My love bite on your neck von Fara_ThoRn ================================================================================ Love bite 37 - Missgeschicke (Ohne Adult) ----------------------------------------- Ihr seid sicher alle total gespannt, was mit Nic am Abend los war. *gg* Heute werdet ihr es erfahren! ;D Viel Spaß mit meinem verkaterten Niclas *lach* Eure Fara Love bite 37 - Missgeschicke (Ohne Adult) Oh mein Gott! Was ist denn mit mir los? Auf der linken Seite liegend, hoffentlich in meinem Bett, das Gesicht im Kissen versunken, spüre ich, dass meine Wange sich irgendwie feucht anfühlt. Entweder, ich liege in etwas Nassem, oder ich habe mich selbst vollgesabbert. Beides keine schönen Aussichten. Dazu kommt noch der stechende Schmerz in meinem Kopf und meine Glieder, die sich anfühlen, als hätte einer Beton hineingegossen. Wie komme ich denn bloß in diese missliche und wirklich unschöne Lage? Ich bewege meinen Mund, in dem wohl eine Pelzfarm eröffnet hat, lecke mir über meine trockenen Lippen und schlucke den Fellballen hinunter, doch er weicht nicht von meiner Zunge. Langsam hebe ich den Kopf, was mir meine Kopfschmerzen sehr übel nehmen. Auch mein Nacken ist total verhärtet und knackt laut. "Au", krächze ich. Ich fasse es nicht, aber ich habe einen Kater! Angewidert ziehe ich mein Kissen ein Stück weiter an die Wand ran. Natürlich habe ich es vollgesabbert, aber wenigstens nicht vollgekotzt, was gut hätte sein können, so, wie ich mich im Moment fühle. Ganz, ganz vorsichtig drehe ich mich auf den Rücken, lasse die Augen aber noch geschlossen. Wer weiß, was geschieht, wenn ich sie öffne? Hinterher explodiert mein Hirn noch. Doch ausgerechnet jetzt meldet sich meine Blase. Sie ist übervoll, was nicht verwunderlich ist, nach meinem abendlichen Alkoholexzess, den ich allem Anschein nach hatte. Warum habe ich das eigentlich getan? Und vor allem wo und mit wem? Ich erinnere mich an absolut nichts mehr. So etwas hatte ich noch nie. Ein Blackout. Und das in meinem Alter. Trotz voller Blase, bleibe ich liegen und leide weiter vor mich hin. Bis ich meine Zimmertür leise knarren höre. "Mama?" Scheiße, höre ich mich weinerlich an. Aber bei Mama darf ich das. "Mama, mir geht's schlecht." Sie sagt nichts, sondern kommt auf mich zu, was ich an den leisen Schritten ausmachen kann, die auf dem Fußboden widerhallen. Die Matratze neben mir senkt sich und eine wundervoll kühle Hand legt sich auf meine Stirn. Wie schön ... Ich seufze ein Stück weit erleichtert. Wenn es einem schlecht geht, hilft Mamas Pflege immer noch am besten. Zärtlich streichelt sie meine Stirn, legt ihre Hand dann auf meine Wange, ehe ich ihre Lippen auf meine Stirn fühle. Obwohl es mir immer noch nicht gut geht, muss ich grinsen. "Das hast du ewig nicht mehr gemacht", krächze ich. Ein leises Schmunzeln. "Weißt du noch, wenn ich krank war? Dann hast du das immer gemacht und gesagt, dadurch geht mein Fieber weg." Und es hat geholfen. Ehrlich. Die Hand rutscht tiefer und legt sich auf meine Brust. Ich atme tief ein und entspanne ein wenig. Ich stutze erst, als sich erneut ihre Lippen auf meine Stirn legen, aber nicht kurz, sondern dort verharren und hinab bis zu meiner Schläfe wandern. "Mama?" Was soll denn das? "Schht", macht sie leise, was mich nur noch mehr aus der Bahn wirft. Jetzt muss ich doch die Augen öffnen, um zu erfahren, was denn nur in meine Mutter gefahren ist. Doch als ich das tue, sehe ich ... nichts. Meine Rollläden müssen unten sein. Inzwischen sind die Lippen an meiner Wange angekommen, gefährlich nahe an meinem Mund. Mir bleibt das Herz stehen. "Mama!" Ich weiche erschrocken von ihre weg, vergesse dabei sogar meinen pochenden Schädel. "Was soll das?!" Meine Stimme überschlägt sich. Die Matratze erschaudert. Klettert sie etwa gerade auf mein Bett! "Lass das! Mama! Geh weg!" Das ist ein Albtraum! Ich schlafe noch! Ja, bestimmt! "Wehr dich nicht dagegen, mein Schatz", flüstert eine leise Stimme. In meinem alkoholgetränkten Hirn drehen sich quietschend alle Räder. Das ist Meilo! Kaum gedacht, geht das kleine Lämpchen neben meinem Bett an. Breit grinsend hockt dieser Schuft neben mir und tut so, als könne er kein Wässerchen trüben. Ich schwanke zwischen Ärger und Erleichterung. "Du Idiot!", krakele ich. "Willst du, dass ich einen Herzkasper bekomme?" Zischend fasse ich mir an den Schädel. Hallo Kopfschmerzen. Da seid ihr ja wieder. "Musst du mich so veräppeln?" Meilo lacht sich einen ab. "Ha ha. Selten so gelacht." "Das hast du verdient, mein Freund." Bitte?! "Nach dem Abend gestern, hättest du sogar noch mehr verdient." Äh .. hä? "Du erinnerst dich nicht mehr?" Ich schüttle den Kopf, halte aber gleich wieder zischend inne. Autschi! "Ach je", seufzt Meilo, kickt sich die Schuhe von den Füßen und legt sich neben mich. "Du hast dich in einer Bar zugeschüttet. Klingelt's?" "In einer Bar?" Ich glaube, es dämmert langsam. "Ja. Nachdem wir Kilian und Clem getroffen hatten, sind wir doch noch Bummeln gewesen." "Stimmt! Und danach waren wir in diesem kleinen Laden mit den Süßigkeiten, und dann sind wir nochmal in das Kaufhaus, wo wir unser erstes Date hatten." "Richtig. Und danach ..." "Danach war es draußen schon dunkel und ich wollte noch nicht heim, also habe ich dich dazu überredet, in die kleine Bar am Stadtplatz zu gehen." Die machen irre gute Cocktails. "Und dort hast du dir ordentlich die Kannte gegeben", spricht Meilo die unumstößliche Wahrheit aus. "Mist", fiepse ich. "Das war so nicht geplant gewesen." "Du sagst es. Eigentlich wollte ich den Abend mit dir im ganz in Ruhe und mit dir allein verbringen, aber du musstest dir einen Cocktail nach dem anderen reinziehen." 