Im Schatten des Universums von UAZ-469 (Machtergreifung) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ „Im 15. Jahrhundert, im feudalen Japan ...“ Der leblose Körper auf dem Bett schnellte hoch und versenkte seine Faust in das überraschte Gesicht des Sprechenden. So stürzte er nach hinten und blieb still liegen. „NEIN!“ Daraufhin lachte jemand, den der plötzlich Wiederauferstandene nicht sehen konnte und sagte in dieser seltsamen Sprache: „[Ha haaa! Ich hätte nie gedacht, dass du allein mit deiner Familiengeschichte Tote wieder zum Leben erwecken kannst. Frankenstein wäre stolz auf dich gewesen.]“ „[Autsch! Womit habe ich das nur verdient?“], beklagte sich der am Boden liegende und richtete sich auf. Es war niemand anderes als der alte Knabe, der Wolf über Komlink unterstützt hatte: Masaru. „[Ganz ehrlich, wäre ich er, hätte ich Sie nicht nur geschlagen, sondern auch noch wie Troubadix gefesselt und irgendwo am Rande des Dorfes ausgesetzt. Aber sparen wir uns das ...]“ Da Wolf nur Bahnhof verstand, sah er sich um. Er war in einem düsteren, kleinen Zimmer, dessen Wände und Böden aus einfachen Holzbrettern bestanden. Verglichen mit dem Raum auf Venom war das hier eine zum Patientenzimmer umfunktionierte Abstellkammer. Die einzigen Lichtquellen waren eine flackernde Glühbirne über und ein schmales Fenster hinter ihm. Ein kurzer Schulterblick offenbarte ihm, dass sich der Tag dem Ende zuneigte. Wolf wusste nicht warum, aber beim Anblick des grünlich schimmernden Himmels kam ihm das kalte Grausen. Der Horror in den Augen des Söldners schien von Masaru bemerkt worden zu sein, weswegen er beruhigend auf ihn einzuwirken versuchte. „Fürchtet Euch nicht, Ihr seid in Sicherheit. Der Gottvater im Himmel muss Ihnen einen äußerst mächtigen Schutzengel überlassen haben, dass Sie das überlebt haben.“ Wolfs Gedanken bewegten sich von der ihm noch verschleierten Gefahr des Dunkels außerhalb des Hauses zu der Wunde am Kopf. Diesmal vorsichtig führte er seine linke Hand an die Stelle, wo die Kugel eingetreten war und fühlte einen dicken Verband. Es schmerzte zwar immer noch, aber nicht mehr so intensiv wie vorher. Ebenso verhielt es sich mit der Rechten, deren Bänder nicht ganz so dick waren und rudimentäre Bewegung zuließen. Hatten sie ihn mit Schmerzmitteln vollgepumpt? Ein ihm unbekannter Mann mit weißem Arztkittel und Mundschutz begann zunächst von einem Klemmbrett abzulesen, um anschließend ein paar persönliche Worte an ihn zu richten. Weil er natürlich wie ein Ochse vorm Berg stand, übersetzte Masaru für ihn. „Neun Millimeter Makarow, Schädelfraktur, leichte Verletzung des Gehirns. Sie werden vermutlich das ein oder andere vergessen haben, aber das ist sicherlich ein geringer Preis für Ihr Überleben, oder? Ich darf mich außerdem ganz herzlich bei unserem Dorfarzt hier bedanken, der bereits im Bosnienkrieg gedient hatte. Sie waren also die ganze Zeit in besten Händen.“ Der Herr auf der anderen Seite des Bettes verbeugte sich lächelnd und sagte etwas, was sich für Wolf wie eine Danksagung anhörte. „Zuvor müssen wir jedoch Ihre kognitiven Fertigkeiten testen, um etwaige Schäden auszuschließen. Obwohl die Kugel problemlos entfernt werden konnte, wissen wir nicht, was sie in der Zeit bis zur Operation alles angerichtet hat. Hoffen wir das Beste.“ Wolf umgab immer mehr eine düstere Vorahnung, widersprach Masaru jedoch nicht, da er diese Furcht nicht zuordnen konnte und anderweitig nicht wusste, was er tun sollte. Vielmehr sorgte ihn die Tatsache, scheinbar grundlos Angst zu verspüren. Der Chirurg sprach dem Herrn etwas zu, was dieser Wolf in seiner Sprache mitteilte. „Zuerst: Können Sie sich daran erinnern, wer Sie sind und wie Sie heißen?