Zum Inhalt der Seite

"Eikskild"

"Eichenschild" Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe (modernes Setting)
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Halbgötter in "weiß"

Meine Vermutung sollte sich nur all zu bald bestätigen….sie hatten ihn umgehend auf den OP Tisch gewuchtet und brauchten fast die halbe Nacht lang, um ihn allein was seinen weiterhin stark abfallenden Kreislauf betraf halbwegs stabil zu halten....denn er kollabierte immer wieder und Eikskild war so mehr als nur einmal nahe dran einen Herzstillstand zu erleiden.
 

Tatsächlich war Svensøn somit gezwungen den Defibrillator zu benutzen, den man sogar noch in den Warteräumen vor dem OP Saal hören konnte, denn das durchdringende hohe, piepende Geräusch das er während des gesamten Aufladeprozesses von sich gab und den der anschließenden Schockwelle die durch den Körper des Trappers jagte um sein Herz wieder in einem regelmäßigem Rhythmus anzustoßen, war beim besten Willen weder für Yokky noch für mich noch länger zu ertragen.
 

Mehr als einmal ertappte ich mich bei einem entsetzten Aufschrei, als ich sie hörte, wie sie dort drinnen lediglich durch eine gläsern patinierte Türe von mir getrennt um sein Leben kämpften...das nurmehr noch an einem seidenen Faden hing.
 

Yokky nahm mich ohne es selbst bewusst zu bemerken schon automatisch in seine Arme und hielt mich fest. Ich konnte ihn dabei leise mit mir sprechen hören. Seine angenehm warme Stimme wirkte beruhigend aber ich registrierte eigentlich gar nicht wirklich, was er mir da überhaupt erzählte. Immer wieder tauchte zwischendrin auch die gute Seele Luisê mit einem heißen Kaffee und Decken auf….ja sogar ein paar sehr lieb gemeinte belegte Sandwiches mit frischem Räucherlachs brachte sie uns beiden...wobei die aber nur Yokky dankbar annahm, denn ich selbst brachte keinen einzigen Bissen hinunter.
 

Meine Gedanken waren viel zu sehr mit IHM beschäftigt...mit Eikskild….ich hatte solch panische Angst um ihn, dass ich fast um den Verstand kam...ja ich spürte nicht einmal, dass sich meine Fingernägel blutig in meine Handflächen gruben als ich sie zu Fäusten ballte, während ich mitbekam, wie Svensøn Eikskilds leblosen, mit Schmerz - und Betäubungsmitteln bis zum Anschlag voll gepumpten Körper mit dem Elektroschocker malträtierte. Ich war in einem Zustand ähnlich einem Schock versetzt worden, der erst dann wieder nachließ, als ich hörte wie die Maschine die seine Herzfrequenzen überwachen sollte wieder einsetzte und glücklicherweise kräftig und regelmäßig auszuschlagen begann.
 

Erst da wurde mir klar, wie sehr er um sein Leben rang...und erst da wusste ich, dass seine Zeit noch nicht gekommen war...
 

ER wollte unbedingt leben….dafür kämpfte sein Körper mit aller ihm verbliebenen Kraft, genau das war es, das mir just in dem Moment bewusst wurde. Ich war so geflasht von dieser Erkenntnis, dass ich umgehend in Tränen ausbrach...und mich schluchzend dabei ertappte wie ich nach ihm rief...ohne auch nur ansatzweise wahr zu nehmen, dass er mich gar nicht hören konnte, selbst wenn er es gewollt hätte...
 

„Halt durch...bleib bei mir...bitte….geh nicht...ich bin hier ich warte auf dich!“
 

Meine eigene Stimme bebte als dies kaum verständlich über meine Lippen drang. Worte die ich selbst nicht einmal bewusst wahr nahm, noch deren Sinn erfassen konnte in meinem emotional desolaten Zustand, der mich vollkommen verwirrt zurück ließ. Doch Yokky spürte es intuitiv….ihm war schnell klar, was da in mir vor sich gehen musste und so vernahm ich seine tiefe Stimme einige Augenblicke später sanft aber dennoch nachdrücklich.
 

