My love bite on your neck von Fara_ThoRn ================================================================================ Bonus II - Abenteuer deluxe --------------------------- Inzwischen müsstet Ihr mich ja ganz gut kennen und wissen, dass ich 'Was wäre wenn' Storys einfach nicht widerstehen kann. Ich war noch gar nicht richtig fertig mit Love bite, da hatte ich diese fixe Idee im Kopf. Schuld daran war ein verschwommener Traum, doch als ich morgens wach wurde, ließ er mich einfach nicht los. Um was es ging? Um die allseits beliebte Frage meinerseits, was wäre wenn? Wären sich Meilo und Nic überhaupt begegnet, wenn Nic nicht auf diesem Parkplatz angehalten hätte? Diese Frage musste ich mir unbedingt beantworten und ich finde, das sollte ich euch nicht vorenthalten. Trotzdem mag ich die ursprüngliche Fassung lieber, aber entscheidet selbst. ^^ Zum Schluss noch eine kurze Erklärung: Diese kleine Kurzgeschichte beginnt genau dort, wo Niclas nach dem Treffen mit Kilian aus dem Café stürmt. Viel Spaß dabei! Bonus II - Abenteuer deluxe Wütend ringe ich nach Fassung. Das war es jetzt endgültig. Kein Zurück mehr. So schnell kann sich also eine scheinbar glückliche Beziehung in Hass verwandeln. Ich stelle den Karton auf den Beifahrersitz meines Autos, starte den Motor, bleibe aber noch einen Moment in der Parklücke stehen. Meine Hände, die sich ins Lenkrad gekrallt haben, zittern und nur mit größter Mühe kann ich die aufsteigenden Tränen unterdrücken. Heulen wäre jetzt vielleicht gar nicht das Verkehrteste, doch nicht jetzt und nicht hier. Zu groß ist meine Angst, Kilian könnte es mitbekommen. Ich muss erstmal runterfahren, mich beruhigen, bevor ich mich aus der Parklücke schlängeln kann. Einen angefahrenen Wagen kann ich jetzt nicht auch noch gebrauchen. Deshalb atme ich ein paar mal tief ein, schaue in den Rückspiegel, setzte den Blinker und fahre raus. Im Rückspiegel schaue ich noch mal kurz das Café an. Unser Café. Dort haben wir uns vor knapp vier Jahren kennengelernt. Eine gemeinsame Freundin von uns hatte ein Date angeleiert, dem ich mit gemischten Gefühlen zugestimmt hatte. Damals hatte ich in diesem Café gekellnert, weshalb die Wahl des Ortes darauf fiel. Lange arbeitete ich dort allerdings nicht. Das Gehalt war beschissen und die Trinkgelder meist auch. Dennoch sind Kilian und ich auch noch danach oft dort gewesen. Der Erinnerungen wegen. Nie wieder werde ich auch nur einen Fuß in dieses Café hineinsetzten! Nie wieder! Ich fahre aus der Stadt hinaus und gebe ordentlich Gas. Die Landstraße vor mir ist frei und es ist mir egal, dass hier nur hundert Km/h erlaubt sind. Ich will nur so schnell wie möglich, möglichst viele Meter zwischen mir und dem Café bringen. Die Luft in meinem Auto scheint trotzdem immer dicker zu werden. Etwa vierhundert Meter vor mir gibt es einen kleinen Parkplatz, und ich überlege, ob ich dort anhalten soll, überlege es mir dann jedoch anders und kurble das Fenster runter. Das hilft, wenn auch nicht gänzlich. Ich will nur noch nach Hause und diesen furchtbaren Tag vergessen! Endlich Zuhause angekommen, bleibe ich zuerst ratlos in meinem Wagen sitzen. Was mache ich jetzt mit dem ganzen Zeug? Ich starre den Karton an und klaube mir schlussendlich nur die Queenplatte daraus hervor. Um den Rest kümmere ich mich später, wenn ich einigermaßen runtergekommen bin. Wahrscheinlich fliegt alles sofort in die Restmülltonne. Das wird das Beste sein. Mit der Queenplatte unter dem Arm betrete ich mein altes Zuhause. Niedergeschlagen steige ich aus meinen Schuhen und lasse sie einfach neben dem Schuhregal liegen. "Niclas! Und? Hat Kilian dich angefleht, dass du zu ihm zurückkommst?" Plötzlich steht meine Mutter vor mir. Ihr Gesichtsausdruck wechselt von fragend auf mitleidig. Scheiße! Sehe ich so beschissen aus? "Oh Nicilein", flüstert sie und umarmt mich fest. "Wenn er dich nicht mehr will, ist er selbst schuld. Du verdienst ihn gar nicht." Mir wächst ein Klos im Hals und wieder scheint die Luft um mich herum aus dickflüssigen Wackelpudding zu bestehen. "Komm! Ich mach dir einen schönen Schokoladenpudding, ja?" Trotz meinem Befinden muss ich grinsen und nicke schließlich. Vielleicht hilft Schokoladenpudding gegen Wackelpudding in der Luft. In der Küche setze ich mich an den Tisch und lege die Queenplatte neben mir auf einen der Stühle. Mama hantiert derweil am Kühlschrank herum. "Den sollte es zwar als Nachtisch geben, aber du hast ihn gerade nötig." Schon steht ein Schälchen mit Schokopudding vor mir. "Nun erzähl mal. Was ist im Café passiert?" Sie setzt sich mir