'Cockta... Cocks! Lass uns nach Bremen fahren!' Oh verflucht! Ich schäme mich ja so! Alles fällt mir wieder ein. "Ich habe mich wie ein kleiner Junge benommen", heule ich. "Hast du." "Oh Gott!" Ich ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. "Das ist mir so peinlich!" Meilo lacht und zieht die Decke wieder runter. "Ich fand's eigentlich ganz lustig." Grimmig starre ich Meilo an. "Aber kannst du mir mal verraten, warum du dich so abgeschossen hast? Du hast dir einen Drink nach dem nächsten rein gekippt. Das machst du doch sonst nichts." Ich will nicht antworten, denn dann schäme ich mich garantiert noch mehr. "Sag es mir Nic. Sonst muss ich die Rollläden hochziehen, und ich warne dich. Die Sonne scheint." "Du bluffst." "Willst du drauf wetten?" Da ich nur wette, wenn ich weiß, dass ich zu 100% gewinne ... "Ich wollte nicht nach Hause", flüstere ich. "Warum nicht?" "Wegen Nicole." Schon irgendwie kindisch, oder? Aber so war es. Ich wollte noch nicht so früh nach Hause, und damit auf Nicole stoßen, die mir Meilo aus meinen Armen entrissen hätte, deswegen habe ich darauf bestanden, noch ein bisschen in dieser Bar rumzuhängen, und da ist es dann irgendwie mit mir durchgegangen. Der erste Drink ging noch, der zweite auch, aber nach dem dritten konnte ich nicht mehr aufhören. Die waren aber auch lecker! Doch wenn ich es mir recht überlege, wird mir von dem Gedanken an die Dinger leicht übel. "Ich wollte spät nach Hause, wenn Nicole schon am schlafen war", gebe ich Meilo gegenüber zu. "Ich hab's übertrieben." "Hast du. Und falls es dich tröstet, Nicole und ich haben einen schönen Vormittag miteinander verbracht." Habe ich richtig verstanden? Vormittag?! "Wie spät ist es?", möchte ich panisch wissen. "Halb zwölf. In spätestens einer Stunde muss ich los." "Oh Gott!!!" Kann es denn noch schlimmer kommen?! Es kann. Meilo hat mich dazu überredet, mich aus dem Bett zu quälen. Nach einem Besuch im Bad und einer Katzenwäsche, hocke ich nun am Küchentisch. Mama hat schon reichlich gedeckt und der Duft nach Essen treibt mir die Galle hoch. Mir geht es so mies, dass ich noch nicht mal meiner Schwester böse Blicke entgegenschleudern kann, die gerade im Begriff ist, sich an Meilo festzukrallen. Unaufhörlich packt sie ihn an, quasselt ihn voll und tut so, als könnte sie flirten. Ich muss gleich wirklich kotzen! "Das war so toll! Meine Freundinnen sind richtig ausgeflippt und ich musste mich so zusammenreißen, ihnen nicht zu sagen, dass wir uns kennen. Aber ich hab's dir ja versprochen. Ich verrate keinem was." "Das freut mich." Meilo strahlt meine Schwester erfreut an. "Niclas? Möchtest du einen Happen?" Meine Mutter wedelt mit dem Soßenlöffel vor mir herum. "Bloß nicht", würge ich. "Du bist ganz schön grau im Gesicht Niclas. Das kommt davon, wenn man zu viel säuft." Danke, du verräterische, sich an Meilo zeckende, Schwester. "Alles in Maßen, sagt Mama doch immer." "Genau Schatz. Und von Alkohol lassen wir aber trotzdem schön die Finger. Du siehst ja, was dabei raus kommt." Alle lachen. Sogar Meilo grinst. "Verräter", knurre ich. Er legt den Kopf schief und greift nach meiner Hand, die ich ihm allerdings entziehe. Strafe muss sein. Dafür klammert sich Nicoles Hand in Meilos Unterarm. Was zu viel ist, ist zu viel. "Ich geh pennen." Ich muss hier weg. Meine Zimmertür knallt hinter mir laut zu. Lange bleibt sie jedoch nicht geschlossen. Meilo ist mir gefolgt. Ich wusste es. Er lässt mich nicht einfach so abhauen. Er hält eben doch zu mir. Ich falle in mein Bett, wickle mich in meine Bettdecke und drücke das Gesicht ins Kissen. "Ach Sweetheart", säuselt Meilo und setzt sich neben mich. "Wir veralbern dich doch nur. Das ist nicht böse gemeint." "Ich weiß", nuschle ich. "Hm wenn das so ist. … Es geht wieder um deine Schwester, richtig?" Getroffen, mein Schatz. Sanft kraulen seine Finger durch mein Haar. Eine Wohltat für meinen Kater. "Ich fasse es nicht, dass du immer noch eifersüchtig auf sie bist." "Was?" Die Decke fliegt. "Ich bin nicht eifersüchtig!" "Nicht?" "Nein! Ich bin nur angepisst, weil ich hier liege, und halb am Verenden bin, während sie mit dir Zeit verbringen kann! ... Aua!" Ich greife mir an die Stirn. "Scheiß Kater!" "Da bist du selbst dran Schuld", tadelt mich Meilo. "Hättest du nicht so viele Cocktails vertilgt, hätten wir heute Vormittag noch was unternehmen können. Und was wir gestern Abend noch alle miteinander hätten machen können …" Er seufzt wehmütig. "Tritt noch in die Wunde." Meilo legt sich schmunzelnd neben mich und nimmt mich in den Arm. Sehr tröstlich. "Ich weiß doch selbst, dass ich Mist gebaut habe", murmle ich gegen seine Schulter. "Du bist extra mit zu mir gefahren, und ich habe alles vermasselt." "Hast du nicht." "Habe ich doch!" Wieder fasse ich mir an den Kopf. Wenn der doch nur nicht so hämmern würde! Aber mit kommt eine Idee. Noch ist nicht alles verloren und noch haben wir ein wenig Zeit! Ich löse mich von Meilo und drücke ihn an der Schulter nach unten, bis er auf dem Rücken liegt. "Nic? Was hast du vor?" "Dich entschädigen", antworte ich