„Er wird es schaffen...ich bin mir sicher. Eikskild ist keiner der leichtfertig aufgibt, er hat schon schlimmeres durchgestanden...glaube mir, er schafft es Lyria!“
 

Meine Hände krallten sich Schutz suchend an ihm fest, als er mich in seinen Armen hielt.
 

„Ach das sagst du doch jetzt nur so, um mich zu beruhigen?!“ Schniefte ich dabei tränenüberströmt in sein Hemd, das irgendwie ein wenig nach nassem Hund roch.
 

„Nein tue ich nicht...ich bin überzeugt, dass sie ihn nicht sterben lassen werden. Diesem Ärzteteam ist es vor sehr langer Zeit schon einmal gelungen es zu verhindern...vertrau ihnen, sie wissen genau was sie tun.“ Kam unmittelbar darauf die sehr bestimmte Antwort an mich, die mir sagte, dass Eikskilds bester Freund davon wirklich überzeugt war, was er eben zu mir gesagt hatte.
 

Ich löste mich von ihm und sah zu ihm auf. Yokky s verständnisvolles Lächeln, das mich dabei mitten ins Herz traf und die zarte, fast schon behutsame Geste, mit der er anschließend meine Tränen aus dem Gesicht wischte, war mehr als nur ein lapidarer Freundschaftsdienst an Eikskild.
 

Yokky mochte mich und er wusste auch sehr genau, wie es in meinem Herzen aussah, was Eikskild betraf...aber er erwähnte es in keiner einzigen Silbe und schon daher war dieser Mann etwas selten kostbares und damit ein ganz besonderer Freund für ihn und für mich.
 

„Danke für dein unendliches Vertrauen...und deinen unerschütterlichen Mut in deinen Freund...er hat es wahrlich nötig“...hauchte ich somit merklich beschämt in seine Richtung, doch er zuckte nur kurz mit den breiten Schultern, ehe er mir ruhig antwortete.
 

„Ich kenne ihn nun schon seit einer halben Ewigkeit Lyria, siehst du ich weiß für wen er kämpft und glaube mir wenn ich dir sage, dass er es nicht nur für sich allein tut. Es gibt etwas wofür es sich lohnt….und mehr als das...er liebt dich und das von ganzem Herzen.
 

Meinst du nicht, dass dies ein triftiger Grund ist?“
 

Yokky sah mich während er das sagte nachdrücklich forschend mit seinen merkwürdig hellen Bernsteinaugen an...doch noch bevor ich ihm darauf etwas antworten konnte, wurde die Türe zum OP Saal plötzlich erneut schwungvoll aufgestoßen und das Ärzteteam Svensøn und Andersøn erschien von oben bis unten mit Blut verschmiert aber auch mit sichtlich erleichterten Gesichtern auf der Bildfläche.
 

Hastig sprangen wir beide von unseren Sitzen hoch...mein Herz raste...ich fühlte es hart in meiner Brust schlagen, doch der Notarzt kam bereits ohne weitere Umschweife zu machen direkt zu uns beiden. Als der Arzt in mein verängstigtes Gesicht sah, zog sich ein kurzes leicht angespannt wirkendes Lächeln über seine Mundwinkel, ehe er sprach.
 

„Ich kann sagen dass das gerade noch mal so gut gegangen ist. Eikskild lebt dank unserer Fachkenntnisse noch und wir sind soeben mit ihm fertig geworden. Seine Wunden sind jetzt ordnungsgemäß versorgt und er kann auf die Intensivstation verlegt werden. Die nette Patchwork Arbeit am Oberschenkel die sie ihm da verpasst haben Lyria, die hätte ihn beinahe das Leben gekostet. Wissen Sie Blutvergiftung ist beileibe kein Spaß...wie in aller Welt sind Sie nur auf die Schnapsidee gekommen junge Frau?!“
 

Svensøn musterte mich während seiner Worte an mich so durchdringend, als wollte er mich regelrecht röntgen. Doch ich war angesichts dieser Informationen seinerseits so perplex, dass ich zunächst erst gar nicht wusste was ich ihm antworten sollte.
 