gegenüber. "Nicht viel", antworte ich. "Kilian hatte noch Zeugs von mir, das er mir geben wollte und mir danach gesteckt, dass er umzieht zu seinem neuen Stecher." Ein großer Löffel Pudding landet in meinem Mund. "Wie bitte?" Mama runzelt die Stirn. "Kilian hat schon wieder jemand neuen?" "Ja", schmatze ich. Ich muss zugeben, der Pudding hilft wirklich gegen die dicke Wackelpudding-Luft. "Ich hoffe, du hast ihm ordentlich die Leviten gelesen!" "Habe ich", sage ich und grinse leicht dabei. "Ihm war das alles unglaublich peinlich, wie ich da so durchs Café gebrüllt habe." "Richtig so!" Auch meine Mutter grinst kurz. "Und wie geht es dir dabei?" Das Grinsen aus meinem Gesicht verschwindet und ich zucke mit den Schultern. "Wie soll es mir schon dabei gehen? Scheiße." "Ach Liebling." Sie tätschelt meine Hand, die neben der Schüssel liegt. "Am besten wäre es, wenn du dich auch in eine Romanze stürzen würdest." "Ja genau", schnaube ich. "Und woher nehmen?" "Es gibt doch so viele nette Jungs da draußen", lacht sie. "Ich will aber keinen netten Jungen. Ich will erstmal gar nichts. Bis auf einen guten Job." Ich lege den Löffel beiseite und schaue meine Mutter entschlossen an. "Ich werde mich ab jetzt vorerst nur noch um mich kümmern." Was bedeutet, dass ich mich nur noch auf mein Programm konzentrieren werde, doch das sage ich ihr nicht. Dann fängt womöglich die alte Leier wieder an, dass ich mir doch lieber erst einmal einen ordentlichen Job suchen soll, und darauf habe ich gerade gar keinen Bock. "Das wäre vielleicht gar keine schlechte Idee", meint meine Mutter. "Du musst erstmal wieder auf die Füße kommen." Ich nicke. "Finde ich auch." Sie klatscht mir zwei Mal fest auf den Handrücken und steht wieder auf, um sich um das Abendessen zu kümmern. "Nicole ist heute nicht zuhause", plaudert sie drauf los. "Sie übernachtet bei einer ihrer Freundinnen." "Schön. Endlich mal Ruhe am Tisch", feixe ich. "Niclas!" Mamas strafender Blick streift mich, was mich breit grinsen lässt. "Hör auf über deine Schwester herzuziehen und hilf mir lieber. Du könntest schon mal den Tisch decken." "Aye aye", sage ich und mache mich ans Werk. So muss ich wenigstens nicht an Kilian denken. Nicht allzu viel jedenfalls. Den Tisch gedeckt, kommt auch schon mein Vater von der Arbeit nach Hause. "Du bist spät Schatz", begrüßt ihn meine Mutter. "Nur eine viertel Stunde", grummelt mein Vater und setzt sich ächzend. "Vor mir ging ein Wagen in Rauch auf." "Ach du liebe Zeit!" Mama schnappt nach Luft und auch ich horche auf. "War nichts Schlimmes. Er konnte auf einem Parkplatz halten. Ich habe Ed drüben Bescheid gesagt, der holt ihn gleich mit dem Schlepper ab." "Wie edelmütig von dir", säuselt Mama und küsst ihn auf die Wange. "Warum hast du ihn nicht abgeschleppt?", will ich von ihm wissen. "Hättest ihn gleich bei Ed abliefern können." Mein Vater sieht mich schräg an. "Du hast meine Abschleppstange, vergessen?" "Oh." Stimmt ja. Die hatte ich mal für Kilian gebraucht, denn dem hatte es letzten Winter den Motor zerfetzt. Wobei wir wieder beim Thema wären. Schnell ein anderes finden! "Ich lege sie dir nachher gleich wieder in den Wagen", verspreche ich ihm. "Das wäre nett", antwortet er mir und beugt sich über den Topf, den meine Mutter gerade auf den Tisch stellt. "Sieht lecker aus", findet er. Das bringt mein liebes Mütterchen zum Glühen. Schon irgendwie niedlich, wenn gleich auch teilweise zu viel für mich momentan. Das Essen verläuft ohne große Zwischenfälle. Meine Eltern unterhalten sich, ich höre nur zu. Ich habe keine große Lust mich in die Unterhaltung mit einzubringen. Kilian geistert mir ständig durch den Kopf, auch wenn ich es gar nicht will. Ich komme einfach nicht gegen an. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mich frage, wie sein Neuer wohl so ist. Sieht er mir ähnlich? Bin ich ihm schon mal über den Weg gelaufen? Kannte Kilian ihn schon, als wir noch zusammen waren? Hat er etwa …? Nicht darüber nachdenken, Nic! Trotzdem … Warum sonst konnte sich Kilian so schnell in diesen Typen verlieben? Oder ist es nur eine Phase, ein Hinwegtrösten über mich? Die berühmte Beziehung nach dem Bruch mit der Alten, die zum Scheitern verurteilt ist? Ich finde eine Antworten darauf, und möchte sie eigentlich auch gar nicht. Dennoch wünschte ich auf der anderen Seite, ich wüsste sie. "Möchtest du noch was?", fragt mich meine Mutter, die schon dabei ist, den Tisch abzuräumen. "Nein. Ich bin satt. Danke." Ich schiebe den Teller von mir und schnappe mir die Queen LP. "Ich bin in meinem Zimmer." Als ich die Küche