und knie mich über Meilos Beine. "Das musst du nicht. Dir geht es nicht gut." Er versucht meine Hände, die sich an seiner Hose zu schaffen machen, zu fassen, aber ich bin zu allem entschlossen. "Mir geht es schon besser", lüge ich. "Und ich will dich wenigstens noch ein mal in meinem Bett vernaschen!" Jawohl! Seit unserer ersten Nacht, hatte ich ihn nicht mehr in meinem Bett. Und dass ist beinahe schon beängstigend, wenn man bedenkt, wie oft wir schon ... Ihr wisst schon. "Wehe, du kotzt." Empört halte ich inne. "Geht's vielleicht noch romantischer?" Mein Witzbold von einem Freund lacht, und ich mache mich wieder an die Arbeit. * Immer noch über Meilos Schoß gebeugt, lasse ich ihn erstmal runterkommen. "Oh Sweety", haucht er. "Du bist einfa..." "Meilo?! Wann fährst d... AHHH!" Hinter mir bricht die Hölle los. Nicole! Was hat die hier verloren?! Ich bin so erschrocken, dass ich mich der Länge nach auf Meilo werfe, damit meine Schwester ja nichts von Meilo zu sehen bekommt, und ihr dann sauer den Kopf zudrehe. "RAUS HIER!", schreie ich sie an. "RAUS!" "Äh ... äh ..." "MACH SCHON!" Ihr Mund klappt zu und dann kommt endlich Bewegung in sie. "Tut mir leid", wimmert Nicole und verkrümelt sich zum Glück wieder. Wie gut, dass die Rollos noch unten waren! "Shit", zischt Meilo. "Sie hat bestimmt nichts gesehen", beruhige ich ihn. "Ich habe ihr die Sicht versperrt." "Trotzdem ..." Ich schaue Meilo an, der sich die Hände vors Gesicht hält. Das ihm mal was peinlich ist, geschieht eher selten. Das letzte Mal war, glaube ich, auf den Weg zu dieser Sommerrodelbahn, wo ich es ihm im Auto besorgt habe. "Wir können froh sein, dass sie nicht ein, zwei Minuten früher aufgekreuzt ist", grinse ich. "Hmmm ..." Meilo findet das nicht so lustig wie ich. "Ach Schatz. Komm schon. Ist doch halb so wild." Ich ziehe ihm sanft die Hände vom Gesicht. "Ich falte Nicole gleich zusammen." "Das macht es auch nicht besser. Sie hat uns gesehen!" Er schämt sich tatsächlich! "Viel konnte sie nicht sehen", raune ich ihm zu. "Klein Meilo war sicher behütet in meinem Mund versteckt." Jetzt nicht lachen Niclas! Ich beiße mir auf die Unterlippe, was zwar gegen das aufkeimende Lachen hilft, allerdings nicht gegen meine zuckenden Mundwinkel. Wenn ich jetzt fies wäre, würde ich gar behaupten, ich freue mich darüber, dass Nicole uns erwischt hat. Nun weiß sie, dass Meilo ganz mir gehört. Ist das fies, dass ich mich deshalb ein klitzekleines bisschen freue? "Oh Mann, Nic!", seufzt Meilo. "Das kann auch nur wieder uns passieren." Er kann nicht anders, und fängt selbst an zu lachen. "Wieso? Bisher sind wir doch nicht erwischt worden." Man denke nur an die Umkleide, den See und an meinem Geburtstag bei Niko und Lars. "Das zwar nicht", kichert er und wischt mir eine Strähne von der Stirn "aber es ist irgendwie doch wieder typisch für uns." Ich lege den Kopf schief, erwidere jedoch nichts darauf. Wenn er eben meint, es sei typisch für uns, dann soll er das eben glauben. "Ich denke, ich fahre jetzt besser. Bevor noch schlimmeres passiert." Unbarmherzig schiebt mich Meilo von sich und steht auf. "Egal was passiert, ich beschütze dich", verkünde ich ihm feierlich. "Das weiß ich, aber ich muss trotzdem langsam mal los." Bedauernd sieht er mich an und knöpft sich seine Hose zu. "Ich hasse Keith", knurre ich und presse mein Gesicht ins Kopfkissen. Es duftet nach Meilo. "Lass das nicht Nicole hören." "Das kann sie ruhig hören." Ich glaube, das weiß sie sogar. "Wenn es ihn nicht gäbe, müsstest du jetzt nicht gehen." Ich höre mich an, wie ein trotziges Kind, aber das ist mir vollkommen egal. Mein Kater kehrt mir voller Macht zurück und die schlechte Nachricht, dass mein Liebster nun geht, hat ihn nur noch mehr aufgepeitscht. Mir geht es zum Kotzen! "Hey Sweety." Die Matratze senkt sich. Zärtlich legen sich warme, kraulende Finger in meinen Nacken, die mein Katerchen zu besänftigen versuchen. Es klappt nur bedingt. Störrischer, alter Kater. "Wir sehen uns in zwei Wochen wieder." "Ja", nuschle ich ins Kopfkissen. "Aber auch nur, wenn Gerd dir nicht wieder Termine aufdrückt." "Falls er das tut, streike ich." "Als ob du das so einfach könntest." Ich werde immer niedergeschlagener. Meilos Hand reibt inzwischen über meinen gesamten Rücken. Ich entspanne etwas, aber meine Laune hebt das nicht. "Ich brauche diese Auszeit, und das weiß Gerd." Ich hebe meinen Kopf an und drehe mich umständlich zu Meilo. Er guckt gedankenverloren auf einen unsichtbaren Punkt an meiner Wand. "Was heißt das?", will ich wissen. Meilo reagiert nicht. "Meilo! Was hat das zu bedeuten, Gerd weiß es?" Endlich schenkt er mir wieder Beachtung und lächelt mich leicht an. "Nur, dass ich ihm gesagt habe, dass ich dieses Tempo nicht mehr lange durchhalte. Er muss mir geglaubt haben, sonst hätte er mir heute Morgen nicht das Okay für den kleinen Urlaub gegeben." "Du hast ihn gefragt?" Ich rolle mich auf die Seite und setze mich auf. "Wirklich?" "Habe ich", nickt er. "Ich wollte alles in trockenen Tüchern haben. Die Fahrt ist lange und ich will unter keinen Umständen, dass du sie umsonst antrittst." "Oh Meilo! Das sind wirklich gute Neuigkeiten!" Ich falle ihm um den Hals und fühle mich auf der Stelle wieder besser. Nicht nur, weil ich mich freue, Meilo für ein paar Tage nur für mich zu haben, sondern auch, weil ich weiß, dass mein Schatz diese kleine Auszeit wirklich braucht. Und ich werde alles dafür tun, das er sich in diesen paar Tagen vollkommen entspannen kann. Das schwöre ich! Lachend erwidert er meine Umarmung und tupft mir einen Kuss auf die Nase. "Kümmere dich schon mal um ein Zugticked. Ich warte dann am Bahnhof auf dich." Mein Herz hüpft vor Freude und schlägt wilde Saltos. "Ich muss erst KP fragen, aber ich denke, das geht klar." "Super!" Weitere Küsse folgen, dann muss mein Herzblatt leider aufbrechen. Draußen, vor seinem Auto, verabschiede ich mich von ihm. "Bis in zwei Wochen", flüstert er mir zu. "Auf jeden Fall." Komme was wolle! Ich werde zu ihm fahren! "Äh Meilo?" Nicole steht plötzlich neben uns. Mit der habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen, fällt mir dabei ein. "Darf ich dir auch noch tschüs sagen?" Kleinlaut steht sie da, knetet ihre Hände und hat rosig-rote Wangen vor lauter Scham. Geschieht ihr recht! "Klar darfst du das", grinst Meilo, lässt mich los und umarmt mein peinlich berührtes Schwesterlein. "Tut mir leid wegen vorhin", höre ich sie leise zu Meilo sagen. "Schon gut. Das nächste mal klopfst du an, ja?" Sie nickt eifrig. "Wehe wenn nicht", knurre ich. "Dann setzt es was." Aber so was von! Meilo schenkt mir ein nicht wirklich ernst gemeintes Augenrollen, küsst mich noch einmal zum Abschied und steigt dann ein. "Bis dann Sweety", ruft er mir noch zu, hupt, und düst davon. "Ich zähle die Sekunden", sage ich zu mir selbst, aber natürlich hat Nicole das mitbekommen. "Guck nicht so! Ich darf das sagen." "Seit wann stehst du auf kitschiges Liebesgedöhnse?", fragt sie mich, starrt aber immer noch hinter Meilos Auto her. "Seit ich den richtigen Mann dafür gefunden habe", antworte ich ihr, drehe mich um, und lasse sie im Hof stehen. Ich will jetzt alleine sein. *** Okay ... Das haut nicht hin. Da muss ein Fehler sein. Aber wo? Ich scrolle ganz bis nach oben, wo ich heute Morgen angefangen habe, und gehe jede Zeile, jeden Buchstaben und jedes Zeichen noch einmal durch. Dabei vergleiche ich alles mit meinen Notizen und schaue zur Sicherheit noch ein paar Mal in meinem schlauen Buch nach. "Ah! Da bist du ja!" Ich habe nur zwei Buchstaben vertauscht. Jetzt müsste es funktionieren. Hach, programmieren macht Spaß! Samstag Morgen. Ich habe frei, draußen fällt der erste, bescheuerte Schnee und ich darf im gemütlich warmen Zimmer hocken. Das Leben kann ja so schön sein. Besonders, weil es nur noch eine Woche dauert, bis ich Meilo wiedersehe. Das Zugticket ist gekauft (für eine unverschämt hohe Summe, finde ich), wo ich überall umsteigen muss, ist genaustens notiert, und von KP habe ich frei bekommen. Himmlisch! Wären jetzt draußen noch sommerliche 30 Grad, wäre alles beinahe perfekt. Fröhlich pfeife ich vor mich hin, ganz vertieft in meine Arbeit. Das habe ich lange nicht mehr gemacht. Im Weinkeller habe ich ordentlich vorgearbeitet, habe Clem ein paar Stunden abgenommen, damit er für mich nächstes Wochenende einspringen kann. Deshalb genieße ich das hier gerade so sehr, dass "Niclas?" "Hä?!" Mein Kopf fliegt zu meiner Zimmertür. Nicole steht dort und glotzt mich an. "Du sollst essen kommen." "Oh. Okay. Bin gleich da." Nur noch die Zeile, dann ... "Sag mal, das ist doch ein Song von Keith, den du da singst, oder?" "Was?" "Na die Melodie, die du da pfeifst. Hört sich wie Raindrop an." Ich stutze. "Tut es das?" "Ja." "Keine Ahnung." Ich zucke mit den Schultern. "Hab die Melodie einfach im Kopf." Nicole grinst breit. "Dir gefällt Keiths Musik." "Nein! Ich pfeife den Song sicher nur, weil du ihn ständig laufen lässt." Dämliche Ohrwurmmusik! "Den habe ich schon ewig nicht mehr gehört", lacht sie. "Du machst mir nichts vor. Du hörst heimlich Keith Kandyce!" "Tue ich nicht!", wehre ich mich. "Und jetzt geh essen, damit ich das hier noch schnell fertig machen kann." Sie lacht überheblich, dampft aber zum Glück ab. "Ich und Keith Kandyce hören", knurre ich. "Pah!" Dass das gar nicht mal so unwahr ist, verrate ich ihr nicht. Manchmal suche ich tatsächlich im Internet nach ihm, aber nur, weil ich wissen will, was es Neues von Meilo gibt. Nicht, dass er es mir nicht abends erzählen würde, aber ich weiß ganz gern, was er alles für Termine hat. Ich möchte ja nicht, dass er zu viel Arbeitet und unter irgendwelchen gesundheitlichen Problemen dadurch leidet. Bestimmt habe ich diesen Song dabei gehört. Auf den ganzen Fanwebsides trällern ja ständig Lieder von ihm. Nichtsdestotrotz speichere ich meine Arbeit schnell ab und trete zum Essen an. Mein Vater ist heute auch anwesend, Samstag muss er ja nicht arbeiten, weshalb das Mittagessen viel gesitteter zugeht. Damit fertig, hocke ich mich gleich wieder an den Schreibtisch. Eine gute Arbeitsphase sollte man ausnutzen. Ich sitze keine halbe Stunde, bin wieder total vertieft in meiner Arbeit, da trappelt schon wieder Nicole durch meine Tür. "Hier", sagt sie und legt mir eine CD auf den Tisch. "Mit besten Dank zurück." Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass es Meilos Demo-CD ist. "Hast du Meilo gefragt?" "Habe ich und ich durfte sie mir brennen." "Gut. Dann brauchst du meine nicht mehr." Schnell wegstecken. Nicole hat sie mir die ganze Woche über ständig gemopst. "Ich habe aber noch was für dich", verkündet sie. "Und bevor du herummeckerst, ich habe Meilo gefragt, ob ich dir Kopien geben darf." Ein USB-Stick landet auf meinem Schreibtisch. "Sind das Keith Kandyce Songs?" "Auch", bestätigt sie mir. "Und was will ich damit?" "Sie dir anhören", kichert Nicole und verlässt mein Zimmer wieder. "Sie mir anhören? Wo bin ich denn? Tse!" Ich schiebe den Stick ins hinterste Eck meines Schreibtisches und programmiere weiter. ... Jedenfalls würde ich das gern, denn aus irgendeinen mit unbekannten Grund, kann ich mich nicht mehr konzentrieren, sondern starre die ganze Zeit über diesen vermaledeiten Stick an. "Verflucht!" Jetzt bin ich neugierig! Ich schließe alle Fenster, schnappe mir den Stick und stecke ihn ein. Vorsichtshalber, ich will ja nicht, dass Nicole mich erwischt und dabei in widerlicher Schadenfreude badet, schließe ich meine Tür ab. Inzwischen hat sich auch der USB-Stick auf meinem Bildschirm bemerkbar gemacht, und wartet darauf, von mir in Augenschein genommen zu werden. Dann wollen wir doch mal sehen, was Nicole mir alles da drauf gemacht hat, von dem sie glaubt, das es mir gefallen könnte. Drei Ordner befinden sich auf dem Stick. Ganz profan beschriftet mit Bilder, Musik und im Letzten scheinen Videos zu sein. "Na schön", sage ich zu mir selbst. "Zuerst die Bilder." Als ich ihn öffne, trifft mich allerdings fast der Schlag. Der Ordner ist nochmal unterteilt in Livebilder, Promobilder, Sonsiges, Twitter und Zeitungsausschnitte. Jetzt ist es amtlich! "Meine Schwester hat 'nen Knall!" Wer mit klarem Verstand sammelt denn all den Kram und sortiert ihn auch noch so agribisch?!* Ich bin schon kurz davor, den Stick wieder rauszuziehen, klicke dann doch auf den ersten Ordner. Livebilder. "Ich brech ab", stöhne ich. "Das gibt's nicht. Das ist ... komplett verrückt!" Auch hier Ordner. Beschriftet mit Datum vom Konzert, wo es war und was sonst noch alles Das wird mir jetzt zu blöd! Ich gehe zurück. Promobilder! Gehen wir die mal an. Doch hier das selbe Spiel. Ich scrolle bis ganz nach unten und öffne den Ordner mit dem spätesten Datum. Ganze fünf Bilder sind darin. Darauf zu sehen Meilos Alter Ego, wie es vor einer Industrieruine in Pose steht. Eindeutig die Location eines der Musikvideos, das dort gedreht wurde. Interessiert mich nicht. Meilo geschminkt und in bunte Fummel gesteckt brauche ich ganz sicher nicht. Einzig die Twitterbilder von ihm lassen mich schmunzeln. Meilo blödelt vor der Kamera, immer als Keith natürlich, aber in seinen Augen erkenne ich seinen unverwechselbaren schelmischen Blick. Diese Bilder gefallen mir ausnahmsweise, und werden umgehend auf meine Festplatte kopiert. Dabei frage ich mich, warum er mir nie solche Bilder schickt. Vielleicht sollte ich mal öfter auf Twitter mein Unwesen treiben ... Als nächstes sind die Songs dran. Ich höre mal rein, aber den Nerv, sie mir genauer anzuhören, habe ich nicht. Auch auf die Videos werfe ich nur flüchtige Blicke. Wenn ich Keith so über die Bühne spazieren sehe, werde ich ganz wehmütig. Das kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Dennoch kommen die Songs mal auf meinem Mp3-Player. Heute Abend will ich noch joggen gehen. Vielleicht höre ich sie mir da mal an. Vor dem Abendessen besuche diesmal ich meine Schwester. "Hier. Mit bestem Dank zurück", grinse ich, und gebe ihr den Stick wieder. "Du hast dir schon alles angesehen?", fragt sie mich erstaunt. "Nicht alles", gebe ich zu. "Ist nicht mein Ding." Nicole guckt mich verstört an, schüttelt den Kopf und dreht den Stick in ihrer Hand. "Du kennst ihn gar nicht richtig", murmelt sie. Ich glaube, jetzt schlägt es dreizehn! "ICH kenne ich nicht richtig?" Meine Stimme überschlägt sich fast. "Ich soll meine Freund nicht richtig kennen?!" Wenn ihn hier jemand nicht richtig kennt, dann ja wohl sie. "Ich meine nicht Meilo", blafft sie zurück. "Sonder Keith!" "Was? Wieso soll ich ihn richtig kennen müssen?" "Weil Keith ein Teil von Meilo ist. Ein wichtiger Teil. Willst du nicht wissen, wie dieser Teil von ihm ist? Wer Keith ist?" "Wozu muss ich das wissen? Keith ist bald gestorben. Auf nimmer Wiedersehen in der Versenkung verschwunde..." Oh, oh. Ich schlucke hart. Scheiße! In Zeitlupe entgleisen Nicoles Gesichtszüge. "Was hast du da gesagt?", krächzt sie. "Was ist mit Keith?" Verdammt, verdammt, verdammt! Ich hab's verraten! Ich atme tief ein und versuche meine Stimme ruhig klingen zu lassen. "Hör mal Nicole, es ist noch nicht öffentlich gemacht, aber Meilos Vertrag endet am Jahresende und dann ... dann wird es keinen Keith Kandyce mehr geben." Es wird still. Ich schwöre, Nicoles Atmung setzt ein paar Sekunden lang aus. Man könnte Grillen zirpen hören, wären denn welche da. Die Ruhe vor dem Sturm. "Aber er geht dir ja nicht verloren", versuche ich das Unvermeidliche abzuwenden. "Meilo ist ab jetzt ein Teil unserer Familie und ..." "AHHHHH!!!" Ich habe es befürchtet. Nicole rastet aus. "DU LÜGST! KEITH HÖRT NICHT AUF! DAS IST EINE LÜGE!!!" Sie steht auf und pfeffert mir den USB-Stick um die Ohren. Er trifft mich zum Glück nicht, aber meine Schwester wütet weiter und kommt mit wutverzerrten Gesicht auf mich zu. "Nicole! Beruhige dich doch! Meilo macht doch weiterhin Musik, und ..." "AHHHH!!!" "Nicole!" Mama eilt zu uns, Papa im Schlepptau. "Was ist denn um Himmels Willen hier los?" "RAUS HIER!", keift Nicole. Erste Tränen rinnen an ihren Wangen runter. "RAUS!!!" Ich dränge meine Mutter rückwärts durch die Tür. Wir kommen noch gerade so raus, als Nicole die Tür vor