„Was..ich? Hey nein, das...das war seine Idee…verdammt nochmal“...versuchte ich mich indessen vehement heraus zu reden, aber der Notarzt seufzte lediglich leise, ehe er mir etwas darauf entgegnete.
 

„Es ist jetzt wohl nicht mehr wichtig, wessen Idee es gewesen ist. Jedenfalls war sie aus meiner Sicht heraus nicht besonders klug gewählt. Eikskild hat verfluchtes Glück gehabt, nur ein paar Stunden später hätten wir nichts mehr für ihn tun können. So und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss zu meinem Patienten zurück. Sie können ihn von mir aus nachher auf der Intensivstation besuchen wenn Sie das wollen Lyria. Ich denke es spricht nichts dagegen und wird ihm zudem gut tun, wenn er in der Aufwachphase nicht allein ist.
 

Allerdings kann das noch dauern, es geht ihm nach der Sepsis nicht sonderlich gut und es ist daher nicht gesagt, dass er sofort aufwacht. Es kann unter Umständen Tage oder sogar bis zu einer Woche dauern, bis er wieder zu sich kommt. Sein Körper hat nach der Blutvergiftung einen heftigen Schock erlitten...das muss er erst noch verkraften. Ein Glück nur, dass der Mann eine solch robuste Konstitution besitzt, ein anderer als er hätte das sehr wahrscheinlich nicht überlebt.
 

Sie entschuldigen mich...ich ähhh muss zurück?!“
 

Mit diesen Worten und einem kurzen Nicken verschwand Svensøn wieder zurück in den Operationssaal, um nur einige Augenblicke später mit Eikskild, samt Sanitäter und OP Schwester wieder auf der Bildfläche zu erscheinen, die beide das Rollbett in dem er lag in Richtung der Ausgangstüre schoben. Als sie an uns vorbei kamen hielt mich nichts mehr auf meinem Sitz...der kurze Blick in sein Gesicht, dem man die Tortur die er durchgemacht hatte noch deutlich ansah, ließ mich erschrocken aufstöhnen….
 

„...Eikskild?!“
 

Hörte ich mich ihm somit leise und sichtlich durcheinander entgegen flüstern, doch es erfolgte verständlicherweise keinerlei Reaktion von ihm, denn der Trapper war ja noch immer ohne Bewusstsein.
 

Die junge Schwester der man das Inuit Blut von ihrer ethnischen Volksgruppierung her deutlich ansah lächelte mich freundlich an, als sie ihn an mir vorbeischob.
 

„Sie können gerne mitkommen wenn Sie möchten, wir bringen ihn jetzt auf die für ihn vorgesehene Station.“ Sagte sie dabei so vollkommen ruhig, dass ich erleichtert aufatmete und nickte.
 

Hastig sah ich mich einen Moment später nach Yokky um, doch der nickte ebenfalls kurz, bevor er erneut zu sprechen ansetzte.
 

„Geh ruhig, ich werde hier solange auf dich warten. Bring ihn auf seine Station und dann komm zurück. Wir sollten dir noch eine passende Unterkunft beschaffen. Du kannst ja schlecht die ganze Zeit hier im Hospital verbringen oder?
 

Ich habe vorhin bereits mit Lalê telefoniert, das ist eine gute Freundin von mir. Sie hat ein kleines Motel ganz in der Nähe, bei ihr werden wir übrigens auch meine Hochzeit feiern und wie es der Zufall will, hat sie im Augenblick ein kleines Doppelzimmer frei. Du kannst also solange dort bleiben, wie es nötig ist. Ich bringe dich nachher hin, dann geht es schneller und einfacher zu finden ist es auch...was hältst du von dem Vorschlag?!“
 

Über mein erschöpftes Gesicht zog sich ein freudiges Lächeln. „Oh das klingt ganz wunderbar, du bist ein wahrer Goldschatz Yokky...ich hoffe deine Svetlana weiß, was sie an dir hat. Danke, dass du das hier alles für mich tust.“
 