“ Obwohl diese Frage berechtigt war, kam sich der Kopfgeldjäger für dumm verkauft vor. Wütend erwiderte er: „Was ist das für eine dämliche Frage? Ich muss niemandem meinen Lebenslauf darlegen!“ Doch Masaru blieb standhaft und wiederholte die Anweisung: „Wer sind Sie und wie heißen Sie?“ Genervt seufzte Wolf, räusperte sich und antwortete: „Ich bin Kopfgeldjäger, ehemaliger Anführer des leider zerschlagenen Star Wolf-Teams, Fox' erklärter Rivale und heiße … heiße ...“ Er stockte – was von den Menschen mit bekümmerten Gesichtern frequentiert wurde. Warum entwich nichts seinen Lippen? Es lag ihm doch auf der Zunge! „Ihren Namen bitte.“ „Ich weiß es, ich weiß es! Moment, ich hab's … Die Kugel hat wirklich ganze Arbeit geleistet, verdammt nochmal ...“ Plötzlich platzte es aus ihm heraus: „Avery Jefferson! Fay Boulevard 95 in Corneria, achte Etage! Ich mochte immer die Vermieterin, bis sie irgendwann die Treppe herunter gestürzt ist ...“ Sein Ansprechpartner zog eine Braue langsam hoch bis zu dem Punkt, an dem selbst seine Stirn drohte zu zerreißen. Hatte Wolf etwas Falsches gesagt? „Ahaaaaaaa … Sehr interessante Dinge erfahre ich hier …“, murmelte Masaru vor sich hin, nickte danach aber dem Arzt zu, woraufhin dieser mit dem Prozedere fortfuhr. Was folgten, waren simple Reaktionstests, Koordinationsaufgaben und einfache Mathematik, bei der der Söldner eine Glanzleistung von elf in „Eins plus eins“ hinlegte. Murrend ließ Wolf die Tests über sich ergehen, stets mit dem bedrückenden Gefühl im Bauch, eigentlich nicht hier, sondern woanders sein zu müssen. Als er zudem noch unzählige Spuren von Erde an seiner Kleidung entdeckte, konnte er nicht mehr an sich halten, unterbrach die Übung und fragte: „Was ist eigentlich in der Zwischenzeit geschehen? Ich weiß nur, dass man mir in den Kopf geballert und ich mich mit einem sogenannten „Ural“ den Weg ins Dorf gebahnt hatte.“ Masaru guckte nach Erwähnung des Lastwagens skeptisch drein und die Augen drehten sich regelmäßig von Seite zu Seite. Dann wartete er einige Augenblicke ab, ehe er nur den Kopf schüttelte. „Ich weiß nicht was Sie durchgemacht haben, aber einen Ural sind Sie gewiss nicht gefahren.“ Wolf sperrte die Lauscher auf. Natürlich war er einen Ural gefahren, er hatte es doch selbst erlebt! Wie konnte Masaru deswegen das Gegenteil behaupten? „Ich war zwar zu dem Zeitpunkt nicht persönlich anwesend, allerdings hatte Vladimir hier genau gesehen, wie die Piraten einen leblosen Körper aus dem Laderaum eines Lasters gehievt hatten. Stalos hatte mir ausnahmsweise erlaubt, mit Santana als „Aufsichtsperson“ in das Dorf zurückzukehren, weswegen ich nun zweifelsfrei bezeugen kann, dass ...“ Für den Söldner ergab das Ganze keinen Sinn. Entweder wurde er angelogen oder etwas Merkwürdiges ging hier vor. Vermutlich deswegen brachte ihn auch die folgende Aussage aus der Fassung: „... SIE es waren, den die Halunken angeschleppt hatten. Sie können außerdem von Glück reden, denn wäre Vladimir nicht gewesen, wären Sie sicherlich an der Erde erstickt.