unserer Nase zuschmeißt und abschließt. Es wird ruhig, doch man kann Nicole weinen hören. "Niclas Ittninger! Was hast du nun wieder angestellt?" Mama guckt mich böse an. Als ich hilfesuchend Papa anschaue, der hinter ihr steht, zuckt er bloß mit einer Augenbraue. Löffle das selbst aus, Junge. "Mir ist herausgerutscht, dass Meilo Keith an den Nagel hängt", plätschert es aus mir, während ich wieder die Tür anstarre, an dem das geklebte Keith-Poster hängt, das ich unlängst zerrissen hatte. "Was? Wie konntest du das tun?!" "Ich habe doch gesagt, es ist mir herausgerutscht!" "Ach Niclas! Konntest du nicht aufpassen was du sagst?" Wie bitte? "Du predigst mir doch immer, ich solle ihr die Wahrheit sagen! Jetzt habe ich es, und es ist auch wieder nicht recht." "In dem Fall wäre es aber besser gewesen, Meilo hätte ihr das selbst gesagt. ... Jetzt haben wir den Salat." Meine Mutter macht Anstalten, zurück zu Nicole zu gehen, doch ich halte sie auf. "Lass sie. Sie wird jetzt sowieso nicht auf dich hören." Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie schon bald mit Meilo reden wird. "Na gut", gibt meine Mutter nach. "Dann mache ich das Abendessen fertig. Danach sehen wir weiter." "Gute Idee. Und ich werde dir helfen." "Du?" "Ja. Irgendwas muss ich ja tun, bis Nicole wieder ansprechbar ist." Mama seufzt und tätschelt mir den Arm. Ja, tröste mich bitte, denn ob ich will oder nicht, ich fühle mich ganz schön mies. Das hätte mir wirklich nicht herausrutschen dürfen. Ich Volltrottel! *** Nicole kam nicht zum Abendessen raus, was mich auch nicht gewundert hat. Papa war deswegen allerdings stinkesauer, nicht auf mich, sondern auf Nicole, die sich strickt weigerte, ihre Zimmertür aufzusperren. "Alles nur wegen diesem Hippie!", hat er vor sich hingebrummelt, ehe er ihr ihren Willen gelassen hat. Das dieser 'Hippie' mein Freund, und damit sein 'Schwiegersohn' ist, erschien ihm wohl nebensächlich. Ich jedenfalls wollte mir die miese Stimmung im Haus nicht weiter antun. Erstens, weil ich sie eh nicht ändern kann, zweitens, weil ich einen freien Kopf dringend nötig hatte. Deswegen zog ich mich um, stöpselte mir meinen Mp3-Player in die Ohren, und joggte durch die Dunkelheit. Der Schnee war zu meinem Glück schon wieder geschmolzen. Dafür gab es aber eine Menge Schmelzwasser, das mir die Füße und Waden aufweichte, aber das war mir relativ egal. Ich lief stur meine Lieblingsstrecke, die mich hinauf auf einen gut ausgeleuchteten Weg neben einem kleinen Waldstück entlang führte. Dabei dachte ich nach, über diese ganze Keith Kandyce Scheiße, über Nicole, und warum es sie so aufregt, dass Meilo damit Schluss macht. Er geht ihr ja nicht verloren. Im Gegenteil. Würde ich nicht mit ihm zusammen sein, hätte sie gar nichts mehr von ihm, es sei denn, ihr würde ein Licht aufgehen, wenn sie eines Tages einmal Meilos neue Songs hören würde. So hat sie aber beides. Warum also so einen Aufstand? Während ich die Songs von Keith hörte, die ich mir von Nicoles Stick auf den Player gezogen hatte, dachte ich über all das nach, kam aber zu keinem Ergebnis. Ich werde mit ihr reden müssen, wenn ich Klarheit haben möchte. Und das möchte ich, auch jetzt noch, wo ich wieder zuhause bin, mich geduscht und umgezogen habe. Ich will wissen, was hinter dem Ganzen steckt. Ich will wissen, warum sie so vernarrt in Keith ist, so erschüttert darüber, dass er aufhört, obwohl sie ihn doch persönlich kennt. 'Ihn kennen ...' "Du kennst ihn gar nicht richtig", hat sie zu mir gesagt. Ich würde Keith nicht kennen, womit sie recht hat, aber was spielt das für eine Rolle? Für Nicole wohl eine große, sonst hätte sie es nicht gesagt. Das zu wissen heißt aber nicht, dass ich dahinter komme, wie genau sie es gemeint hat. Es hilft nichts, ich muss mit ihr reden. Hoffentlich hat sich sich wieder etwas beruhigt. Bevor ich aber mein Zimmer verlassen kann, klingelt mein Handy Sturm. Meilos Klingelton. "Hey Schatz", melde ich mich und setze mich aufs Bett. /Hey Sweety./ Da hört sich aber jemand ernst an. "Du weißt es schon, oder? Nicole hat mir dir geredet", schließe ich aus seinem Tonfall. /Ja/, antwortet er schlicht. /Du solltes mit deiner Schwester reden./ "Glaub es oder nicht, das hatte ich gerade vor. Ich wollte ihr nur etwas ... Luft lassen, nachdem sie sich so aufgeregt hat." /Nett von dir./ Bin ich auch der Meinung. Doch was viel, viel wichtiger ist "Bist du jetzt auch sauer auf mich?" Nervenaufreibende Sekunden vergehen, bis er mir endlich ein /Nein/ ins Ohr haucht. /Was passiert ist, ist passiert./ Erleichterung! "Ich wollte es nicht! Es ist mir einfach herausgerutscht." Irgendwie wiederhole ich mich heute ständig. /Das glaube ich dir, aber Nicole geht es trotzdem schlecht deswegen./ "Konntest du sie wenigstens ein wenig aufmuntern?" /Etwas, aber nicht viel. ... Für sie ist eine Welt zusammengebrochen, und das wird nicht nur ihr so gehen./ Meilo hört sich nicht gut an. So als ob er ... "Du willst doch jetzt nicht sagen, dass du doch nicht aufhören willst?", platzt es aus mir raus, und schon wieder würde ich die Worte am liebsten wieder in meinen Mund zurückzwingen. Heute rede ich, bevor ich denke. Es ist zum Mäuse melken! /Will ich nicht/, schmunzelt mein Schatz leise. Und nochmal: Erleichterung! /Mir ist nur bewusst geworden, was das für all meine Fans bedeutet. Sie werden am Boden zerstört sein./ "Das legt sich auch wieder." /Hm. ... Damals, bei dieser einen Band, da haben sich nach ihrer Auflösung sogar ein paar Fans das Le.../ "War das was ganz anderes!", unterbreche ich ihn rüde. Er soll noch nicht mal an sowas denken! "Du bist nicht verantwortlich dafür, wenn labile Teenager am Rad drehen!" Er seufzt laut in den Telefonhörer. /Ich weiß. Trotzdem nimmt es mich mit. Wenn deine Schwester schon so traurig deswegen ist, dass ich aufhöre, wie werden dann erst die anderen darauf reagieren?