er aussah. Fakt war, dass er mir meinen Jacky weggeschüttet hatte und dann auch noch so tat als wäre er im Recht. Ich hasste solche Typen. Angewidert sah ich ihn kurz von oben bis unten an, ehe ich mich abrupt umdrehte und dabei ignorierte, dass ich dabei gefährlich schwankte. Sollte er sich doch zum Teufel scheren. „Hey, was hast du vor?“, rief er mir nach und ich hörte sein Misstrauen aus seiner Stimme heraus. „Ich kauf mir eine neue Flasche.“ „Das ist doch nicht dein Ernst oder?!“ Und ob es das war. Ich hatte schließlich nicht den Rest in die Fluten gekippt, so dass ich jetzt Nachschub brauchte. Er war daran schuld, dass sollte er ruhig merken. Seine Worte nicht weiter beachtend lief ich schwankend weiter, obwohl ich mich wirklich darauf konzentrierte es nicht zu tun. Klappte nur nicht. „Hey, jetzt warte doch mal!“ Mit schnellen Schritten hatte er mich eingeholt und packte mich wieder an meinen rechten Oberarm, um mich zum stehen zu bringen. „Fass mich nicht an!“, fauchte ich wütend, als ich mich aus seinen griff los riss und mich zu ihm umdrehte. Das gleiche hatte ich heute Mittag schon bei seinem Blonden Kumpel getan, doch anders wie dieser zeigte der Schwarzhaarige überhaupt keine Reaktion auf mein tun. Er sah mich einfach nur an. Ich sah trotzig zurück. Ignorierte dabei, dass sich wieder alles um mich drehte. Verdammter Alkohol. „Hey…“, begann er, doch ich unterbrach ihn gereizt. „Hör auf mich immer Hey zu nennen, das nervt!“ „Ach und wie soll ich dich sonst nennen?“ „Keine Ahnung.“ „Dann muss ich wohl beim Hey bleiben.“ „Mach doch was du willst.“ Abermals drehte ich mich zum gehen um. Genervt von dieser sinnlosen Diskussion die wir da führten. Leise Schritte verrieten mir dass er mir folgte. Doch das war mir egal. Trotzdem konnte ich es nicht lassen einen Blick zu ihm hinter zu werfen. Die Hände lässig in seinen beiden Hosentaschen seiner schwarzen Denim- Jeans lief er nicht mal zwei Schritte von mir entfernt. Mein Blick wanderte weiter nach oben und musterten das weiße T-Shirt das eng an seine Haut schmiegte und von der schwarzen Lederjacke halb verdeckt wurde. Trotz alledem konnte man die antrainierten Muskeln darunter erkennen. Er strahlte etwas Faszinierendes und auch leicht Gefährliches aus. Ein waschechter Bad Boy, wie er im Buche stand. Schnaubend wandte ich meinen Blick wieder nach vorne und beschleunigte etwas meine Schritte. Es machte nicht den Anschein als würde er sich in nächster Zeit verduften. Wenn ich ihn also schon nicht los wurde, dann sollte er mir gefälligst nicht auf die Pelle rücken, wenn er mir schon wie ein Anstandswauwau hinter her dackelte. Stumm liefen wir durch die Straßen Konoha´s auf der Suche nach einem Laden, wo ich mir Nachschub kaufen konnte. Doch irgendwie war es schwer geworden überhaupt einen Laden zu finden. Irgendwie hatte ich meinen Orientierungssinn verloren. Blinzelnd blieb ich stehen und sah mich um. Waren wir nicht im Park? Dicke und hochgewachsene Bäume und Büsche die von dem zuständigen Gärtner schön in Szene gesetzt wurden und so die ruhige und idyllische Atmosphäre von dem Park unterstrichen, tauchten vor mir auf. Im dunklen waren sie allerdings nur meterhohe dunkle schwarze Schatten, die schon fast eine unheimliche Stimmung verbreiteten. Die wenigen Straßenlaternen, die nur sperrig Licht spendeten verhinderten auch nicht, dass mir ein kalter Schauer über den Rücken lief und mir eine gehörige Gänsehaut verpasste. Mit einen leicht mulmigen Gefühl starrte ich in die Schatten und erwartete schon fast, dass gleich ein Mörder im Clownskostüm grusselig pfeifend dort im Dickicht auftauchte und wahnsinnig Lachend auf mich zugerannt kam. Ohne Vorwarnung lachte ich über diese absurde Gedanken los. Ich sollte mir wohl nicht mehr so viele Horrorfilme ansehen. „Was ist denn so lustig?“ Immer noch kichernd sah ich zu meinem stillen Begleiter, der immer noch hier war. Wollte er mir jetzt die ganze Nacht verfolgen? Hatte er nichts Besseres zu tun? Anscheinend nicht, denn fast schon gelangweilt tippte er auf seinen Smart Phone herum. Das Display erleuchtete dabei sein Gesicht und in dem künstlichen Licht wirkte seine eh schon helle Haut noch blasser. Fast schon Geisterhaft. Mit einem neutralen Gesichtsausdruck sah er mich an, als er den Bildschirm wieder ausschaltete und sein Handy zurück in seine Hosentasche steckte. „Wolltest du dir nicht Nachschub besorgen? Wenn ja, dann sind wir hier falsch“, stellte er nüchtern und auch leicht sarkastisch fest. Ich ging nicht darauf ein. Mein Gesicht wurde auch wieder ernst, als ich ihn weiter forschend ansah. „Warum bist du immer noch hier?“, überging ich seine spöttischen Worte und mir wurde bewusst, dass es mich wirklich interessierte. Außer Ino, die mich eigentlich mit ihrem Gequassel nur nervte, war er der einzige der mir bewusst hinterher rannte und dabei überhaupt nichts von mir wollte. Deswegen verstand ich auch nicht, warum er so seine Zeit verschwendete. Er hätte in diesen Moment seinen Interessen nachgehen können, als mit einem betrunkenen und fremden Mädchen hier im Nirgendwo zu stehen und seine Zeit zu verplempern. „Weil ich es will.“ Ungläubig zog ich eine meiner Augenbrauen hoch. Das glaubte er doch selber nicht. Selbst ich würde das nicht machen. Viel zu lang hatte ich Psychologe für andere gespielt. Gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Mich an falsche Freunde festgeklammert, die mich dann einfach wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen hatten, als ich ihnen nicht mehr vom nutzen war. Ich hatte nun endlich aus meinen Fehlern gelernt. Schon lange ließ ich keinen mehr an mich ran, weil ich in vorhinein schon wusste, dass ich von dieser Person eh nur ausgenutzt und dann zurück gelassen wurde. Auf dies konnte ich getrost verzichten. Lieber war ich allein. Da konnte keiner auf meinen Gefühlen herum trampeln und mich noch tiefer in den Boden trampeln, als ich ohnehin schon drin steckte. Deshalb konnte ich seinen Worten keinen Glauben schenken. Weil er es wollte? Zum Teufel. Plötzlich gegen Tränen ankämpfend, die sich in mir bei diesen negativen Gedanken hoch gekommen waren, senkte ich meinen Blick. Drängte den erneuten Brechreitz wieder hinunter. Deswegen hielt ich mich von anderen fern. Wollte keinen neuen Kontakt knüpfen. Weil man eh nur dreckig ins Gesicht angelogen wurde und mich dann genauso beschissen fühlen würde, wie ich es jetzt tat. Ohne Vorwarnung hob sich mein Magen erneut und ich presste meine linke Hand vor den Mund, als ich mich blitzschnell umdrehte und zu dem erst besten rannte, in dass ich hinein reiern konnte. Es war der Mülleimer, der Morgen nach Kotze stinken würde, doch das war mir egal. Wieder gab ich meinen ganzen Mageninhalt von mir, was ja eigentlich nicht viel war, da ich den ganzen Tag so gut wie nichts gegessen hatte, bis nur noch Gallensäure kam. Selbst dann hörte ich nicht auf zu würgen. Abermals war der Schwarzhaarige an meiner Seite, rieb mir wieder beruhigend über meinen Rücken und hielt mir mein Schulterlanges Haar aus dem Gesicht. Am ganzen Körper zitternd rang ich stockend nach Atem, als ich mir mit meiner Hand über den Mund wischte und mich einfach auf den kühlen Boden setzte. Meine wackeligen Beine wollten mich einfach nicht mehr länger tragen. Mit leerem Blick sah ich zu Boden und versuchte das zittern, dass von meinem Körper Besitz ergriffen hatte, wieder zu unterdrücken. Vergeblich. „Geht´s wieder?“ Ich sah hoch in das Gesicht des Schwarzhaarigen, der sich zu mir herunter gekniet hatte. Er sah besorgt aus. Machte er sich etwa Sorgen um mich? Gleich schüttelte ich diesen Gedanken wieder ab. Wieso sollte er? Er hatte absolut keinen Grund dazu. Ich nickte nur knapp ihm zur Antwort zu und sah wieder zur Seite zu Boden. „Soll ich dich nach Hause bringen? Schlaf würde dir jetzt guttun.“ Ich sah weiter auf den gleichen Punkt am Boden als ich leicht meinen Kopf schüttelte. „Ich will nicht nach Hause.“ Denn dort würde ich sowieso keinen Schlaf finden. Ich würde mich nur wieder an den Schmerz erinnern, den ich dort zurück gelassen hatte und ich wusste jetzt schon wo ich wieder landen würde. Am Boden meines Badezimmers mit der Rasierklinge in der Hand. Den erneut aufkeimenden Schmerz bekämpfend. Bei diesen Gedanken musste ich schon fast wieder würgen. Nein. Dahin wollte ich noch nicht zurück. Nicht wenn ich noch viel zu aufgewühlt und zu schwach war um mich für den erneuten Schmerz zu wappnen. „Ok und wo willst du dann hin?“ Ich zuckte mit den Schultern. Einfach hier bleiben? Die kleine metallgraue Bank mir gegenüber sah doch ganz nett aus. Morgen früh würde mir mein Rücken zwar den Dienst verweigern, doch das war das kleinere Übel. Ich würde mit den ersten Sonnenstrahlen aufwachen und wahrscheinlich von gaffenden Leuten umzingelt sein, die eifrig Foto´s von mir schossen um es Online zu stellen. Schon jetzt sah ich mich als große Schlagzeile des Tages und würde über Nacht zum Star in Facebook und YouTube werden. Mich würde es interessieren wie viele Klicks und Likes ich bekommen würde, während sich alle köstlich über mich amüsierten und mich auslachten. Mit einen mal fand ich meine Idee hier zu bleiben doch nicht mehr so toll. Das leise Seufzen des Schwarzhaarigen ließ mich zu ihm sehen. Er fuhr sich durch seine Rabenschwarzen Haarpracht und schien über etwas nachzudenken. Denn eine Sekunde später lag sein Blick wieder auf mir. Den kleinen Häufchen Elend dass vor ihm saß und mit leeren Blick zu ihm aufsah. „Du könntest zu mir mitkommen, wenn du willst.“ Reglos starrte ich ihn an. Sprach kein Wort. Bewegte sonst keinen Muskel, den er als Zeichen deuten konnte, was ich von seinem Vorschlag hielt. Ich sollte mit zu ihm kommen? War das sein Ernst? Anscheinend schon denn er schien auf eine Antwort zu warten. Geräuschvoll stieß ich die Luft wieder aus, die ich eingeatmet hatte und senkte meinen Blick wieder zu Boden. Immer das gleiche. Alle boten mir ihre Hilfe an, die ich doch gar nicht wollte. Warum taten sie dass immer und immer wieder. Selbst ein mir völlig Fremder kniete vor mir und wollte mir helfen. Warum? „Ich brauch keine Hilfe“, sprach ich leise, aber bestimmend. Ich brauchte sie nicht. Ich kam sehr gut alleine klar. Aber kam ich denn alleine klar? Wollte ich den insgeheim nicht, dass mir jemand half? Schrie mein geschundenes Herz nicht danach, nicht mehr alleine zu sein? Ich verdrängte diese Gedanken wieder. Drückte sie wieder in das finstere Eckchen meines geschundenen Innerstes und vermied es den Schwarzhaarigen anzusehen, der mich mit einem ruhigen Blick betrachtete. Irgendwie und ich wusste ums verrecken nicht warum, kam es mir so vor, als könnte er tief in mein Innerstes schauen. Holte unbewusst die Gefühle in mir hoch, die ich vor anderen wegschloss. „Hn“, war das einzige was er auf meine Worte reagierte. Löste aber seinen Blick keine Sekunde von mir. „Für eine Möglichkeit musst du dich aber entscheiden. Entweder ich bring dich nach Hause oder du kommst mit zu mir. Allein werde ich dich hier aber nicht lassen!“ Wieder zuckte ich nur mit meinen Schultern auf seine Worte hin. Es war mir mittlerweile egal was er tat. Die gewünschte Leere breitete sich endlich wieder in mir aus und ließ alles um mich herum egal werden. Mir war es egal ob er mich nach Hause brachte oder mit zu sich nahm. Es spielte alles keine Rolle mehr. Das einzige das mich jetzt gut stimmte, war, dass endlich dieser verfluchte Schmerz in meiner Brust verschwunden war. Er mir mein Herz nicht mehr zusammen drückte. Ich schloss kurz meine Augen. Genoss die erfrischende Leere in mir. Es tat so verdammt gut nichts mehr zu fühlen. „Vertrau mir.“ Diese leis gesprochene zwei Wörter wogen mehr als er womöglich ahnte. Zweifelnd sah ich ihm in die Augen. Suchte in seinen Pechschwarzen Irden etwas zu erkennen, ob er es auch wirklich so meinte, was er gesagt hatte. Konnte ich ihn wirklich vertrauen? Nein. Ich hatte keinen Grund dazu. Wir waren uns fremd. Und doch. Irgendwas hatte der Schwarzhaarige an sich was mich zögern ließ. Was mich auf meiner Unterlippe kauend seine ausgestreckte Hand anstarren ließ. Konnte ich es wagen? --------------------------------------------------------- Wenn du einmal verletzt wurdest, dann zweifelst du immer wieder daran anderen zu vertrauen. Kapitel 5: Zwei Brüder ---------------------- Ein dröhnender im Gleichtackt pochender Schmerz suchte mich Heim als ich erwachte. Stöhnend presste ich meine beiden Handflächen auf meine Stirn und drehte mich so, dass ich halb auf der Seite und halb auf den Bauch lag und drückte mein Gesicht in das Kopfkissen. Wenn ich gedacht hatte so dem widerlichen Pochen in meiner Schädeldecke zu entkommen, wurde ich gleich eines besseren belehrt. Es gab nicht nach, nein. Es wurde schlimmer. Wieder stöhnend drehte ich mich zurück auf den Rücken und öffnete blinzelnd meine Augen. Was ich sogleich auch wieder bereute. Durch die Helligkeit im Zimmer, da die Vorhänge vor dem Fenster nicht zugezogen waren, schwoll das stechen noch mehr an. Wieder ein gequältes stöhnen meinerseits. Leise vor mich hin fluchend richtete ich mich auf und erstarrte sogleich wieder. Das war nicht mein Zimmer. Nicht mein Bett. Und schon gar nicht mein Nachthemd. Adrenalin jagte durch meinen Körper und panisch blickte ich mich im unbekannten Zimmer um. Was war hier los? Wo war ich? Und vor allem, wie bin ich hier her gekommen? Mein Blick blieb an den kleinen Nachtschränkchen rechts neben den Bett hängen, auf den ein Glas Wasser und eine Aspirin abgestellt wurden. Ich konzentrierte mich aber eher auf den kleinen Zettel, der an dem Glas angelehnt in meine Richtung zeigte. Nimm das. Es wird dir helfen! Sofort beruhigte ich mich wieder, als ich mich dunkel an den vergangenen Abend zurück erinnerte. Ich konnte mir immer noch nicht erklären, warum ich seine Hand ergriffen und mit ihm mit gegangen war. Warum ich seine Hilfe angenommen hatte. Ein nachträglich ungutes Gefühl breitete sich in mir aus und ließ mich zweifelnd auf meiner Unterlippe kauen. Hatte ich da nicht einen großen Fehler gemacht? Schon lange hatte ich keinen mehr so nah an mich ran gelassen, wie diesen Schwarzhaarigen Kerl. Vertrau mir, hatte er gesagt. Aber konnte ich das? Gestern hatte ich mich noch zögernd dafür entschieden es zu tun, aber jetzt wusste ich in meinen nüchternen Zustand nicht mehr so richtig, ob dies wirklich eine so gute Idee gewesen war. Schließlich wusste ich doch jetzt schon wieder wie das ganze hier enden würde. Schon sehr bald würde ich diesen Fehltritt meiner Schwäche wieder bereuen. Er wird mich genauso behandeln wie all die anderen vor ihm es schon getan hatten und mich genauso wie sie fallen lassen. Wütend über mich selber kralle ich meine Finger in den dunkelblauen weichen Stoff der Decke. Ich war so dumm. Nie hätte ich es so weit kommen lassen dürfen. Mein Blick wanderte wieder zu den Zettel und der Erlösung von meinem Kater und finster starrte ich die fein säuberlich mit Kugelschreiber geschriebene Schrift an. Ich würde mir von ihm nicht noch einmal helfen lassen. Auch nicht wenn mein Kopf von den hässlichen Pochen platzen würde. Trotzig warf ich die Bettdecke zur Seite und schwang meine Beine über die Bettkante. Kurz blieb ich noch auf dieser sitzen und wartete bis der Schwindel, der das Zimmer sich wie ein Karussell um mich drehen ließ, sich etwas gelegt hatte. Langsam erhob ich mich und schwankte kurz, ehe ich mein Gleichgewicht wieder fand und zu meinen Klamotten hinüber schlurfte, die fein säuberlich auf den Stuhl zusammen gelegt waren. Ich würde klang und heimlich hier abhauen und diesen Vorfall mit diesen Typen vergessen. Ich würde ihn nie wieder sehen. Schließlich kannte er mich nicht. Weder wer ich war noch woher ich kam. Ich hatte ihm nichts erzählt, nicht mal meinen Namen wusste er. Nichts. Ich war nur eine Fremde die er rein zufällig bemerkt, aufgegabelt hatte. Ein kleines Lächeln erschien auf meinen Lippen, als ich nach dem Saum des schwarzen viel zu großen T-Shirt`s griff und es mir über den Kopf zog. Er hatte sich die falsche heraus gesucht, die er verarschen konnte. Wieder in meinen eigenen Klamotten schlich ich zur Zimmertür und öffnete diese leise einen kleinen Spalt. Mein Herz pochte etwas schneller gegen meinen Brustkorb als ich angesträngt lauschte. Nichts. Alles war still und kein Geräusch drang an meine Ohren. War das jetzt gut oder schlecht? Unschlüssig kaute ich mal wieder auf meiner Unterlippe, was ich zur Zeit auffallend häufig tat und wog meine Chancen ab. Vielleicht schlief er ja noch und ich konnte klang heimlich aus seiner Wohnung schleichen. Oder aber ich rannte ihn mitten in die Arme und dann… tja was machte ich dann? Keine Ahnung. Ich würde improvisieren müssen. All meinen Mut zusammen kratzend und mit der leisen Hoffnung hier ungesehen entkommen zu können, schlich ich in den Gang und lauschte alle paar Schritte auf irgendein Geräusch, während ich den Ausgang suchte. Doch ich hörte nichts. In der Wohnung war es komplett still. Ein siegessicheres Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, als ich die Wohnungstür erspähte und dankte gerade jeden Gott, dass ich so viel Glück im Unglück hatte und mich vor einer weiteren Begegnung mit dem Typen bewahrte. Ich würde jetzt aus dieser Tür treten und dieses Erlebnis so schnell wie möglich wieder vergessen. Ein Höhegefühl breitete sich in mir aus und ohne noch weiter groß nachzudenken jetzt so kurz vor meinem Ziel noch aufgehalten zu werden, trat ich einen weiteren Schritt nach vorne. „Willst du einfach gehen ohne dich zu verabschieden?“ Das Blut gefror mir in meinen Adern und ertappt blieb ich mitten in meiner Bewegung stehen. Vergas sogar vor Schreck einen Moment lang zu atmen, während mein wild schlagendes Herz mir direkt in die Hose rutschte. Erwischt! Ganz langsam und bedacht keine zu hecktischen Bewegungen zu machen, entspannte ich meinen Körper wieder und atmete meine Augen kurz schließend tief durch, ehe ich meinen ganzen Mut zusammen kratzte und mich umdrehte. „Und wenn es so wäre?“ Trotzig und mein immer noch wild schlagendes Herz ignorierend sah ich ihn mit erhobenen Haupt entgegen. Er soll ruhig merken, dass ich nicht klein bei geben würde. Ein amüsiertes Lachen entfloh ihm und er musterte mich mit einem Interessierten Blick. „Da ist uns aber ein starrsinniges kleines Vögelchen ins Haus geflattert!“ Ich verengte meine Augen und musterte ihn ebenfalls. War er der gleiche Typ von gestern? Irgendwie kam er mir anders vor. Mein Blick fiel auf seine schwarze Mähne und leicht runzelte ich meine Stirn. Waren diese gestern auch schon so lang gewesen? Ich hatte sie irgendwie kürzer in Erinnerung. Auch war es offensichtlich dass er eindeutig älter war wie ich und seine Reife, sowie sein eindeutig männlicher Charme schlugen mir wie ein Presslufthammer entgegen, sodass mir fast die Luft wegblieb. Misstrauisch besah ich ihn mir von oben bis unten. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Mein Gefühl sagte mir, das er ein ganz anderer war, wie der von gestern. Ein wissender Ausdruck erschien in seinem Gesicht, als er mein Misstrauen bemerkte. Freundlich lächelte er mich an und ging einen Schritt weiter auf mich zu. „Du fragst dich wohl wer ich bin oder?“ Eigentlich sollte es mir ja egal sein, wer er war, mich einfach umdrehen und diese verdammte Wohnung und diesen Typen hinter mich lassen. Doch irgendwas ließ mich hier verharren und ihn aufmerksam betrachten. Etwas was ich nicht benennen konnte. Kurz nickte ich zur Antwort und mein Gegenüber lächelte wieder sein unverschämt charmantes Lächeln. Er wusste sehr wohl wie man eine Frau umgarnte. War ja auch nicht schwer bei seinem sündhaft guten Aussehen. Die Frauen müssten ihm Scharrenweiße vor den Füßen liegen. „Ich bin der große Bruder von Sasuke. Ich war ziemlich überrascht als er gestern mit einem Mädchen nach Hause gekommen ist. Dass kommt bei ihm nämlich nicht häufig oder eigentlich gar nicht vor.“ Ich zog nur fragend meine Augenbraue hoch. Sasuke? Wer zum Teufel war dass denn jetzt? Ein leises seufzen ließ mich wieder zu meinen Gegenüber schauen. Dieser strich sich genervt übers Gesicht, als er mein fragendes Gesicht bemerkte. „Ihr habt euch nicht vorgestellt oder?“ Ein Kopfschütteln meinerseits reichte aus um ihn wieder leise seufzen zu lassen. „War ja klar“, meinte er nur, als er zu mir trat und seine rechte Hand auf meinen Rücken legte. Als klares Zeichen, dass ich ihm folgen sollte. „Komm Kleine, warum gehen wir nicht in die Küche?“ Ohne auf meine Zustimmung zu warten dirigierte er mich in diese und kurze Zeit später fand ich mich am Esstisch ihm gegenüber sitzend wieder. „Kaffee?“ Ich schüttelte nur angewidert mit dem Kopf und rümpfte die Nase, als mir der widerliche Gestank dieses heißen Getränks in die Nase stieg. Ich war noch nie in Fan von diesem eklig schmeckenden Zeugs gewesen und ich verstand einfach nicht wie man danach süchtig werden konnte. Manche Leute schütteten sich diese braune Brühe den ganzen Tag rein, dass war für mich unvorstellbar. Der Schwarzhaarige zuckte auf meine Reaktion hin nur mit seinen Schultern und goss sich eine Tasse ein. Angewidert beobachtete ich ihn dabei und als der Geruch mir erneut und dieses mal intensiver in die Nase drang, spürte ich Übelkeit in mir hoch kommen. Ebenso wurde das Pochen in meinem Kopf, das ich bis jetzt gut ignorieren konnte wieder etwas schlimmer. Grummelnd rieb ich mir mit meinen Fingerspitzen meine Schläfe und versuchte die leichte Übelkeit zu ignorieren. „Anscheinend hast du die Aspirin die dir Sasuke hingestellt hat nicht genommen oder?!“ Ein kleines grummeln meinerseits war für ihn Antwort genug. Wieder seufzte er, als er sich zu den Küchenschränken umdrehte und nach einen Glas griff. Eine Minute später stand dieses mit Wasser gefüllt und eine Aspirin vor mir. Kurz beäugte ich diese helfende Geste von ihm und zögerte nur einen kurzen Moment ob ich seine Hilfe annehmen sollte oder nicht. Das dröhnen in meinem Kopf ließ mich jedoch schnell eine Entscheidung treffen und ich griff nach dem Glas. Bedanken würde ich mich aber nicht, dass konnte er sich abschmieren. Ich hatte ihn ja schließlich nicht darum gebeten mir zu helfen. „Besser?“ Ich nickte nur. Mir ging es wirklich besser, als ich nach ein paar Minuten merkte, wie die Arznei ihre Wirkung entfaltete. „Übrigens ich heiße Itachi und wie ist dein Name?“ „Geht dich nichts an.“ Die Stille die sich plötzlich schwer zwischen uns ausbreitete bereitete mir irgendwie ein ungutes Gefühl im Magen. Ließ mich leicht unruhig werden obwohl es mir eigentlich egal sein sollte. Es war nicht mein Problem, dass sie mich hier als Gast aufgenommen hatten. Ich hatte das nicht von diesen Sasuke verlangt. Er wollte mich in meinem kotzenden Zustand nicht alleine lassen. Schön. Sehr heldenhaft von ihm. Doch war es seine Entscheidung gewesen mich hier her zu bringen, also konnten sie ruhig wissen, dass ich mit dieser nicht zufrieden war. In Zukunft würde ich mich hüten, wo ich das nächste mal mich betrank. Ein zweites mal konnte ich so ein Erlebnis nicht gebrauchen. Es stellte sich ja schon als schwierig heraus, von hier abzuhauen. Eine Situation in der ich zuvor noch nie gewesen war. Plötzlich war alles freundliche aus Itachis Gesicht verschwunden und er sah mich mit einen harten Ausdruck aus seinen Pechschwarzen Augen an. Mit einen mal breitete sich eine Kälte um ihn aus und er sah gerade wirklich sehr beängstigend aus. Mich schüchterte er jedoch nicht ein. Was hatte ich denn auch schon groß zu verlieren? Das einzige was mir drohte, war, dass er mich gleich hochkant aus der Wohnung warf. Damit würde er mir sogar einen großen Gefallen tun. Von seinen scharfen Blick also komplett unbeeindruckt lehnte ich mich entspannt in den Stuhl zurück und beobachtete ihn meinerseits ruhig und abschätzend. Was würde er jetzt tun? „Du hast wirklich absolut keine Manieren.“ Ein lautes Geräusch erklang, als er seine Tasse etwas zu heftig auf den Tisch abstellte. Jedoch schenkte er dies keine Beachtung, als er sich leicht über den Tisch in meine Richtung beugte und mich immer noch mit diesem kalten und harten Blick ansah. Ich ließ mich jedoch weiterhin nicht einschüchtern. Schon fast herausfordernd verschränkte ich meine Arme vor der Brust, reckte trotzig mein Kinn vor und hielt seinem Blick stand. Er machte mir keine Angst. Dass sollte er ruhig merken. „Da wo ich her komme, stellt man sich seinen Gastgeber vor und bringt ihm gegenüber den nötigen Respekt mit. Aber anscheinend hat man dich mit einer Pistole durch die Kinderstube geschossen!“ Wut kochte in mir hoch, als ich seine Worte hörte. Brodelnd breitete sie sich langsam in meinen Körper wie Gift aus und ich ballte meine Hände zu Fäusten, dass er jedoch nicht sah, da ich immer noch meine Arme vor der Brust verschränkt hielt. Hatte er gerade allen ernstes meine Mutter beleidigt? Sie beschuldigt, mich nicht richtig erzogen zu haben? Meine Wut verstärkte sich bei dieser Erkenntnis noch mehr. Ein beben überzog meinen Körper und in meinem Nacken, Rücken, Bauch und Wangen breitete sich eine kribbelnde Wärme aus, die mich leicht zum schwitzen brachte. Schon eine Ewigkeit hatte mich keiner mehr so wütend gemacht wie er in diesen Moment. Seit langer Zeit hatte ich kein Bedürfnis mehr verspürt, jemanden zu verprügeln. Hatte schon lang mein hitziges Temperament nicht mehr mit mir durchgehen lassen. Doch jetzt gerade in diesen Augenblick überkam mich eine gute Lust ihm die Fresse zu polieren. Meine geballte Faust solange in sein Gesicht zu schlagen, bis sein schmerzhaftes Stöhnen und blutende Nase mich zufrieden stellte. Er meinte also, ich hatte keine Manieren? Da lag er verdammt noch mal richtig. Itachi hatte sich ebenfalls in seinen Stuhl zurück gelehnt und beobachtete mich. Sein Blick hatte etwas an Härte verloren und ich bildete mir ein, ein leichtes heben seines rechten Mundwinkels zu beobachten, dass nicht mal als Lächeln durchgehen konnte. Dies ließ mich wieder etwas runter kommen. Hatte er mich etwa bewusst provoziert um meine Reaktion zu beobachten? Was hatte er denn bitteschön davon? Vielleicht machte es ihm aber auch nur Spaß andere auf die Palme zu bringen. Leicht verengte ich meine Augen und erwiderte ruhig seinen Blick. Ließ mir meine Wut, die ich immer noch sehr intensiv verspürte, mir nicht anmerken. Wenn er wirklich darauf aus gewesen war, dass ich ausrastete, hatte er bei mir kein Glück. Wenn ich wollte, hatte ich mich perfekt unter Kontrolle. Wenn er Spielchen spielen wollte, bitteschön. Das konnte ich auch. „Sakura.“ „Hn?“ „Mein Name.“ Itachi zog leicht seine Augenbraue hoch, als könnte er nicht glauben, dass ich nachgegeben hatte. Zudem hatte ich ein Lächeln im Gesicht und zuckersüß gesprochen. Na? Hatte ich nicht gute Manieren? „Freut mich sehr, Sakura.“ Er sprach meinen Namen so aus, als wäre jeder Buchstabe ein reiner Genuss auf seiner Zunge. Eine Gänsehaut zog sich wie automatisch über meinen Körper und mein Herz machte einen Satz, während mir kurz der Atem stockte. Was machte der Kerl nur mit mir, dass mein Körper so auf ihn reagierte? Es war schon fast beängstigend. Solche Gefühle kannte ich nicht. Ein wissendes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus, als er wieder seine eindeutig geselligere Seite aufsetzte und mir sogar anzüglich zuzwinkerte. Ich hatte keine Ahnung was dies hier alles zu bedeuten hatte. Naja. Zu meiner Verteidigung musste gesagt sein, dass ich keine Expertin in Sachen Gefühle und so war. Das einzige was ich mit Sicherheit wusste, dass ich immer mehr den Drang verspürte, hier so schnell wie möglich zu verschwinden. Ich würde hier keinen Fuß mehr rein setzten. Diese beiden Brüder waren doch nicht mehr ganz normal. Egal wie gut dass sie aussahen. Trotzdem hatten die beiden etwas an sich was mich faszinierte. Ich wusste nicht was, aber irgendetwas war an ihnen, dass mich dazu veranlasste hier auf diesen verdammten Stuhl zu verweilen und nicht schon längst verschwunden zu sein, wie ich es normalerweise längst getan hätte. „Ah, du bist wach.