Priorities von lunalinn (Side-Story (Hands of blood)) ================================================================================ Kapitel 1: Talking ------------------ Es war die verdammte Höhe! Nein, eigentlich traf es das nicht mal im Entferntesten…er war so wütend, dass er kurz davor war, sein Handy gegen die Wand zu werfen und noch einmal nachzutreten. Das Problem bei der Sache war, dass er nicht allein war, und sich deswegen nicht so gehen lassen konnte, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre. Stattdessen schob er sein Handy wieder in die Jackentasche und versuchte, seine Mimik unter Kontrolle zu halten. Zu allem Überfluss war es der Polizeipräsident, mit dem er gerade in einem Gespräch festhing…und der war dummerweise auch noch sein Bruder. Seit dem Vorfall mit den Untergrundkämpfen war ein halbes Jahr vergangen und seitdem liefen die Ermittlungen gegen Zweigstellen und die Ergreifung nicht gefasster Mittäter auf Hochtouren. Offiziell galt der Kopf des Ganzen als flüchtig…nur Madara und seine engsten Mitarbeiter wussten, dass der Kerl immer noch bei ihnen in Gewahrsam war. Nun, Madara glaubte nicht, dass Gato ihnen etwas verschwieg…mittlerweile begann der nämlich schon allein bei der Erwähnung von Kakuzus Namen zu heulen und zu flehen. Verübeln konnte er es dem fetten Scheusal nicht, schließlich hatte sein alter Freund bei den Verhören ganze Arbeit geleistet. Madara bewunderte Kakuzus Ideenreichtum und seine Skrupellosigkeit fast so sehr, wie seine Intelligenz. Zugegeben, nicht alles, was er getan hat, hieß Madara gut, aber er tat, was er von ihm erwartete, und er war ihm gegenüber loyal – was wollte man mehr? Vielleicht, dass er diesem Mistköter namens Hidan endlich mal eine vernünftige Erziehung angedieh, aber den sah Madara eh ziemlich selten. Außerdem gab es eindeutig Wichtigeres…und zwar diese verfluchte Whatsapp-Nachricht, die er soeben bekommen hatte. Ihm fiel plötzlich auf, dass Fugakus Blick ein wenig stechender geworden war…was denn? Sah man ihm etwa doch an, dass er kurz vorm Platzen war? „Hörst du mir eigentlich zu?“ Nein, verdammt, ich schmiede Mordpläne, dachte er zynisch, doch sagen konnte er das natürlich nicht. Er war immerhin ein Uchiha und nicht nur einer, sondern der Mächtigste – auch wenn Fugaku das bestimmt anders sah. Sie waren nur Halbbrüder, keine richtigen, wie Izuna und er…vielleicht war ihre Beziehung deswegen schon immer ein bisschen kühl gewesen. „Sicher tue ich das“, erwiderte er auf seine übliche, herablassende Art. „Und ich habe dir bereits gesagt, dass ich unsere Quelle ausgeschöpft habe. Der Kerl ist gebrochen, Fugaku…der kann nicht mehr lügen.“ Madara sah ihm an, dass er nicht zufrieden war, so wie er mit dem Kiefer malmte, doch was sollte er machen? In Gewahrsam der Polizei hätte Gato nie ausgepackt, das wussten sie beide. „Ich will einfach nur verhindern, dass irgendjemand ungeschoren davonkommt“, machte Fugaku noch einmal deutlich und sah ihn scharf an. Eigentlich konnte er sich das auch sparen, denn niemandem war mehr daran gelegen als Madara selbst. Er machte seine Arbeit richtig, immer, und er erwartete dasselbe von seinen Mitarbeitern. Okay, vielleicht hatte er in der Vergangenheit das ein oder andere Arschloch entkommen lassen, weil ein guter Deal ausgehandelt wurde, aber bei moderner Sklaverei hörte der Spaß auf. Nicht, dass er selbst eine unbefleckte Weste hatte, aber er war auch kein Unmensch…Drogenhandel zum Beispiel fand er recht legitim. Ein paar Hacker hatte er auch in seinem Team und manchmal wanderten ganz zufällig ein paar Summen auf ein Konto, das selbstverständlich nicht auf seinen Namen lief und im Ausland lag. Und dann war da noch die Sache mit dem Kopfgeld…zu seiner Verteidigung, er schaute sich die Leute vorher an, bevor er sie umlegen ließ. In den meisten Fällen hatten sie es verdient. „Dann sind wir ja ausnahmsweise derselben Meinung“, gab er trocken zurück und Fugaku schnaubte. „Das will ich hoffen.“ Sie saßen in seinem Büro und Madaras Blick heftete sich kurz auf das Familienfoto, das auf Fugakus Schreibtisch stand. Es war das einzig Persönliche, das sich hier drin befand, und es war ein altes Foto, auf dem alle Vier lächelten. Fugaku war nicht bei ihrem gemeinsamen Vater aufgewachsen und vielleicht war das sein Glück. Es war viele Jahre her, dass Uchiha Tajima gestorben war…Madara war damals 22 gewesen und hatte seine Position direkt übernommen. Es war nicht einfach gewesen, aber sein Vater hatte ihn nicht umsonst wie ein Besessener gedrillt. Madara konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals ein Kind hatte sein dürfen. Er hatte sich früh an den Untergrundaufträgen beteiligen und Verantwortung tragen müssen. Izuna dagegen war ihrem Vater nie viel wert gewesen, hatte stets nur in seinem Schatten gestanden – doch dafür war er in Sicherheit gewesen. Zumindest Madara hatte Letzteres am Herzen gelegen. Vielleicht, dachte er nicht zum ersten Mal, konnte Fugaku deshalb noch an die Justiz glauben, weil er in einer heilen Welt aufgewachsen war…ohne einen tyrannischen Vater. Sei es drum…das war lange vorbei und er war heute ein anderer Mensch, jemand, vor dem man Respekt oder Angst hatte. Beides war ihm recht, aber Respekt war wertvoller, das beugte dem Verrat vor – meistens jedenfalls. „Ich habe noch eine Frage an dich.“ Sehr ungelegen, wirklich, immerhin hatte er gerade ganz anderes im Kopf. Andererseits konnte er nicht einfach abwinken und gehen, so dass er lediglich die Arme verschränkte und ihn auffordernd anblickte. Das Inferno, das in seiner Brust wütete, versuchte er dabei zu ignorieren. „Nur zu.“ Fugakus Züge wurden noch strenger, als sie es sowieso schon waren; das würde sicher vielversprechend werden. „Warum hältst du meinen Sohn plötzlich aus deinen Machenschaften raus?“ Machenschaften…so nannte sein lieber Halbbruder das also. Gut, einige seiner Geschäfte waren vielleicht Machenschaften, aber er hatte auch schon viel Positives bewegt. „Hat Itachi gepetzt?“, fragte er direkt und konnte sich die Häme nicht verkneifen. „Du weißt, dass das nicht seine Art ist.“ „Sehr richtig…trotzdem wundert es mich.“ „Soweit du mich informiert hast, hat er seine Arbeit gut gemacht.“ „Das hat er.“ „Wie kommt es dann, dass er neuerdings so viel Freizeit hat, dass er uns jede Woche besuchen kann und mit diesem…diesem Mann…“ Verdutzt sah Madara seinen Gegenüber, der unbeholfene Gesten mit den Händen vollführte, an. Hatte er Itachi nicht gewarnt, dass er am Ende wieder der Schuldige sein würde? Fluch über den Jungen, dass er nicht einfach hetero sein konnte – wenigstens in der Hinsicht hätte Fugaku dann nichts zu meckern gehabt. „Wenn dich das so stört, verbiete es ihm halt“, riet er ihm und wusste, dass das unmöglich war. Fugaku ließ ihm einen Blick zukommen, der genau das wiedergab, was Madara dachte. „Er ist 23…ich kann ihm gar nichts verbieten.“ „Dann wirst du deinen neuen Schwiegersohn wohl akzeptieren müssen“, versetzte Madara trocken und sah, wie eine Ader an der Schläfe seines Bruders pochte. „Schön, dass du das so locker siehst.“ Madara verdrehte die Augen und es war ihm recht egal, dass Fugaku ihn für respektlos hielt. Warum musste er eigentlich solche Gespräche führen? Sein Neffe war, wie bereits erwähnt, alt genug und Madara war es ziemlich schnuppe, mit wem er in die Kiste hüpfte. Nicht, dass er diesen Hoshigaki Kisame nicht unter Beobachtung hätte, doch bisher legte der Mann ein fast schon vorbildliches Verhalten an den Tag. Wenn man bedachte, dass der Kerl die Kraft hatte, jemandem den Schädel mit bloßen Händen zu zertrümmern – was er zweifellos einige Male getan hatte –, war das eine sehr positive Entwicklung. Aber selbst, wenn Kisame mal jemandem an den Kragen ging, so war das kein Problem, solange niemand davon Wind bekam – vor allem nicht die Polizei. „Er ist nicht mein Sohn oder?“, gab er lapidar zurück. „Aber dein Neffe!“ „Lässt sich nicht leugnen, hm?“, erwiderte er und wurde langsam ungeduldig. „Wie du schon sagtest, er ist erwachsen…und Kisame hat sich bisher unauffällig verhalten. Mehr kannst du nicht verlangen.“ Fugaku wirkte für ein paar Sekunden, als hätte er in eine Zitrone gebissen, doch dann glättete sich seine verkniffene Miene. Ja, ja, die Wahrheit tat weh…und er würde gleich jemandem wehtun, wenn diese verdammte Nachricht kein blöder Witz war. „Du hast trotzdem ein Auge auf ihn?“, wurde er gefragt und nickte, wobei er ein Seufzen unterdrücken musste. „Das habe ich dir zugesichert, nicht wahr? Ich halte mein Wort.“ Wäre nur schön gewesen, wenn Itachi ihm diesbezüglich nicht dauernd Steine in den Weg legen würde. Hätte Fugaku gewusst, dass sich sein Ältester mit Schutzweste und Waffe ins Getümmel begeben hatte, hätte sich die Zusammenarbeit wohl erstmal erledigt. Da sollte sein Neffe ja nicht jammern, dass er bis auf weiteres recherchieren durfte…mit der Strafe war er noch glimpflich davongekommen. „Ich verlasse mich darauf.“ Oh? Das bekam er selten zu hören, aber bitte…hieß das, ihr Gespräch war vorbei? Madara blickte seinen Halbbruder kurz prüfend an, doch dieser schien tatsächlich fertig zu sein. „Du hörst von mir“, meinte er daher und sein Gegenüber nickte. „Wie immer.“ Madara erwiderte das Nicken und wandte sich zum Gehen um, schloss die Tür hinter sich. Tief atmete er durch, ehe er das vermaledeite Handy aus der Tasche zog und die Nachricht, während er den Fahrstuhl ansteuerte, einmal mehr las. Sollte er etwas zurückschreiben? Dass er die Nachricht gelesen hatte, konnte man ja leider aufgrund dieser beknackten blauen Häkchen erkennen. Scheiße. Seine Daumen verharrten, als er gerade das Präsidium verlassen hatte, immer noch über dem Touchscreen, nicht wissend, ob er wirklich eine Warnung versenden sollte – als ihm die Entscheidung abgenommen wurde. Ein Anruf. Natürlich nicht von demjenigen, der für diese verfluchte Nachricht verantwortlich war…das wäre ja noch schöner gewesen. Madara schluckte seine Wut runter, während er zu seinem schwarzen Wagen ging, dabei abnahm und sich um seinen gewohnt kühlen Ton bemühte. Vielleicht hätte er einfach nicht dran gehen sollen, doch das war in seiner Position nicht möglich; er hatte jederzeit erreichbar zu sein. Selbst dann, wenn er absolut keine Lust hatte – heute war so ein Tag. „Ja.“ Vielleicht doch etwas schroff, aber das war man von ihm gewöhnt. Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen von der anderen Seite, was Madara nur zusätzlich reizte. „…schlechter Zeitpunkt?“, ertönte dann die raue Stimme. „Was gibt es?!“, knurrte er nachdrücklich, während er ins Auto stieg. „Also ja“, stellte der Mann trocken fest. „Ich dachte nur, dass ich dir mitteilen sollte, dass Sasori enttarnt wurde.“ Innerlich fluchte Madara, denn das kam wirklich ungelegen. Akasuna no Sasori war einer seiner verlässlichsten Mitarbeiter und aufgrund dessen, dass er das Gesicht und die Größe eines 16-jährigen Teenagers besaß, vielfältig einsetzbar. Zurzeit kundschaftete er ein zwielichtiges Drogen-Kartell aus, das ihnen nicht nur in die Suppe spuckte, sondern wohl auch noch Minderjährige gefügig machte. „Wie konnte das passieren?“, fragte er und blickte zur Straße. Die Frage war gerechtfertigt, denn bislang hatte Sasori seine Aufträge immer zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Der Kerl war unauffällig, gerissen…und absolut skrupellos. „Wir wissen es nicht genau. So ein zugedröhntes Balg hat wohl Stress gemacht…ist ausgerastet und wollte den kompletten Schuppen in die Luft jagen.“ „Also hat er den Jungen aus Selbstschutz getötet?“ „Tot ist er nicht…Sasori hat ihn mitgenommen, als er geflohen ist.“ „…das ist ein Scherz.“ Madara rieb sich die Augen, kniff diese kurz zusammen, ehe er wieder zur Straße sah, die nun etwas verschwommen wirkte. Konnte an diesem Tag denn nichts nach Plan laufen?! „Ich scherze nie.“ Auch wieder wahr…soeben fast bedauernswert. „Wo ist Sasori jetzt?“, erkundigte er sich und konnte nicht verhindern, dass er genervt klang. „Er ist anscheinend in Sicherheit, aber einen konkreten Aufenthaltsort hat er nicht genannt. Wir müssen wohl abwarten.“ Nicht das, was er hatte hören wollen, aber sich aufzuregen, brachte nichts. Zerknirscht nickte er, auch wenn der andere es nicht sehen konnte. „Du wirst mich informieren, sobald er sich meldet.“ „Sicher.“ „Und…Kakuzu?“ „Hn.“ „Sag Zetsu Bescheid…er soll den Schaden kalkulieren und begrenzen.“ „Verstanden.“ Dann legte er auf, ballte die Hand kurz zur Faust und ließ dann wieder locker. Das war ungünstig…sehr ungünstig. Er konnte Pain und Konan noch nicht wieder losschicken – das halbe Jahr reichte nicht, um das Geschehen vergessen zu lassen. Ob Zetsu die Wogen glätten konnte, war fraglich…aber vielleicht konnte er etwas ausspitzeln. Die Mission war wichtig und sie durften den Faden nicht verlieren, sonst fingen sie wieder von vorn an. Er schleuste meistens mehrere Leute ein…aber Sasori war nun einmal einer seiner besten Männer und normalerweise sehr pflichtbewusst. Madara verengte die dunklen Augen, biss sich auf den Daumennagel, während seine freie Hand das iPhone drehte. Er musste wissen, was da passiert war. Ein zugedröhntes, selbstmordgefährdetes Balg…nun, seit Kakuzu Hidan angeschleppt hatte, wunderte ihn nichts mehr. Madara seufzte tief, als ihm bewusst wurde, dass er da noch ein anderes Problem hatte. Wobei er zugeben musste, dass die unverschämte Nachricht nun nicht mehr sein größtes Problem war. Arbeit ging vor. Immer…auch wenn da dieser unangenehme Stich in seiner Brust war. Es war nicht das erste Mal, das sowas passierte…aber meistens ging der Bruch von seiner Seite aus. Er hatte ja nicht einmal etwas erwartet. Affäre war mehr als in Ordnung, absolut ausreichend und... Ein plötzliches Klopfen an der Scheibe ließ ihn zusammenzucken und er fuhr herum. Großartig…anscheinend würde er seine Ruhe nicht so schnell haben. Entnervt ließ er die Scheibe runterfahren, während ihn sein Gegenüber kurz musterte. „Hallo.“ Die Begrüßung empfand Madara als unnötig, doch sein Neffe war eben gut erzogen worden. „Du warst bei Vater?“, erkundigte sich dieser und wenn er angespannt war, so verbarg er es gut. „Wo sonst?“, entgegnete er kühl und kramte seine Zigaretten hervor. „Schlechtes Gewissen?“ Er funkelte Itachi an, der weiterhin keine Miene verzog, aber leicht den Kopf neigte. „Sollte ich denn eins haben?“ Tja, dumm war er nicht, aber vermutlich hatte Fugaku die Wahrheit gesagt und er hatte sich wirklich nicht beschwert. Madara überlegte einen Moment, ließ die Zigarette durch seine Finger gleiten. „Dein Vater findet es nur seltsam, dass du momentan außen vor bist, was Aufträge angeht“, informierte er ihn dann. „Und er kann deinen neuen Freund nicht ausstehen.“ Er bemerkte, wie Itachi kurz den Blick senkte, was Madara als Zeichen dafür deutete, dass ihm das Thema unangenehm war. Überraschenderweise leugnete sein Neffe aber auch nicht, dass Kisame mittlerweile ein (oder sein) Freund war. Interessant…zumindest wäre es das gewesen, wenn er nicht etwas anderes im Kopf gehabt hätte. „Du hast ihm aber nichts erzählt“, mutmaßte Itachi. „Das Gespräch hatten wir doch schon. Nein. Hab ich nicht.“ „Gut. Ich kläre das mit ihm…und entschuldige.“ Schon wieder diese Höflichkeit, das war ja nicht zum Aushalten. Er schnaubte leise, musterte Itachi nun seinerseits; er sah besser aus, als in den letzten Monaten. Die dunklen Schatten unter seinen Augen waren verschwunden und er wirkte nicht mehr so gestresst. Vielleicht tat die Auszeit (oder Kisame) Itachi doch ganz gut. „Wieso bist du überhaupt hier?“, überging er die Entschuldigung und Itachi hob zur Antwort die Bento-Box in seiner Hand. „Mutter schickt mich. Vater hat sein Essen vergessen und…“ Madara warf ihm einen abwartenden Blick zu, als sein Neffe kurzzeitig verstummte, dabei zur Seite schaute. „…danach habe ich noch etwas vor.“ „Mit deinem Freund?“, fragte Madara, ohne den spöttischen Unterton zurückzuhalten. Dass Itachi jedes Mal so langweilig reserviert reagieren musste…denn er zuckte nur mit den Schultern, wurde nicht mal rot. „Bis bald“, verabschiedete er sich und wandte sich um, als Madara nickte. Während er sich die Zigarette zwischen die Lippen klemmte, sah er ihm nach; hoffentlich war das jetzt das letzte Hindernis gewesen. Vielleicht war es besser, wenn er gar nicht erst zurückschrieb oder anrief, sondern sofort hinfuhr. Das war vorhin schon sein erster Gedanke gewesen…er zögerte nur zwei Sekunden, ehe er die Zigarette nahm und sie aus dem Fenster warf. Dann startete er den Motor. So würde es ganz bestimmt nicht enden. Tse…mit einer simplen Nachricht, das war ihm auf diese Weise noch nie passiert und vielleicht überwog es deshalb sogar Sasoris Versagen, das wirklich sehr, sehr ungünstig war. Aber gut…Kakuzu konnte momentan nicht weg und hielt sich in einem ihrer Stützpunkte auf, um seine Geschäfte von dort aus abzuwickeln und in solchen Fällen, wie Sasoris, agieren zu können. Er musste sich also nicht sorgen, was das anging. Kakuzu war – trotz unbeliebtem Anhängsel – verlässlich. Zurück zur Nachricht…eigentlich hatte er gar nicht viel reden wollen, doch wenn er sich die paar Worte zurück ins Gedächtnis rief, würde das wohl ohne nicht funktionieren. Er blickte nach vorn, während er mit dem Wagen abbog…doch in seinem Kopf herrschte immer noch Chaos. Es gab viele mögliche Reaktionen…vielleicht sollte er doch nicht gleich wie ein Vulkan ausbrechen – auch wenn ihm danach war. Er wollte diesen Mistkerl durchschütteln und anbrüllen…aber das war nicht seine Art. Er würde das später bereuen und vermutlich hätte er damit auch nichts gewonnen. Madara spürte, wie seine Anspannung wuchs, je näher er seinem Ziel kam – hoffentlich war der Penner wenigstens zuhause, sonst konnte der was erleben. Madara…es tut mir wirklich leid, aber ich halte es für das Beste, wenn wir uns nicht mehr sehen. Mito hat gemeint, sie würde es noch mal versuchen wollen. Ich kann das nicht ablehnen. Du weißt, warum… Nein. Nein, verdammt noch mal…das würde er nicht einfach auf sich sitzen lassen! Erneut regte sich die Wut in einem Inneren, drohte auszubrechen…nein, er musste ruhig bleiben. Gleichzeitig wollte er dem Mann, der es wagte, ihn mit einer beschissenen Whatsapp abzuservieren, eine reinhauen. Am besten tat er es…direkt, wenn der verlogene Kerl ihm geöffnet hatte. Madaras Kiefer malmte, während er mühsam um seine Beherrschung rang. Ihn für diese rothaarige Ziege links liegen zu lassen…oh nein, nicht mit ihm! Er beschleunigte noch einmal, raste geradezu um die Kurve – und es war ihm vollkommen egal, dass einige Passanten erschrocken zurücksprangen. Als er vor dem Wohnblock hielt, ließ er mit Absicht die Reifen quietschen und vollführte eine Vollbremsung auf den bereitgestellten Parkplätzen. Die Blicke der Menschen waren ihm egal, denn wenn er schon nicht ausrasten durfte, wollte er wenigstens einen guten Auftritt hinlegen. Hoffentlich stand die betroffene Person am Fenster und starrte fassungslos zu ihm herunter – das wäre es wert gewesen. Madara glättete seinen schwarzen Mantel, nachdem er elegant aus dem Wagen gestiegen war, und blickte sich kurz um. Die beiden Muttis mit ihren Kinderwägen auf der anderen Straßenseite tuschelten und warfen ihm böse Blicke zu. Als ob ihn das irgendwie interessieren würde…er ignorierte die beiden und steuerte sein Ziel an, wobei er nicht klingelte. Tja, nun bereute besagte Person bestimmt, ihm mal einen Wohnungsschlüssel überlassen zu haben. Oder aber, er wurde bereits erwartet. Vielleicht war das wirklich nur ein Scherz und gleich würde alles beim Alten sein. Die Ungewissheit machte ihn fertig, ließ ihn erneut zwischen Wut und Verwirrung schwanken. Jedoch legte sich das, als er die letzten Treppenstufen hinter sich gebracht hatte. Stattdessen tauchte ein neues Gefühl auf…und er konnte es nicht mal benennen. Es fühlte sich an, als würde sich sein Magen nach außen stülpen und ihn dazu bringen wollen, sich zu übergeben. Vielleicht lag es daran, wie er da stand, aufrecht, mit durchgedrücktem Rücken…die glatten Haare flossen über seinen Rücken, den ein rotes Shirt kleidete. Ein seltener Anblick, denn normalerweise trug der Andere fast immer einen Anzug. So war das eben, wenn man Anwalt war und wenig Freizeit hatte. Er wirkte so entschlossen, dass Madara sich noch grauenhafter fühlte, als es sowieso schon der Fall war. Es nahm ihm den Funken Hoffnung, an den er sich unter all der Wut geklammert hatte. Nein, das hier war kein Witz oder eine übereilte Entscheidung – das hier war das Ergebnis einer langen Überlegung. Als er in die braunen Augen, die ihn stets mit Wärme und Zuneigung bedacht hatten, blickte, erkannte er zudem eine Traurigkeit, die ihm die Kehle zuschnürte. „Hallo Madara“, hörte er die vertraute Stimme sagen. Madara starrte ihn immer noch an. „Hashirama“, erwiderte er trocken, weil er sich nicht zu mehr zwingen konnte. Der Angesprochene lächelte nicht, sondern seufzte leise, ehe er die Tür einladend öffnete. Madara hatte sich nie unwillkommener gefühlt. „Wir sollten uns unterhalten.“ Und er hatte gedacht, dass die Worte das Aus einleiteten, anstatt es im Nachhinein auszuschmücken. Er wollte kotzen…doch stattdessen nickte er und schob sich ruppig an Hashirama vorbei in die Wohnung. Das hier versprach unangenehm zu werden. Er hörte, wie das Zuschlagen der Tür hinter ihm ertönte…und wünschte sich fast, er hätte vorher angerufen. Zu spät. ____________________________________________________ Da ist sie also...die versprochene Side-Story. Wünsche und Anregungen könnt ihr gern äußern...auch zu aus "Hob" bekannten Pairings. Ob ich sie übernehmen kann, weiß ich noch nicht, aber mal schauen... :) Bei dieser FF habe ich nicht unbedingt ein klares Ziel vor Augen, weil es doch eher um "normale" Probleme im Alltag geht. Wobei...wann ist ein Uchiha schon mal normal? Gerade Madara... ;) Würde mich freuen, wenn sich jemand für diese FF erwärmen kann. Hashirama und Madara habe ich noch nicht so oft dargestellt...aber ich habe sie sehr gern und hoffe daher, dass sie so rüberkommen, wie ich mir das vorstelle. Noch ist zwar nicht viel bei rumgekommen, aber das hier ist ja auch nur der Einstieg. :) LG Kapitel 2: Meaning ------------------ „Möchtest du etwas trinken?