“ Das war zu viel für Wolfs beschädigtes Hirn. Die Widersprüche prallten in seinem Schädel wie Fußbälle gegen Wände und ertränkten jeden Versuch, den Fall logisch aufzuklären, in einer Flut aus Kopfschmerzen. Stattdessen übernahm Masaru den Teil, wofür er ihn zuerst nach seiner Version der Erlebnisse ausfragte. Schweigend hörte er Wolf zu, wie jener von seiner kleinen Reise erzählte – mit Lücken, wie beide feststellten. So fehlten unter anderem die Gespräche und die Ankunft an der Arztpraxis, wodurch die Ereignisse zusammenhanglos schienen. Nichtsdestotrotz ließ der Mann am Ende das Gesagte auf sich wirken, von Vladimir und dem Söldner erwartungsvoll beobachtet. „Interessant.“ Das war's? Mehr als ein „Interessant“ brachte Masaru nicht heraus? Aufs Neue stand Wolf kurz davor, seinem Zorn freien Lauf zu lassen. Ein Übel, das der Herr zu verhindern wusste, indem er den Chirurgen in ein Fachgespräch verwickelte. „Wir sind uns nicht sicher“, redete Masaru, „Doch es könnte sich dabei durchaus um eine Art Traum handeln. Oder Halluzinationen, falls das für Ihren Geisteszustand treffender ist.“ Diesen Vorwurf gnädig überhörend, ging Wolf sämtliche Begebenheiten seiner Odyssee wie eine Liste zum abhaken durch und bat jedes Mal darum, ihm zu sagen, ob es wahr oder falsch war. „Also bin ich nicht von alleine aufgestanden?“ „Ich denke nicht, nein.“ „Ich habe nicht den Lastwagen mitgehen lassen und auch nicht kurzgeschlossen?“ „Eindeutig nein, tut mir leid.“ Kurz darüber geärgert, die Legende nicht in der Realität erlebt zu haben, machte er weiter: „Ich bin auch nicht mit Ustanak zusammen gereist?“ „Wenn Sie es tatsächlich getan hätten, wären Sie längst Toast. Allein die Vorstellung davon, lächerlich. Sie kuscheln bestimmt auch mit wilden Löwen, oder?“ „Nerven Sie nicht“, erwiderte Wolf angesäuert, „Also können wir damit abschließen, dass es nur Hirngespinste waren?“ Masaru nickte. „Versuchen Sie es einfach zu vergessen, in Ordnung? Man sagt ja bekanntlich: Träume sind Schäume. Wenn Sie jedoch unbedingt darauf bestehen, können Sie eines Tages für viel Geld zu einem Traumdeuter gehen.“ Notgedrungen beherzigte Wolf den Rat und erkundigte sich dann nach dem versuchten Begräbnis. Diese Frage gab man an Vladimir weiter und mit der Übersetzung ging es an den Jäger zurück. „Nun, sie fuhren in einem kleinen Konvoi durch die Stadt, hielten im Zentrum an und begannen, ein Loch auszuheben. Ein hastig ausgegrabenes Loch, wie Massengräber für tote Zivilisten. Man entsorgte Sie quasi wie Müll, während Ustanak eine Rede über Ihre Tapferkeit und anschließend Ihre Torheit hielt, wie zwecklos es wäre, sich der Piratenarmee entgegenzustellen. Als er sie beendet hatte, kam Vladimir hinzu, erbost über die unwürdige Bestattung und bat darum, Ihnen ein angemessenes Begräbnis zu bereiten. Nach kurzer Diskussion stimmte die KI schließlich zu und man überließ Sie dem Arzt, der Sie rasch aus dem Loch zog und in die Praxis trug. Immerhin verzichtete Ustanak darauf, Zivilisten als „Ausgleich“ für die von Ihnen getöteten Soldaten umzubringen.“ „Aber woher wusstet Ihr, wohin man mich bringen würde und das ich die Männer um die Ecke gebracht hatte?“, wollte Wolf wissen, „Sie hätten das Geschehen aus nächster Nähe verfolgen müssen.“ So berechtigt die Fragen waren, so kurz und logisch waren des Rätsels Lösungen: „Ihr Komlink war die ganze Zeit über aktiv, sodass wir problemlos nachverfolgen konnten, was bei Ihnen passierte. So konnten wir die Gegner belauschen und ihr nächstes Ziel erfahren, sodass ich mich gegen Abend hier mit Santana einfand.“ Wenn Masaru schon beim Thema Komlink war, konnte er Wolf bestimmt sagen, was aus der Ausrüstung geworden war. Und, wie befürchtet, fiel die Antwort nicht unbedingt rosig aus: „Alles abgenommen worden. Schlimm genug, dass man offenbar einige gestohlene Geräte dabei hatte und sie uns abhören konnten. Deswegen herrscht zurzeit in der Höhle eine höchst paranoide Stimmung. Niemand weiß jetzt, ob die Banditen vom Standort wissen und eventuell angreifen werden. Der Captain hatte zudem eine rasche Rückkehr befohlen, wahrscheinlich aus Angst, wir würden überlaufen.“ Ehe Wolf nach Santana fragen konnte, sprach Masaru weiter: „Und an Ihrer Stelle würde ich dem nachkommen, sonst erschlägt er uns alle mit seinem Nudelholz. Sie werden wohl hoffentlich verstehen, dass ich uns allen ein derart grausames Schicksal ersparen möchte.“ Das sah der Kopfgeldjäger ein, nickte und machte sich ans Aufstehen. Sein Arzt verfolgte das Bestreben mit äußerstem Argwohn, wohl weil Wolf alles andere als vollständig auskuriert war. Masaru jedoch gelang es, ihn von der Wichtigkeit ihrer Mission zu überzeugen, indem er darauf baute, wie sehr jede Minute zählte und es dem Söldner von der Wunde abgesehen verhältnismäßig gut ging. Deshalb ließ er sie letztlich ohne zu murren gehen. Nur den Kopf und die Hand sollte Wolf so gut es ging schonen. Draußen wartete der Sturmsoldat im Schatten einer Ecke; starr wie eine Statue, der Helm furchteinflößend und den Blaster gut sichtbar in den Armen. Das Imperium musste einen enormen Wert auf Disziplin legen. Welchen Eindruck er wohl bei der Bevölkerung hinterließ? „Sie sind endlich wach, exzellent.“ Hätte er sich dabei nicht ein wenig geregt, hätte Wolf ihn nicht registriert, ja, sich fast schon erschreckt. Ungeachtet dessen fuhr Santana fort: „Wir haben keine Zeit zu vertrödeln. Stalos verliert durch die Angst vor einem Angriff den Verstand und wer weiß, zu was er in diesem Zustand in der Lage ist. Im schlimmsten Fall bringt er noch jemanden um, am ehesten dieses Alien.“ Jan blieb Wolf für einige Sekunden in Gedanken haften, doch er verdrängte ihn allerdings schnell und sagte mit knurrender Stimme: „Stalos … Kommt, wir bringen ihn wieder zur Räson.“ Von dieser Entschlossenheit beeindruckt, sah man ihm zunächst verblüfft hinterher, wie er sich den Weg aus der Praxis bahnte und die Tür wegschob. Der grüne Nebel am Himmel erinnerte Wolf an ein Blutbad. Genau so, bis auf die Farbe, würde es aussehen, wenn man sie alle abschlachten würde. Natürlich falls Stalos dem nicht in seinem Wahn zuvorkam. Hatte er nicht ohnehin ein Hühnchen mit ihm zu rupfen? Die Männer kamen ihm kurz darauf nach und bugsierten ihn zum Geländefahrzeug unweit des Gebäudes. Dass die Piraten es dem Dorf nach all dem vorangegangenen Ärger immer noch nicht weggenommen hatten, wunderte ihn doch. Vielleicht nur, weil es für den Kampfeinsatz nicht geeignet war? Von einigen Bewohnern aus ihren Fenstern beobachtet, stiegen sie in den Wagen ein; Masaru als Fahrer, Wolf neben ihm und Santana auf der Rückbank. „Drücken Sie auf die Tube!“, befahl Santana dem alten Mann, „Uns läuft die Zeit davon!“ Schon bald durchquerten sie das Tor und befanden sich auf dem Weg zur Höhle, vom Sturmtruppler angeleitet. Fast die gesamte Fahrt über hielt Wolf den Blick unten, da ihm seine steigende Furcht anfing, Streiche zu spielen: Einige der Schatten, die die Bäume warfen, schienen sich zu bizarren Abbildern des Panzers zu verformen. Hatte es etwas damit zu tun, woran er sich zu erinnern versuchte? „O'Donnell, ist etwas?“ Der Söldner wurde aus seinen Überlegungen gerissen und sah ihn an. Im Augenwinkel nahm er erneut einen dieser grässlichen Schatten wahr, was ihn zusammenzucken ließ. Dennoch wollte er sich nichts anmerken lassen und entgegnete: „Nein, es ist nichts. Ich bin nur müde, das ist alles.