“ Aus meinen Gedanken gerissen, drehte ich mich auf den Stuhl halb um und sah zu der Person, die lässig im Türrahmen lehnte. Es war der Typ, der mich überhaupt hier her gebracht hatte. Der Typ, von dem ich jetzt wusste, dass er Sasuke hieß. Kurz musterte ich ihn. Die beiden sahen sich wirklich sehr ähnlich. Kein Wunder also, dass ich sie im ersten Moment verwechselt hatte. Er schien wohl bis eben noch geschlafen zu haben, denn sein gestern noch perfekt gestyltes Haar war nun verwuschelt und einige Strähnen standen in merkwürdigen Winkeln ab, was ihn aber ebenfalls gut stand, genauso wie sein Schlabberlook, den er wohl zum Schlafen trug. Sasuke stemmte sich vom Türrahmen ab und trat fast lautlos näher. Wahrscheinlich hatte ich aus diesem Grund auch nicht mitbekommen, wie er in die Küche gekommen war. Er schenkte sich ebenfalls etwas Kaffe ein. Eindeutig ebenfalls ein Kaffee-Junkie wie sein älterer Bruder. Dieser beobachtete stillschweigend die Situation und schlurfte ebenfalls an seinem Getränk. Sasuke nickte ihm nur kurz zu, ehe seine dunklen Augen auf mir ruhten. So viel dazu, zu behaupten ich hätte keine Manieren. Was hatte der denn dann? Doch seltsamerweise wies Itachi ihn für seine mangelnde Begrüßung nicht zurecht und erst jetzt kam ich dahinter, was das ganze Theater vorhin zu bedeuten hatte. Dieser Mistkerl hatte mich absichtlich provoziert und mich in den Glauben gelassen, er würde dies nur aus persönlichen Vergnügen tun. Dabei wollte er nur meinen Namen erfahren und ich dumme Kuh hatte ihn auch noch bereitwillig in die Hände gespielt. Abrupt sank meine Laune wieder in den Keller und meine Wut kehrte zurück, die ich mir aber wieder nicht anmerken ließ. Noch einmal würde ich ihm nicht so entgegenkommend sein. „Hast du gut geschlafen?“ Mein Blick flog zu Sasuke hinüber und innerlich ermahnte ich mich nicht zu fies zu ihm zu sein. Schließlich konnte er nichts dafür, dass sein Bruder so eine miese Masche abgezogen hatte, um mir meinen Namen zu entlocken. Leicht legte ich meinen Kopf zur Seite und setzte ein leicht gekünsteltes Lächeln auf. Schließlich hatte meine Mutter mich gut erzogen. Nicht wahr? „Oh ja. Der Alptraum findet überhaupt kein Ende mehr.“ ----------------------------------------------------------- Irgendwann lässt du niemanden mehr an dich ran, obwohl du vielleicht willst, bleibst du auf Distanz. Kapitel 6: Scheiß Tag --------------------- Genervt schnaubte ich auf und sah wohl schon zum hundertsten mal auf die Uhr, die mir gegenüber über der Tafel an der Wand hing, nur um festzustellen, dass erst eine Minute vergangen war seitdem ich das letzte mal darauf geschaut hatte. Ich konnte es kaum noch erwarten hier wieder zu verschwinden. Nur spielte die Uhr nicht mit, denn die Zeit verging überhaupt nicht und das trug zu meinen momentanen Gemütszustand bei. Schlecht gelaunt ignorierte ich eisern meinen Lehrer, der ganz vorne im Raum stand und eine Definition nach der anderen herunter rasselte, wie man Beschwerden wie Blähungen, Verstopfung oder Durchfall erkannte und mit den richtigen Mittelchen dagegen ankam. Total langweilig wie ich fand. Wenn ich solche Beschwerden verspürte, ging ich in die Apotheke und holte mir Tabletten gegen Bauchscherzen. Dabei war mir es völlig egal, wie das ganze entstand und zu dem Schmerz führte, solange die Tablette wirkte und mir Linderung verschaffte. Mein Blick glitt abermals zu der Uhr und wieder hatte sich der große schwarze Zeiger kein bisschen von der Stelle bewegt. Innerlich vor mich hin brodelnd und alles und jeden verfluchend drehte ich leicht meinen Kopf zur Seite und starrte aus dem Fenster. Ich blickte direkt in den Innenhof der Uni, der um diese Uhrzeit Menschenleer war. Meine Gedanken schweiften wieder zu den beiden Brüdern ab, die mir mein Wochenende gehörig versaut hatten. Klar, Tsunade hatte ihren Beitrag auch dazu geleistet, denn ohne sie wäre ich den beiden erst nie über den Weg gelaufen. Was eindeutig besser für mich gewesen wäre, nach dieser Bekanntschaft. Wenn ich könnte würde ich die Zeit zurück drehen um das alles ungeschehen zu machen. Doch wie sich gerade mal wieder herausstellte, war die Zeit nicht gerade mein bester Freund. Wieder glitten meine Gedanken zurück zu den beiden Brüdern und meine eh schon schlechte Laune sank noch ein gut weiteres Stück nach unten. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass es beide geschafft hatten mich so einfach um den Finger zu wickeln. Erst Sasuke, der mich breitgeschlagen hatte bei ihm zu übernachten und ihm zumindest in meinen betrunkenen Zustand zu vertrauen und dann Itachi, der durch einen miesen Trick, mir meinen Namen entlockt hatte. Die beiden waren nicht ganz normal und doch hatten sie was interessanten an sich, was mich faszinierte. Und da fing mein Problem an! Genau diese Tatsache, dass die beiden Brüder mir nicht am Arsch vorbei gingen, wie sie es eigentlich hätten tun sollen, wurmte mich so arg, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Ich verstand den Grund für meine Faszination einfach nicht. Gut. Beide sahen sie gut aus, keine Frage, doch das war es nicht was mich beschäftigte und ich wusste auch nicht wie ich dieses ganze Desaster benennen oder damit umgehen sollte. Deshalb hatte ich eigentlich vorgehabt mir über die beiden nicht mehr den Kopf zu zerbrechen und dass ganze einfach zu ignorieren und so zu tun, als ob ich ihnen nie begegnet wäre. Doch schon wieder schlichen sie sich in meine Gedanken und veranlassten mich abermals dazu, über all das nachzugrübeln. Sie waren wie mentale Kletten, die ich einfach nicht mehr los bekam, egal wie oft ich versuchte sie abzuschütteln. Meine Laune litt am meisten darunter und mal ehrlich, ich fühlte mich gerade, als müsste ich im nächsten Moment meine letzte Selbstbeherrschung über Bord schmeißen, mich von meinen Platz erheben und diese Scheiß Uhr, die mich wohl verarschen wollte, weil sie immer noch nicht schneller voran lief, von der Wand herunter zu reißen und solange auf sie zu treten, bis sie zu klitzekleinen Einzelteilchen unter meinem Fuß zermalmt war. Erst dann würde ich mich endlich etwas besser fühlen und mich wieder beruhigen, doch die leise Vernunft die sich bei diesen Gedanken in mir regte, ließ mich schmorend auf meinen Platz verweilen und dieses tickende Ding, dass wohl eine Schlaftablette geschluckt haben musste, böse anstarren. Immer wieder warf mir Ino, die wie jedes mal neben mir saß, besorgte Blicke zu. Sie spürte anscheinend meine schlechte Laune und versuchte im Stillen den Grund dafür heraus zu finden, doch meine bösen Blicke veranlassten sie den Mund zu halten. Hoffentlich blieb das so. Ich hatte nicht auch noch den Nerv mich mit ihr herum zu plagen. Eine Stunde, Zehn Minuten und das ununterbrochene Gefasel des Lehrers später war es endlich so weit und das erlösende Klingeln kündigte den Schluss der Vorlesung an. Kaum war dies wieder verklungen, war ich schon von meinen Platz aufgesprungen, hatte mein Zeug geschnappt und war einer von den ersten die den Raum verließen. Endlich. „Hey, Sakura warte doch mal!“ Ich blieb nicht stehen. Verlangsamte auch nicht meine Schritte. Ignorierte die Stimme und hoffte im Stillen den Ausgang passiert zu haben, bevor sie mich einholte. Doch so viel Glück hatte ich nicht. Wie gewöhnlich. Laute klappernde Schritte, die von ihren Violetten High Heels kamen, erklangen hinter mir und eine leicht außer Atem geratene Ino tauchte neben mir auf, gerade als ich die Eingangstür passierte. Ein kühler Wind empfing uns und die dunklen Gewitterwolken über uns am Himmel kündigte uns den bevorstehenden Regenschauer an. Das Wetter war heute genauso schlecht wie mein Gemütszustand. Aber was sollte man schon sagen. Die heißen Tage des Sommers waren vorbei und die von heut auf Morgen abgesunkenen Grade kündigten den kommenden Winter an und ließen mich leicht frösteln. Ich zog den Kragen meiner weinroten Jacke höher und ignorierte Ino, die fröhlich angefangen hatte auf mich einzureden. Anscheinend hatte sie sich von meiner verletzenden Art von vor drei Tagen wieder erholt und gleich wieder neuen Mut gefasst um mir weiterhin auf die Nerven zu gehen. Mal ehrlich. Was musste ich denn noch tun, damit sie mich endlich in Ruhe ließ? „Wie wäre es wenn wir noch was zusammen unternehmen? Ich habe gehört der Coffee-Shop der neulich eröffnet hat soll gut sein und der Inhaber sowie seine Verkäufer müssen auch total heiß sein. Na was sagst du? Hast du Lust?“ Abrupt blieb ich stehen und starrte sie an. War das ihr ernst? Ino hatte auch angehalten und vorfreudig lächelte sie mich an und ihre Augen strahlten leicht aufkommende Hoffnung aus, als sie sich ihre langen Platin-Blonden Haare aus dem Gesicht strich, die durch den Wind sofort wieder in dieses gefegt wurden. „Ich mag keinen Kaffee.“ Ino blinzelte kurz und zuckte dann mit ihren Schultern, als sie sich wieder in Bewegung setzte und mir eilig folgte, da ich ungerührt weiter gegangen bin. „Okay, gut. Dann gehen wir halt woanders hin.“ „Nein.“ „Ich kenn ein nettes Barbeque-Restaurante, wo man richtig gutes gegrilltes Fleisch essen kann. Dort treff ich mich immer mit zwei Bekannten aus meiner Kindheit und es schmeckt dort wirklich gut, dass sollte man auf jedenfall mal probiert haben“, plapperte sie meine Erwiderung komplett ignorierend weiter. Mit strahlenden Blick aus ihren Blaugrünen Augen sah sie mich hoffnungsvoll an und wieder erschien ein vorsichtiges Lächeln auf ihren perfekt geschminkten Mund. Abermals blieb ich stehen und konnte nicht anders als sie wieder nur anzustarren. Woher nahm sie sich die Kraft und auch die Geduld immer wieder aufs neue auf mich zuzugehen, anstatt mich zum Teufel zu schicken, wie sie es eigentlich schon längst hätte machen müssen. Entweder hatte sie wirklich Nerven so dick wie Drahtseile oder sie war einfach nur Dumm. Warum klammerte sie sich eigentlich so an mich? Ich hatte absolut keine Ahnung und nachvollziehen konnte ich es erst recht nicht, so abweisend wie ich sie immer behandelte. Doch stand sie genau in diesen Moment vor mir, ein schwaches vorsichtiges Lächeln im Gesicht und die absolute Gewissheit im Blick, dass ich sie irgendwann als Freundin akzeptieren würde. Ihre Sturheit war wirklich bemerkenswert und tief in mir drin wusste ich auch, dass ich sie so schnell nicht los werden würde. Sollte ich ihr dann nicht einmal eine Klitzekleine Chance geben? Würde sie dann wieder etwas ruhe geben und mir dann nicht mehr so oft auf die Nerven gehen? Ich sah sie immer noch an. Überlegend. Abschätzend. Konnte ich es wagen oder machte ich einen weiteren Fehler, wie bei diesen dämlichen zwei Brüdern? Ich öffnete meinen Mund um ihr eine Antwort zu geben, als plötzlich etwas hartes und schweres gegen mich prallte. Durch die darauf entstehende Wucht geriet ich ins straucheln und wie es anders auch nicht sein konnte an diesen wunderschönen Tag heute, verlor ich gänzlich mein Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Unsanft landete ich auf den kalten harten Asphalt und schürfte mir ein dickes fettes Loch in meine Lieblingsjeans. Na ganz toll. Es reichte ja nicht dass jetzt meine Knie schmerzhaft pochten, nein. Meine Jeans musste natürlich auch dran glauben. Was hatte ich Fortuna heute nur angetan dass sie mich so bestrafte? „Oh Shit! Sorry, ich habe dich gar nicht gesehen! Tut mir echt Leid!“ Ich erstarrte in meinen aufkommenden Tobsuchtanfall. Diese Stimme kannte ich doch und tatsächlich. Als ich langsam meinen Kopf drehte und die kurzen Strähnen meines Haares aus dem Gesicht pustete, die meine Sicht auf die Person versperrten, erblickte ich Straßenköder Blonde Haare und ein fettes Grinsen. Böse starrte ich ihm von meiner jetzigen Position aus an, denn er machte sich doch allen ernstes schon wieder lustig über mich. Er schien mich ebenfalls wieder zu erkennen, denn sein Grinsen verrutschte leicht, als er überrascht seine Azurblauen Augen aufriss und mit dem Finger auf mich zeigte. „Du bist doch die von Vorgestern aus dem Supermarkt. Die mit den abgefahrenen Haaren!“ Na schön, dass ihm wenigstens meine Haarfarbe im Gedächtnis geblieben ist, schoss es mir im sarkastischen Ton durch den Kopf, als ich mit ansah, wie sich schon wieder ein so dämliches Grinsen auf seinen Gesicht ausbreitete. Ich bereute gerade wirklich meine heutige Entscheidung überhaupt mein Bett verlassen zu haben. Der Tag konnte doch wirklich nicht mehr besser werden. Erst musste ich mir den ganzen lieben Morgen und Vormittag das dämliche Geschwafel meiner Lehrer antun, dann hing Ino die ganze Zeit an meinem Rockzipfel und quasselte mich zu und jetzt dass. Ich hatte keinen Bock mehr. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und mein trautes Heim nie wieder verlassen. Da hatte ich wenigstens meine Ruhe und es ging mir keiner auf die Nerven. „Sag mal was bist du denn für einer? Schubst eine Dame zu Boden und zeigst dann lachend mit dem Finger auf sie?! Ich fass es nicht!“ Ino war vorgetreten und funkelte den Kerl böse an und zog so seine Aufmerksamkeit auf sich. Kurz sah er zwischen mir und der wütenden Ino hin und her und schien nun ebenfalls die Situation in der er steckte zu kapieren. Blitzmerker. Überfordert lachte er nur kurz auf und kratzte sich verlegen an seinen Hinterkopf und verwuschelte dabei seine blonde Mähne noch mehr. „Also, ähm…“, begann er, als er wieder grinsend sich zu mir runter beugte und mir auffordernd seine rechte Hand entgegenstreckte. „Tut mir echt Leid. Ich war nur überrascht dich wiederzusehen und habe dabei komplett meine Manieren vergessen! Ich hoffe du hast dir nicht weh getan“, plapperte er los und schien wohl allen ernstes darauf zu warten, dass ich dankbar seine Hand ergriff. Ich schnaubte nur wütend auf. Jetzt hatte er mich schon zum zweiten Mal umgenietet und da sollte ich noch dankbar sein? In welcher verkehrten Welt lebte er denn? Wie schon im Supermarkt vor zwei Tagen schlug ich einfach seine Hand weg und rappelte mich selber wieder auf. Meine Knie schmerzten teuflisch und das Loch in meiner Jeans machte das ganze auch nicht besser. „Sakura, geht’s dir gut? Tut dir was weh?“ Ja, verdammt. Meine Knie pochten wie Sau, meine Jeans war im Eimer und meine Handinnenflächen brannten ebenfalls. Natürlich tat es weh. Doch hielt ich den Mund und beschäftigte mich lieber damit beide böse anzufunkeln. Heute war einfach nicht mein Tag und da es ja nicht anders sein konnte fing es jetzt auch noch an zu regnen. Super. Einfach super. „Hast du eigentlich keine Augen im Kopf? Willst du mich jetzt jedesmal umrennen, wenn wir uns zufällig über den Weg laufen?“ Wütend konzentrierte ich mich auf den Blonden Kerl und kanalisierte all meine schlechte Laune auf ihn. Schließlich war er schuld, dass mir jetzt alles weh tat und meine Jeans würde er bei Gott bezahlen. Wieder kratzte er sich verlegen am Hinterkopf und blinzelte mich entschuldigend an. Oh, seine Mitleidstour brachte ihn jetzt auch nicht mehr weiter. Dafür schäumte ich zu arg und viel zu sehr vor Wut. Ino verschränkte nur ihre Arme vor der Brust und sah den Blonden mit einen finsteren und zugleich auffordernden Blick an. Unangenehme Stille entstand bei der er sich bestimmt schon seinen ganzen Hinterkopf blutig gekratzt haben musste, so sehr wuschelte er sich selber durchs Haar. Kurz räusperte er sich, doch schwieg dann wieder, weil er anscheinend nicht wusste was er sagen sollte. Das plötzliche Geräusch von einem quakenden Frosch ließ ihn kurz zusammen zucken, ehe er erleichtert ausatmend nach sein Handy griff, das er in seiner hinteren Hosentasche verstaut hatte. Kaum hatte er sein Display entsperrt, riss er seine Augen auf und fing lautstark an zu fluchen und das beste? Er drehte sich einfach um und wollte uns einfach so stehen lassen! „Hey warte gefällist mal! Wie wäre es vielleicht mit einer Entschuldigung?“ Ino hatte ihn an seinem Ärmel gepackt und der Blonde drehte sich entschuldigend halb noch mal zu uns um. „Tut mir wirklich Leid, aber ich muss jetzt wirklich los! Ich bin eh schon viel zu spät! Teme wird mich umbringen!“ „Ungehobelter Kerl!“, murrte Ino verstimmt, als der Blonde sich schon ein paar Meter entfernt hatte und dann doch noch mal stehen blieb. Mit einen breiten Grinsen im Gesicht drehte er sich doch noch mal zu uns um und kam wieder auf uns zu. „Wie wäre es, wenn ich euch beide als Entschuldigung zum Essen einlade? Teme hat bestimmt auch nichts dagegen über mehr Gesellschaft!“ „Nein.“ Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Auf gar keinen Fall wollte ich mich noch länger mit diesen Idioten abgeben als unbedingt nötig. Ino sah dass natürlich ganz anders. Fröhlich klatschte sie in die Hände und schien von der Idee mehr als nur begeistert zu sein. Gerade noch hatte sie ausgesehen, als würde sie ihn bei einem falschen Wort ungespritzt in den Boden rammen und jetzt lächelte sie ihn so zuckersüß an, dass mir schlecht wurde. Sie war doch nur so aus dem Häuschen weil er uns einlud und sie nichts zahlen brauchte. „Natürlich kommen wir mit, nicht wahr Sakura? Wir wollten sowieso eine Kleinigkeit essen gehen!“ Nun lächelte sie mich genauso so bescheuert an, wie der Blonde mich angrinste. „Super“, meinte er und zwinkerte uns kurz zu. Ich schüttelte nur ungläubig meinen Kopf. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Entscheiden einfach über irgendwas und fragten mich nicht mal, ob ich das möchte. Das konnte ich ja gar nicht leiden. Wenn sie dachten dass dies meine Meinung änderte, dann hatten sie sich geschnitten. „Nein“, wiederholte ich mich mit einen Knurren in der Stimme. Demonstrativ und um mein Wort noch mehr Ausdruck zu verleihen, drehte ich mich zum gehen um. Von mir aus konnte Ino mit diesen Idioten mitgehen. Ich würde das nicht tun. Ich würde jetzt direkt nach Hause gehen und hatte außerdem zusätzlich noch meine Ruhe vor der Yamanaka, wie mir gerade auffiel. Meine Laune hob sich bei diesen erfreulichen Gedanken. Der Tag schien doch noch etwas gutes zu haben. „Papperlapapp, du kommst ebenfalls mit. Ein Nein wird nicht akzeptiert!“, hörte ich die Stimme des Blonden plötzlich ganz nah hinter mir und spürte ihm nächsten Moment starke Finger, die sich um mein Handgelenk schlossen. Er tatschte mich schon wieder ungefragt an. Hatte wohl beim letzten mal gar nichts dazu gelernt. Doch bevor ich irgendwas sagen oder mich aus seinen Griff los reißen konnte, hatte er mich schon herum gewirbelt und setzte sich seinerseits in Bewegung. „Lass mich gefälligst los!“, polterte ich los, wurde aber geflissentlich überhört, als er mich hinter sich her zog. „Komm schon Sakura, dass wird bestimmt lustig!“, versuchte mich Ino aufzumuntern, doch das Gegenteil war der Fall. Ich warf ihr nur einen stinkigen Blick zu und fragte mich im Stillen, ob sie immer mit wildfremden Typen mitging, die sie mal mir nichts dir nichts aus heiteren Himmel zum Essen einluden. Dass die Blonde naiv und total oberflächlich war, war ja nichts neues, aber bei so viel Dummheit konnte ihr keiner mehr helfen. „Aaach, die Nudelsuppen von Ichiraku sind wirklich die besten in der ganzen Stadt. Am liebsten mag ich die mit Schweineschnitzel und gebratenen Ei drauf, doch die mit Spiralnudeln sind auch nicht schlecht. Ihr werdet sie einfach lieben, dass versprech ich euch!“, schwärmte der Blonde vor sich her, als er mich durch die Straßen Konoha´s hinter sich her zog. Ino klatschte nur wieder vorfreudig in die Hände und meinte von wegen, dass sie jetzt total neugierig war. Ich hörte nicht mehr richtig hin. Viel lieber blies ich Trübsal und ließ mich einfach von den Blonden mitziehen. Sie hatten mich wohl oder übel dazu genötigt mit zu kommen, gut da konnte ich jetzt nichts mehr dran ändern. Aber das hieß nicht, dass ich eine gute Gesellschaft war. Ich würde ihre Suppe noch gehörig versalzen, dass sie sich wünschten, sie hätten mich nach Hause gehen lassen. Wie hatte Itachi noch gleich zu mir gesagt? Ach ja. Ich hatte ja keine Manieren. Ich würde mir selbst alle Ehre machen und mich von meiner ganz schlechten Seite zeigen. Vielleicht ließ Ino mich ja dann endlich in Ruhe, wenn ich ihren Tag genauso versaute, wie sie meinen immer versaute. Dieser Gedanke ließ meine Laune wieder etwas heben und mit aller Macht musste ich mir ein teuflisches Grinsen verdrücken. Sie sollten es ja nicht mit Vorfreude verwechseln. Plötzlich blieb der Blonde stehen und beinahe wäre ich in ihn hinein gerannt. Schien wohl zur Gewohnheit zu werden. Mürrisch starrte ich in sein strahlendes Gesicht und schon wieder war ich seinem dämlichen Grinsen ausgesetzt. „Übrigends, ich heiße Naruto Uzumaki. Nett euch kennen zu lernen, echt jetzt!“ Ohh, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite. Ino stellte uns ebenfalls vor und schon wieder machten wir uns auf den Weg zu Ichiraku. Dabei musste ich mir wieder die Schwärmereien von diesen Naruto anhören, die ich nicht im geringstem mit ihm teilen konnte. Im Gegensatz zu ihm mochte ich keine Nudelsuppe. Nein. Ich hasste sie. ------------------------------------------------------------------------------ Irgendwann ist man wegen schlechten Menschen so geschädigt, dass man nicht mal den guten vertrauen kann! Kapitel 7: Erste Annäherung --------------------------- Mit starren Blick sah ich zu der Nudelsuppe hinunter, die dampfen vor mir stand und deren würziger Geruch mir direkt in die Nase stieg. Bis jetzt hatte ich noch keine Anstalten gemacht, den Löffel, den ich schon seit ganze Fünf Minuten verkrampft umklammert hielt, zu heben und in die Suppe einzutauchen. Viel zu sehr musste ich mich darauf konzentrieren ruhig auf meinen Platz sitzen zu bleiben und die verkrampfte Haltung, die ich eingenommen hatte, kaum dass ich mich gesetzt hatte, wieder etwas zu lockern. Was gar nicht so leicht war, wenn sämtliche Blicke auf einen lagen. Angefangen bei meinen Gegenüber. Mir hätte vorhin fast der Schlag getroffen, als Naruto mich in diese Absteige von Inbiss-Bude geschleppt hatte und ich feststellen musste, dass es Sasuke war, der dort auf uns wartete. Eigentlich hätte es mir von Anfang an klar sein müssen, dass es ja nur der Schwarzhaarige sein konnte, da ich ja im Supermarkt schon festgestellt hatte, dass die beiden Kumpels waren. Am liebsten hätte ich mich sofort wieder umgedreht und hätte so schnell wie nur irgend möglich die Biege gemacht, doch Ino machte mir sofort einen Strich durch die Rechnung. Dieses hinterhältige Bist. Sie musste wohl schon mit einen Fluchtversuch meinerseits gerechnet haben, denn sie hatte mich, kaum dass wir den Eingang überschritten hatten, gleich zu den Sitzbänken manövriert wo Sasuke schon saß und uns mürrisch entgegensah. Jetzt saß ich zwischen ihr und der verdammten Fensterfront gefangen und konnte nicht mehr weg! Die einzige Möglichkeit wäre noch über sie drüber zu steigen, doch da hatten sie schon alle bestellt, denn wie aus dem nichts war sofort die Bedienung da gewesen und vereitelte so eine weitere Möglichkeit zu einer weiteren Flucht. Jetzt saß ich immer noch hier, starrte diese verdammte Nudelsuppe an und rümpfte leicht angewidert meine Nase, als abermals die würzige Note in mein Geruchsorgan eindrang. Lautes Gelächter und eine Horde dummer Sprüche wehten zu mir herüber und erinnerte mich an mein zweites Problem. Nach uns waren eine Gruppe Jugendlicher ebenfalls hier rein gekommen und hatten sich schräg gegenüber von uns niedergelassen. Das war ja nicht das Problem, sondern dass, als sie angefangen hatten sich über meine Haarfarbe lustig zu machen. Für gewöhnlich ignorierte ich solche Schmarotzer und ihre Idiotischen Sprüche über meine Haarfarbe, doch als sie anfingen lachend mit dem Finger auf mich zu zeigen und über mein restliches Aussehen zu lästern, konnte ich es nicht länger ignorieren. Schmerzhaft biss ich mir auf meine Unterlippe und mein Griff um den Löffel wurde noch etwas fester, so dass die Knöchel sich schon weiß verfärbten, während ich mich auf meinen Platz so klein wie möglich machte. Ich hasste es im Mittelpunkt zu stehen. Ich hasste es, wenn man mit dem Finger auf mich zeigte und ich hasste es noch mehr, wenn man sich über mich lustig machte. Ino neben mir warf verärgert ihre Platinblonden Haare über ihre Schulter und strafte diese Idioten mit einen vernichtenden Blick, was diese einfach ignorierten und einen weiteren blöden Spruch in den Raum riefen, dass mir nun gänzlich der Appetit verging. Ich wollte nur noch hier weg. Es war ein großer Fehler gewesen mit hier her zu kommen, auch wenn es nicht freiwillig gewesen war. Naruto und Ino waren an diesen Desaster schuld und Wut auf beide breitete sich in mir aus und verdrängte kurzzeitig das eklig drückende übelkeitserregende Gefühl in meinen Magen. Ja. Die beiden waren Schuld, dass ich jetzt das Gespött in diesen Scheiß-Laden war! „Jetzt reicht´s!“ Wütend sprang Naruto von seinen Platz auf, drehte sich zu den Jugendlichen um und zeigte seinerseits mit dem Finger auf sie. „Haltet endlich eure dämlichen Klappen! Von den ganzen Scheiß den ihr da von euch gebt, wird meine Nudelsuppe schon ganz schlecht!“ Plötzlich herrschte kurze Stille im Raum. Alle starrten den Blonden an. Kein Wunder. Er hatte ja auch laut genug gebrüllt. Doch schon im nächsten Moment lachten diese Idioten wieder los und nun war es Naruto, den sie beleidigten. Einer war sogar so mutig, die Hände in den Hosentaschen seiner Scheißerhosen, so wie ich diese weit geschnittenen HipHop-Hosen gerne nannte, zu uns rüber schlenderte. Das rießen große Dollar-Zeichen, dass er sich um den Hals gehängt hatte wippte bei jedem Schritt den er tat mit und er sollte wohl durch dieses cool wirken. Das Gegenteil war der Fall. Er sah damit noch bescheuerter aus, als ohnehin schon. „Hey, Alter! Hast du vielleicht irgendein Problem?!“ Breit grinsend hielt er vor den Blonden an und beugte sich etwas vor um Naruto von unten herauf anzustarren. Sollte wohl bedrohlich wirken, doch Naruto zuckte nicht mal mit der Wimper, als er furchtlos zurück starrte. „Nein, aber ihr werdet gleich eins bekommen, wenn ihr euch noch weiter über eine Freundin von mir lustig macht!“ Ich glaubte mich verhört zu haben. Was hatte er gerade gesagt? Ich wäre eine Freundin von ihm? Wann haben wir denn bitte Freundschaft geschlossen? Er war doch tatsächlich genauso dreist wie Ino. Schließlich behauptete sie ja auch, dass wir Freunde waren. War das bei Blonden so üblich, dass sie jeden den sie über den Weg liefen und nett fanden gleich als Freund bezeichneten? Langsam glaubte ich das echt. Trotzdem spürte ich die leichte Wärme in mir, die sich bei seinen Worten hin in meinen ganzen Körper ausbreitete. Ich wusste es war falsch, doch ich konnte nicht leugnen, dass es sich gut anfühlte, sich vorzustellen, dass wir genau dies waren. Freunde. Mr. Ganz-Wichtig lachte bei Narutos Worten nur wiehernd auf und zeigte uns eine Reihe ungepflegter von wahrscheinlichen Kiffen ganz schwarzer Zähne. Igitt. Wer dem näher als fünf Meter kam, hatte meines Erachtens einen Orden verdient. So einer wie der war einfach nur ekelerregend. Ino knallte bei den nächsten respektlosen Worten des Typen ihren Löffel auf den Tisch und funkelte ihn böse an, während sie ihrerseits Worte in den Mund nahm, von denen ich niemals erwartet hätte, dass diese in ihren Vokabular jemals vorkommen könnten. Sie verteidigte mich genauso wie dieser Naruto es getan hatte und abermals konnte ich die beiden nur anstarren. Warum taten sie dies für mich? Ich hatte weder Ino noch Naruto den Anlass gegeben so etwas für mich zu tun und doch standen sie jetzt genau in diesen Moment hier und taten eben dieses. Selbst Sasuke, der bis jetzt eher stumm da gesessen war, drehte sein Haupt zu den Typen und starrte ihn ebenfalls mit einem kalten Blick drohend an. Verpiss dich,schien er förmlich mit den Augen zu sagen, doch anscheinend stand der Störenfried auf den Schlauch und kapierte nicht dass er hier mehr als nur unerwünscht war. Überheblich stand er immer noch mit den Händen in der Hosentasche da und starrte Ino mit einen fetten Grinsen an, die ihrerseits ihn immer noch mit einem bösen Blick taxierte. Ein falsches Wort und sie würde ihre Krallen ausfahren, da war ich mir sicher. Die Fingernägel hatte sie ja dafür. „Hey, hey Zuckerschnecke, da kommen ja ganz schön hässliche Wörter aus deinem Mund. Wie jammerschade. Viel lieber wäre es mir, wenn deine süßen Lippen etwas anderes für mich tun würden!