Im Schatten des Universums von UAZ-469 (Machtergreifung) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- „Irgendwie muss Kreuz doch gewinnen ... argh, nein! Schon wieder verloren!" Auch in den Turbulenzen der Warpgeschwindigkeit behielt Wolf soweit möglich einen kühlen Kopf. Überall rasten Sterne an ihm vorbei, sogar die permanent eingeblendete „Motorschaden!“ - Warnung auf dem Schirm vermochte ihn nicht zu beunruhigen, wusste er doch, dass der Warpantrieb unabhängig vom Triebwerk funktionierte. Oder es lag am gedanklichen Tic-Tac-Toe-Spiel, wo er seit zwei Stunden versuchte, sich selbst zu schlagen. Kartenspiele dagegen ödeten ihn an, denn da gewann er immer. Bestimmt deswegen, weil er stets „rein zufällig“ die richtigen Karten zog. Nur bei Ersterem klappte das Gewinnen nicht so ganz ... Seine Kameraden hatten sich schon kurz nach der Abreise ausgeklinkt. Drei Stunden lang nur ins Schwarze zu blicken, gesäumt von weißen Streifen war denen doch zu langweilig. Nach einer anstrengenden und waghalsigen Flucht war es das Beste, den Kopf abzulegen und zu schlafen. Einer musste aber für den Fall ihrer Ankunft wach bleiben, und so meldete sich Wolf freiwillig dafür. Die Zeit konnte man sich ja auf vielerlei Weise vertreiben. Zum Glück schienen sich auf ihrem Weg keine Hindernisse wie Asteroiden zu befinden. Nicht auszudenken, wie sie nach einem Zusammenstoß mit weit über Lichtgeschwindigkeit aussehen würden. Es gab keine „offizielle“ Warproute zum Reiseziel und auf keiner einzigen Systemkarte, die Wolf in seinem bisherigen Leben gesehen hatte, war der Planet, oder was sich auch immer hinter dem Fragezeichen verbarg, verzeichnet. Umso größer das Mysterium darüber, was der Eintrag in den venomianischen Datenbanken zu suchen hatte. Waren einst Andross' Späher in die unbekannten Regionen vorgedrungen oder registrierten sie schlicht die Existenz dieser Welt und verschoben die Erkundung auf später? Es konnte sich dabei natürlich auch um veraltete Daten handeln – Vielleicht hatte der Tyrann dort sogar einen geheimen Stützpunkt, über den niemand Genaueres wissen sollte. Und das Wenigste, was Wolf auf ihrer Flucht gebrauchen konnte, war ein Wiedersehen mit seinen Handlangern. Jetzt war es allerdings sowieso zu spät und mit dem beschädigten Triebwerk käme er ohnehin nicht weit. Irgendwann machte auch der Warpantrieb schlapp und er würde wie ein übergroßes Stück Stein durchs All driften. Nicht gerade die Art des Todes, die er bevorzugte. Unterdessen informierte ihn der Bordcomputer über ihr baldiges Ankommen. Noch fünf Minuten, dann wären sie da. „Endlich, wurde ja auch langsam Zeit. Diese Billigproduktionen sind ja auch echt unbequem“, murmelte er vor sich hin und teilte die Aussage per Funk seinen Flügelmännern mit. Als keine Reaktion erfolgte, wurde er deutlich lauter und daraufhin erreichten ihn erschrockene Stimmen. „Wah! Schreien Sie nicht so, wir sind nicht taub!“ Aber er lachte nur. „... Wremja sakrytija ... dostatotschno ... segodnja ...“ „Hm? Was labert ihr denn da? Und warum ruiniert ihr den Funk?", fragte Wolf verärgert, nachdem er seltsam klingende Wortfetzen, begleitet von einem fiesen Rauschen, aus den Lautsprechern hörte. Er war überzeugt davon, dass einer von den beiden am Funk herumspielte und seine Fremdsprachenkenntnisse zum Besten gab. Doch sie stellten sich als ahnungslos hin und Jan erzählte: „Also keine Ahnung was das war, aber ich hatte mir mal zum Jux die Sprache der Dinos von Dinosaur Planet angehört und ich glaube, es war dasselbe ...“ Wenn diese Ausführungen tatsächlich stimmen sollten, was Wolf jedoch stark bezweifelte, müssten sich die Wissenschaftler fortan mit einem neuen Rätsel beschäftigen: Wie konnten Dinosaurier mit ihren eher klobigen und fürs Handwerk ungeeigneten „Händen“ Raumschiffe anfertigen und woher besaßen sie das Wissen dazu? „... besopasnoi? ... weschtschi ... Tanki ..?“ Allmählich hatte er genug von diesen Späßen. So raunte Wolf: „Könnt ihr nicht mal endlich normal reden? Ich muss aufpassen, dass wir ankommen und nicht irgendeine pseudointelligente Sprache entziffern!" „Aber wir sagen doch nichts!" Da wollte er sie wütend zurechtweisen, was von einem unterbrechenden Einwurf Moritz' vereitelt wurde. „Haltet ein. Ich glaube, ich weiß von wo das kommt ... Warten wir ab, bis wir angekommen sind.“ So ließ der Kopfgeldjäger einigermaßen besänftigt von seinem Vorhaben ab. „Ankunft in: Fünf. Vier. Drei. Zwei. Eins.“ Kurz darauf wurden sie durchgeschüttelt und abrupt abgebremst. Diesen Teil einer Warpreise hasste Wolf am meisten. Bei seinem Wolfen-Jäger verlief es viel komfortabler als bei diesem billigen Schrotthaufen. War aber auch kein Wunder, da er sein „Baby“, wie er es nannte, mit der besten Ausrüstung ausstattete, die man stehlen oder kaufen konnte. Welchen Weg er lieber wählte? „Den Kassiererinnen Geld rüber schieben kann jeder, aber unerkannt mit einem „Geschenk“ nach Hause zu kommen, können nur Profis!“, pflegte er immer zu sagen. Auch wenn die Bremsung unbequem und schmerzhaft war: was sie da draußen vor ihren Augen sahen, wog ihren Aufwand mehr als auf. Ein idyllischer, scheinbar von der Zivilisation unberührter Planet wirkte mit seinen tiefblauen Meeren, großen Landmassen und geschwungenen Wolkenformationen äußerst verlockend und einladend für verlorene Seelen. Kein Zweifel, man erkannte auf den ersten Blick den perfekten Rückzugsort vom Stress des Alltags. Blieb nur zu hoffen, die Flora und Fauna mochten ebenso friedlich sein. Pünktlich versagte das Triebwerk nun endgültig. Die gelbe Farbe wich dem Rot und ein penetranter Signalton ging ihm schnell auf die Nerven. Statt dem üblichen Text stand jetzt „Der Motor ist absolut hin. Rufen Sie bitte unter unserer Servicenummer auf der Homepage an, wenn Sie nicht gerade hilflos im Weltraum treiben.“ auf dem Schirm. Dasselbe geschah dem Warpantrieb. Doch beides benötigte er nicht mehr. Nur noch Richtung Boden schweben und er stünde auf festem Grund. Weil sie sich direkt im Orbit befanden, dürfte es nicht lange dauern. Was war nochmal mit diesen Stimmen? „Es kommt von der Planetenoberfläche“, erläuterte Moritz, „Ich empfange Funksignale aus den Wäldern des Planeten. Aber es sind weder venomianische, noch cornerianische Frequenzen!“ Wolf hörte mühelos heraus, dass der Soldat ganz und gar nicht erfreut war. Auf derselben Schiene fuhr auch Jan, der prompt wilde Horrorgeschichten über Barbaren und Mutanten hinausposaunte. Doch der Kopfgeldjäger ignorierte ihn und achtete fortan darauf, ob sie nicht noch mehr fremde Nachrichten erhielten. „Ljudi, my dolschny ...“, sprach wieder jemand, diesmal ganz ohne Störungen, hielt aber inne, als ob er etwas merkwürdiges bemerkt hätte. Dann lachte er vergnügt auf und fuhr fort: „Ach u nas jest possetitel! Podgotowleno no naschi priwetstwuija Komiteta, he he he ...“ Wolf verstand kein einziges Wort, aber der Stimmlage zufolge wurden sie entdeckt. Und was ihm vor allem Sorgen bereitete: Der Sprecher klang nicht freundlich, sondern boshaft. So beschloss er seine Flügelmänner zu warnen: „Jungs, sieht so aus, als wären wir hier nicht willkommen. Wer von euch hat ... hey!“ Unterbrochen von einem plötzlichen Klappern verfinsterte sich seine Miene. „Also gut, wer pisst sich hier grade in die Hose?“ Erfahrungsgemäß konnte er diese Geräusche als Zähneklappern bestimmen. Natürlich wusste er sofort, wer es war und donnerte den Namen durch den Funk: „Jan!“ Augenblicklich hörte es auf. Entlarvt versuchte sich der Ängstliche daraufhin zu rechtfertigen: „I-Ich hab echt Schiss, okay?! Ich habe keinen Bock da unten von irgendwelchen Freaks aufgeschlitzt zu werden und meine Birne als Dekoration für ihr Kackdorf abgeben zu müssen!“ Der Soldat ließ danach seinen Abneigungen ihm gegenüber erneut freien Lauf und schon bald entwickelte sich daraus ein Wortgefecht, welches häufig unter die Gürtellinie ging. Lediglich Wolf hielt sich raus und verfolgte aufmerksam den Fortschritt ihrer Landung. Dennoch brachten ihn Jans Aussagen zum Nachdenken ... Während sie in die Atmosphäre eintauchten und sein Jäger wegen der Erdanziehungskraft wie ein Stein fiel, hörte der Streit auf. Er wusste den Grund nicht, aber es kümmerte ihn nicht. Seine Gedanken kreisten primär darum, wie sie im Falle eines Angriffs reagieren sollten. Selbstverständlich würden sie sich wehren, jedoch wartete das nächste Problem anschließend am Boden. Waren Flugabwehrgeschütze installiert? Vielleicht noch unterstützende Bodentruppen stationiert? Außerdem konnte Wolf ausschließlich manövrieren, bremsen und schweben. Unter diesen Umständen war ein Luftkampf aussichtslos. „Äh, O'Donnell?“, sprach ihn Moritz auf einmal an. „Was ist? Ich versuche darüber nachzudenken, wie wir da unten überleben wollen!“ „Schauen Sie mal auf dem Radar ...“ Mit einem flauen Gefühl im Magen tat er, wie ihm geraten und sah – einen Punkt. Das war zunächst nichts Ungewöhnliches, da ihre Schiffe selbst als Punkte angezeigt wurden. Dementsprechend waren drei zu sehen, zwei davon hinter ihm. Aber dieser eine Punkt war insofern alarmierend, als das Wolf eine vierte Markierung erkannte. Womöglich war dies der Auslöser für das Ende der verbalen Auseinandersetzung. Und der Punkt näherte sich schnell. Unsagbar schnell. Innerhalb eines Wimpernschlages flitzte etwas Großes an ihnen vorbei. Genauso kurz waren auch die extrem lauten Triebwerksgeräusche und die Erschütterung ihrer Jäger. Der Punkt war nach dieser Begegnung auf der anderen Seite des Radars. „Also der hatte ja richtig Feuer unterm Hintern ...“, beschrieb Jan die Begebenheit treffend, „Ich glaube, so schnelle Flugzeuge hat Andross' Armee nicht, oder?“ Wieder erfolgte eine Übertragung, diesmal aggressiver und fordernder: „Glupyje inostranzy: snuck w wosduschnoje prostranstwo piratow! Jebat pokinut nemedlenno ili sakantschiwajetsja wremja gorenija oblomkow!“ Logischerweise konnte niemand von den dreien etwas damit anfangen, nur eins deuteten sie richtig: Sie waren in großer Gefahr. Um das quasi zu verdeutlichen, platzierte sich das vierte Radarsignal ein Stück weit hinter ihren Hecks. Ein Schulterblick zeigte Wolf ein vergleichsweise riesiges und windschnittiges Kampfflugzeug in schwarzer Lackierung mit je zehn Raketen an jedem Flügel. Den Piloten konnte er jedoch aufgrund der Spiegelreflexionen nicht ausmachen. Trotz einer fehlenden Bordkanone verfügte ihr Verfolger über mehr als genug Feuerkraft, sie alle auf einen Streich herunterzuholen. „Oh je ... O'Donnell, was sollen wir tun? Angreifen?“, schlug Moritz skeptisch vor. Selber war er nicht von seiner Idee überzeugt, eine Flucht schien angesichts des überragenden Tempos des Gegners aber unmöglich. Auf die Schnelle einen Plan zu entwerfen, der sie alle heile auf den Boden bringen sollte, war in solcher Bedrängnis eine Mammutaufgabe. Wolf war ein Vordenker, kein Mann der Spontanität. Vor allem nicht, wenn sie in jeder Sekunde zerlegt werden könnten. Er brauchte jetzt mehr Zeit, und die konnte er sich momentan auf lediglich eine einzige Art erkaufen. „Moritz! Labern Sie sie zu, egal wie. Hauptsache, Sie zögern es so lange wie möglich heraus, damit ich uns einen Plan zurechtlegen kann!“ „Äh, ja Sir!“, bestätigte der Kater die Anweisung. Und so erzählte er den Fremden Witze, die vor circa 100 Jahren lustig gewesen wären. Die dadurch entstandene Verwirrung nutzte Wolf für Brainstorming. Sie steuerten direkt auf die erste Wolkendecke zu, kämen allerdings nie rechtzeitig ohne einen feindlichen Angriff an. Er glaubte fest an eine Sprachbarriere, die den friedlichen Ausgang des Konflikts verhinderte, womöglich suchten sie schlicht nach Streit. Lange könnte sie Moritz nicht hinhalten und dann würden sie in Flammen vergehen. Ihre einzige Chance bestand aus diesen Gründen darin, das Flugzeug anzugreifen. Aber nicht der Zerstörung wegen, dazu war es zu schnell und zu schlagkräftig. Dabei durfte die Panzerung nicht vergessen werden, denn gemessen an der Größe des Vehikels sah sie nicht schwach aus. Also ein unvermeidbarer Luftkampf. Somit wendete er sich an seine Flügelmänner: „Jungs, wenn ich euch ein Zeichen gebe, steigt ihr voll in die Eisen und greift den Kerl an. Das sollte ihn zumindest verscheuchen ... fürs Erste.“ „Na gut, ganz wie Sie wollen“, entgegnete Jan, „Aber was machen Sie?“ Gute Frage. Wie sollte er sie ohne arbeitende Triebwerke unterstützen? Er war alles andere als ein Feigling, doch gab es Situationen, in denen er nichts auszurichten vermochte. Etwa jetzt. „Tschuldigung wenn ich das jetzt so sagen muss, aber wer ernsthaft von mir erwartet, mit einem total kaputten Flieger einen überlegenen Feind zu attackieren, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich ...“ Irgendwie musste er doch von Nutzen sein ... Ein Einfall. Zwar nicht seine Lieblingsrolle, aber so könnte er sich im Nachhinein damit rühmen, auch in völliger Unterlegenheit seinen Dienst geleistet zu haben. „... werde die einfach zu schießende Zielscheibe sein. Während er mich attackiert, nehmt ihr ihn aufs Korn. Kapiert?“ Ein entsetztes „Aber ..!“ wurde von ihm rasch durch ein „Tut es einfach!“ übertönt und als sie schwermütig zusagten, machte er sich bereit. „My moschem snimat nakonez wy tak tschto eto takoje?“ „Haut rein!“ Schleunigst bremsten seine Kameraden ab und setzten sich an die Fersen des Kampfflugzeugs. Dessen Pilot war offensichtlich so irritiert von der Aktion, dass er zunächst nicht reagierte. Erst als Lasergeschosse seine Rückseite unter Beschuss nahmen, gab er Zunder und zog den Steuerknüppel nach oben. Mit atemberaubender Geschwindigkeit begab er sich außer Reichweite und ließ seine Angreifer förmlich stehen. „Ach du heiliger Schrotthaufen, seht euch das mal an ... Wie der abgeht.“ „O'Donnell, ich möchte an der Stelle erwähnen, dass wir nicht mit diesem Tempo mithalten können. Er kommt garantiert wieder, passt gut auf.“ Es wäre falsch zu sagen, sie hätten ihn in die Flucht geschlagen. Doch hatten sie sich immerhin etwas Luft verschafft. Ihre Aggressoren waren davon, wie sollte es anders sein, weniger begeistert. Das wütende Geschrei aus dem Funk amüsierte das Trio aber nur. Ein tolles Gefühl, einem stärkeren Gegner ins Schnippchen zu schlagen! Trotzdem war es noch zu früh für eine Siegesfeier. Jan und Moritz beschränkten sich darauf, die Bewegungen des Feindes zu beobachten und Wolf zu informieren. Gerade durchbrachen sie die zweite Wolkendecke, es blieben also sieben Kilometer bis zur Landung – oder zum Aufschlag. „Achtung, O'Donnell! Angriff auf sechs Uhr!“ Im Grunde genommen benötigte Wolf sie nicht mehr für die Verteidigung, außer sie wollten unbedingt eine Rakete ins Gesicht bekommen. Darum erteilte er ihnen die Order, mittels Nachbrenner in die Tiefe zu stoßen und ihm den Rest zu überlassen. Sie sollten ihn dann an einer Lichtung oder Ähnlichem treffen, falls er überlebte. Gesagt, getan, wenn auch unwillig. Nachdem sie ihn allein ließen und er dem Abfangjäger als Einziger gegenüberstand, piepte das Warnsignal für die gegnerische Zielerfassung Sturm. Kein Problem mit Tauschkörpern, aber davon hatte Andross offenbar noch nie was gehört. Eine Fassrolle konnte er in diesem Zustand auch nicht vollbringen. Was nun? „Oh oh ... Ich weiß nicht, ob das in den Actionfilmen auch in der Realität funktioniert, aber physikalisch gesehen müsste es möglich sein ..!“ So begann er mit dem angedachten Kunststück und hoffte, es klappte. Wolf riss den Steuerknüppel zur Seite, scherte sich nicht um abbrechende Flügel und drehte seinen Flieger im Fall um 180 Grad. Wie es kommen musste, entschieden sich die Tragflächen für ein selbstständiges Leben; sie lösten sich vom Rumpf und segelten davon. Das war nichtsdestotrotz seine geringste Sorge, viel problematischer waren die Raketen, die auf ihn zugerast kamen. Alles oder nichts. „Und los!“ Ein gedrückt gehaltener Knopf entfachte ein wahres Sperrfeuer an Lasern, ohne auf den Energieverbrauch zu achten. Schließlich ging es um sein Leben. Und sein Plan ging auf: die erste Rakete explodierte, als sie getroffen wurde und so fuhr Wolf mit den restlichen Geschossen fort. Wieder einmal bewunderte er sich voller Stolz für sein Einfallsreichtum und sein Können, mit scheinbar unmöglichen Gegebenheiten fertig zu werden. Zwanzig Raketen abzuwehren konnte eben nicht jeder. „Eto perwy ras ja ne mogu sdelat kogo-to“, sprach der Pilot angesäuert, dann merkwürdig erheitert, „odnako, semlja moje proiswedenije moglo by sakantschiwat!“ Danach drehte das Flugzeug ab. „Har har, das wird ihm eine Lehre sein, sich mit Wolf O'Donnell anzulegen ...“ Inmitten seiner vorgeschobenen Siegesfeier merkte er allerdings nicht, wie er die dritte Wolkendecke passierte. Zwei Kilometer bis zum Aufschlag. Erst ein weiterer Warnton riss ihn aus seiner Euphorie. Hektisch betätigte er den Knopf für den Schwebemodus, doch eine Texteinblendung auf dem Schirm meldete einen kritischen, technischen Fehler. Worum es sich dabei auch immer handelte, er musste etwas anderes versuchen. „Soweit ich weiß, haben diese Dinger sogar einen Schleudersitz ... das muss reichen.