Beeilte ich mich ihm zu antworten, doch er lachte nur und winkte sichtlich verlegen ab. „Oh nun ja, ich denke das weiß sie sehr genau...und ich mache es gern. Eikskild ist mein Freund, demnach bist du also meine Freundin und ich muss wohl nicht extra betonen, dass seine Freunde auch meine sind. Ja mehr noch, ich denke du weißt sehr gut, was er für dich empfindet...und wer weiß, vielleicht gehörst du ja bald schon zur Familie?!“ Sah ich ihn mir plötzlich sehr direkt und mit einem breiten gutmütigen Grinsen mitten im Gesicht antworten.
 

„Also erst mal muss er das Desaster hier lebend überstehen...und DANN können wir beide uns gerne noch einmal dahingehend unterhalten, WAS du da so zwischen ihm und mir gesehen haben willst mein Freund!“ Konterte ich daraufhin so spröde, dass er prompt in ein herzliches Lachen verfiel.
 

„Sehr genau, du hast es erfasst, das werden wir zu gegebener Zeit tun und diese nette Unterhaltung fortsetzen. Aber jetzt geh besser, ich glaube die Schwester will zurück auf die Station mit ihm!“ Antwortete er mir anschließend ruhig und sehr gelassen, wobei er Anstalten machte mich energisch in Richtung der Krankenschwester zu schieben, damit sie mich endlich mitnehmen konnte.
 

Mit einem tiefen Seufzer tat ich schließlich was er sagte und so ging ich mit dem Pflegepersonal. Sie brachten Eikskild auf die Intensivstation, die im Moment bis auf ihn als einzigen Patienten leer war...mein Glück, denn so störte ich niemanden und konnte bei ihm bleiben, um ihm wenigstens noch einmal kurz die Hand zu halten und ihm, wo ich schon mal dabei war zum Abschied noch einen schnellen aber zärtlichen Kuss auf die Stirn zu drücken, mit dem ich mich kurzzeitig und sichtlich ungern von ihm löste. Vordringlich da ich mir ja noch eine vorübergehende Bleibe beschaffen musste, die ich Dank Yokky zum Einen sehr günstig und zum Anderen direkt in der Nähe des Hospitals haben konnte.
 

Wenige Minuten später waren Yokky und ich also beide im Laufschritt in Richtung des kleinen Motels unterwegs, das auf den ach so klingenden Namen » til beruset Isbjørn « also Übersetzt «zum betrunkenen Eisbären» hörte.
 

Was für ein ausgesprochen ausgefallener Name, der offenbar schon alles über dieses «besondere» Etablissement aussagte, das ich meiner Erinnerung zufolge im Übrigen schon einmal kurzzeitig nach meiner Ankunft im Herbst in Longyearbyen bewohnt hatte.
 

Gut mir war es schlussendlich einerlei, wie und weshalb das Motel ausgerechnet zu diesem seltsamen Namen gekommen war. In erster Linie zählte für mich nur eines und das hieß ein Dach über dem Kopf zu haben und das zudem möglichst nahe am Krankenhaus, denn ich wusste ja nicht wie lange ich gezwungen war zu bleiben.
 

Zumindest schon mal so lange bis es Eikskild besser ging und das konnte unter Umständen dauern...immerhin hatte es den Trapper wirklich übel erwischt. Also gab ich mich dahingehend keinen Illusionen hin, noch vor Yokkys Hochzeit wieder zurück in die kleine Hütte auf Barentsøya zu kommen.
 

Ich konnte ja schon froh sein, wenn er es schaffte bis zur Hochzeit wieder halbwegs auf die Beine zu kommen und mir war in dem Moment vollkommen klar geworden, dass ich auf jeden Fall solange bei ihm bleiben würde, bis es ihm wieder gut ging...ganz gleich wie lange es dauern mochte.
 

Ich würde ihn gewiss nicht im Stich lassen....



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück