For the World Is Hollow and I Have Touched the Sky von Morwen ================================================================================ Kapitel 25: Dorian ------------------ Er hatte die Stärke fereldischen Bieres definitiv unterschätzt, stellte Dorian fest, als er aufstand, um den Eisernen Bullen zu begleiten. Für einen Moment drehte sich alles vor seinen Augen, doch der kurze Schwindelanfall war zum Glück schnell wieder vorüber, und kühn griff er nach der Hand des Qunari, die so viel größer war, als die seine, und eine ganze Reihe interessanter Möglichkeiten versprach, und zog ihn ungeduldig die Stufen hoch. Den ganzen Abend lang hatte der andere schamlos mit ihm geflirtet, bis Dorian es nicht mehr ausgehalten hatte und ihm den Vorschlag unterbreitet hatte, ihre „Unterhaltung“ woanders fortzuführen – ein Angebot, das der Eiserne Bulle nur zu gerne angenommen hatte. „Nicht so ungeduldig!“, rief der Qunari und lachte, doch er folgte ihm nur zu bereitwillig, und sobald sie den Schankraum hinter sich gelassen hatten und nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen, entspannte sich Dorian auch wieder etwas. Er hasste es, die Öffentlichkeit an seinen privaten Angelegenheiten teilhaben zu lassen, auch wenn er wusste, dass man im Süden wesentlich offener mit diesen Dingen umging, als in Tevinter. Doch er hatte sein ganzes Leben lang vorsichtig mit den Zuneigungen sein müssen, die er zeigte, und es war schwer, ein solches Verhalten wieder abzulegen. Als sie schließlich das Zimmer des Qunari erreicht hatten, wartete er darum geduldig, bis der andere seinen Schlüssel aus der Hosentasche gefischt und die Tür geöffnet hatte. Kaum hatte sie sich jedoch hinter ihnen wieder geschlossen, legte Dorian die Hände auf die breite Brust des anderen und schob ihn gegen die Wand. Der Eiserne Bulle gab ein heiseres Lachen von sich und legte seinerseits seine muskulösen Arme um Dorians Taille. „Ich sehe, es steckt Feuer in Euch, Serah!“, sagte er. „Und ich hatte schon befürchtet, Euer Gerede wäre nichts als heiße Luft.“ Dorians Augen funkelten. „Ich zeige Euch heiße Luft...!“, erwiderte er und erwärmte mit Magie seine Hände, bevor er mit glühenden Fingerspitzen über die narbenbedeckte Brust des anderen fuhr. „Passt besser auf, dass Ihr Euch nicht verbrennt!“ Der Qunari stieß ein Grollen aus, dann senkte er den Kopf und biss in Dorians Hals. Nicht sehr tief – seine Fänge waren scharf genug, dass er vorsichtig sein musste, ihn nicht zu verletzen – aber kraftvoll genug, dass Dorian es deutlich spüren konnte. Mit einem Stöhnen legte er den Kopf in den Nacken, um dem anderen besseren Zugang zu gewähren, und für ein paar Minuten biss, küsste und leckte der Eiserne Bulle die Stelle an seinem Hals, bis schließlich ein purpurrotes Mal dort prangte, das Tage brauchen würde, bis es wieder verschwand. Zufrieden mit seinem Werk ließ der Qunari wieder von Dorian ab und strich ihm das Haar aus der Stirn, wobei eine Zuneigung in seinem Blick lag, die den anderen überraschte. „Wisst Ihr eigentlich, wie atemberaubend Ihr seid...?“, fragte er leise. Dorian hielt inne und starrte ihn an. Er war Komplimente in einer Situation wie dieser nicht gewohnt – oder gar, dass überhaupt jemand versuchte, in einem solchen Moment ein Gespräch mit ihm zu führen, in dem es nicht unmittelbar nur um den Sex ging. Doch er fing sich sofort wieder und überspielte seine Verlegenheit mit einem kurzen Lachen. „Natürlich bin ich atemberaubend“, entgegnete er, „ich bin schließl– mmh!“ Weiter kam er nicht, denn der Eiserne Bulle wählte genau diesen Moment, um ihn mit einem Kuss zum Schweigen zu bringen. Nach der leidenschaftlichen Attacke auf seinen Hals überraschte Dorian die plötzliche Sanftheit des anderen, und er seufzte auf, als die Zunge des Qunari in seine Mundhöhle vordrang. Sie war länger und rauer, als die eines normalen Menschen, und rieb auf eine Weise gegen die seine, die Dorian vor Wonne die Augen schließen ließ. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er sich vorstellte, was der andere damit noch alles anzustellen vermochte. Der Kuss schien eine Ewigkeit zu dauern, und als sie sich schließlich wieder voneinander lösten, waren Dorians Knie weich geworden und seine Wangen fühlten sich sehr warm an. Der Eiserne Bulle legte eine Hand an sein Gesicht und musterte ihn. Dorian war noch immer schwindelig vom Alkohol, und es dauerte einen Moment, bis er den Blick auf das gesunde Auge des Qunari fokussiert hatte. „Wenn Ihr genauso liebt, wie Ihr küsst, dann wird dies ein Abend, an den ich mich noch lange erinnern werde“, murmelte er mit einem Lächeln. „Dorian“, sprach der andere, und... war das etwa Sorge in seinem Blick? Oh, bei Andraste! Plötzliche Zweifel konnte Dorian im Moment nicht gebrauchen, dafür hatte der Abend zu vielversprechend angefangen. „Was auch immer Ihr zu sagen habt, spart es Euch für später auf“, sagte er trotzig und wollte den anderen erneut küssen, doch der Qunari hielt ihn im letzten Augenblick zurück. „Dorian“, wiederholte er, und dieses Mal lag Resignation in seiner Stimme. Verärgert ließ Dorian von ihm ab und trat einen Schritt zurück. „Was?“, fragte er scharf. Der Eiserne Bulle legte sanft die Hände auf seine Schultern. „Wie viel habt Ihr getrunken?“, fragte er. Es war keine Wertung in seiner Stimme, er schien lediglich an einer ehrlichen Antwort interessiert. Dorian runzelte die Stirn. „Genug, um das hier morgen früh nicht allzu sehr zu bereuen“, entgegnete er. „Wobei ich aber vermutlich noch sehr viel mehr trinken muss, wenn Ihr nicht langsam aufhört, mir Fragen zu stellen, und mich endlich wieder küsst!“ Der Qunari musterte ihn ruhig. „Nein“, sagte er dann. „Wie bitte?“ Dorian starrte den anderen  ungläubig an. So etwas war ihm noch nie zuvor passiert. „Was um alles in der Welt ist auf einmal Euer Problem?!“, verlangte er zu wissen. „Ich mag Euch, Dorian“, sagte der Eiserne Bulle und strich sanft mit den Fingerkuppen über Dorians Hals und Schulter. „Doch ich bevorzuge meine Partner in einem Zustand der Willigkeit, den sie erreicht haben, ohne sich zuvor Mut antrinken zu müssen.“ Dorian lachte humorlos auf. „Das kann nicht Euer Ernst sein!“, erwiderte er. „Ihr könnt mir nicht erzählen, dass bei Euren Liebschaften niemals Alkohol mit im Spiel gewesen ist!“ „Nicht beim ersten Mal, nein“, entgegnete der Qunari. „Es ist wichtig, dass ich Eure Grenzen im Bett kennenlerne, und das kann ich nicht, wenn Ihr zu betrunken seid, um sie einschätzen zu können. Ich würde mir nie verzeihen, wenn ich etwas tue, was Euch unangenehm ist.“ Er war noch immer viel zu ruhig und gefasst, und er sprach mit einer Geduld mit ihm, als hätte er es mit einem kleinen Kind zu tun. Es machte Dorian rasend. „Na schön!“, schnaubte er schließlich und wandte sich ab. „Dann halt nicht!“ „Dorian.“ Die Art und Weise, wie der andere seinen Namen aussprach, ließ ihn innehalten, und Dorian wurde plötzlich bewusst, dass der Eiserne Bulle ihn an diesem Abend zum ersten Mal mit seinem Namen angesprochen hatte. „Ich lehne Euch nicht ab“, erklärte der Qunari. „Verdammt, Dorian, Ihr seid der attraktivste Mann, der mir seit langem begegnet ist, und ich wäre völlig verrückt, Euch zurückzuweisen.“ Dorian hörte, wie der andere einen Schritt nähertrat, und dann legte der Qunari plötzlich von hinten die Arme um ihn. Neben der überwältigenden Wärme seines Körpers registrierte Dorians alkoholumnebelter Geist auch die beeindruckende Erektion des Mannes, die sich unter mehrere Lagen Stoff gegen seine Kehrseite presste. „Ich träume davon, Euch zu haben, seitdem ich Euch das erste Mal sah“, raunte der Qunari in sein Ohr und ein wohliger Schauer lief über Dorians Nacken. „Glaubt mir, die Liste an Dingen, die ich mit Euch tun möchte, ist lang...“ Dann löste er sich langsam wieder von ihm, doch nicht, ohne zuvor noch einen Kuss auf Dorians Scheitel zu pressen. „Kehrt in Euer Zimmer zurück, Dorian“, sagte er. „Schlaft Euch aus. Und wenn Ihr morgen Abend wiederkommt, werde ich Euch nicht länger zurückweisen. Das verspreche ich.“ Dorian schloss die Augen. Erleichterung darüber, dass er noch eine zweite Chance bekommen hatte, erfüllte ihn, doch er spürte auch Nervosität, Neugier und Unsicherheit. Für gewöhnlich hatte es seine Partner nie interessiert, was für ihn das Beste war, und der offene und rücksichtsvolle Umgang des Qunari mit diesen Dingen war für ihn völlig neu. Dorian hatte immer gedacht, er wüsste alles über Sex. Doch in diesem Moment wurde ihm zum ersten Mal bewusst, wie wenig Erfahrung er eigentlich hatte. Ergeben drehte er sich zu dem Qunari herum. „... dieser Abend hätte wesentlich besser laufen können, oder?“, fragte er und lächelte schief. Doch der andere schüttelte nur den Kopf. „Mach Euch darüber keine Gedanken“, erwiderte er. „Wir mussten nur ein paar Missverständnisse aufklären. Nichts Weltbewegendes.“ „Ihr seid unerträglich optimistisch“, sagte Dorian und seufzte theatralisch auf. Der Eiserne Bulle grinste. „Ich weiß.“ Dorian spürte, wie nach all der Aufregung langsam die Müdigkeit von ihm Besitz ergriff, und er unterdrückte ein Gähnen. „Also... sehen wir uns morgen Abend?“, fragte er vorsichtig. „Wenn Ihr es wünscht, ja“, entgegnete der Qunari leise. „Gut“, sagte Dorian. „Das ist... gut.“ Und damit wünschte er dem anderen mit knappen Worten eine gute Nacht und verließ dann das Zimmer, in der Hoffnung, dass sein Rückzug nicht einer Flucht glich. Er brauchte Zeit, um über die Ereignisse nachzudenken – doch im Moment brauchte er vor allem Schlaf.   Dorian irrte fast eine halbe Stunde durch die Festung, bis er endlich den Weg zur Halle und von dort zu seinem Zimmer gefunden hatte. Er war so damit beschäftigt, seinen Schlüssel zu suchen, dass er das Wort auf seiner Tür nicht sofort sah. Erst als ihm ein unangenehm süßlicher Geruch in die Nase stieg, hob er den Blick. „Maleficar“ stand mit roter Farbe... nein, Blut, an der Tür seines Zimmers geschrieben. Dorian starrte das Wort an, und es dauerte einen Moment, bis sein Gehirn registriert hatte, was dies bedeutete. Er hatte seit dem Vorfall auf dem Hof die Templer gemieden und war sich sicher gewesen, dass man ihm nicht länger Beachtung schenkte. Er hatte sich geirrt. In einiger Entfernung hallten plötzlich schwere Schritte durch den Gang. Dorian begann nun panisch nach seinem Schlüssel zu suchen, doch er konnte ihn nicht finden; er musste ihm im Zimmer des Eisernen Bullen aus der Tasche gerutscht sein. Die Schritte kamen schnell näher, und Dorian wurde plötzlich bewusst, dass er ohne seinen Stab, den er an diesem Abend in seinem Zimmer gelassen hatte, den Templern nicht viel entgegensetzen konnte. Alles, was ihm blieb, war seine Magie, und selbst die würde ihm nichts nützen, sollten die Templer ihn wieder– Eine Woge der Übelkeit rollte über ihn hinweg, als seine Verbindung zum Nichts mit einem Mal gekappt wurde, und geschwächt sank er auf die Knie. Erneut war er Opfer einer magischen Säuberung geworden – und nun wusste er auch mit Sicherheit, dass es Templer waren, die sich näherten, und dass sie es auf ihn abgesehen hatten. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn, als ihm plötzlich bewusst wurde, wie hilflos er war. Die Schritte waren nun schon ganz nahe, und mühsam stemmte Dorian sich hoch. Fliehen. Er musste fliehen. Er war nicht nüchtern genug, um in einem Kampf bestehen zu können, ob mit oder ohne Stab. Und ohne auch nur einen Funken Magie im Körper würde er nicht mal die einfachste Barriere beschwören können. Nicht zum ersten Mal an diesem Abend verfluchte Dorian das fereldische Bier. Wäre ihm doch nur nicht so heiß und schwindelig; könnte er doch nur einen klaren Gedanken fassen...! ... doch solltet Ihr es Euch jemals anders überlegen, dann könnt Ihr Euch jederzeit an mich oder Kommandant Cullen wenden... Plötzlich musste er wieder an Barris‘ Worte denken, und Dorian fiel vor Erleichterung ein Stein vom Herzen. Vielleicht hatte er doch noch eine Chance. Sein Zimmer war nicht weit von der Bibliothek entfernt, und wenn er es nur bis dorthin und anschließend zum Turm des Kommandanten schaffte... Dorian setzte sich stolpernd in Bewegung.   Die Templer spielten ein ermüdendes Katz-und-Maus-Spiel mit ihm, und mehrmals entkam Dorian ihnen nur knapp. Es waren insgesamt vier Männer, die ihn verfolgten, und dieses Mal waren sie vorsichtiger und trugen Helme, damit Dorian ihre Gesichter nicht erkennen konnte. Während er durch die stille, nächtliche Festung eilte, kehrte seine Magie langsam wieder zurück, worüber Dorian sehr froh war, auch wenn er wusste, dass sie nicht ausreichen würde, um die Templer zu konfrontieren. Als er schließlich die Rotunde erreichte, in der sich Solas tagsüber oft aufhielt, wäre er vor Erleichterung fast in Tränen ausgebrochen. Die Schritte der Templer verlangsamten sich, als Dorian die Tür aufstieß, die auf die Brücke über den Hof hinausführte. Sie mochten ihn hassen, aber sie waren nicht verrückt genug, um den Zorn ihres Kommandanten heraufzubeschwören. Die Tür von Cullens Turm war verschlossen und Dorian hämmerte verzweifelt mit der Faust gegen das Holz. Bitte macht auf!, dachte er. Ich schwöre, wenn Ihr mir öffnet, werde ich für den Rest meines Lebens kein Bier mehr anrühren...! Für einen nervenaufreibenden Augenblick lang passierte nichts, und Dorian befürchtete schon, dass er verloren war. Dann hörte er plötzlich, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde... ... und die Tür öffnete sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)