“ Madaras Braue zuckte gefährlich, als er die Floskel vernahm, und am liebsten hätte er Hashirama die teuer aussehende Vase auf der Kommode gegen den Kopf gedonnert. Wäre ja nicht das Erste gewesen, das in dieser Wohnung seinetwegen zu Bruch gegangen war. Betont langsam zog er seine Jacke aus, ehe er sie Hashirama mit so viel Schwung zuwarf, dass der sie beinahe ins Gesicht bekam. „Ich bin nicht das erste Mal hier und kann mir selbst was holen!“, knurrte er ungehalten. Hashirama sah ihn für einen Moment verdutzt an, wobei er die Jacke nicht gleich aufhängte…ehe er leise seufzte. „Dann nimm schon mal im Wohnzimmer Platz…ich komme sofort.“ Madara bemühte sich, das Schnauben, welches er von sich gab, so verächtlich wie möglich klingen zu lassen. Seine schwarze Mähne wirbelte herum, als er sich abwandte und den Anderen stehen ließ. Die Wut war nicht gespielt, ganz sicher nicht, doch gleichzeitig war da immer noch dieses Übelkeit erregende Gefühl, das er zutiefst verabscheute. Während er sich auf die dunkelbraune Couch fallen ließ, schweifte sein Blick einmal durch den Raum. Er war schon so oft hier gewesen...und nie war es ihm unangenehm gewesen. Die Tapeten waren in hellem Beige gehalten, die Schränke und der eckige Couchtisch aus Teakholz gefertigt. Es vermittelte nicht nur Gemütlichkeit, sondern spiegelte auch Hashiramas ruhigen, warmherzigen Charakter wieder. Vermutlich war der Mann die bodenständigste Affäre, die Madara je gehabt hatte. Es gab Fotos von seiner Familie und seinen Freunden…sogar das Foto seiner Frau, mit der er schon seit längerem nicht mehr zusammen war, hatte er nicht abgenommen. Madara hatte nie gefragt, weil es ihn einfach nicht gestört hatte. Hashirama unter sich auf der Couch zu wissen, war Realität gewesen…die blasse Erinnerung an der Wand hatte dagegen lächerlich gewirkt. Wenn Madara das Bild der beiden nun betrachtete, kam es ihm so vor, als würde ihm Mito höhnisch ins Gesicht grinsen – und er hasste sie dafür. Er verschränkte die Arme, während er wartete und sich gleichzeitig fragte, ob das hier wirklich endgültig sein würde. Vielleicht hätte Madara besser damit umgehen können, wenn es sich angekündigt hätte, doch das Gegenteil war der Fall. Sie stritten eigentlich nie, auch wenn es die eine oder andere Diskussion gab, doch niemals schrien sie sich an oder sprachen nicht mehr miteinander. Madara wollte nicht verhehlen, dass er mitunter ein recht anstrengender, sturer Mensch sein konnte…und ja, manchmal neigte er zu Wutausbrüchen, doch er hatte nie das Gefühl gehabt, dass Hashirama dies sonderlich stören würde. Meistens hatte er ihn beschwichtigt…und danach waren sie im Bett gelandet. Am Sex konnte es auch nicht liegen – zumindest konnte sich Hashirama in der Hinsicht nicht beschweren. Erstens waren ihre Rollen im Bett nicht einseitig und zweitens konnte Madara, auch wenn das arrogant klang, sehr wohl von sich behaupten, dass er verdammt gut in der Kiste war. Anfangs war Hashirama so dermaßen prüde gewesen, dass Madara nicht anders gekonnt hatte, als sich darüber zu amüsieren. Sonst turnte ihn das ja eher ab, aber Hashirama hatte dieses Etwas, das ihn reizte. Er musste jedes Mal schmunzeln, wenn der Anwalt bei einer seiner spöttischen Bemerkungen so depressiv aus der Wäsche schaute. Ihr Verhältnis war ungezwungen…und Madara hatte bis zu diesem verfluchten Tag gedacht, dass es etwas Besonderes wäre. „Ich würde mich gern erklären.“ Der Laut, den Madara ausstieß, erinnerte an eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hatte. Nun, so ungefähr fühlte sich der Uchiha auch und er wollte seine Klauen am liebsten in der gebräunten Haut seines Gegenübers versenken. „Willst du dabei in der Tür stehen bleiben?“, fragte er kühl. Hashirama räusperte sich leicht, ehe er sich in höflichem Abstand zu ihm auf die Couch setzte. Die vertraute Nähe reichte dennoch aus, um Madara eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Er wünschte sich wirklich, es würde ihm scheißegal sein, doch so war es nicht. Hätte er die verdammte Zigarette bloß geraucht. „Ich wollte mich hiervor nicht drücken…es ist nur…du bist manchmal ein bisschen…impulsiv…“, begann er und Madara hasste es, wie vorsichtig er seine Worte wählte. „Du hast mich per SMS abserviert, Hashirama“, beendete er dies recht effizient. Hashirama schaute ihn so belämmert an, dass er den Eindruck eines dummen Schafes machte. Es wäre witzig gewesen, wenn die Situation nicht so beschissen gewesen wäre. „…ich weiß…und es tut mir leid“, erwiderte er etwas leiser. „Ich dachte nur, es wäre besser, wenn du es nicht direkt von mir hörst. Ich wollte nicht, dass-“ „Dass ich dir eine Szene mache oder deine Bude abfackle?“ Madara gab ein verächtliches Schnauben von sich. „Du hältst dich für ziemlich wichtig…“ „Du hast eben fast zwei Mütter mit ihren Kinderwägen angefahren“, versetzte Hashirama trocken. Hatte er also doch am Fenster gestanden und ihn beobachtet; ein bisschen befriedigte das Madara schon. „Da war genug Abstand.“ „Sicher…“ „Komm zum Punkt, Senju!“ Es war lange her, dass er ihn mit seinem Familiennamen angesprochen hatte. Irgendwie bitter, dass er es jetzt wieder tat. Hashirama schien dasselbe zu denken, denn seine Augen strahlten erneut diese Traurigkeit aus. Wie ein getretener Hund. „Mito möchte einen Neuanfang.“ Madaras Lachen hallte ohne jede Freude durch den Raum, doch Hashirama sagte nichts. Stattdessen blickte er ihn so ernst an, dass ihm wieder flau im Magen wurde. Es brachte Madaras Lachen relativ schnell zum Verebben, ließ ihn die dunklen Augen verengen. „Und das fällt ihr nach einem Jahr ein?“, fragte er abschätzend. „Ganz plötzlich? Obwohl sie doch ach so gekränkt war, nachdem du ihr nach fünf Jahren endlich mal gebeichtet hast, warum du sie kaum noch besteigst?“ Hashirama blieb ruhig, obwohl da ein zorniger Funken in seinen braunen Augen aufblitzte. „Rede nicht so über sie!“, ermahnte er ihn. „Wir hatten damals Probleme…“ „Und die sind jetzt verschwunden oder was?“, ätzte er zurück. „Nein…aber ich habe zwei Kinder mit ihr, Madara“, antwortete Hashirama beherrscht, obwohl es ihm schwerfallen musste. „Ich habe Verantwortung für meine Mädchen.“ So sehr sich Hashirama gerade kontrollierte, so sehr wollte Madara wie ein Vulkan ausbrechen und heiße Lava ausströmen lassen. Gleich platzte ihm hier wirklich der Kragen! „Deine Mädchen sind keine drei Jahre mehr, Hashirama! Und keiner verbietet dir, sie zu sehen…schieb das nicht vor, weil du dich irgendwie rechtfertigen musst!“, zischte er, doch Hashirama ließ sich davon nicht aus der Bahn werfen. „Lass mich dich eines fragen, Madara“, entgegnete er, als hätte er die Worte eben nicht vernommen. „Wie heißen meine Töchter?“ Die Frage war so simpel, so einfach…und deshalb war es umso erschütternder, dass sie Madara ins Stocken brachte. Er wusste, dass es irgendwas mit K… war…Kana? Kira? Anscheinend schien das langatmige Schweigen Hashirama schon zu reichen, denn er seufzte tief. „Vielleicht weißt du wenigstens, wie alt sie sind?“ „...die eine ist neun oder?“, riet er ins Blaue, weil es ihm eigentlich schnuppe war. „Acht…ihr Name ist Kaede und Tamao ist zwölf.“ „Ah.“ Madara wusste nicht, warum ihn das jetzt interessieren sollte…wo Hashirama im Begriff war, ihre Affäre zu beenden. Eigentlich war es fast schon eine ungezwungene Beziehung, seitdem er sich bei Mito nicht mehr mit Geschäftsreisen rausreden musste. Madara fragte sich plötzlich, ob Hashirama ihr überhaupt gesagt hatte, dass ihr Verhältnis schon seit mehreren Jahren bestand. „Was weißt du überhaupt von mir?“ Madara starrte ihn an, nicht wissend, was das nun sollte. „Hab ich deinen Geburtstag vergessen…oder unseren Jahrestag?“, fragte er spöttisch. „Seit wann bist du so weibisch?“ Vielleicht nicht das Klügste, so etwas zu sagen…vor allem da Madara, wenn er ehrlich war, keinen blassen Schimmer hatte, wann Hashiramas Geburtstag war…einen Jahrestag gab es ja so gesehen nicht. Geburtstage waren ihm schon in der eigenen Familie nicht wichtig – auch wenn sich alle köstlich darüber amüsierten, dass er am 24. Dezember geboren war. Nun, wo er darüber nachdachte…Hashirama schenkte ihm jedes Jahr eine Kleinigkeit. „Ich möchte dir nur begreiflich machen, warum ich dir diese Nachricht geschrieben habe“, hörte er ihn sagen und fühlte sich unwohl. „Wir führen diese Beziehung jetzt seit sechs Jahren, Madara…ich habe Mito damals von dir erzählt, weil ich mich für dich entschieden hatte.“ Madara lehnte sich zurück, ohne dem Blick des Anderen auszuweichen. „Und das bereust du jetzt oder was?“, fragte er und versuchte, nicht verletzt zu klingen. Hashirama gab einen frustrierten Laut von sich, sah ihn verärgert an. „Verstehst du wirklich nicht, was ich dir sagen will?!“ Anscheinend verlor er seine Fassung endlich mal…das wurde ja auch Zeit. Allerding brauchte er gar nicht denken, dass Madara sich das still anhören würde. „Ich weiß, was du gesagt hast!“, konterte er und beugte sich zu ihm vor. Er zerstörte damit bewusst die höfliche Grenze, die Hashirama gezogen hatte, doch Letzterer wich auch nicht vor ihm zurück. Noch nicht, denn Madara hatte noch sehr viel Pulver zu verschießen. Normalerweise war er niemand, der an etwas festhielt, das verloren war – das hier glich jedoch mehr einer Herausforderung. „Wie war das noch? Meine Frau ist nur noch eine gute Freundin…du bist unglaublich, Madara…ich habe mich noch nie so lebendig gefühlt…willst du noch mehr hören?“, fragte er kalt. Hashiramas Miene verfinsterte sich, doch er leugnete nichts. Na gut, vielleicht war er kein Feigling, aber seine Worte bewirkten zweifellos etwas. Bevor sein Gegenüber zu einer Antwort ansetzen konnte, hatte Madara ihn an seinem T-Shirt gepackt und mit einem Ruck so nahe zu sich gezogen, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Da flackerte etwas in Hashiramas Blick auf, das bezeugte, dass Madara ihm keineswegs plötzlich egal war. Als der Anwalt nach seiner Hand griff, diese umfasste, schauderte es ihn bis ins Mark…und bestimmt nicht unangenehm. Hashiramas Parfüm gepaart mit seinem ganz eigenen Geruch sorgte dafür, dass sich jedes noch so feine Härchen bei ihm aufstellte. Am liebsten hätte er seine Lippen auf die des Anderen gepresst, sich an ihn gedrückt und… „Ich habe mich in dich verliebt, Madara.“ Wow. So leicht konnte man also die Stimmung killen…dabei war doch Hashirama der sensible Typ von ihnen beiden. Obwohl er innerlich zu Eis gefror, zeigte sich nichts davon in seinem Gesicht. Es war nicht so, dass es besonders furchtbar war, so etwas zu hören. Eigentlich sollte er sich wohl geschmeichelt fühlen, doch es war einfach zu…ungewohnt. Madara hatte schon vieles gesagt bekommen…das hier war sozusagen eine Premiere. Eine, die sein Herz zum Rasen brachte, als würde er gleich einen Infarkt bekommen. „Das ist…“, begann er vage. „…seltsam, da du ja gerade mit mir Schluss machst.“ Er räusperte sich, lockerte seinen Griff ein wenig, doch Hashirama hielt seine Hand so fest, dass er sie nicht zurückziehen konnte. Madara konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal Verlegenheit gefühlt hatte. Es war unangenehm…und es steigerte sich noch. „Ich habe mich schon vor Jahren in dich verliebt“, sprach Hashirama ungnädig weiter. „Ich dachte, du merkst es vielleicht irgendwann. Unsere Affäre…das bin nicht ich. Ich wollte niemals jemand sein, der seine Frau betrügt und es auch noch verheimlicht. Ich bin kein Lügner.“ Das stimmte. Hashirama war der ehrlichste Mensch, den er kannte. Er war so rechtschaffen, wie es ein Bilderbuch-Anwalt sein sollte, trat für das Gute ein und sah in seinen Mandanten nicht nur Geldquellen. Madara hatte sich nie Gedanken darum gemacht, dass er unter ihrer Affäre leiden könnte – immerhin hatte er sich dafür entschieden. Madara hatte ihn nicht in sein Bett gezwungen, sich ihm lediglich ab und an sehr erfolgreich ins Gedächtnis gerufen. „Sechs Jahre, Madara, und ich kenne gerade mal deinen Familiennamen“, fuhr Hashirama fort. „Ich habe mich von Mito getrennt, weil ich mehr wollte…aber es hat sich nichts geändert. Du kommst, wir haben Sex, reden über Belangloses…du weichst meinen Fragen aus und gehst dann.“ „Das ist-“ „Nicht wahr? Gut. Was tust du beruflich?“, schnitt Hashirama ihm das Wort ab und Madara geriet abermals ins Stocken. „Ich…leite einen eigenen Bereich…“, wiederholte er, was er meistens von sich gab, wenn das Thema aufkam. Hashirama verengte die braunen Augen; es schien ihm nicht zu reichen. „Welche Firma?“ „Hashirama…“ „Also tust du etwas Illegales.“ „…du weißt, dass ich darüber nicht sprechen werde“, wich er aus und Hashirama ließ ihn los. „Schön“, erwiderte er deutlich kühler. „Deine Familie…du hast mir bislang niemanden vorgestellt. Abgesehen von deinem Neffen, den wir einmal zufällig getroffen haben.“ Madara knurrte genervt. „Wozu auch? Ich muss die selbst nicht so oft sehen.“ Das war die halbe Wahrheit, da er mit Fugaku und Itachi nur deshalb des Öfteren zu tun hatte, weil sie zusammenarbeiteten. Andererseits hegte er auch keinen Groll gegen diesen Zweig der Familie…und Izuna war ihm ohnehin das Wichtigste. Er sah nur keinen Grund, einen von ihnen oder Hashirama miteinander bekannt zu machen…das würde ihm nachher nur Probleme verursachen. Warum es nicht einfach halten und Familie, Berufliches und Hashirama voneinander trennen? Bislang hatte das immer gut funktioniert und gleichzeitig hatte er Gewissenskonflikte vermieden. „Was ist mit meiner Familie?“, riss ihn Hashirama aus seinen Gedanken und er blickte auf. „Hm?“ „Ich habe dir von meinen Töchtern erzählt, Madara…aber entweder hörst du nicht zu oder du unterbrichst mich. Es interessiert dich nicht.“ Okay, das ging jetzt langsam doch zu weit. „Ernsthaft, Hashirama, denkst du, ich habe Lust, Ersatz-Papi für deine Kinder zu spielen? Wenn du dich in mich verknallt hast, solltest du mich so gut kennen, dass du weißt, dass ich für sowas keinen Nerv habe! Ich bin kein Weib, wie das, das du mal geheiratet hast! Mir reicht, was wir haben!“ Vielleicht war er ein bisschen zu harsch gewesen, aber zumindest redete er sich nicht raus. Hashiramas Mimik blieb unbewegt, während er antwortete. „Das habe ich auch nie verlangt. Ich kenne dich in der Tat…aber ich dachte immer, dass du mir irgendwann ein Stück entgegen kommen würdest. Solange ich bei Mito keinen reinen Tisch gemacht hatte, konnte ich das nicht verlangen.“ Er machte eine kurze Pause und wieder huschte ein Schatten über sein Gesicht. „…ich wollte wirklich, dass das mit uns hält. Ich wollte dir Zeit geben, aber ich warte jetzt seit einem Jahr darauf und du behandelst mich immer noch wie eine Affäre. Warst du eigentlich je an einer ernsthaften Beziehung mit mir interessiert?“ Die Frage ließ Madara unweigerlich schlucken, denn er musste zugeben, dass das lange Zeit nicht der Fall gewesen war. Beziehungen bedeuteten Vertrauen und das konnte er nur bis zu einem gewissen Maß zulassen. Hashirama bekam weit mehr von ihm, als seine bisherigen Partner, aber alles…das war nicht möglich. „Ich will nicht, dass es endet“, überging er die Frage und sah Hashirama in die Augen. „Und du willst es auch nicht. Was soll das also?“ Hashirama schnaubte, ehe er den Kopf schüttelte. „Madara, ich bin jetzt 45 Jahre alt…und auch, wenn Mito und ich nicht mehr zusammen sind, habe ich Verantwortung. Ihr und unseren Kindern gegenüber. Ich genieße deine Nähe, aber mir reicht das, was du mir gibst, nicht.“ „So plötzlich…“, konnte sich der Uchiha das Sticheln nicht verkneifen. „Ich habe dir eben gesagt, dass ich gewartet habe. Du hast mich nie gefragt, was ich mir in Bezug auf uns vorstelle und meine Hinweise ignoriert.“ Das war nicht gelogen und dennoch brachte es Madaras Inneres wieder zum Brodeln. „Du siehst nichts ein und wenn das wirklich das ist, was du willst, kann ich es nicht ändern. Mito liebt mich immer noch…vielleicht kann ich es wieder lernen, wenn ich mich darauf einlasse. Es ist die vernünftigste Option.“ „Dein Getue kotzt mich gerade dermaßen an, Hashirama!“, entfuhr es Madara heftig und er erhob sich ruckartig, starrte ihn zornig an. „Soll ich jetzt rumheulen und deine Opferbereitschaft bewundern?! Dann geh doch zurück zu ihr, du Schlappschwanz! Du weißt genau, dass du mich verdammt noch mal vermissen wirst!“ Hashirama lächelte bitter, während er zu ihm aufsah. „Ja…ich weiß…aber du lässt mir keine Wahl.“ Madaras Kiefer malmte, als er herumfuhr und die Orchideen, die niemand außer Hashirama so lange am Leben halten konnte, vom Tisch fegte. Die kunstvolle Keramikvase, in der sie gesteckt hatten, zersprang in Scherben, doch Hashirama machte keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Er wirkte so beherrscht, dass Madara sich noch mehr in seine Wut reinsteigerte. „Komm nicht wieder angekrochen, Hashirama!“, zischte er ihn an. „Geh in deine scheiß-langweilige Ehe zurück und leb wie ein scheiß-heiliger Mönch…ist mir egal! Ich brauche dich nicht!“ Hashirama nickte langsam, stand dann ebenfalls auf; er wirkte mit einem Mal sehr erschöpft. Sehr gut…sollte er darunter leiden! Und das würde er. Er würde diese Entscheidung bereuen! „Werde ich“, erwiderte er knapp, doch er wirkte ebenso enttäuscht. „Geh jetzt bitte. Du weißt ja, wo die Tür ist.“ Madara war für einen Moment verunsichert…doch dann nahm er sich zusammen und fuhr herum. Wortlos verließ er den Raum, riss seine Jacke im Flur mit so viel Wut vom Haken, dass dieser verdächtig knackte. Sein Blick blieb an der Vase hängen und mit einem festen Tritt gegen die Kommode flog auch die Zweite herunter, zerschellte auf dem dunklen Laminat. Madara warf die Tür hinter sich ins Schloss, das Knallen hallte im Treppenhaus wieder, doch es war ihm egal. In seinem Wagen blieb er für ein paar Sekunden sitzen, starrte vor sich hin, während er am ganzen Körper bebte. So viel zu Uchiha Madara fuhr nicht aus der Haut…zur Hölle damit! Er schlug mit der Faust gegen das Lenkrad, ehe er die Stirn darauf sinken ließ. Scheiße. Er musste sich beruhigen, diese Geschichte einfach abhaken…Hashirama vergessen. Dann hatte er ihn eben abserviert…na und? Madara würde rasch jemand Anderen finden, während dieser versnobte Idiot Mito die Füße küssen würde, ohne was dafür zu kriegen. Sollte er doch mit ihr auf heile Familie machen, wenn das, was Madara ihm gab, nicht reichte! Unzufrieden setzte er sich wieder auf, straffte die Schultern…und trotzdem verschwand dieses schreckliche Gefühl nicht. Das hier war nicht das, was er gewollt hatte...aber es war nicht rückgängig zu machen. Hashirama hatte sich gegen ihn entschieden und er würde nicht wieder angekrochen kommen. In diesem Moment klingelte sein Handy. Kakuzu. Natürlich…perfektes Timing, immerhin konnte er sich jetzt wieder ganz auf die Arbeit konzentrieren. Hashirama würde ihm nicht fehlen. Nicht lange…hoffentlich. In seinem Inneren wusste er jedoch, dass er sich gerade selbst belog. Kapitel 3: Trying ----------------- Es waren zwei Wochen vergangen, seitdem er kein Lebenszeichen mehr von dem Anderen erhalten hatte. Er wirkte nicht zerrupfter als sonst, vielleicht ein bisschen gereizter…was seltsam war, denn sein Gegenüber war eigentlich die Ruhe selbst. Nicht zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass der Andere sich vielleicht gelegentlich am Stoff bediente. Allerdings achtete der normalerweise sehr auf seinen Körper, was die Überlegung hinfällig werden ließ. Tief atmete Madara ein, ehe er nach einer Zigarette griff und sich diese ansteckte – das Laster teilte sein Gegenüber auch nicht. „Also…“, ergriff er das Wort, während sie in einem der Räume saßen, die eigentlich für Verhöre genutzt wurden. Andererseits war das hier ja auch irgendwie ein Verhör; sie hatten eine Menge Details zu klären, auch wenn er keinen Grund für Misstrauen sah. Es war eben ungünstig, dass einer seiner besten Leute durch einen unvorhersehbaren Zwischenfall enttarnt worden war. „…dann klär mich mal auf. Ich bin gespannt.“ Akasuna no Sasori blickte ihm mit ausdrucksloser Miene entgegen und nichts deutete daraufhin, dass ihn der Qualm störte. Seine Haltung war gerade, die braunen Augen auf ihn gerichtet…keine Emotion drang nach außen. Niemand wäre darauf gekommen, dass der junge Mann mit der Unschuldsmiene bereits die 30 überschritten hatte und darüber hinaus ein ziemlich fähiger Mörder war. „Wie ich bereits Kakuzu sagte, gab es Komplikationen, die mich dazu zwangen, die Mission abzubrechen“, ertönte die trügerisch sanfte Stimme. „Ein durchgeknallter Teenager, meinst du wohl.“ „Als Teenager würde ich ihn nicht mehr bezeichnen.“ Madara blies den Rauch über seine Lippen, während Sasori seinen Blick ungerührt erwiderte, dabei die Hände auf dem Tisch, der zwischen ihnen stand, gefaltet. „Wo ist der Junge jetzt?“ „In meinem Haus.“ „Die letzten beiden Wochen warst du dort nicht auffindbar.“ „Das ist korrekt. Ich konnte nicht riskieren, sie auf unsere Spur zu bringen.“ Madara hob eine Braue. „Eure Spur?“, hinterfragte er argwöhnisch und Sasori nickte knapp. „Der Junge ist laut und unkontrolliert, mit einem ungesunden Hang zum Wahnsinn.“ „Und dennoch nimmst du ihn mit in dein Haus?“ „Er weiß zu viel. Ich kann ihn nicht gehen lassen.“ Madara nahm noch einen tiefen Zug von seiner Zigarette, ehe er ein trockenes Lachen ausstieß. „Sonst hast du keine Skrupel, unliebsame Zeugen loszuwerden.“ Der Schatten eines kühlen Lächelns huschte für wenige Sekunden über das aalglatte Gesicht, ehe es wieder verschwand. „Das ist wahr…allerdings denke ich, dass er uns von Nutzen sein kann.“ Erst jetzt wurde Madaras Interesse geweckt und er blickte ihn abwartend an. „Inwiefern?“ „Er verfügt über ein ziemlich komplexes Wissen, was Sprengsätze und ihre Herstellung angeht. Das Teil, das er zünden wollte, hätte mehr als nur den Stützpunkt des Kartells in die Luft jagen können.“ Gut, das machte Madara tatsächlich neugierig auf den Jungen und außerdem war es selten, dass sich Sasori für jemanden aussprach. Genau genommen war er ein ziemlicher Menschenhasser, der so wenig wie möglich mit seinesgleichen zu tun haben wollte. Die meisten Aufträge erledigte er allein und seine freie Zeit vertrieb er mit der Herstellung von Giften, die er in seinem Keller-Labor zusammenbraute. Nun, jeder brauchte ein Hobby. „Ein unkontrollierter Terrorist“, fasste Madara zusammen. „Ist er wenigstens clean?“ „Momentan ist er es.“ „Was heißt bitte momentan?“ „Das heißt, dass er das Kartell aus Rache hochjagen wollte.“ Oh. Das ergab natürlich Sinn und Madara musste leider feststellen, dass er den Jungen jetzt erst recht kennenlernen wollte. Die meisten seiner Leute waren ehemalige Opfer, die sich aus dem Teufelskreis befreit hatten. Sasori war so gesehen eine Ausnahme, denn soweit er wusste, war dem Rotschopf nie Derartiges widerfahren. Er hatte schon gemordet, noch bevor sich ihre Wege gekreuzt hatten; der Großteil der Menschheit widerte ihn aus einem ihm unbekannten Grund an. Vermutlich sah er Akatsuki als Gelegenheit, seine Arbeit noch viel effizienter ausüben zu können, zumal ihn die Organisation schützte. „Du wirst ihn mir vorstellen.“ „Sicher.“ „Und falls wir ihn aufnehmen, wirst du für ihn verantwortlich sein.“ „Ja.“ Das war ja fast zu einfach und wenn Madara ehrlich war, wunderte es ihn. Sasori war niemand, der seine Hand für irgendwen ins Feuer legte. Was sah er in dem Jungen, dass er es nun tat? Er würde wohl abwarten müssen. „Bis dahin haltet ihr euch weiterhin bedeckt“, kehrte er zum Thema zurück. „Zetsu hat sich eingeschleust…die Leute fressen ihm aus der Hand, seitdem sie seinen hochwertigen Stoff probiert haben.“ Zumindest bei Zetsu wusste er, dass der Kerl auch gern mal was konsumierte; man sah ihm praktisch an, dass er gern mal einen durchzog. Das war so eine Sache…normalerweise wollte Madara niemanden im Team haben, der nicht vollkommen klar im Kopf war. Es war Zetsus Glück, dass er sich bislang an das leichte Zeug hielt und nicht so kaputt war, dass er als untragbar galt. Madara sah ihn als eine Art Joker, der in Fällen wie diesen in Kraft trat. „Wenn die Wogen geglättet sind, sehen wir weiter.“ Sasori blickte ihn einen Augenblick lang nur an, so als schien er auf etwas zu warten. Als er nichts sagte, stand der Rothaarige auf, ihn dabei immer noch fixierend. „Das war alles?“, fragte er schließlich und Madara drückte seine Kippe aus. „Ja.“ „Aha.“ Ein unübliches Zögern Sasoris, doch dann entschied dieser, es gut sein zu lassen und verließ den Raum. Madara blickte ihm nur einen Moment nach, ehe er sich zurücklehnte, dabei mit dem Stuhl kippelte. Seit wann war er eigentlich so nachsichtig? Normalerweise schlug er einen schärferen Ton an, machte deutlich, dass er kein weiteres Versagen duldete? Wahrscheinlich war Sasori deswegen so irritiert gewesen…sollte er doch. Mit gewisser Verärgerung griff er wieder in seine Tasche und holte die Schachtel heraus, um sich eine weitere Zigarette anzuzünden. Rauchen kann tödlich sein…ja, genau, das war wirklich seine größte Sorge…von Krebs dahingerafft zu werden. War ja nicht so, als würde er jeden Tag damit rechnen müssen, eine Kugel ins Hirn gejagt zu bekommen. Auch, wenn Madara sich selten aktiv beteiligte, konnte er nicht ausschließen, dass ihn jemand abzumurksen versuchte. Die ganzen Samariter da draußen sollten sich mal schön um ihren eigenen Scheiß kümmern, anstatt sich um seine Gesundheit zu sorgen. Er erhob sich schwungvoller als nötig, während er die Giftstoffe inhalierte, und trat auf den Gang hinaus. Zwei Wochen. Nicht ein Anruf, nicht eine Nachricht…14 Tage ohne Hashirama. Seltsames Gefühl, definitiv. Immer, wenn er sich die Gedanken daran erlaubte, fühlte er sich ausgelaugt. Die Wut vom Anfang war mittlerweile verflogen und hatte einer Art Lethargie Platz gemacht, die er einfach nicht unterdrücken konnte. Madara seufzte stumm, während er sich auf den Ausgang zubewegte. Es war bereits Abend, draußen würde es in Kürze dunkel werden. Für heute würde er Feierabend machen…sich vielleicht ein wenig ablenken. Wie genau er das tun würde, musste er sich noch überlegen – die Option Hashirama fiel ja neuerdings weg. Bitter. Er war gerade auf dem Weg zu seinem Wagen, bog um die Ecke, als hinter ihm Schritte ertönten. Reflexartig spannte er sich an, wollte gerade einen unauffälligen Blick über die Schulter riskieren, als sich das erledigte. „Ey, Ober-Arsch!“ Madara blieb abrupt stehen, als ihm von hinten die Bezeichnung nachgerufen wurde; das durfte doch nicht wahr sein. Er würde noch mal ein ernsthaftes Wort mit dem Besitzer des nervtötenden Subjekts hinter sich reden müssen. Seine Geduldsspanne wurde auf eine harte Probe gestellt, als es besagtes Subjekt wagte, ihn grob an der Schulter zu packen – sie waren in etwa gleich groß, der Andere besaß lediglich ein breiteres Kreuz. Madara reagierte schnell, als er das Handgelenk packte, sich aus dem Griff herausdrehte und die freie Hand um den Hals des Jüngeren schloss, zudrückte. Von Letzterem kam ein überraschtes Röcheln, als Madara ihn an seinem Hals in die nächste Seitengasse zerrte und fest gegen die Wand drückte. Kurz blickten sie einander feindselig an und es wunderte ihn, dass sich der Jüngere nicht gegen ihn zur Wehr setzte – die Kraft hätte er gehabt. Madara ließ ihn los, trat einen Schritt von ihm zurück. „Boah…das war total hinterfotzig, du Penner!“, knurrte der Ausreißer und rieb sich die Gurgel. „Wo ist dein Herrchen, Hidan?“, fragte er, ohne auf die Beleidigung einzugehen. „Tse…keine Ahnung…dachte, du wüsstest das“, erwiderte Hidan und verzog das Gesicht. „Mir ist voll langweilig. Kann ich irgendwen kaltmachen oder so? Jemandem was aus den Knochen hauen?“ Madara war längst an die Brutalität, die Kakuzus Anhängsel an den Tag legte, gewöhnt. Eben deshalb sollte dieser nicht frei herumlaufen; wenn etwas passierte und sie Hidan aufs Revier brachten, würde der sich höchstwahrscheinlich verplappern und ihn ans Messer liefern. Fugaku würde begeistert sein, wenn er für ihn in die Bresche springen durfte. „Ich dachte, du hättest kapiert, dass du ohne Kakuzu keinen Schritt aus dem Zimmer machst“, erinnerte er ihn scharf. „Sonst komme ich auf die Ketten zurück.“ Etwas blitzte in Hidans violetten Augen auf – und es war keine Freude. Seltsam, wo der Junge doch so sehr auf Züchtigung abfuhr. „Ich bin kein Köter, du Sack!“, grollte dieser, woraufhin Madara schnaubte. „Dann benimm dich nicht wie einer.“ „Ich hau dir gleich in deine verf-“ „Vorsicht…“, warnte der Ältere und verengte die dunklen Augen zu schmalen Schlitzen. Zu seiner Verwunderung schien das tatsächlich zu funktionieren, denn Hidan blitzte ihn zwar böse aus seinen violetten Iriden an, doch er wirkte nicht so, als würde er ihn gleich anspringen und zu Boden ringen; wissen konnte man das nie. Madara wusste, dass es fahrlässig war, den Jungen ohne Aufsicht zurückzuschicken oder stehen zu lassen, er musste sich wohl darum kümmern. Kakuzu würde er noch was erzählen… „Ey!“ Madara erwiderte nichts, fixierte den Anderen lediglich. „Kann ich mitkommen?“ Das war wohl ein schlechter Scherz…er zog die Stirn in Falten, doch Hidan schien das zu allem Überfluss auch noch ernst zu meinen. „Komm schon! Ich hab keinen Bock, da unten rum zu hocken und mir einen zu wedeln, bis der Alte zurückkommt!“ „…“ Das war eindeutig zu viel der Information und er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Eigentlich wollte er Hidan auf keinen Fall eine Sekunde länger als nötig ertragen…aber welche Wahl hatte er schon? Er entschied sich für das Einfachste, indem er sein Handy hervorholte, um seine Last schnellstmöglich loszuwerden. Etwa eine halbe Stunde später saß er mit einem viel zu aufgedrehten Hidan in seiner Lieblings-Cocktail-Bar und unterband dessen Versuche, sich etwas anderes als Fruchtsäfte zu bestellen. „Boah, ich bin alt genug für hartes Zeug, du Spießer!“ Madara warf ihm einen Blick zu, der deutlich machte, was er davon hielt. Schon im nüchternen Zustand war Hidan eine tickende Zeitbombe…wenn man den auch noch Alkohol konsumieren ließ…nein, das würde er sicher nicht riskieren. Dementsprechend ließ er nicht mit sich reden und stattdessen lieber den Blick schweifen, was sich hier noch so rumtrieb. Während er die Sache mit Hashirama am Laufen gehabt hatte, hatte er sich von Homo-Bars ferngehalten. Aus gutem Grund, denn die Leute dort waren ihm zuweilen doch ein bisschen zu aufdringlich. Vielleicht hätte er sich das an diesem Abend doch noch mal überlegen sollen, denn schließlich musste er nun nicht mehr monogam leben. Andererseits musste man ja nicht gleich übertreiben, zumal Madara Hashirama damals in einer Bar wie dieser kennengelernt hatte. Madara erinnerte sich noch daran, wie der Anwalt am Tresen gesessen und deprimiert in seine Cola geschaut hatte. Er hatte sich zu ihm gesetzt, ganz unverbindlich und ihm einen spöttischen Spruch reingedrückt. Irgendwas von wegen, er sollte sich mal einen richtigen Drink genehmigen, um diese Trauermiene loszuwerden. Hashirama hatte ihn ganz unglücklich angesehen, aus seinen warmen, braunen Augen…und Madara wusste noch, wie genervt er von diesem Typen, der ihm die Laune verdarb, gewesen war. Dennoch hatte er ihm einen ausgeben und dies hatte Hashiramas Zunge nach und nach gelockert. Madara hatte zugehört und ihm seine Meinung auf unverblümtem Wege mitgeteilt. Von da an hatten sie sich öfter in der Bar getroffen, geredet, getrunken, gelacht…sie waren so etwas wie Freunde geworden. Ihre Affäre hatte erst später angefangen, langsam, schleichend…bis Hashirama nicht mehr hatte leugnen können, dass da etwas zwischen ihnen war. Madara hatte nur warten müssen…und dann hatte er seinen verklemmten Anwalt wie eine Naturgewalt mit sich gerissen. Den Anwalt, der nun nicht mehr seiner war und es nie wieder sein würde. Madara atmete durch, ermahnte sich gleichzeitig, dass das aufhören musste. Hashirama hatte seine Entscheidung getroffen und er würde einen Teufel tun, ihm nachzutrauen. Das hatte er nicht nötig. „Hörst du mir überhaupt zu?!“ „Nicht wirklich…“, murmelte Madara abwesend und dachte an das Gespräch mit Kakuzu zurück. Angeblich hatte der noch zu tun, wickelte gerade ein Geschäft in seinem Sinne ab…na gut, das war eine Ausrede, die er gelten lassen musste. Dennoch hatte er gepatzt, Hidan weder eingeschlossen, noch angebunden und wer durfte das nun ausbaden? Wenigstens hatte Kakuzu ihm geschworen, dass er Hidan nach erfolgtem Deal hier einsammeln würde. Mit etwas Glück wäre er seine Last also binnen der nächsten 1-2 Stunden los. Innerlich seufzte er, rührte mit dem Strohhalm in seinem Bahama Mama…wobei er von Hidans neidischen Blicken taxiert wurde. Sie saßen am Tresen und die blonde Barkeeperin warf Hidan hin und wieder einen interessierten Blick zu. Kein Wunder…sah man von der Zuhälter-Frisur ab, war der Kerl gar nicht mal unattraktiv. „Willst du ficken?“ Madara atmete beherrscht durch, als die unverschämte Frage an seine Ohren drang. Er korrigierte sich; solange Hidan den Mund hielt, war er attraktiv. „Dich sicher nicht“, gab er kühl zurück und der Silberhaarige verzog das Gesicht. „Als ob ich das wollen würde! Bah!“ „Ich wusste nicht, dass du treu bist“, erwiderte Madara sarkastisch und nahm den Strohhalm zwischen die Lippen. „Treu? Tse…keine Ahnung…ist ja nicht so, als hätte ich jetzt groß Auswahl, ne? Kuzu mag keine Kondome…will mir seinen Schwanz lieber natura reinrammen, kapiert?“ Nicht nur Madara hatte das kapiert, denn die Blondine hinterm Tresen schaute plötzlich sehr pikiert und wandte sich rasch ab. Aus der Traum, was für ein Herzensbrecher. „Außerdem bin ich zufrieden mit seinem Schwanz…ist richtig groß, füllt mich komplett aus.“ „Wie schön für dich“, murmelte Madara und hoffte, dass die Lobeshymnen auf Kakuzus Intimbereich gleich zu Ende sein würden. „Und du? Suchst hier n Stecher oder was zum Einlochen?“ Madaras Braue zuckte, als er die Frage vernahm, doch Hidan schien sich seiner Dreistigkeit nicht mal bewusst zu sein. Anscheinend war das ein normales Gespräch für ihn, so offen neugierig, wie er ihn anschaute. „Kommt darauf an“, ließ er sich zu einer Antwort herab. „Ach echt? Cool…na ja, Kakuzu ist nicht so der Typ, der einen freiwillig an seinen Arsch lässt. Glaub, dann killt der mich, also wenn ich das versuchen würde…aber unten liegen ist auch geil! Ich kann echt viel packen, weißt du? Richtig geil ist es, wenn ich kurz vorm Reißen-“ „Ich hab’s verstanden“, schnitt er ihm das Wort ab, bevor noch mehr Leute zu ihnen rüber schauten. Hidan hatte mit Schamgefühl oder Diskretion absolut nichts am Hut, aber das wusste er ja. Vermutlich konnte er froh sein, dass der Kerl sich nicht längst das T-Shirt vom Leib gerissen hatte, weil ihm zu warm war. „Bist wohl prüde, was?“ Hidan sollte mal Hashirama kennenlernen, dann würde er wissen, was prüde war. Wobei…lieber nicht, vermutlich wäre das der Schock seines Lebens gewesen. Madara schalt sich innerlich dafür, schon wieder Gedanken an den Mann zu verschwenden. Die Geschichte war vorbei. „Na ja, macht nichts…ich find – ey, pass doch auf, du Bitch!“ Madara konnte es einfach nicht fassen; wie lange waren sie bitte hier und schon fing der Junge Streit an. Junge…eigentlich war Hidan das nicht mal mehr, doch er verhielt sich ja nie besonders erwachsen. Die Frau, die ihn versehentlich beim Bestellen angerempelt hatte, schien das jedenfalls nicht sehr gelassen zu nehmen – und ihr gut gebauter Freund ebenso wenig. Dieser sah aus, als würde er Hidan gleich eine reinhauen. „Und was glotzt du so, du aufgepumpter Schw-“ Madara packte Hidan wie ein Tier im Nacken und drückte ihn mit Kraft auf den Tresen runter, wo er sich zeternd gegen seinen Griff wehrte. Er ignorierte das, blickte den Hünen vor sich ruhig aus seinen schwarzen Augen an…eine stumme Warnung darin. „Es tut ihm leid.“ Seine Stimme glich einer Rasierklinge und wenn der Kerl klug war, würde er es dabei belassen und mit seiner Tussi verschwinden. Zwar war Hidan derjenige, der sich falsch verhalten hatte, doch er würde hier keine Eskalation riskieren. Der unbekannte Kerl verengte die Augen, schien noch etwas sagen zu wollen, doch da wurden ihre Getränke auf den Tresen gestellt. „Schatz, lass doch…komm, wir gehen“, mischte sich die junge Frau ein und packte ihn am Arm. Ein abfälliges Schnauben kam von ihrem Typen, doch dann nahm er die Getränke und zog mit einem letzten drohenden Blick Leine. Madara atmete tief durch, ließ Hidan nun auch wieder los. „Ey! Was sollte der Scheiß?!“, beschwerte sich Letzterer sogleich. „Der-“ „Du bist kein wildes Tier, Hidan“, unterbrach Madara ihn eisig. „Jedenfalls nicht mehr…und wenn du das nicht bald mal in deinen sturen Schädel bekommst, führen wir den Käfig wieder ein.“ Zuerst machte es den Anschein, als würde Hidan ihm jeden Moment an die Gurgel gehen…doch vielleicht war er nicht ganz so dumm, wie Madara vermutet hatte. Möglicherweise verstand er ja zumindest im Ansatz, was er ihm damit sagen wollte. Er hatte weder Zeit, noch Lust, sich mit Problemfällen aufzuhalten…dass er hier mit ihm saß und ihn unter die Leute brachte, war keine Selbstverständlichkeit. „Ist ja gut…“, murrte der Jüngere zerknirscht und griff nach seinem alkoholfreien Cocktail. Vielleicht steckte da doch ein Funken Vernunft in diesem psychopathischen Hirn – wenn dem so war, hatte Madara eben wohl erfolgreich an dieses appelliert. Wenigstens das klappte. Obwohl sich Hidan von diesem Moment an einigermaßen benahm, war Madara doch froh, als Kakuzu endlich in der Bar aufkreuzte. Mit seinem vernarbten Gesicht, das halb unter dem Kragen seiner Jacke verborgen lag, und den blutunterlaufenen Augen wirkte er wie eine Gestalt aus einem Horrorstreifen. Seine ganze Präsenz drängte einen dazu, sich von ihm fernzuhalten…lediglich bei ihm und Hidan erzielte dies keinen Effekt. Letzterer sprang direkt auf und warf dabei fast den Barhocker um, während sich ein freudiges Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete. Von wegen, er war kein Köter…fehlte nur noch das Schwanzwedeln. Da hatten sich zwei Geistesgestörte gesucht und gefunden, wobei Kakuzu das sehr gut hinter seiner Intelligenz verbergen konnte. Deshalb war er so wichtig für ihn. Manchmal war es schwer, die Grauzone zu finden…aber für ihn war Kakuzu nun einmal nicht nur der skrupellose Mistkerl. Er würde nie vergessen, wie er ihn getroffen hatte…damals, als sein Gesicht nur eine entstellte, zerfressene Masse gewesen war. Da war nichts Menschliches mehr in seinen Zügen gewesen…und dennoch hatte er etwas in ihm gesehen. Er war einer der ersten gewesen, die Madara selbst für die Organisation gewonnen hatte, und nie hatte er ihn enttäuscht. Kakuzu war loyal und, so schlimm das klang, das hatte mehr Priorität als irgendein Kind. Die Welt bestand nun einmal nicht aus rosa Zuckerwatte, irgendwann sah das jeder ein. Madara saugte an dem Strohhalm zwischen seinen Lippen, während er beobachtete, wie Kakuzu dem Jungen einen Schlag auf den Hinterkopf gab und ihm etwas ins Ohr zischte. Nun, wer den Mann kannte, der wusste, dass ein Schlag von ihm normalerweise Knochen brechen konnte. So gesehen war es mehr ein Klaps. Kaum zu glauben, dass ausgerechnet dieser irre Spinner Kakuzu etwas bedeutete…Madara hatte nicht geglaubt, so etwas überhaupt noch mal zu erleben. Vielleicht war es Hidans direkte Art, wie er rücksichtlos aussprach, was er dachte…oder die Tatsache, dass Kakuzu einst in seiner Situation gewesen war. Madara konnte es nicht genau sagen, doch trotzdem er Hidan nicht leiden konnte, wollte er sich nicht zu viel einmischen. „Du schuldest mir was“, lautete seine Begrüßung, als die beiden auf ihn zukamen. Kakuzu schnaubte abfällig. „Wenn ich dir sage, was ich eben ausgehandelt habe, wirst du das überdenken müssen.“ Madara hob unbeeindruckt eine Braue. „Da das nur meinen Erwartungen entspricht…eher nicht.“ „Vielleicht übertreffen sie deine Erwartungen?“, konterte Kakuzu und griff nach Hidans Fruchtsaft, roch einmal daran. „Dein Glück…“ Madara lächelte auf den Kommentar hin dünn, wohingegen Hidan, der an seiner Seite zu kleben schien, erst ein paar Sekunden später reagierte. „Ey!“, keifte er und boxte Kakuzu fest in die Seite. „Ich bin volljährig, also darf ich auch trinken!“ Sein Herrchen warf ihm einen spöttischen Blick zu, packte gleichzeitig grob seinen Nacken und zerrte ihn zu sich. „Du darfst nicht mal atmen, wenn ich es nicht erlaube“, grollte er ihm zu und Madara bemerkte das Flackern in seinen Augen. Das Seltsame war, dass Hidan die Worte anscheinend auch noch scharf machten, so wie er schluckte und den Älteren anfunkelte. Nicht, dass Madara ein Mauerblümchen gewesen wäre, aber einige Dinge musste er nicht ausprobieren. „Wenn du dich immer verpisst, brauchst dich nicht wundern, wenn ich mache, was ich will!“, murrte Hidan und reckte trotzig das Kinn. „Darüber reden wir zuhause noch mal ausführlich“, kürzte Kakuzu die Diskussion ab und wandte sich nun wieder ihm zu. „Genug Dirty Talk?“, fragte Madara trocken, was sein Gegenüber grimmig lächeln ließ. „Fürs Erste“, erwiderte dieser. „Er hat nichts angestellt?“ Madara warf einen kurzen Blick zu Hidan, der ihn bockig anstarrte, dabei die Arme verschränkt hielt. Typisch. „Für seine Verhältnisse war er erträglich.“ „Für ein Arschloch warst du auch erträglich…“, äffte Hidan ihn nach und Madara bereute seine Worte sofort. „Nimm ihn einfach mit und verschwindet endlich…“, brummte er und Kakuzu nickte knapp. Madara wunderte es, dass er Hidans unerlaubten Ausflug so locker nahm, aber vielleicht tat er auch nur so. Immerhin befanden sie sich in der Öffentlichkeit, was innerhalb ihrer vier Wände passierte, war eine andere Geschichte. „Ich informiere dich morgen genauer“, verabschiedete sich Kakuzu und legte einen Arm um Hidans Hüfte. Dieser meckerte nicht mal, sondern ließ sich mitschleifen, nachdem Madara einen knappen Laut der Zustimmung von sich gegeben hatte. Die Beiden waren schon ein skurriles Paar. Er sah ihnen nur kurz nach, ehe er sich wieder der Bardame zuwandte und einen weiteren Cocktail bestellte. Immerhin war der Abend noch jung, auch wenn nichts im Umkreis seinem Beuteschema entsprach. Die Homo-Bar wäre vielleicht doch geeigneter gewesen…da konnte man sich zumindest keine Abfuhr holen. Andererseits hatte er Hashirama, den zuvor überzeugten Hetero, ja auch umpolen können. Madara blickte vor sich hin, während die Worte gegen seinen Willen durch seinen Kopf geisterten. Verliebt hatte er sich in ihn…tse…und wo war er dann jetzt? Sicherlich bei seiner Schlampe von Ex. Mito…mit ihren bescheuerten Dutts und dem schrecklichen, roten Haar. Generell hatte Madara nicht viel für das weibliche Geschlecht übrig, die meisten waren ihm zu laut und aufdringlich. Konan war eine der wenigen Frauen, deren Anwesenheit er ertragen konnte und sogar schätzte. Sie war sachlich, präzise und drängte einem nicht ihre Probleme auf, obwohl sie bestimmt genügend davon hatte. Ja, Frauen wie Konan mochte er. Madara seufzte frustriert auf, als ihm der nächste Cocktail hingestellt wurde; wie tief war er gesunken, dass er sich schon mit Monologen über Weiber aufhielt? „Ist hier noch frei?