/ Nun ist es an mir zu seufzen. "Was soll ich dir sagen?" Ja, was? "Du kannst es nicht ändern. ... Aber vielleicht kann dein Management sich was überlegen?" /Und was?/ "Na ja, einen guten Grund, weshalb du nicht mehr singen wirst." /Hm ... Vielleicht. Mal sehen./ Meilo hört sich immer noch niedergeschlagen an. Wenn ich doch nur etwas für ihn tun könnte! "Wir sehen uns nächste Woche ja. Dann reden wir darüber ganz ihn Ruhe." /Ist gut./ "Und ich rede jetzt erst einmal mit meiner Schwester. Es wird schon halb so schlimm sein. Nach dem ersten Schock wird sie merken, dass die Welt nicht stehen bleibt, nur weil es Keith bald nicht mehr geben wird." /Ja, wahrscheinlich./ Oh Mann! Ich könnte mir echt in den Arsch treten! Meilo ist nur wegen mir und meinem vorlauten Mund so bedrückt! "Kopf hoch, Schatz. Das wird schon. Liebe dich." /Ich dich auch Nic./ Nachdem ich mich von Meilo verabschiedet, und ihm versprochen habe, dass ich mich nochmal bei ihm melde, mach meinem Gespräch mit Nicole, fühle ich mich noch schlechter als zuvor. Ich mag es nicht, dass Nicole wegen ihrem Idol leidet, aber noch weniger mag ich es, dass Meilo deshalb ein schlechtes Gewissen bekommt. Es war doch vorauszusehen, dass der Rückzug von Keith zu heulenden Teenies führen wird. "Bitte mach keinen Rückzieher, Meilo", flehe ich in die Stille meines Zimmers. Soweit ich weiß, nervt ihn die Plattenfirma immer noch mit einer Vertragsverlängerung. Hoffentlich knickt er jetzt nicht ein, und wer daran Schuld wäre, das ist ja wohl klar. Ich. Ich werfe mein Handy aufs Bett und stehe auf. Jetzt kommt es auf mich an. Ich muss das gerade biegen. Ich muss Nicole aufbauen, damit Meilo nicht wieder ins Grübeln gerät. Ich kenne ihn inzwischen zu gut, um nicht gemerkt zu haben, dass er sich wieder in seine Hirngespinste hineinsteigert. Wie damals in der Hütte und im Hotelzimmer, wo er sich Sorgen gemacht hat, ich würde ihn irgendwann betrügen, weil er so viel unterwegs ist. Der Kerl hat eine viel zu lebhafte Fantasie! Solange er sie für mich gebraucht, ist das auch gut so, aber lässt man ihn zu lange alleine, verselbstständigen sie sich, und das ist nicht gut. Also auf zu Nicole, um ihr den Kopf zu waschen! An ihrer Zimmertür horche ich zuerst, ob sie immer noch heult, oder USB-Sticks durch die Gegend wirft. Da nichts dergleichen zu hören ist, trete ich vorsichtig ein. Nicht abgeschlossen. Super! "Nicole?" "Verschwinde!" Das fängt ja schon mal gut an. "Meilo hat gesagt, ich soll mit dir reden." "Mir doch egal!" Mist! Und ich dachte, das würde helfen. Auch gut, dann anders. Ich trete einfach ein und schließe die Tür hinter mir. "Ich hab gesagt, dass du abhauen sollst!" "Ich will doch nur mit dir reden", sage ich ruhig, aber sie interessiert das nicht. "Hau endlich ab und lass mich allein!", schreit sie mir entgegen. "Nein, meine Liebe, das werde ich nicht", zicke ich sie an. Wenn es mit Verständnis und gutem Zureden eben nicht klappt, dann muss ich es halt mit dem Gegenteil probieren. "Wegen dir ist Meilo total betrübt." Ihre Augen schnellen kurz zu mir, dann starrt sie wieder geradeaus auf den Bildschirm ihres PCs. "Pech für ihn", grantet sie. Okay, jetzt werde ich sauer. Niemand redet so über meinen Freund! "Nein, Pech für dich! Wenn es Meilo wegen dir schlecht geht, ist das nämlich dein Pech, denn ich werde nicht zulassen, dass du oder sonst irgendwer meinem Schatz was antut, auf welche weise auch immer!" Jawohl! "Ja, ja", blafft sie mich unerschrocken an. "Dein toller Schatz! Dein toller Meilo! Fahr doch zu ihm und tröste ihn, wenn er auch-so-schrecklich traurig ist wegen mir! Ich hab andere Probleme!" Hier läuft aber was gehört falsch. Hat sich in ihrem Teenie-Hirn eine Synapse falsch vernetzt vor lauter Schock, dass Keith Kandyce bald sterben muss? "Dir ist es egal, dass Meilo sich Sorgen um dich macht? Das müsste dich doch eigentlich glücklich machen. Meilo hat dich gern, verdammt!" "Mich?! Er hat mich gern?" Sauer feuert sie die Maus gegen die kleinen Lautsprecher ihres Computers. "Scheiße, du raffst auch gar nichts!" Trotzig verschränkt sie die Arme vor der Brust. "Ehrlich gesagt raffe ich wirklich nichts mehr. Was ist dein Problem? Meilo hört doch nicht auf zu existieren! Er will weiterhin Musik machen, aber eben andere Musik. Du kannst so oft mir ihm telefonieren wie du willst, oder uns besuchen, wenn wir zusammenwohnen." Ich verstehe es echt nicht. "Was ist dein Problem damit?", will ich von ihr wissen. "Sag es mir Nicole! Warum glaubst du, dass die ganze Welt zusammenbricht, wenn es Keith Kandyce nicht mehr gibt?!" "WEIL ER ALLES IST, WAS ICH NOCH HABE!", schreit sie mich an, wird dann plötzlich kreideweiß und fällt unvermittelt heulend in sich zusammen. Mir fehlen die Worte. Meine Gedanken überschlagen sich. Was soll das bedeuten? Er ist alles, was sie noch hat? Auf eine Antwort werde ich wohl oder übel noch warten