“ Empört schnappte Ino nach Luft, als der Kerl doch tatsächlich kurz mit seiner Hüfte vor und zurück wippte, dabei ein perverses Grinsen im Gesicht. Mir entgleisten genauso wie Naruto die Gesichtszüge, während Sasukes Blick noch dunkler und bedrohlicher wurde. Das hatte er jetzt nicht wirklich angedeutet oder? Wie dreist konnte man denn noch sein? Er stempelte Ino einfach so als ein Flittchen ab und seine Kumpels fanden dies auch noch lustig, als sie von ihren Sitzplatz aus herüber grölten und pfiffen. Mit breitem Grinsen sah er zu seinen Kumpanen und badete förmlich in deren Beifall den sie ihm schenkten. Mir platzte der Kragen. Schneller als irgendeiner kucken konnte war ich auf die Sitzmöglichkeit geklettert, war über die erstarrte Ino gestiegen und baute mich bedrohlich vor diesen Macho auf. Er hatte eindeutig den Bogen überspannt. Aus den Augenwinkeln schien er mich zu bemerken, da er noch vollkommen beschäftigt war seinen Kumpels das Peace-Zeichen entgegenzustrecken. Doch in pinnen von Sekunden hatte ich seine völlige Aufmerksamkeit. „Na Pinki, willst du etwa den Job für Blondchen übernehmen und mir einen bl…“ Ich ließ ihn nicht ausreden. Schnell hatte ich nach dem erst besten gegriffen dass ich kriegen konnte, in diesen Fall war es Ino´s noch halbvolle heiße Nudelsuppe, nahm Schwung und klatschte ihn diese mitten ins Gesicht. Ein ersticktes Geräusch, gefolgt von einem grunzen ertönte, als der Typ sein Gleichgewicht verlor und rücklings zu Boden fiel. Heiße Suppe spritzte dabei in alle Richtungen und ihr würziger Gestank breitete sich bestialisch in der Luft aus, was mich kurz die Nase rümpfen ließ. Ein scheberndes Geräusch erklang, als die Schüssel zu Boden viel und zu Bruch ging, doch die Scherben waren mir egal. Wieder herrschte Totenstille um uns herum, weil alle mit geweiteten Augen zu mir und den Typen starrten, der breitbeinig vor mir am Boden saß und von Kopf bis Fuß mit Suppe bekleckert war. Eine etwas längere Nudel klebte ihn an der Wange und sein verdatterter Gesichtsausdruck war wirklich zu köstlich. Ich hätte gelacht, wenn ich nicht so sauer gewesen wäre. Es war mir völlig egal, wenn sie sich über mich lustig machten, dies war ich schon lange gewohnt, doch es war was völlig anderes wenn er Ino in den Dreck zog. Er hatte es verdient, da unten zu hocken und wie ein begossener Pudel auszusehen, während ihm Essensreste in Haar und Gesicht klebten. „Du verdammte Schlampe! Was fällt dir ein!“, begann er los zu heulen, als er endlich realisierte, was gerade passiert war. Kalt und mit hartem Blick starrte ich ungerührt zu ihm hinunter, während ich in den Augenwinkeln bemerkte, wie seine Kumpels fluchend Anstalten machten aufzustehen um ihn zu Hilfe zu eilen. Die sollten sich ruhig trauen. Ich war so sauer, dass ich gute Lust hatte, sie ebenfalls in Grund und Boden zu stampfen! „Wage es noch einmal so mit ihr zu sprechen und ich verspreche dir, dann bleibt es nicht nur bei einer kostenlose Suppen-Dusche!“ Bedrohlich und kühl starrte ich ihn von oben herab an, ehe ich mich von ihm abwandte und in verblüffte Gesichter schaute. Naruto stand mit offenen Mund da und starrte abwechselnd mich und den nach Suppe stinkenden Typen an, während er nicht wusste ob er lachen oder weinen sollte, weil ich in seinen Augen eine wertvolle Suppe verschwendet hatte. Ino dagegen blinzelte nur ungläubig und Sasuke schien mich mit seinen intensiven Blick aus seinen Pechschwarzen Augen durchleuchten zu wollen. Ich wich diesen aber aus. Sollten sie sich doch denken was sie wollten. Mich interessierte es nicht. Ich wollte nur noch eins. So schnell wie möglich von hier verschwinden. Endlich bot sich die perfekte Möglichkeit hier die Düse zu machen und ich wäre dumm, wenn ich sie nicht ergreifen würde. „Der Hunger ist mir vergangen. Ich bin weg!“ Kurz kramte ich in meiner Jackentasche nach ein bisschen Geld, dass ich achtlos auf den Tisch warf und mich dann zum gehen wandte. „Sakura, warte“, rief mir Ino hinterher, als ich einfach über diesen Vollidioten mit den ganzen Nudeln im Haar hinweg stieg und den Ausgang anvisierte. Natürlich kam ich ihrer Aufforderung wie üblich nicht nach. Ich hielt nicht mal inne um zu ihr zurück zu schauen. Schließlich wusste ich auch so, dass mir Ino folgen würde. Dass tat sie ja für gewöhnlich immer. Eigentlich hatte ich gehofft dass ich schon längst draußen und über alle Berge sein würde, bis sie sich von ihrer Starre und Unglauben die sie nach meiner überraschenden und auch für mich total ungewohnten Darbietung eingenommen hatte. Die Blonde kannte mich schließlich so nicht und selbst ich wusste nicht welcher verdammte Teufel mich da geritten hatte, dass ich so ausgetickt war. Noch nie hatte ich so auf eine Provokation von einen anderen reagiert und erst recht war ich noch nie so wütend gewesen, wenn ein anderer in meinen Beisein beleidigt wurde. Ich selbst beleidigte Ino ja oft genug und verletzte sie absichtlich damit sie auf Abstand blieb und bis jetzt war ich bestens damit klar gekommen. Doch jetzt hatte mich genau so was richtig auf die Palme gebracht. Vielleicht war es sein dreistes Auftreten oder seine sexuelle Anmache die mich dazu verleitet hatten, diesen Typen die Suppe ins Gesicht zu schleudern. Ich wusste es nicht. Mein Körper hatte einfach reagiert und ich konnte es jetzt sowieso nicht mehr rückgängig machen. Auch nicht die Tatsache, dass ich mein Tun schon sehr bald bereuen würde. Ino würde sich nur von meiner Reaktion wieder beflügelt fühlen mir wieder ununterbrochen am Hintern zu kleben. Super gemacht Sakura, lobte ich mich selbst über meine Glanzleistung, als ich nach draußen trat und feststellen musste dass es mittlerweile angefangen hatte im strömen zu regnen. Das Wetter spiegelte heute wirklich meine Laune wieder und ich hoffte dass dieser grauenhafte Tag mit keinem weiteren Desaster möglichst bald zu Ende gehen würde. „Sakura, jetzt warte doch mal!“ Die Stimme der Blonden wieder ignorierend lief ich mit eingezogenen Nacken und gesenkten Kopf durch den Regenschauer. Bei der Masse was auf mich herab prasselte würde ich genau in Zwei Minuten komplett durchnässt sein. Super. Hatte der Wetterfrosch gestern in den Nachrichten doch Recht, als er sagte, wir sollen nicht ohne Regenschirm das Haus verlassen. Natürlich hatte ich nichts darauf gegeben und jetzt hatte ich den Salat. Klappernde und patschende Schritte kamen mir schnell näher und im nächsten Augenblick tauchte Ino neben mir auf, die ihre Hände schützend über ihren Kopf hielt um so den Regen zu entgehen. Als ob das was bringen würde. Anscheinend war ich nicht die einzige die den Wetterbericht nicht für ernst genommen hatte. „Danke.“ Abrupt blieb ich stehen und starrte Ino an. Was sollte dass denn jetzt? Warum bedankte sie sich jetzt bei mir? Ino blieb ebenfalls stehen und sah mir mit einen strahlenden Blick in den Augen entgegen. Allmählich fingen ihre immer so perfekt gestylten Haare an sich an ihre Wangen zu kleben und ich wusste dass dies bei mir auch der Fall sein müsste, doch dies war mir egal. Ich hatte noch nie wirklich viel für mein Aussehen übrig gehabt. Es war schließlich eh keiner da, den es interessiert hätte, wie ich rum lief und außerdem gab es schlimmeres als nasses Haar im Gesicht kleben zu haben. „Wofür?“ Natürlich wusste ich warum sie sich bei mir bedankte, so dumm war ich nun auch wieder nicht, doch versuchte ich diese Situation gekonnt zu überspielen und bei Gott ich tat lieber so als wenn ich nicht wüsste was sie meinte, als zugeben zu müssen, dass ich mich für sie eingesetzt hatte. Ich wusste ja selber immer noch nicht warum ich so gehandelt hatte und es war mir unangenehm das Ino mich auch noch drauf ansprach. Konnte sie mir nicht einmal dankbar sein und mich dann in Ruhe lassen? Schließlich war es ja eine einmalige Sache und mit Sicherheit würde dies nie wieder vor kommen, wenn es nach mir ging. Doch natürlich musste sie wie immer aus einer winzigen Mücke gleich einen ganzen Elefanten machen und in solchen Sachen so viel hinein interpretieren, die gar nicht vorhanden waren. Jetzt bereute ich meinen Ausraster schon fast wieder. Ich hätte ruhig bleiben und das ganze aussitzen sollen. Nur um dann in Ruhe wieder bei der ersten Möglichkeit abzuhauen. Tja. Wie sagte man so schön? Danach ist man immer schlauer. „Das war das erste mal“, begann Ino und ich sah ihr wieder entgegen, was ich gleich wieder bereute. Sie hatte ihre perfekt geschminkten Lippen zu einen Lächeln verzogen, dass selbst mir leicht der Atem stockte. Mit einen mal bemerkte ich mit brutaler Genauigkeit wie hübsch Ino eigentlich war und das meinte ich jetzt nicht in einen anderen Sinne. Gott bewahre. Sie sah zwar aus wie eine reingewaschene Blondine aus, doch hatte sie auch etwas zartes an sich, was mich an eine wunderschöne Blume erinnerte. Sie zeigte immer Mitgefühl und sie war wirklich kein schlechter Mensch, auch wenn sie manchmal extrem nervig und aufbrausend war. Sie versuchte schon eine Zeitlang zu mir durchzudringen um mir eine gute Freundin zu sein und obwohl ich sie immer wieder verletzte und sie auf abstand hielt stand sie immer wieder vor meiner Matte und konnte mich sogar jetzt noch mit so einen lieblichen und zugleich auch hoffnungsvollen Lächeln ansehen, dass in mir ein schlechtes Gewissen hoch kam, wie ich es noch nie verspürt hatte. Jetzt in diesen Augenblick sah ich Ino in einen ganz anderen Licht und leichte Übelkeit stieg in mir hoch, als ich wieder daran dachte, dass ich ihre Gutmütigkeit immer und immer wieder aufs Neue mit Füßen getreten hatte. War ich schon zu so einem eiskalten Monster geworden, dass ich schon andere genauso behandelte, wie man es mit mir gemacht hatte? „Es war das erste mal, dass du dich für mich eingesetzt hast!“ Dicke Tränen standen in ihren Augen und ihre Unterlippe zitterte gefährlich als sie auch noch schniefend mich gerührt ansah. Ein dicker fetter Kloß bildete sich in meinen Hals als ich dies beobachtete. Oh Gott. Was machte ich denn jetzt? Ich kam ja nicht mal mit meinen eigenen Tränen klar, wie sollte ich dann reagieren, wenn sie jetzt anfing zu heulen? Hilflos sah ich mich kurz um und hatte absolut keine Ahnung was ich jetzt tun oder gar machen sollte. Ich war es einfach nicht gewohnt jemanden Trost zu spenden und eigentlich wollte ich erst gar nicht damit anfangen. Schließlich tat es auch keiner für mich und unangenehm trat ich von einen Fuß auf den anderen, als die ersten Tränen über ihre rosigen Wangen flossen und sich mit den Regen vermischten. „Ino…“ Meine Stimme klang so seltsam fremd und leise, selbst in meinen Ohren. Ich konnte eindeutig mit dieser Situation nichts anfangen. Ich war komplett überfordert. Doch nahm mir Ino jede weitere Entscheidung ab, als sie sich plötzlich auf mich stürzte und anfing wie ein kleines Kind los zu heulen. Stocksteif stand ich da. Bewegte mich keinen Millimeter. Wusste abermals nicht was ich tun sollte. Die Umarmung erwidern? Nein. Auf keinen Fall. So weich war ich dann doch noch nicht geworden, dass ich sowas kitschiges überhaupt in Erwägung ziehen würde. Ino schien aber nichts dergleichen zu erwarten, denn sie schluchzte einfach munter weiter in mein Ohr hinein und je länger wir so dastanden umso dümmer kam ich mir vor. Mit einen mal stieg mir ihr blumiger Duft von ihren Parfüm in die Nase und ich wusste nicht warum, doch hatte er etwas beruhigendes an sich und ich merkte, wie ich mich langsam etwas entspannte. „Ino hör auf zu heulen. Du verschmierst sonst dein ganzes Make Up.“ Glockenhell erschallte ihr Lachen neben meinem linken Ohr, als sie sich langsam wieder von mir entfernte und sich undamenhaft den Rotz in ihrer Nase hoch zog. „Ich denke das kann ich verkraften. Es ist bestimmt eh schon zu spät.“ Sie hatte Recht. Die Farbe ihrer Wimperntusche zog schwarze Linien um ihre Augen nach unten und ließen sie wie einen Waschbären aussehen. Doch Ino schien dies nicht sonderlich zu interessieren. Sie zuckte nur mit ihren Schultern und grinste mich stattdessen an, während ich mich fragte was mit ihr passiert war, dass sie nicht mehr an ihr gepflegtes Erscheinungsbild dachte. Sie war doch sonst so erpicht darauf immer gut auszusehen. Schließlich hatte ich in unseren Vorlesungen mehr als einmal beobachten dürfen, wie sie in ihren kleinen Spiegel, den sie immer in ihrer Handtasche dabei hatte, hinein kuckte um zu überprüfen ob alles noch passte. Und jetzt war es ihr egal, dass sie aussah, wie als wenn man ihr zwei blaue Augen geschlagen hätte? War sie immer noch die gleiche Ino, die mir immer auf die Nerven ging? Sie grinste mich immer noch an und ich konnte nicht mehr anders. Ich spürte wie sich auch bei mir ein kleines Lächeln auf den Lippen bildeten und dieser Anblick brachte Ino noch mehr zum strahlen. Schließlich war es das erste mal das ich in ihrer Gegenwart lächelte. Wir beide mussten schon ein komisches Bild abgeben, wie wir hier mitten im Regen auf der halb leeren Straße standen und uns dämlich angrinsten. Dies schien Naruto auch so zu sehen, denn er sah uns beide mit einen verständnislosen Gesichtsausdruck fragend an, als er mit Sasuke im Schlepptau zu uns stieß. „Hab ich was verpasst?“ Fragend sah er zwischen uns beiden hin und her und versuchte wohl aus dem Bild schlau zu werden, was er gerade vor sich hatte. „Nö“, grinste Ino breit, als sie sich eine nasse Strähne aus ihrem Gesicht strich. Naruto zuckte daraufhin nur mit seinen Schultern, als er kurzerhand zu uns trat und jeweils einen Arm um unser beider Schultern legte. „Kommt Mädels. Wir sollten schauen dass wir aus diesem Mistwetter heraus kommen. Ihr seht noch schlimmer aus, wie diese Papnase da drin, der nun den ganzen Inbiss zustinkt.“ Er lachte, als er zudem noch erwähnte wie einmalig es ausgesehen hatte, als ich ihn den Teller ins Gesicht gedrückt hatte. Ino kicherte ebenfalls und selbst Sasuke hatte ein Schmunzeln im Gesicht als er mit den Händen in den Hosentaschen seiner Jeans vergaben neben mich trat. Er sah schon wieder so verboten gut aus, selbst wenn er ebenfalls so durchnässt war wie wir anderen auch. Ich wusste nicht warum, aber ich konnte mir es einfach nicht nehmen kurz in die Gesichter um mich herum zu blicken, als wir uns in Bewegung setzten. Konnte dieses Gefühl nicht beschreiben, dass gerade in mir hoch stieg. Es war warm und kribbelte durch meinen ganzen Körper. Ich sollte dies wirklich nicht zulassen, dass die drei mir so gefährlich nahe kamen, doch hatte ich mich nicht schon lange nach ein bisschen von dieser Wärme gesehnt, die ich gerade empfand? Zum zweiten mal an diesen eigentlich schlechten Tag tat ich was, was ich seit Jahren nicht mehr gemacht hatte. Ich lächelte… ...aus tiefsten Herzen. ----------------------------------------------------------- Manchmal machen wir uns Hoffnungen, da wo eigentlich keine mehr sein dürften. Aber plötzlich passiert das Wunder und die Hoffnung wird wahr! Auch wenn es nur für den Moment ist. Kapitel 8: Unerwartetes Aufeinandertreffen ------------------------------------------ „WAAAAS?! Du bist der Sohn vom Bürgermeister?“ Klappernd fiel Ino ihr Löffel aus ihrer Hand und landete in ihrer Gott sei Dank leeren Suppenschüssel, während sie mit weit aufgerissenen Augen und weit offen stehenden Mund Naruto anstarrte, der ihr Gegenüber saß und ungerührt seine sechste Portion Nudelsuppe verdrückte. Er nickte nur kurz und schenkte ihr ebenfalls ein kurzes Grinsen, das wohl eine dumme Angewohnheit von den Blonden sein musste. Mich wunderte echt dass seine Mundwinkel nicht schon lange ausgeleiert waren, so oft wie er sie am Tag überstrapazierte. Ich hatte keine Ahnung und zum Aberhunderten mal fragte ich mich was ich hier eigentlich schon wieder machte. Denn wieder einmal saßen wir hier in Ichiraku´s Nudelsuppen- Imbiss, von dem ich eigentlich gedacht hatte ihn nie wieder betreten zu müssen. Tja. Wie man sich doch täuschen konnte. Seit dem Vorfall vor ein paar Wochen hatte es sich, ganz zu meinem Missfallen so eingebürgert, dass Ino mich einmal pro Woche mit hier her schleppte, wo wir uns dann mit Naruto und Sasuke zum Essen trafen. Keine Ahnung warum wir dass immer taten. Schließlich kannten wir die beiden so gut wie überhaupt nicht und ich konnte einfach nicht verstehen warum wir uns gerade mit diesen beiden hier trafen und warum ich das ganze eigentlich mitmachte. Weil wir ja jetzt so dicke und fette Freunde sind, um Ino´s Worte übertrieben nachzuahmen, als ich sie vor einer Woche zur Rede stellte und ihr sagte, dass ich etwas sinnvolleres zu tun hätte, als ständig in diesen stinkenden Imbiss zu hocken. Eigentlich hatte ich gedacht, dass mich die Blonde jetzt ein bisschen in Ruhe lassen würde, da wir ja jetzt befreundet waren, doch wie ich bedauerlicherweise feststellen musste war das Gegenteil der Fall. Ino klebte mir nun noch mehr am Arsch als wie davor schon und langsam fing es mich wieder an zu nerven. Ja, ich hatte es eingesehen, dass die Yamanaka doch nicht soo Blond war, wie ich immer gedacht hatte und ja, ich hatte ihr etwas nachgegeben und ich bemühte mich echt nicht mehr all zu unfreundlich zu ihr zu sein oder sie mit bissigen Kommentaren von mir zu verletzten, die schon fast von selbst über meine Lippen kamen, wenn sie sich so benahm wie gerade in diesen Augenblick. Was war denn daran bitte so besonders, wenn sich herausstellte, dass Naruto der Sprössling von dem momentanen amtierenden Oberhaupt der Stadt war? Ich begriff einfach nicht, warum Ino daraus so eine große Nummer machte. Deswegen war er auch nichts anderes als wir, auch wenn er einen Super-Papi mit viel Geld und Einfluss hatte. Er Pisste und Kackte deshalb genauso wie wir normal Bürger auch und mal ehrlich, so toll war es nun auch nicht, wenn der Vater der Bürgermeister war. Zumindest fand ich es so. Naruto schien es ebenso wie ich zu sehen, denn er zuckte nur wieder schon fast gelangweilt mit seinen Schultern, als ob dies doch keine so große Sache wäre über die man gleich so aus den Häuschen sein musste. Ino allerdings sah dass natürlich komplett anders. Sie schwebte irgendwo ganz weit über unseren Köpfen auf ihrer Ino-Wolke und schwärmte von den ganzen Mist, was sie machen würde, wenn ihr Vater so viel Einfluss hätte. Dieser hatte es nämlich nur so weit gebracht, dass er einen eigenen Blumenladen mit seiner Frau aufgebaut hatte, ganz langweilig und uninteressant, wie Ino mir motz mäßig in einen ausführlichen Vortrag erzählt hatte. Da war es natürlich was ganz anders zu hören, dass ein anderer Vater der Bürgermeister war. Natürlich. Als gäbe es nicht noch andere Probleme auf der Welt. Ich verdrehte nur meine Augen, klinkte mich aus dieser absurden Unterhaltung aus und ein kurzer Blick zu meinem Gegenüber sagte mir, dass Sasuke von dem aufgeregten Geplapper von Ino auch nicht sonderlich begeistert war. Schon lange hatte er sein Smart Phone heraus geholt und schien schon seit einer ganzen Weile mit irgendjemanden zu chatten. Einen kleinen Moment fragte ich mich, wer das wohl sein könnte. Hatte er vielleicht eine Freundin? Wenn ja, dann schien sie ihn auch zu nerven, denn sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich immer mehr und leise seufzend strich er sich kurz durch sein immer perfekt gestyltes Haar, ehe er wohl meinen verstohlenen Blick bemerkte, denn plötzlich lag seine Aufmerksamkeit auf mir. Erschrocken zuckte ich kurz zusammen und wandte meinen Blick ab und versuchte mein plötzlich wie wild schlagendes Herz wieder zu beruhigen, das mir unangenehm und für mich total verständnislos bis zu meinen Hals hinauf schlug. Was bitte war dass denn jetzt? Warum bekam ich gleich fast einen Herzkasper, wenn er mich nur ansah? Irgendwas stimmte zur Zeit ganz und gar nicht mit mir. Immer öfter stellte ich fest, dass ich mich immer komisch fühlte, wenn ich dem Blick von Sasuke begegnete. Es war wohl doch ein großer Fehler gewesen mich auf diesen ganzen Mist einzulassen. Sie alle riefen nämlich ein Gefühl in mir hoch, dass ich eigentlich gedacht hatte nicht mehr empfinden zu können. Es war komisch hier zu sitzen und von anderen Personen nett behandelt zu werden. So Freundschaftlich. Ich bezweifelte ja immer noch dass sie es wirklich ernst mit mir meinten. Wer gab mir denn eine Garantie darauf, dass sie nicht die gleiche fiese Masche durchführten, wie all die anderen vor ihnen schon und ich war nur dumm genug, wieder darauf herein zu fallen. Schließlich taten sie alle am Anfang nett und meinten es gut, bis sie dann mit der Zeit ihr wahres Gesicht zeigten. Schmerzlichst hatte ich dies auf die harte Tour lernen müssen, dass ich des Öfteren nur zum Wohle des anderen ausgenutzt wurde. Ausgelacht hatten sie mich. Naiv und Gutgläubig nannten sie mich. Einfach fallen gelassen hatten sie mich, als ich ihnen nicht mehr länger von nutzen war. In dieser schrecklichen Zeit hatte ich erfahren was Schmerz war. Wirklicher Schmerz. Dieses dunkle ziehende und pulsierende Gefühl, dass dich innerlich zu zerreißen versuchte und dass nur ein anderer Menschen in dir auslösen konnte und das dich in ein schwarzes tiefes Loch der puren Verzweiflung fallen ließ, aus dem du nicht mehr so leicht heraus kamst, egal wie oft du es auch versuchst. Allein würdest du es niemals schaffen und das war ich die ganze Zeit. Allein. Ich wusste wie es sich anfühlte in diesem dunklen schwarzen Loch zu sitzen und jeden verdammten Tag der verging zu versuchen damit klar zu kommen und so viel Kraft zu sammeln, dass man von alleine wieder aus diesem Tief heraus kam. Doch so oft wie ich gedacht hatte es geschafft, endlich geschafft zu haben, wurde ich sogleich wieder und wieder tiefer hinein gedrückt. Es gab kein Entkommen. Nicht für mich. Ich verdrängte diese negativen Gedanken wieder aus meinen Kopf und lockerte nebenbei meine verkrampften Finger wieder, die sich in den Stoff meiner Jeans gekrallt hatten. Ich sollte aufhören in der Vergangenheit rumzuwühlen, dass machte ja doch nichts. Außer ein klumpen artiges Gefühl in meinen Bauch und ein säuriger Geschmack auf der Zunge. Man sollte alte Dämonen nicht heraufbeschwören, die viel lieber im dunklen gelassen werden wollten. Ich hob deshalb wieder meinen Blick und sah wieder direkt in die Augen Sasukes, dessen Blick immer noch unerklärlicherweise auf mir lag. Hatte er mich etwa die ganze Zeit beobachtet? Meinen inneren Konflikt mit angesehen? Sofort spürte ich die Hitze in mir hoch steigen, bei dieser Erkenntnis und säuerlich wandte ich demonstrativ meinen Blick wieder von ihm ab. Konnte er nicht andere mit seinen blöden Gegaffe nerven? Ich hasste es, wenn jemand mitbekam was in mir vorging. Es ging keinem was an. Auch nicht wenn sie Sasuke hießen und so verboten gut aussahen. „Hör mal Ino, es ist gar nicht so toll der Sohn vom Bürgermeister zu sein, als du denkst.“ Naruto schob seine inzwischen leere Schüssel von sich weg und sah die Blonde mit einem leicht genervten Blick an, als diese gleich protestierend ihren Mund aufriss und tief Luft für einen argumentierenden Gegenangriff alá Ino, holte. Das war wieder so typisch für sie. Wenn es nicht nach ihren Vorstellungen ging, quasselte sie sich um Kopf und Kragen um ihren Gesprächspartner genau von ihren Standpunkten zu überzeugen. Dabei war es ihr auch vollkommen egal, ob sie Recht hatte oder nicht. Dies bekam Naruto natürlich sofort zu spüren und seufzend winkte er die Bedienung heran, um sich noch eine Portion zu bestellen. Unwichtiger weiße fragte ich mich, wo er das ganze hin steckte. Schließlich konnte er Sasuke in Sachen gutem Aussehen locker die Hand reichen. Mit seinem Blondem Haar, seinen Azurblauen Augen und der leicht gebräunten Haut, war er der typische Sunny Boy, den man hoffte am Strand mit einen Surfbrett in der Hand zu begegnen. Er war das krasse Gegenteil von Sasuke, der neben ihm viel düsterer, kühler und gefährlicher wirkte. Es war schon beinahe unnatürlich dass die beiden es geschafft hatten sich anzufreunden. Beide ernteten mehrere verstohlene Blicke, als dass ich mitzählen konnte, doch diese schienen die beiden komplett zu ignorieren. Seltsamerweise schien Sasuke in diesen Augenblick nur Augen für mich zu haben. Diese Erkenntnis veranlasste mich nervös auf meinen Platz hin und her zu rutschen und mein Herz meinte wohl wieder einen Marathon laufen zu müssen, so schnell schlug es mir wieder in der Brust. Herrgott. Ich hasste es wenn so viel Aufmerksamkeit auf mir lag, besonders von ihm. Konnte er nicht endlich mal wo anders hin kucken? „Ino jetzt komm mal wieder aus deiner Rosaroten Märchenwelt heraus. Ich bin weder ein Prinz und der Sohn des Königs, noch lege ich viel Wert darauf. Ich bekomme meinen alten Herren sowieso nicht all zu oft zu Gesicht. Wenn er nicht in seiner Amtsstube sitzt und langweiligen Papierkram erledigt, dann ist er mit meiner Mom auf irgendwelchen `wichtigen´ Veranstaltungen unterwegs, vor denen ich mich jedesmal gekonnt davor drücke. Also können wir jetzt endlich das Thema wechseln?“ Naruto klang jetzt leicht gereizt und sein richtig ernst gewordener Blick lag unverwandt auf Ino, die nur einen Schmollmund zog und beleidigt ihre Arme vor der Brust verschränkte. Etwas undeutliches murrend hielt sie endlich die Klappe und dies war wirklich eine Erleichterung. Von ihren ganzen gequassel hatte ich schon langsam Kopfschmerzen bekommen. Mit einen mal war es aber plötzlich schon fast unangenehm still am Tisch und das fiel wohl nicht nur mir auf. Ino hatte nach einigen Minuten, die schweigend vergangen waren, angefangen mit ihren langen manikürten Fingernägeln auf den Tisch herum zu trommeln, während Naruto mit gesenkten Blick weiter seine gerade frisch gebrachte Suppe schlürfte und Sasuke sich endlich wieder von mir zu seinen Handy abgewandt hatte und was tat ich? Ich spielte wieder einmal mit den Gedanken einfach meine Sachen zu packen und von hier einfach zu verschwinden. Wenn ich ehrlich zu mir selber war, fühlte ich mich hier total fehl am Platz. Ganz besonders, wenn so eine drückende Stille herrschte. Das laute quaken von einen Frosch lenkte unsere Aufmerksamkeit zurück auf Naruto, der stirnrunzelnd und mit vollem Mund sein Handy aus seiner hinteren Hosentasche fischte und auf das Display starrte, ehe er im nächsten Moment anfing laut zu fluchen. Was war denn jetzt wieder los? „Verdammt, ich habe ganz vergessen, dass ich mich heute noch mit Hinata treffen wollte!“ Hinata? Wer war dass denn jetzt schon wieder? Hatte der Blonde etwa eine Freundin, von der wir noch nichts wussten? Eigentlich interessierte es mich herzlich wenig, ob er mit jemanden ausging oder nicht, doch für Ino war das natürlich wieder ein gefundenes Fressen. Wie eine Hyäne warf sie sich auf den Leckerbissen und schon wieder ging das Theater von vorne los. Ich fasste es nicht. Doch im Gegenteil von dem letzten Thema schaltete sich Naruto jetzt aktiv in das Gespräch mit ein und sofort fing er an von seiner Freundin zu schwärmen. Innerhalb von wenigen Minuten wusste ich, wie sie aussah, was ihre Schwächen, ihre Stärken und ihre Vorlieben waren. Naruto betonte mehrmals wie hübsch und niedlich sie doch sei und als er mehr ins Detail ging, als nötig gewesen wäre, war für mich die Sache klar. Er war verknallt. Über beide Ohren. Irgendwie sah er ja schon süß aus wie er da ganz rot um die Nase auf seinen Platz leicht hin und her rutschte und sich verlegen am Hinterkopf kratzte und dabei wieder sein Grinsen zum bestem gab. Ein weiteres quaken unterbrach die viel zu kitschig gewordene Unterhaltung der beiden und abermals sah der Blonde auf sein Handy, nur um im nächsten Moment von seinen Platz aufzuspringen, plötzlich ganz in Eile. „Sorry, Leute, aber ich muss jetzt wirklich los! Hinata wartet schon auf mich!“, rief er, als er seine Sachen packte und mit diesen drohte den halben Tisch abzuräumen. Das aufgestapelte Geschirr klirrte gefährlich, doch Naruto schien dies wenig zu interessieren. Ganz in eile wäre er sogar über seine eigenen Füße gestolpert, als er in seiner Hosentasche nach ein paar Kröten suchte, um seine Schulden zu zahlen. Dabei grinste er wieder so dämlich vor sich hin. „Mädels, wir sehen uns! Teme wir schreiben!“ „Hn.“ Sasuke hatte nur flüchtig einen Blick für seinen Kumpel übrig, als dieser sich abwandte und mit schnellen Schritten den Imbiss verließ, auf den Weg zu seiner Angebeteten. Ino sah ihn leicht verträumt lächelnd hinterher und seufzte schwer. „Aaach, die junge Liebe, ist sie nicht schön? Ich glaube ich brauche auch mal wieder einen Freund. Sasuke, na wie sieht´s bei dir aus, hättest du Interesse?“ Aufreizend zwinkerte Ino Sasuke zu und ich verschluckte mich fast an meiner Cola, von der ich gerade einen Schluck nehmen wollte. Ein Husten und die kleinen Tränen in meinen Augenwinkeln unterdrückend, die sich durch den Luftmangel dort gebildet hatten, riss ich ungläubig meinen Kopf zu ihr und starrte sie an. Was sollte dass denn jetzt auf einmal? Und als ob das nicht schon reichen würde, ließ Sasuke doch tatsächlich leicht seinen Blick über die Blonde wandern, während sich seine Mundwinkel sich leicht nach oben zogen. Was diese kleinen Grübchen in seinen Mundwinkel freilegten, die so verdammt sexy an ihm aussahen. Verdammt was dachte ich denn da? Und was dachte sich die Blonde dabei, einfach so plötzlich und von der Seite her den Schwarzhaarigen Anzugraben. Konnte sie dass nicht machen, wenn ich nicht dabei war? Ich hatte wenig Lust, Zeuge zu sein und dabei zuschauen zu müssen, wie sie sich gleich in einen heißen Flirt stürzen würden, dass mir jetzt schon speiübel wurde. Jetzt fühlte ich mich erst recht fehl am Platz und ich wünschte mich viel lieber wo anders, als hier an diesen Ort. Plötzlich und total verständnislos für mich lachte Ino laut auf und schmiss sich ihren Bauch haltend in ihren Sitz zurück. Hä? Was war denn jetzt mit ihr los? Warum lachte sie plötzlich wie eine Irre? Manchmal wurde ich echt nicht schlau aus ihr. „Ihr solltet mal euer Gesicht sehen, total komisch! Das war doch nur ein kleiner Scherz!“ Wieder lachte sie auf und ich runzelte meine Stirn. Keine Ahnung warum Ino lachte, doch ich fand dies nicht komisch. Was sollte diese Aktion gerade? Stumm sah ich Ino dabei zu, wie sie sich langsam aus ihren Platz erhob und noch einmal Sasuke zuzwinkerte, als sie ihre Sachen packte. Was hatte sie denn jetzt vor? Ergriff sie jetzt die Flucht, weil ihr dreister Anmachspruch Sasuke in keinster Weise zu interessieren schien? Schließlich hatte er nichts darauf erwidert. Hatte sie nur stumm kurz angesehen. War sie jetzt in ihren Stolz verletzt? „Sorry, Sakura, aber ich muss auch los. Heute muss ich die Schicht meiner Mutter übernehmen. Aber ich melde mich nachher noch mal bei dir.“ Hoffentlich tat sie es nicht. Sonst wurde ich sie heute nie mehr los. Ich würde einfach ihre Anrufe nachher ignorieren. Wie immer. Und wenn sie schlau war, würde sie es gar nicht erst versuchen, auch wenn wir jetzt sowas wie Freunde waren. Ino lächelte mir noch ein letztes mal zu, als sie sich auch schon umdrehte und mit schnellen klackenden Stritten, die von ihren High Heels stammten, den Imbiss ebenfalls verließ. Jetzt waren wir nur noch zu zweit. Die Blonden waren weg und endlich herrschte etwas Ruhe. Erleichtert aufseufzend griff ich abermals nach meiner Cola und erst als ich die Flasche an meine Lippen führte, viel mir auf was dies bedeutete. Jetzt war ich mit Sasuke allein. Ino hatte mich einfach mit einem Typen allein gelassen. Tolle Freundin war sie. Was machte ich denn jetzt? Seine Anwesenheit war mir sowieso schon mehr als unangenehm und jetzt wo wir uns alleine gegenüber saßen, viel mir dieses Gefühl noch mehr auf. Ich sollte wohl auch verschwinden. Schnell. Nicht dass der Schwarzhaarige noch auf dumme Gedanken kam und versuchte mir wieder mein Vertrauen zu erschleichen. Das erste mal hatte mir schon gereicht. Das brauchte ich nicht noch ein weiteres mal. „Gehst du schon?“ „Siehst du doch.“ Trotzig sah ich ihn kurz an, als ich mich erhoben hatte und ebenfalls etwas bares auf den Tisch warf und begegnete dabei wieder seinen unergründlichen Blick. Was sollte das? Warum starrte er mich immer so mit diesem Blick an. Das nervte langsam. Ein kleines Schnauben entfuhr mir, als ich mich ohne ein weiteres Wort umdrehte und mich zum gehen wandte. Bewusst hatte ich mich nicht verabschiedet. Das tat ich schon lange nicht mehr. Die meisten interessierten sich doch eh nicht dafür, wenn man sich von ihnen verabschiedete. Man wurde dann doch nur dumm angekuckt und erntete eh nur ein kurzes desinteressiertes Schulterzucken. Ein klares Zeichen, dass es ihnen doch herzlich egal war ob man noch länger hier verweilte oder nicht. Den meisten fiel es ja nicht mal auf, wenn man plötzlich nicht mehr da wäre. Schon lange hatte ich mir diese Geste abgewöhnt. Es brachte ja doch nichts. Ich hatte mich schon etwas vom Imbiss entfernt, als ich hinter mir Schritte vernahm. Mit einem kurzen Blick über meine Schulter stellte ich fest, dass Sasuke mir hinterher gelaufen war. Was sollte dass denn jetzt? Warum dackelte er mir hinterher? Hatte er nichts besseres zu tun als mir noch weiter auf die Nerven zu gehen? „Hey, was soll das?“ Sasuke schenkte mir nur bei meinen nicht sehr freundlich ausgesprochenen Worten ein leicht schelmisches Grinsen, als er zu mir gänzlich aufholte und lässig seine Hände in seinen Hosentaschen vergraben, einfach neben mir her trat als sei es das normalste auf der Welt. Was es natürlich nicht war. Nicht für mich. Misstrauisch beäugte ich ihn von der Seite und fragte mich ein weiteres mal, was in seiner Birne vorgehen mag. Machte ihn es Spaß mir auf die Nerven zu gehen oder wie konnte ich sonst sein Verhalten erklären. Welchen verdammten Grund hatte er, dass er mir jetzt schon wieder hinterher dackelte? „Ich muss doch aufpassen, dass du dich nicht wieder betrinken willst, nur um dich dann von der nächsten Brücke zu stürzen!“ Empört klappte mir die Kinnlade herunter und fassungslos starrte ich ihn an. Was hatte er gerade gesagt? Er lief mir nur hinterher um sicherzustellen, dass ich mich nicht bei nächster Gelegenheit von der nächst besten Brücke stürzte, nachdem ich mich sinnlos betrank? Ich fasste es nicht! Was bildete er sich ein wer er denn war! Und selbst wenn ich so was in Sinn gehabt hätte, was nicht stimmte, war er der letzte den es irgendwas anging. Er brauchte sich nichts darauf einbilden, nur weil er mich zufällig vor ein paar Wochen erwischt hat, wie ich genau dieses zu tun gedacht hatte. Wollte er ewig auf diesen Thema herum reiten und mir unter die Nase schieben? Darauf konnte ich getrost verzichten. Weder brauchte ich ihn dazu, mich zu irgendwas zu entscheiden, noch sonst wem. Das sollte er sich langsam mal merken. „Leck mich!“ Wütend zischte ich ihm diese Worte entgegen, schenkte ihm dabei noch einen letzten angewiderten Blick und beschleunigte meine Schritte, um so schnell wie möglich von ihm weg zu kommen. Ich hasste diesen Typen einfach und da half ihm sein gutes Aussehen auch nicht weiter. Wie hieß es gleich noch so schön? Außen hui, innen pfui. Das traf auf ihn zu Einhundert Prozentig zu. Sollte er sich doch zum Teufel scheren! Da passte er sehr gut hin. Immer noch von der Dreistigkeit von dem Trottel-Sasuke aufgebracht, richtete ich meinen Blick wieder gerade aus und wünschte es im nächsten Moment nicht getan zu haben. Ein Keuchen entkam meiner Kehle, als ich ein nur all zu bekanntes Gesicht direkt vor mir ausmachte. Meine Augen weiteten sich und abrupt blieb ich wie erstarrt stehen. Das konnte doch nicht sein. Warum war er hier? Was zum Teufel hatte er hier zu suchen? Mein Herz begann wild gegen meine Brust zu schlagen, dass Blut rauschte in meinen Ohren, als mein Puls sich rasant beschleunigte, während Adrenalin durch meine Venen schoss. Unbewusst trat ich einen Schritt rückwärts, als die Person ihren Kopf hob und wie als wenn sie meinen Blick auf sich gespürt hat, zu mir herüber sah. Erkennen zeichnete sich auf den Gesicht der Person ab und ein bekanntes, verhasstes Lächeln breitete sich auf den Gesicht des Fremden aus, als er mit gemächlichen Schritten in meine Richtung trat. Meine Gedanken überschlugen sich, während ich stumm dabei zusah, wie er immer näher auf mich zukam. Ich bemerkte nicht mal mehr, dass Sasuke neben mir ebenfalls angehalten hatte und mir einen fragenden Blick zuwarf, ehe er auch zu dem Fremden sah. „Sakura. Wie schön dich mal wieder zu sehen. Ist ja schon eine Ewigkeit her.“ Ohh, nach meinen Geschmack hätte es auch noch viel länger bleiben können. Nie hätte ich geglaubt Ihm noch mal über den Weg zu laufen. Breit lächelte er mich mit seinem unechten Grinsen an, dass ich ihm damals noch abgekauft hatte, so naiv wie ich gewesen war. Hatte ihm all seine Lügen geglaubt und war sogar so dumm anzunehmen, dass ich in ihm endlich eine Person gefunden hatte, der ich vertrauen konnte. Ein Fehler, wie sich dann heraus stellte und den ich schmerzlichst erfahren musste. Seit dieser Erfahrung vertraute ich niemandem mehr so leicht. Ja. Ich hatte zugelassen dass Ino, Naruto, ja sogar Sasuke mir etwas näher kommen durften, doch das hieß noch lange nicht, dass ich ihnen vertraute. Nein. So einen Fehler würde ich nie wieder machen. Dafür hatte mich mein Gegenüber zu sehr geprägt. „Was willst du hier, Sai.“ Misstrauisch beobachtete ich jede seiner Bewegungen, als er vor uns stoppte und mich ausgiebig von oben bis unten musterte. Unbehagen breitete sich in mir aus und alles in mir schrie danach, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. So viel abstand wie nur irgend möglich zwischen ihn und mir zu bringen. Doch diese Gedanken verwarf ich gleich wieder. Ich war nicht mehr die ängstliche Sakura von damals, die er verarschen und für seine Zwecke benutzen konnte. Kein weiteres mal würde ich zulassen, dass er mich noch einmal so verletzte wie er es schon einmal geschafft hatte. „Ich war gerade eigentlich nur zufällig in der Gegend.“ Ja klar, und mir fliegen Engel aus dem Arsch wenn ich furze. Wir wussten doch beide dass er wegen einem anderen Grund hier war. Ich wusste nur nicht wegen welchen, aber ein leises Gefühl sagte mir dass ich diesen schon sehr bald erfahren würde. Sai tat nie etwas ohne einen Grund und schon gar nicht war er zufällig irgendwo unterwegs. Stellte sich nur die Frage, was er hier wollte. Sai´s Blick glitt von mir zu Sasuke und sein falsches Gegrinse wurde noch etwas breiter, als er Sasuke kurz von oben bis unten musterte und dabei ein abfälliges Schnauben von sich gab. Ich konnte mir denken, was ihm wohl gerade durch den Kopf ging. Schließlich sahen sich die beiden sehr ähnlich. Gleiches schwarzes Haar und gleiche schwarze Augen, auch wenn Sai´s Haarschnitt etwas kürzer war und seine Augen noch kühler wirkten als die von Sasuke. Auch war Sai´s Hautfarbe etwas blasser und wirkte im Gegensatz von meinem unhöflichen und unerwünschten Begleiter eher kränklich. Die Ähnlichkeit der beiden war verblüffend, doch dass war es nicht was mich in diesen Moment mehr beschäftigte. Was verdammt noch mal wollte er hier? Was war sein Grund und viel wichtiger... Wie hatte er mich gefunden? ---------------------------------------------------------- Wenn du denkst, du hast damit abgeschlossen, kommt im anderen Moment alles wieder hoch. Kapitel 9: Zweifel ------------------ Die beiden Männer musterten sich immer noch abschätzend. Stumm wurden Annahmen gemacht, Urteile des jeweils anderen getroffen und gegenseitig Schwänze verglichen. Ich konnte nicht anders als Sasukes Selbstbeherrschung zu bewundern. Kein anderer, ich einbegriffen, hätte bei so einer gründlichen Musterung und spöttischen Abschätzung so cool und gelassen reagiert, wie er es gerade tat. Mit den Händen in den Hosentaschen vergraben stand er da und legte eine Gelassenheit an den Tag, die ich an seiner Stelle und schon gar nicht in so einer Situation zusammen gebracht hätte. Wirklich alle Achtung. Er hatte wohl doch einen Arsch in der Hose und seine schon fast rebellische düstere Ausstrahlung war nicht nur Fassade um bei den Mädels zu punkten und um sein eindeutiges Bad-Boy Image aufrecht zu erhalten. Dies bemerkte wohl auch Sai. Denn dessen Aufmerksamkeit lag soweit auf Sasuke um abschätzen zu können, ob er ihm wohl womöglich gefährlich werden könnte. Halb wünschte ich mir, dass Sasukes Anwesenheit ausreichte um Sai den Rücktritt antreten zu lassen. Doch natürlich war Sai ebenfalls kein Schlappschwanz, wie ich genau wusste. Er würde niemals freiwillig das Schlachtfeld räumen und aus dem provozierenden Glitzern in seinen so ausdruckslosen Augen zu schließen, nahm er es als kleine Herausforderung an, gegen Sasuke anzutreten wenn es hart auf hart kommen sollte. Leise fragte ich mich ob dies gut gehen würde. Ich wollte schließlich nicht dabei sein, wenn den beiden ihr Männlicher Stolz packte und statt böser Blicke die Fäuste flogen. Dieser bloße Gedanke daran reichte aus, um unruhig auf der Stelle hin und her zu treten. Erst jetzt wurde mir plötzlich und mit einem unsichtbaren Schlag genau in meine Eingeweide bewusst, wie ähnlich die beiden sich doch waren. Es war ja nicht nur dass Aussehen, dass sich erschreckend ähnelte, nein. Ihre Ausstrahlung, ja sogar ihr Charakter glichen sich und erst jetzt realisierte ich, dass mich Sasuke schon immer etwas an Sai erinnert hatte. Anscheinend hatte ich diesen Aspekt gekonnt verdrängt, genau wie die Vergangenheit mit Sai, die eine von meinen Dunkelsten Kapiteln in meinem jungen Leben war. Schließlich war er der Mann, der mich gelehrt hatte, dass Gefühle nur Schmerz bedeuteten. Richtigen, abgrundtiefen, seelischen Schmerz, der nicht zu ertragen war. Sich wie heißes verseuchtes Gift durch deine Adern arbeitete, bis man glaubte es nicht mehr länger ertragen zu können. Er war es, der mich in das tiefe und dunkle Loch der puren Verzweiflung geworfen hatte und dass immer und immer wieder. Lachend hatte er dabei zugesehen wie ich versuchte, mich wieder daraus hervor zu kämpfen, mich dabei immer im Glauben lassend, ich würde es wirklich schaffen, bevor er mir wieder alle Hoffnungen nahm und mich nur noch tiefer hinein drückte. Es hatte ihm Spaß gemacht mich immer und immer wieder abstürzen zu lassen, bis ich es irgendwann einfach nur noch hin genommen und mich mit dem Schmerz abgefunden hatte. Er war es, der mich zu dem seelisch instabilen Wrack gemacht hat, dass ich heute war. Er war dafür verantwortlich dass ich mich innerlich leer fühlte. Tod. Abgefuckt. In jeglicher Hinsicht. Dass Ergebnis schien ihn heute noch zu gefallen, denn wieder lag ein gekünsteltes Lächeln auf seinen Lippen, als er mich kurz musterte. Vielleicht war dass seine Methode wieder irgendwas zu fühlen, wenn er andere Menschen Leiden ließ. Wenn er ihnen zeigte, was er fühlte. Nichts. Er war ein eiskalter, grausamer Bastard, dem ich erlaubt hatte mein eh schon instabiles Leben gänzlich zu versauen. Wie lange hatte ich gebraucht mich wieder soweit aufzuraffen, dass ich ein halbwegs wieder anständiges Leben führen konnte? Viel zu lange. Und nun stand er wieder vor mir und drohte meine mit Mühe aufgebaute Fassade um mein schwaches zerbrechliches Ich zu beschützen, wieder einreißen zu lassen. Ein Blick von ihm genügte um mich wieder verdammt nah an den Rand des nächsten Abgrunds zu schieben, aus dem ich dieses mal mit Sicherheit nicht mehr raus klettern konnte. Dazu fehlte mir einfach den Willen und die Kraft dies noch einmal durchzustehen. Warum war er gerade jetzt wieder aufgetaucht? Gerade jetzt, als es mir endlich wieder etwas besser ging? Gerade als ich halbwegs wieder angefangen hatte mich anderen gegenüber zu öffnen? Welchen Grund hatte er? Was wollte er? „Wie ich sehe hast du in all der Zeit, die wir uns nicht gesehen haben, immer noch nichts dazu gelernt, Sakura.“ Leicht zuckte ich zusammen, als sich seine emotionslose Stimme an mich richtete. Ich wusste genau worauf er anspielte und ich konnte nicht verhindern, dass sich dabei ein schmerzlich ziehendes und zugleich dumpfes Gefühl in mir ausbreitete. Er hatte mich mit nur diesen einen Satz tiefer getroffen, als ich zugeben wollte. Er verhöhnte mich, dass ich wieder einmal Schwäche gezeigt und einen anderen Menschen wieder Näher an mich heran gelassen hatte. Schon fast beschämt senkte ich meinen Blick zu Boden. Warum auch musste er mir über den Weg laufen, wenn Sasuke dabei war? Was hatte ich Gott getan, dass er mich so bestrafte? Warum ließ er mich immer wieder so leiden? Anscheinend war es mir nicht vergönnt, ein Ansatz halbwegs normales Leben zu führen, wie ein ganz normales glückliches Mädchen in meinem Alter. Ich wollte auch so sorgenfrei wie Ino herum laufen und meine Lebensfreude ausleben, so wie die Blonde es jeden Tag tat. Doch stattdessen war mein Leben in einfachen Worten zu sagen, so abgefuckt. Abgefuckter ging es gar nicht mehr. Schon fast bedauerte ich es, dass Sasuke mich davon abgehalten hatte, mich von der Brücke zu stürzen. Wäre er nur ein paar Minuten später gekommen, wäre ich jetzt nicht hier und müsste mich mit Sai und meinen ganz anderen Problemen herum schlagen. „Glaubst du wirklich, dass du ihm vertrauen kannst? Was macht dich so sicher, dass dich unser Schönling hier nicht auch nur ausnutzt?“ So wie du?, schoss es mir gleich zynisch durch den Kopf und ich musste mir ein gequältes Lächeln verkneifen. Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass mich seine Worte nicht trafen. Tief gruben sie sich in mich hinein und beschwörten die Zweifel wieder in mir hoch, die ich gedacht hatte überwunden zu haben, als ich beschloss Sasuke und auch Ino, sowie Naruto näher an mich heran zu lassen. War dass womöglich doch ein Fehler gewesen? Hatte ich zu vorschnell gehandelt und ihnen so naiv ich war, ein leichtes Spiel geliefert? Wer garantierte mir denn bitte, dass sie mich denn nicht auch nur für ihre Zwecke ausnutzten und mich dann fallen lassen, genauso wie Sai es getan hatte? Wollte ich dass wirklich noch einmal durchmachen? Nein. Das wollte ich nicht. Man musste mir meinen Inneren Kampf angesehen haben, denn Sai´s monotones und zugleich düsteres Lachen ertönte, weil er genau wusste, dass er mich da hatte wo er mich haben wollte. Wieder einmal zweifelte ich an mir selber und drohte abermals in den dunklen tiefen und drückenden Schmerz zu ertrinken, der mir meinen Brustkorb und auch Hals zuschnürte, dass ich kaum noch Luft bekam. Warum nur? Warum passierte dass immer mir? „Du bist wirklich genauso noch so naiv wie…“ „Jetzt reicht´s mir aber!“ Sasuke war vorgetreten und würgte mit einer barschen Stimme Sai´s Worte ab. Es war das erste mal dass er sich zu Wort meldete und irgendwie überraschte es mich auch, dass er sich überhaupt in das Gespräch, wenn man es denn eins nennen konnte, einmischte. Feindseelig funkelte er Sai an, der ihn wiederrum nur mit einen kühlen Blick ansah. Er mochte es nicht, wenn man ihn unterbrach. Dass sah man ihm auch an. Sasuke beeindruckte dies aber wenig, lieber stieß er selber ein kleines wütendes Knurren aus, dass sich ihm gleich wieder etwas gefährlicher wirken ließ. Mann sah sofort, dass man ihn besser nicht reizen sollte, wenn er wütend war. Dass zeigte er Sai mit einen einzigen kalten Blick aus seinen Pechschwarzen Augen, doch Sai ließ sich davon nicht einschüchtern. Im Gegenteil. Er stand immer noch wie die Ruhe in Person da und starrte Sasuke einfach nur entgegen, was diesen überhaupt nicht zu passen schien. Dass sah man an seinen Händen, die er zu Fäusten ballte, als er diese aus seiner Hosentasche gezogen hatte. „Wer glaubst du bist du, um ihr so einen Scheiß einzureden? Hörst du dir eigentlich selber zu?“ Sasukes Stimme hatte sich durch seine Wut etwas verdunkelt und ich wusste nicht warum, aber mir jagte dabei ein eiskalter und gleichzeitig kribbelnder Schauer über den Rücken. Ebenso konnte ich ihn in diesen Moment einfach nur anstarren. Nie und nimmer hätte ich gedacht, dass er vortreten und für mich einspringen würde. Er strahlte gerade so viel stärke aus, dass es mir wieder leicht den Atem verschlug. Er war so stark. So verdammt stark. Stärker als ich es jemals sein könnte. „Und wer bist du, um das Recht zu haben dich hier einzumischen?“ Sai´s falsches Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück, als er zum Gegenschlag ausholte und Sasuke damit mehr als nur provozierte. Oh Gott. Konnte es denn jetzt noch schlimmer werden, als es denn ohnehin schon war? Was sollte ich denn bitte machen, wenn die beiden sich gleich wirklich in die Haare kriegen würden? Völlig überfordert sah ich zwischen den beiden hin und her. Hoffte nebenbei inständig dass doch noch ein Wunder passierte und diese mehr als scharfe Situation entschärfte. Sasuke überraschte mich aber wieder, als er plötzlich seinen Kopf in den Nacken legte und kurz freudlos auflachte. „Ich denke ich habe mehr Recht als du, mein Freund.“ Mit diesen Worten packte er unerwartet mein Handgelenk und Sai noch einen bösen und gleichzeitig herablassenden Blick schenkend zog er mich einfach an diesen vorbei und lief in eiligen Schritten die Straße weiter. Überrascht und mehr als überfordert von seinen plötzlichen Handeln, keuchte ich auf und stolperte ihm unbeholfen hinterher. Was sollte dass denn jetzt? Warum machte er dass? „Denk an meine Worte Sakura. Er nutzt dich auch nur aus, genau wie all die anderen vor ihm auch.“ Ich konnte nicht anders. Kurz sah ich über meine Schultern zurück zu Sai, der mir diese Worte hinterher gerufen hatte und dabei immer noch sein lebloses Grinsen zur Schau trug. Es schien ihm wohl mehr als nur zu amüsieren, dass Sasuke so auf seine Provokation reagiert hatte. Wenn dass mal nicht noch mal ein Nachspiel nach sich zog. Denn eins wusste ich gleich. Sai hatten wir nicht zum letzten Mal gesehen. Sasuke zog mich immer noch durch die Straßen, obwohl Sai schon längst außer Sichtweite war. Er schien wohl immer noch so in Rasche zu sein, dass er dies überhaupt nicht zu bemerken schien. Ich ließ es einfach geschehen. Im Moment fehlte mir einfach die Kraft, überhaupt irgendwas zu machen. Immer wieder triftete ich mit den Gedanken ab und versuchte nicht wieder in den tiefen Schmerz zu ertrinken, der sich immer weiter in mir ausbreitete und mir das Atmen wieder schwerer machte und dass lag garantiert nicht daran, dass mich Sasuke schon fast rennend immer noch durch die halbe Stadt zehrte ohne irgend ein besonderes Ziel anzuvisieren. Trotzdem keuchte ich leise auf, als er plötzlich eine sehr scharfe Kurve nach links nahm und in eine unbelebte Seitengasse einbog. Unsanft wurde ich an die kalte und harte Steinwand gedrückt. Was sollte dass denn? Warum schleppte er mich hier her? Und warum starrte er mich jetzt so böse an? Schon fast grob hielt er mich an meinen Schultern gepackt an Ort und Stelle fest und ich konnte nichts weiter tun, als ihn einfach entgegen zu starren, während ich versuchte wieder zu Atem zu kommen. Der kleine Dauerlauf hatte mir mehr abverlangt als ich mir eingestehen wollte. Schließlich war ich noch nie die Sportlichste gewesen und ich hatte auch nicht vor irgendwas daran zu ändern, doch als ich sah, dass Sasuke im Gegensatz zu mir nicht schnaufte wie ein Walross, kam ich mir schon etwas schäbig vor. Er war nicht mal außer Atem, verdammt noch mal. Beschämt wandte ich meinen Blick von ihm ab und saugte wieder tief Luft in meine Lungen, die durch diese kleine Anstängung leicht brannten. Vielleicht sollte ich doch mal darüber nachdenken, mehr für meine Kondition zu tun, damit ich nächstes mal nicht gleich jabsend zusammen klappte, wenn ich wiedererwarten noch einmal durch die halbe Stadt gezehrt wurde. „Wer war dieser Kerl?“ Sasuke holte mich mit seiner etwas schärfer klingenden Stimme abrupt ins Hier und Jetzt zurück. Kurz zuckte ich über seine Härte zusammen, antwortete ihm jedoch nicht auf seine Frage. Viel lieber sah ich trotzig immer noch zur Seite auf den von Müll belagerten Asphalt, der momentan interessanter war als er. „Was wollte er von dir?“ Sasuke schien es wohl nicht zu stören ob ich ihn antworten wollte oder nicht und das wollte ich nicht, trotzdem bombardierte er mich mit weiteren Fragen. Warum interessierte es ihn so wer Sai war und was er von mir wollte? Es ging ihm schließlich nichts an, dass war meine Angelegenheit, nicht seine. Sein Griff an meiner Schulter verfestigte sich noch weiter und ich spürte den Druck seiner scharfen Fingernägel selbst durch den dicken Baumwollstoff meiner Winterjacke. Wieder zuckte ich leicht zusammen, hielt aber immer noch den Mund und sah ihn immer noch nicht an. Warum ließ er mich nicht einfach in Ruhe? Und warum verdammt noch mal blieb ich einfach so stehen und ließ mir dies überhaupt gefallen? „Sakura, antworte mir endlich!“ Leicht rüttelte er mich immer noch an den Schultern gepackt, genauso wie bei unserer ersten Begegnung an der Brücke. Genau wie damals war er aufgebracht und forderte eine Antwort von mir, obwohl die Gründe diesmal ganz andere waren. Ruhig ließ ich mich von ihm durchschütteln, ehe ich ihm endlich entgegen sah. Ihm in seine Pechschwarzen Augen sah, die Sai´s Augen so ähnlich und doch ganz anders waren. Im Gegensatz zu Sai war Sasuke durchaus in der Lage Emotionen zu empfinden, auch wenn er sie nicht gerne allen und jedem zeigte. Ich konnte so viel und auch gleichzeitig nichts aus seinen Augen heraus lesen und irgendwie erinnerte er mich ein bisschen an mich selbst. Hatte er etwa in seinen Leben auch schon irgendetwas durchgemacht, dass ihm so einen Ausdruck in seinen Augen hinterließ? „Es geht dich nicht´s an Sasuke. Ich werde dir nichts sagen, also lass mich bitte in Ruhe.“ Sofort verhärtete sich sein Ausdruck in den Augen wieder und er stieß ein wütendes zischen aus. Dass war seine Reaktion darauf, dass er auf meine Worte einen Scheiß gab, obwohl ich sogar Bitte gesagt hatte. Ein Wort dass ich nicht sehr oft benutzte und Sasuke würdigte es kein bisschen, nein, er ging sofort wieder auf die Barrikaden. „Es geht mich also nichts an, sagst du? Wann merkst du endlich dass ich dir helfen möchte?!“ Wollte er das? Warum? Ich hatte ihn in keinster weiße einen Anlass dafür gegeben. Er hatte doch immer von sich aus gehandelt. Mich hatte er doch nicht einmal gefragt ob ich seine Hilfe wollte oder nicht. Und ich brauchte sie nicht. Von niemanden. Ich kam sehr gut alleine klar. Vertraue niemandem, schoßen Sai´s Worte durch meinen Kopf, an die ich mich so lange gehalten hatte. Bis jetzt bin ich mit diesem Vorsatz gut klar gekommen. Warum sollte ich daran was ändern wollen? Er nutzt dich auch nur aus, denk an meine Worte Sakura. Ich fragte mich ob Sai damit recht hatte. Nutzte mich Sasuke auch nur aus? Bot er mir nur seine Hilfe an, um mir dann in den Rücken zu fallen? War er auch einer von der Sorte Mensch, die ich eigentlich meiden wollte. Tiefe Zweifel kamen wieder in mir auf und ich wusste nicht mehr was ich glauben oder gar denken sollte. Plötzlich spürte ich weiche Lippen auf meinen und meine Augen weiteten sich, als ich realisierte was er da tat. Augenblicklich verkrampfte ich mich am ganzen Körper und wusste nicht was ich tun sollte. Ich war komplett überfordert mit dieser plötzlich so intimen Situation. Seine linke Hand wanderte meinen Hals hoch in meinen Nacken und leicht drückte er meinen Kopf nach oben um besser an meine Lippen zu kommen. Stocksteif stand ich da und wusste beim besten Willen nicht wie ich reagieren sollte. Warum tat er das? Wieso küsste er mich aus heiterem Himmel? Ich hatte ihm doch in keinster weiße einen Anlass dazu gegeben dies zu tun oder hatte ich irgendwas nicht mitgekriegt? Keuchend schnappte ich nach Luft, als er kurz von mir abließ, doch sofort nutzte er diese Gelegenheit und schob mir seine Zunge in den Mund. Fest kniff ich meine Augen zusammen und krallte meine Hände in seine schwarze Winterjacke, als er meine Zunge neckisch mit seiner an stupste um sie zum mitmachen zu animieren. Ein komisches Gefühl stieg in mir hoch, dass ich beim besten Willen nicht benennen konnte und ich wusste, dass ich meinen Tribut für Heute überschritten hatte. Erst das aufeinander Treffen mit Sai, dass mich mehr aufgewühlt hatte als ich mir eingestehen wollte, dann seine Zweifel, die er in mir gesät hatte und jetzt das! Ich konnte nicht mehr. Es wurde mir alles viel zu viel um noch mehr verkraften zu können. Es brach nun alles in mir aus. Warum tat er dass? Warum konnte Sasuke mich nicht einfach in Ruhe lassen? Glaubte er, dass er von mir Antworten auf seine Fragen bekommt, wenn er mich küsste? Wenn er seine warme, weiche Zunge in meinen Hals steckte? Mit einen mal schossen mir Tränen in die Augen, als ich den ganzen Druck nicht mehr aushielt. „Hör bitte auf damit.