“ Er hielt inne, warf einen Seitenblick zu dem jungen Mann, der ihn freundlich anlächelte. Rein vom Optischen her stand da mindestens eine 8 vor ihm, schlank, feine Züge…vielleicht ein-zwei Jahre älter als Hidan. Ein bernsteinfarbenes Auge blickte ihn fragend an, das andere wurde von den halblangen, dunklen Haaren verdeckt. Nun, dunkelhaarig war gut, die Höflichkeit war auch ein Pluspunkt…und natürlich, dass er von einem ca. zwanzig Jahre jüngeren Typen angequatscht wurde. „Sicher“, erwiderte er und stellte fest, dass sein Nebenmann ein wirklich schönes Lächeln besaß. Madara hatte seine Neigung zum selben Geschlecht recht früh erkannt und akzeptiert, demnach hatte er genügend Zeit gehabt, zu lernen, auf was man achten musste. Der Fremde sah auffällig gepflegt aus, suchte länger als üblich den Blickkontakt mit ihm…und außerdem wirkte er schon ein bisschen feminin. Das traf nicht auf jeden schwulen Mann zu und wenn es übertrieben tuntig rüberkam, war Madara in der Regel direkt abgeneigt. Er brauchte keine halben Frauen, sondern Männer. „Utakata.“ Wenn er sich unsicher gewesen wäre, hätte dies spätestens jetzt ein Ende gefunden. „Madara.“ Wieder ein Lächeln und Madara entschied, es drauf ankommen zu lassen, indem er einen Bahama Mama für seinen Nebenmann orderte. Dieser machte keinen überraschten Eindruck, auch wenn er sich brav bedankte; da wusste jemand wohl, was er wollte. Auch das war ihm ganz recht, denn Charisma und Selbstbewusstsein gefielen ihm – solange er nicht übertroffen wurde. „Bist du öfter hier?“ Klischee-Frage, aber schön, er würde mitspielen. „Gelegentlich“, erwiderte er und schob ihm den Cocktail zu. „Und selbst?“ Utakatas Lächeln wankte nicht, während er einen großzügigen Schluck nahm. „Nicht so oft, aber eine Bekannte hat mir diese Bar empfohlen, da war ich neugierig.“ „Wollte sie nicht mitkommen?“, erkundigte er sich, obwohl es ihn kein Stück interessierte. Stattdessen überlegte er lieber, wie gut dieser Körper in sein Bett passen würde. Die eng sitzende schwarze Hose war schon mal vielversprechend, ebenso wie das, was unter dem weit ausgeschnittenen, blauen Shirt, zu sehen war. Noch ein bisschen mehr Alkohol und die letzten Hemmungen würden fallen…vorausgesetzt, der Kerl hatte überhaupt welche, so offen, wie er sich gab. Zumindest war klar, welche Rolle er einnehmen würde…er ließ sich von niemanden knallen, der so viel jünger als er selbst war. Generell war Passivität bei Fremden so eine Sache. „Ich gehe öfter mal allein weg“, erwiderte Utakata und rührte in seinem Cocktail. „Da ist man freier.“ Diese Augenfarbe hatte was, das musste er ja zugeben…vor allem wenn die Bernsteine so funkelten, wie es jetzt der Fall war. Freier, soso… „Das ist wahr…“ Madara fiel auf, wie lange er keinen unnötigen Smalltalk mehr gehalten hatte, um jemanden in die Kiste zu kriegen. Es war zur Gewohnheit geworden, stur abzublocken, weil jemand zuhause auf ihn wartete. Gelegentlich hatte er sich dennoch den einen oder anderen Flirt erlaubt, doch auch das hatte sich in Grenzen gehalten. Der Gedanke daran machte ihm die Aussicht auf ungezwungenen Sex madiger, als gedacht...er musste die Kurve kriegen. Jetzt. „Nun, sie machen hier jedenfalls gute Drinks“, übernahm Utakata dies und blickte ihm intensiv in die Augen. „Und die Gesellschaft ist auch nicht schlecht…“ Noch eindeutiger ging es nun wirklich nicht, aber es war ihm nur recht. „In diesem Punkt sind wir uns schon mal einig“, gab er amüsiert zurück und lehne sich ein wenig vor, hielt dem Blick stand. Zugegeben, er hatte nicht damit gerechnet, dass der Kerl gleich in die Vollen gehen würde – doch was sprach dagegen? Immerhin war er wieder auf dem Markt, wieso sollte er sich zurückhalten? Die Hand, die sich an seine Wange legte, war schon mal ein Argument…die weichen Lippen, die sich auf seine drückten, ein noch effektiveres. Süß schmeckten sie…der Kuss war fordernd, leidenschaftlich…und er erinnerte ihn unweigerlich an etwas. Von Hashirama geküsst zu werden, konnte man eigentlich schon als kreativ bezeichnen. Vielleicht lag es an seiner beinahe endlosen Geduldsspanne, doch er hatte sich immer sehr viel Zeit dafür genommen. Madara hatte dem Küssen nie besondere Bedeutung beigemessen, doch mit Hashirama war es…intimer gewesen. So gut, dass man kaum genug davon bekam. Madara mochte es, dabei auf seinen Hüften zu sitzen, auf ihn herunterzuschauen, die Arme um ihn geschlungen. Er mochte es, wenn Hashirama hinter ihm lag, seine Halsbeuge küsste und dabei Dinge murmelte, die niemand bisher zu ihm gesagt hatte. Anfangs war es regelrecht unangenehm gewesen, aber irgendwann hatte er begonnen, sich geschmeichelt zu fühlen…es zu genießen. Gerade jetzt daran zu denken, machte es leider nicht besser. Im Gegenteil… „Alles in Ordnung?“, hörte er Utakata fragen, als sich Madara kommentarlos abwandte. Am liebsten hätte er bejaht und weitergemacht, doch gerade eben war ihm einfach nur schlecht. Das hier war nicht das, was er wollte. Er wollte diesen Schritt nicht zurückgehen, wieder mit irgendwelchen Typen in die Kiste steigen, die er nie wiedersehen würde. Vielleicht wirkte der Alkohol endlich und er machte deshalb so ein Drama daraus…vielleicht war das auch der Grund für seine Übelkeit. Was es auch war, es hinderte ihn daran, weiterzumachen. „Nein“, erwiderte er kühl, weil es ihn selbst wütend machte. Auf Utakatas irritierten Blick hin holte Madara seine Brieftasche hervor und knallte die Scheine auf den Tresen. Es sollte allemal reichen, um die Rechnung für sie beide und Hidans Drinks zu begleichen. Er hätte sich entschuldigen können, doch wozu? Der Typ sah gut aus, konnte gut küssen…aber er war ihm scheißegal. Wer ihm nicht scheißegal war, war Hashirama. „Du kannst doch nicht einfach-“ Madara schnaubte verächtlich, ehe er sich einfach umdrehte und den Typen sitzen ließ; er konnte machen, was er wollte. Was er nicht machen konnte, war, zu Hashirama zu fahren. Auch wenn er nicht total besoffen war, war er immerhin angetrunken…das endete nie gut. Außerdem…was sollte er ihm sagen? Hey, ich habe jemanden zum Vögeln gesucht, aber beim Küssen wurde mir dann klar, dass ich lieber dich in der Kiste hätte. Eher biss er sich die Zunge ab, als das zuzugeben. Teufelskreis…am besten, er fuhr erstmal nach Hause. Mit der Bahn. Das Auto konnte er morgen abholen. Morgen würde sich dieses beschissene Gefühl bestimmt verflüchtigt haben. Zwei Wochen…keine allzu lange Zeit, er brauchte einfach mehr. Vielleicht hätte er den Typen doch knallen sollen, einfach verdrängen, das half bestimmt irgendwann. Das Traurige war, dass er sich selbst nicht glaubte…und dass er heute auf keinen Fall alleine schlafen wollte. Scheißdreck. ____________________________________________________________________________________ Und da haben wir Kapitel 3...ob Madara nun wirklich einsichtig ist oder es nur die Folgen seiner Bahama Mama's sind...wer weiß. Mal schauen, wie lange das hin und her noch geht. Die Kapitel könnten in Zukunft übrigens länger dauern, da ich befördert wurde und das eben auch mehr Arbeit bedeutet. Keine Ahnung, wie viel Elan ich da noch fürs Schreiben aufbringen kann, aber ich bemühe mich! :) Freue mich wie immer über eure Rückmeldungen/Spekulationen, wie's weitergeht. LG Kapitel 4: Cursing ------------------ Am nächsten Morgen war Übelkeit das Erste, das er fühlte…und da er verhältnismäßig wenig getrunken hatte, schob er es auf die Fruchtsäfte. Es hatte einen Grund, dass er lieber Whisky trank, der bekam ihm besser. Andererseits spürte er den schneller und deutlicher, wenn er sich mal etwas mehr genehmigte. Außerdem hatte es sich eingebürgert, dass sie des Öfteren mit einem Glas besagten Getränks auf Hashiramas Couch saßen und damit den Abend einleiteten. Der Gedanke daran sorgte nur dafür, dass sich sein Magen noch mehr verkrampfte. Madara schlug die Augen auf, blinzelte einmal, während er an die weiße Wand schaute. Hinter ihm regte sich jemand, lehnte sich noch etwas mehr an seinen Rücken und er spürte warmen Atem an seiner nackten Haut. Das leise Gemurmel war nichts Neues für ihn und eigentlich hatte er sich immer darüber lustig gemacht. An diesem Morgen konnte er es nicht amüsant finden, dafür lag seine Laune viel zu tief im Keller. „Mh…bist du wach?“, hörte er ihn gegen seinen Rücken nuscheln. Lediglich ein Brummen kam von ihm zurück, doch dem Anderen schien das zu reichen. Das Bett war weder so breit, noch so komfortabel, wie es in Madaras Wohnung der Fall war. Eigentlich war es sogar ein bisschen eng, gerade wenn man zu zweit darin lag – doch der Andere hatte gemeint, dass er ihn nicht auf der Couch pennen lassen konnte. „Nii-san?“ Madara hörte die Bettdecke rascheln, als sich der Jüngere aufsetzte und sich vermutlich dabei streckte. „Willst du Frühstück?“ Madara schnaubte leise, rieb sich einmal über die Augen, ehe er sich auf den Rücken drehte und einen Blick zu seinem Bruder warf. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen war nicht zu leugnen, vor allem da sie beide mit ihrer widerspenstigen Mähne zu kämpfen hatten. Izunas Kopf sah aus, als hätte er in eine Steckdose gefasst und seine längeren Strähnen befanden sich nur noch zur Hälfte in dem Zopfband. Obwohl er mit seinen 37 Jahren längst erwachsen war, wirkte er durch die großen, dunklen Augen und seine weichen Züge immer noch wie ein Jüngling. „Hast du eine neue Freundin?“ Izuna grinste ihn verschmitzt an, sich wohl bewusst, dass sein Kühlschrank in Single-Zeiten meistens leer war. „Vielleicht?“ Izunas Beziehungen unterschieden sich von Madaras nicht nur in der Hinsicht, dass er ausschließlich aufs weibliche Geschlecht stand. Im Gegensatz zu ihm war er relativ anständig und hatte, abgesehen vom großen Bruder, nichts zu verbergen. Wobei Izuna eigentlich nie ein Geheimnis aus ihm machte, sondern ihn bei jedem neuen Versuch vorstellen wollte. „Kaffee würde schon reichen“, umging er das Thema und Izuna nickte, stieg aus dem Bett. „Ich gehe eben duschen, danach kannst du und ich mach uns in der Zeit was fertig. Einverstanden?“ „Hm…“ Madara schloss die Augen wieder, als sein Bruder das Zimmer verlassen hatte. Es war eine Weile her, dass er über Nacht hier geblieben war. Gestern war ihm danach gewesen und Izuna würde ihm nie die Tür vor der Nase zuschlagen. Etwas, das auf Gegenseitigkeit beruhte. Für seinen kleinen Bruder hätte Madara alles stehen und liegen gelassen, das war immer so gewesen. Sie hatten vermutlich noch mehr Halbbrüder als nur Fugaku, so wie er seinen Vater gekannt hatte, aber niemand war ihm derartig wichtig wie Izuna. Er würde nie vergessen, wie er den Wurm das erste Mal halten durfte. Tajima hatte schon damals kein besonderes Interesse an dem Jüngeren gezeigt, denn dieser war viel zu früh auf die Welt gekommen und dementsprechend winzig gewesen. Es war eine komplizierte Geburt gewesen, die ihre Mutter nicht überlebt hatte, doch das war nicht der Grund für die Gleichgültigkeit ihres Vaters gewesen. Izunas Immunsystem war gerade in den ersten Jahren so schwach gewesen, dass er ständig mit irgendwelche Krankheiten zu kämpfen gehabt hatte. Auch heute war er noch sehr anfällig und es beunruhigte Madara nicht weniger als damals. Er war viel zu zart für die Arbeit im Untergrund gewesen, doch insgeheim war Madara sogar froh darüber. Dadurch, dass Izuna nie im Fokus ihres Vaters gestanden hatte, hatte er sich sein eigenes Leben aufbauen können. Madara war es lieber gewesen, alles allein zu schultern, als seinen Bruder in der Schusslinie zu wissen. Auch wenn er die Berufswahl seines Bruders nicht wirklich nachvollziehen konnte, ließ er ihm freie Hand in seinen Entscheidungen. Madara wollte sich gerade auf den Rücken drehen, als ihm das seltsame Gefühl, beobachtet zu werden, auffiel. Im selben Moment spürte er ein Ziepen an seinen Haaren und hörte eine Art…Schmatzen? Er knurrte leise, warf dabei einen Blick nach hinten, wo ihm ein finsteres, gelbes Augenpaar begegnete. Madara hatte nie verstanden, warum sich Izuna von allen Katzen dieser Welt ausgerechnet diesen kleinen Mistkerl aus dem Tierheim angeschafft hatte. Genüsslich kaute der Kater auf seinen Haaren herum, zog daran, als würde er sie ihm ausrupfen wollen. Er wollte das Tier gerade anzischen, als von der anderen Seite ein zartes Maunzen ertönte. Die weiße Katze blinzelte ihn aus ihren blauen Augen an, ehe sie einen Satz aufs Bett machte und sich ohne Scheu schnurrend an seine Brust kuschelte. Seufzend kraulte Madara sie im Nacken, woraufhin das Schnurren noch lauter wurde. Wunderbar. Vielleicht sollte er von seinen Affären auf Katzen umsteigen – die konnten einen wenigstens nicht sitzen lassen. Wenn er allerdings bedachte, dass ihm das andere Exemplar gerade mit seinem Fischatem die Haare vollsabberte…nein danke. Aber natürlich hielt sich sein Bruder Haustiere…schließlich behandelte er die Viecher beruflich. Tierarzt…obwohl, irgendwie passte es ja doch zu ihm. Er warf wieder einen Blick über die Schulter, versuchte den schwarzen Kater wegzuschieben – woraufhin Kuro mit den Krallen nach ihm schlug. „Drecksvieh…“, entkam es ihm trocken. Der Kater knurrte leise zur Antwort, wovon sich Shiro allerdings nicht beeinflussen ließ. Die weiße Katze hatte sich bei ihm zusammengerollt und genoss die Streicheleinheiten. Was für ein Morgen... „Also, Nii-san…wann wirst du noch mal mit ihm reden?“ Es war nicht unbedingt das, worüber er sprechen wollte, doch sein Bruder würde ihm vermutlich keine Wahl lassen. Missmutig löste er sich vom Anblick der beiden unterschiedlichen Katzen, die soeben gierig ihr eigenes Frühstück vertilgten, und wandte sich Izuna zu. Dieser saß ihm gegenüber, sah nun, nachdem er geduscht hatte, wie das blühende Leben aus, wohingegen sich Madara trotz Dusche nicht besser als am Vortag fühlte. Vielleicht hätte er Izuna verschweigen sollen, dass Hashirama ihn abserviert hatte...wobei, er hätte sowieso gemerkt, dass was nicht stimmte. „Da gibt’s nichts mehr zu reden.“ Er griff direkt zum Kaffee, goss sich ein, wobei er die restlichen Lebensmittel ignorierte. Sein Bruder hob nur eine Braue, sagte aber nichts dazu, sondern bediente sich am Gemüse, während er die Reisschale in der Hand hielt. „Hast du mir nicht gestern erzählt, dass du überlegst, ihn anzurufen? Klang danach, als würdest du ihn ziemlich vermissen…“ „Passt schon“, blockte er die Fragen seines Bruders ab und goss sich etwas Milch dazu. Kein Zucker...er mochte den herben Geschmack, wollte diesen nicht verderben. Außerdem hatte er am letzten Abend genug Süßes gehabt…und wollte nicht unbedingt an diesen Typen denken, den er sitzen gelassen hatte. „Anscheinend ja nicht“, erwiderte Izuna gelassen. „Nicht bei dem Gesicht, das du machst…du siehst aus wie Kuro.“ Madara warf einen kurzen Seitenblick zu dem schwarzen Kater, der vor ihnen auf dem Boden saß und sie aus seinen gelben Lampen-Augen grimmig anstarrte. Das Vieh war ihm nicht geheuer. „Na danke…“ „Jetzt mal im Ernst, Madara“, nahm Izuna das Gespräch hartnäckig wieder auf. „Was ist denn dabei, hm? Ruf ihn an, sag, dass es dir leid tut, dass du so ein Blödmann warst, und-“ „Ich war kein Blödmann“, murrte Madara dazwischen, wurde aber ignoriert. „…und dass er dir fehlt und du noch mal mit ihm reden willst. Du musst ja nicht gleich auf den Knien vor ihm rumrutschen, aber vielleicht ein bisschen…“ „Ich mach gar nichts!“ „…ein bisschen guten Willen zeigen. Zeig ihm, dass er dir halt nicht egal ist.“ „Seit wann bist du eigentlich Beziehungsberater?“, brummte Madara, ohne auf die Worte einzugehen. Leider hatte er sie trotzdem sehr gut verstanden und es zerrte an seinen Nerven, dass er genau das am liebsten getan hätte. Hashirama anrufen und fragen, ob sie noch mal reden könnten. Doch wie würde er dann da stehen? „Seit mein großer Bruder seine Beziehung nicht auf die Reihe bekommt“, erwiderte Izuna und genehmigte sich einen Schluck Tee. Madara lag ein verletzender Spruch auf der Zunge – doch er spülte ihn rasch mit seinem Kaffee runter. Dass Izunas Beziehungen immer einige Zeit hielten, änderte nichts daran, dass sie am Ende jedes Mal in die Brüche gingen. „Ich kann nicht mit ihm reden“, versuchte er, das Gespräch zu beenden. Izuna sah ihn misstrauisch an, ehe er ein Seufzen von sich gab. „Oh man…was hast du getan?“, fragte er resigniert. „Einen Wutanfall bekommen und seine Einrichtung demoliert?“ „…“ „Ernsthaft?“ „Nur zwei Vasen.“ „Nii-san!“ Madara verlor langsam die Lust daran, sich rechtfertigen zu müssen. Schließlich war das nicht alles seine Schuld…Hashirama hätte ihm einfach etwas deutlichere Zeichen geben müssen. Konnte er riechen, dass der Kerl heimlich plante, mit ihm Schluss zu machen, weil er unzufrieden war? Und dann noch mit so einer verfluchten Nachricht per Handy – wie sollte er da bitte nicht ausrasten? „Da ist eigentlich mehr als eine Entschuldigung fä-“ Izuna konnte seinen Satz nicht zu Ende führen, da es in diesem Moment an der Tür schellte. Es war wohl das erste Mal in Madaras Leben, dass er froh über Besuch am Morgen war. Immerhin konnte sein Bruder ihn aus diesem Grund nicht weiter nerven. Als würde er sich nicht schon genug mit diesem Thema rumschlagen. Madara hob eine Braue, als etwas Weißes, Flauschiges auf seinen Schoß sprang und sich dort breit machte. Shiro sah kurz zu ihm hoch, stieß ein leises Maunzen aus und kugelte sich bei ihm zusammen. Zögernd begann er, die weiße Katze zu kraulen – die ließ ihm mit ihrem wehleidigen Blick ja auch kaum eine andere Wahl. Aus dem Flur schallte derweil die laute Stimme einer Frau zu ihnen herüber…anscheinend würde er Izunas neue Flamme schneller kennenlernen, als ihm lieb war. Das hohe Kichern ging ihm jetzt schon auf die Nerven…das würde sicher großartig werden. „Hey! Du musst Izunas Bruder Madara sein! Er hat mir schon so viel von dir erzählt!“ Madara machte sich nicht die Mühe, sich zu erheben, sondern sah starr von der Hand, die ihm auffordernd vor die Nase gehalten wurde, zu der dazugehörigen Person auf. Sein erster Gedanke war, dass sie ziemlich jung aussah – andererseits schätzten die meisten Leute seinen Bruder auf Ende zwanzig. Hübsch war sie zweifellos mit ihrem dunklen Teint und den großen, braunen Augen, die ihm Licht fast schon orange leuchteten. Die grünen Haare fand er dagegen nicht so ansprechend, ebenso wie die Spange, die ihren Pony beiseite hielt. Von der Figur her wirkte sie zierlich, ohne nennenswerte Kurven – und dank dem bauchfreien Top und den eng anliegenden, kurzen Hosen konnte man viel davon erkennen. „Ich bin Fuu! Es freut mich so wahnsinnig, dich endlich kennenzulernen!“ Hielt die auch mal die Klappe? Madara warf ihr einen seiner berüchtigten Todesblicke zu, ehe er ihre zierliche Hand ergriff und diese fester als nötig drückte. Anstatt zu jammern, weitete Fuu überrascht die Augen. „Das ist mal ein Handschlag! Die meisten Männer denken immer, dass sie vorsichtig anpacken müssen, weil ich ein Mädchen bin – völliger Quatsch!“ Sie wedelte mit der freien Hand, schüttelte den Kopf und während Madara sie weiterhin tot zu starren versuchte, unterdrückte Izuna mit Mühe sein Lachen. „Fuu macht in ihrer Freizeit Kampfsport“, teilte er ihm gut gelaunt mit. „Wir gehen einmal die Woche zusammen ins Dojo.“ „Ganz toll…“, brummte Madara und seine Stimme troff vor Sarkasmus. Fuu klatschte einmal in die Hände und strahlte dabei wie ein bescheuertes Honigkuchenpferd. Shiro hob müde den Kopf, blinzelte einmal in die Runde, ehe sie sich wieder einkuschelte. Vermutlich ging ihr diese Fuu ebenso auf den Sack wie ihm. „Nicht wahr? Izuna hat mir erzählt, dass du auch Kampfsport betreibst. Er meint, du bist echt gut…vielleicht magst du ja mal mitkommen?“ Bekam diese Fuu wirklich nicht mit, dass er sie nieder zu starren versuchte? Zu seinem Glück schob Izuna seine Freundin mit einem Grinsen Richtung Stuhl, was sie auch ohne Widerworte mit sich machen ließ. „Madara trainiert lieber allein“, informierte er sie, blieb dabei hinter ihr stehen und streichelte ihre Schultern. „So? Ach, kein Problem!“, erwiderte sie und lächelte ihn an. „Mir macht es mit einem richtigen Trainingspartner mehr Spaß, aber ich bin eh gern unter Menschen.“ „Interessant…“ Er ignorierte Izunas mahnenden Blick; was ließ der die Verrückte auch rein? Immerhin wusste er doch, dass Madara solche aufdringlichen Weiber nicht ausstehen konnte. Verstellen würde er sich bestimmt nicht. „Ich mach dir einen Tee, ja?“, wandte sich Izuna an seine Freundin, die daraufhin dankbar lächelnd zu ihm aufsah. „Du bist ein Schatz!“ Izuna schmunzelte, drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn und ging dann Richtung Küche – nicht, ohne Madara noch einen warnenden Blick über die Schulter zuzuwerfen. Der wollte doch, dass das hier schief ging oder? Sonst würde er diese Situation nicht dermaßen provozieren. „Shiro fühlt sich ja richtig wohl bei dir“, hörte er sie sagen. „Katzen sind so niedlich! Ich hätte gern selbst Tiere, aber ich bin immer unterwegs, deshalb lasse ich das lieber. Hast du Tiere, Madara-san?“ Um ein Gespräch kam er wohl nicht herum, aber wenn sie ihn schon so zu textete, würde er ihr wenigstens ein bisschen auf den Zahn fühlen. „Nein“, gab er knapp zurück. „Was machst du noch gleich beruflich…?“ „Ich bin Reporterin“, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen. „Deswegen bin ich nicht immer zuhause oder eben spät und-“ „Und für meinen Bruder nimmst du dir natürlich Zeit“, unterbrach er sie kühl. „Oder ist er nur der Lückenbüßer, wenn du Langeweile hast?“ Damit hatte sie anscheinend nicht gerechnet, denn für ein paar Sekunden kam kein Wort mehr aus ihrem hübschen Mund. Verdutzt schaute sie ihn an, suchte wohl nach einer zufriedenstellenden Erwiderung. „Ich hatte bisher nie das Gefühl, dass ich ihn vernachlässige“, murmelte sie und neigte den Kopf. „Wenn es so wäre, könnte er es mir sagen. Wir sind eigentlich recht offen zueinander…und reden viel. Mein Job ist mir wichtig…aber er ist es auch.“ „Aha…und wie lange seid ihr bitte zusammen?“ „Ich glaube, nächste Woche sind es vier Monate“, überlegte sie und Madara fiel kurz aus allen Wolken. Das war ja doch schon eine ganze Weile, hatte er nicht erwartet. Vor allem weil das Mädchen so anstrengend war – sein Bruder war eher der ruhige Typ, der Hektik nicht ausstehen konnte. Was fand er also an dieser Fuu, dass er sie schon vier Monate aushielt? „Wir haben uns in seiner Praxis kennengelernt“, erzählte sie ihm, ohne dass er nachgefragt hatte. „Eine Freundin von mir hat eine verletzte Katze gefunden. Ich wollte sie eigentlich nur begleiten…und na ja, Izuna war so liebevoll…wie er sich um das Tier gekümmert hat…“ Sie lächelte dabei so sanft, dass es Madara den Magen umdrehte; fehlten ja nur noch die Herzchen-Augen. Konnte man innerhalb von vier Monaten dermaßen verknallt sein? Wenn er so darüber nachdachte, wusste er nicht mal mehr, wann es bei ihm angefangen hatte, mehr zu werden. Mehr als eine Affäre…obwohl er anscheinend nie aufgehört hatte, es so zu händeln. Ein Jahr hatte es sicherlich gedauert, vielleicht sogar noch länger. Irgendwann war es einfach normal gewesen, sich öfter zu schreiben…sich jeden verfügbaren Abend zu sehen. Madara war stets ein Freigeist gewesen und Beziehungen hatten ihn meist zu sehr gefesselt, als dass er sich hätte wohl fühlen können. Wie hatte es also passieren können, dass er diesen einen Mann so nahe an sich herangelassen hatte? Das war nie geplant gewesen…und trotzdem war es passiert. Schleichend…und unaufhaltsam. Weil er es gar nicht hatte aufhalten wollen. Dieses Mal nicht. „Er ist ein ganz besonderer Mensch, nicht wahr?“ Madara blickte sie für einen Moment regelrecht entgeistert an, hatte vollkommen den Faden verloren. Das unangenehme Gefühl in seiner Magengrube verstärkte sich noch, als ihm klar wurde, dass Fuu natürlich nicht von Hashirama sprach. Auf seinem Schoß maunzte Shiro leise und stupste seine Hand auffordernd mit der Nase an. „Ja…das ist er“, gab er zögernd zurück und hätte sich dafür am liebsten geohrfeigt. Andererseits konnte er da ja nur zustimmen, immerhin ging es hier um seinen kleinen Bruder. Fuu schaute ihn so glücklich an, dass er spürte, wie sich seine Eingeweide erneut zusammenzogen. Wann kam Izuna mit ihrem blöden Tee zurück? So lange konnte das doch wohl nicht dauern! Als hätte sein Bruder ihn gehört, tauchte er wieder aus der Küche auf, wobei Kuro wie ein König vor ihm her stolzierte. Der schwarze Kater schien mit jedem Menschen dieser Welt auf Kriegsfuß zu stehen – selbst Izuna durfte ihn nur in seltenen Fällen am Kopf kraulen. Alle anderen Stellen seines Körpers waren tabu! Kuro warf erst ihm und dann Fuu lange Blicke voller Verachtung zu, ehe er Richtung Fensterbank schritt und sich auf eben jener platzierte. Wenigstens war er so weit genug weg von ihnen…Madara würde das Vieh nie mögen. „Na, über was unterhaltet ihr euch?“ Izuna blickte neugierig zwischen ihnen her, während er Fuu ihren Tee hinstellte, wofür diese ihm einen Kuss auf die Wange drückte. „Danke, Schatz!“, zwitscherte sie los. „Ich habe Madara-san eben erzählt, wie wir uns kennengelernt haben!“ „Ja…zuckersüß…“, spottete er und sein Bruder schmunzelte. „Wie ich sehe, versteht ihr euch schon richtig gut“, kommentierte er seine Bemerkung und setzte sich neben seine Freundin. „Madara kommt manchmal ein bisschen fies rüber, aber das Meiste meint er gar nicht so…richtig, Nii-san?“ Das würde ein Nachspiel haben, so viel war sicher, doch vorerst begnügte sich Madara mit einem eisigen Blick, der mit einem noch breiteten Lächeln abgeschmettert wurde. Bevor er jedoch antworten konnte, quatschte Fuu dazwischen. „Ich finde ihn gar nicht fies!“ Okay, das überraschte anscheinend nicht nur ihn, denn auch Izuna sah sie perplex an. „Ich hätte auch gern einen Bruder, der sich um mich sorgt und aufpasst, ob mein Freund gut genug für mich ist.“ Hatte die nicht mitbekommen, dass er versucht hatte, sie einzuschüchtern und zu vergraulen? Ja, natürlich wegen Izuna, aber es wunderte ihn doch, dass diese naive Tussi das auch noch kapierte. Er wusste nicht, ob er sich darüber ärgern sollte oder ob ihr das ein paar Pluspunkte einbrachte. „Wenn du das so sehen willst…“ Fuu nickte eifrig, während sie die Teetasse zwischen ihren Fingern drehte und dabei in die Runde strahlte. Auch wenn Madara nicht verstand, was Izuna an ihr fand, entging ihm nicht, wie sein Bruder sie ansah. So voller Zuneigung…wie er ihren Unterarm streichelte und sie direkt eine Hand löste, um ihre Finger miteinander zu verschränken. Madara zuckte zusammen, als Shiro plötzlich mit einem Gurren von seinem Schoß sprang und zur Fensterbank tapste. Mit seiner Artgenossin schien Kuro kein Problem zu haben, denn trotzdem er weiterhin finster vor sich hin starrte, ließ er zu, dass Shiro sich an seine Seite kuschelte. „Oh…sind die beiden nicht süß?“ „Er erinnert mich immer mehr an dich, Nii-san…“ Als würde er mit so einem Gesichtsausdruck herumlaufen; zumindest konnte er nur hoffen, dass dem nicht so war. „Hast du eigentlich auch eine Frau, Madara-san? Oder eine Freundin?“ Er warf Izuna einen Blick zu, doch dieser lehnte sich lediglich in seinem Stuhl zurück und schaute ihn abwartend an. Seine Homosexualität war kein Geheimnis, auch wenn er zu Lebzeiten seines Vaters noch vorsichtig damit umgegangen war. Die meisten Menschen in seinem Umfeld respektierten (oder fürchteten) ihn mittlerweile zu sehr, als dass sie ihn deswegen angingen. Madara hatte dementsprechend kein Problem damit, sich zu outen…doch er wusste, welche Frage darauf folgen würde. Das Thema ließ ihn einfach nicht los, egal, was er sich wünschte…oder erhoffte. Anstatt einfacher wurde es nur schwerer, sich damit abzufinden. Wollte er sich überhaupt damit abfinden? Vor allem nach dem gestrigen Abend lag die Antwort so klar vor ihm, dass er sich wie ein Idiot vorkam. „Frisch getrennt“, erwiderte er schließlich und verfluchte sich, dass es mehr resigniert als scharf klang. Fuus mitleidiger Ausdruck widerte ihn jedenfalls dermaßen an, dass er es am liebsten zurückgenommen hätte. „Das tut mir leid“, teilte sie ihm überflüssigerweise mit. „Hat…sie Schluss gemacht?“ Gute Frage und anhand von Izunas Mimik konnte er erahnen, dass dieser die Geschichte ein wenig anders sah. Hashirama hatte mit ihm Schluss gemacht, das war Fakt…oder? Wenn er sich an die Worte des anderen zurückerinnerte, kam ihm jedoch immer öfter die Erkenntnis, dass er selbst dazu beigetragen hatte. Hashirama hatte ihm Bedingungen gestellt, ihn mit seiner Nachricht gedemütigt und…ja, verdammt, er hatte ihn verletzt. Nicht nur in seinem Stolz. Er war so zornig gewesen, dass er kein bisschen auf ihn eingegangen war…aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er das sowieso nicht vorgehabt. Er war ein Egoist und normalerweise konnte er dazu stehen, ohne sich schuldig zu fühlen. „Entschuldige…das geht mich gar nichts an“, lenkte Fuu ein, schien sein Schweigen richtig zu deuten. Madara ballte unterm Tisch eine Faust, seine dunklen Augen wurden schmal, doch er nahm sich zusammen. „Ich sollte gehen“, meinte er und erhob sich. „Oh! Nein…du…ich wollte nicht…du musst nicht gehen, nicht wegen mir!“ Fuu glaubte also wirklich, dass sie der Auslöser für seinen Aufbruch war? Als ob er nicht in der Lage wäre, ihr eine entsprechende Antwort zu geben. Der Grund dafür, dass er gehen wollte, war der, dass er genug von alldem hatte. „Ich gehe, weil ich nicht ewig hier rumsitzen kann“, gab er zurück und es war ihm egal, dass er unhöflich war. Izuna seufzte nur, drückte kurz Fuus Hand, ehe er ebenfalls aufstand. „Ich bringe dich zur Tür“, bot er an und Madara nickte, wandte sich noch einmal der jungen Frau zu. „Meine Ex-Freundin ist im Übrigen ein Kerl – auch wenn dich das tatsächlich nichts angeht. Auf Wiedersehen…befürchte ich.“ Und damit ließ er sie sitzen, spürte ihren fassungslosen Blick in seinem Rücken. Sollte sie ordentlich daran zu knabbern haben, die Genugtuung hatte er sich einfach gönnen müssen. „Du bist unmöglich…sie wollte nur nett sein.“ Madara sah nicht auf, während er sich seine Schuhe anzog. „Ich war auch nett.“ Auch wenn er auf seine Schuhe fixiert war, konnte er sich vorstellen, wie Izuna soeben die Brauen zusammenzog. „Für deine Verhältnisse warst du vielleicht annehmbar…“ „Besser als fies“, brummte er trocken und sah seinen Bruder nun doch an. „Was findest du an einer Frau, die laut ist, nur über sich selbst redet, ihren Job über dich stellt und kaum Zeit hat? Ich dachte, du würdest etwas Solides wollen?“ Nun war es an Izuna, die Augen zu verengen – eine Warnung, dass er langsam zu weit ging. Als würde ihn das abhalten, jedoch war sein Bruder auch nicht auf den Mund gefallen. „Du kennst Fuu kaum. Sie ist lebensfroh, ehrlich…und wir haben Spaß zusammen. Vielleicht hält es nicht für immer, vielleicht ja doch…das kann niemand wissen.“ Madara erhob sich schnaubend, doch Izuna ignorierte es. „Ich fühle mich wohl, wenn wir zusammen sind. Wir verstehen uns und sie redet nicht nur über sich selbst, sondern interessiert sich für mich…und dass sie ihren Job ernstnimmt, ist für mich auch kein Problem. Außerdem bist du der Letzte, der darüber urteilen sollte…oder nicht?“ Die Worte waren ungewohnt harsch, doch sie verfehlten ihre Wirkung nicht. Madara nahm wahr, wie wieder dieses schreckliche Gefühl an ihm sägte…und er wusste, dass es nicht verschwinden würde. „Du weißt, dass ich dich sehr lieb habe, Nii-san…aber du musst endlich damit aufhören, die Fehler bei anderen zu suchen.“ „Ich habe nicht-“ Madara hielt in seinem Widerspruch inne, als sein Bruder die Hände auf seine Schultern legte und ihn ernst ansah. „Doch…das machst du immer wieder. Deinen Stolz über alles stellen und die Leute von dir wegtreiben.“ Madara begnügte sich damit, seinen Bruder finster anzustarren – allerdings war dieser schon lange immun dagegen und nahm daher kein Blatt vor den Mund. „Du weißt genau, was ich meine. Du bereust es doch jetzt schon, also spring dieses eine Mal über deinen Schatten und rede mit ihm!“ Die Worte trafen den Kern der Sache und es erschütterte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte. Es war einfacher, es dabei zu belassen…jedenfalls hatte er das gedacht. Nach dem vorigen Abend zweifelte er noch mehr als vorher. „Izuna, ich kann nicht-“ „Was hindert dich denn?“, wurde er direkt unterbrochen. „Hast du Angst, dass es zu spät ist?“ „Natürlich nicht!“, zischte er, wollte sich diese Blöße nicht geben. Izuna runzelte die Stirn. „Dann steht dir doch nichts im Wege oder?“ Er war sich ziemlich sicher, dass der Jüngere genau wusste, was ihn hinderte. Allerdings wären sie dann wieder bei seinem Stolz…er schloss kurz die Augen, sammelte sich. Eigentlich wollte er längst weg sein, aber er konnte Izuna auch nicht wortlos stehen lassen. „Nichts außer der Tatsache, dass es zu spät ist.“ „Das kannst du aber nicht wissen.“ „Izuna…“ Er stockte, als sein Bruder ihn plötzlich fest an sich zog, die Arme um ihn legte und ihn drückte. Es war nicht so, dass Izuna das nicht öfter tat, doch in diesem Moment fühlte es sich irgendwie…tröstend an. Dabei wollte er gar keinen Trost…er sollte keinen brauchen. Dennoch ließ er den Kopf gegen seine Schulter sinken, blickte vor sich hin. „Du wirst bestimmt das Richtige tun, Nii-san…das weiß ich.“ Er wünschte sich nur, er könnte sich auch so sicher sein. Stattdessen hatte er ein ganz übles Gefühl…und er wusste, dass ihm eine Abfuhr den Rest geben würde. War es da nicht besser, er ließ es einfach sein? Auch wenn er es dann niemals wissen würde… Kapitel 5: Realizing -------------------- Eigentlich traf er Fugaku nicht zuhause an, das hier galt wohl als Ausnahme…oder Mikoto hatte mal wieder nach ihm gefragt. Wusste der Geier, warum die Frau so darauf erpicht war, dass er sich von Zeit zu Zeit blicken ließ. Normalerweise hätte ihn das gestört, doch nachdem er Izunas Worte die letzten drei Tage nicht aus dem Kopf bekommen hatte, empfand er es beinahe als willkommene Abwechslung. Richtig unheimlich. Er parkte das Auto vor dem Haus seiner Verwandtschaft – er selbst hatte nie einen Grund darin gesehen, sich in einer Einfamilienhaussiedlung niederzulassen. Wozu auch? Selbst in einer gefestigten, homosexuellen Beziehung wäre er nie auf die Idee gekommen, sich Kinder anzuschaffen. Und ein Haus machte Arbeit…vor allem, wenn der Garten mit dran hing. Seine geräumige Wohnung in der Stadt war ihm um einiges lieber, denn er war sowieso selten zuhause. Allerdings wunderte es ihn doch, dass Fugakus Wagen nicht in der Einfahrt stand, schließlich war er seinetwegen hier. Einfach wieder fahren kam ihm allerdings auch blöd vor, so dass er es dabei beließ und die Haustür anvisierte, einmal klingelte. Es dauerte auch nicht lange, bis ihm geöffnet wurde. Obwohl Madara mit Frauen überhaupt nichts anfangen konnte, ließ selbst ihn die Wirkung seiner Schwägerin nicht kalt. Nicht mal, weil sie so hübsch war, sondern vielmehr wegen ihrer Ausstrahlung, die einem jederzeit das Gefühl gab, erwünscht zu sein. „Madara! Wie schön dich zu sehen!“ Bevor er etwas erwidern konnte, hatte sie ihn auch schon in eine Umarmung gezogen. Ein Seufzen unterdrückend, ließ er die Berührung zu, drückte sie kurz. Bei Leuten, die er mochte, fiel es ihm leichter, nicht allzu grantig zu sein. „Fugaku ist leider noch nicht zurück“, teilte sie ihm mit, nachdem sie ihn losgelassen hatte. „Er wollte noch kurz mit dem Wagen in die Werkstatt…hm, das war vor einer Stunde, also sollte er bald zurück sein! Komm erstmal rein!“ Selbst, wenn er protestiert hätte, wäre das wohl vergebens gewesen, so dass er ihre Gastfreundschaft stillschweigend akzeptierte. „Sasuke ist mit ein paar Freunden im Wohnzimmer, du kannst ja kurz Hallo sagen. Ich mache dir in der Zeit einen Kaffee, ja?“ Ob Fugaku bewusst war, dass er einen Engel geheiratet hatte? Auch wenn er sich mehr auf den Kaffee, als auf seinen Neffen und dessen Freunde freute…doch er würde wohl nicht drum herum kommen. „Ja…danke“, gab er knapp zurück und ließ sie allein in der Küche zurück. Anscheinend störte er gerade die Lernrunde, so wie die vier über ihren Büchern brüteten. Das Mädchen mit den rosa Haaren, das neben seinem Neffen saß, war seine Freundin, soweit er das noch im Kopf hatte. Der Blondschopf, der sich gerade übertrieben streckte und ziemlich leidend aus der Wäsche schaute, war Sasukes bester Freund. Und zuletzt dieser Junge, den man auf den ersten Blick für ein Mädchen halten konnte…der, den Fugaku und Mikoto aufgenommen hatten, nachdem seine Leute die Untergrundarena gestürmt hatten. Gut sah er aus, vor allem wenn er an die Zeit nach der Übernahme zurückdachte. Er hatte gesehen, wie schlimm er zugerichtet worden war. Auch wenn einige Menschen Madara für ein Monster hielten – und er es zweifellos in manchen Situationen war –, so erfreute er sich nicht am Leid von Unschuldigen. Es war leider oft unumgänglich, jemanden für das höhere Ziel zu opfern. „Maaann! Ich hab keine Lust mehr!“, jammerte der Blonde gerade los und fing sich einen genervten Blick von dem Mädchen ein. „Wir lernen erst zwei Stunden, Naruto! Reiß dich mal zusammen!“ „Aber draußen ist total gutes Wetter…“ „Dann geh doch“, kam es unterkühlt von Sasuke, der nicht mal aufsah. „Wir schreiben morgen die Klausur“, bemerkte Haku und blickte mit schief gelegtem Kopf zu Naruto. „Bist du sicher, dass du gehen willst?“ Dessen Miene verfinsterte sich wieder, anscheinend hatte er sich schon gefreut, dass Sasuke ihn so einfach vom Haken ließ. Kinder…und Madara wusste genau, warum er keine eigenen hatte und niemals haben würde. Hashirama mit seinem sanften, geduldigen Wesen war im Gegensatz zu ihm jemand, auf den die Rolle des Familienvaters maßgeschneidert hätte sein können. Madara sah ihn schon vor sich auf der Couch hocken und seinen beiden Töchtern beim Lernen helfen. Er selbst passte nicht in so eine Atmosphäre – selbst hier, im Kreise seiner eigenen Familie, nicht. „Jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen, Haku…“ „Solltest du auch!“, meinte das Mädchen streng. „Haku hat nämlich Recht! Außerdem sind deine Noten echt miserabel…du könntest ruhig öfter was tun und nicht jedes Mal erst ein paar Tage vor den Klausuren damit anfangen.“ „Ist ja gut, Sakura-chan…“ Ach ja, so hieß die Kleine…bei der grellen Haarfarbe hätte er sich das wohl merken sollen. Andererseits hegte er wenig Interesse für den Freundeskreis seines Neffen, der ihn in diesem Moment entdeckte. Falls möglich schaute Sasuke noch grimmiger drein, stand auch nicht auf, um ihn zu begrüßen. „Tou-san und Itachi sind nicht da“, lautete die unfreundliche Begrüßung. Vom Charakter kam er eindeutig nach Fugaku…wobei Madara gestehen musste, dass er selbst auch keine Frohnatur war. „Stell dir vor, das ist mir bekannt.“ „Dann kannst du ja wieder gehen.“ Dieser kleine…nein, er würde sicher nicht aus der Haut fahren, auch wenn seine Braue gefährlich zuckte. „Ich freu mich auch, dich zu sehen, Sasuke…“, meinte er sarkastisch. „Kann leider nicht dasselbe behaupten“, erwiderte der Junge abweisend. Seine Freunde beäugten ihn eher neugierig, hatten ihn ja auch nur ein-zweimal flüchtig getroffen. Haku dagegen schien sich noch bestens an ihn zu erinnern, auch wenn sie sich während der ganzen Geschichte nicht begegnet waren. Natürlich hatte Itachi ihn darüber aufgeklärt, wer er war, es sollte ihn also nicht wundern, dass er seinem Blick auswich. „Hey, bist du nicht Sasukes merkwürdiger Onkel?“, warf der Blonde ein und musterte ihn von oben bis unten. Merkwürdig war er also…wie nett. Naruto schien seinen unterkühlten Blick entweder nicht zu bemerken oder schlichtweg zu ignorieren. Das Mädchen fackelte jedoch nicht lange und verpasste ihrem Kameraden einen Schlag auf den Hinterkopf. „Sei nicht so unhöflich!“, ermahnte sie ihn streng. Jammernd hielt sich Naruto den Kopf, sah sie schmollend an. „Sasuke war doch viel unhöflicher! Warum kriegt er keine Schläge?!“ Sakura gab ihm darauf keine Antwort, denn sie stand plötzlich auf und hielt ihm lächelnd die Hand hin. Dabei hatte er sich doch gerade von Fuu erholt... „Hallo, ich bin Haruno Sakura…freut mich, Sie kennenzulernen, Uchiha-san.“ Na, wenigstens war die Kleine gut erzogen und nicht so laut wie gewisse andere Weibsbilder. Davon abgesehen gefiel ihm Sasukes Gesichtsausdruck, der wirkte, als habe er in eine Zitrone gebissen. Es war der Grund, wegen dem er ihre Hand ergriff und sie kurz schüttelte. „Madara“, stellte er sich vor und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Sasukes Kiefer malmte geräuschlos und er entschied kurzerhand noch eins drauf zu legen. „Sasuke hat mir ja gar nicht erzählt, dass er so eine hübsche Freundin hat.“ Sein Neffe schoss ihm einen Todesblick zu, der deutlich machte, dass er das nicht witzig fand. Jedoch schien Sakura darauf anzuspringen, denn sie errötete und lächelte ganz beschämt. „Ach…uhm…wir…“ „Als ob du sowas beurteilen könntest“, brummte Sasuke sarkastisch und erhob sich ebenfalls, um sich neben seine Freundin zu stellen. Madara funkelte ihn amüsiert an, neigte den Kopf leicht zur Seite. „Kann ich nicht?“ Zwar erwiderte Sasuke nichts darauf, sein Blick machte deutlich, dass er ihn zum Teufel wünschte. Sollte er nur, ihm war das gleich. Allerdings fand er es schon lustig, wie er nun einen Arm um seine Freundin legte, als könnte er sie ihm wegschnappen. Anscheinend tat er sowas nicht oft, denn Sakura blickte ihn perplex und mit immer noch geröteten Wangen an. „Du störst beim Lernen“, meinte Sasuke bloß. „Das will ich natürlich auf keinen Fall…“, spottete er zurück und schaute zu den beiden anderen rüber. Während sich Naruto noch immer den Hinterkopf rieb, fixierte Haku starr sein Heft. Madara fragte sich, ob er ihn fürchtete oder sich lediglich an einige unangenehme Dinge erinnert fühlte. Die schlechte Stimmung wurde jedoch aufgelöst, als Mikoto mit einem Tablett in der Tür auftauchte. Madara entdeckte seinen Kaffee und ein paar Dosen mit Fruchtsaft, die anscheinend für die Jüngeren gedacht waren. „Kinder, warum geht ihr nicht draußen lernen? Es ist so schönes Wetter“, schlug sie vor und blickte lächelnd in die Runde. Niemand schien etwas dagegen einzuwenden zu haben, allerdings war Mikotos Lächeln auch ziemlich entwaffnend. Wenig später saß er mit ihr auf der Terrasse und trank seinen Kaffee; die Wärme störte ihn dabei nicht. Kurz ließ er den Blick zu den Jugendlichen, die sich im Garten unter einem der Bäume zusammengesetzt hatten, schweifen. Bei ihm hatte es so etwas nicht gegeben. Lerngruppen, Freunde oder gar eine Beziehung; stattdessen hatte er einen eigenen Privatlehrer gehabt, niemanden außer Izuna näher an sich heran gelassen und heimlich fremde Betten besucht. „Ist alles in Ordnung?“ Er hielt in seinen Gedanken inne und sah zu Mikoto, die ihn nachdenklich musterte. Er zuckte mit den Schultern, trank noch einen Schluck von seinem Kaffee, während sie sich an Tee hielt. „Der Junge sieht gut aus“, erwiderte er, um ihre Frage zu umgehen. Mikoto stellte ihre Tasse auf dem Untersetzer ab, schwieg einen Moment. „Haku kämpft“, hörte er sie schließlich leise sagen. „Er hat Furchtbares durchgemacht und trotzdem lässt er sich nicht unterkriegen. Er ist so ein lieber Junge…und er blüht jeden Tag mehr auf, auch wenn er immer noch unter den Geschehnissen leidet.“ Madara sagte nichts dazu, denn Mitgefühl war nicht sein Gebiet. Natürlich war das alles schrecklich, aber er war in diese Welt hineingeboren worden, kannte ihre Grausamkeiten zu gut. Auch wenn er nicht alle von ihnen am eigenen Leib gespürt hatte, wusste er, wie hässlich die Wahrheit über die Menschheit war. Schlimmer als wilde Tiere. „Die Normalität des Alltags tut ihm gut…und Zabuza ebenfalls.“ Madara hob eine Braue. „Mich wundert, dass du den Umgang zulässt“, bemerkte er trocken. „Soweit ich weiß, teilen die zwei nicht nur Freundschaft.