Im Schatten des Universums von UAZ-469 (Machtergreifung) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- „Kaffee?“ Eine venomianische Wache hielt ihm eine Tasse dampfenden Kaffees hin, ohne vorher darum gebeten worden zu sein. Diese Soldaten wussten, wonach es Wolf gelüstete. „Dankeschön. Wegtreten!“ Der Mann salutierte mit harter Miene und verließ das Gemach des Oberbefehlshabers. Dann war Wolf allein. „Hm, der Obermacker zu sein ist echt nicht übel! Daran könnte ich mich glatt gewöhnen. Vor allem an diesen coolen Tisch mit all den versteckten Gadgets!“ Ein kurzer Knopfdruck und über der Fläche erschien die Projektion einer Gummiente mit Kettensäge, die gegen eine mit einem Nunchaku bewaffneten Toilette kämpfte. „Geil!“ Danach ging wieder die Tür auf und General Rhino trat gesenkten Hauptes ein. Diesem verpasste Wolf sogleich einen Kopfschuss aus der seltsamen Waffe, die er unter Masarus Bett gefunden hatte. Doch statt blutüberströmt umzufallen, zersprang der übergewichtige General in einen Haufen von Plüschtieren. Ein würdiger Abgang, fand der Kopfgeldjäger. Nachdem sich das Spielzeug aus irgendeinem Grund in Luft aufgelöst hatte, öffnete sich der Zugang abermals. Diesmal war es, er konnte es kaum glauben, Jan persönlich. Dazu in schicker Offiziersuniform, in schwarzer Farbe und auf der Schirmmütze prangte das Erkennungszeichen der menschlichen Banditen. „Sir!“, grüßte er Wolf und salutierte, „Es scheint, dass die Männer Ihr Haustier gefunden haben!“ Dem frischgebackenen General fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte zwar keinen blassen Schimmer, wer oder was sein Haustier war, aber es machte ihn glücklich, eins zu haben und es in Sicherheit zu wissen. Lächelnd antwortete er: „Sehr gut. Bringt es mir, ich kann ohne es nicht schlafen.“ „Sofort, Sir!“ Erneut allein, legte er seine Füße auf den Tisch, stützte den Hinterkopf mit den Händen und wippte mit dem Stuhl. „Yep, daran kann ich mich echt gewöhnen.“ „[Blödes Alien!]“ Ein paar harte Schläge gegen die Tür und sein Gemach fiel in sich zusammen. Bald darauf fand er sich nicht mehr auf Venom, sondern in einer kleinen Holzhütte wieder, von der Dunkelheit verschlungen. Und sofort stellte er fest, dass er keinen High-Tech-Tisch, kein unbekanntes Haustier und keinen Offizier in der Gestalt von Jan besaß. Im Grunde war er ziemlich mittellos und arm und mit gebrauchter Kleidung konnte er nichts kaufen. Umso schwerer wog das Reißen aus dem Traum und bewirkte nur eines: Rage. „Ihr Säcke!“, brüllte er der aggressiven Meute vor der Hüttentür entgegen, „Findet Ihr es lustig, eine arme Sau aus feuchten Träumen zu reißen?“ Nochmals schlugen welche gegen den Zugang und schrien: „[Wir zeigen dir gleich, was wir mit laufenden Fußmatten machen, die Piotr umgebracht haben!]“ Die Behausung verfügte nur über zwei Fenster, je eines neben der Tür und war von schlichten Gardinen verdeckt. So konnte er nicht sehen, wie groß die Gruppe war und ob seine Schlagfertigkeit ausreichte. Aber wozu seine Gesundheit im Nahkampf riskieren, wenn er eine gruselige Knarre unterm Kissen hatte? Sollten sie ruhig kommen! Vom Bett aufgerichtet und die Schuhe angezogen, zog er das Gewehr heraus und schüttelte es durch – im Magazin rumpelte es. „Hehehehe ...“ Danach imitierte er eine Frauenstimme und rief: „Ooooh, holt mich, holt mich! Für diese Nacht bin ich frei! Kostenlos und eine Bleipediküre gibt es noch gratis dazu!“ Jetzt fiel die Tür aus den Angeln und eine kleine Truppe von alten und jungen Menschen, ausgerüstet mit allem, was annähernd als Waffe verwendet werden konnte, stürmte herein. Ein ergrauter Herr, offenbar der Anführer, hob drohend ein Nudelholz und blaffte ihn an: „[Haben wir dich, Mistvieh! Jetzt hauen wir d...“ Er stockte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er das schwarz glitzernde Gewehr in Wolfs Händen an. „[Moment, dieses Sturmgewehr ...]“ Plötzlich rief er hysterisch: „[Eine dunkle Waffe! LAUFT!]“ So schnell wie sich die Hütte leerte, konnte Wolf gar nicht „Aber was ist mit 'nem Date?!“ sagen. Es dauerte eine Weile, bis das Geschrei der Flüchtenden ausklang. Verblüfft sah er das Schießeisen im Anschluss daran an und meinte: „Bei Andross' Gummiente, dieses Baby muss wirklich eine enorm verstörende Wirkung haben. Ich glaube, das Ding lasse ich mal auffällig unauffällig mitgehen.“ „WOLF!“ Der unerwartete Aufschrei ließ ihn zusammenzucken und die Waffe rasch hinterm Rücken verstecken. Denn bald darauf tauchte ein sehr erzürnter Masaru auf, die Gesichtsfarbe tiefrot. Als er das Gewehr erblickte, bildete sich der Kopfgeldjäger ein, Dampf aus den Ohren steigen zu sehen. Was war bloß sein Problem? „Was denn, ich habe nur ...“ „Sie Idiot! Wissen Sie, was Sie da getan haben?!“ Wolf allerdings war sich keiner Schuld bewusst und er erwiderte: „Ich habe mich vor einer angepissten Meute von Bauern verteidigt, was dagegen?“ Nun zischte es wie bei einem zu erhitzten Dampfkessel. „Nein, aber WIE Sie es gemacht haben, DA habe ich was gegen! Ich könnte gleich mein Katana nehmen und ... nnngh!“ Auf einmal fasste er sich an die Brust, sank auf die Knie und keuchte, nun weiß statt rot. Aber Wolf sah nur zu. Ihm war klar, dass Masaru soeben sein Herz überbeansprucht hatte und er ihm helfen sollte, jedoch nicht einfach so. Er konnte es schlicht nicht ab, angebrüllt zu werden. „Herz...tabletten!“, brachte der Mann röchelnd hervor, „Unten im ... Regal!“ Als er merkte, dass der Außerirdische nichts tat, fügte er noch angestrengt ein „Bitte!“ hinzu. Erst dann setzte sich Wolf in Bewegung und suchte das Bücherregal ab. Zwischen zwei dicken Wälzern fand er eine Packung, für ihn unleserlich beschriftet. „Das ist es! Schnell!“ Das Behältnis überreicht, nahm Masaru nach einiger Fingerakrobatik mit den Blistern eine herzförmige Tablette ein. „Vielen Dank“, lobte er ihn, während die Farbe zurückkehrte, „Ich muss echt vermehrt auf meinen Blutdruck achten und vor allem daran denken, sie immer mitzunehmen. Ich wage es nicht einmal daran zu denken, was passiert wäre, hätte i...“ „Sparen Sie sich Ihre Krankenhausgeschichten“, redete Wolf dazwischen, „Wollen Sie mich nun wegen dieser Sache erledigen oder nicht? Wenn ja, wird das ein sehr unschönes Ende für Sie nehmen. Und wenn es sein muss, auch für den Rest des Dorfes, das mich auch tot sehen will.“ Masaru verzog das Gesicht, angewidert von dieser Gewaltbereitschaft, die über das „normale“ Maß hinausging. Er selbst bemerkte nicht die Ironie, die in seiner Reaktion lag – war er doch selbst an der Entwicklung einer vollautomatischen und intelligenten Killermaschine beteiligt. „Und mit dieser Drohung machen Sie es sich nicht gerade einfacher“, meinte er ungehalten und kam rasch zum Punkt seiner Frustration zurück, „Sehr weise von Ihnen übrigens, mit einem Sturmgewehr der Räuber auf Bauern zu zielen, die sogar Angst haben, wenn man ihnen vom Rumpelstilzchen erzählt. Jetzt stehen Sie nicht nur selbst als Bandit da, sondern auch ich. Die Leute werden sich definitiv fragen, wo ich diese Waffe her habe und mich vielleicht aus dem Dorf werfen. Dank Ihnen werden die nächsten Tage nun sehr hässlich für uns.“ Das einzige, worüber sich Wolf derzeit Sorgen machte, war ein Angriff zahlenmäßig überlegener Feinde, für die die Munition nicht reichte. Natürlich brauchte ihm niemand zu erläutern, es wäre unter diesen Umständen keine gute Idee, länger im Dorf zu bleiben. Aber der alte Mann hatte es trotzdem getan, mit zusätzlichem Bezug zu seiner eigenen Lage. Doch Wolf war dies herzlich egal. Er wollte nur noch seine Ruhe vor allem und jedem. Seitdem das Star Fox-Team seine eigene Truppe vom Himmel geholt hatte, ging alles den Bach runter. Seine Rache würde fürchterlich sein ... „Jetzt hören Sie mir mal gut zu.“ Wolf warf das Gewehr auf das Bett, verschränkte die Armee und legte den Kopf zur Seite. „Ich bin sehr schlecht drauf und würde es schade finden, Ihnen den Hals umzudrehen, weil Sie mir mit Ihren persönlichen Problemen so sehr auf den Sack gehen. Ich möchte nur noch weg von dem Planeten, also seien Sie so frei und sagen Sie mir, wo ich hier das nächste Raumschiff finde.“ Zunächst traf Wolf ein wütender Blick und Masaru antwortete nicht. Nach wenigen Sekunden aber schien er diese Respektlosigkeit verdaut zu haben und sprach: „Da müssen Sie bei den Banditen nachsehen. Wir haben ein einziges Kampfflugzeug, und das wurde von ihnen gestohlen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob der Treibstoff reicht und da ist kein Hyperraumantrieb verbaut.“ Bei dem Wort „Hyperraumantrieb“ zog Wolf interessiert die Augenbrauen hoch, vergaß es aber schnell wieder und hörte weiter zu. „Es könnte jedoch sein, dass sie einige Raumschiffe von Angehörigen Ihrer Spezies erbeutet haben. Verabschieden Sie sich allerdings schnell von dem Gedanken, das Lager ausräuchern zu wollen – dafür sind sie zu schwer bewaffnet.“ Wer sagte denn, dass man unbedingt mit Gewalt vorpreschen und alles in Schutt und Asche legen muss? Mit gutem und altem Stealth klappte es schließlich auch. Das teilte er Masaru mit, worauf dieser jedoch erwiderte: „Nach allem, was Sie so vom Stapel gelassen haben, sehe ich nicht, warum ich Ihnen helfen sollte. Ihnen ist ohnehin jeder andere gleichgültig, also was gibt mir die Sicherheit, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der nicht auf seine Kameraden achtet?“ Die Nerven und die Geduld am Ende, drohte Wolf auszurasten und die Hütte auseinander zunehmen – einschließlich Masaru. Kurz bevor er jedoch seiner Wut nachgab, atmete er einmal tief durch, schloss die Augen und lächelte. Jetzt konnte er wieder klar denken und sagte mit entspannter Stimme: „Wissen Sie ... Sie haben Recht.“ Eine überraschte Miene, gefolgt von einem „Hm?“ „Sie haben in der Tat keinen Grund, mir zu helfen.“ „Ähm, das sagte ich bereits ...“, meinte der Mann zu dieser „Erkenntnis“, doch Wolf war noch nicht fertig. Er fuhr fort: „Aber jetzt, wo ich Sie in die Sache mit reingezogen habe und es in der Siedlung vor durchgeknallten Dorftrotteln nur so wimmelt, die uns beide zerfleischen wollen, haben Sie keine andere Wahl, als mit mir zu kommen.“ Masaru stand regungslos da und seine Augen sahen zu Boden. Nach kurzer Zeit schüttelte er grummelnd den Kopf und blickte zur Seite. „Gehen Sie.“ Mit so einer Reaktion hatte Wolf wiederum nicht gerechnet und jetzt war er es, der regungslos da stand und zu Boden sah. Er dachte felsenfest, dass ihm der Mann zustimmte und sein Gefolge antrat. Wollte dieser wirklich hier bleiben und darauf warten, der Selbstjustiz zum Opfer zu fallen? Wie auch immer, nachdem sich auch dieses Häuschen als unsicher entpuppt hatte und er nirgendwo im Dorf Schutz suchen konnte, wurde es allerhöchste Zeit, von hier wegzukommen. Dazu praktischerweise im Dunkel der Nacht. „Und nehmen Sie die D'AK mit. Sie werden die Feuerkraft ganz sicher brauchen.“ D'AK? Meinte er damit das Gewehr auf dem Bett? „Und falls Sie sich fragen, was ich damit meine: das Gewehr auf dem Bett.“ Wusste Wolf es doch. „Äh, danke, aber was ist mit Ihnen?“, fragte er, zu seiner Verwunderung ganz und gar nicht mit geheuchelter Sorge. Masaru blockte jedoch ab und sagte wirsch: „Machen Sie, dass Sie wegkommen. Sofort! Zum Banditenlager kommen Sie, wenn Sie die Kolonie in nördlicher Richtung verlassen und dem Feldweg folgen.“ Zum Schluss kramte er im Regal und händigte Wolf zwei Gegenstände aus: einen Kompass und eine Taschenlampe. Ohne ein Wort des Abschieds forderte Masaru den Kopfgeldjäger dazu auf, sein Haus auf der Stelle zu verlassen und nie wieder zu kommen. Eine Forderung, der Wolf nur zu gern nachkam. Das Gewehr hastig umgelegt und den Rest in den Westentaschen verstaut, ging er zur nicht mehr vorhandenen Haustür und verließ es, ohne sich zum letzten Mal umzudrehen. Aber er spürte wieder den durchdringenden Blick des Mannes im Rücken und nochmals fragte er sich, wie ihn ein alter Herr derart einschüchtern konnte. Überdies fiel ihm ein, dass er es versäumt hatte, Masaru näher über seine Beziehungen zu den Banditen auszufragen. Vielleicht hätte Wolf daraufhin einen Grund gehabt, ihn ins Nirwana zu schicken? Irgendwie musste das Gewehr ja in dessen Besitz gelangt sein. Und was bedeutete der Buchstabe D in der Modellbezeichnung? Draußen beobachtete er zuerst den Himmel. Unzählige, leuchtende Punkte klebten wie Sticker an einer finsteren Decke und brachten jeden Hobbyastronomen zur Ekstase. Eindrucksvoll dagegen war ein unförmiger, grünlicher Nebel im Weltraum, der einen Großteil des sichtbaren Alls einnahm. Die Taschenlampe brauchte er deswegen noch nicht, sorgte der grüne Schein doch für ausreichende – und atmosphärisch unheimliche - Sichtverhältnisse. Erst in den Wäldern würde es ohne das elektrische Licht kritisch werden. An der äußeren Hauswand entdeckte er ein Fahrrad. Ein Damenrad, um genau zu sein. Diese uralten Drahtesel kannte Wolf ausschließlich von Museumsbesuchen und aus historischen Büchern. Dies war nun das erste Mal, dass er ein Stück Geschichte fahren würde. Warum fahren? Weil er in einem Anflug von Schadenfreude und Genugtuung entschied, das Gefährt zu entwenden und seine Reise damit beträchtlich zu verkürzen. Das tat er dann auch. Das Fahrrad auf die Straße geschoben und auf den Sitz geschwungen, trat er kräftig in die Pedale und radelte den Weg entlang. Sämtliche Bedenken, ob es peinlich wäre, als Mann ein Damenrad zu fahren, verflogen in dem Augenblick, als Wolf feststellte, wie leicht und angenehm es zu treten war. Er brauchte sich kaum anzustrengen, schon erreichte das Fahrrad ein hohes Tempo. Und das Beste daran war, niemand konnte ihn einholen oder etwas hinterher schmeißen. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde einfach platt gemacht. So gut und so frei hatte er sich lange nicht mehr gefühlt. Eindeutig: Den Drahtesel würde er mitgehen lassen, in den Städten ausfahren und jedem, der eines dieser neumodischen Dinger hatte, den Mittelfinger zeigen und unter die Nase reiben, wie umweltbewusst Wolf doch sei. Wäre das denn nicht eine sensationelle Geschäftsidee? Eine Retro-Ladenkette? Piotrs Haus, an dem er vorbei raste, nahm er lediglich am Rande wahr, ebenso wie die beiden ... Falsch, von den zwei Fahrzeugen war jetzt nur noch der kleine Geländewagen übrig geblieben. Was war mit dem Panzerwagen passiert? Waren die fiesen Kerle in der Zwischenzeit im Dorf und hatten es abgeholt? Wenn Wolf bloß wüsste, wie man das Fahrzeug bediente ... „[Hey, Sie da! Können Sie mir vielleicht helfen?“] Weiter vorne am Straßenrand winkte ihm eine gedrungene, schemenhafte Gestalt. Bald kam Wolf nah genug heran, um diese Person als alte Dame mit Kopftuch, Brille und Gehstock zu identifizieren. Und einer Seniorin konnte er schließlich keinen Gefallen abschlagen, oder? Zwar verstand er ihren Ruf nicht, aber egal. So bremste er ab und hielt neben ihr an. Das freundliche Gesicht durfte selbstverständlich nicht fehlen. „Guten Abend, werte Dame! Was kann ich denn für Sie tun?“ Entweder erkannte sie nicht, dass sie das verhasste Alien vor sich hatte oder es war für sie ohne Bedeutung. Sehr wohl aber irritierte sie die fremde Sprache, weshalb sie eine Zeit lang grübelte, bevor sie einen sinnvollen Satz zustande bringen konnte. „Ich vermissen Oskar, Kater. Können gehen Wald und suchen Oskar? Ich einsame Frau, brauchen Gesellschaft, nachdem Mann Oskar sterben von Unfall.“ Alles klar, sie vermisste ihr Haustier. Aber wie sollte er den Kater in einem Wald finden, der sich über den kompletten Planeten erstreckte? Allerdings brachte er es nicht übers Herz, knallhart nein zu sagen und sagte zu. Wohl wissend, dass er gar nicht erst anfangen würde zu suchen. „Vielen Dank, junger Mann. Kater sein weiß und lange Haare. Ich wünschen viel Glück und beten, Sie finden Oskar und kommen gesund.“ „Gern geschehen! Wenn Sie nun nichts dagegen haben, mache ich mich mal auf die Suche.“ Allerdings wollte ihn die Dame immer noch nicht gehen lassen. Ehe er losfahren konnte, legte sie ihre Hand auf seinen Arm und sagte: „Ich noch vergessen, das geben.“ Sie langte kurz in ihre Jackentasche und zog etwas heraus, das sie ihm anschließend gab. „Böser Mann kommen vor Stunden und mir gesagt, ich soll geben Foto Außerirdischen. Gedroht töten Oskar.“ Mit skeptischer Miene nahm er seine Taschenlampe, schaltete sie ein und sah die Fotografie an. Seine düstere Vorahnung, was ihn darauf erwarten könnte, bestätigte sich und sein Blut kochte. Es war ein Bild von Ustanak am Tag, dem Betrachter zugewandt. Links von ihm war Moritz an einem Baum gefesselt, der Körper voller Blut. Das Makabere daran war der fehlende Kopf. Diesen trug Ustanak wie eine Trophäe auf einem der hinteren Speere. Ein vor Angst schrecklich verzerrtes Gesicht, ein großes blutendes Loch in der Stirn und obwohl die Pupillen nicht zu sehen waren, schienen die Augen Wolf anzustarren. Sofort lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken und er malte sich aus, was aus ihm werden würde, falls Ustanak ihn zu fassen bekäme. Wolf drehte das Foto um und fand einen maschinell erstellten Text, der dem Ganzen die Krone aufsetzte. „Ich glaube, du vermisst da zufällig jemanden, kann das sein? Er ist irgendwie kopflos, aber den Körper kannst du haben. Der passt nämlich nicht in meine Trophäengarage. Und keine Sorge, beim nächsten Mal wird dein Kopf diesem armen Kerl Gesellschaft leisten. Mit freundlichen Grüßen Ustanak“ „Diesmal bist du zu weit gegangen, Blechkumpel ..!“ „Ihnen geht gut? Vielleicht rufen Arzt?“ Für diesen Moment gelang es ihm, seine Emotionen unter Verschluss zu halten und er antwortete ihr freundlich: „Ja, alles okay. Es ist nur ... etwas persönliches, verstehen Sie?“ Sie nickte. „Ich verstehen. Wut wie als böser Mann droht töten Oskar. Auch sein persönliches. Was Sie machen?“ „Na was wohl? Ich werde diesen Leuten eine gehörige Lektion darin erteilen, dass man sich nicht an wehrlose Menschen vergreift! Und ich bringe Ihnen Oskar zurück.“ „Dann ich auch beten, Sie kommen unverletzt. Nun fahren, bevor böse Männer angreifen in Dunkelheit.“ Nach kurzen Abschiedsworten setzte sich Wolf erneut in Bewegung und ließ die Gefühle wieder hochkommen. Die Lenker hart umklammert, als würde er sie zerdrücken wollen und die Pedale mit aller Kraft getreten, folgte er den verlassenen Straßen mithilfe des Kompasses. Es dauerte nicht lange, bis er den Stadtrand erreichte und den Wachturm passierte. Oben strahlte eine Standlampe ihr Licht ins grüne Dunkel hinaus und ein Mann behielt die Umgebung mehr oder weniger sorgsam im Auge. Er hörte die Fahrtgeräusche zu spät und wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als Wolf aufgebracht etwas hinterher zu brüllen. Die Fahrt bremste es freilich nicht. Wie bereits erwartet, wurde es im Dickicht äußerst dunkel. Das Fahrrad verfügte zwar über einen kleinen Scheinwerfer, allerdings hatte Wolf keine Ahnung, wie er es einschalten sollte. Aber solange sich der Feldweg erkennbar vom Rand abhob, war die Lampe nicht nötig. Trotzdem kam es zu einem Missgeschick, infolge er aufgrund der Finsternis eine dicke Wurzel übersah und stürzte. Autsch! „Aua, das wäre mir mit einem dieser Hoverbikes nicht passiert“, murmelte er, während er sich am Boden liegend vom Unfall erholte, „Aber das hält mich nicht auf. Weiter!“ So richtete er sich und das Fahrrad geschwind auf, stieg auf den Sattel und fuhr weiter. Diverse Hindernisse wie Steine und Wurzeln, gefolgt mit gelegentlichen Stürzen später hörte er einen gellenden Schrei. Es klang wie das eines wehrlosen Opfers, das dumm genug war, nachts in zwielichtige Gassen zu gehen und dann von nicht so netten Leuten verfolgt wurde. Mit solchen Idioten hatte Wolf kein Mitleid, dafür erwiesen sie sich nach ihrer Rettung als treue, wenn auch weniger intelligente Verbündete. Aber sobald ihm bei diesem Gedanken ein gewisser Jemand vor sein geistiges Auge sprang, dachte er darüber nach, einfach weiterzufahren und so zu tun, als hätte er nichts gehört. Noch ein Schrei. Nein, er konnte es nicht mehr ertragen. Diese Nerverei musste aufhören! Und außerdem tat ein wenig Gesellschaft zur dunkelsten Stunde immer gut. Na ja, darüber konnte man streiten. Nichtsdestotrotz verließ er den Feldweg mit dem Rad und schlug sich durch den Wald, immer der Stimme nach. Insekten mit Leuchtorganen schwirrten in einiger Entfernung umher und erweckten den Eindruck von Augen. Oder sich im Unterholz versteckende Raubtiere. Zum Glück saß das Sturmgewehr sicher und griffbereit am Rücken, sonst sähe er angesichts einer hungrigen Bestie alt aus. Was wohl für Tiere auf diesem Planeten leben mögen? Drei Schreie hörte er noch, danach nichts mehr. Hoffentlich gab der Arme gerade nicht auf und blickte gefasst ins Auge des Todes ... „Hallo?! Ist da wer?!“ Und schon verspürte Wolf den dringenden Wunsch, kehrtzumachen. Diese Stimme, kein Zweifel. Es war Jan. Wolf zufolge ein unerklärliches Wunder, wie es Jan geschafft hatte, heile die Planetenoberfläche zu erreichen, ohne von den Piraten umgelegt zu werden. Doch so stark seine Abneigung gegen ihn auch war, er beschloss umgehend Hilfe zu leisten. Allein um Masaru zu beweisen, dass er nicht so egoistisch und rücksichtslos war, wie der Mann dachte. Darum rief er in Jans Richtung: „Ja, ich bin's. Hast es also doch noch geschafft.“ „O'Donnell?!“, antwortete der Soldat und seine Stimmung besserte sich, „Was für ein Glück! Ich dachte schon, ich würde elendig in der Wildnis verenden!“ Durchaus eine verlockende Vorstellung ... „Hör mal, ich mache die Taschenlampe an. Wenn du mich siehst, sag mir, wo ich hin muss, okay?“ „Ja Sir! Aber seien Sie vorsichtig! Hier unten hockt ein gruseliges Vieh und es will mich fressen! Ich würde ohne Knarre nicht näher kommen!“ Also saß er auf einem Baum? Nicht gerade der bequemste Ort, aber es bot Schutz vor den meisten Ungeheuern. Auch wenn Wolf noch nie richtig Angst hatte – zumindest konnte er sich nicht mehr daran erinnern – wurde ihm etwas mulmig zumute. Eine fremde Welt beherbergte unbekannte Kreaturen und jede hatte das Potenzial, tödlich zu sein. Also stieg er vom Fahrrad, rüstete das Gewehr aus und schaltete die Lampe ein. „Sir, ich sehe Sie! Äääh ... links von Ihnen!“ Kaum nach links gedreht, meinte Jan laut: „Das andere links!“ „Und mit solchen Trotteln wollte Andross den Krieg gewinnen? Ernsthaft?“, sagte Wolf leise in die Stille hinein. Alles in allem dauerte die Suche nicht lange und es gelang dem Kopfgeldjäger, Sichtkontakt herzustellen. Da oben saß er, auf dem dicken Ast einer Eiche und mit wedelnden Armen. Und wo war das angesprochene Monster? „Ach, da bist du ja. Ich komme jetzt, okay?“ Aber Jan erwiderte verängstigt: „Nein! Das Monster ist direkt da unten!“ Doch Wolf sah außer Jan nichts. Daher ging er fortwährend auf den Baum zu, geduckt und aufmerksam. Jegliche Zurufe, mittlerweile verzweifelt, bremsten ihn nicht. So kam es, dass er am Ende vor dem mächtigen Stamm der Eiche stand und schulterzuckend die Abwesenheit einer Bestie verkündete. „Aber da ist es doch! Ich sehe es genau!“ „Ja WO denn?! Rede endlich Klartext!“ „Na direkt vor Ihnen, zu Ihren Füßen!“ Mit gerunzelter Stirn schaute er nach unten – und grinste. Ein possierliches, kleines Tierchen mit weißen, langen Haaren guckte ihn aus gelben Augen an und machte einen Laut. „Miau!“ „Oooooooh, wie knuffig ist das denn? Du musst Oskar sein, stimmt's?“ Danach streifte sie um seine Beine und rieb ihren Körper an ihnen. Jan indes war fassungslos darüber, was er da sah. „Was! Mich jagd's auf den Baum und Euch umgarnt es! Wo bin ich denn hier gelandet?!“ „Tja, vielleicht weiß Oskar, dass du nicht grade der Hellste bist und ärgert dich deshalb? Mal in Ernst, das ist ein harmloses und niedliches Haustier. Jetzt komm runter, ich habe einen Plan, wie wir von hier wegkommen.“ Den Kater schickte er nach einer kleinen Streicheleinheit mit dem Vermerk auf Frauchen ins Dorf zurück. Die Oma dürfte überglücklich sein, ihren Oskar zu sehen. „Also gut Jan, wie ist es dir ergangen? Hat dich das Feindflugzeug aufgespürt?“ „Na ja, es war so ... als wir uns von Ihnen trennten ...“ Plötzlich raschelte es. Und ehe sich Wolf versah, war Jan zurück auf seinem Ast und schlotterte. Zurecht über die Feigheit des Soldaten verärgert, schimpfte er: „Feige Sau! Und du schimpfst dich einen venomianischen Soldaten?“ Jan schüttelte den Kopf und verteidigte sich: „Ich habe den Arbeitsvertrag nicht unterschrieben, um an Ende von irgendwelchen Monstern gefressen zu werden! Besonders nicht für diesen Hungerlohn, ohne Gefahrenzulage!“ Bei näherer Betrachtung war da was dran. Leider änderte dies nichts an dem Problem, dass Wolf dem unbekannten Etwas allein gegenüberstand. Schlimmer, es kam von mehreren Seiten. „Zugriff, Zugriff!“ Auf einmal schnellte eine schneeweiße Gestalt, das Gesicht eine garstige Fratze, aus einem Busch hervor. Vor Schreck presste Wolf seinen Finger an den Abzug und feuerte wild drauflos. Auch nachdem der Angreifer theatralisch von einer Vielzahl Kugeln getroffen umfiel, hörte der Kopfgeldjäger nicht auf zu schießen. Ohne einen klaren Gedanken fassen zu können, was er da tat, feuerte er ohne Sinn und Zweck in alle Richtungen, bis das Gewehr klickte und die letzten Patronenhülsen zu Boden fielen. „Heilige Scheiße!“ Mit diesen Worten ließ er die Waffe fallen und ergriff die Flucht. Weit kam er jedoch nicht ... Es fielen ein paar Schüsse, er stolperte wie ein schlaffer Sack und blieb im Dreck liegen. Nur pure Dunkelheit und ein einziger Gedanke, bevor ihm die Sinne abhanden kamen: „Jetzt haben sie mich doch noch lebend gekriegt ...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)