verlasse, kann ich regelrecht die mitleidigen Blicke meiner Eltern in meinem Rücken spüren. Wie ich das hasse! Das geht schon so, seit ich hier eingezogen bin. Ich will kein Mitleid. Ich will nur meine Ruhe. In meinem Zimmer setze ich mich auf mein Bett und starre vor mich hin. Auf die Füße kommen ... Wenn das so einfach wäre! Kilian hängt mir immer noch nach, mehr als ich mir gegenüber zugeben möchte, und ich kann nichts dagegen tun. Ich muss es endlich schaffen, einen endgültigen Cut zu machen. Nur wie? "Die Sachen im Karton", fällt mir plötzlich ein. Die wollte ich doch in die Restmülltonne kloppen. Eventuell wäre genau das, was ich jetzt brauche. Das sagen sie doch auch immer in diesen Entrümpelung-Shows. Sobald man nutzlose Teile seines alten Lebens weggeworfen hat, fühlt man sich besser. Einen Versuch schadet es sicher nicht. Ich stehe also wieder auf, laufe raus in den Flur, steige erneut in meine Schuhe und schnappe mir im Rausgehen noch schnell die Autoschlüssel. Ich bin voller Elan. Weg mit meinem alten Leben in die Mülltonne! Her mit einem neuen, besseren Leben! Plötzlich kann ich es kaum noch erwarten, den Kram, den Kilian in die Kiste geworfen hat, in die Finger zu bekommen. Und als ich ihn in den Händen halte, mit ihm vor zu den Mülltonnen laufe, habe ich sogar ein ganz gutes Gefühl dabei. Das ändert sich jedoch, als ich sehe, was er mir da zusammengepackt hat. Von einer alten Dose Deo, einer halben Packung Rasierklingen und einem potthässlichen Shirt mal abgesehen, die ich ohne mit der Wimper zu zucken in die Tonne kippe, lässt mich doch eines abermals innerlich zusammensacken. Die kleinen Liebesbriefchen und Post-Its, die ich ihm so oft geschrieben habe. Er hat sie einfach zu dem anderen Schrott in die Kiste gepackt und es mir in die Hände gedrückt! Wie kann man nur so herzlos sein! Fassungslos starre ich die bunten Zettelchen an und traue mich gar nicht sie zu berühren. Ihr Abbild verschwimmt plötzlich vor meinen Augen. Ich heule! Tränen fallen auf die Papierfetzen und mit entkommt ein Schluchzen. Erschrocken darüber halte ich mir die Hand vor den Mund und hoffe, dass mich keiner sieht. Um schnell das Weite zu suchen, vielleicht in einer stillen Ecke vor mich hin zu heulen, dazu fehlt mir die Kraft. Ich kann einfach nur auf die Blätter starren, mir die Hand vor den Mund halten und mich mit der anderen am Karton festklammern, der gegen die Tonne lehnt. "So ein Arsch!", zische ich. "Dieser verdammte Arsch!" Ein Brennen setzt in meiner Brust ein. Wut sammelt sich in meinem Bauch. Es fühlt sich beinahe so an, als würde ein Blitz durch mich hindurch jagen, der bewirkt, dass ich mich wieder bewegen kann. "AHHH!" Ich packe den Karton, kippe die offene Seite, sodass all die kleinen und großen Zettelchen in die Restmülltonne flattern. Aber das ist mir noch nicht genug. Der Karton fliegt, wohin ist mir im Moment total Schnuppe. Es zählt nur noch eins: Diese dämlichen kleinen Zettelchen mit meiner Schrift darauf in Millionen kleine Teilchen zu zerreißen! Ich greife in die Tonne, die schon ganz gut gefüllt ist, und zerreiße und zerrupfe die Papierblätter. Einige fallen daneben und werden vom Wind davongetragen. Sollen sie doch! Weg mit euch! Euch will keiner mehr! Niemals wieder will jemand lesen, was auf euch niedergeschrieben ist! "Scheiße", schluchze ich, als der unerwartete Anfall vorüber ist und stütze mich am Rand der Tonne ab. Mir egal, dass die schmutzig ist. Vorn übergebeugt, die Arme ausgestreckt und den Kopf dazwischen nach unten hängend, atme ich schwer ein und aus. Alle Kraft scheint aus mir gewichen. Ich sammle mich wieder, versuche es zumindest, und kann gerade genug Willenskraft dafür aufbringen, um mich wieder aufrecht hinzustellen, und den Deckel der Mülltonne zu schließen. Einen Anblick ins Innere der Tonne spare ich mir dieses Mal. Es ist endgültig vorbei. Ich weiß, das habe ich schon oft gesagt, aber jetzt ist es wohl amtlicher denn je. Mit wackeligen Beinen drehe ich mich um und halte nach dem Karton Ausschau. Vorn auf dem Bürgersteig sehe ich ihn. Er liegt auf der Seite, sein leerer Innenraum scheint mich zu verhöhnen. Langsamen Schrittes gehe ich auf ihn zu, bücke mich, um ihn aufzuheben und zusammenzufalten, damit er in die Papiertonne passt. Das Ding stellt sich als ziemlich zäh heraus. Am Ende trete ich ihn einfach ein. Hat er nun davon. Ich will ihn gerade wieder aufheben, da sehe ich, wie Ed, unser Nachbar und Mechaniker, mit seinem Abschlepper an mir vorbei braust. Die Bremsen quietschen, als er auf seinen Hof uns gegenüber einbiegt. Hinten an