“ Nicht, dass er sich um gesellschaftliche Regeln gekümmert hätte; die Welt war vielleicht eine Abscheulichkeit, doch sie war nicht in schwarz und weiß unterteilt. Er selbst war dafür das beste Beispiel. „Du solltest sehen, wie er strahlt, wenn Zabuza ihn besucht“, teilte ihm seine Schwägerin mit. „Er ist ein wichtiger Teil in Hakus Leben...er wäre unglücklich, dürfte er ihn nicht sehen.“ Sie lächelte schief. „Manchmal muss man Kompromisse eingehen…das weißt du doch.“ Damit hatte sie Recht, so dass er kommentarlos nickte. Mikoto seufzte leise, stützte das Kinn auf ihre gefalteten Hände, während sie seinen Blick erwiderte. „Fugaku und du…ihr seid schlimme Dinge durch eure Arbeit gewohnt. Ich arbeite von zuhause und kümmere mich um die Familie…ich habe nie gesehen, was ihr seht.“ Madara ließ sie ausreden, stimmte ihr aber innerlich zu; er sah allerdings keinen Grund, sich dafür zu schämen. Viele Frauen würden sie um ihr Leben beneiden. „Irgendwann werden Sasuke und Haku ausziehen, so wie Itachi…und dann wird mir dieses Haus schrecklich leer vorkommen.“ Mikoto machte eine kurze Pause, ehe sie ihn fest ansah. „Ich habe mir überlegt, eine Stiftung für Kinder wie Haku ins Leben zu rufen.“ Nun, damit hatte er nun nicht gerechnet, auch wenn das sicherlich eine gute Idee war. Genügend Zeit und Geld waren sicher vorhanden und er konnte sich nicht vorstellen, dass Fugaku etwas dagegen hätte. „Ich muss noch mit Fugaku darüber reden“, sprach sie seinen Gedanken aus. „Aber ich denke nicht, dass er etwas dagegen hat.“ Madara nickte zustimmend; er kannte Fugaku gut genug, um zu wissen, dass dieser seine Frau bei einer solchen Aktion unterstützen würde. Für ihn selbst wäre das nichts gewesen, denn er war lieber derjenige, der das System dieser Menschen zu Fall brachte. Anstatt sich um die Opfer zu kümmern, suchte er nach Möglichkeiten, seine eigenen Geschäfte noch mehr anzukurbeln. Zuerst kam er, dann die Familie, nach ihr die Akatsuki – und schließlich alle anderen. Unweigerlich fragte er sich, wo er Hashirama einordnete und sogleich spürte er, wie ihn das schlechte Gewissen überkam. Schon wieder war Zeit verstrichen und er bekam ihn einfach nicht aus dem Kopf. Izunas Worte waren ihm im Gedächtnis geblieben; sollte er sich diese Blöße wirklich geben? „Was beschäftigt dich, Madara?“ Mikotos sanfte Stimme ließ ihn innehalten und er bemerkte erst jetzt, dass er sich gar nicht mehr zu ihrer Idee geäußert hatte. Die Frau hatte ein Gespür dafür, wenn etwas nicht in Ordnung war; bei drei wortkargen Familienmitgliedern war das wohl nicht zu vermeiden. „Nichts von Bedeutung“, murmelte er und trank noch einen Schluck Kaffee. Mikoto schien ihm keinen Glauben zu schenken, so kritisch, wie sie ihn ansah. „Bist du noch mit diesem Anwalt zusammen?“ Hätte er doch den Mund gehalten und niemals erwähnt, dass er in einer Beziehung war. Na ja…nun nicht mehr. „Nein.“ Bildete er sich das ein oder klang er verbittert? Sei es drum…wem wollte er etwas vormachen? Hashirama fehlte ihm. Zu dieser Einsicht war er ja bereits gekommen, doch immer noch haderte er mit sich, noch einmal das Gespräch mit dem anderen zu suchen. „Das tut mir leid…ihr ward lange zusammen, nicht wahr?“ „Sechs Jahre“, erwiderte er knapp und sie seufzte leise. „Und…du denkst, dass man da nichts mehr machen kann?“ „Er hat mit mir Schluss gemacht…also nein. Da kann man wohl nichts mehr machen“, brummte er und wich ihrem Blick aus. Es war ihm unangenehm, mit seiner Schwägerin darüber zu reden – denn er ahnte schon, dass sie ähnliche Dinge wie Izuna sagen würde. Das machte die Sache nicht leichter für ihn. „Gerade deshalb solltest du zeigen, dass er dir etwas wert ist und um ihn kämpfen, Madara.“ Er stieß ein verächtliches Schnauben aus, das deutlich machte, was er davon hielt, doch Mikoto ließ sich davon nicht beirren. „Liebst du ihn?“ Warum mussten die Menschen diesem vermaledeiten Wort so viel Bedeutung zumessen? Musste es immer gleich Liebe sein? Reichte es nicht, wenn man sich bei einer Person gut fühlte? Sich irgendwie…vollständig fühlte und bei ihr sein wollte? „Er hat gesagt, dass er mich liebt“, wich er der Frage aus und Mikoto runzelte die Stirn. „Und was hast du gesagt?“ „…dass das seltsam ist, wenn er doch mit mir Schluss machen will.“ Sie sollte endlich aufhören, ihn so mitleidig anzuschauen, er brauchte sowas wirklich nicht. Sie schüttelte den Kopf, seufzte leise. „Oh Madara…sicher hat er sich gewünscht, dass du es auch sagst. Dass du ihm…zeigst, dass er dir etwas bedeutet. Du bist wie Fugaku…immer muss man euch alles aus der Nase ziehen!“ Schimpfte sie gerade mit ihm? Verdutzt sah er seine Schwägerin an, die abermals den Kopf schüttelte und ihn streng ansah. So viel dazu, sie sei ein Engel…er mochte ihre liebe Seite irgendwie mehr. Außerdem war er erwachsen und musste sich von niemandem sagen lassen, was er zu tun hatte. „Du solltest zu ihm gehen und ihn um Verzeihung bitten!“ Madara sah sie ungläubig an; das war jetzt ein Scherz. „Wieso gehen eigentlich alle davon aus, dass es meine Schuld ist?“, knurrte er gereizt. Mikoto lächelte schief. „Weil wir dich kennen“, entgegnete sie ruhiger. „Und weil wir wissen, dass du vieles oft nicht so meinst, wie du es sagst. Du hast dieses Talent, dich unbeliebt zu machen, auch wenn du eigentlich einen guten Kern hast. Lass nicht zu, dass du jemanden verlierst, der dir wichtig ist, nur weil dir falscher Stolz im Wege steht.“ Madara schnaubte leise, wich ihrem Blick aus…und blieb an Mikotos Blumenbeeten hängen. Unweigerlich fragte er sich, ob Hashirama wohl wütend auf ihn war, immerhin liebte er seine Orchideen. Eigenartig aber wahr, der Mann hatte den grünen Daumen, um den ihn viele Frauen sicher beneidet hätten. Er selbst dagegen hatte kein Auge für Pflanzen…und ebenso wenig Geduld für deren Pflege. Momentan wünschte er sich jedoch, er hätte die Beziehung zu Hashirama besser gepflegt. Es war nicht so, dass er mittlerweile nicht selbst zur Einsicht gekommen war, dass er vielleicht falsch reagiert hatte. Die Probleme ließen sich natürlich nicht einfach lösen, denn er konnte Hashirama nicht von seiner Arbeit erzählen…und er wollte seinen Kindern nicht zu nahe kommen, weil das gefährlich enden könnte. Na gut, hauptsächlich weil er keine kleinen Nervensägen mochte. Vielleicht hätte er ihm trotzdem entgegen kommen können. Ihn Fugaku und Mikoto kennenlernen zu lassen, wäre akzeptabel gewesen, wenn er so darüber nachdachte. Wahrscheinlich wäre sein Halbbruder entsetzt, wie anständig der Mann an seiner Seite war. Gut möglich, dass er inzwischen wieder der Mann an Mitos Seite war. Allein der Gedanke löste in ihm den Drang, sich zu übergeben, aus. Izuna hätte Hashirama sicher gemocht…und ihm eine Menge unangemessener Geschichten über ihn erzählt. Okay, diese Option musste er noch mal überdenken, wenn…wenn? Sollte es überhaupt ein wenn geben? Er zuckte zusammen, als Mikoto plötzlich über den Tisch griff und seine Hand mit ihren zierlichen Fingern drückte, ihn dabei warm anlächelte. „Du wirst dich immer fragen, was wäre, wenn du nicht aufgegeben hättest.“ Und es war erschreckend, wie Recht sie damit hatte. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht allein in seiner Wohnung konnte er es nicht länger aufschieben. So sehr es ihm auch widerstrebte, sowohl Izunas als auch Mikotos Worte hatten sich in seinem Kopf verankert. Er würde nicht damit abschließen können, solange er es nicht wenigstens versucht hatte. Hashirama würde dieses Mal nicht den ersten Schritt machen und so blieb ihm keine andere Wahl, als sich selbst zu bemühen. Und nun stand er hier…vor Hashiramas Haustür, mit vermutlich noch dunkleren Augenringen als sonst, seiner typisch ungebändigten Mähne…und einer violetten Vase, in der eine gleichfarbige Orchidee steckte. Es war das erste Mal gewesen, dass er einen Blumenladen betreten hatte – und es war mit absoluter Sicherheit auch das letzte Mal. Nicht nur dass er vollkommen überfordert gewesen war, die blonde Verkäuferin hatte ihn unaufhörlich vollgeschnattert und auszufragen versucht, wer denn die Glückliche war. Er musste dringend an seinem Todesblick arbeiten. Leise seufzte er, ehe er noch mal sein schwarzes Hemd richtete – was unsinnig war, da er ja hoffte, dass Hashirama ihm dieses bald vom Leib reißen würde – und dann die Finger Richtung Klingel bewegte. Jetzt, wo er schon mal hier war, würde er nicht wieder gehen. Definitiv nicht. Dennoch war da dieses unangenehme Gefühl…er konnte nicht abschätzen, wie Hashirama reagieren würde. Dazu hatte er sich zu viel Zeit gelassen und mit dieser Konsequenz musste er jetzt leben. Er war ein verdammter Uchiha, er bekam das hier schon hin. Noch einmal legte er sich im Kopf die Worte zurecht…dann klingelte er. Das Warten kam ihm wie eine Ewigkeit vor und er konnte kaum sagen, wann er das letzte Mal dermaßen nervös gewesen war. Als er Schritte hörte, überkam ihn der Impuls, abzuhauen. Andererseits würde er dann weiterhin in dieser Zwickmühle festhängen und allmählich hatte er genug davon. Still verfluchte er sich, als sich die Tür öffnete und Hashiramas Anblick ein höchst intensives Herzflimmern bei ihm auslöste. Erst jetzt, wo er ihn wiedersah, bemerkte er, wie sehr er ihm tatsächlich gefehlt hatte. Hashirama starrte ihn einfach nur an, so als könnte er nicht glauben, dass er wirklich hier stand. Seine braunen Augen musterten ihn, blieben an seinem Gesicht hängen…ehe sie zu der Orchidee wanderten. Anscheinend machte es ihn sprachlos, denn ein paar Sekunden lang sagte er gar nichts. Dann atmete er tief durch, strich sich ein paar lose Haarsträhnen zurück und straffte die Schultern. „Was wird das?“ Sonst war Hashirama die Höflichkeit in Person und Madara hatte gehofft, dass er ihn wenigstens reinbitten würde, anstatt diese Angelegenheit im Treppenhaus zu klären. Seine dunklen Augen glitten einmal über Hashiramas Jogginghose und das schlabbrige Shirt…dabei war es schon bald Mittagszeit. Vielleicht ließ er sich ja so gehen, weil er ihn auch vermisste…na ja, das musste er wohl rausfinden. Madara war bemerkenswert schlecht im Entschuldigen, so dass er im ersten Moment mit den Schultern zuckte. „Madara…“ Okay. Pistole auf die Brust. Auch gut. Er hatte ja damit gerechnet, dass das hier nicht einfach werden würde. Wie fing er noch gleich an? Plötzlich schienen alle zurechtgelegten Worte aus seinem Gedächtnis gelöscht worden zu sein. Mist. „Ich…“, begann er und versuchte nicht so unsicher zu klingen, wie er sich fühlte. „…war bei meiner Schwägerin und sie hat Blumen. Richtig schöne Blumen…und da musste ich an deine Orchidee denken…die ich wohl zerstört habe. Du…na ja…liebst dieses Gestrüpp…auch wenn’s nicht pflegeleicht ist…und dir vielleicht mit…gewissen Eigenarten Ärger macht...und ich dachte, wenn ich…ich sollte dir was mitbringen. Also die Orchidee. Als Entschädigung…sozusagen.“ Hashirama starrte ihn immer noch an – nun aber mehr, als sei er ein entflohener Irrer aus einer Anstalt. Hatte er begriffen, dass sein holpriges Gefasel eine Entschuldigung darstellen sollte? Dass Madara mit dem Gestrüpp nicht nur die Orchidee gemeint hatte? Er schätzte Hashirama als zu klug ein, um nicht durchzublicken. Dieser runzelte die Stirn und sein Ausdruck wandelte sich von verwirrt zu ernst. Das war nicht gut…oder? „Du bist nicht hier, um mir eine Blume zu ersetzen.“ Madara wich seinem Blick nicht aus, auch wenn er es am liebsten getan hätte. „Nein.“ „Dann drück dich bitte klarer aus. Warum bist du hier?“ Madara hatte genau das umgehen wollen, doch anscheinend blieb ihm nichts anderes übrig. „Weil…du weißt, warum ich hier bin“, murrte er. „Als ob du mich nicht vermisst hättest…“ Hashiramas Mimik blieb ruhig, während er ihn weiterhin fixierte. „Du sollst mir sagen, warum du hier bist…und mir nicht erzählen, was in mir vorgeht. Das hat dich sowieso noch nie interessiert.“ Autsch. Hashirama war wohl doch wütend auf ihn, so wie er mit ihm sprach. War er nicht gewöhnt…und das machte es nicht leichter. „…von mir aus“, erwiderte er missgelaunt. „Ich bin hier, weil…ich nicht will, dass das zwischen uns vorbei ist.“ Etwas in den braunen Iriden flackerte, doch es war schnell wieder verloschen. Hashirama schüttelte den Kopf, machte nun einen verärgerten Eindruck. „Du hast vier Wochen gebraucht, um mir das zu sagen?“, fragte er und die Enttäuschung war spürbar. Madara schnürte es die Kehle zu, denn er merkte, dass das hier in die falsche Richtung ging. „Nein…also ja…ich meine…“ „Ich habe keine Zeit für-“ „Ich hab’s direkt bereut, okay?!“, fuhr er ihm harsch über den Mund. „Ich…hab meine Reaktion bereut…ich hätte dich nicht anschreien sollen…oder deine Wohnung demolieren sollen.“ Er atmete tief durch. „Ich hätte…dir zuhören müssen und kapieren sollen, was du mir sagen willst. Ich…war einfach so wütend…aber…ich wollte nie, dass es vorbei ist. Die letzten vier Wochen waren beschissen…alles war beschissen. Du hast mir gefehlt…sehr sogar, aber…du kennst mich, Hashirama…mir fällt sowas nicht leicht.“ Hashirama schien von seinem erneuten Redeschwall etwas erschlagen, doch Madara hoffte, dass er verstand…und dass er ihm verzieh. Vielleicht musste er deutlicher werden. „Es tut mir-“ „Deine letzten vier Wochen waren beschissen?“, wiederholte Hashirama leise. „Was glaubst du, wie es mir ging, Madara? Denkst du, dass du jetzt hier stehst, reicht? Dass ich lächle, dir vergebe und alles ist gut? Wenn du einen Monat brauchst, um dich zu überwinden und zu mir zu kommen…das sagt einiges über dich aus.“ Die Worte trafen genau die Stelle, an der es richtig wehtat und er fühlte sich hilflos, denn er hatte keine Argumente. „…ich bin jetzt hier“, versuchte er es dennoch zu retten. „Ich hatte…“ „Ich habe gehofft, dass du mich anrufst, noch mal vorbeikommst…dass du mich vielleicht auch liebst.“ Noch ein Stich in der Brust. „Hashirama…“ „Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst, Madara.“ Es war genau die Situation, die er gefürchtet hatte. Die ganze Zeit hatte er genau das befürchtet, doch…dass es wirklich so eintraf, war noch schlimmer. Er wollte ihn packen und schütteln, darum flehen, dass es nicht so endete. Was er tat, war noch erbärmlicher, denn er ergriff mir der freien Hand Hashiramas Unterarm. „Ich wäre nicht hier, wenn du mir nichts bedeuten würdest…bitte, Hashirama…lass uns-“ „Es ist ein schlechter Zeitpunkt.“ Hashirama wich seinem Blick abermals aus, entzog ihm auch seinen Arm, doch Madara konnte das nicht einfach akzeptieren. Nicht so…nicht, wo er endlich hier war. „Hashirama, ich-“ „Hashirama?“ Und in dem Moment, als die fremde Frauenstimme erklang, wusste Madara, warum es ein schlechter Zeitpunkt war. Er wurde blass, als hinter Hashirama eine Frau mit langem roten Haar auftauchte…wenigstens war sie nicht nackt. Verwundert wurde er angesehen, interessiert gemustert…ehe ihre Miene deutlich abkühlte. Ihm wurde schrecklich übel. „Sie sind Madara?“ Er war nicht fähig zu antworten, konnte nur da stehen…wie ein Idiot und mit dieser bescheuerten Orchidee in der Hand. Wie gelähmt sah er zu, wie Mito neben ihren Ex-Mann…oder Mann…oder was auch immer trat. Er hasste sie. Abgrundtief hasste er diese Schlampe, die ihm soeben alles kaputt machte. Innerlich wusste Madara jedoch, dass es seine eigene Schuld war…er hatte Hashirama von sich weggetrieben. „Bitte geh jetzt, Madara“, bat Hashirama ihn erneut und deutete Mito an, sie allein zu lassen. Madara sah, wie sie kurz seine Schulter mit ihren manikürten Nägeln streifte. Ihm war, als würde sie ihm mit ihren Klauen das Herz rausreißen. Hashirama wandte sich wieder ihm zu, schien immer noch zu wollen, dass er verschwand. Und er hatte keine Worte mehr, war dafür einfach zu geschockt. Befürchtung hin oder her, er hatte nie wirklich glauben wollen, dass es zu spät war. Nun, wo er es wusste, fühlte er sich, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. „Du bist zu spät, Madara.“ Er machte den Mund auf und schloss ihn wieder…eingesunken stand er da, wartete, dass Hashirama ihn erneut wegzuschicken versuchte. „Tut mir leid“, hörte er ihn sagen und vernahm kurz darauf das Zuschlagen der Tür. Er stand allein im Treppenhaus, immer noch mit der Orchidee in der Hand. Wie betäubt starrte er auf die Blume hinab und erschrak vor sich selbst, als seine Augen plötzlich zu brennen begannen. Oh nein...er würde hier nicht rumheulen. Ein paar Sekunden stand er nur so da…dann stellte er die Orchidee direkt vor die Tür. Er musterte die Pflanze…drehte sich um und ging. Es kam ihm vor, als sei er gar nicht körperlich anwesend, als er die Stufen hinabschritt. Das war es also…das hatte er davon, dass er sich überwunden hatte. Zu spät. Wie er es befürchtet hatte und dennoch…Madara hatte sich noch nie im Leben so furchtbar machtlos gefühlt. Es war vorbei…endgültig. Doch es ging ihm nicht besser. Es war einfach nur schmerzhaft. Kapitel 6: Explaining --------------------- Wenn die letzten vier Wochen ätzend gewesen waren, so waren die nächsten drei Tage die Hölle. Er wollte nicht mal aufstehen, hatte fast jede Nacht wach gelegen und seine Augenringe waren sicher noch dunkler als sonst. Nein, er war wirklich bedient. Nicht genug damit, dass Hashirama ihm eine ordentliche Abfuhr erteilt und ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte…er würde nie Mitos süffisanten Blick vergessen. Dieses Miststück hatte ihm seinen Mann vor der Nase weggeschnappt…so wie er ihr einst Hashirama genommen hatte. Weil er sich zu viel Zeit gelassen hatte. Die Frage nach dem wieso machte ihn regelrecht krank, denn es sorgte nur dafür, dass er sich noch schlechter fühlte. Er hatte Hashirama für selbstverständlich gehalten…und dann für austauschbar…und nun musste er mit der Konsequenz zurechtkommen. Die Endgültigkeit und die Art, wie Hashirama ihn hatte stehen lassen, quälten ihn. So hatte er noch nie mit ihm gesprochen…oder ihn auf diese Weise angesehen. Es schmerzte ihn…und das nicht nur in seinem Stolz. Träge drehte er sich in seinem für eine Person viel zu großen Bett auf die Seite und starrte auf die Anzeige des Weckers. In ein paar Minuten würde es Mittag sein…und er lag wie ein bemitleidenswertes Häufchen Elend herum. Hätte sein Vater ihn so gesehen, hätte sich dieser wohl vor Scham im Grabe herumgedreht. Wobei dafür schon die Tatsache gereicht hätte, dass sich sein Sohn mit dem gleichen Geschlecht vergnügte. Na toll…jetzt dachte er schon an Tajima…der Morgen konnte nicht noch grausamer werden oder? Konnte er sehr wohl, denn in diesem Moment rief Itachi an…und Madara wusste, dass er drangehen musste…und anscheinend kam er nicht drum rum, das Bett doch noch verlassen zu müssen. „Du siehst nicht gut aus.“ Madara hatte geahnt, dass er nicht vor die Tür hätte gehen sollen. Er wollte einfach nur wieder ins Bett zurück…und dort den restlichen Tag fristen. Stattdessen saß er mit seinem Gegenüber in diesem Café, das er viel zu gut kannte. Er war einige Male mit Hashirama hier gewesen, einen Kaffee trinken…seine Laune sank direkt wieder ins Bodenlose. „Du wolltest nicht mit mir reden, um mir das zu sagen“, gab er lediglich zurück und der andere nickte. „Trotzdem scheint dich etwas zu beschäftigen…“ Madara verengte die Augen. „Hat deine Mutter gepetzt?“, knurrte er gereizt und sah, wie sein Neffe eine Braue hob. „Sie hat es dezent erwähnt…davon abgesehen, dass es offensichtlich ist.“ „Habt ihr alle kein eigenes Privatleben?“, kam es bissig zurück. „Frage ich dich darüber aus, was du mit diesem Riesen treibst?“ Kurz schwieg Itachi, wobei er keine Miene verzog und ihm damit ihm die erhoffte Genugtuung nahm. „Einmal hast du mich gefragt.“ Recht hatte er leider, das fiel Madara nun auch ein. Verdammt. „Ich habe aber auch kein Problem damit, darüber zu reden“, setzte Itachi mit unbewegter Mimik nach und brachte Madara zu einem trockenen Auflachen. „Seit wann?“ „Seitdem es etwas Ernstes ist.“ In dem Moment blieb Madara das Lachen im Halse stecken, während Itachis Mundwinkel leicht zuckten. Anscheinend war das kein blöder Scherz, so zufrieden wie er plötzlich wirkte. Seit Shisuis Ermordung hatte Itachi wenig zu lächeln gehabt, sich oftmals bis in die Nacht in die Arbeit geflüchtet…die Auszeit und Kisame schienen ihm tatsächlich gut getan zu haben. „Etwas Ernstes?“, fragte er absichtlich taktlos. „Bist du verknallt oder was?“ „Und wenn?“ Madara fand keine passende Antwort darauf, doch es verhagelte ihm die Laune nur noch mehr. Itachi musste ihm hier nicht aufs Brot schmieren, wie toll sein Leben gerade lief, immerhin wusste er durch Mikoto, warum sein eigenes gerade beschissen aussah. Wobei…von der Abfuhr konnte er nicht wissen. „Schön für dich“, murrte er letztendlich finster. „Deiner sonnigen Laune nach zu urteilen, hast du mit Hashirama-san gesprochen und es ist nicht so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast?“ „Lass uns einfach über die Arbeit reden, Itachi“, erwiderte Madara kühl. „Deswegen sind wir doch hier oder nicht?“ „Ursprünglich ja“, gab der andere unumwunden zu. „Doch du bist nicht nur mein Vorgesetzter.“ „Komm mir jetzt nicht so…“ Itachi griff zu seiner Tasse Kaffee, in die er zuvor so viel Milch und Zucker gekippt hatte, dass die Plörre kaum noch ihren Ursprungsgeschmack aufweisen konnte. „Du hast mich jetzt seit fast acht Monaten Recherche-Arbeiten betreiben lassen“, begann sein Neffe und nippte kurz an seiner Tasse. „Ich bin dabei auf ein paar interessante Fälle gestoßen…“ Madara hob eine Braue. „Das klingt nicht danach, als hättest du nur Recherche betrieben.“ „Ich bin auch etwas zu alt für Hausarrest.“ „Offensichtlich“, nahm Madara den Konter hin und blickte ihn abwartend an. „Also?“ „Ich bringe dir die Akten nächste Woche vorbei…doch ich möchte dabei nicht außen vorgelassen werden. Ich gehöre als festes Mitglied zu deiner Organisation…und ich bin nicht beigetreten, um tatenlos rumzusitzen und abzuwarten.