“ „Sind Sie sicher? Sie sehen aus, als ob Sie etwas bedrücken würde.“ Er konnte es anscheinend nicht mehr verbergen. Ein paar Sekunden wartete der Kopfgeldjäger, holte tief Luft und redete: „Ich habe das Gefühl, dass heute etwas Schreckliches geschehen wird, aber ich weiß nicht genau, was.“ „Es kann sich nur um einen Piratenangriff handeln“, warf Santana ein, „Oder der drohende Amoklauf des Captains. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir uns beeilen.“ Der Rentner wiederum murmelte nur Unverständliches vor sich hin, bis er Wolfs Zusatz hörte: „Und ich glaube, ich sehe schattenhafte Ustanaks.“ Umgehend starrte ihn Masaru mit aufgerissenen Augen und einem bleichen Gesicht an. „Woher wissen Sie, dass er heute angreifen wird?“ Trotz der fehlenden Erinnerungen kam Wolf auf die beste Antwort, die er durch pure Logik und Kombinationsgabe ermitteln konnte: „Ustanak hat es mir selber gesagt.“ Plötzlich wurden die Passagiere in die Sitze gedrückt. Ein metallischer Schrei ging durch den Innenraum, als der Fahrer das Gaspedal bis zum Anschlag betätigte und einen Gang herunterschaltete. „Sie sind ein hirnverbrannter Idiot, Wolf!“, polterte er, „Warum haben Sie nicht gleich gesagt, dass Sie einen Panzer-Angriff vermuten?! Wir hätten die Tests locker überspringen können!“ Es fiel Wolf schwer, sich bei dem Geschüttel des Wagens festzuhalten und noch schwerer, ein Wort klar und deutlich auszusprechen. Dementsprechend kläglich fiel auch sein Konter aus: „I-i-ich wussss-uff-te doch ga-ar niiargh-icht, dass ein An-griff statt-aua-finden wür-de!“ „Aber Sie träumen oder halluzinieren nicht umsonst eine Attacke, da muss also etwas in Ihrem Gehirn sein, das aus dem Unterbewusstsein gefischt wurde! Können Sie sich nur ansatzweise vorstellen, wie viel Tod und Zerstörung er über uns regnen lassen kann? Er wird nicht umsonst von allen, die seine Leistungen erlebt hatten, als die tödlichste Waffe der Menschheit nach der Atombombe bezeichnet! Wir können im Moment nur hoffen und beten, dass er das Lager nicht schon dem Erdboden gleichgemacht hat!“ Von diesen Aussagen hart getroffen war es ihm nicht möglich, Kontra zu geben. Vielmehr plagte ihn einer der fürchterlichsten Gedanken überhaupt … Lediglich Santana munterte ihn ein wenig auf, indem er meinte, dass niemand wissen konnte, wann der Panzer angreifen würde. Und selbst falls Wolf es wusste, hätte er es nicht sagen können. Das half jedoch kaum gegen ein bereits angerichtetes Massaker. Immerhin verkürzte sich die Fahrt durch die äußerst ruppige Fahrweise um wertvolle Minuten – ob das genügte? Sobald das Dreiergespann ihr Ziel endlich erreichte und eine unbeleuchtete Höhle vorfand, vermuteten Masaru und der Söldner das Schlimmste. Sogar die Äußerung des Soldaten, sie würden nur die Taktik des toten Mannes nutzen, konnte ihre pochenden Herzen nicht mehr besänftigen. Im Nachhinein musste er selber zugeben, nicht ganz von Sorgen befreit zu sein. Vielleicht waren sie wirklich zu spät? Was, wenn sie die einzigen Überlebenden wären? Sie drei allein gegen übermächtige Banditen? „Imperator, stehe uns bei ...“, flüsterte er, als sie aus dem Fahrzeug stürzten, jegliche Gefahr ignorierend in die dunkle Höhle eilten und nach den Anwesenden riefen. Die Höhle schien verlassen. Normalerweise war einer der Roboter vom Eingang aus sichtbar, diesmal jedoch nicht. Hatten sie während ihres Praxisaufenthalts die Flucht ergriffen, ohne ihnen die Koordinaten des neuen Lagers mitzuteilen? Es wäre zwar hinterhältig, jedoch nachvollziehbar gewesen. „Gehen wir bis zum Ende der Höhle. Ich bin zuversichtlich, dass sie sich hinter der Krümmung vor neugierigen Blicken versteckt halten.“, sagte Santana beherrscht, obgleich ihn seine Zweifel belasteten. Er fand auch dann keinen Grund, sich ihrer zu entledigen, als er auf dem Mittelweg einen Körper auf dem Steinboden entdeckte. Die Finsternis erschwerte die Sicht erheblich, für den Soldaten war dies jedoch aufgrund seines hochtechnisierten Helms kein Problem. So erkannte er im Gegensatz zu den anderen beiden, um wen es sich dabei handelte: Eine Sturmtruppe. Um keine voreilige Panik zu verbreiten, verlor er kein Wort über ihren Zustand, gelangte als Erster zu ihr und legte die Waffe ab. Seine Begleitung hatte gar nicht gemerkt, dass da etwas lag und wunderte sich, warum er plötzlich in die Hocke ging und den Boden untersuchte. „Santana, was ist dort?“, fragte Masaru besorgt, lediglich eine unförmige weiße Masse sehend. „Tja, wie soll ich es sagen ...“ Da dies mehr Angst als gedacht verursachte, fügte er rasch hinzu: „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche wollt ihr z...“ „Hört auf und sagt endlich, was Sache ist!“, fiel ihm Wolf verärgert ins Wort. Mittlerweile waren Santanas Kameraden nah genug herangekommen, um den Körper zu erkennen. Obgleich sie kurz davor standen, vor Sorge durchzudrehen, warteten sie ab, was der Soldat zu sagen hatte. „Also gut. Seht ihr hier?“ Er zeigte ihnen einen Brandfleck auf der Brust, oder versuchte es zumindest. Sie sahen wegen der Schwärze nichts, aber nickten trotzdem. „Durch einen Blaster erschossen worden. Deswegen lautet die gute Nachricht, dass die Piraten noch nicht zugeschlagen haben.“ Die schlechte Nachricht konnte sich Wolf an der Stelle von alleine zusammenreimen, weshalb er sich nicht im geringsten erleichtert zeigte. Im Gegenteil: Zähnefletschend stahl er Santanas Gewehr und lief weiter in die Tiefe der Höhle. Santana und Masaru waren zu überrascht von der Tat um sofort zu reagieren. Bevor der Sturmsoldat den Jäger überhaupt ausmachen konnte, war dieser ein gutes Stück von ihnen entfernt. „O'Donnell, nein! Sie wissen nicht, was Sie da tun!“, rief ihm Santana entsetzt hinterher, jedoch erfolglos. In seinem Bemühen, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen, folgte er ihm im Sprint, den alten Mann im Dunkeln zurücklassend. Er wusste, er würde Wolf nie rechtzeitig einholen können und doch wunderte er sich, warum bis jetzt kein Schuss gefallen war. Dass er weder Zelten, noch AT-STs begegnete, blendete er für den Moment aus. Am wichtigsten war, für ihn kaum zu glauben, das Überleben des Captains sicherzustellen. Würde dieser nämlich sterben … „FUCK!“ Von den Höhlenwänden hallte Wolfs Aufschrei wider und Santana war kurz glücklich, keine Schussgeräusche zu hören. Aber was war am Ende? Was wartete dort, das den Außerirdischen in Wut – und Verzweiflung – versetzte? Doch nicht etwa Leichenberge, oder? Hin oder her, er erreichte den Ort des Geschehens und sah sich an Wolfs Seite einem sonderbaren Bild gegenüber. Unter drei nebeneinanderstehenden Kampfläufern lagen knapp 60 Sturmtruppen wie tot am Boden, Stalos mittendrin. An der Rückwand lehnten mehrere Kisten und eingepackte Zelte. Und wo war das andere Alien? „Pssst! Hier!