“ Meine Stimme klang so leise und fast schon flehentlich, als ich es schaffte ihn etwas von mir wegzudrücken. Eine einzelne Träne rollte über meine Wange und Sasukes Augen weiteten sich kurz, als er dies sah. War er schockiert, dass ich nicht so auf ihn reagierte, wie er es gewollt, es gehofft hatte? Wie ein Blitzschlag traf mich die Erkenntnis und keuchend rang ich nach Atem, als ich mich aus seinen Griff befreite und vor ihm zurück wich. Dass war es also was er wirklich von mir wollte. Ich war wohl nur ein weiteres Abenteuer für ihn. Eine neue Eroberung. Wieder keuchte ich auf und sah ihm entsetzt entgegen, als mir nun alles klar wurde. Sai hatte Recht. Er hatte so verdammt Recht. Sasuke nutzte mich wirklich nur aus, dass hatte er gerade mit seiner Aktion bewiesen und ich war so dumm um wieder darauf herein zu fallen. „Vertrau mir, hast du gesagt…“, stieß ich leise aber fest hervor, als ich den ersten Schock halbwegs überwunden hatte und meine Sprache wieder gefunden hatte. „Sakura…“, begann er, machte dabei einen Schritt auf mich zu, doch ich wich sofort vor ihm zurück und mein Blick wurde dabei härter, kälter. Sai hatte so verdammt noch mal Recht gehabt! „Bleib weg von mir!“ Sasuke hörte jedoch nicht auf mich und kam wieder näher und abermals wich ich vor ihm zurück. Er verzog dabei leicht sein Gesicht und fluchend strich er sich kurz über das Gesicht. Mir war es aber herzlich egal, warum er sich auf einmal so wehmütig und schon fast reumütig benahm. Er war verdammt noch mal nicht besser als alle anderen. „Ich will ab sofort nichts mehr mit euch zu tun haben! Lasst mich in Ruhe!“ „Sakura…“, versuchte es Sasuke noch einmal, doch ich gab ihm keine Gelegenheit mehr seinen Satz zu vollenden. Es war mir egal. Ich war fertig mit ihm. Auf den Absatz kehrt machend stürmte ich aus dieser verfluchten Seitengasse und weg von ihm. Ich wollte nur noch weg! So weit, weit weg wie nur irgend möglich! --------------------------------------------- Jedes mal, wenn ich anfange jemanden zu vertrauen, zeigen Sie mir, das ich es lieber lassen sollte! Kapitel 10: Zusammenbruch ------------------------- Rot. Dunkelrot bahnte sich das dünne Rinnsal meines Blutes seinen Weg über mein Handgelenk und tropfte zu Boden. Plopp Wie in Trance sah ich dabei zu, wie sich der nächste Blutstropfen von meiner blassen Haut, die im krassen Gegensatz zu dem dunklem Rot schon fast gespenstisch wirkte, abperlte und seinem Vorgänger folgte und wieder mit einen leisen Plopp auf den Fliesenboden meines Bades aufkam. Ich wusste nicht wie lange ich schon hier saß und wieder und wieder mit der scharfen Rasierklinge meine Haut am Unterarm aufritzte. Wiedermal hatte ich komplett mein Zeitgefühl verloren. Doch das störte mich nicht weiter. Es war doch egal wie lange ich hier schon saß. Es war egal, wie oft ich in dieser Zeit immer wieder die Rasierklinge an meine empfindliche Haut angesetzt und zugesehen hatte, wie mein Lebenssaft wie Fäden über meine blasse Haut lief um dann schlussendlich zu Boden zu fallen. Es war egal. Es war einfach alles egal. Hauptsache es lenkte mich von dem Schmerz ab, den ich tief in mir verspürte. Ich wollte ausbrechen. Einfach aus diesen Gefühl des Verrates und den darauffolgenden Schmerz, den ich eigentlich schon längst gewöhnt sein musste, ausbrechen. Wie Gift breitete er sich in meinen Körper, ließ meinen Magen sich schmerzhaft verkrampfen. Schnürte mir eng den Brustkorb zusammen. Schloss sich erdrückend um mein wild schlagendes Herz, das wiedermal so töricht gewesen war andere näher an sich heran zu lassen. Ich war so dumm. Warum hatte ich auch zugelassen, die drei näher an mich heran zu lassen. Hatte ich meine Lektion immer noch nicht gelernt? Nein. Ich dachte alles unter Kontrolle zu haben. Dachte ich hätte sie genauestens ihr Verhalten mir gegenüber beobachtet, wenn wir wieder mal in diesen stinkenden Imbiss gesessen hatten. Ich hatte wirklich daran geglaubt endlich wieder Personen gefunden zu haben, denen ich wirklich vertrauen konnte. Noch immer verspürte ich diese leichte Zufriedenheit, die sich bei dem Gedanken in mir ausgebreitet hatte. Ich war wirklich so dumm gewesen. Hätte ich Sai nicht getroffen und hätte Sasuke mir nicht seine wahren Absichten gezeigt, wäre ich Idiotin ihnen noch weiter auf den Leim gegangen. Diese Erkenntnis tat weh. Sehr weh. Ein leiser Laut entkam meiner Kehle, als ich abermals die Klinge anhob und sie erneut an meinen Unterarm ansetzte. Ich ertrug diesen Schmerz, dieses Gefühl schon wieder nur ausgenutzt worden zu sein nicht mehr. Er sollte verschwinden. Er sollte mein zerbrechliches Herz, ja gar meine geschundene Seele in Ruhe lassen. Gleichzeitig wollte ich aus meiner Haut, meinen Körper und aus diesem dunklen Loch in das ich wieder mal gefallen war ausbrechen. Ich wollte raus. Ich wollte endlich da raus! Diesen Schmerz, der mich innerlich auffraß einfach aus mir heraus schneiden. Es war so leicht. So verdammt einfach. Ich musste nur den Druck der Klinge auf meiner sensiblen Haut erhöhen und schon gab diese nach, wie als würde man durch Papier schneiden. Einfach so. Warum hatte man diese überhaupt, wenn man sie so leicht durchdringen konnte? Rote Blutstropfen perlten sich aus dem neuen Schnitt, der bei weitem noch nicht tief genug war. Immer mehr rotes Blut drang aus der Wunde, als ich den Druck noch etwas weiter erhöhte und schon beinahe fasziniert dabei zusah, wie mein Blut sich wieder seinen Weg über mein Arm und Handgelenk bahnte, bevor es ebenfalls zu seinen Artgenossen zu Boden tropfte. Plopp Es war schon fast eine Befriedigung zu sehen, wie ich diesen Schmerz, der bei jedem neuen Schnitt, denn ich mir immer wieder selbst zufügte, einfach aus mir heraus sickerte. Ich würde nicht aufhören, bis ich auch das letzte bisschen Schmerz aus mir heraus geschnitten hatte. Ich würde nicht aufhören, bis ich nichts mehr fühlte. Bis ich wieder innerlich komplett ruhig und leer war. Es war angenehm. So verdammt angenehm, nichts mehr zu fühlen und erst jetzt bemerkte ich, wie ich diese innerliche Ruhe vermisst hatte. Es tat so verdammt gut nichts mehr zu fühlen. So verdammt gut. Freunde? Wer brauchte die schon. Mann hatte ja wieder einmal gesehen was dabei heraus kam, wenn man anfing sich anderen zu öffnen. Es war eindeutig besser allein zu sein. Niemand konnte dich dann verletzten oder ausnutzen. Ich war gerne allein. Es machte mir nichts im geringsten was aus. Ich brauchte niemanden. Ich kam sehr gut alleine klar. Ein plötzliches schepperndes Geräusch das von meiner Haustür stammte, die erst aufgeschlossen und dann lieblos zugeschlagen wurde, erregte meine Aufmerksamkeit und ließ mich kurz unmerklich zusammen zucken. Es gab nur eine die neben mir einen Schlüssel zu meiner Wohnung besaß und ihre klappernden Absätze auf den Laminatboden verrieten sie sofort, ehe ich ihre laute Stimme vernahm, die nach mir rief. Sie klang aufgebracht. Ein klares Zeichen, dass dieses Aufeinandertreffen kein angenehmes werden würde. Als ihre laute Stimme abermals nach mir rief und langsam näher kam, kam endlich wieder Regung in meinen Körper und leichte Panik überfiel mich. Sie sollte mich nicht so sehen. Sie sollte nicht erfahren, was ich hier tat. Es war mein kleines dunkles Geheimnis, dass niemanden was anging. Es reichte ja schon, dass Ino vor mehr als ein paar Wochen leichten Verdacht geschöpft hatte, als sie darauf bestanden hatte meine Wunde zu verarzten, als sie mal wieder unangekündigt vor meiner Haustür aufgetaucht war und mich in so einer Situation vorgefunden hatte und das brauchte ich beim besten willen nicht ein zweites mal. Tsunade würde sich ohnehin von mir nicht so billig abspeisen lassen, da sie im Gegensatz zu der Yamanaka mehr Erfahrung in Sachen Selbstverletzung hatte, da sie mehrere Patienten betreute, die so dämlich waren, sich dabei erwischen zu lassen. Das würde mir nicht passieren. Es ging keinem was an! „Sakura!“ Man hörte eindeutig die unterdrückte Wut aus ihrer Stimme heraus, als sie anfing die Räume nach mir abzusuchen, weil sie mich nicht gleich auf Anhieb entdeckt hatte. Dies hörte ich an ihren viel zu lauten und hohen Absätzen, die durch die aufgebrachtheit ihrer Trägerin unheilvoll auf den Boden donnerten, dass dieser durch ihr Gewicht sogar leicht vibrierte. Nachher konnte ich mir wohl wieder was von meinem Untermieter anhören, der sich bestimmt in seiner Ruhe gestört fühlte und dabei war ich ja nicht mal die Verursacherin von dieser Störung. Jetzt schon wieder mehr als genervt, beseitigte ich in Rekordzeit alle verräterischen Flecken von Boden und schaffte es sogar noch kurz meinen geschundenen Arm unters Wasser zu halten, um das frische und auch das schon getrocknete Blut von meiner Haut zu waschen, als ich auch schon die Bedrohung vor meiner Badezimmertür ausmachen konnte. Schnell trocknete ich meinen Arm ab, ignorierte dabei, wie frisches Blut schon wieder aus der Wunde perlte und schob schnell noch meinen langen Ärmel von meinem schwarzen Pulli über die Schnitte und öffnete, mich innerlich schon auf die mehr als ansträngende Auseinandersetzung mit meiner Tante vorbereitend, die Tür. Sofort sah ich mich ihren wütenden funkelnden Rehbraunen Augen gegenüber und es brauchte keinen Blinden um zu erkennen, dass Tsunade stinksauer und kurz vor einem Wutanfall stand. Die übergroße Ader, die ihre Stirn mehr als verunstaltete war nicht zu übersehen und sprach Bände. „Sakura, warum hast du mir nicht geantwortet!“ Ihr lautes Stimmorgan fegte über mich hinweg und fast hätte ich genervt mit den Augen gerollt. Herrgott noch mal. Was für eine Laus war ihr den heute schon wieder über die Leber gelaufen? Kurz zuckte ich zur Antwort mit meinen Schultern und ging an ihr vorbei, in dem genauen wissen, dass sie es überhaupt nicht leiden konnte, wenn ich sie ignorierte. Mir war es aber egal, ob sie mich nun gleich anfauchen würde, denn das sie es tat stand außer Frage. „Was führt dich zu mir, liebes Tantchen?“ Ich wusste nicht wieso ich mit meinen spöttisch ausgesprochenen Worten noch mehr Öl ins Feuer schmiss als ohnehin schon und das wütende Auf schnauben hinter mir bestätigte, dass ich eindeutig langsam den Bogen mehr als überspannte. Wie lange würde es wohl dauern, bis sie wie eine Bombe explodieren würde? Es war nur eine Frage der Zeit. Deshalb war ich etwas überrascht, als sie kurz tief durchatmend versuchte sich wieder etwas zu beruhigen. Seit wann bitte schön hinderte sie sich selbst daran ihre Wut lautstark von sich zu geben? Sonst machte es ihr doch bei ihrem mehr als hitzigen Temperament auch nichts aus, um jemanden gehörig zusammen zu schreien. Warum hielt sie sich gerade jetzt zurück? Obwohl, eigentlich erahnte ich den Grund ihrer Wut schon und es wunderte mich sowieso, dass sie nicht schon früher bei mir aufgetaucht war, um ihren Missmut über mein Verhalten kund zu geben. „Wir müssen reden, Sakura!“ Was sie nicht sagte. Sonst würde sie hier wohl kaum stehen und mal wieder einfach unangekündigt in meine Wohnung eindringen. Es ging mir sowieso langsam auf die Nerven, dass sie sich einfach die Freiheit heraus nahm, einfach in meine Wohnung zu kommen, wie es ihr beliebte. Klar sie unterstützte mich bei der Miete, da ich durch den lausigen Studien-Gehalt mir nicht mal diese Wohnung hätte leisten können. Trotzdem gab ihr dass noch lange nicht das Recht einfach hier ohne meine Erlaubnis einzudringen. Doch egal wie oft ich auch dieses Thema anschnitt wurde es von ihr komplett ignoriert. Schließlich musste sie nach mir sehen, wenn ich mich schon nicht bei ihr blicken lasse und da sie genau wusste, dass ich ihr sowieso nicht freiwillig aufmachen würde, wenn sie klingelte, lud sie sich eben so bei mir ein. Dabei war es ihr völlig egal, ob mir dies passte oder nicht. Und glaubt mir, es passte mir ganz und gar nicht. Ich war schon lange kein kleines Kind mehr, dass man ständig kontrollieren musste, doch auch dies wurde fließendlich von Tsunde ignoriert. Alles musste immer nach ihren Kopf gehen und wahrscheinlich war auch dass der Grund warum sie beim Glücksspiel nie Erfolg hatte. „Und worüber willst du reden?“ Ich sah zu Tsunade, als ich mich in meinem Wohnzimmer auf mein Minzgrünes Sofa nieder ließ und sie den gleichfarbigen Sessel mir gegenüber für sich beanspruchte. Dabei ließ ihr stechender Blick keine Sekunde von mir ab. Ich spürte ihren Zorn sehr deutlich, den sie aber immer noch zu unterdrücken versuchte. Wir wussten doch beide, dass sie mindestens in Fünf Minuten es nicht mehr länger aushalten und unter ihrer Wut meine ganze Wohnung zusammen schreien würde. So war sie eben. Bei ihr brauchte man nie lange, um sie auf die Palme zu bringen. Ich sprach aus Erfahrung. „Die Universität hat mich angerufen!“ Eins musste ich ihr lassen. Tsunade kam immer gleich auf den Punkt. Ihr Blick verdunkelte sich bei diesen Worten noch mehr, was mich jedoch immer noch nicht im geringstem störte. Auch wusste ich auch ohne genauere Erläuterung Tsunades, um was es in diesen Anruf gegangen war. Schließlich erschien ich seit guten zwei Wochen nicht mehr zu meinen Kursen, denn da würde ich nur wieder auf Ino stoßen, die mich nur mit ihrem Schmierentheater nerven würde und darauf hatte ich noch weniger Lust als auf dieses nervige Studium, dass ich eh nie machen wollte und von Tsunade dazu aber regelrecht gezwungen wurde. Natürlich hatte die Universitäts-Leitung Tsunade von meinen Fehlstunden unterrichten müssen, dass war mir von vornherein klar gewesen. Ich hatte auch gleich gewusst, dass sie dies Fuchsteufelswild machen würde, schließlich wollte sie, dass ich in ihre und auch meiner Mutters Fußstapfen trat und zu einer erfolgreichen Ärztin wurde, wie sie eine war. Doch dies war mir egal. Im Moment war mir einfach alles egal. Ich wollte nur meine Ruhe. Niemanden sehen. Niemanden hören. Und auch mit niemandem reden. Ich wollte allein sein. Mich in meiner Wohnung verkriechen und in Ruhe meine Wunden lecken. Und niemand, absolut niemand sollte mich dabei stören. Selbst jetzt sehnte ich schon das Ende dieser mehr als angenehmen Gesprächs herbei und ganz ehrlich, wäre sie nicht diejenige die diese Wohnung mit finanzierte, hätte ich sie schon längst wieder vor meine Tür gesetzt. Dabei war es mir auch egal, ob wir Verwandt sind oder nicht. „Hast du vielleicht irgendwas dazu zu sagen?!“ Ihre Stimme wurde etwas schärfer, strenger, weil ich mich bis jetzt nicht dazu geäußert hatte. Wenn sie geglaubt hatte, ich würde mich jetzt und hier um Kopf und Kragen plappern und sie mit Entschuldigungsbekundungen überhäufen und ihr zudem noch mein Herz ausschütten, warum ich dies tat, hatte sie sich gewaltig geschnitten. Stattdessen zuckte ich nur wieder teilnahmslos und schon fast zu unbekümmert mit den Schultern, dass nun endgültig das buchstäbliche Fass zum überlaufen brachte. Mit unbewegter Miene und störrischen Blick ließ ich den Wutanfall Tsunades über mich ergehen und zuckte nicht einmal mit der Wimper. Auch sprach ich ihr in dieser Zeit kein einziges mal dagegen. Es würde die Sache sowieso nur noch verschlimmern, dass wusste ich aus Erfahrung. Schwer atmend und mich immer noch bitterböse anstarrend hielt Tsunade irgendwann in ihren Tobsuchtanfall inne, als sie mir alles an den Kopf geknallt hatte, was sie zu diesem Thema zu sagen hatte. Einerseits konnte ich sie ja verstehen. Sie wollte aus mir was machen, wo meine Mutter stolz auf mich wäre. Sie wollte mir damit meine Zukunft sichern, doch dabei übersah sie ein ganz wichtiges Detail. Ich machte dieses Studium nicht weil es mir Spaß machte. Ich tat es, weil Tsunade es von mir wollte. Es beinahe schon von mir verlangte. Dabei hasste ich Krankenhäuser. Jedesmal musste ich gegen die Übelkeit ankämpfen, wenn mir der sterile Geruch und die mehr als stickige Luft entgegen schlug. Dazu kamen noch das ganze Elend und das Leid der Patienten, dass ich nicht ertragen konnte. Wie konnte man denn bitte mit Menschen zu tun haben, von denen man wusste, dass die meisten niemals wieder gesund werden würden? Jeden Tag sah man wortwörtlich dem Tod ins Auge, kämpfte verbissen gegen ihn an und ich fühlte mich einfach für diese Aufgabe und auch für diese riesige Verantwortung nicht im geringsten gewachsen. Schließlich war ich ja nicht mal in der Lage, mein eigenes Leben, mein eigenes Leid auf die Reihe zu kriegen, wie also konnte ich dann versuchen anderen Menschen zu helfen, ihr Leben zu retten, wenn ich nicht mal mir selbst helfen konnte? Tsunade verstand dies nicht. Es schien sie nicht mal zu interessieren. Sie sah nur den Erfolg und mein großes Potenzial, dass mich mal zu einer guten Ärztin machen würde. Dabei fragte sie mich nicht mal, ob ich dies eigentlich wollte. Es war ihr schlichtweg egal. Sie sah nur dass was sie sehen wollte und deswegen würde sie mich nie verstehen. Sie war genauso wie alle anderen auch. Sie verfolgte ihre eigenen Ziele und wie es mir dabei ging war Nebensache. Ich hatte dies so satt. Warum konnte ich mich nicht endlich selber entscheiden was für mich gut war und was nicht. Ich brauchte niemanden, der mir vorschrieb, was ich zu tun und zu lassen hatte. Ich war verdammt noch mal alt genug, um alleine klar zu kommen. Warum verstand das keiner? „Sag mir einfach nur warum, Sakura. Ich wollte für dich immer nur das beste. Warum machst du mir es so schwer dir zu helfen?“ Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Tsunade hatte so viel Wehmut und auch leichte Verzweiflung in ihrer Stimme, dass mir die bissigen Worte, die ich schon auf der Zunge hatte, im Hals stecken blieben. Ich konnte einfach nicht in Worte fassen, wie ich mich wirklich fühlte. Zum ersten mal seit langem, wollte ich sie nicht mit schroffen Worten verletzen, wie ich es eigentlich für gewöhnlich tat. Ich wollte nicht schon wieder diese Enttäuschung in ihren Augen sehen, die mir jetzt schon entgegenschlug. Unwillkürlich versteifte ich mich am ganzen Körper und mied es sie anzusehen. Musste urplötzlich sogar mit den Tränen kämpfen. Auch wenn es mir schleierhaft war, warum sie mir gerade jetzt die Kehle zuschnürten und sieden heiß in meinen Augen brannten. Warum nur hatte ich plötzlich so ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber? Es war mir doch sonst egal, was Tsunade zu mir sagte. Warum also saß ich hier und kämpfte mit den verdammten Tränen. „Hast du vielleicht irgendwelche Probleme? Hast du deswegen die Uni geschwänzt?“ Heftig schüttelte ich mit meinen Kopf und spürte wie sich der Druck tief in mir drin immer weiter aufstaute. Ich hatte gedacht, ich hätte den Schmerz überwunden indem ich mir selbst ein Leid antat, doch jetzt in diesen Moment spürte ich, dass ich ihn so nur wieder unterdrückt und ein weiteres mal verdrängt hatte. Ich wollte es nicht. Ich wollte wirklich nicht vor Tsunade weinen, gar vor ihr irgendwie Schwäche zeigen, doch ich konnte es nicht mehr aufhalten. Dicke Tränen fanden ihren Weg über meine Wangen und ein leises fast schon verzweifeltes Schluchzen entschlüpfte mir, als der emotionale Damm in mir brach. Ich hatte gedacht, dass ich mit diesen Schmerz alleine umgehen musste. Aber als ich plötzlich Tsunades Arme um mich spürte und wie sie mich fest an sich drückte, mich tröstete und mich einfach nur hielt, wusste ich dass ich damit falsch gelegen hatte. Endlich erkannte ich, dass ich mich nach der Nähe einer anderen Person gesehnt hatte. Die Wärme und die Sicherheit die sie mir in diesen Moment schenkte, waren Balsam für meine Seele. Ich merkte nicht mal, wie ich mich enger an sie drückte und meinen Tränen nun ganz ihren freien Lauf ließ. Es tat so gut. Es tat so verdammt gut, diese aufgestauten Emotionen, die ich wiedermal in mich hineingefressen hatte, heraus zu lassen, auch wenn kein einziges Wort über meine Lippen kam. Ausnahmsweise hackte Tsunade nicht nach dem Grund über meinen emotionalen Zusammenbruch nach. Sie nahm es einfach still hin, sprach ebenfalls kein Wort und hielt mich einfach nur weiter fest in den Arm. Zum ersten mal an diesen Tag war ich dankbar, dass Tsunade zu mir gekommen war. Sie mich ohne ein weiteres Kreuzverhör einfach nur fest hielt und mir nur durch ihre beruhigende Geste, indem sie mir mit ihrer Hand über den Rücken strich, wieder Kraft zum weiter machen schenkte. Es war das erste mal, dass ich einer anderen Person etwas von meinen Schmerz zeigte. Ihr zeigte, wie schwach ich doch in Wirklichkeit war und es machte mir nicht mal was aus, dass ich mich so gehen ließ. Im Gegenteil. Ich war froh, dass ich nicht alleine war. Ich war einfach nur froh, dass Tsunade da war, obwohl ich ihr immer wieder sagte, dass ich dies nicht wollte. Wie oft hatte ich ihr gesagt, dass ich alleine klar kam. Dass ich sie nicht brauchte. Dabei stimmte das gar nicht. Ich kam nicht alleine klar. Noch nie. Und in diesen Moment war ich ihr mehr als dankbar, dass sie meine Worte nie ernst genommen hatte. Dass sie sich immer wieder mir aufdrängte. Nach mir sah. Mich nicht aufgab. Ich war ihr so unglaublich dankbar. Dankbarer als jemals zuvor, dass sie mich nicht alleine ließ. ------------------------------------------------------------ Es gibt Tage, da will man nicht reden, sondern einfach nur in den Arm genommen werden. Kapitel 11: Dummes kleines Mädchen ---------------------------------- „Na wenn haben wir denn da? Wenn dass doch mal keine freudige Überraschung ist.“ Aus meinen Gedanken gerissen sah ich von meinem Einkaufszettel auf und blinzelte zu der Person hoch, die aus heiterem Himmel plötzlich neben mir aufgetaucht war. Keine Sekunde später bereute ich diese Entscheidung jedoch wieder, als ich in ein bekanntes Gesicht blickte, dass ich eigentlich gehofft hatte nicht wieder so schnell sehen zu müssen. Was macht der denn hier?, jagte es mir sogleich durch den Kopf und Augenverdrehend senkte ich wieder meinen Blick auf den weißen Zettel in meiner Hand, während ich so tat als wäre ich nicht gerade mehr als nur unhöflich von der Seite angesprochen worden. Vielleicht ging er ja wieder, wenn er merkte dass er unerwünscht war. „Deine Manieren lassen immer noch ganz schön zu wünschen übrig.“ Er tat es doch tatsächlich schon wieder. Hackte wie bei unseren ersten und auch letzten Aufeinandertreffen auf die Erziehungskünste meiner Mutter rum, da er genau wusste, das mich dass rasend machte. Fast schon Augenblicklich verfestigte sich mein Griff um das weiße Papier zwischen meinen Fingern und meine Augenbrauen zogen sich gefährlich zusammen. Keine zwei Minuten war er in meiner Nähe und brachte mich jetzt schon zur Weißglut mit nur diesen einen Satz. Verärgert sah ich ein weiteres mal zu ihm auf und begegnete seinen schwarzen Augen, die denen von seinem kleinen Bruder so verdammt ähnlich waren. Die Erinnerung an Sasuke und unser letztes Aufeinandertreffen schürten nur meine Wut weiter und ließen mich sofort in den Angriffsmodus wechseln. „Was willst du Itachi?“ Wenn er was bestimmtes von mir wollte sollte er es mir am besten gleich sagen und mich dann wieder in Ruhe lassen. Ich wollte weder mit ihm noch mit seinem kleinen Bruder irgendetwas zu tun haben! Was bei dem letzten mal heraus kam, als ich mit den beiden Brüdern zu tun gehabt hatte, lag mir noch ziemlich genau im Gedächtnis und ich hatte kein Bedürfnis dies noch einmal zu wiederholen. „Eigentlich wollte ich nur ganz nett Hallo sagen.“ „Hallo.“ Somit war das Thema und auch das Gespräch für mich beendet. Kurzerhand schnappte ich mir meinen schon etwas gut gefüllten Einkaufswagen und schob diesen ohne ihm noch einmal eines Blickes zu würdigen an ihm vorbei. Doch leider sah das Itachi natürlich ganz anders. Leise hörte ich ihn hinter mir auflachen und zu meinem Bedauern stellte ich mit einem kurzen Blick über meine Schulter fest, dass er mir folgte. Na super. Was zum Teufel wollte er denn noch von mir. Ich hatte doch Hallo zu ihm gesagt. Reichte ihm das noch nicht? Oder war dies nur ein Vorwand gewesen um mir weiter auf die Nerven zu gehen? „Wenn ich es nicht besser wissen würde, könnte man meinen dass du mich nicht sehr gut leiden kannst!“ Stimmt. Ich konnte ihn nicht leiden. Seine Arroganz und sein überhebliches getue von wegen Ich kenn dich besser als du denkst Sakura, sowie sein gutes Aussehen, dessen er sich sehr wohl bewusst war, gingen mir gewaltig gegen den Strich. Genauso wie sein kleiner Bruder auch, dachte er dass er nur mit dem Finger schnippen musste und alle Frauen lagen ihm zu Füßen. Verdammt noch mal. Vielleicht taten es die Frauen sogar, doch bei mir waren die beiden an der falschen Adresse. Sasuke hatte ich dies schon klar gemacht und ich würde es bei Itachi auch noch sehr gerne wiederholen, wenn er mich nicht endlich in Ruhe ließ. „Ich kann dich auch nicht leiden.“ Bestätigte ich ihm in einer monotonen Stimmlage, als ich um die Ecke bog und die Süßigkeiten Abteilung ansteuerte. Hier schrie schon fast alles nach haufenweise Zucker und jeder Menge Kalorien und mal ganz ehrlich, wer konnte diesem verlockenden Ruf der kleinen Sünden denn lange wiederstehen? Später würde ich bestimmt eine Menge Nervennahrung brauchen nach diesem mehr als freudigen Aufeinandertreffen. Gerade deckte ich mich mit mehr Schokolade ein, als dass nötig gewesen wäre und ich wahrscheinlich Monate brauchen würde, diese abzuarbeiten. Doch in diesen Moment war es mir egal. Itachi hatte meine Laune verdorben und den intensiven Blick den ich nach wie vor in meinem Rücken spürte machte mich irgendwie total nervös. Was wollte er denn noch von mir? Konnte er nicht einfach wieder abhauen und seiner eigenen Wege gehen. Herrgott noch mal. Nicht mal in Ruhe einkaufen konnte man. Stumm beobachtete er mich dabei, wie ich nach einer Packung Chips griff und sie ebenfalls in meinen Wagen warf. Seine Reaktion darauf? Ein abfälliges Schnauben. „Wenn du noch mehr süßes mitnimmst, wirst du noch fett.“ Empört schnappte ich nach Luft. Was bildete er sich denn eigentlich ein wer er war, mir so was einfach mal dir nichts mir nichts und mehr als direkt entgegen zu schmeißen. Und er sagte, ich hätte keine Manieren. Was hatte er dann bitte? Eigentlich sollte seine Mutter ihm beigebracht haben, dass man eine Frau nie nie auf ihr Körpergewicht ansprechen sollte. Auch wenn ich nicht mit meiner Figur klagen konnte, es versetzte mir doch einen säurigen Geschmack auf die Zunge und am liebsten hätte ich die ganzen Kalorinbomben wieder zurück ins Regal gestopft. Stattdessen drehte ich mich aber ganz langsam zu den Schwarzhaarigen um und sah ihn durch meine zu schlitzen geformten Augen zornesfunkelnd an. „Was willst du eigentlich von mir?“ Eine sehr berechtigte Frage, wie ich fand. Denn kein normaler Mensch dackelte einem so aufdringlich hinterher, wenn man sich zufällig beim einkaufen traf. Eine kurze Begrüßung hier und ein kleiner Smal Talk da und man ging wieder seiner Wege. Deshalb kam ich zu dem Schluss, dass Itachi noch einen anderen Grund hatte, abgesehen davon mir auf die Nerven zu gehen. Ein kleines Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er kurz seine Augen schloss und sein Gewicht auf sein rechtes Bein verlagerte. Mit einen mal wirkte er wieder sehr ernst und fast schon wieder reserviert. „Es ist eigentlich sehr gut, dass wir uns hier getroffen haben! Ich würde gern mit dir über etwas reden!