“ Ihre Blicke trafen sich und Madara entging nicht, wie unnachgiebig der Ausdruck seines Neffen war. Und er hatte gedacht, dass ihn die Auszeit dazu verleiten könnte, sich einen Bürokratenjob aufschwatzen zu lassen. Itachi überraschte ihn doch immer wieder. „Von mir aus“, gab er zurück und lehnte sich etwas vor. „Vorausgesetzt, du unterlässt solche Aktionen wie vor ein paar Monaten…du sprichst so etwas in Zukunft mit mir ab. Andernfalls kannst du demnächst Archive aufräumen…haben wir uns verstanden?“ Ab und zu tat es gut, den Chef raushängen zu lassen – gerade war das definitiv der Fall. Itachi ärgerte sich natürlich nicht darüber, sondern nickte mit stoischer Miene. „Verstanden“, bestätigte er und trank noch einen Schluck Kaffee. Madara wäre gern zufrieden gewesen, doch stattdessen überkam ihn wieder diese Lethargie. Kurzzeitig konnte er sich mit der Arbeit ablenken, aber es reichte nie, um ihn vergessen zu lassen. So wie Itachi ihn anschaute, schien er auch nicht direkt zahlen, aufstehen und gehen zu wollen. Ein Jammer. „Es ist zu spät“, murmelte er, als sein Neffe immer noch schwieg. Eigentlich war es egal. Sollte er es ruhig wissen, dann ließ er ihn vielleicht in Ruhe. Oder wollte Madara darüber reden? Er war sich selbst nicht sicher, obwohl er sonst alles mit sich selbst ausmachte. „Hat er das gesagt?“ Madara nickte nur knapp, was sollte er auch noch hinzufügen? Irgendwie kam er sich vor, als würde er seine Pubertät nachholen…wobei ihm die Gespräche ja eher aufgezwungen worden waren. „Hast du dich entschuldigt?“ Madara warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ja…irgendwie schon.“ „Nun…man kann nichts erzwingen“, lautete Itachis nüchterner Kommentar. Bitter, wie Recht er damit hatte, auch wenn das ziemlich unsensibel war. Komisch, war doch eher sein Part. Madara seufzte, stützte das Kinn auf den Handrücken und sah schlecht gelaunt vor sich hin. „Er hätte mir wenigstens zuhören können“, murrte er. „Hast du ihm denn zugehört?“ Madara Augenbraue zuckte leicht. „…auf wessen Seite stehst du eigentlich?“, fragte er grantig. „Auf keiner.“ „Ah…“ „…“ „Schön…nein, hab ich nicht. Und ja, verdammt, ich habe mich falsch verhalten. Dafür wollte ich mich ja entschuldigen…und ja, ich hätte nicht vier Wochen damit warten sollen, aber…habe ich eben.“ Madara knirschte mit den Zähnen, denn das zuzugeben, das kostete ihn einiges – auch wenn es nur Itachi hörte. Dieser blickte ihn interessiert an, doch das sollte ihn nicht wundern, schließlich sprach Madara selten über sein Privatleben – er hatte in den letzten Jahren, vor Hashirama, auch kein nennenswertes gehabt. „Du gestehst dir Fehler ein?“, kam es verwundert zurück und Madara schnaubte. „Ja…soweit ist es schon gekommen.“ „Er muss dir einiges bedeuten.“ Madara presste kurz die Lippen aufeinander, wich seinem Blick aus – etwas, das er sich normalerweise nie erlaubte, denn es bedeutete Schwäche. Gerade eben wollte er Itachi jedoch nicht in die Augen sehen…es war ihm unangenehm. „Ich...das war so nicht geplant…“ Itachi lächelte schwach, er sah es aus den Augenwinkeln. „So etwas ist nie geplant, Madara.“ „Hm…vermutlich“, brummte er und rieb sich leicht die Schläfe. „Hätte nicht gedacht, dass er mir so…fehlt. Mit seinem bescheuerten Lächeln…oder seinem bescheuerten Rumgeheule, wenn er mal wieder was vergeigt hat.“ „Madara-“ „…der Blödmann hat mir manchmal den letzten Nerv geraubt…“ „Ma-“ „…das wandelnde Chaos…aber vermutlich habe ich mich deshalb so wohlgefühlt. Weil er nicht perfekt ist…gibt niemanden, der so viele Macken hat.“ „Mh…“ „Du weißt, dass ich mir keine Schwächen erlauben kann…vor niemandem. Ich wollte diesen Teil meines Lebens niemandem zeigen…es geheim halten. Nicht nur aus Gewohnheit…auch, weil ich…“ Er stockte für wenige Sekunden, bemerkte, dass er sich soeben gehen ließ. Doch Itachi war Familie…und in gewisser Weise war er ebenso für ihn verantwortlich, wie er es für Izuna war. So sehr er die Verbindung zu diesem Zweig der Familie auch abwertete…sie waren es. Und Itachi war für gewöhnlich verschwiegener als irgendjemand sonst. „…weil ich etwas für mich allein wollte. Jemanden für mich. Bei ihm…war ich einfach nur Madara. Ohne Pflichten und Verantwortung…ich weiß, dass das egoistisch ist…aber es war mir wichtig.“ Gut, manchmal war es ihm auch einfacher erschienen, das wollte er nicht verhehlen. Itachi sah ihn immer noch so starr an und Madara vermutete, dass es an seinem unerwarteten Redeschwall lag. Kein Wunder…er überraschte sich ja selbst damit. Vielleicht hatte er es sich ausnahmsweise von der Seele reden müssen. War ja auch keine alltägliche Situation. „Das hättest du dem Blödmann vielleicht mal sagen sollen.“ Madara gefror innerlich zu Eis, als er die viel zu vertraute Stimme hinter sich hörte. Itachi wirkte plötzlich ein wenig befangen…ach…deshalb hatte er ihn vorhin unterbrechen wollen. Natürlich. Wie im Film. Langsam legte Madara den Kopf in den Nacken, blickte direkt in ein Paar braune Augen, das ihn ausgesprochen kühl musterte. „Hashirama.“ „Madara.“ „So ein Zufall…“ „Du weißt, dass ich in der Nähe arbeite.“ „Dann eben Zufall, dass du ausgerechnet jetzt einen Kaffee brauchst.“ „Seitdem du so galant aus meiner Wohnung gestürmt bist, hat sich mein Konsum verdoppelt.“ „Ich weiß nicht, ob ich das als Kompliment nehmen darf…“ „Es war keins.“ „Dann nicht.“ Vielleicht hätte er Itachi dankbar sein sollen, dass dieser ihr distanziertes Gespräch beendete, indem er aufstand. Sein Lächeln wirkte etwas wacklig, als er um den Tisch herumschritt und Hashirama über seinen Kopf hinweg die Hand reichte. „Setzen Sie sich…Sie haben sich ja anscheinend doch noch etwas zu erzählen.“ Verdutzt sah Hashirama seinen Neffen an, ehe sein Blick wieder zu ihm rüber flackerte. Madara rechnete nicht damit, dass er sich tatsächlich setzen würde, doch zu seiner Überraschung tat er es. „Danke, Itachi-san. Ich denke, ich komme nicht drum herum.“ Madara verzog missbilligend das Gesicht; noch gequälter konnte er es wohl nicht ausdrücken. Er wünschte, er wäre in der Lage gewesen, Hashirama sitzen zu lassen…doch stattdessen bekam er Herzflimmern und nervöse Zuckungen in den Fingern – die er rasch zu Fäusten ballte, damit es niemand sah. Itachi drückte seine Schulter, lächelte ihm aufmunternd zu. „Danke für den Kaffee.“ „Verschwinde, bevor ich die Tasse nach dir werfe…“ Das Lächeln seines Neffen wankte nicht, als er sie beide allein ließ, und Madara wandte sich dem Mann, wegen dem er seit drei Tagen wach lag, zu. „…wie viel hast du gehört?“, brach er schließlich die Stille, auch wenn er wusste, dass er die Frage bereuen würde. Hashirama schob Itachis leere Kaffeetasse beiseite, ehe er den Blick hob. Nie hätte er gedacht, dass er sich mal unwohl in seiner Nähe fühlen würde, doch die Ungewissheit machte ihn fertig. Warum saß Hashirama jetzt hier mit ihm, wenn es zu spät war? Warum sah er ihn so an? Er konnte es nicht mal richtig benennen…aber er wirkte ebenso unglücklich, wie sich Madara fühlte. „Genug, um zu wissen, dass du mich für ziemlich bescheuert hältst.“ „Ah…“ „Und für chaotisch.“ „Du bist ja auch chaotisch“, brummte Madara stur und verschränkte die Arme. Er würde nichts von dem, was er von sich gegeben hatte, leugnen. Zu seiner Verwirrung legte sich plötzlich dieses warme Lächeln auf Hashiramas Lippen und wie jedes Mal löste es bei Madara dieses angenehme Kribbeln aus. „Das kann ich wohl nicht abstreiten.“ Madaras Mundwinkel zuckten leicht. „Du würdest deinen Kopf vergessen, wäre er nicht angewachsen.“ „Nun übertreibst du aber…“ „Keine Spur“, erwiderte Madara trocken. „Du bist der chaotischste Anwalt, den ich kenne. Ich frage mich bis heute, wie du ständig deine Fälle gewinnst…“ „Berufsgeheimnis.“ Kaum hatte er es gesagt, kippte die soeben noch lockere Stimmung schlagartig. Madaras Miene verschloss sich ebenso schnell wie Hashiramas und erneut legte sich Schweigen über sie. Es war natürlich Hashirama, der sie zuerst brach und Madara fürchtete die Worte insgeheim, noch bevor sie ausgesprochen wurden. „Was du tust, ist illegal.“ Wenigstens hatte Hashirama die Diskretion, sehr leise zu reden. „…meistens“, gestand der Uchiha, ohne wegzusehen. „Ist es…für einen guten Zweck?“ Madara schnaubte, als er die Frage vernahm; vielleicht hätte er sofort abblocken sollen. Andererseits…dies hatte ja zum Teil dazu geführt, dass sie sich nun in dieser Situation befanden. „Warum stellst du mir solche Fragen, Hashirama? Es ist doch sowieso vorbei oder? Zu spät…“ Er konnte sich einfach nicht zurückhalten, denn sich hier zu offenbaren, nur um dann wieder eine Abfuhr zu bekommen…nein. Irgendwann war es wirklich genug, egal, wie viel ihm der Mann bedeutete. „Was erwartest du bitte von mir?“, gab Hashirama verärgert zurück. „Du hast mich vier Wochen warten lassen…was, wenn du nie zurückgekommen wärst? Die Ungewissheit hat mich fertig gemacht...du hast nicht mal geschrieben. Nichts. Weißt du, was mir alles durch den Kopf gegangen ist?“ Madara musste unweigerlich daran denken, wie er versucht hatte, Hashirama durch eine jüngere Version zu ersetzen. Besser, er behielt diesen Vorfall für sich. „Du hast mir so viel an den Kopf geworfen…erst dachte ich, du seist nur wütend. So wie immer. Dass du dich wieder beruhigst…aber-“ „Ich wollte es nicht einsehen“, fiel Madara ihm ins Wort, weil er sich das nicht anhören wollte. „Ich…weiß, dass das falsch war und…“ „…und?“ „Und ich hab versucht, mit jemand anderem rumzumachen…ich wollte mir einreden, dass du mir scheißegal bist und ich…“ Mist. Verdammter Mist! Hatte er das nicht für sich behalten wollen? Zurücknehmen ging jetzt nicht mehr, also musste er da durch, auch wenn Hashiramas versteinerter Gesichtsausdruck dafür sorgte, dass ihm die Galle hochkam. „Ich konnte es nicht. Es ging nicht, okay? Und du brauchst mich gar nicht so anzusehen, Hashirama! Ich hatte seit vier Wochen keinen Sex…während deine Ex-Frau anscheinend schon wieder halb bei dir eingezogen ist…“ Endlich löste sich Hashirama aus seiner Starre, blinzelte. „Mito?“ „Ich hoffe nicht, dass du noch mehr Ex-Frauen hast…“, kam es sarkastisch von dem Uchiha. „…du denkst, dass wir miteinander geschlafen haben?“ Immer noch klang Hashirama, als sei es ein Ding der Unmöglichkeit. Dieser Heuchler sollte gar nicht erst versuchen, die Geschichte unter den Teppich zu kehren. „War ja ziemlich offensichtlich, dass da was läuft…so, wie sie dich betatscht hat…“ Klang er eifersüchtig? Vermutlich…ach, was sollte es. Hashirama sah aus, als wüsste er nicht, was er dazu sagen sollte…doch dann schüttelte er den Kopf. „Hast du mir eigentlich zugehört, Madara?“ Was sollte denn diese Frage? Und warum blickte er ihn so ernst an, als hätte Madara den Mist verzapft? Noch bevor er sich eine Antwort überlegen konnte, sprach der andere auch schon weiter. „Ich habe dir gesagt, dass ich mich in dich verliebt habe…und du denkst, dass ich direkt mit Mito…wofür hältst du mich?!“ Madara verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „War doch das, was du mir angekündigt hast oder nicht? Also tu nicht so, als sei das abwegig…und was habt ihr sonst getrieben, huh?“ Jetzt waren sie also beide wütend aufeinander. Schön…er würde sicher nicht klein beigeben und alle Schuld auf sich allein laden. „Wir haben geredet, Madara“, kam die unterkühlte Antwort. „So, wie das zwei erwachsene Menschen, die zusammen Kinder haben, tun. Ich bin froh, dass wir uns ausgesprochen haben…und ja, die Option, es noch mal zu versuchen, war da…aber wir haben beide eingesehen, dass es nichts bringt. Sie könnte mir nie wieder vertrauen…und ich kann sie nicht so lieben, wie sie es verdient.“ „Ändert nichts daran, dass du es tun wolltest oder?“, versetzte Madara spitz und hörte Hashirama stöhnen. „Meine Güte, Madara…ich wollte dich unter Druck setzen!“ „Hat toll funktioniert…genauso toll wie deine Nachricht per Handy.“ „Ich habe nie behauptet, dass ich alles richtig gemacht habe! Aber du bist stur wie eh und je!“ „Vielleicht, weil ich mir verarscht vorkomme?!“, zischte Madara zurück und es war ihm egal, dass mittlerweile die Leute zu ihnen rüber schauten. Die junge Bedienung, die Hashirama wohl gerade fragen wollte, was er zu trinken wünschte, machte auf dem Absatz kehrt. Konnte man ihr nicht verdenken. „Du kommst dir verarscht vor?“ „Falls es dir entgangen ist, stand ich schon vor deiner Tür…hat dir der Kniefall gefehlt oder warum hast du mich stehen lassen?! Und jetzt willst du auf einmal reden…“ „Ich habe dir schon gesagt, dass ich wütend war! Vier Wochen, Madara! Du kannst nicht erwarten, dass ich es dir so leicht mache!“ „Du hast gesagt, dass es zu spät ist…nicht, dass du Zeit brauchst!“ Ihre Blicke bohrten sich unnachgiebig ineinander, kurz sagte niemand etwas. Schließlich atmete Hashirama beherrscht aus und Madara tat es ihm gleich; das hier schaukelte sich hoch. Normalerweise war der Senju sein Ruhepol…dass sie sich beide dermaßen in Rage redeten, das war noch nie passiert. Vielleicht war es sogar ein gutes Zeichen und Madara entschied, dass weitere Schuldzuweisungen überflüssig waren. Sie redeten drum herum. „…liebst du mich noch?“ Sein Inneres schien sich bei den Worten zusammenzukrampfen; es war nicht seine Art, solche Dinge beim Namen zu nennen. Andererseits wollte er nicht weiter diskutieren...es war nicht so, als würde all das spurlos an ihm vorbeigehen. Hashiramas zornige Miene wurde etwas weicher, doch er wirkte irritiert. Abermals schwiegen sie sich an, wobei es Madara schon kränkte, dass er überlegen musste. Das Gute daran war, dass die Leute, die neugierig zu ihnen rüber gegafft hatten, sich nun wieder abwandten. „Ich habe nie damit aufgehört.“ Madara wusste, dass man das ziemlich kitschig auslegen konnte, und normalerweise verabscheute er so etwas. Es kam ihm immer aufgesetzt vor, übertrieben irgendwie…aber Hashirama sagte es mit so einer Ernsthaftigkeit, dass es sein Herz direkt wieder zum Rasen brachte. Er war Liebesgeständnisse nicht gewöhnt…doch so befremdlich es war, erleichterte es ihn auch. „Das heißt aber nicht, dass ich auch weiterhin mit dir zusammen sein kann.“ Okay, nun hatte er eher das Gefühl, als hätte sein Gegenüber die Faust in seiner Magengrube versenkt. Er verstand ihn einfach nicht…und er musste seine Wut über dieses Hin und Her wirklich zurückhalten. Langsam zermürbte es ihn. „Du hast mir meine Fragen noch nicht beantwortet, Madara.“ Wenigstens verstand er nun etwas besser. Sollte er fragen…er konnte nicht alles beantworten, aber er wollte nicht weiter streiten. „Ich bin nicht wie du“, begann er. „Ich bin nicht selbstlos…und wenn ich es sein muss, bin ich skrupellos. Ich bin kein guter Mensch, Hashirama…das werde ich nie sein. Ich tue viele Dinge des Geldes wegen…Dinge, die anderen schaden…aber ich tue auch einige Dinge, die anderen helfen.“ Er zögerte kurz, denn darüber zu sprechen, war nicht ungefährlich. Auch, wenn sich das Interesse der Medien langsam legte, war es immer noch eine prekäre Situation. „Der Fall vor ein paar Monaten. Die Menschenkämpfe.“ „…du warst involviert?“ „Meine Leute haben es aufgedeckt.“ Das war schwammig ausgedrückt, doch er würde nicht mehr dazu sagen. Genauso wie er ihm die Deals, die er unter der Hand abgeschlossen hatte, verschweigen würde. Er würde nicht lügen, aber sich auch nicht allzu angreifbar machen. „Meine Weste ist nicht weiß…sie ist ziemlich oft rot“, sprach er leise weiter. „Und ich kann dir nicht mehr davon erzählen, weil ich dir die Konflikte ersparen will.“ „Und weil du mir nicht vertraust.“ Madara lächelte verbittert. „Du bist immer noch Anwalt…und ich weiß, dass du deine Mandanten mit Bedacht auswählst.“ Hashirama nickte zustimmend, hielt einen Augenblick lang inne. „Was ist mit deinen anderen Gründen?“, fragte er und Madara erinnerte sich wieder an das Gespräch mit Itachi. Musste er das noch mal wiederholen? Es war ihm unangenehm, denn eigentlich hätte Hashirama nicht mithören sollen. Vielleicht war es aber ganz gut, dass er soeben dazu gezwungen wurde…sonst hätte er es wohl nicht noch einmal über die Lippen gebracht. „Wie ich gesagt habe…ich fühle mich wohl bei dir. Ich genieße deine Nähe...und dass ich bei dir ich selbst sein kann.“ Hashirama lächelte sanft, doch da war etwas in seinen braunen Augen, das Madara misstrauisch machte. „Bist du das denn? Du selbst? Dieser andere Teil gehört zu dir…das, was du vor mir verbergen willst.“ „Es ist das, was ich sein muss, Hashirama“, gab er zurück. „Und ich leugne nicht, dass ich es oft genieße…aber ich will genauso mit dir zusammen sein.“ Er beugte sich etwas vor, sah ihm fest in die Augen. „Ich werde nie jemand sein, der dir ewige Liebe schwört…Romantik widert mich an. Du hast mich so kennengelernt, wie ich bin…und ich habe mich nie verstellt. In deiner Nähe habe ich einfach keinen Grund, so zu sein, wie ich während meiner Arbeit bin.“ Er machte eine kurze Pause, ehe er sich sammelte und weitersprach. „…ich mag keine Kinder, das werde ich nie. Ich komme mit meiner Familie aus, mag einige mehr, andere weniger und mein kleiner Bruder wird immer an erster Stelle stehen. Ich bin weder gut, noch böse…sondern irgendwo dazwischen.“ Hashirama unterbrach ihn nicht, ließ ihn ausreden und Madara war von sich selbst überrascht, dass er so viel sprach. Doch er wusste ebenso, dass das hier seine letzte Chance war. „Ich hatte in den letzten Jahren nicht eine richtige Beziehung, Hashirama…ich bin so etwas nicht gewöhnt. Also habe ich es mir einfach gemacht und dich genauso behandelt, wie alle anderen vor dir…ich dachte, es sei besser so.“ Er atmete durch, denn nun kam das Schwerste. „Du bedeutest mir viel…und wenn du noch willst, werde ich dir entgegen kommen. Erwarte nur nicht, dass ich mich von Grund auf ändere oder dir jedes Detail aus meinem Alltag mitteile…das werde ich nie. Wenn du mich willst, musst du damit zurechtkommen.“ Sein Hals fühlte sich nach diesem Redeschwall regelrecht trocken an…doch er war froh, als es raus war. Hashirama musterte ihn nachdenklich und mit jeder Sekunde, die verstrich, stieg Madaras Anspannung. Er war ehrlich gewesen…und nun würde sich zeigen, ob er dafür belohnt oder bestraft werden würde. Als Hashirama unerwartet die Hand auf die seine legte, zuckte er reflexartig zusammen. Die Berührung schickte regelrechte Stromstöße durch seinen Körper, ließ ihn erkennen, wie sehr er diesen Mann vermisst hatte. Konnte es nicht ausnahmsweise mal wie in einem dieser ätzenden Filme sein? Hashirama könnte ihn küssen und sich damit einfach jedes weitere Wort sparen…sie würden im Bett landen und alles wäre gut. Happy End. Natürlich…lief es im wahren Leben nicht so ab. „Lass mich darüber nachdenken.“ Nun, das war besser als ein Nein, doch man sah ihm die Enttäuschung wohl trotzdem an. Hashirama lächelte schief, streichelte seinen Handrücken. „…ich will dir keine unüberlegte Antwort geben, Madara“, erklärte er es genauer, doch es machte nichts besser. „Du bist ehrlich gewesen und das schätze ich sehr, aber…ich will auch ehrlich sein. Ich weiß nicht, ob mir Kompromisse reichen. Ich…muss mir dazu Gedanken machen und wenn ich zu einer Entscheidung gekommen bin, werde ich mich melden.“ Madara schnaubte, konnte sich eine Spur von Sarkasmus nicht verkneifen. „Solange es keine vier Wochen dauert…“ Hashirama schmunzelte, wenn auch nicht lange. „…ich gebe mein Bestes.“ Ein kurzer, aber fester Druck seiner Hand…dann löste Hashirama die Berührung. Madara straffte die Schultern, als er aufstand und an ihm vorbeiging. Ohne Kaffee…und er wusste selbst nicht, warum das sein erster Gedanke war. Das leere Gefühl war immer noch da…und der kleine Hoffnungsschimmer konnte es nicht erträglicher machen. Er fühlte sich nach wie vor verloren, doch er wusste, dass er nichts daran ändern konnte. Er musste einfach warten. Kapitel 7: Knowing ------------------ Mit einem hatte Sasori schon mal Recht gehabt; als Teenager konnte man den Blondschopf, der gerade vor ihm saß, nicht mehr bezeichnen. Vermutlich war er in Itachis Alter, nur wenige Jahre jünger…doch viel wichtiger war dieses Funkeln in dem blauen Auge, das nicht von der blonden Mähne verdeckt wurde. Es war dieser Hass, den er nicht zum ersten Mal sah und auf den er bisher immer hatte vertrauen können. Wie eine Welle schlug er ihm entgegen, obwohl sie sich nicht einmal kannten...seine Zweifel an Sasoris Urteilsvermögen reduzierten sich gerade. „Du bist Deidara?“, stellte er fest, obwohl er es längst wusste. Trotz der femininen Frisur wirkte seine ganze Statur zwar schlank, aber nicht schmächtig. Was auch immer in der Vergangenheit geschehen war, er schien sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Die körperliche Verfassung war durchaus wichtig, wenn man für ihn arbeiten sollte. Er beobachtete, wie Deidaras Kiefer malmte, während er ihn ebenso musterte. Erst, nachdem Sasori ihm einen scharfen Blick zuwarf, machte er den Mund auf. „Und du, hmm?“ Das war provokant, doch nachdem Hidan schon so lange an Kakuzus Fersen haftete, hatte er sich an Frechheiten gewöhnt. Zumal der Junge ihn noch nicht kannte…und besser aufpassen sollte, dass er ihn nicht zu gut kennenlernte. Wenn er wollte, konnte er in der Tat sehr grausam sein. Diesbezüglich war sein Vater ein hervorragender Lehrmeister gewesen. „Mein Name ist Uchiha Madara“, erwiderte er kühl. „Und ich leite diese Organisation.“ „Aha…“, brummte der Blonde und verschränkte die Arme. Madara warf einen Blick auf die Handgelenke, auch wenn er nicht viel davon sehen konnte. Es reichte dennoch, um die Einstiche und Narben zu bemerken. Anscheinend entging Deidara sein Blick nicht, denn er verengte das frei gelegte Auge und reckte das Kinn. „Was?“, knurrte er und funkelte ihn an. „Ja, ich hab mal was genommen…und auch was gespritzt, okay?! Aber ich bin jetzt clean, verdammt noch mal, hmm!