“ Santana und Wolf blickten gleichzeitig nach rechts, von wo aus die Stimme kam. Nur für den Soldaten gut sichtbar hockte ein sichtlich mitgenommener Fuchs in dreckigen Klamotten in einer kleinen Nische, einen Raketenwerfer wie einen Teddy umklammert. Noch bevor sie reagieren konnten, sprang Jan auf und fiel Wolf um den Hals, beinahe weinend. „Ich bin so froh, Euch zu sehen! Länger halte ich es hier nicht aus!“ Zuerst wollte der Jäger ihn wegdrücken, vor allem weil Jan nach etwas Unbeschreiblichem stank. Doch nicht nur hatte er Mitleid mit ihm, weil er so lange den Imperialen ausgeliefert war, irgendetwas in seinem Inneren machte Freudensprünge bei der Begegnung – was er natürlich nie zugegeben hätte, sonst wäre Jan in einer ruhigen Stunde auf Wer-Weiß-Was gekommen. Dennoch entgegnete er mit einem schwachen Lächeln: „Ja ja, ich bin schon da. Und jetzt hör auf zu heulen, danke.“ Nachdem das geklärt war, fragte er den ungeliebten Kumpanen nach den vergangenen Ereignissen. „Es war schrecklich. Als Masaru mit Santana ins Dorf gefahren war, missbrauchten mich gelangweilte Soldaten als Dienstmädchen. Ich musste alles für sie herumtragen, sie bedienen und ...“ Wolf hörte nicht weiter zu und wendete den Kopf zu Santana, der die Personen inspizierte. Inzwischen war Masaru eingetroffen und half ihm, wo er konnte. „... Und dann berief der Captain uns alle zu einer Krisensitzung zusammen, was im Falle eines feindlichen Angriffes zu tun sei.“ Mit einem Schlag wurde Jans Gerede wieder spannend. „Er schlug sofort vor, sich in den hinteren Teil der Höhle zu verkriechen und einfach toter Mann zu spielen. Dabei geriet er mit einem anderen Soldaten aneinander, der ihn einen Feigling schimpfte und verlangte, sich dem Gegner offen zu stellen. Als er jedoch erwähnte, ihn dem dunklen Lord oder so auszuliefern, wurde er kurzerhand von Stalos wegen Rebellion erschossen. Sie haben keine Vorstellung davon, wie schnell alles plötzlich ging ...“ Zum Abschluss verpasste ihm Wolf eine Backpfeife. „Aua! Was habe ich Ihnen getan?!“ „Dafür, dass du munter alles über mich ausgeplaudert hast. Sei froh, dass ich dich nicht dafür abknalle.“ „Aber O'Donnell! Jeder in der Szene weiß das! Sie erinnern sich doch hoffentlich an jene Nacht in einer Bar auf Katina?“ Wolf erinnerte sich dunkel daran, dass er sich vor Freude über einen gelungenen Auftrag betrunken hatte, aber ansonsten fehlte ihm alles und er zuckte mit den Schultern. „Na ja, jedenfalls verbreitete sich die Kunde über Ihren Namen und Ihre Geschichte wie Lauffeuer unter den Kopfgeldjägern und erreichte sogar gänzlich Unbeteiligte – wie mich. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, sollten Sie nicht so viel trinken, wenn Ihnen Ihr Privatleben wichtig ist. Sie scheinen unter Alkoholeinfluss äußerst gesprächig zu sein ...“ „Danke Jan, dass du mir etwas erzählst, was ich ohne dich NIE herausgefunden hätte. Und wenn du nicht ...“ „Maul halten ihr beide“, funkte Santana genervt dazwischen, „In der Tat, sie stellen sich tot und sind mittlerweile eingeschlafen. Echt tolle Soldaten des Imperiums, ernsthaft.“ Er rüttelte an einem von ihnen und dieser begann sich langsam zu regen. Beim Anblick Santanas jedoch schrie er, holte ihn mit einem flinken Tritt von den Beinen und feuerte eine Salve blind in seine Richtung. Alle Schüsse flogen in die abenteuerlichsten Richtungen, sodass sich Wolf fragte, wie der Schütze durch die Ausbildung gekommen sein musste. Infolge des Lärms, wenn auch spät, wachte der Rest auf und die Scheinwerfer der Roboter erleuchteten die Höhle. „Bantha-Mist! Wer wagt es, unsere perfekte Tarnung auffliegen zu lassen?!