Reue? von CheyennesDream ================================================================================ Kapitel 1: Reue? ---------------- Leise, ohne ein Geräusch zu verursachen, erhob sich der silberweißhaarige Hundedämon von dem Futon, kleidete sich an. Bevor er sein Schwert nahm, beugte er sich noch einmal zum Lager nieder, streifte der jungen Frau eine Strähne aus dem Gesicht und hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Der Hauch eines Lächeln huschte über das hübsche Antlitz der Schlafenden, ohne das sie wach wurde. Nachdem er noch die Decke zurecht rückte, damit Izayoi nicht fror, schürte Inu no Taisho die Glut im Kohlebecken, damit sie Wärme abstrahlten, und ging danach zu der Schiebetür. Bevor er sie öffnete, lauschte er. Eine Zeit lang hörte er nichts, bis dann gleichmäßige Schritte von zwei Personen erklangen. Schwaches Schaben und leises Klirren verrieten dem Wartenden, das es sich um Soldaten auf ihrem nächtlichen Rundgang handelte. Kaum passierten sie die Stelle und verschwanden hinter der nächsten Ecke, schlüpfte der Herr der westlichen Länder ins Freie. Geschwind erreichte er das Ende des Gebäudes, betrat einen schmalen Durchgang und tauchte in den Schatten ein. Noch ehe die Wachen wieder freies Blickfeld über den Hof hatten, sprang der Dämon über die Mauer und erreichte den dichten Wald. Er rannte noch eine Weile in einem hohen Tempo davon, und erst als die Konturen der Umgebung sich zu erkennbaren Formen wandelten, hielt er an. Die Entfernung war nun groß genug, um ihn nicht mehr einholen zu können. Deswegen setzte er seinen Weg nun wesentlich langsamer fort. Der Raureif glitzerte in der Morgensonne, während der große Dämon über eine Wiese lief und eine dunklere Spur im Gras hinterließ. Sein derzeitiges Ziel, ein kleiner See inmitten des Waldes, lag vor ihm. Sobald er ihn erreichte, setzte er sich unter einem Baum nieder, dessen Äste bisher nur geringe Ansätze von Grün zeigten. Er lehnte sich gegen den rauen Stamm, schloss seine Augen und dachte an die vergangene Nacht. Er hatte sich, wie schon etliche Male vorher, wie ein Verbrecher in das Schloss der menschlichen Prinzessin geschlichen und das Lager mit ihr geteilt. Diesmal schlief sie noch, als er bei Morgengrauen ging. Bestimmt vermisste sie ihn, sobald sie aufwachte, doch bisher akzeptierte sie seinen Wunsch, morgens vor Sonnenaufgang unerkannt zu entkommen, kommentarlos. Ein warmes, angenehmes Gefühl durchströmte ihn, als er sich an Izayois geflüsterte Worte erinnerte. Als Dämon waren ihm früher Begriffe, wie Liebe, Sehnsucht oder Abhängigkeit, die den Menschen offenbar manches bedeuten, fremd. Dennoch schlossen sie selten Ehen aus Liebe, sondern um Ansehen oder Reichtum zu erlangen. In diesem Punkt unterschieden sie sich nur wenig von den Dämonen. Er selbst besaß seit einigen Jahrhunderten eine Gemahlin, die ihm gegenüber selten Gefühle zeigte. Ihr gegenseitiger Umgangston war kühl, respektvoll und beherrscht. Sanfte Berührungen oder zärtliche Worte, wie er es von der menschlichen Prinzessin kannte, gönnte ihm die Mutter seines einzigen Sohnes nie. Sie war viel zu stolz um so eine Schwäche zuzulassen. Trotzdem durchschaute er sie jedes Mal, schwieg jedoch und respektierte ihre Meinung diesbezüglich. Vielleicht zog es ihn deswegen immer wieder zu Izayoi hin, weil es ihn nach mehr verlangte. Bereits mehrmals hatte er die intimen Stunden, mit der schwarzhaarigen Frau genossen, gern in ihren Armen gelegen und gelauscht, wenn sie interessante Geschichten über vergangene Abenteuer, alte Legenden und mysteriöse