seinem Haken hängt ein weißer Audi. Nettes Geschoss. Der hat sicher einiges gekostet. Das muss der Wagen sein, den mein Vater erwähnt hat. Ich drücke noch ein wenig auf dem ehemaligen Karton herum und schiele unauffällig rüber zu Ed, der nun aussteigt und zum Auto läuft, um es vom Haken zu nehmen. Eine weitere Autotür wird zugeschlagen. Ich schätze, das wird dann der unglückliche Fahrer des Audis sein. Ich versuche noch unauffälliger dem Schauspiel zu folgen. Nicht, dass ich sonst ein neugieriger Geselle bin, aber es interessiert mich, wer so einen Wagen fährt. Nun, der Fahrer überrascht mich dann doch. Er dürfte ungefähr mein Alter haben. Lässige Kleidung trägt er und mit seiner Sonnenbrille will er wohl einen auf cool machen. Ich zucke innerlich mit den Schultern. Wenn es schön macht. Ich latsche zurück zu den Mülltonnen und pfeffere den Karton in die Papiertonne. Jetzt ist alles weg, doch keine Spur davon, dass ich mich besser oder erleichtert fühle. Vielleicht setzt dieses Gefühl erst später ein? Wenn man alles verarbeitet ha... "AHHH!" Rumms! Ich zucke furchtbar zusammen. Jemand hat geschrien, und dieser Jemand war diesmal nicht ich. Automatisch ruckt mein Kopf zur Seite, rüber zur Nachbarschaft. Ed steht zur Salzsäule erstarrt zwischen Abschlepper und dem Audi, der nun nicht mehr am Haken hängt. Da muss irgendwas passiert sein. Ehe ich groß darüber nachdenke, hechte ich auch schon über die Straße auf meinen Nachbarn und guten Freund rüber. "Ed? Alles klar?" Er steht immer noch total erstarrt da. Zudem ist er leichenblass. Vorsichtig berühre ich ihn an der Schulter. "Ed?" "Er ist einfach ... Ich weiß nicht … Is wohl vom Haken gerutscht." Ach du Scheiße! "Hast du dir weh getan?" Ed schüttelt stockend den Kopf. "Sicher?" Ein Nicken. "Was für ein Glück!" Ich atme erleichtert aus. Doch dann fällt mir der Fahrer des Audis ein. Wo ist er? Ein heißes schockähnliches Kribbeln rast durch meine Adern. Ist er etwa ...? "Scheiße! Alles noch dran?" In meinen Augenwinkeln sehe ich eine Bewegung. Der Fahrer! Er kommt aus Eds Werkstatt gerannt. "Jemand verletzt?" Neben uns kommt er zum Stehen und begutachtet Ed besorgt. Dabei zieht er seine Brille aus und hängt sie sich an sein Shirt. "Nein, nein", murmelt Ed in seiner ruhigen Art. "Ich habe mich nur erschrocken." "Was für ein Glück!", spricht der Kerl neben mir. Der hat mir meinen Spruch geklaut! "Setz dich lieber erstmal Ed." "Ja", melde ich mich auch mal zu Wort. "Setz dich. Du bist ganz blass." Das bringt den Autofahrer, dem der geschrotete Audi gehört, auf den Plan. Erst jetzt scheine ich ihm aufzufallen. "Hallo", grinst er mich an. "Hey", hauche ich und blinzle verwirrt. Hat der grüne Augen! Zusammen schaffen wir Ed nach drinnen in die Werkstatt, wo wir ihn auf einen der Gartenstühle setzen. "Bier?", frage ich ihn. Er nickt. "Ein Bier?", fragt der andere. "Ob das so gut ist in seinem Zustand?" "Bier ist bei Ed und Ingo bei jedem Zustand gut", lache ich und reiche Ed eine Flasche. "Auch eine?" Fragend schaue ich den skeptisch dreinblickenden Kerl an. "Warum nicht", meint er schließlich achselzuckend und nimmt mir eine Flasche ab. "Ich bin übrigens Meilo." Er reicht mir seine freie Hand. "Niclas", stelle ich mich ihm vor. Sein Händedruck ist fest. Nicht zu fest, eben genau ... richtig. Ach, ich weiß auch nicht! Ich denke wieder Unsinn. Und wer ist daran schuld? Kilian. Er ist einfach allem schuld. ich schüttle meine wirren Gedanken ab und dann setzen wir uns auf die noch freien Stühle. "Wie ist denn das überhaupt passiert?", fragt Meilo Ed. "Ich weiß nicht genau", antwortet ihm mein Nachbar. "Irgendwie scheint der Haken raus gerutscht zu sein. Ich konnte gerade noch so zurückspringen." "Du hattest wirklich einen Schutzengel", sage ich zu ihm. "Oh ja!" Meilo hebt die Flasche in die Mitte. "Darauf stoßen wir an." Dazu sage ich nicht nein. Wenn Ed was passiert wäre, das mag ich mir gar nicht vorstellen! Ingo wäre ausgerastet. "Ingo verschweigen wir das lieber", sage ich zu Ed. Dieser nickt wieder still. Er macht sich sowieso hin und wieder Sorgen um seinen Liebsten, auch wenn er es nicht zugibt. "Ingo?" Meilo sieht mich fragend an. "Er und Ed sind zusammen", erläutere ich ihm. Ed brummt in seine Bierflasche, was mich zum Grinsen bringt. "Ed hat es nicht so gern, wenn man von seinem Liebsten spricht." "Sei ruhig!", faucht mein schüchterner Nachbar. "Das stimmt doch gar nicht." Meilo lacht. "Ist doch nicht schlimm", winkt er ab. "Ist doch schön, wenn man verliebt und glücklich ist." "Ich glaube, Niclas hat es nicht gern, wenn wir jetzt