“ Trotz Stalos' Gemotze war Wolf mehr als nur erleichtert darüber, niemanden an die Piraten verloren zu haben – noch, wohlgemerkt. Da der Captain zudem am Leben war und der Söldner eine Waffe hatte … Auf einmal packte Santana zu und entriss ihm kopfschüttelnd das Gewehr. Um Haaresbreite hätte er die Sturmtruppe sogar attackiert, nur um seine Rache auszuführen. Aber in den Massen an Soldaten war Stalos kaum zu treffen, weswegen er sich solange ruhig verhielt, bis sich eine Gelegenheit ergab, ihn zu töten. Anschließend trat Masaru hinzu und rief, um alle zu erreichen: „Meine Herrschaften, diese Taktik hätte euch ohnehin nichts gebracht. Denn Ustanak verfügt über Wärm...“ „EIN BANDIT!!!“, brüllte Stalos ohne Vorwarnung, „Ich wusste, dass man euch nicht trauen konnte!“ Er bahnte sich den Weg zwischen den Truppen zu ihnen, einen Blaster in der Hand und fuhr fort: „Ich hätte euch von Anfang an töten sollen! Und wisst ihr was?“ Mit diesen Worten griff er Jan am Kragen und drückte ihm den Pistolenlauf an die Stirn. „Das hole ich jetzt nach!“ „Jefferson, so tun Sie doch was! BITTE!“ Doch alle starrten ihn lediglich an, wie Gaffer an einer Unfallstelle und er fing an zu heulen. Ausschließlich Wolf intervenierte mit den Reflexen einer Katze. Von der erschrockenen Menge beobachtet, rempelte er Stalos an, warf sich auf ihn und nahm die Pistole. Santana indes war aus lauter Entsetzen zu nichts fähig, außer zuzusehen und zu brüllen: „WOLF! NA-HA-HAIN!“ Am Boden baute sich Wolf über ihn auf und bearbeitete das Gesicht des Captains mit Schlägen. Mit jedem Treffer entlud sich ein Teil seines Hasses, und würde ihn niemand aufhalten, hätte er ihn bis zum Morgengrauen verprügelt. Und es fühlte sich sehr gut an – die Schreie, der zugefügte Schmerz, das Blut ... „Du! Ver! Schissenes! Arsch! Loch! Wie! Fühlt! Sich! Das! An?! HÄ?!“ Bis sich Santana aus der Starre lösen konnte, verging eine geraume Zeit und obwohl er den Söldner mit Gewalt entfernte, war aus Stalos' Kopf eine unförmige, blutige Masse geworden. Ein Finger zuckte noch, dann setzte Wolf dessen Leben mit einem Schuss ein Ende. Stille. „Und jetzt?“, fragte eine Sturmtruppe, woraufhin sich unmittelbar darauf ein Tumult erhob, in dem die Einheiten wild durcheinander redeten und danach aufeinander losgingen. Außerhalb des Treibens standen Wolf, Jan und Masaru und guckten Santana zu, wie er auf die Knien sank und sein Visier mit den Händen verdeckte. „Tja, ich schätze, dieses Probl...UMPF!“ Blitzschnell griff der Soldat den Kopfgeldjäger und schleuderte ihn gegen die Wand. Dort würgte er ihn, hob ihn hoch und sagte in einem bemüht ruhigen Ton: „Hervorragende Arbeit, Idiot. Dank Ihnen sind wir nun dem Untergang geweiht. Stalos war zwar zweifelsohne eine Niete, aber er war der einzige, der die Truppe zusammengehalten hat.“ Danach drehte er sich um und warf Wolf zu Boden. „Sehen Sie sich an, was Sie getan haben und freunden Sie sich langsam mit dem Gedanken an, für unser aller Tod verantwortlich zu sein. Nochmal, herzlichen Glückwunsch, Arschloch. Ich denke, dieses Wort, das Sie gerade gesagt hatten, trifft genau auf Sie zu.“ Der Sturz war hart und schmerzte durch seine Wunden noch intensiver. Sich hingesetzt, sah er einen Moment lang dem Chaos zu, ehe er abwechselnd zu Masaru und Jan blickte und hoffte, wenigstens ihre Unterstützung zu erhalten. Allerdings schüttelten sie nur langsam den Kopf. Von allen alleingelassen, vergrub er sein Gesicht in den Händen ... … Und weinte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)