“ Verwirrt wanderte meine rechte Augenbraue nach oben. Er wollte mit mir reden? Über was denn bitte? Wir hatten doch überhaupt nichts miteinander zu tun. Wir kannten uns im Prinzip gar nicht. Also was hatte er mit mir zu bereden? „Ich wüsste nicht was ich mit dir zu bereden hätte“, mit diesen Worten drehte ich mich abrupt um und ließ ihn ein weiteres mal stehen. Natürlich kam ich nicht weit, den keinen Augenblick später spürte ich seine große und kräftige Hand auf meiner Schulter, die mich wieder ein Stück zu sich zurück schob. Jetzt nun wirklich von dieser ganzen Situation mehr als angepisst starrte ich ihn wieder in seine Pechschwarzen Augen, die mich nun ebenfalls verstimmt anstarrten und meine Fresse, konnte der böse kucken. Da bekam man ja fast Angst. „Glaub mir Sakura, wir beide haben sehr wohl etwas miteinander zu bereden.“ Ach ja? Na da war ich ja mal gespannt. Kurzerhand verschränkte ich meine Arme vor der Brust und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen abwartend an. Wenn er mir was zu sagen hatte, dann sollte er sich gefälligst damit beeilen. Ich hatte schließlich nicht den ganzen Tag zeit, hier zu stehen und seine glänzende Anwesenheit zu genießen. Itachi aber schüttelte nur mit seinem Kopf und meinte, dass hier nicht der richtige Ort für so ein Gespräch war und so freundlich wie er nun mal war, dirigierte er mich schon fast durch den Laden und passte auf, dass ich ihm nicht entwischte. Selbst als ich bezahlt hatte, hatte er sofort nach meiner Einkaufstüte gegriffen und fluchend blieb mir nichts anderes übrig als ihm aus dem Laden und zu seinem Auto zu folgen, dass er ansteuerte sobald wir den Parkplatz erreicht hatten. Was hatte er vor? Denn wenn er glaubte, dass ich freiwillig bei ihm mitfahren würde, dann hatte er sich geschnitten. Ich würde keinen Fuß in dieses verdammte Auto setzen. Das grenzte ja schon fast an Entführung. Was war er? Ein Geistesgestörter, der kleine Mädchen auflauerte und sie dann in sein Auto lockte um sie zu entführen, wenn nicht sogar schlimmeres!? Meine Paranoia schlug wieder mal um sich dass es schon fast wieder lächerlich war und trotzdem zögerte ich, als er mir die Tür aufhielt. Vertraue niemanden. Keine Ahnung warum Sai´s Worte mir genau in diesen Moment in den Sinn kamen, denn diese halfen nicht besonders dabei zu entscheiden ob es nun richtig oder falsch war in dieses Sündhaft teuer aussehendes Auto zu steigen. Mein zögern blieb natürlich nicht von ihm unbemerkt, den leise hörte ich Itachi auflachen. „Ich fahre dich doch nur heim, also keine Angst!“, er grinste mich amüsiert an. Machte sich über mein mehr als angespanntes Gesicht und Körperhaltung lustig. „Wer sagt, dass ich das überhaupt will?“ „Ich.“ Mit diesen Worten ging er um sein Auto herum und stieg mit einer fließenden und schon viel zu eleganten Haltung ein und sah mich mit einen mehr als auffordernden Blick an, dies ebenfalls zu tun. Ich wusste nicht welcher Teufel mich geritten hatte, trotz meiner vielen Argumente die dagegen sprachen, doch noch in sein Auto zu steigen. Stocksteif saß ich in den viel zu teuer aussehenden Ledersitz und vermied es die ganze Fahrt über in seine Richtung zu blicken. Es war mir mehr als unangenehm hier mit ihm auf diesen engen Raum zusammen zu sitzen und mehr als meine Adresse bekam er ebenfalls nicht aus mir heraus. Gott. Wie konnte es nur so weit kommen? „Hier wohnst du also?“ Ein knappes nicken bekam er als Antwort, als ich mit ihm vor meiner Wohnungstür stand und den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte. Mein schlechtes Gefühl war mit jedem Schritt dem wir uns meiner Wohnung genähert hatten gewachsen und jetzt wo wir sie betraten schlug mein Herz so laut, dass ich dachte gleich zu kollabieren. Ich wusste echt nicht, was gerade schlimmer war. Dass er nun wusste wo ich wohnte oder dass ich es wirklich zugelassen hatte, dass er überhaupt meine sicheren vier Wände betrat. Diese Entscheidung würde ich in naher Zukunft noch bereuen, das wusste ich jetzt schon. Nachdem wir unsere Schuhe und Jacken ausgezogen hatten, folgte mir Itachi in meine Küche und setzte sich ohne zu Fragen auf den Stuhl an den kleinen Esstisch, während ich mich erst einmal damit beschäftigte, meine Einkäufe zu verstauen. Dabei ließ ich mir extra Zeit und versuchte den Blick, der sich in meinen Rücken brannte zu ignorieren. Es war mir eh schon mehr als unangenehm ihn überhaupt in meiner Wohnung zu wissen. Als ich es nicht länger hinaus zögern konnte, atmete ich noch einmal tief durch und drehte mich zu ihm um. Je schneller diese Unterhaltung ging, um so schneller konnte ich ihn wieder aus meiner Wohnung schmeißen. Also. Augen zu und durch. „Worüber willst du mit mir so dringend sprechen, dass du mich sogar nötigst dich mit in meine Wohnung zu nehmen?“ „Heißt dass du willst mich hier gar nicht haben?“ Wenn Blicke töten könnten, dann wäre er bei diesem Satz tot vom Stuhl gefallen. Glaubte er im Ernst, dass es mir gefiel, dass er hier in meinen vier Wänden war und meinen Stuhl belagerte? Nein. Das tat es nicht und das ließ ich ihn gerade mehr als nur spüren. Ungeduldig tippte ich mit meinen Zeigefinger auf meine Tischplatte, als ich mich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen ließ und ihm dabei nicht aus den Augen ließ. Er wollte mit mir reden. Hier saßen wir. Warum also fing er dann nicht endlich damit an damit heraus zu rücken, weshalb er mich zu dem ganzem hier genötigt hatte. Nach einer kleinen mehr als unangenehmen Stille, in der ich zum wiederholten male darüber nachgedacht hatte, ihn raus zu schmeißen, wenn er nicht endlich seinen Mund aufmachte, seufzte Itachi kurz resigniert auf und sein mehr als ernster Blick landete auf mir. „Es geht um Sasuke.“ Ohhh, ich hatte es geahnt. Wie konnte es auch nicht um Sasuke gehen. Schließlich saß ich hier mit seinem großen Bruder, der mir schon bei unserem letzten Aufeinandertreffen verdeutlicht hatte, dass ihm sein kleines Brüderchen mehr als nur wichtig war. Verdammt. Ich hätte es echt besser wissen müssen. Natürlich wusste Itachi über das was zwischen Sasuke und mir passiert war bescheid, das bewies mir sein so unglaublich ernster und beinahe fast schon drohender Ausdruck in seinen Augen der mich leicht unruhig auf meinen Stuhl hin und her rutschen ließ. Eins musste ich ihm wirklich lassen. Er hatte es voll drauf einen nur mit seinen Blick einzuschüchtern. Doch davon ließ ich mich noch lange nicht beeindrucken. Trotzig schob ich mein Kinn vor und hielt seinem Blick stur stand. „Ich werde nicht darüber reden.“ „Ich denke genau dies wirst du tun.“ Ach ja? Mir war es egal was er dachte, ich auf jedenfall würde den Teufel tun. Mein Blick verdunkelte sich wütend über diese ganzen Frechheiten die er sich heraus nahm. Wer war er denn um zu entscheiden was ich zu tun und zu lassen hatte? Er war hier in meinem Revier, befand sich in meiner Wohnung und da hatte er sich gefälligst nach meinem Willen zu richten und nicht anders herum. Das verdeutlichte ich ihm als ich mich leicht zu ihm vorbeugte und ihn wütend einen stechenden Blick zuwarf. „In meinen eigenen vier Wänden kannst du mich zu gar nichts zwingen!“ Itachi zog auf meine Worte hin nur leicht arrogant seine rechte Augenbraue hoch und das süffisante heben seines rechten Mundwinkels sprach seine ganz eigene Ansicht der Dinge. Kurz gesagt, es machte mich Fuchsteufelswild. Ich hatte genug von diesem ganzen Scheiß hier. Ich wollte nicht über dieses Thema reden. Wollte nichts von diesem scheinheiligen Gequatsche hören, warum es so gekommen ist wie es gekommen war. Hatte absolut keine Lust darauf noch weitere Lügen oder irgendwelche Entschuldigungen zu hören, die doch eh nicht im geringsten ernst gemeint waren. Denn wenn es Sasuke wirklich leid tat, was ich sehr stark bezweifelte, dann sollte er gefälligst so viel Eier in der Hose haben und selbst hier seinen Mann stehen anstatt seinem großem Bruder vorzuschieben. „Weißt du, ihr zwei habt wirklich ziemlich viel gemeinsam. Mein dummer kleiner Bruder ist genauso stur wie du.“ Kurz lachte er amüsiert auf, während ich dabei keine Miene verzog und mich fragte, was daran denn bitte so lustig sein sollte. Dann hatten wir beide eben einen Stur kopf, na und? Wieso sollte mich dies interessieren? „Ich werde dir jetzt etwas erzählen Sakura und ich möchte, dass du bis zum Schluss zuhören wirst.“ Leicht hob ich meine Augenbraue an. Glaubte er in allen Ernst, dass er meine Meinung zu diesem ganzem Thema ändern konnte, nur weil er mir gleich eine Story von der wilden Sau erzählen würde? Ganz bestimmt nicht. Auch wenn ich zugeben musste, dass er mich doch ein klein wenig neugierig gemacht hat. Itachis Blick der immer noch so ernst und bedrohlich wirkte, dass ich doch eine leichte Gänsehaut bekam, lag nach wie vor unverändert auf mir und ließ keine wiederrede zu. In dem Glauben mich vor diesem etwas schützen zu können, verschränkte ich meine Arme vor der Brust und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Dies war für Itachi das Zeichen, dass ich ihm zuhören würde. Mir blieb doch so oder so keine andere Wahl. Schließlich würde er ja erst dann wieder von hier verschwinden, wenn er gesagt hatte, wofür er erst hier her gekommen war. Wieso ihn dann also noch länger aufhalten? „Vor ein paar Jahren starben unsere Eltern bei einem Unfall, da war Sasuke gerade mal sechs Jahre alt“, fing Itachi an zu erzählen und seine Stimme nahm dabei einen leicht schmerzlichen Ton an, den er jedoch zu unterdrücken versuchte. Ich jedoch hörte ihn genau heraus, weil ich jahrelang ebenfalls den tiefen Schmerz zu unterdrücken versuchte, wenn ich über meine verstorbene Mutter reden musste. Unwillkürlich zuckte ich leicht zusammen, als ich begriff dass den beiden das gleiche wiederfahren war wie mir. Sie hatten auch etwas verloren, was ihnen wichtig war und kannten dementsprechend den selben Schmerz wie ich und kurz fehlte mir die Luft zu atmen. Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit sowas. „Sasuke hat den Tod von Vater und Mutter nie richtig verkraften können. Obwohl ich versuchte für ihn da zu sein und ihn so gut wie möglich bei allem zu unterstützen, musste ich mit ansehen wie er sich immer mehr von mir distanzierte. Er viel in starke Depressionen, sackte in der Schule ab, fing an Scheiße zu bauen und später sogar Drogen zu nehmen. Nächte lang kam er nicht nach Hause und egal wie oft ich damals versucht hatte an ihn heran zu kommen, schob er mich jedesmal noch weiter von sich weg. Er fing sogar an mir die Schuld für den Tod unserer Eltern in die Schuhe zu schieben, damit er ein geeignetes Ziel hatte um all seine Wut, seinen Frust und auch unbändigen Hass abzuladen den er die ganze Zeit in sich angestaut und hinein gefressen hatte. Diese Zeiten waren für ihn und auch für mich sehr schwer und kaum zu ertragen. Ich dachte schon, ich hätte meinen kleinen Bruder nun gänzlich verloren. Ich wusste einfach nicht weiter, war total hilflos und beide drohten wir uns immer mehr voneinander zu entfernen. Doch dann tauchte eines Tages Naruto in Sasukes Leben auf und holte ihn aus diesen tiefen Loch heraus in das er sich bereitwillig gestürzt hatte. Es war seine Vorstellung, sich so mit dem Schmerz auseinander zu setzen und es war ihm egal was andere dazu sagten. Es war sein leben, so wie er es jedem an den Kopf knallte, der versuchte ihm vom Gegenteil zu überzeugen. Aber da war Naruto hartnäckig. Er blieb dran, nahm jede Beleidigung, jede Erniedrigung einfach mit einen breiten Grinsen hin und wich meinem kleinen Bruder nicht ein einziges mal von der Seite. Er war es der Sasuke dabei geholfen hatte über den Verlust hinweg zu kommen und nahm es als eine persönliche Herausforderung an, wenn Sasuke versuchte ihn immer und immer wieder von sich weg zu stoßen. Er blieb bei ihm, hielt ihn wenn er zu schwanken drohte und zwischen den beiden entstand eine tiefe Bindung der Freundschaft die Sasuke irgendwann nicht länger verleugnen konnte. Bis heute bin ich Naruto dafür dankbar, dass er für meinen dummen kleinen Bruder da war, ihm halt gab, wo es Sasuke bei mir nicht zugelassen hatte. Selbst für mich hat sich Naruto damals eingesetzt und er ist auch der Grund, dass ich nach all den Jahren der Hoffnungslosigkeit endlich wieder eine Bindung zu meinem Bruder aufbauen konnte. Endlich konnte auch ich ihm zur Seite stehen und dass er dies zulässt, mich wieder an sich heran gelassen hat, macht mich heute noch mehr als glücklich. An diesen Tag hatte ich mir etwas geschworen. Ich würde ihn beschützen. Egal was kommt.“ Ein mehr als beklommendes Gefühl breitete sich in mir aus und schnürte mir die Kehle zu. Er hatte genau das gleiche durch gemacht wie ich. Schwer und zittrig holte ich Luft, als ich rückartig aufstand, mich zu meinem Küchenfenster umdrehte und Itachi somit meinen Rücken zuwandte. Er sollte nicht sehen wie tief seine Worte mein Innerstes berührt hatten. Schließlich kannte ich nur all zu gut, was Sasuke durch gemacht hatte. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass wir uns so ähnlich waren und doch zog es mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weg als ich begann das gehörte zu verdauen. Blinzelnd versuchte ich die Tränen zu unterdrücken die sich in mir hoch kämpften und ich fragte mich warum er mir dies alles überhaupt erzählte? Was dachte er sich nur dabei? Wer war ich denn schon, dass er sich mir schon fast unverschämt aufgedrängte, nur um mir dies zu erzählen? „Du fragst dich jetzt sicher warum ich dir dies alles erzähle oder?“ Schützend schlang ich meine Arme um mich und versteifte mich unbewusst am ganzen Körper. Ich konnte mir schon denken worum es ihm ging. Er hatte mich schon längst durchschaut. Er wusste wie es in meinem Inneren aussah. Schließlich hatte er das gleiche schon mal mit seinem Bruder mitmachen müssen. Da erkannte man die Zeichen wenn sie vor einem waren. Dies bestätigte er mir auch mit seinen nächsten Worten. „Schon bei unserer ersten Begegnung hatte ich das Gefühl dass mit dir etwas nicht stimmt Sakura. Du hast dich genauso distanziert verhalten wie Sasuke es Jahre lang getan hatte und seitdem Sasuke vor zwei Wochen fluchend und mehr als schlecht gelaunt heim gekommen war und erzählt hatte was für ein rießen Idiot er doch sei, war es mir klar.“ Ich wollte nicht dass er weiter sprach. Ich wollte nicht hören, was für ihn nun mehr als offensichtlich war. Ich wollte nicht weiter von ihn analysiert werden. Ich fühlte mich jetzt schon wie ein in die Enge getriebenes Tier. Dieses Gefühl hasste ich am allermeisten. „Ich denke du solltest jetzt besser gehen.“ Meine Stimme klang nicht so ganz fest wie ich es gerne gehabt hätte, doch dies war mir völlig egal. Ich wollte jetzt nur noch eins. Alleine sein. Über alles nachdenken. Mit dem Schmerz den er in mir beschworen hatte, klar kommen. Er hatte meine verletzlichste Seite erwischt, die ich doch um alles in der Welt vor allem und jedem verbergen wollte. Sie weg lächelte. Sie andauernd herunter spielte. Sie hinter meiner gleichgültigen Maske versteckte, die in diesem Moment zu bröckeln begann, genauso wie bei Tsunade gestern Abend. Ich wollte nicht noch einmal schwäche vor einer weiteren Person zeigen. Nicht heute. Nicht morgen und auch sonst irgendwann. Entschlossen drehte ich mich also wieder zu Itachi um, um ihn noch einmal und dieses mal etwas energischer aufzufordern meine Wohnung zu verlassen, als ich erschrocken zusammen zuckte. Er stand direkt vor mir und sah mir mit seinen Pechschwarzen Augen tief in die Augen. Wann bitte war er mir denn so nahe gekommen? „Dummes kleines Mädchen.“ Er trat ganz dicht vor mich und griff nach meinem Kinn. Leich drückte er dies hoch, während ich noch zu verarbeiten versuchte, was hier gerade überhaupt geschah. Ein erschrockenes Keuchen verließ meine Lippen, während mein Herz begann in einen höheren Tackt zu schlagen. Was bitte war hier los? Warum tat er das? Irgendwie fühlte ich mich wie in einen Déjà-vu, nur dass nicht Sasuke vor mir stand sondern sein älterer Bruder. Mein Atem stockte mir und das Blut rauschte mir in den Ohren, als er sich langsam zu mir vorbeugte. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Lippen und reflexartig kniff ich meine Augen zusammen und versteifte mich wie automatisch am ganzen Körper. Er wird doch nicht?! „Ich werde dir jetzt das gleiche sagen, was ich damals auch schon Sasuke gesagt habe, also hör genau zu, Sakura“ , flüsterte er gegen meine Lippen und ich spürte, wie ein kribbelnder Schauer über meinen Rücken jagte. Er war mir so nahe. Viel zu nah. „Du bist nicht allein.“ Leicht zuckte ich zusammen, als ich eine sanfte Berührung an meiner Stirn spürte und komplett mit dieser Situation überfordert riss ich meine Augen auf und bekam gerade noch mit, wie Itachi seine Hand zurück zog, als er mir mit zwei Fingern gegen meine Stirn getippt hatte. Ein amüsiertes Lächeln zierte seine Lippen, als er mir noch einmal entgegen sah, mir sogar unverschämt entgegen zwinkerte, ehe er ohne noch ein weiteres Wort zu sagen auf den Absatz kehrt machte und ich einen Moment später die zufallende Haustür hörte. Er war gegangen. Dies realisierte ich aber erst einige Minuten später, als ich aus meinen Tranceähnlichen Zustand erwachte und ein leises keuchen ausstieß. Mit immer noch klopfenden Herzen fasste ich mir an die Stirn, an den ich immer noch ein leichtes prickeln von seiner Berührung spürte. Was zum Teufel war dass den gerade? --------------------------------------------- Manchmal weiß man einfach nicht, was man sagen soll oder wie man Handeln soll, oder was jetzt nun das richtige ist. Kapitel 12: Du bist nicht allein -------------------------------- Du bist nicht allein. Diese lächerlichen Worte kamen mir immer und immer wieder in den Sinn, seitdem Itachi gestern meine Wohnung verlassen hatte und diese drückten ganz schön auf mein Gemüt. Nachdem ich mich von seinem plötzlichen und mehr als verwirrenden Tun wieder aus meiner Starre erwacht war, hatte mich sofort die Wut gepackt. Was bildete er sich auch ein wer er war? Lauerte mir im Einkaufsladen auf. Stalkte mich. Nötigte mich ihn mit in meine Wohnung zu nehmen. Erzählte mir seine und Sasukes herzzerreißende Geschichte und besaß dann auch noch die Frechheit mir so unverschämt nahe zu kommen. Was sollte das alles? Dachte er wirklich er könnte mit seinem sentimentalen Gequatsche etwas bei mir erreichen? Ohh nein. Da lag er vollkommen falsch. Doch warum gingen mir dann seine Worte nicht mehr aus dem Kopf? Warum zog sich meine Brust schmerzhaft zusammen wenn ich an Sasuke dachte, der anscheinend genauso wie ich eine schwere Zeit durch machen musste? Die Tatsache konnte ich nicht ignorieren. Sie nicht an meiner harten Mauer abprallen lassen, die ich um mein schmerzendes und kaputtes Herz errichtet hatte. „Verdammt!“ Fluchend griff ich nach dem erst besten dass ich in die Finger bekam, in dem Fall das Sofakissen neben mir und warf es mit voller Wucht quer durch mein Wohnzimmer. Schwer atmend starrte ich zornig auf den weinroten Stoff, der im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Flur gelandet war an und versuchte meine emotionalen Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen, die in mir wie ein Sturm tobten. Wem machte ich eigentlich was vor? Ich konnte noch stundenlang hier sitzen und so tun als würde mich das Ganze nicht interessieren, doch das würde auch nichts daran ändern dass es das komplette Gegenteil war. Genau das war ja das verdammte Problem! Ich fing an alles zu hinter fragen was in den letzten zwei Wochen passiert war und je länger ich darüber nachdachte umso mehr ging mir auf, dass ich mich mal wieder komplett von Sai hab beeinflussen lassen. Wieder einmal hatte er es nur mit seiner bloßen Anwesenheit geschafft mich in mein altes Verhaltensmuster fallen zu lassen, dass ich nur das schlechteste in allem sah. Doch als ich jetzt und auch nach Itachis indirekter Standpauke erst richtig über all dies nachdachte, kam ich zu dem Schluss, dass weder Naruto noch Ino –Herrgott noch mal nicht mal Sasuke mir jemals einen Anlass gegeben hatten schlecht von ihnen zu denken. „Verdammt“, wiederholte ich meinen Fluch noch mal und ließ mich dabei achtlos und frustriert seufzend auf meinem Sofa zurück fallen. Diese Entwicklung von meinem eh schon viel zu düsteren und verfuckten Leben gefiel mir absolut gar nicht. Ino, Naruto, Sasuke und dieser vermaledeite Itachi mit seinem blöden Gerede stellten mir gerade meine kleine Welt gewaltig auf den Kopf und dies gefiel mir überhaupt nicht. Ich wollte keine Veränderungen. Es sollte alles so bleiben wie es war. So war es gut. So kam ich klar. Wieso also zerbrach ich mir dann immer noch so den Kopf darüber? Eigentlich sollte es mir doch egal sein. Itachis Worte sollten mir egal sein. Sasuke und mein aus unerfindlichen Grund schlechtes Gewissen allen gegenüber sollte mir egal sein. Aber, verdammt noch mal, das war es nicht! Es war mir nicht egal und dies setzte mir mehr zu als ich mir selbst eingestehen wollte. „Verdammt, verdammt, verdammt und Zugenäht!“ Zähneknirschend kniff ich meine Augen fest zusammen und fluchte weiter vor mich hin. Warum war mein Leben nur so kompliziert? Warum musste ich mich immer und immer wieder mit solchen Problemen auseinandersetzten? Konnte es denn nicht einmal so laufen wie ich es mir vorgestellt hatte? Wenigstens nur ein einziges mal?! Das laute schellen meiner Türklingel riss mich aus meinem Selbstmitleid, indem ich schon seit Stunden ausgiebig badete und entlockten mir ein entnervtes Stöhnen. Egal wer sich vor meiner Tür verirrt hatte, sollte wieder gehen. Ich fühlte mich nicht in der Verfassung jetzt in meinen momentanen Gemütszustand irgendjemanden gegenüber zu treten. Daher das erneute Klingeln ignorierend starrte ich stur an die Zimmerdecke meines Wohnzimmers und wartete darauf dass mein ungebetener Besucher wieder verschwand. Doch zu meinem Leidwesen war dem nicht so. Nein. Anstatt dass das Klingeln sich wieder einstellte, wurde es nur noch dringlicher und verdammt noch mal mehr als nervig. Fest meine Zähne zusammen beißend versuchte ich alles um mich herum auszublenden, doch gestaltete sich dies als schwierig, da nun neben den Sturmklingeln jetzt auch noch Klopfgeräusche, die laut gegen meine Haustür hämmerten ertönten. Kopfschmerzen kündigten sich an und meine Laune sank ebenfalls weiter in den Keller, da ich mir schon mehr als genau vorstellen konnte, wer da vor meiner Tür stand und diese terrorisierte. „Sakura, ich weiß dass du da bist! Also mach gefälligst die Tür auf!“ Genervt stieß ich ein Stöhnen aus, da sich mein Verdacht gerade bestätigt hatte. Es gab nur eine die so reagierte wenn man sie versuchte zu ignorieren. Ino. Es musste ja früher oder später so weit kommen, dass sie vor meiner Tür auftauchte. Bewusst hatte ich ja ihren bisherigen Kontaktaufnahmen in Form von Anrufen und Mails gekonnt ignoriert und insgeheim wunderte es mich, dass sie erst jetzt vor meiner Tür stand. Ich hatte eigentlich schon viel früher mit ihr gerechnet. Kurz war ich aber dennoch versucht sie einfach zu ignorieren um weiter in meinem Selbstmitleid zu versinken, doch das schlechte Gewissen ihr gegenüber und ihre mehr als lautstarke Drohung, sie würde sonst die Tür einschlagen wenn ich ihr nicht in Fünf Sekunden die Tür öffnete, ließen mich anders entscheiden. Trotz alledem entwich mir ein genervtes Stöhnen, als ich mich langsam und mit einem mehr als schlechten Gefühl im Bauch zur Tür begab um ihr nach einen weiteren kurzen zögern, doch die Tür zu öffnen. „Ino“, das war alles was ich raus brachte, als ich ihr entgegen sah. Sofort schnürte es mir die Kehle zusammen, als ihr vor Wut schon mehr als feurig stechenden Blick mich traf. Unter diesen begann ich leicht zu schrumpfen und schluckend bemerkte ich, dass ich zu diesem Zeitpunkt Ino noch nie wütend erlebt hatte. Immer war sie verständnisvoll gewesen, hatte ein aufbauendes Lächeln im Gesicht getragen und hatte auf ihre eigene Art versucht mir ihre Hilfe anzubieten, die ich jedoch jedes einzelne mal ausgeschlagen hatte. Schlimmer noch. Ich hatte sie und ihre Hilfsbereitschaft eher noch zum Teufel geschickt und erst jetzt wo sie mich so wütend anstarrte, spürte ich regelrecht dass ich nun endgültig den Bogen bei ihr überspannt hatte. Sie war wohl nun an einem Punkt angekommen, wo sie mein Verhalten ihr gegenüber nicht mehr akzeptieren konnte. Es nicht mehr einfach so hinnehmen konnte und sie hatte verdammt noch mal allen Grund dazu. Wieder einmal fiel mir nur all zu genau auf, was ich ihr all die Zeit Unrecht angetan hatte und doch stand sie jetzt hier vor mir und schaffte es nur mit einem Blick, dass sich mein Innerstes sich schuldbewusst zusammen zog. Beschämt senkte ich meinen Blick. Konnte ihren nicht mehr länger stand halten. Du bist nicht allein. War ich dass denn wirklich nicht? Denn gerade in diesem Moment fühlte ich mich mehr als nur allein. Mehr als jemals zuvor. Drückend lag die Stille zwischen uns und ich wusste, dass wir nicht um ein klärendes Gespräch herum kommen würden. So wie ich Ino kannte, würde sie sowieso nicht eher wieder gehen, bis sie herausgefunden hatte für das sie her gekommen war. Wenn ich ehrlich zu mir selber war, wollte ich auch Gewissheit haben ob Sai mir nicht nur wieder einen Floh ins Ohr gesetzt hatte und ich wieder selbst alles zunichte machte, nur um nicht ein weiteres mal von Menschen verletzt zu werden, die mir wichtig waren. Mein Selbstschutz stand auch jetzt wie eine dicke hohe Mauer zwischen uns und ich fühlte mich mehr als unwohl in meiner Haut. „Willst du rein kommen?“, fragte ich sie leise und mit zögernder Stimme. Tat somit den ersten Schritt, den normalerweise sie immer machte und auch Ino bemerkte dies. Ihr wütender Blick verlor etwas an Schärfe, als sie kurz ihre Augen schloss und zur Antwort nur nickte. Leicht trat ich daraufhin zur Seite und bat sie so stumm um Einlass, dass auch neu war. Für normal hatte sie sich immer selbst Zutritt zu meiner Wohnung verschafft und es war wirklich eine komische Situation für uns beide. Deshalb zögerte sie auch eine Sekunde lang, denn es war wirklich das erste mal, Itachi gestern ausgenommen, dass ich jemanden freiwillig in meine schützenden vier Wände eintreten ließ. Kurz wartete ich bis Ino ihren dunklen Violettfarbenen Wintermantel und ihre dazu passenden hochhackigen Stiefel ausgezogen hatte, da mittlerweile draußen ein Winterähnliches Wetter herrschte. Nicht arg verwunderlich. Schließlich hatten wir schon Mitte November. Zwischen uns lag nach wie vor diese unangenehme fast schon peinliche Stille, als ich in die Küche vor ging und Ino mir leise folgte. Kaum in dieser angekommen, ließ sie sich auch schon gleich auf den Stuhl, auf dem Itachi gestern noch gesessen hatte, fallen und überschlug sogleich ihre langen Beine die in einer schwarzen Röhrenjeans steckten. Um etwas zu tun zu haben und gleichzeitig das unausweichliche noch ein bisschen hinauszuzögern trat ich an meine Küchenzeile und stellte kurzerhand Wasser für Tee auf. Ich hatte gesehen, wie Ino sich ihre eindeutig erkalteten Hände aneinander gerieben hatte um diese etwas wieder von der kalten Temperatur draußen wieder aufzuwärmen und dabei half doch eine schön heiß dampfende Tasse Tee. Auch war das für mich ein kleines Zeichen des Friedensangebots und ich hoffte Ino wusste dies zu schätzen. Die ganze Zeit über in der ich zwei Tassen mitsamt Teebeutel herrichtete, herrschte diese Stille die sich unangenehm im Raum verbreitete weiter, obwohl ich nur zu deutlich ihren Blick in meinen Rücken spürte. Meine Haut kribbelte da, wo dieser mich traf und ich musste mehr als einmal einen kalten Schauer unterdrücken. Ino war heut so anders, so ernst und verdammt sie hatte wirklich allen Recht dazu. Ich konzentrierte mich ganz und gar auf das Teekochen und erst als ich das heiß kochende Wasser aufgegossen hatte und der herrliche Duft von Kirsche gemischt mit Johannesbeere den Raum erfüllte, drehte ich mich zu ihr um und stellte die Tasse vor ihr auf den Tisch ab. „Danke.