Vorkommnisse, erzählte. Selbst jetzt sehnte er sich merkwürdigerweise nach der nächsten Begegnung. Kein Wunder, das sein Sohn anfing, ihn für schwach zu halten. Inu no Taisho, Herr der Hunde und dämonischer Fürst der westlichen Ländereien schwelgte weiterhin in Erinnerungen, dachte daran, wie sich seine Geliebte ihm hingab. Leider konnte er nie vorhersagen, wann er wieder Zeit fand, sie aufzusuchen. Er mochte zwar die Zuneigung und das Vertrauen, welche die junge Menschenfrau ihm entgegenbrachte, dennoch blieb Mika, die Mutter seines einzigen Kindes, seine Hauptfrau. Sobald seine Gedanken zu der Dämonin mit der Mondsichel auf der Stirn, schweiften, öffnete der Fürst seine Lider. Eine bekannte Aura flackerte kurz auf und verschwand wieder. Die goldenen Augen musterten aufmerksam die Umgebung, gleichzeitig setzte er seine Sinne ein. Er spürte jedoch kein anderes Wesen in der Nähe, höchsten kleines Getier. Deswegen erhob er sich, entkleidete sich und sprang in den See. Sein Ziel, den Geruch der Prinzessin abzuwaschen, der aus einem bestimmten Grund wesentlich intensiver an ihm haftete, als sonst. Obwohl der Frühling vor einigen Tagen anbrach, tagsüber die laue Luft angenehm die Haut streichelte, herrschten in der Nacht noch frostige Temperaturen, dementsprechend kalt war das Wasser. Trotzdem blieb er lange in dem kühlen Nass, schwamm etwas umher und klärte seine Empfindungen. Noch nie zuvor bei ihren nächtlichen Stelldichein erregte die Prinzessin ihn so sehr, wie in der letzten Nacht. Der Geruch, betörend und verführerisch oder besser ausgedrückt unwiderstehlich, verlangte ihm viel ab. Er hatte sich lange beherrscht, denn schon zuvor stand er den Verlockungen von läufigen Hundedämoninnen gegenüber. Izayoi kannte da weniger Zurückhaltung, verführte ihn und so geschah es. Statt zu gehen, blieb er und erfüllte seiner Geliebten den Wunsch nach Nähe. Womöglich zeugte er in dieser Nacht sein nächstes Kind und genau aus diesem Grund legte er die Pause hier am See ein. In seiner Stellung hatte er gewisse Privilegien, darunter die Möglichkeit mehrere Nebengemahlinnen oder Konkubinen zu besitzen. Bisher verzichtete er darauf. Dann traf er Izayoi und in seinem Bestreben Menschen besser kennenzulernen, begann er eine Liebschaft mit ihr. Mika, seine bisher einzige Gemahlin akzeptierte es, solange er sich um Diskretion bemühte. Er verzichtete darauf, die Dämonin zu beschämen. Deswegen holte er die Prinzessin nicht in das westliche Schloss und badete jedes Mal gründlich, bevor er nach Hause ging. Bisher gelang es ihm recht gut, seine Liebschaft geheim zu halten. Doch sollte seine menschliche Geliebte tatsächlich ein Kind empfangen haben, würde das unweigerlich zu Problemen führen. Jäh wurden seine Gedanken unterbrochen, denn diesmal täuschte er sich nicht. Inu nu Taisho verließ den See, schüttelte sich die verblieben Wassertropfen vom Körper und kleidete sich an. "Sesshomaru", erklang seine Stimme im nächsten Moment, gleichzeitig fragend und auffordernd. Der Angesprochene hatte versucht seinen Vater zu beobachten und sich dazu heimlich angeschlichen. Sobald die Stimme seines Erzeugers erklang, zuckte er ein wenig zusammen, da er sich überschätzt hatte. Als er aus dem Gebüsch trat, verriet er mit keiner Geste seine Enttäuschung, sondern nannte nur den Grund seines Kommens, vorher verbeugte er sich respektvoll: "Verehrter Vater. Der Fürst dieser Ländereien hat Männer auf die Jagd geschickt. Vielleicht wird ihnen nicht nur Wild zur Beute fallen." "Deine Warnung wurde zur Kenntnis genommen", entgegnete der ältere Dämon. Dann sah er sich kurz um