“ Dafür fuhr der Junge definitiv zu leicht aus der Haut – es konnte noch nicht allzu lange her sein. Madara entschied sich, es fürs Erste dabei zu belassen und auf Sasori zu vertrauen. Dieser würde ihm keinen Junkie hier rein schleppen, jedenfalls würde Madara ihm das nicht raten. „Beherrsch dich.“ Es war nur eine leise Warnung, doch sie glich einer Klinge…und Deidara schien es widerwillig hinzunehmen, denn er presste die Lippen zusammen. Interessant, dass Sasori so einen Einfluss auf den störrischen Jungen hatte…was da wohl passiert war? „Warum hast du unsere Arbeit behindert?“, fragte er stattdessen und fixierte ihn. Erneut flackerte die Wut in Deidaras Auge auf, doch er nahm sich zusammen. Jedenfalls ging er ihn nicht wieder direkt an, sondern konzentrierte sich darauf, den Hass in seine Stimme zu legen. „Weil ich es beenden wollte“, erwiderte er und verzog das Gesicht. „Ich wollte, dass sie büßen…und dass sie erkennen, dass sie im Irrtum sind, hmm!“ „Irrtum?“ „Dass sie nicht mit uns machen können, was sie wollen, nur weil sie mit ein paar Tütchen vor uns rumwedeln. Ich wollte sie bezahlen lassen…für die Jahre, die uns gestohlen wurden, hmm.“ Sein Gegenüber klang nicht wie ein Opfer, doch zweifellos war er eines gewesen. Madara war sich darüber bewusst, dass viele vernachlässigte Jugendliche auf den Straßen abgefangen und an den Stoff gebracht wurden. Zuerst spielten sie nur den Kurier, um ihr Taschengeld aufzubessern und irgendwann probierten sie, konsumierten mehr, wurden abhängig…und taten, was sie tun mussten, um an den Stoff zu kommen. Madara ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken, als Sasori, ohne den Jungen anzusehen, eine Hand auf dessen Unterarm legte. Ein Zittern durchfuhr Deidara, doch dann öffnete er seine verkrampften Fäuste, schien ein wenig ruhiger zu werden. Der Rotschopf löste die Berührung wieder und wandte sich nun ihm zu. „Es ist nicht auszuschließen, dass er einen Rückfall bekommt“, gab er zu und Deidara biss sich fest auf die Lippen. „Allerdings ist er klar genug im Kopf, um sich mit den Stoffen auszukennen, aus denen er die Sprengsätze herstellt. Ich werde ihn dabei überwachen…und auch sonst nicht aus den Augen lassen.“ Madara nickte knapp, schaute zu Deidara, der die Tischplatte fixierte. „Und dein Wissen stammt woher…?“ Ein Schnauben ertönte, gefolgt von einem sarkastischen Lächeln. „Chemie war mal mein Lieblingsfach…gleich nach Kunst. Hat sich nicht geändert…konnte gut damit umgehen, also haben sie mich bei der Herstellung assistieren lassen. Hab einiges herausgefunden…bis ich so benebelt im Kopf war, dass gar nix mehr ging, hmm.“ Madara fragte sich unweigerlich, wie viel Sasori ihm erzählt hatte…und ob Deidara wusste, dass sie ebenfalls im Geschäft waren. Es war wichtig, dass es keine unangenehmen Überraschungen gab. Als hätte Sasori seine Gedanken gelesen, ergriff dieser wieder das Wort. „Deidara weiß, dass wir uns am Handel beteiligen. Das ist in Ordnung, solange er dabei außen vor ist.“ Madara warf einen prüfenden Blick zu dem Blonden, der still geblieben war. „Warum willst du beitreten?“, fragte er noch etwas direkter. Ein paar Sekunden lang kam gar nichts, ehe Deidara zu ihm schaute. „Wo soll ich sonst hin, hmm?“, stellte er die bittere Gegenfrage. „Er hat kein Zuhause, keinen Abschluss und wenige Perspektiven“, führte Sasori dies genauer aus. „Das trifft in der Tat auf den Großteil unserer Mitglieder zu.“ Sasoris Miene blieb unbewegt, während Deidara die Tischplatte fixierte, wohl in seiner eigenen Welt war. Madara hatte seine Personalien im Vorfeld kontrollieren lassen und tatsächlich verlief sich die Spur im Sande. Die letzten Jahre fehlten einfach…als wäre er vom Erdboden verschwunden gewesen. Es hatte ihn wohl auch niemand gesucht. „Wie bereits besprochen, kann er vorerst bei mir bleiben“, hörte er Sasori sagen. Normalerweise hätte er das abgelehnt, weil er den Jungen selbst im Auge behalten wollte…doch er vertraute dem anderen, dass dieser die Aufgabe zufriedenstellend übernehmen würde. Sasori war verlässlich…und er schien den Jungen aus irgendeinem Grund im Griff zu haben. Außerdem kannte er Sasoris Haus…und den versteckten Bunker darunter. Es wäre nicht das erste Mal, dass unliebsame Zeugen spurlos verschwanden. Wenn Deidara klug war, würde er keine Dummheiten begehen. „Sasori no Danna meinte, ich kann meine Fähigkeiten nutzen, um meine Kunst auszuleben, hmm.“ Madara runzelte die Stirn, als er es so benannte. „Kunst?“ „Er bezeichnet seine Explosionen als…Kunst“, teilte Sasori ihm mit, woraufhin Deidara ihn verärgert anschaute. „Ihr braucht das gar nicht so abfällig sagen! Kunst ist eine Explosion, hmm!“, maulte er regelrecht und Madara kam nicht umhin, irritiert zu sein. Nicht nur, dass er ihn so respektvoll als seinen Meister ansprach, er schien auch ein wenig aufzutauen. Nun, dumm war der Junge offensichtlich nicht, wenn er Bomben basteln konnte. Trotzdem würde er kein Risiko eingehen und ihn überwachen lassen – nicht nur durch Sasori. „Wir werden sehen“, beendete er die Diskussion und wandte sich wieder an Sasori. „Vorerst bleibt er bei dir. Du wirst ihn überwachen und dich bei mir melden, sollte es Vorfälle geben.“ Vorerst konnte der Junge in Sasoris Keller an seinen Bomben herumwerkeln und somit seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. In Missionen würde er niemanden involvieren, dem er nicht vertraute. Auch wenn Deidara das anscheinend nicht passte, war er so klug, es nicht zu äußern. Sasori nickte einmal und damit war das Verhör fürs Erste beendet. Möglicherweise hatten sie da einen neuen potenziellen Mitarbeiter gefunden. „Du bist ziemlich nachsichtig in letzter Zeit.“ Madara schnaubte leise, während er seine Zigaretten aus der Tasche zog und sich eine zwischen die Lippen klemmte. „Früher wärst du keine Risiken eingegangen und hättest beide hinrichten lassen.“ Das war nicht mal gelogen. Über die Jahre hinweg war er weniger skrupellos geworden und er wusste nicht, ob das nur an Fugakus und Itachis Einfluss lag. „Ich bin kein Monster“, brummte er und zündete sich die Kippe an. Sobald der Rauch seine Lungen füllte, fühlte er sich entspannter. Sein Gegenüber beobachtete ihn dabei, ehe er ihm das Feuerzeug abnahm und sich ebenfalls eine ansteckte. „Wir sind beide Monster, Madara.“ Der Hüne stieß den Qualm aus, gab ein abfälliges Schnauben von sich. „Auf die eine oder andere Art sind wir grausam…und egoistisch. Wir sind auf unseren Vorteil bedacht und opfern viel für unsere Ziele.“ Auch damit war er nicht im Unrecht, doch Madara hatte seine Entscheidungen in den letzten Jahren zu oft hinterfragen müssen. Kurz überlegte er, wobei er den Blick in die Ferne schweifen ließ…die Sonne würde bald untergehen, wie das orange-rote Farbenspiel bewies. Madara mochte Dächer…umso höher, desto besser. Von dort hatte man einen guten Ausblick auf die Stadt, konnte das immer noch rege Treiben beobachten. Da ihm das Gebäude gehörte, würde sich auch niemand trauen, sie von hier wegzuscheuchen. „Mag sein“, antwortete er schließlich. „Ich war damals jung…wie du weißt. Ich nahm an, ich müsste meinen Vater übertreffen – und zwar in allem. Ich dachte, es wäre einfacher, wenn mich selbst die engsten Verbündeten fürchten.“ Der andere nickte und Madara wusste, dass er es verstand; schließlich war er einer seiner ältesten Mitarbeiter. „Angst bringt einem nur bedingt Loyalität…sobald sie eine Schwäche wittern, verraten sie dich.“ „Du hast niemals Angst vor mir gehabt.“ Madara neigte leicht den Kopf, erwiderte den Blick der blutunterlaufenen Augen. Er erinnerte sich noch genau daran, wie sie einander kennengelernt hatten. Damals, als er noch Taki geheißen hatte und bis zur Unkenntlichkeit entstellt war. „Wovor hätte ich schon Angst haben sollen?“, gab Kakuzu trocken zurück. „Dass du mich folterst? Oder mich gar tötest? Ich hätte Letzteres damals eher als Erlösung empfunden.“ „Dafür warst du ziemlich zäh.“ „Freiwillig aufgeben war nie eine Option.“ Madara lehnte sich an das Geländer, ließ den Blick erneut über die Umgebung schweifen. Er genoss jeden Windzug, der durch seine Haare streifte. „Nun, das habe ich immer an dir geschätzt…“, sagte er leise und nahm noch einen Zug von seiner Zigarette. „…auch wenn manche deiner Ansichten überaus fragwürdig sind.“ Kakuzu lächelte grimmig. „Ich denke, du weißt, dass du davon profitiert hast.“ „Kann ich nicht leugnen.“ Madara ließ den Rest seiner Zigarette fallen und trat diese aus, ehe er nach einem Pfefferminz-Kaugummi in seiner Jackentasche suchte. Unweigerlich musste er an Hashirama denken…dieser hatte sich in der Vergangenheit einige Male über den Zigarettengeschmack beschwert. „Du gehst?“ „Hm…ich habe noch zu tun.“ Ein skeptischer Blick traf ihn, jedoch sagte Kakuzu nichts dazu; wenigstens einer, der ihn mit seinem verkorksten Beziehungsdrama in Ruhe ließ. Andererseits interessierten Kakuzu solche Dinge auch herzlich wenig, davon abgesehen, dass er mit Hidan bestimmt genug zu tun hatte. „Grüß den Psycho von mir.“ „…sicher.“ Madara schmunzelte, ehe er sich abwandte und das Dach verließ. Vermutlich sollte er schlechte Laune haben, da Hashirama ihn seit zwei Wochen zappeln ließ…aber dieser hatte ihm am Vorabend geschrieben. Nichts Besonderes…nur, was in der Kanzlei losgewesen war. Das war in den letzten Tagen öfter passiert…dass Hashirama ihm von seinem Alltag textete. Eigentlich konnte Madara es nicht ausstehen, sich auf diese Art zu unterhalten, schon gar nicht, seitdem er mit einer Nachricht abserviert worden war. Und trotzdem…freute er sich jedes verdammte Mal, wenn Hashirama ihm auf die Weise irgendwelche Belanglosigkeiten mitteilte. Es gab ihm das Gefühl, dass der andere ihn doch nicht aus seinem Leben streichen wollte. Dass es vielleicht noch eine Chance für sie beide gab. Madara wollte sich diese Hoffnung nicht nehmen lassen. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass er so schnell ein ziemlich eindeutiges Zeichen bekommen würde. Doch als er zuhause angekommen war und die letzten Stufen hinauf zu seiner Wohnung genommen hatte, stockte er. Das Erste, das ihm ins Auge fiel, war die Orchidee…und wenn er sich nicht irrte, dann war es dieselbe, die er Wochen zuvor in dem Blumenladen gekauft hatte. Sein Versöhnungsgeschenk, das er am Ende vor verschlossener Türe ausgesetzt hatte. Anscheinend war sie gut gepflegt worden, denn sie ließ nicht ein Blatt hängen, wirkte schön und kräftig. Normalerweise gab man Geschenke nicht zurück. Entweder man behielt sie oder schmiss sie heimlich weg. Dementsprechend schnürte es Madara im ersten Moment die Kehle zu, als er Hashirama im Schneidersitz vor seiner Wohnungstür sitzen sah...mit der Orchidee in seinen Händen. „…“ Still sahen sie einander an und ihm fiel auf, dass Hashiramas Gesichtsausdruck für eine positive Entscheidung zu deprimiert wirkte. Nicht sein Ernst…oder? Wenn er hergekommen war, um noch mal mit ihm Schluss zu machen, würde Madara…ja, was würde er? Wieder eine Orchidee zerstören? Vermutlich mehr als das…aber es würde nichts an Hashiramas Entscheidung ändern. „Hallo Madara.“ „…hallo.“ Ihm fiel nichts Besseres ein, denn noch immer war er misstrauisch, blieb daher auch einfach vor ihm stehen. Hashirama bewegte sich nicht, sah nachdenklich auf die Orchidee runter, ehe er leise seufzte. „Weißt du…ich habe lange nachgedacht“, begann er und Madara wurde flau im Magen. Kurz zögerte er, doch dann ließ er sich gegenüber von Hashirama auf den Boden sinken. Er hätte ihn reinbitten können, sie hätten das drinnen klären können…aber dafür hing er zu sehr an Hashiramas Lippen. „…über uns…und die Jahre, die wir miteinander verbracht haben.“ Hashirama schaute nun auf, erwiderte seinen Blick fest. Definitiv…die Entscheidung war gefallen und Madara spannte sich an. „Ich war unglücklich…es hat alles keinen Sinn mehr gemacht. Vielleicht lag es auch an der Arbeit…vermutlich aber eher an uns, dass es in die Brüche gegangen ist.“ Eine Pause folgte, in der Madara das Gefühl hatte, sich gleich übergeben zu müssen. „Mito und ich haben uns deswegen ja ausgesprochen.“ „…was?“, entkam es dem Uchiha tonlos, doch natürlich verstand er. Der verdammte Senju sprach nicht von ihnen beiden. Zur Hölle…er sprach von seiner verfluchten Ex-Frau und ihrer Ehe. Wut und Erleichterung hielten sich soeben die Waage, doch Hashirama redete einfach weiter. „Ja…deshalb habe ich mich in dich verliebt. Du bist das genaue Gegenteil von ihr. Du passt dich nicht an, sondern setzt deinen Kopf durch. Du bist leidenschaftlich, wild…in deiner Nähe fühle ich mich gelöst. Ich…bin kein Anwalt…kein Ehemann, kein Vater…sondern nur ich.“ Da hatten sie ja doch etwas gemeinsam und Hashirama musste das wissen, denn er lächelte. „Du erwartest nichts von mir…und anfangs war mir das genug. Doch…dann habe ich gemerkt, dass ich mehr als das brauche.“ Er blickte ihn ernst an. „Ich will dich nicht ändern…und ich will auch nicht, dass du mir jedes deiner Geheimnisse anvertraust. Was ich will, ist ein Teil deines Lebens zu sein. Ich möchte die Leute, die dir wichtig sind, kennenlernen…deine Familie…und ich möchte, dass du meine ebenso kennenlernst. Ich erwarte nicht, dass du meine Kinder liebst, als wären es deine…und ich will gewiss nicht, dass sie durch dich in Gefahr geraten. Doch ich möchte Kompromisse.“ Madara konnte nur steif nicken; das hatte er doch alles verstanden. Er wollte doch nur eine endgültige Entscheidung…oder war sie das schon? Aus Reflex zuckte er zusammen, als sich Hashirama vorbeugte und die Hand an seine Wange legte. „Ich will dich an meiner Seite haben“, hörte er ihn wispern und sein Herz raste. „Seit ich dich kenne, gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf, Madara. Versprich mir einfach, dass du es vers-mpf!“ Madara hatte sich ebenfalls nach vorn gebeugt, den Senju an seinem Hemdkragen zu sich gezogen und ihm eindringlich die Lippen aufgedrückt. Oh Gott…wie sehr hatte er das vermisst…auf jeden Fall viel zu sehr. Das warme Schaudern durchfuhr seinen gesamten Körper, als Hashirama den Kuss ebenso sehnsüchtig erwiderte. Wie die Teenager…doch es war ihm vollkommen egal. „Trottel…“, murmelte er, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten. „…erst lässt du mich warten und dann erzählst du so ein Zeug…“ Er schnaubte, als Hashirama auf seine Worte hin schmunzelte. „Versprochen?“, fragte er anstatt einer Antwort und Madara murrte. „Wenn du mit diesen Liebesschwüren aufhörst, verspreche ich dir alles…“ „Vorsicht“, bemerkte Hashirama belustigt. „…und außerdem weiß ich, dass dir diese Liebesschwüre gefallen.“ „Klappe!“ Doch dieser Befehl führte nur dazu, dass sein Partner zu lachen begann. Es schallte durch das ganze Treppenhaus…und es war Madara egal. Er hatte dieses Lachen viel zu lange nicht mehr gehört…und er hatte es vermisst. Er versuchte gar nicht erst, sein eigenes Lächeln zu unterdrücken, erhob sich dann aber und reichte dem Senju die Hand. „Was ist mit der Orchidee?“ Hashirama hielt inne, ließ sich aber hoch helfen, ehe er ihn verdutzt anschaute. „Oh…na ja…die Orchidee, die du runtergeworfen hast, habe ich noch retten können. Du hättest sie also nicht ersetzen müssen…und ich denke, in deiner Wohnung macht sie sich ganz gut?“ „…die überlebt keine drei Tage“, kam es verbittert zurück. Hashirama grinste ihn an, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Nun…dafür bin ich ja da, hm?“ Er zwinkerte ihm zu und Madara konnte das Zucken seiner Mundwinkel nicht zurückhalten. „Du bist ein Idiot.“ „Vermutlich…aber das liebst du an mir.“ Wie selbstbewusst Hashirama klang…und aus irgendeinem dummen Grund fand Madara dies ziemlich attraktiv. „Unter anderem“, erwiderte er und ging an dem Senju vorbei, um die Tür aufzuschließen. Er musste sich nicht umsehen, konnte sich dessen perplexen Ausdruck auch so sehr gut vorstellen. Sie hatten noch einiges zu tun, mussten wohl an ihrer Beziehung arbeiten, damit sich so eine Geschichte wie mit Hashiramas Ehe nicht wiederholte. Vielleicht war es ja gar nicht so schlimm, ein wenig ehrlicher zu sein und Kompromisse einzugehen. Als sich von hinten ein Arm um ihn schlang und er ein weiches Lippenpaar an seinem Nacken spürte…fand er es sogar sehr, sehr positiv. Ein paar Wochen später… „…du übertreibst bestimmt wieder.“ „Nein. Tu ich nicht.“ „So schlimm wird es schon nicht werden.“ „Doch.“ „Wolltest du nicht an deinem Pessimismus arbeiten?“ „Du hast gesagt, du willst mich nicht ändern – leb damit!“ „Madara…“ Der Uchiha schnaubte leise, als Hashirama seinen Namen so mahnend aussprach, dabei jedoch schmunzelte. Ihm selbst graute vor diesem Treffen, doch er hatte seinem Partner versprochen, ihn Teil seines Lebens werden zu lassen. Das hier war der wichtigste Teil und er würde damit beginnen. Er blickte auf, als sich die Tür öffnete und ihm ein bekanntes Gesicht begegnete. Zu seinem Leidwesen kannte die junge Frau wohl immer noch keine Berührungsängste und schloss ihn gegen seinen Willen direkt in die Arme. „Oh, hallo Madara-san! Wie schön, dass ihr da seid!“ Sie funkelte ihn freudig an, ehe sie sich dem Mann an seiner Seite zuwandte. Hashirama sah sie verdutzt an, als sie seine Hand ergriff und diese ganz überschwänglich schüttelte. „Und du bist sicher Hashirama-san, richtig? Ich bin Fuu, Izunas Freundin“, plapperte sie weiter. „Es freut mich, dass ihr beide kommen konntet! Izuna ist noch in der Küche zugange…ich bin da leider kaum zu gebrauchen…aber kommt erstmal rein!“ Sie lachte auf, ehe sie sich umdrehte und in Richtung Wohnzimmer ging. Hashirama sah ihr ein wenig überrumpelt nach, warf einen Blick zu seinem Partner. „Sie ist…nett“, meinte er langsam, während er sich die Schuhe auszog. „Sie ist eine Nervensäge“, brummte Madara und tat es ihm gleich. „Ach was…sei doch nicht so! Wenn dein Bruder sie doch gern hat?“ „Keine Ahnung, was den geritten hat…“ „Seltsam…das sagen die Leute mir auch immer…“ Madara verdrehte die Augen, enthielt sich allerdings eines Kommentars. Im Wohnzimmer kam ihnen sofort Shiro entgegen, maunzte leise und umkreiste sie beide einmal. Verdutzt blickte Hashirama die kleine, weiße Katze an, kniete sich hin und streichelte diese. „Dein Bruder ist wohl ein Tierfreund?“ „Ja…von Beruf aus“, erwiderte Madara und hielt Ausschau nach Kuro. Er fand den schwarzen Kater auf der Couchlehne sitzend vor und wie immer starrte er ihn ausgesprochen angepisst an. Grantiges Vieh. „Nii-san!“ Madara drehte sich um, als sein Bruder ihn rief und direkt wurde er in eine innige Umarmung gezogen. Seufzend ließ er ihn gewähren, auch wenn es ihm vor Hashirama unangenehm war. Diesbezüglich war er wohl wirklich verschroben. Er räusperte sich, als Izuna ihn losließ und interessiert zu Hashirama schaute, welcher sich wieder aufgerichtet hatte. „Izuna, das ist Senju Hashirama, er-“ „Wird auch mal Zeit, dass du ihn mir vorstellst!“, fiel ihm Izuna ins Wort und hielt Hashirama die Hand hin. „Freut mich, dich kennenzulernen, Hashirama-san! Madara hat mir schon einiges von dir erzählt, aber wenn ich ehrlich bin, hab ich nicht dran geglaubt, dass wir uns echt mal kennenlernen!“ Der Senju ergriff die Hand auch, schüttelte diese, wobei ein Schmunzeln auf seinen Lippen lag. „Ja…geht mir genauso.“ Izuna zwinkerte ihm zu, ehe er auf die Couch deutete. „Setzt euch doch! Ich bin gleich mit dem Essen fertig und danach müsst ihr mir ganz viele Fragen beantworten!“ Und damit verschwand er zu seiner Freundin in die Küche, ließ die beiden allein zurück. Hashirama neigte den Kopf leicht zur Seite, musterte Madara ein bisschen zu lange, so dass dieser murrte. „Was?“ „…also…äußerlich seid ihr Brüder“, meinte der Senju nachdenklich. „Aber ansonsten…wie Tag und Nacht.“ Madara schnaubte bloß, setzte sich auf die Couch, was ihm ein Fauchen von Kuro einbrachte. „Hast du nicht gesagt, bei deinem Bruder wäre es genauso?“ Hashirama lächelte nur, setzte sich neben ihn – wieder erschallte ein Fauchen. „Möglich…du solltest ihn bald kennenlernen. Aber sag mal…ist die Katze immer so…feindselig?“ Die gelben Lampenaugen verengten sich sogleich, als hätte das Tier Hashirama verstanden. Der hasserfüllte Ausdruck schien noch intensiver zu werden, als Shiro auf den Schoß seines Partners sprang und sich dort zusammenrollte. „Immer“, gab Madara trocken zurück. „Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, wollte ich ihn eigentlich Maddy nennen…aber mein Bruder hatte was dagegen“, mischte sich Izuna ein, der soeben das Curry auf dem Tisch platzierte. Es roch unheimlich gut, doch das war er ja von seinem Bruder gewöhnt. Wenn er wollte, machte sich dieser ziemlich gut in der Küche…vor allem wenn er eine Freundin zum Bekochen hatte. Fuu tauchte hinter ihm auf, musste schmunzeln. „Ein bisschen Ähnlichkeit ist da schon…“, bemerkte sie glucksend und verteilte die Schüsseln. Auch Hashirama schien den Vergleich sowohl treffend als auch belustigend zu finden. Großartig…und schon war er die Lachnummer. „Nun, ganz Unrecht haben sie nicht.“ „Wie schön, dass du Spaß hast…“, knurrte Madara und schaute ihn finster an. Hashirama schien ihn nicht ernst zu nehmen, legte stattdessen einen Arm um ihn und lächelte ihn an. Nun, wenn Madara ehrlich war…war er auch nicht wütend. Fuu nervte ihn zwar immer noch, doch er würde sich wohl fürs Erste mit ihr arrangieren müssen. Wichtig waren sein Bruder und Hashirama…und die schienen sich auf Anhieb sympathisch zu finden. „Also dann…lasst uns essen! Und dann will ich mal von Hashirama-san hören, wie ihr euch kennengelernt habt…du erzählst ja kaum was, Nii-san!“ Nun, vielleicht würde er es doch noch bereuen, nachgegeben zu haben…aber wie war das? Man musste Kompromisse eingehen…und Prioritäten setzen. Anscheinend stand seine Privatsphäre dabei an letzter Stelle…aber wenn Hashirama dafür an seiner Seite blieb, konnte er das sicher verschmerzen. Ganz bestimmt sogar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)