“ Wortlos nickte ich ihr nur zu, als ich mich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen ließ und Ino dabei beobachtete, wie sie ihre Finger um das Porzellan legte um sich diese schneller aufwärmen zu können. Leicht beugte sie sich vor, zog das süßliche Aroma dass ihr der heiße Dampf entgegenschlug tief in die Nase und schloss für einen kurzen Moment dabei ihre Augen. Doch auch wenn Ino jetzt entspannter wirkte, als gerade eben vor der Haustür noch, stellte ich wieder verbissen fest, dass immer noch dieses ungewohnte Schweigen zwischen uns war und von Sekunde zu Sekunde in der Ino still blieb, wurde ich nur noch mehr unruhiger. Warum sagte sie nichts? Warum machte sie nichts? Sie war doch sonst immer diejenige die es kaum erwarten konnte mir die Ohren voll zu texten und dieses Schweigen setzte mir mehr zu, als wenn sie mich die ganze Zeit über angeschrieen hätte. Wartete sie etwa darauf, dass ich mit dem Gespräch anfing? Ich ihr sofort erklärte, warum ich sie von Heut auf Morgen abermals von mir gestoßen und jeden ihrer Kontaktversuche ignoriert hatte. Sie ignoriert hatte. Unruhig rutschte ich leicht auf meinen Stuhl hin und her und vermied es sie anzusehen, während ich leicht meine Zähne zusammen biss. Die ganze Situation gefiel mir nicht. In solchen Dingen war ich überhaupt nicht gut. Es war mir einfach zu unangenehm mir etwas einzugestehen, was mir eigentlich egal sein sollte. Das dies nicht der Fall war, war mir mittlerweile mehr als klar. Es war mir einfach nicht mehr egal und es fuchste mich tierisch, dass Ino sich so reserviert mir gegenüber verhielt. Wollte ich dies denn nicht die ganze Zeit über so? Dass sie sich endlich von mir abwandte und mich wieder in Ruhe ließ? War das denn nicht immer meine Absicht gewesen? Und jetzt wo ich so knapp davor war dies zu erreichen, hämmerte mir mein Herz wie verrückt gegen meinen Brustkorb und mein innerstes zog sich nur bei den bloßen Gedanken daran, Ino könnte jetzt einfach aufstehen und gehen, schmerzlichst zusammen. Nein. Das wollte ich nicht. „Ino, ich…“, begann ich leise. „Es tut mir Leid.“ Selbst in meinen Ohren hörte sich diese Worte mehr als schlapp an. Doch ich wusste nicht was ich sonst sagen sollte. Konnte das was zwischen uns stand einfach nicht richtig in Worte fassen. Was sollte ich denn auch schon groß sagen? So was wie:Hey, tut mir Leid dass ich all deine Anrufe, Mails und alle anderen Kontaktversuche ignoriert habe, da ich damit beschäftigt war mir meine Handgelenke aufzuschlitzen, weil ich glaubte dass ihr mich alle nur verarscht habt so wie Sai es mir mal wieder geschafft hat einzureden?!, dass klang selbst in meinen Ohren mehr als bescheuert. Ach verdammt. Ich hatte doch auch keine Ahnung was ich jetzt machen oder sagen sollte und Inos Reaktion half mir auch nicht weiter, denn nach meiner mehr als lahmen Entschuldigung sah sie mich wieder so mit einen wütenden Blick an, der mich zu erdolchen drohte. Eins musste ich ihr lassen. Sie hatte echt einen angsteinflößenden Blick drauf wenn sie sauer war. „Das ist alles? Es tut dir Leid?“ Freudlos lachte sie kurz auf und zeigte mir so noch mehr als deutlich was sie von dem ganzem hielt. Nichts. „Ich will keine Entschuldigung von dir Sakura, sondern eine Erklärung! Was verdammt noch mal ist nur los mit dir? Hab ich irgendwas falsch gemacht, dass du mich wieder so herablassend behandelst wie am Anfang?!“ Statt ihr zu Antworten richtete ich lieber meine Aufmerksamkeit auf meinen Tee und spielte mit der dünnen Schnurr herum, die an dem Teebeutel befestigt war, sodass sich das Aroma in dem heißem Wasser noch intensiver verteilte. Ino jedoch, schien langsam der Geduldsfaden zu reißen. Schnaubend beugte sie sich etwas über den Tisch vor und funkelte mich weiterhin mit ihren Blaugrünen Augen, die gerade vor unterdrückter Wut nur so funkelten, an und verzog ihre wie immer mit viel zu viel Lipgloss geschminkten Lippen zu einen dünnen Strich. „Nun rede doch endlich mit mir Sakura!“ Die Aufforderung war klar. Auch was sie eigentlich damit bezweckte. Nur all zu deutlich hörte ich ihren Frust und auch die leichte Verzweiflung aus ihrer Stimme heraus. Sie wollte mir helfen. Wie immer seitdem ich sie kannte, bot sie mir wieder einmal ihre Hilfe an, auch wenn sie dies jetzt eher unterbewusst tat. Schließlich war sie auch wütend auf mich, was ich ihr auch gar nicht verübeln konnte, doch spürte ich dass ihre Besorgnis um mich größer war als ihre Wut und verflixt noch mal, dies konnte ich einfach nicht mehr länger ignorieren. Sie war immer da wenn ich sie brauchte, auch jetzt und das schlechte Gewissen, das ich immer noch ihr gegenüber empfand wuchs von Sekunde zu Sekunde die verging. „Ich“, begann ich und versuchte den dicken Kloß hinunter zu schlucken, der mir meine Kehle unangenehm zuschnürte. Sollte ich es ihr erzählen? Sollte ich ihr von Sai erzählen? Darüber was er in mir ausgelöst hatte und wie ich mal wieder mein eigenes Glück selbst kaputt machte, weil ich zu feige war anderen gegenüber mehr Vertrauen entgegenzubringen? Würde sie mich dann in einem anderen Licht sehen? Mich angewidert ansehen und mich vielleicht sogar auslachen? Wollte ich dies wirklich riskieren? Unsicher biss ich mir auf meine Unterlippe. Überlegte ob dies das richtige war. „Es hat nichts mit dir zu tun Ino. Es gibt einen anderen Grund warum ich die letzten zwei Wochen so abweisend reagiert habe.“ „Der da wäre?“ Skeptisch zog Ino eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen hoch und sah mich mit einem durchdringenden Blick an. Sie wollte Antworten. Soviel stand fest. Ich währenddessen schloss kurz meine Augen und atmete tief durch. Es fiel mir immer noch so unglaublich schwer über dieses dunkle Kapitel meiner Vergangenheit zu sprechen, doch da musste ich jetzt durch. Ino hatte in gewissermaßen ein Recht darauf zu erfahren und vielleicht würde ich mich danach ihr gegenüber etwas besser fühlen. Ich musste es einfach tun, denn wie verkorkst mein Leben auch sein mag, ich wollte Ino nicht verlieren. Denn erst jetzt hatte ich endlich begriffen wie wichtig sie mir in der Zwischenzeit geworden war. Hatte Sasuke auch so empfunden, als Naruto damals in sein Leben getreten war? Hatte auch er so ein ähnliches Gespräch mit ihm geführt, genau wie ich jetzt mit Ino? Vermutlich. Auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass Naruto nicht so ruhig wie Ino geblieben war. Dieser Gedanke erheiterte mich irgendwie und gab mir auch den Mut dass auszusprechen, was gesagt werden musste. „Vor zwei Wochen bin ich jemanden aus meiner Vergangenheit begegnet, an die ich keine guten Erinnerungen habe.“ Meine Stimme war nur noch ein leises Flüstern, doch da außer uns niemand im Raum war verstand Ino trotzdem jedes Wort und sie schien gleich zu bemerken, dass es kein Thema war, dass man mal eben so nebenbei erwähnte und nur dazu diente um um den heißen Brei herum zu reden. Nein. Ich sah, wie sie sich leicht in ihren Stuhl versteifte und mir einen vorsichtigen Blick schenkte. So ganz wohl schien sie sich nicht in ihrer Haut zu fühlen, denn sie hatte sofort begriffen dass mir dies mehr als nur tief unter die eigene Haut ging. Wahrscheinlich konnte man mir dies auch nur zu deutlich vom Gesicht ablesen. Es war das erste mal dass ich mich vor einen anderen Menschen öffnete und wild schlug mein Herz gegen meine Brust weil ich immer noch nicht wusste ob ich nicht gerade einen großen Fehler machte ihr davon zu erzählen. Sie so etwas in mein innerstes blicken ließ, dass ich eigentlich immer vor allem und jeden verschloss. Es herunter spielte. Es weg lächelte. „Sakura, es tut mir Leid. Du musst nicht weiter reden, wenn du nicht willst. Gott ich wollte doch nicht…“ „Ist schon gut“, unterbrach ich sie, als ich kurz meinen Kopf schüttelte. Ich wollte, nein, ich musste darüber sprechen. Den ersten Schritt hatte ich eh schon getan und irgendwie wollte ich auch, dass sie mich verstand. „Schon sehr früh musste ich auf die harte Tour lernen, dass es falsch ist anderen Menschen zu vertrauen, weil sie einem eh nur ausnutzen und dann wie Müll wegwerfen, wenn sie einen nicht mehr brauchen. Irgendwann habe ich deshalb angefangen alles und jeden auf Abstand zu halten, niemanden mehr an mich heran zu lassen. Schließlich lief ich dann nicht mehr Gefahr wieder und wieder aufs Neue verletzt zu werden.“ Ein stechender Schmerz breitete sich bei meinen Worten unangenehm in meinem Brustkorb aus, als ich Ino meine verletzlichste Seite zeigte. Ihr erzählte warum ich so war, wie ich war. Schweigend hörte sie mir zu, unterbrach mich nicht ein einziges mal, bis ich stockend inne halten musste, weil ich zitternd gegen die Tränen ankämpfen musste, die bei den schmerzlichen Erinnerungen in mir geweckt wurden und sieden heiß sich in meinen Augen sammelten. „Deswegen hast du mich immer von dir weggestoßen. Du hast es aus Selbstschutz getan.“ Ich nickte nur. Zu schwer fiel es mir meine Stimme zu heben und selbst Ino schien mehr als erschüttert von meiner Offenbarung, als sie selbst mit den Tränen kämpfend ihren Arm nach mir ausstreckte und ihre mittlerweile wieder aufgewärmte Hand auf meine legte. Mir somit Trost spendete. Mir zeigte, dass sie für mich da war. In diesen Moment spürte ich förmlich, wie sich dass dünne Band das uns verband immer mehr und mehr verfestigte. Ihre Finger, die wie immer perfekt manikürt waren, strahlten so viel Wärme aus. Wärme die bis in mein Innerstes wanderte und die Kälte, die ich schon so sehr gewohnt war verdrängte. Seit langem fühlte ich mich das erste mal wieder glücklich. Gewollt. Verstanden. „Sakura, egal was vor zwei Wochen geschehen ist, dass du dich vor allem und jeden abgeschottet hast, eins solltest du wissen“, fing Ino an und auf ihren Gesicht breitete sich ein warmes strahlendes Lächeln aus. „Ich werde für dich da sein und dir zur Seite stehen. Du bist nicht allein!“ Du bist nicht allein. Mir stockte der Atem. Sie hatte gerade das gleiche gesagt wie gestern Itachi und das erste mal seitdem ich diesen Satz gehört hatte, glaubte ich auch daran. Meine Sicht verschwamm als ich die Tränen nicht mehr zurück halten konnte und heiß liefen sie mir die Wangen hinunter als ich auch schon laut aufschluchzte. Keine Sekunde später spürte ich Inos Arme um mich, als sie von ihrem Stuhl aufgesprungen, um den Tisch geeilt und neben mich getreten war um mich fest in die Arme zu nehmen. Wie auch schon bei Tsunade klammerte ich mich fest an sie und bemerkte nur nebenbei, dass auch Ino in Tränen ausgebrochen war. Da waren wir nun. Zwei Frauen die sich fest umklammert hielten und Rotz und Wasser heulten. Beide spürten wir nur zu deutlich wie sich unsere Freundschaft auf eine andere Ebene vertiefte. Jetzt kam ich mir schon fast dumm vor überhaupt geglaubt zu haben Ino spiele mir nur etwas vor. Nein. Dies war echt und so komisch wie auch belustigend die Situation auch war, irgendwie hatte sie etwas Befreiendes an sich und ich spürte förmlich, wie eine große Last von meinen Schultern genommen wurde. „Eins sag ich dir aber Riesenstirn“, schniefte Ino, als sie sich wieder von mir entfernte und mich mit verheultem Blick ernst ansah. „Wenn du noch mal so was mit mir abziehst und ich mir Sorgen machen muss, dann bleibt es beim nächsten mal nicht bei bösen Blicken und wortlosen Drohungen, kapiert?!“ Ich nickte. „Kapiert.“ Dann brachen wir gemeinsam in Gelächter aus. Es tat so gut. So verdammt gut. Itachi hatte echt was gut bei mir, denn er hatte mit seinen Worten mehr als recht gehabt. Ich war wirklich nicht alleine und endlich hatte auch ich dies begriffen. „So und jetzt lass uns Tee trinken bevor dieser noch kalt wird. Du hast nicht zufällig Kekse da?!“ ------------------------------------------------------------------ Du rechnest immer mit dem schlimmsten, weil du so oft enttäuscht wurdest und wenn dann etwas Gutes passiert, zweifelst du daran und hinterfragst es so, dass du dir dein Glück selbst kaputt machst. Kapitel 13: Es tut mir Leid --------------------------- Hier stand ich nun und starrte meinen Zeigefinger an, der unbewegt vor dem schwarzen kleinen Knopf der Türklingel schwebte. Egal wie oft ich in den letzen paar Minuten, die ich schon hier an der Schwelle des Hauses verweilte, den Mut gefunden hatte meinen Finger zu heben um die Klingel endlich zu betätigen, verließ mich dieser wieder bevor ich diese erreichte. Frustriert seufzte ich auf. Ich war doch so ein lächerlicher Feigling. Nun hatte ich mich endlich dazu durchgerungen hier her zu kommen und jetzt schaffte ich es nicht mal diesen verdammten Knopf zu drücken. Wie ein völliger Idiot musste ich für andere Passanten um mich herum aussehen, der stocksteif, mit ausgestrecktem Arm, den Finger knapp über der Klingel haltend, sich nicht traute diese zu betätigen. Total lächerlich und verdammt dämlich. Langsam glaubte ich echt, dass es doch keine so gute Idee gewesen war erst überhaupt hier her gekommen zu sein. Anscheinend war ich doch noch nicht so weit um mich ihm zu stellen. Ja, vielleicht sollte ich noch etwas abwarten und wohl besser ein anderes mal wieder kommen. Wahrscheinlich wollte er mich auch gar nicht mehr sehen und mein Besuch hier war sowieso vollkommene Zeitverschwendung gewesen. Vielleicht sollte ich doch noch ein wenig Gras über das ganze wachsen lassen. Entmutigt und weil ich ein verdammt riesengroßer Feigling bin, senkte ich meinen schon leicht taub gewordenen Arm und drehte mich zum gehen um. Ein anderes mal. Das nahm ich mir fest vor. Kaum hatte ich mich jedoch ein paar Schritte von der Haustür und dieser verdammten Klingel entfernt, blieb ich doch wieder stehen. Ärgerte mich über mich selbst und meiner mehr als dämlichen Feigheit. Seit wann war ich denn bitte so feige? Was würde es mir denn bringen, wenn ich dies auf ein nächstes mal hinaus zögern würde? Wusste ich doch ganz genau dass ich ein weiteres mal nicht den Mut aufbringen würde überhaupt noch einmal hier her zu kommen und ich würde dieses miese schlechte Gewissen mit mir weiter herum tragen und wahrscheinlich mich und auch ihm weiter damit rumquälen. Nein. Ich würde dass jetzt durchziehen! Ich würde nicht wie ein verängstigtes Häschen davon rennen. Mir innerlich weiter selbst Mut zuredend, drehte ich mich also wieder um und lief die paar Schritte wieder zurück, nur um mich in der gleichen Situation wie schon vor einer Minute wiederzufinden. Abermals schwebte mein Zeigefinger vor diesem vermaledeiten Knopf und traute sich nicht diesen zu drücken. Herrgott noch mal. Dass war doch alles so verdammt dämlich. Ich war so verdammt dämlich. Es war echt zum Haare ausreisen. Was verdammt noch mal war so schwer daran diese Klingel zu betätigen? Hatte ich Angst dass sie mich in den Finger beißt wenn ich sie berührte oder ihn einen Stich verpasste wie eine Biene, wenn sie sich angegriffen fühlte? Gott des Wahnsinns. Das war doch alles so bescheuert. Komm schon Sakura, sei kein jämmerlicher Feigling! Du schaffst das! Du brauchst nichts weiteres zu tun als diesen Knopf hier zu drücken. Ganz einfach. Mir innerlich weiter Mut zusprechend, holte ich noch einmal tief Luft und meine Augen zukneifend und mein Gesicht leicht verziehend überwand ich mich endlich meine Fingerkuppe auf den schwarzen Knopf zu drücken. Ein schrilles Geräusch durchdrang das Innere des Hauses und sofort verspannte ich mich an meinem ganzen Körper und hielt gespannt den Atem an. Ich hatte es wirklich getan! Jetzt gab es kein Zurück mehr. Mein Herz schlug mir bis zum Hals hoch und das Blut pochte mir schon regelrecht in den Ohren, als sich in mir eine prickelnde Hitze ausbreitete und das kalte Wetter um mich herum vergessen ließ. Angespannt wartete ich auf irgendeine Reaktion von Innen. Lauschte auf das kleinste Geräusch. Bildete mir sogar ein Schritte zu vernehmen, die sich mir näherten, doch keiner öffnete mir die Tür. Abwartend blieb ich trotzdem stehen, aber auch nach einem kleinen Augenblick des Wartens öffnete mir noch niemand die Tür. Es blieb alles ruhig. Auch ein erneutes Klingeln von mir erzielte nur das gleiche Resultat. Wut, Frustration und Enttäuschung stiegen in mir hoch und ließen mich innerlich beben. Da hatte ich nach geschlagenen ganzen Fünfzehn Minuten endlich den Mut gefasst über meinen eigenen Schatten zu springen um zu klingeln und dann war gar keiner da!? Dass sollte doch wohl ein schlechter Witz sein oder? Ganz umsonst hatte ich mich so verrückt gemacht und ich fühlte mich nun wirklich wie ein völliger Idiot. Trotzdem konnte ich auch die Erleichterung nicht verdrängen, die sich kurz darauf in mir ausbreitete, da ich nun mit Gewissheit sagen konnte, dass ich es wenigstens probiert hatte. Dies konnte ich mit meinem Gewissen gut vereinbaren und immer noch pure Erleichterung darüber, dass ich noch einmal drum rum kam, drehte ich mich nun wirklich zum gehen um. Da hatte ich wirklich noch einmal Schwein gehabt. Kaum hatte ich dies jedoch gedacht, blieb ich auch schon wieder wie angewurzelt stehen, als ich zufällig meinen Blick hob und direkt in Pechschwarze Augen sah. Verdammt. Wie lange stand er schon hinter mir und hatte mich beobachtet? Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass sich jemand von hinten mir genähert hatte. War ich so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, dass ich alles und jeden um mich herum ausgeblendet habe? „Ich hab schon gedacht, du traust dich nie die Türklingel zu betätigen. War das etwa so schwer?“ Seine Stimme klang zwar leicht belustigt, doch diese Belustigung erreichte sein Gesicht und besonders seine Augen nicht. Diese sahen mir ernst und auch schon leicht fragend entgegen, so als ob er mit meinem Erscheinen hier überhaupt nicht gerechnet hätte. Unter diesem Blick schrumpfte ich immer mehr zusammen und plötzliche Nervosität stieg in mir hoch, als ich auch schon meinen Blick senkte um ja nicht seinen noch länger zu begegnen. Gott war das peinlich. Am liebsten wollte ich im Erdboden versinken. Stumm standen wir uns also gegenüber und von Sekunde zu Sekunde die verging fühlte ich mich mehr als nur unwohl in meiner Haut, da ich seinen Blick sehr wohl noch auf mir spüren konnte. „Warum bist du hier Sakura?“ Tja, das wusste ich selbst nicht so genau. Eigentlich war ich ja gekommen um mich bei ihm wegen meinen Verhalten zu entschuldigen, doch jetzt wo er persönlich vor mir stand fand ich nicht die Worte, die ich mir vorhin noch zu recht gelegt hatte und sie auch immer und immer wieder im Kopf durchgegangen war. Ich wollte ihm sagen, dass ich durch Sais auftauchen ich komplett aufgewühlt war und ich da Dinge gesagt und getan habe, die mir jetzt nachdem mir Itachi auf seine Art den Kopf gewaschen hatte, total leid taten. Wollte ihm sagen, dass ich ihn von mir gestoßen hatte, um mich und mein geschundenes Selbst zu schützen. Doch ich konnte es nicht. Kein einziges verdammtes Wort kam über meine Lippen, obwohl ich mir doch fest vorgehabt hatte nicht zu kneifen. Nun, meine Entschlossenheit war ja schon an der Türklingel gescheitert. Wie sollte ich ihm denn dann sagen, wofür ich eigentlich erst hier her gekommen war? „Ich“, begann ich leise und musste erst mal den harten Brocken in meinem Hals hinunter schlucken, der mich am sprechen hinderte und mir noch einmal alles schwerer machte. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ „Ach ja? Und wofür?“ Herrgott noch mal. Er wusste doch ganz genau wofür. Er stellte sich doch absichtlich so dumm, dieser miese kleine Bastard. Sah er denn nicht, dass es mir schon mehr als schwer genug fiel, hier überhaupt zu stehen um etwas zu tun, was ich eigentlich noch bei keinem anderen gemacht hatte? Es schien ihm wohl richtig Spaß zu machen mich so zappeln zu lassen, denn ich bemerkte sehr wohl wie er nur ganz leicht seine Lippen zu einen arroganten Lächeln hoch zog und mich dabei leicht von oben herab abwartend ansah. Wusste er es überhaupt zu schätzen, dass ich mich hier vor ihm zum kompletten Affen machte um mich für mein mehr als unmögliches Verhalten zu entschuldigen? Und dass auch noch freiwillig? Anscheinend nicht. Jetzt bereute ich es wirklich überhaupt erst hier her gekommen zu sein. Sasuke schien meine Entschuldigung nicht zu interessieren und mein ganzes Auftreten hier war einfach nur überflüssig, peinlich und nicht erforderlich gewesen. Itachi mit seinem dummen Geschwätz! Eindeutig hatte er mich angelogen, als er meinte Sasuke fühlte sich seit unseren letzten Zusammentreffen schlecht. Naja, so einen schlechten Eindruck machte er gar nicht auf mich und wieder fühlte ich mich so unbeschreiblich dumm. Dumm und verdammt dämlich. „Weißt du was? Vergiss es einfach!“ Wut und Enttäuschung tobten nach wie vor in mir wie ein wilder Sturm und das einzige was ich wollte war, so schnell wie nur möglich von hier zu verschwinden. Sollten sie sich doch alle eine andere suchen über die sie sich lustig machen konnten. Ich hatte sowas nicht nötig. Ihm deshalb keines Blickes mehr würdigend stolzierte ich fast schon an ihm vorbei und versuchte meine Würde zu behalten. Ein jämmerlicher Versuch, ich weiß, doch wollte ich mir nicht noch mal eine Blöße geben. Jedoch kam ich keine zwei Schritte weit, als sich plötzlich seine Finger um mein Handgelenk schlossen und mich am weitergehen hinderten. „Nun warte doch mal.“ Was wollte er denn noch? Musste er mich denn jetzt wirklich doch dümmer dastehen lassen, als dass ich dies eh schon tat? Genau dies wollte ich ihm sogleich an den Kopf werfen und noch einiges mehr, doch kam kein einziges Wort über meine Lippen. Drehte mich nicht zu ihm um. Sah ihn nicht an. Bewegungslos stand ich einfach nur da und wartete ab. Leise hörte ich ihn resigniert aufseufzen, als er seinen Griff um mein Handgelenk leicht verstärkte und mich mit sanfter Gewalt zu sich umdrehte. Kurz trafen sich unsere Blicke, ehe er mich wortlos hinter sich her Richtung Haus mitzog. „Lass uns erst mal aus dieser Kälte verschwinden“, meinte er in einen ruhigen und immer noch nichtssagenden Ton, als er mich mit sich nach drinnen zog. Wortlos trat ich nach ihm über die Türschwelle und erleichtert empfing ich die wohlige Wärme die mir sogleich einladend entgegenschlug. Mit mehr als steif gewordenen Gliedern, ich war wohl doch länger in dieser heutigen Eiseskälte draußen gestanden und hatte mit mir selbst gerungen, tat ich es Sasuke gleich und zog mir leicht zögernd meine Weinrote Jacke und meine schwarzen kniehohen und gut gefütterten Stiefel aus. Dann stand ich, wie nicht anders zu erwarten, wie bestellt und nicht abgeholt neben ihm in dem Eingangsbereich und wusste nicht was ich sagen oder gar machen sollte. Mein Plan, bei ihm zu klingeln, mich schnell zu entschuldigen und dann wieder abzuhauen hatte ich ja eigentlich in die Tat umgesetzt. Auch wenn der Ablauf in meiner Vorstellung etwas anders gewesen war, hatte ich nicht weiter darüber nachgedacht was ich machen sollte, wenn er mich mit zu sich herein bat. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Deshalb stand ich einfach nur stocksteif in dem Flur und kaute unsicher auf meiner Unterlippe herum, dabei sichtlich nervös und mehr als nur mit der Situation überfordert, während ich darauf wartete was nun gleich als nächstes auf mich zukommen würde. Genau in dem Moment drehte sich Sasuke halb zu mir um und deutete mit einer leichten Kopfbewegung an, dass ich ihm folgen sollte. Was ich auch widerwillig tat. Ganz wohl in meiner Haut fühlte ich mich zwar nicht, doch wusste ich dass ich dies jetzt hinter mich bringen musste. Einen Rückzieher konnte ich jetzt sowieso nicht mehr machen. Deshalb setzte ich mich immer noch etwas steif in Bewegung und folgte ihm in das Wohnzimmer, wo er mich aufforderte mich schon mal zu setzten, als er auch schon mit einer kleinen Frage ob ich was Trinken möchte, in der Küche verschwand, ohne auf eine Antwort von mir zu warten. Seufzend setzte ich mich etwas unbeholfen auf das große schwarze Ledersofa. Sofort erschauderte ich leicht, als die kühle des Leders mich empfing und ich etwas in die Bequemlichkeit des Sofas einsank. Um mich etwas abzulenken und nicht einfach nur blöd auf den Sofa zu sitzen, ließ ich kurz meinen Blick durch den etwas größeren Raum gleiten und musste feststellen, dass hier alles eher dunkel und schlicht gehalten wurde. Alles hier wurde in grau oder schwarz gehalten, selbst der Boden bestand aus dunkelgrauem Marmorstein. Meine kalt gewordenen besockten Füße versanken in den wollig flauschigen Tiefroten Fasern des Teppichs, der so groß geschnitten wurde, dass er das ganze Sofa und den Glastisch umrandete und das einzigste Farbige hier im Raum war. Alles, wirklich alles sah hier so verdammt sündhaft teuer aus. Bei meinem ersten Besuch hier, hatte ich mir nicht besonderlich viel aus der Innenausstattung gemacht, weil ich eher damit beschäftigt gewesen war, hier schnell wieder die Biege zu machen. Doch jetzt wo ich hier so saß und mich das erste mal richtig umsah überkam mich die Frage was die beiden Brüder wohl beruflich so machten. Denn ein Normalsterblicher wie ich könnte sich diese Einrichtung wohl nie in seinem gesamten Leben leisten und irgendwie fühlte ich mich hier mehr als nur unwohl. Es sah alles so perfekt aus. So luxuriös. Dies war eindeutig das genaue Gegenteil von meiner Wohnung deren halber Inhalt schon mehrere Jahre auf den Buckel hatten und irgendwie fühlte ich mich sogleich etwas schäbiger und kam mir noch mehr wie fehl am Platz vor. „Hier.“ Ich sah zu Sasuke auf, der urplötzlich vor mir aufgetaucht war und mir eine dampfende Tasse heiße Schokolade hinhielt. Etwas zögerlich nahm ich diese dankend an und sofort fingen meine immer noch eiskalten Finger an zu prickeln, als die Wärme des Porzellans sich in diese übertrug. Selbst ließ sich Sasuke mit seiner eignen Tasse und mit einen kleinen Abstand zu mir ebenfalls auf das Sofa nieder und sofort herrschte wieder diese drückende Stille zwischen uns. Diese Situation erinnerte mich an die vor ein paar Tagen, wo ich mit Ino ein ähnliches Gespräch in meiner Wohnung geführt hatte. Nur dass es dieses mal Sasuke war, der mir Gegenüber saß und die ganze Sache noch gleich etwas schwieriger machte. Ich hatte nämlich keine Ahnung wie ich mit ihm umgehen sollte. Er war nicht so leicht zu durchschauen wie Ino und zum ersten mal wurde mir wirklich bewusst wie Ähnlich wir uns doch waren. Er redete auch nicht gern über sich selbst. Ohnehin war auch er nicht der Typ für große Worte. Was also sollte ich sagen? Wie sollte ich eine Unterhaltung anfangen? Sollte ich überhaupt irgendwas sagen? Um irgendwas zu tun zu haben und das kommende noch ein wenig hinaus zu zögern, setzte ich daher die Tasse an meine Lippen an. Der heiße Dampf blies mir ins Gesicht und der Duft der heißen Schokolade beruhigte mich wieder ein wenig. Genießerisch zog ich diesen verlockenden Duft ein und vermied es ihn dabei anzuschauen. Warum musste ich mich auch so komisch fühlen, wenn ich in seiner Nähe war? Mein Magen kribbelte so komisch. Mein Herz flatterte wie verrückt. Meine Hände zitterten wie bei einer alten Oma. Das war doch echt nicht mehr normal. Brütete ich etwa eine Krippe aus? „Also Sakura. Wofür willst du dich bei mir entschuldigen?