“ Der Höhenmesser zeigte nun knapp über einen Kilometer. Einen Schleudersitz hatte der Jäger in der Tat, Entkommen wäre an sich kein Problem gewesen. Aber was, wenn unten die Kollegen des Piloten warteten? „Das muss jetzt sein ... auch wenn ich schon wieder ein Wrack hinterlasse.“ Den Schalter betätigt, hoffte er auf das Beste. In den nächsten Momenten passierte alles schnell hintereinander: zuerst sprang die Cockpitscheibe raus und anschließend wurde er zusammen mit dem Sitz aus seinem Flieger katapultiert. Unter sich fiel das Wrack herunter in den Wald, wo es wenig später zerschellte und in einer Explosion aufging. „Puh, nochmal Glück gehabt.“ Sorgfältige Rundumblicke vergewisserten ihm, dass der Kontrahent nicht mehr zu sehen war, ebenfalls entdeckte er keine Feinde am Boden. Der Feuerball dürfte sie aber anlocken ... Die frische Luft genießend, segelte sein Sitz mit dem Rettungsfallschirm sachte dem Grund entgegen. Wie er jetzt zu Jan und Moritz aufschließen sollte, wusste er nicht. Aber Hauptsache überlebt, oder? Immer näher kamen die Geräusche von Vögeln, raschelnden Blättern und Insekten. Mental bereitete sich Wolf schon mal darauf vor, aus großer Höhe abzuspringen. Der Fallschirm würde sich definitiv in den Ästen verfangen und ihn baumeln lassen. So geschah es. Ein kurzer Ruck und er hing vier Meter über dem Waldboden. „Och, na ja, hätte schlimmer werden können“, sagte er und arbeitete daran, sich abzuschnallen. Plötzlich jedoch schrie er erschrocken auf, als er mitsamt dem Sitz fiel und hart landete. Wohlgemerkt ohne den Fallschirm, von dem blieben lediglich einige Fetzen an der Rückenlehne übrig. „Aua! Blödes Schrottteil, wäre ja auch zu viel erwartet gewesen, etwas Haltbares zu konstruieren ...“ Dann aber wirklich abgeschnallt, stand er auf, reckte und streckte seinen Körper und sah sich um. Man sah den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Vereinzelt drangen Sonnenstrahlen durch das Blattwerk, flugfähige Insekten zogen von Blume zu Blume und in der Ferne hörte er das Klopfen von Spechten. Sogar die Absturzstelle sah er von seiner Position aus. Dicker, schwarzer Rauch stieg aus dem verkohlten Wrack, empor in den Himmel, sichtbar für jeden. Kurzzeitig an das Desaster von vorgestern erinnert und seufzend an den Tod seines Teams gedacht, überlegte er, wie er weitermachen sollte. „Es werden doch hier wohl auch Leute sein, die nicht jeden Neuankömmling abknallen ...“ Motorgeräusche. Instinktiv hinter einem Baum versteckt, erspähte er unweit der Absturzstelle einen Panzerwagen auf vier Rädern und aktiven Scheinwerfern, schwarz lackiert und auf der Oberseite ein Maschinengewehr montiert. Dahinter saß niemand. „Zeit zu verduften, die suchen bestimmt das umliegende Gebiet ab!“ Während er langsam den Rückzug antrat, beobachtete er sie um sicherzugehen, wo sie mit ihrer Suche anfingen. Praktischerweise stoppte das Fahrzeug am Wrack und zwei große Gestalten verließen den Wagen. Sie sahen seiner Meinung nach ... seltsam aus. Humanoid und aufrecht gehend, aber etwas passte an ihnen nicht. Wolf wusste auf jeden Fall, er hatte solche Kreaturen noch nie gesehen. Was genau er an ihnen so befremdlich fand, interessierte ihn jedoch nicht, da es im Moment wichtigeres zu erledigen gab: Flüchten. Allein dass sie den Ort untersuchten, reichte ihm vollkommen. Wolf machte sofort kehrt und lief, weiter in die Tiefe des Waldes hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)