und spielte mit den Gedanken den Soldaten von Izayois Vater den einen oder anderen Streich zu spielen. Er schob den Einfall beiseite und befahl anschließend: "Gehen wir!" Sesshomaru schnupperte ein wenig, doch der Herr der Hunde ignorierte sein Kind und schritt voran. Schweigsam legten sie die restliche Strecke bis zum heimatlichen Anwesen zurück, doch der innerliche Monolog des Älteren ging weiter. Erneut setzte er sich mit seiner Tat auseinander. Im Besonderen sollte er Vorkehrungen treffen. Sein Erstgeborener brauchte nämlich keinen Ton verlauten lassen, er wusste auch so, dass der Jüngere, ein Hanyou Geschwisterchen niemals akzeptieren würde. So erreichten sie die dämonische Burg, die hoch oben auf einem Berg thronte, betraten das Hauptgebäude und wollten sich trennten. Die Fürstin des Anwesen eilte ihnen entgegen mit wichtigen Nachrichten, die keinen Aufschub duldeten. Diese teilte sie ihrem Gemahl mit, der sofort versprach, sich darum zu kümmern. Plötzlich stockte Mika, denn ihr wurde etwas gewahr. Außerdem sah sie die immer noch leicht feuchten Haare des silberweißhaarigen Daiyoukai. Obwohl er ihn grob abgewaschen hatte, kitzelte der Hauch eines menschlichen Duftes ihre Nase. Seine Gefährtin musterte ihn daraufhin eine Zeit lang abschätzig, schnupperte wiederholt und riet dann: "Das nächste Mal, nimm das Bad, bevor du deine menschliche Konkubine aufsuchst." Danach drehte sie sich um und ging. Inu no Taisho sah der Fürstin hinterher, zögerte und versuchte die Stimmung zu analysieren. Er kannte sie gut und wusste, die zurückhaltende kühle Fassade verbarg ihre wahren Empfindungen. Obwohl Mika Izayoi duldete, gab es gewissen Grenzen, die er in ihren Augen nicht zu überschreiten hatte. Dummerweise hatte er genau das getan, obwohl er sein Tun nicht bereute. Ob seine Gemahlin etwas ahnte? Das würde er sicherlich später herausfinden. Sobald er Gewissheit hatte, nahm er sich vor, Mika einzuweihen. Mit diesem Entschluss drehte sich der silberweißhaarige Hundedämon um und wollte sich entfernen, denn immerhin musste er sich, um etliche Belange, die Führung des Reiches betreffend, kümmern. Doch da sah er sich seinem Sohn gegenüber. Stolz, beinahe ohne Regung stand Sesshomaru im Gang und betrachtete seinen Vater. Dann schmälerte er seine Augen und verschwand einfach. Kein Wort wurde gewechselt, doch der Herr der Hunde verstand, was sein Kind gerade dachte. Er hielt ihn für Feige, weil er seiner Gefährtin nicht die Wahrheit beichtete, das er in der letzten Nacht womöglich ein Kind, einen Hanyou zeugte. Er war niemand Rechenschaft schuldig und seine Handlungen musste er Mika keineswegs erklären. Außerdem gab er ihr nie das Versprechen, keine weiteren Kinder zu zeugen. Die einzige Abmachung, die sie hatten, Sesshomarus zukünftiger Herrscheranspruch als sein Erbe blieb unangetastet. Dies würde er nie aufs Spiel setzen, und solange er lebte, wollte er seinen Erstgeborenen diesbezüglich beschützen. Trotzdem blieb ihm keine Wahl. Besser seine Familie war vorbereitet und konnte sich darauf einstellen. Da er Mika den Umstand nun offenbaren wollte, suchte er nach einer Möglichkeit, sie versöhnlich zustimmen. Es gab etwas, das der Youkai seit langen Sorgen bereitete. Ob sie Izayois Kind akzeptierte, wenn er endlich Ryūkotsusei besiegte? Der Drache machte ihm und dem Reich schon länger Probleme. Ein lästiges Übel, dem er endlich Einhalt gebieten sollte. Mit diesem Entschluss suchte er seine Fürstin auf, ohne zu ahnen, welches Unheil er damit für sich selbst heraufbeschwor. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)