“ Heiß. Kaum merklich zuckte ich zusammen, als ich mir bei seinem plötzlichen Worten meine Zungenspitze und auch leicht meine Unterlippe an dem heißen Getränk verbrannte. Dies beachtete ich aber weniger, als ich ruckartig meinen Blick zu ihm hob und ihn anstarrte. Er wollte wirklich den Grund wissen? Reichte es ihm nicht, dass ich mich überhaupt bei ihm entschuldigt hatte? Wohl eher nicht. Wahrscheinlich sprach da sein angeknackstes Ego aus ihm heraus. Männer und ihr verdammter Stolz. Leise schnaubend überlegte ich, was ich ihm antworten sollte. Die Wahrheit? Ich war mir nicht sicher, ob ich schon so weit war, mich jemanden vollkommen zu öffnen, denn ich erst seit gut ein paar Monaten kannte. Auch wenn er schon mehr von mir mitbekommen hatte, als mir lieb war. Vertrau mir, hatte er mal zu mir gesagt. Aber konnte ich auch das wirklich? Irgendwie hatte ich so ein Gefühl, dass ich es bei ihm tun konnte. Ich fühlte mich bei ihm sicher. Auch jetzt, wo wir so eng beieinander auf dem Sofa saßen und uns abschätzend ansahen, fühlte ich mich eigentlich ganz wohl. Sollte ich mich wirklich ihm anvertrauen? Ich spürte wie ich zögerte. Das dafür und dagegen abwog, bis ich mich entschied einen kleinen Schritt näher an das heikle Thema heran zu wagen. „Vor mehr als zwei Wochen hab ich dir Unrecht angetan und das tut mir Leid“, begann ich als sich meine Finger fester um den Henkel der Tasse klammerten, die ich nach wie vor in der Hand hielt. „Ich war wegen Sais plötzlichem Auftauchen total überfordert und wiedermal hab ich mich von seinen Worten beeinflussen lassen, dass ich dann an dir ausgelassen habe. In den Moment hab ich wirklich geglaubt, dass Sai recht hatte mit dem was er sagte und du mich auch nur ausnutzen wolltest. Es brauchte erst deinen Bruder, der mir vor ein paar Tagen zufällig begegnet war, um zu erkennen was für eine riesen Idiotin ich gewesen war.“ „Warte, du hast mit Itachi gesprochen?“ Leicht nickte ich als Antwort, während Sasuke mich mehr als überrascht ansah, ehe er sein Gesicht wieder unter Kontrolle brachte und ein leises zischendes Geräusch von sich gab. „Das erklärt auch sein komisches Verhalten vor ein paar Tagen, als er so eine komische Andeutung gemacht hat“, murmelte er eher zu sich selbst und missbilligend schnaubte er kurz auf, während ich gerade nur Bahnhof verstand. Deshalb beobachtete ich Sasuke nur dabei, wie er sich kurz durch sein Rabenschwarzes Haar fuhr und wieder einmal fiel mir auf wie gutaussehend er doch war. Mein Herz klopfte mir wieder so unangenehm in der Brust und schnell trank ich noch einen Schluck von meiner heißen Schokolade, bevor er merkte dass ich ihn anstarrte. „Nimmst du also meine Entschuldigung endlich an?“ Sofort lagen seine Augen wieder auf mir und keine Ahnung warum, aber trotzdem rutschte ich sichtlich nervös auf meinen Platz hin und her. Sag ja, sag ja, sag ja. Dann kann ich endlich wieder nach Hause. Innerlich diese Worte vor mich hin betend beobachtete ich, wie sich ein hinterhältiges Grinsen auf seinen Mund ausbreitete und leicht beugte er sich zu mir rüber. Kam mir dabei so unverschämt nahe, dass ich seinen einzigartigen Geruch nach würziger Vanille einatmete. Hitze kroch in mir hoch und an seinen Augen konnte ich ablesen, dass er genau wusste welche Wirkung er auf mich hatte. Reagierten bei ihm alle Frauen so wie ich? „Kommt drauf an Sakura.“ Oh Gott. Wie er meinen Namen aussprach. Dies gehörte echt verboten. Wieder fragte ich mich, warum ich mich so komisch fühlte, wenn er in der Nähe war. Das war doch davor auch nicht gewesen. Also warum schoss mir die Hitze ins Gesicht, wenn ich in sein gutaussehendes Gesicht und in seine so Pechschwarzen Augen blickte, in denen ich buchstäblich versinken könnte? Warum wurde mein Mund ganz trocken, als ich seine perfekt geformten Lippen beobachtete, wie sie sich zu einen leichten schiefen Grinsen verzogen, dass so sexy bei ihm aussah. Verflucht. Was hatte dieser Kerl nur mit mir gemacht?! „Ich werde deine Entschuldigung annehmen, wenn du mir sagst wer dieser Sai ist.“ Als hätte jemand plötzlich einen Eimer mit eiskaltem Wasser über mich ausgeschüttet kam ich aus dieser komischen Starre in der ich für eine kleine Weile gefangen gewesen war und schnappte laut nach Luft, als ich fast meine Tasse fallen ließ, die ich immer noch in meiner Hand hielt. Schnell senkte ich meinen Blick und stellte sie vorsichtshalber auf den Tisch ab, bevor ich noch eine mögliche Sauerei hier veranstaltete und den teuer aussehenden roten Teppich noch mit unschönen Flecken besudelte, für den ich kein Geld für die Reinigung hatte. Darauf wollte er also die ganze Zeit hinaus. Er wollte immer noch wissen wer Sai war und wohl auch in welcher Beziehung wir zueinander standen. Nach der ganzen Sache die er leider Gottes miterlebt hatte konnte ich ihm dies auch nicht verübeln. Außerdem hatte er genauso wie Ino ein Recht darauf zu erfahren, warum ich so reagiert hatte, wie ich reagiert hatte. Auch wenn es mir mehr als schwer fiel über dieses spezielle Thema zu reden. Sasuke ließ mich keine Sekunde aus den Augen und schien jede Bewegung, ja jeden Ausdruck in meinem Gesicht und Körpersprache zu analysieren um wohl auszutesten in wie weit er sich noch vorzuwagen trauen konnte. Er ging es vorsichtig an. Denn was beim letzten Mal daraus geworden war, als er mich nach Sai gefragt hatte, war uns beiden noch mehr als deutlich im Gedächtnis geblieben. Dieses mal würde ich aber nicht dicht machen. Er hatte die Wahrheit verdient und dieses mal, dieses eine mal würde ich jemand anderen vertrauen und mich ihm ganz öffnen. Ich würde nichts auslassen. Nichts mehr geheim halten. Denn irgendwie war ich es ihm auch schuldig. „Er ist mein Stiefbruder.“ Die Worte hingen förmlich im Raum zwischen uns und leicht verkrampfte ich mich, nicht wissend wie Sasuke auf diese Offenbarung reagieren würde. Im ersten Moment geschah gar nichts. Er sah mich einfach nur aus seinen schwarzen Augen aus nichtssagend an und ich glaubte schon, dass er mich nicht richtig verstanden hatte. Doch dann sah ich wie ein Ruck durch seinen ganzen Körper ging und er zischend Luft holend leicht seine Augen aufriss. Zum ersten mal hatte ich Sasuke überrumpelt. Ihn eine Reaktion entlockt, die richtig untypisch für ihn war. Die gar nicht zu ihm passte. Es war schon fast amüsant. „Er ist was?!“, stieß er leicht ungläubig hervor, während er mich anstarrte als wären mir plötzlich zwei Hörner aus dem Kopf gewachsen und ich ihm gerade offenbart hatte, dass ich in Wahrheit ein Alien war. Mit allem hatte er wohl gerechnet, nur auf keinen Fall mit so etwas. Dies kann vielleicht daran liegen, dass Sai und ich uns niemals wie Geschwister verhalten haben. Wir waren zwar eine Zeit lang miteinander aufgewachsen, doch er war noch nie wie ein Bruder für mich gewesen. Dafür hatte er gesorgt. Ich nickte nur und beobachtete mit gemischten Gefühlen Sasuke dabei, wie er die Neuigkeit zu verarbeiten versuchte. Warum ihn das so aus der Bahn warf, war mir auch irgendwie schleierhaft. Schließlich kannte er weder mich noch Sai näher oder besonders gut genug, dass er so reagieren konnte. „Aber wieso…“ „Er mich so behandelt? Weil es ihm Spaß macht mir wehzutun“, vollendete ich seinen Satz und ein gehässiger Laut entfloh mir dabei, als ein düsterer Ausdruck ebenfalls über mein Gesicht huschte. Jetzt kamen wir wohl zu dem Teil wo es für mich mehr als unangenehm werden würde überhaupt darüber zu reden. Ich würde ihm einen kleinen Einblick in mein dunkelstes Kapitel gewähren. Würde ihm erzählen, da die Katze nun eh aus dem Sack war, warum ich so geworden bin wie ich jetzt war. Genauso wie Itachi mir seine Geschichte erzählt hatte würde nun ich mit meiner auspacken. Denn wie schon gesagt. Irgendwie war ich es Sasuke schuldig. Ich würde ihn vertrauen, so wie er es mir vor Monaten schon angeboten hatte und ich endlich bereit dazu war. Ich würde keinen Rückzieher machen. Nicht dieses mal. ----------------------------------------------- Manche Momente vergisst man nie, egal wie lange sie schon her sind. Kapitel 14: Schatten der Vergangenheit -------------------------------------- „Alles begann mit dem Tod meiner Mutter“, fing ich mit meiner Erzählung zögernd an. Noch immer fiel es mir so unglaublich scher über sie zu reden. Ich vermisste sie dafür einfach zu sehr und jeden Tag der ohne sie anfing und ohne sie endete war für mich noch nach so langer Zeit unerträglich. Zitternd stieß ich leise den Atem aus und versuchte den erneut aufkommenden Schmerz beiseite zu schieben. Sasuke sollte nicht merken, dass der Tod meiner Mutter für mich immer noch eine große Rolle spielte. Doch es war dafür bereits zu spät. Er hatte es schon gemerkt. Dass sah ich daran dass sein Blick für ein paar Sekunden weicher und fast schon mitleidig wurde. Schnell wandte ich meinen Blick ab. Ich brauchte sein Mitleid nicht. Wollte es auch gar nicht. „Eines Tages beschloss mein Vater, der mich nicht mehr länger so trauern sehen wollte, jemanden in meinem Alter zu adoptieren, der mir helfen würde über den Tod meiner Mutter hinweg zu kommen und so trat Sai in mein Leben.“ Nur bei dieser Erinnerung zog sich mein Magen schon fast schmerzhaft zusammen. Was wäre damals passiert wenn mein Vater sich für keine Adoption entschieden hätte? Wenn Sai nie in mein Leben getreten wäre? Was wäre geschehen wenn meine Mutter nicht bei dem Unfall gestorben wäre? Hätte meine Jugend anders ausgesehen? Wäre ich dann glücklicher gewesen? Würde ich eine andere Sakura mit vielen Freunden um mich herum die Spaß am Leben hatte, sein? Vielleicht. Vielleicht wäre es wirklich so gekommen und wie schon so oft beneidete ich dies, was mir dass Schicksaal verwehrt hatte. „Ich habe gleich am Anfang gemerkt, dass mit Sai irgendwas nicht stimmte. Er schien mir einfach so perfekt. Zu perfekt. Er benahm sich immer vorbildlich und war zu jedem stets Überfreundlich. Fand immer die richtigen Worte und keiner konnte ihm böse sein. Mein Vater hat wirklich von Anfang an einen großen Narren an ihm gefressen und hieß alles gut was er sagte oder tat. Er zog ihn mir komplett vor und dies nutzte Sai aus. Erst fing es mit herablassenden Blicken und später auch mit Sprüchen an, bei dem ich mir zuallererst nicht wirklich was dabei gedacht habe. Ich war in diesem Zeitraum noch zu sehr mit mir selbst und den Verlust meiner Mutter beschäftigt und versuchte irgendwie allein damit klar zu kommen. Von meinem Vater konnte ich keinen Trost oder dergleichen erwarten, denn er verarbeitete seinen Verlust anders als ich. Er hing sich lieber zu sehr an Sai hin und wurde blind und taub für alles was mit mir zu tun hatte. Es war als hätte ich neben meiner Mutter auch meinen Vater verloren. Es war kaum zu ertragen.“ Betreten starrte ich auf meine Hände, die ich in meinem Schoß ineinander verschlungen hatte um mein Unbehagen an diesem ganzen Thema, dass viel zu viel von mir Preis gab als mir lieb war. Ebenso musste ich mir aber wiederrum eingestehen, dass ich jetzt wo ich angefangen hatte Sasuke von mir zu erzählen; ich nicht mehr damit aufhören wollte. Ich wollte dass Sasuke hinter meine schützende Mauer schaute. Ich wollte dass er alles von mir sah. Wollte dass er alles von mir erfuhr. Wollte ihm alles zeigen. Aufmerksam hörte er mir zu. Sagte kein Wort. Versuchte nicht mal irgendetwas einzuwenden oder wirkte gar gelangweilt oder genervt. Seine Pechschwarzen Augen waren ganz und gar nur auf mich gerichtet und tief in mir drin merkte ich, dass er auch alles von mir wissen wollte. Diese Erkenntnis, die so verdammt neu für mich war, schließlich hatte sich bis jetzt noch nie jemand so sehr für mich interessiert, wie Sasuke es tat; bestärkten mich weiter zu reden. „Dann, als Sai schon ein ganzes Jahr bei uns war und das völlige Vertrauen meines Vaters für sich hatte, zeigte er sein wahres Gesicht.“ Unbewusst hob ich meinen Blick in die Ferne, als die Erinnerung mich überschwemmte und mich in die Zeit zurück versetzte . . . Das Geklapper von Besteck dass auf Porzellan trifft ist das einzige Geräusch dass in unserem Esszimmer zu hören war. Wie jeden Abend sitzen wir hier alle zusammen und tun so, als wäre alles in Ordnung und wir würden noch immer die glückliche Familie sein, die wir mal gewesen waren. Doch das waren wir nicht mehr. Der Tod meiner Mutter hat ein klaffendes Loch hinterlassen und keiner war imstande dieses wieder zu flicken, egal wie sehr mein Vater es auch zu versuchen mag. Mein Blick flog dabei zu meinem neuen Stiefbruder, der mir gegenüber saß und stillschweigend sein Essen zu sich nahm. Ein ganzes Jahr ist es jetzt schon her dass Vater ihn bei uns aufgenommen hatte, als Vorwand dass er mir durch die Trauer wegen meiner Mutter hinweg helfen würde, da er in meinem Alter war. Ich jedoch wusste es besser. Vater hatte ihn nicht meinetwegen geholt, sondern seinetwegen. Ich fungierte dabei nur als Vorwand, damit er bei anderen nicht doof dastand. Er wollte nämlich schon immer einen Sohn haben, der einmal seine mühevoll aufgebaute Firma weiterführen sollte und dann das Pech hatte eine Tochter zu bekommen. Mich. Mein Verhältnis zu meinem Vater war noch nie besonders gut gewesen und seitdem meine Mutter nicht mehr da war schien sich auch nichts daran geändert zu haben. Im Gegenteil. Seitdem Sai hier war; der Inbegriff eines perfekten Sohnes, wie man von den vor stolz glänzenden Augen meines Vaters ablesen konnte, war ich es die sich fühlte nicht zu dieser Familie zu gehören. Als hätte mich man adoptiert. Leise zuckte ich zusammen, als ich bemerkte dass Sai seinen Kopf leicht gehoben hatte und meinen Blick, der immer noch auf ihm lag, erwiderte. Er wusste immer wann ich ihn beobachtete und wie jedesmal zwickte er seine Augen zusammen und schenkte mir über den Tisch hinweg ein breites, fröhliches Lächeln, das jeden um den kleinen Finger wickelte nur nicht mich. Viel zu sehr wirkte dieses Lippen auseinanderziehen, was gerade sein Gesicht verunstaltete auf mich mehr als gekünstelt und gespielt, als dass es als echtes Lächeln durchgehen konnte. Wusste er eigentlich wie dämlich er damit aussah? Wohl eher nicht. Ein schnauben mit aller Gewalt unterdrückend, senkte ich daher nur wieder meinen Blick und stocherte mit meiner Gabel weiter in meinem Essen herum. Schon lange hatte ich meinen Appetit verloren und aß auch nur, damit der Teller leer war. Meine Mutter hätte nicht gewollt, dass ich wegen ihr an Gewicht verlor –was ich eigentlich schon getan hatte, doch wollte ich nicht meinen Vater damit erzürnen. Er mochte es nicht wenn man Essen verschwendete und ich traute es ihm zu, dass er mich solange hier sitzen ließ, bis mein Teller leer war. Dabei wäre es ihm völlig egal, dass ich eine junge Frau mit Fünfzehn Jahren war und bevor ich mich vor Sai so demütigen ließ, aß ich still und brav mein Essen auf, obwohl mir bei jedem weiteren Happen mein Magen rebellierte. „Wie war euer Tag denn so?“, erkundigte sich mein Vater in einen beiläufigen Ton. Seinen Blick behielt er allerdings auf seinen Teller, als er ein weiteres Stück von seinem Fleisch abschnitt. Sai schien schon auf die Frage gewartet zu haben, schließlich bekamen wir sie fast jeden Tag zu hören und liebend gern ließ ich ihm den Vortritt und klinkte mich sofort aus dem bevorstehenden Gespräch aus. Seine Prahlereien was für gute Leistungen er wieder den ganzen Tag erzielt hatte, konnte ich schon lange nicht mehr hören. Vater hingegen hörte ihn aufmerksam zu, hing ihm schon fast zu sehr an seinen Lippen, lobte ihn immer wieder mit einen Nicken und an seinem Gesicht konnte man wirklich den Stolz heraus sehen. So wie er Sai mit seinen Grünen Augen –das einzige was ich von ihm vererbt bekommen habe, ansah, hatte er mich schon lange nicht mehr angesehen. Das flaue Gefühl in meinen Magen verstärkte sich, schnürte mir meine Kehle zu und jeder weitere biss für den ich mich schon beinahe zwingen musste, ihn hinunter würgen, schmerzte. „Ich hab Mutters Grab besucht. Hab ihr frische Blumen gebracht.“ So sehr ich es auch zu unterdrücken versuchte, konnte ich die Gehässigkeit nicht aus meiner Stimme verbannen und mit einem leicht stechenden Blick sah ich zu Vater auf, dessen Gesicht zu einer starren Maske verzerrt war, als ich dieses Thema anschlug. Ich sah einen Muskel in seinem Kiefer zucken und sein Griff um das Besteck wurde auch etwas fester. So fest, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Er mochte es nicht, wenn ich von Mutter sprach und seit der Beerdigung vor einem Jahr war er auch nicht mehr bei ihr gewesen und hat ihr Grab besucht. Dies würgte ich ihm so oft ich konnte rein. Es war das einzige dass meine inneren Dämonen etwas besänftigte, wenn ich den Schmerz in seinen Augen aufflackern sah. Auch wenn es nur von kurzer Dauer war, aber das reichte mir schon. Denn daran erkannte ich, dass sie ihm wohl doch etwas bedeutet haben musste und ihr Tod nicht gänzlich an ihm unbeschadet vorbei gezogen war. Anstatt mir jedoch eine Antwort zu geben nickte mein Vater nur kurz in meine Richtung, ehe er sich wieder an Sai wandte, der dies still aus seinen Tintenschwarzen Augen beobachtet hatte. In diesen Moment hatte sein Gesicht etwas düsteres an sich, was aber gleich wieder verschwand, als Vater ihn eine weitere Frage stellte. Gekünstelt lächelte er diesen an und zeigte sich wieder von seiner besten Seite. Ich ließ Vaters Flucht vor diesem Gespräch von seiner verstorbenen Frau zu und klinkte mich wieder aus dem Gespräch der beiden aus. Ich hatte mein Ziel bei Vater wieder erreicht und zufrieden mit mir selbst stopfte ich mir meine vollgeladene Gabel in den Mund. Eine kleine Weile später hatten wir unser Abendessen dann beendet und ich war heilfroh mich in mein Zimmer zurück ziehen zu können. Dem einzigen Ort hier in diesen riesigen Haus, der mir noch Sicherheit und Geborgenheit schenkte. Dort drin konnte ich mich gehen lassen und die Fassade abstreifen, die ich den ganzen Tag über aufsetzen musste. Wie jeden Tag flog mein Blick wie automatisch auf das Bild das auf meinen Nachttisch stand. Wie jeden Tag ließ ich mich mit zittrigen Gliedern auf meinem Bett nieder und nahm den Bilderrahmen in die Hand. Wie jeden Tag betrachtete ich das Bild von mir und meiner Mutter, dass kurz bevor sie durch den Autounfall gestorben war, noch aufgenommen worden war. Wie jeden Tag gab ich mich meiner Trauer hin und heiße Tränen rannen mir die Wangen hinunter und fielen auf das Glas des Bilderrahmens. Genau auf das Gesicht meiner Mutter. Gott wie sie mir fehlte. Seitdem sie nicht mehr bei mir war, hat sich mein ganzes Leben verändert und nicht gerade zum Besseren. Eher ins Gegenteil. Mein Vater behandelte mich wie eine Fremde und ich hatte einen Stiefbruder bekommen den ich nicht wollte. Nicht brauchte. Er machte sich eh nichts aus mir. Seitdem er hier war, sind wir zwei uns so gut wie es geht aus dem Weg gegangen. So viel dazu, dass er nur hier war um mir über die Trauer meiner Mutter hinweg zu helfen. Das einzige was er gemacht hatte, war sich bei meinem Vater ein zu schleimen und mir höhnische Blicke und Sprüche hinzuwerfen, wenn Vater es nicht sah. Er wollte dass ich sah, wie wenig mein Vater in Wirklichkeit von mir hielt. Als wenn ich dies nicht schon längst selbst wüsste. Erschrocken zuckte ich zusammen, als es an meiner Tür klopfte. Blinzelnd wischte ich meine Tränen fort und leichte Hoffnung machte sich in mir breit. War mein Vater etwa gekommen um nach mir zu sehen? Wollte er sich etwa sicher gehen, dass es mir gut ging? „Ja?“ Mein Herz wagte es einen vorfreudigen Hüpfer zu machen, als ich beobachtete wie die Tür sich langsam öffnete. Anstatt jedoch meinen Vater in der Tür zu sehen, erblickte ich Nachtschwarze Haare, viel zu blasse Haut und ausdruckslose Tintenschwarze Augen. Sai. Was machte er denn hier? Wie immer trug er sein gekünsteltes Lächeln im Gesicht, als er in mein Zimmer eintrat und lässig die Tür hinter sich schloss. Mit verengen Augen registriere ich dies und ein unwohles Gefühl beschlich mich. Sai hat mich noch nie in meinem Zimmer aufgesucht. War sonst nie allein zu mir gekommen. Also. Was sollte das? „Was willst du?“ Ich versuchte so viel Stärke und auch Willenskraft in meine Stimmlage zu legen und doch konnte ich nicht verhindern, dass sich mein Körper leicht verkrampfte. Sai ließ seinen Blick quälend langsam durch mein Zimmer wandern und erst als er alles in sich aufgenommen hatte und es mir schon fast unangenehm war, wie er meine persönlichsten Sachen begutachtete, richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf mich. Musterte mich mit seinen so emotionslosen Augen und mein Unbehagen wuchs noch etwas mehr an. Denn ich bemerkte sehr wohl den Schatten, der sein Gesicht wieder so düster wirken ließ, obwohl er immer noch dieses dämliche Grinsen auf den Lippen trug. „Vater meinte ich solle mal nach dir sehen. Mich davon überzeugen ob es dir auch wirklich gut geht. In letzter Zeit wirkst du nämlich so bedrückt auf ihn und das scheint ihn etwas sorgen zu bereiten.“ Ach ja? Warum war er dann nicht selbst zu mir gekommen, wenn er sich ach so große Sorgen um mich machte? Warum schickte er Sai vor? Er wusste doch, dass wir beide uns nicht gerade nahe standen. Wollte er dies ändern? Ich unterdrückte ein schnauben. Warum sollte ich dies tun? Ich wollte mit Sai nichts zu tun haben. Ich sah ihn nicht als meinen Stiefbruder und ich würde es auch nie tun. Und trotzdem jagte mir ein kalter Schauer über den Rücken, als ich seine süßliche Stimmlage, die er eigentlich bei jedem anwandte, plötzlich so bedrohlich wirkte. Fast schon Gefährlich. Stumm rief ich mich zur Ordnung und nutzte die Wut die ich auf ihn hatte, um mich von meinem Bett zu erheben und ihn entgegen zu treten. Ich hatte keine Angst vor ihm. Zumindest versuchte ich dies mir selbst einzureden. „Wie du sehen kannst geht es mir gut.“ Sais Blick glitt über mein Gesicht und mir war klar, dass er meine von weinen geröteten Augen und immer noch nassen Wangen entdeckte, doch mir war es egal. Sollte er es doch sehen. Wir wussten doch beide dass ihn mein Gemütszustand nicht im geringstem interessierte. Er war doch viel zu sehr damit beschäftigt meinem Vater um die Füße zu schwänzeln, um sich großmäßig Gedanken um seine neue Stiefschwester zu machen. Doch anstatt dass er sich umdrehte um nach geheuchelter Interesse für mich das Zimmer wieder zu verlassen, nachdem sein halbherziger Versuch gescheitert war Konversation mit mir zu betreiben, legte Sai nur den Kopf in den Nacken und lachte kurz auf. Bei dem Laut stellten sich meine Nackenhaare auf und ein Schauer jagte mir über den Rücken. Als er mir das nächste mal entgegensah, war sein Gesichtsausdruck wirklich düster und nun strahlte er wirklich etwas Gefährliches aus. „Du gefällst mir immer besser Sakura“, grinste er breit, als er mit seinen langen bleichen Fingern mein Kinn ergriff und es leicht anhob. „Dein Schmerz und deine Verzweiflung, die du so jämmerlich zu verstecken versuchst, lassen mir mein Herz höher schlagen. Lass mich mehr davon sehen. Zeig mir wie ich dich brechen kann.“ Furcht stieg in mir auf, als ich in seinem Gesicht ablesen konnte, dass er jedes einzelne Wort ernst gemeint hatte. Ich wollte mich von ihm lösen, mich so weit wie möglich von ihm entfernen, doch er ließ es nicht zu. Stumm dirigierte er mich Rückwärts durch den Raum und einen Moment später fand ich mich auf meinen Bett wieder. Meine Augen weiteten sich und ein leises quieken kam über meine Lippen, als ich zu verstehen versuchte, was hier gerade passierte. War dies Sais wahres Gesicht, das er immer schön hinter seinem falschen Lächeln versteckte? Machte es ihm wirklich Freude anderen in ihrem Leid zu beobachten? Damit würden seine kleinen Reaktionen einen Sinn ergeben, die ich mir immer gedacht hatte, einzubilden. Was hatte Vater da für einen Jungen hergebracht. Der war doch nicht mehr ganz richtig im Kopf. Wild zappelnd versuchte ich ihn von mir abzuschütteln, als er sich die Frechheit heraus nahm sich über mir aufzubauen und mich fester auf mein Bett zu drücken. Fest biss ich ihm in die Hand, als er meinen Mund zu hob, damit ich nicht schreien konnte. Adrenalin gemischt mit aufkommender Panik und Angst ließen mir mein Blut in den Ohren rauschen, als ich versuchte zu überlegen, was ich jetzt machen sollte. Ich hatte mich noch nie in so einer Situation befunden und ich hatte keine Ahnung wie ich reagieren sollte. „Ja, zeig mir mehr von deiner Verzweiflung und Hilflosigkeit. Zeig mir wie man fühlt. Zeig mir all deine Emotionen“, säuselte er mir ins Ohr und mittlerweile am ganzen Leib zitternd starrte ich unter Tränen, die mir in meiner Not über die Wangen liefen, zu ihm hoch. Was sollte dass denn heißen, dass ich ihm zeigen sollte wie man fühlt. Er war doch ebenfalls ein Mensch und demnach selbst in der Lage Gefühle zu spüren, also was sollte dieser Scheiß. Doch als ich ihm in seine ausdrucklosen Augen starrte, erkannte ich zum ersten Mal diese Leere in ihnen. Sie wirkten schon fast wie Tod. Abgestumpft. Ein wimmern kam über meine Lippen, was durch seine Hand gedämpft wurde, die er immer noch auf meinen Mund presste, als er sich zu mir runter beugte. Leicht zusammen zuckend kniff ich meine Augen fest zusammen, als ich seine warme feuchte Zunge spürte, die meine linke Wange nachfuhr und die salzige Tränenspur ableckte. Angewidert drehte ich meinen Kopf zur Seite, versuchte so etwas Abstand zu ihm zu bekommen und ignorierte meine prickelnde Haut, die noch von Sais Berührung brannte. „Ich freu mich schon drauf dich zu lehren was es heißt nichts mehr zu fühlen“, wisperte er leise in mein Ohr und ein weiterer erstickter Laut kam über meine Lippen, als sich sein warmer Mund an meine Ohrmuschel drückte. Übelkeit stieg in mir hoch und ich hasste mich in diesen Moment dafür, dass ich nichts ausrichten konnte. Ich war so verdammt schwach. „Ich rate dir niemanden davon zu erzählen –Vater würde dir sowieso nicht glauben.“ Ich spürte sein schadenfrohes Grinsen eher bevor dass ich es sah, als er von mir abließ und sich wieder etwas von mir entfernte. Mit einem zufriedenen Ausdruck sah er feixend zu mir herunter, nahm sich sogar noch die Frechheit heraus, mich zärtlich auf beide Wangen zu küssen, ehe er sich grinsend erhob. Nicht imstande überhaupt auf irgendwas zu reagieren, sah ich zu wie Sai selbstzufrieden mein Zimmer verließ und mich allein mit dieser schrecklichen Aussicht auf das noch kommende zurück ließ. Lange Zeit starrte ich ins Nichts, ehe ich mich auf meinem Bett zusammen rollte und mich meiner Verzweiflung hingab. Eins wusste ich jetzt schon. Dies hier, war erst der Anfang gewesen. Stille herrschte ihm Raum, als ich mit meiner Erzählung zu Ende war und drückte Unangenehm auf uns beide hinunter. Mein Blick senkte sich wieder hinab auf meine Hände, die immer noch ineinander verschlungen auf meinen Schoß lagen. Somit das leichte Zittern versteckte. Absichtlich wich ich Sasukes Blick aus und sah überall hin nur nicht zu ihm. Ich konnte ihn einfach nicht entgegen schauen. Nicht jetzt. Nicht nachdem ich ihm dies erzählt hatte. Nicht nachdem er erfahren hatte, was Sai für ein Monster in Wirklichkeit war. Leicht zuckte ich zusammen, als sich plötzlich zwei starke Arme um mich legten und mich an eine starke und zugleich warme Brust drückten. Der Geruch von Nachtlilie stieg mir in die Nase und zusammen mit seiner wohligen Wärme beruhigte mich sein ganz persönlicher Duft. In einem schwachen Moment wie diesen, gestattete ich mir meine Glieder zu entspannen und mein Gesicht leicht in seiner Halsbeuge anzulehnen. Meine Augen schließend ließ ich es zu dass er mich noch enger in seine Umarmung zog und zittrig atmete ich noch einmal seinen berauschenden Duft ein, der mich zu beruhigen wusste. „Du brauchst keine Angst mehr zu haben Sakura.“ Erst jetzt bemerkte ich, dass mir einzelne Tränen meine Wangen hinunter liefen und ich brachte nur ein leichtes nicken zustande, als ich mich näher an ihn anlehnte. Seine Wärme sein Duft hüllten mich ein und mein Herz machte einen aufgeregten Hüpfer, als mir seine Nähe nun richtig bewusst wurde. Beruhigend strich mir Sasuke durch mein Haar und kurz spürte ich seine weichen warmen Lippen an meiner Schläfe, als er mir einen leichten Kuss ins Haar drückte. „Ich werde nicht zulassen, dass dieser Bastard dir noch einmal zu nahe kommt.“ Ich erwiderte nichts darauf. Ließ ihn in den Glauben mich beschützen zu können. Doch wusste ich es besser. Sai schreckte vor nichts zurück und solange ich nicht wusste, warum er hier aufgetaucht war, gab es für mich kein Entkommen. Schon sehr bald würde ich ihm wieder gegenüberstehen. Es war nur eine Frage der Zeit. ------------------------------------- Die Vergangenheit fragt nicht um Erlaubnis, sondern mischt sich einfach immer wieder in die Gegenwart ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)