müssen. Zuerst muss ich zusehen, dass Nicole nicht heulend vom Stuhl kippt. Ich überbrücke die kurze Distanz bis zu ihr und nehme sie einfach in den Arm, ob sie will, oder nicht. Zu meiner Erleichterung lässt sie es zu. "Ganz ruhig", tröste ich sie. "Das wird schon." Habe ich nicht das Selbe zu Meilo gesagt? "Gar nichts wird", schnieft sie. "Wenn es Keith nicht mehr gibt, habe ich gar nichts mehr." Das kann sie doch nicht erst meinen? "Aber Meilo geht doch nicht weg", sage ich zu ihr, weil ich nicht weiß, wie ich ihr sonst helfen kann. "Darum geht es ja!" Sie löst sich von mir und wischt sich mit dem Ärmel über die Nase. Lecker. "Meilo gehört zu dir! Aber von Keith wolltest du nie was wissen. Er gehörte mir!" "Was redest du da?", frage ich sie stammelnd. "Das ist doch totaler Unsinn!" "Ich sag doch, du kapierst es nicht!" Mit einem beherzten Stoß rollt sie mit ihrem Bürostuhl nach hinten und steht auf, um sich, erneut unter einem Heulkrampf, auf ihr Bett zu werfen. Ich hocke erst nur da, schaue sie an und versuche mir einen Reim auf ihr Gerede zu machen. Nur langsam kommt mir die Erleuchtung. Die ganzen Keith Bilder an Nicoles Wand helfen mir dabei. Es ist fast wie bei Meilo, der nicht will, dass ich ihn Keith nenne, weil diese Kunstfigur immer irgendwie über uns schwebt, uns voneinander zu trennen versucht. Ich stehe auf und laufe zu Nicole, wo ich mich kurzerhand ebenfalls aufs Bett lege. Mit dem Rücken ans Kopfende gelehnt, schaue ich auf sie nieder. "Es tut mir leid für dich", fange ich an. "Du lügst!" "Tue ich nicht. Für dich ist Keith immer noch real, was er ja auch auf eine gewisse Art ist, aber Meilo ist aus Keith ... herausgewachsen. Verstehst du? Er will einen anderen Weg einschlagen." Nicole zieht die Nase hoch und dreht sich zu mir. "Er kann das nicht mehr. Er ist nicht mehr der Mann, der sich gern in dieses Kostüm zwängt und das tut, was die Plattenfirma und sein Manager von ihm verlangen." "Er muss das tun? Er muss Keith sein?", fragt sie mich leise. "Ja. Die haben ihn damals sozusagen als Keith Kandyce eingekauft und Meilo muss ihn weiterhin mimen. Früher hat es ihm Spaß gemacht, aber inzwischen ist ihm das alles zu viel." "Das hat er mir gar nicht gesagt." "Es ist schwer für Meilo." Nicht nur für ihn. "Er arbeitet bis zum Umfallen und bekommt immer mehr Termine aufgedrückt. Sie wollen nochmal alles aus ihm rausholen, jeden Cent, den sie mit ihm verdienen können, krallen sie sich." Eine Weile lang herrscht stille. Bis Nicole sie bricht. "Das klingt furchtbar", flüstert sie und starrt auf die Keith-Bilder an ihrer Decke. "Ist es auch. Die Beziehung, die er vor mir hatte, ist daran kaputt gegangen." Ich weiß nicht, ob es Meilo recht ist, dass ich ihr das alles erzähle, aber er war ja auch derjenige, der mir geraten hat, mir ihr wie mit einer Erwachsenen zu reden. Nicole rappelt sich wieder auf und setzt sich, wie ich, gegen das Kopfende ihres Bettes. Sie sieht nachdenklich aus. Nachdenklich und ernst. "Wie oft habt ihr euch eigentlich gesehen, seit ihr zusammen seit?" Die Frage kommt jetzt aber überraschend. "Ähm ... Da muss ich überlegen ..." Ich versuche mich zurückzuerinnern und zähle alle Treffen auf. "Unser Kennenlernen, dann nach dem Konzert, Bremen ..." Ich zähle alle Treffen auf. Auch Meilos Kurzbesuch im Weinkeller. "Alles in allem haben wir uns acht Mal gesehen." Hört sich wirklich wenig an, oder? Und meist waren es ja nicht mal mehr als zwei, drei Tage. Und die noch nicht mal alle an einem Stück. Wie deprimierend! Jetzt fange ich gleich an zu heulen! "Und wie lange seit ihr jetzt nochmal zusammen?" Was die alles wissen will. "Morgen werden es drei Monate." Kaum zu glauben, was? "Und da habt ihr euch nur so wenige Male gesehen?" "So ist das eben. Meilo hat viel um die Ohren." "Hm ... Das habe ich alles nicht gewusst. Ich dachte immer, Keith würde das alles Spaß machen. Und seine Fans seien ihm wichtig ..." "Aber das sind sie!", schwöre ich Nicole. "Er freut sich immer auf Fanpost und an seinem Geburtstag hat er sich auch riesig über all die Glückwünsche gefreut." "Du warst da?" "Ja." "Als er sie ausgepackt hat?" "Ja." "Auch, als er mein Geschenk ausgepackt hat?" "Er hat extra danach gesucht." Nicole bringt ein Lächeln zustande. Etwas, das mich selbst lächeln lässt. "Soll ich dir davon erzählen?" Sie bejaht. "Gut", nicke ich. "Es fing alles in diesem Club an, in dem er gefeiert hat. Und ..." "Erzähl mir alles von Anfang an", unterbricht sie mich. "Wie du Meilo kennengelernt hast." Nun bin ich aber echt baff. "Das willst du wissen? Du kennst die Geschichte doch schon." "Ja, von Mama. Aber nicht von dir. Erzählt mir von Meilo. Vielleicht hilft es gegen meine Keith-Depression." Ich muss anfangen zu lachen. "Willkommen im Club. Eine Keith-Depression habe ich schon, seit ich wieder hier wohne." "Ha ha", grummelt Nicole und schlägt mit ihrer Faust auf mein Bein. Autschi! "Nun erzähl schon. Ich will es wirklich wissen." Nicole überrascht mich doch immer wieder. Meist im negativen Sinne, aber die positiven Seiten an ihr nehmen langsam zu. Das gibt doch Grund zur Hoffnung, oder? ****** Arme Nicole. Nic ist aber auch ein Idiot. Aber wer weiß? Vielleicht war es ja ganz heilsam für Nics kleine Schwester. ;-) * Ich! Hier! Ich habe das immer gemacht! Ihiiich! Ordnung muss schließlich sein. :-p Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)