von glücklichen Beziehungen sprechen", sagt Ed, was eindeutig eine Retourkutsche von ihm wegen meines Spruches eben war. "So?" Meilo wird natürlich sofort hellhörig. "Bin frisch getrennt", murmle nun ich in den Flaschenhals meines Bieres. "Oh Scheiße." Amen. "Trennungen sind furchtbar." Doppel-Amen. Ich zucke mit den Schultern. "Ich versuche es zu überstehen. Eben habe ich den Rest unserer Beziehung in die Mülltonne gekippt." Ich muss an die Zettel denken, verdränge das Bild allerdings schnell wieder. "Früher oder später kommt man darüber hinweg", klugscheißert dieser Meilo doch tatsächlich. "Das hört sich jetzt bestimmt bescheuert an, gerade, wenn dir das jemand sagt, den du nicht kennst, aber ich habe das auch schon durch." "Ja?" Meilo nickt und nippt an seinem Bier. "Wie lange ist das her?" "Lange genug", grinst Meilo. "Bin bereit für neue Abenteuer." Er zwinkert mir zu. Irritiert schaue ich schnell weg. Will der mich etwa anmachen?! "Abenteuer sind wirklich gut, um über zerbrochene Liebschaften hinwegzukommen." Ich starre weiter den Hals meiner Bierflasche an und schaue den kleinen Bläschen im Schaum beim Platzen zu. Sicher guckt dieser Meilo mich immer noch an. Ich kann seinen Blick regelrecht auf mir spüren, und es ist mir unangenehm. Es fühlt sich falsch an. Als wäre ich noch in einer ... "Beziehung", flüstere ich. "Was?", fragt Ed. "Ach nichts", erwidere ich. "Habe bloß laut gedacht." "Ach so. ..." Ed wendet sich wieder Meilo zu und sie beratschlagen sich, was sie mit Meilos Karre machen. Ich höre nur mit einem halben Ohr zu. In meinem Kopf gehen ganz andere Dinge vor, wichtige Dinge. Genauer betrachtet, hat Meilo recht. Sich ablenken ist gut. Sich in ein Abenteuer stürzen, wieso nicht? Das wäre genau das Richtige, um mir ein für alle mal klar zu machen, dass ich wieder Single bin und das Leben mit beiden Händen packen sollte. Das ungute Gefühl, das ich eben hatte, als ich die leise Vermutung hatte, Meilo würde mit mir flirten, ist allein schon genug Grund dazu. Warum mich deshalb schlecht fühlen? Meilo sieht gut aus und laut seiner Aussage bereit für Abenteuer. Und ich, ich bin wieder solo und brauche tatsächlich Ablenkung. Ja, warum eigentlich nicht? "Gut. Gehen wir und schauen uns die Sache genauer an." Plötzlich stehen Ed und Meilo auf. "Wo geht ihr hin?", frage ich sie verwirrt und stehe notgedrungen ebenfalls auf. "Zu meinem Auto", antwortet mir Meilo. "Schadensbegutachtung." "Ach so." Ich Idiot! Hätte ich auch selbst drauf kommen können. Draußen begutachtet Ed den Schaden. "Vom Fall ist nichts weiter kaputt gegangen, bis auf eine kleine Schramme, die ich aber weg bekomme. Unentgeltlich natürlich. Nur der Kühler dürfte jetzt ganz im Eimer sein. Der Riss ist größer geworden", ist Eds Bestandsaufnahme. "Ich telefoniere mal nach einem Neuen herum." "Ist gut", nickt Meilo und schaut grimmig auf seinen Wagen. "Ed bekommt das schon wieder hin. Er ist der beste Schrauber weit und breit." Das Wort Schrauber hört Ed nicht gern. Aber er ist ja nicht mehr in Hörweite. "Daran zweifle ich nicht", sagt Meilo nachdenklich. "Leider bringt das alles meinen kompletten Zeitplan durcheinander." "Musst du dringend wo hin?" Meilo bejaht. "Ich könnte dich fahren", biete ich ihm an, noch bevor ich genau über mein ausgesprochenes Angebot Gedanken machen kann. Ihn fahren! Als ob ich Kohle für Sprit über hätte! "Nein, nein", lacht Meilo und sieht mich an. In meinem Bauch rumort es, als ich in die grünen Augen blicke. Soll ich wirklich …? "Danke, aber ich muss runter nach Stuttgart." "Oh." Bis dahin reicht mein Sprit auf keinen Fall! Und mein derzeitiger Geldbeutelinhalt auch nicht ... "Ich muss erst morgen Abend dort sein. Vielleicht bekommt Ed das bis dahin ja noch hin." Ich nicke abwesend. Bis morgen ... Das bedeutet, er muss irgendwo übernachten ... "Du Meilo? Also falls du wirklich erst wieder morgen ..." "Meilo?" Ed rauscht heran und unterbricht mich. Mist! "Der Kühler kommt erst morgen", berichtet er ihm. "Bis zum Mittag schaffe ich es ihn einzubauen. Ich mach mich gleich daran, den Alten raus zu schaffen, dann müsste das machbar sein." "Danke Ed", sagt Meilo und klopft Ed freundschaftlich auf die Schulter. Ich beiße mir auf die Unterlippe. "Jetzt muss ich nur irgendwo ein Hotelzimmer finden." Mein Stichwort! "Äh ..." "Hotelzimmer? Penn doch bei mir. Ich hab 'ne Schlafcouch." AHHH! "Echt? Das wäre klasse. Danke dir." In mir brodelt es. Ich wollte Meilo doch anbieten, bei mir zu übernachten! Wie soll ich denn jetzt zu meinem Abenteuer kommen? Eigentlich habe ich Ed voll gern, aber gerade würde ich ihm am liebsten an den Hals gehen! "Hol dein Zeug aus dem Auto, dann zeige ich dir schnell alles." "Klar", strahlt Meilo und macht sich an seinem Kofferraum zu schaffen. Derweil funkle ich Ed eingeschnappt an. Er runzelt jedoch bloß die Stirn und trabt auf sein Wohnhaus neben der Werkstatt zu. AHHH! Die Heckklappe des weißen Audis schlägt zu. Bepackt mit einer Tasche kommt Meilo auf mich zu, lächelt mich an und schreitet an mir vorbei. Das war es dann wohl. Die Chance auf ein Abenteuer mit dem heißen Meilo wäre hiermit vertan. So eine Scheiße! Ich atme geräuschvoll aus und schaue den beiden zu, wie sie im Haus verschwinden. Vielleicht ist das ein Zeichen. Vielleicht bin ich noch nicht so weit, und brauche noch etwas Abstand von meiner gescheiterten Beziehung. Oder meine diesjährige Pechsträhne reißt einfach nicht ab. Außerdem, je genauer ich darüber nachdenke, wäre es mir sowieso viel zu peinlich, Meilo mit zu mir zu nehmen. Nachhause, zu Mama und Papa. Wahrscheinlich ist es besser so, dass er bei Ed pennt. Wie auch immer, ich drehe mich um und überquere die Straße. Zeit nach Hause zu gehen, mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren und mich an meinen Laptop zu setzen. Wenigstens das habe ich noch unter Kontrolle. *** Es klingelt. Soll meine Mutter sich darum kümmern, ich habe zu tun. Ich bin voll in meiner Arbeit abgetaucht. Störungen kann ich da überhaupt nicht gebrauchen. Leider scheint heute aber auch wieder alles gegen mich zu sein. Es klopft an meiner Zimmertür. "Niclas?" Ich verdrehe die Augen. Muss das jetzt sein? "Ja?!" "Du hast Besuch." Besuch? Dahin ist meine Konzentration. Wer sollte mich denn besuchen wollen? Dazu noch Abends. Im Moment habe ich nicht viel mit meinen Freunden zu tun. Bis auf Ingo und Ed will ich keinen von denen sehen, da sie alle mehr oder weniger auch mit Kilian befreundet sind. Sie zu sehen brächte unschöne Gedanken und Gefühle hoch, und womöglich würden sie mich bloß wieder über unsere Trennung ausquetschen. Danke, aber was das angeht habe ich wirklich keinen Bedarf. Deshalb stehe ich auch eher skeptisch von meinem kleinen Schreibtisch auf und laufe zur Tür. Und als ich sie öffne, die Überraschung: "Meilo?" "Ich hoffe, ich störe nicht?" "Äh nein! Nein gar nicht. Komm doch rein." Was will der den hier? Leicht betreten gehe ich zur Seite, damit er in mein (scheiße noch eins!) Kinderzimmerchen eintreten kann. Als er an mir vorbeigeht, schiele ich meine Mutter an, die mich anstrahlt, als hätte sie mich soeben unter die Haube bekommen. Geht's noch?! Ohne einen Kommentar schließe ich die Zimmertür wieder und lasse sie einfach draußen vor der Tür stehen. Sie soll sich ja nicht hier rein wagen! Schlimm genug, dass Meilo hier auftaucht und nun doch mitbekommt, dass ich bei Mama und Papa lebe. Innerlich sacke ich in mir zusammen. Auf Abenteuer und Ablenkung kann ich wohl noch lange warten. Jedenfalls so lange, bis ich endlich wieder eine eigene Bleibe und einen Job habe. "Dein Zimmer?", fragt Meilo mich grinsend. Da haben wir es. Er lacht mich aus. "Ja. Seit meiner Geburt. Setzt dich ruhig auf mein Kinderbettchen." Ich deute auf mein altes Jugendbett. Ein zwei mal ein Meter großes Bett aus Kiefernholz. Eine Augenweide aus den Achtzigern. "Da liegen doch keine schmuddeligen Unterwäschekataloge deiner Mutter drunter, oder?" "Falls du welche findest, darfst du sie dir gern anschauen", schieße ich zurück. Meilo lächelt amüsiert und setzt sich anschließend. Neugierig schaut er sich um. "Du wohnst also noch bei deinen Eltern", schlussfolgert er. "Meinen Glückwunsch Columbo. Sie haben den Fall gelöst." Ich lasse mich auf meinen Bürostuhl fallen. "Reibe es mir noch unter die Nase." Ich muss ihn anscheinend grimmiger als gewollt anschauen, denn das Lächeln in seinem Gesicht verschwindet abrupt. "Das war nicht böse gemeint!", japst er. "Ich wollte dich nur aufziehen, um die Stimmung zu lockern und ... Ich weiß auch nicht." Wie ein begossener Pudel sitzt er auf einmal vor mir. Das erhellt mein Gemüt doch wieder ungemein. "Entschuldige. Ed hat mir alles erklärt. Dass du bei deinen Eltern wohnst, weil dich dein Ex rausgeschmissen hast." Er hat was?! "Hat er das?", frage ich lauernd. Ed macht sich heute bei mir extremst unbeliebt. "Ja. Nimm es ihm nicht übel, ich habe ihn quasi dazu genötigt, mir mehr über dich zu erzählen." Mein Herz setzt einen Schlag lang aus. Vielleicht auch zwei, so schwindelig, wie es mir plötzlich wird. "Hast du das?", hauche ich. "Hmhm." Meilo nickt und steht auf. Mein armes Herz braucht all seine Willenskraft, um nicht vor Schock wieder stehen zu bleiben. "Ich wollte gern mehr über dich erfahren." Herzstillstand. Ich räuspere mich und lächle verstört, was mein Herz wieder in Bewegung bringt. "Wolltest du das?" Wieso frage ich ständig so doof? Fuck, was geht hier ab?! "Unbedingt", flüstert Meilo und hockt sich vor mich. "Wieso fragst du mich dann nicht einfach?", will ich von ihm wissen, froh darüber, dass ich erstens wieder einen richtigen Fragesatz herausbekommen habe, und zweitens, dass sich meine Stimme dabei fest und sicher anhört. "Aber das will ich doch jetzt tun. Mich mit dir unterhalten. Ohne Ed. Nur wir beide." Bei dem Satz, nur wir beide, bekomme ich wieder dieses Flattern im Bauch. Das ist nicht gut! Dennoch ziehen sich meine Mundwinkel nach oben und ich antworte: "Dann tun wir das doch." Meilo strahlt mich an. "Aber setzen wir uns dazu lieber ordentlich hin." "Einverstanden", lacht er und steht wieder auf. "Dann erzähl mir mal ein bisschen was von dir." *** Und das tat ich. Ich quatschte mir die ganze Scheiße, die ich in diesem Jahr erlebt hatte, angefangen bei meinen Jobproblemen und meiner Trennung von Kilian, von der Seele. Und das tat total gut. Es war richtig befreiend, sich jemanden anzuvertrauen, der rein gar nichts mit der Sache zu tun hatte. Und nun, nach meiner wasserfallartigen Redeorgie, sitzen wir immer noch in meinem Zimmer. Die Schuhe ausgezogen, hocken wir auf meinem Bett uns im Schneidersitz gegenüber und quatschen inzwischen über Gott und die Welt. "Wie spät ist es eigentlich?", fragt Meilo mich schließlich. "Ähm ..." Ich beuge mich zur Seite, um die Anzeige meines Weckers zu erkennen. "Halb neun schon", stelle ich überrascht fest. "Willst du etwa wieder rüber?" Unsicher schaue ich Meilo an. Ich will nicht, dass er geht. Ich fühle mich richtig wohl in seiner Nähe. Sehr wohl ... "Eigentlich nicht, oder willst du mich los werden?" "Nein!" Ups. Meilo grinst wegen meiner hastigen Antwort. "Ich meine nur, du kannst gern noch bleiben ... Wenn du magst." Mein Herz klopft wie wild. Bitte bleib noch! "Wenn das so ist", grinst er. "Dann bleibe ich gern noch." "Schön!" Ups. Wieder zu hastig geantwortet. Meine Wangen brennen und Meilo grinst noch eine Spur breiter. Er hat ein wirklich einnehmendes Grinsen. Man kommt nicht gegen an und muss gleich selbst anfangen zurück zu lächeln. Das gefällt mir. Der ganze Kerl fängt an, mir richtig zu gefallen. Ich kann das Abenteuer förmlich nach mir rufen hören, und es kommt definitiv aus Meilos Richtung. "Und was machen wir? Wollen wir rüber ins Wohnzimmer gehen, und uns einen Film ansehen?", frage ich ihn. Eigentlich hätte ich gern gefragt, ob er bei mir schlafen möchte, aber das habe ich mich dann doch nicht getraut. Vielleicht erübrigt sich das ja, wenn er nach dem Film zu müde ist, um rüber zu Ed zu gehen. Wo er dann schlafen wird, darüber mag ich erstmal nicht näher nachdenken. In meinem Bett ist zwar nicht viel Platz, aber ... "Nimm es mir nicht übel, aber an einen Film bin ich gerade so gar nicht interessiert", antwortet er. "Oh." Mist! "Hast du einen anderen Vorschlag?" Wir könnten unsere Unterhaltung fortführen, bis wir uns müde hinlegen. Obwohl das nicht ganz meinen Wünschen entspräche ... "Den hätte ich schon", druckst er und beißt sich auf die Unterlippe, ehe er sich zu mir vorbeugt. Umgehend pocht mein Herz schneller. "Nach allem, was du mir den Abend über erzählt hast, finde ich, dass wir dringend etwas gegen deine Herzschmerzen tun sollten." "Ach ja?", krächze ich immer aufgeregter. Meint er etwa das, was ich glaube, das er meint?! "Oh ja", haucht Meilo, kommt mir nochmal ein großes Stück entgegen und legt seine linke Hand in meinen Nacken. Sofort fegt eine kribbelnde Gänsehaut über mich hinweg, und in meinem Schoß zieht es pochend. Will er mich küssen?! Ich versteinere regelrecht, starre geradewegs in Meilos grüne Augen und höre nur noch mein wild schlagendes Herz in meinen Ohren sausen. Anscheinend bemerkt Meilo dies und scheint meinen Zustand komplett misszuverstehen, denn er hält inne und blickt mich unsicher an. "Zu früh?", wispert er mit einem fragenden Tonfall. "Äh ..." Ich weiß nicht, was ich antworten soll. Am liebsten würde ich laut Nein! schreien. Es ist nicht zu früh! Ich will es doch auch! Aber kein Wort entkommt meiner staubtrockenen Kehle. "Verstehe." Meilo lächelt verkniffen und nimmt seine Hand aus meinem Nacken. "Ihr wart lange zusammen. Klar, dass du nicht gleich mit einem dir fast fremden Kerl herumknutschen kannst." Doch! Kann ich! Und was heißt hier überhaupt fremder Kerl? Du bist mir nicht fremd! Schon seit gut zwei Stunden nicht mehr. Leise Seufzend lehnt Meilo sich wieder zurück und versucht ganz offensichtlich seine Enttäuschung über den angeblich ihm verpassten 'Korb' meinerseits zu verbergen. So kann ich das nicht stehen lassen! Meilo will es, ich ebenfalls, also worauf noch warten? Ich handle, noch ehe ich richtig darüber nachdenken kann, stürme nach vorn und überfalle Meilo regelrecht, indem ich ihm meine Lippen aufdrücke. Dieser keucht überrascht auf, allerdings hält seine Überraschung über meine Kussattacke nicht wirklich lange an, denn ich werde nun von ihm gepackt und dichter an den festen, warmen Körper in meinen Armen gezogen. Eine wahre Explosion zündet in mir. Unser Kuss wird immer verlangender, Hände gehen auf Wanderschaft, stehlen sich unter dünnen T-Shirt Stoff. Keine Ahnung, ob wir noch aufrecht sitzen, oder inzwischen liegen. Ich habe das Gefühl zu schweben, klammere mich an diesen unglaublichen Mann, den ich so gut wie gar nicht kenne, aber mir dennoch irgendwie vertraut vorkommt. Mein Herz bricht inzwischen alle Rekorde und Meilos Lippen auf meinen bringen meinen Verstand zum Auseinanderfließen. Einfach unglaublich! So unfassbar unglaub... ... "Nic? Nihiiic?!" Ich schlage die Augen auf. "Ja?!" "Willst du lieber Chips oder Gummibärchen?" "Ähm ... egal." "Oki." Es rumpelt und raschelt, dann kommt Meilo wieder zurück zu mir. Noch leicht schlaftrunken strecke ich meine steifen Muskeln. Ich muss weg genickt sein. "Du warst aber schnell im Bad", gähne ich. "Eigentlich nicht ... Sag mal, hast du eben gepennt? Im Sitzen?", fragt er mich und setzt sich neben mich. "Nicht richtig", erwidere ich. "War nur in Gedanken." So ganz stimmt das auch nicht. Ich war zwar nicht wach, aber richtig geschlafen habe ich auch nicht. Denke ich zumindest. "Du bist mir ja einer", kichert mein Liebling und legt seinen Arm um meine Schultern. "Ist der Film so langweilig?" "Etwas", gestehe ich. "Die Handlung zieht sich irgendwie." "Das hast du gemerkt, als du geschlafen hast?", neckt er mich. "Ja, habe ich", blaffe ich zurück und schnappe mir eine Hand voll Chips. Meilo lacht bloß, legt sich auf die Couch, den Kopf auf meine Schoß und stellt die Schüssel auf seinen Bauch, damit wir beide zugreifen können. Eine Weile lang folgen wir dem Film, oder vielmehr Meilo, denn ich hänge noch meinen eigenen Gedanken nach. Eine komische Art von Traum, die sich da eben in meinem Kopf zusammengebraut hatte. Die Frage, ob Meilo und ich uns jemals getroffen hätten, wäre ich nicht auf den Parkplatz gefahren, beschäftigt mich ja dann und wann immer mal wieder, aber dass dieser Gedanke jemals solche Früchte tragen würde? Verrückt! Aber das Verrückteste daran ist eigentlich, dass die Bilder, die sich in meinem Geist zusammengesponnen haben, für mich doch irgendwie plausibel erscheinen. Und wenn ich auf Meilo nieder blicke, ihn anschaue, wie er da ganz konzentriert dem Geschehen auf dem Bildschirm folgt und stockend Chips futtert, dann weiß ich einfach, dass wir uns so oder so auf die ein oder andere Weise früher oder später über den Weg gelaufen wären. Wir sind schließlich Seelenverwandte und für einander bestimmt. So kitschig es sich auch anhört. Seit ich Meilo kenne und liebe, glaube auch ich an diesen kitschigen Kram. "Alles klar?" Mein Seelenverwandter hat mein Starren bemerkt und sieht mich stirnrunzelnd an. "Hm?" "Ob alles klar bei dir ist, oder wieso guckst du so?" "Bei mir ist alles bestens", grinse ich. "Wirklich?" "Oh ja ..." Blind greife ich mir die Schüssel mit den Chips und stelle sie vor uns auf den Tisch. "Was wird das?", will Meilo wissen. "Wir brauchen Platz", erkläre ich und nutze den von mir geschaffenen Platz auch gleich darauf. Mit meiner Hand öffne ich Meilos Hose und schiebe danach sein Oberteil ein Stück nach oben. "Der Film haut dich wirklich nicht vom Hocker, was?" "Überhaupt nicht." Grinsend schüttle ich den Kopf. "Mein Kopfkino ist viel interessanter." "Ja?" Ich nicke. "Zeigst du es mir?" "Was glaubst du, was ich gerade vorhabe", lache ich und beuge mich hinab, um Meilos nach Chipsgewürz schmeckenden Mund zu verschließen. ****** Hach, die zwei sind einfach zu süß ^^ Vielleicht gibt es ja irgendwann noch ein paar Kurzgeschichten mit den beiden. Es stehen ja noch ein paar Feiertage vor der Tür ;-) Und hier, nachdem es schon einige Zeit online ist, der Hinweis, dass ich zum Valentin einen kleinen OS zu den beiden geschrieben habe: https://ssl.animexx.de/fanfiction/autor/723837/339614/1191415/default/#complete Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)