Die kleine Meerjungfrau von LunaInTheDark (einmal anders) ================================================================================ Kapitel 5: .:05:. Noah ---------------------- Nachdem ich vom Chief von der Leiche weggezerrt und in einen anderen Raum gebracht wurde, setzte ich mich auf einen Stuhl und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Doch als ich meine Augen schloss, sah ich wieder die Leiche meines besten Freundes. Also öffnete ich sie und starrte den Chief an. Dieser sah mich mitleidig an und drückte mir sein Beileid aus. Ich nickte bloß, stand auf und entgegnete emotionslos: "Danke, darf ich jetzt gehen?" "Ich bräuchte nur noch eine Unterschrift, dass Sie die Leiche identifizieren konnten, dann dürfen Sie gehen.", meinte der Chief vorsichtig und zeigte auf ein Blatt Papier auf dem Schreibtisch. Schlurfend ging ich darauf zu und setzte eine Unterschrift darunter. Ohne jemanden noch eines Blickes zu würdigen, verließ ich das Polizeirevier und bestellte mir ein Taxi. Die Adresse meines neuen Zuhauses habe ich mir, Gott sei Dank, merken können. Jetzt musste ich nur noch meine wenigen Sachen aus dem Hotel holen, bevor ich endlich meine Ruhe hatte. Nach fünf Minuten kam auch endlich das Taxi und brachte mich in das Hotel. Ich sagte ihm, dass ich gleich wiederkommen würde und stieg aus. Schnell ging ich in das Zimmer und schmiss meine Sachen wieder in den Koffer. So schnell wie es nur ging, wollte ich meine Ruhe haben. Wollte in Ruhe trauern können. Ich schnappte mir meinen Koffer sowie den Rucksack und verließ dieses Zimmer. An der Rezeption angekommen, bezahlte ich für die eine Nacht und ging zurück zum Taxi. Der Taxifahrer war so freundlich und half mir mit dem Gepäck, bevor wir weiter zu meinem neuen Zuhause fuhren. Die ganze Fahrt über war ich still und ging meinen eigenen Gedanken nach. Was war nur passiert? Wer hatte Brutus das angetan? Es muss doch eine Erklärung geben. Doch welcher Mensch könnte so etwas mit einem Menschen anstellen? Es gibt doch heutzutage keine Kannibalen mehr...oder doch? Viel zu schnell, für meinen Geschmack, hielt das Taxi vor meinem neuen Zuhause. Ich bezahlte ihn, gab ihm sogar noch etwas Trinkgeld, holte meine Sachen und lief die Treppen hoch. Als ich endlich die Haustür hinter mir schloss, lehnte ich mich dagegen und rutschte diese hinunter. Nun saß ich hier, apathisch, auf dem Boden und konnte das Bild der Leichenteile nicht aus meinen Gedanken verbannen. "Reiß dich zusammen, Noah.", flüsterte ich und strich mir durch meine braunen Haare. Mit einem Ruck stand ich auf und versuchte alles, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich ging ins Schlafzimmer, packte alle meine Sachen aus und schmiss den Koffer unters Bett. Anschließend stellte ich meinen Laptop und meine Arbeitsmaterialien auf den Schreibtisch. Diese kleine Aktion half mir nicht zu verzweifeln, doch meinen Kopf konnte ich nicht abschalten. Immer wieder kreisten alle möglichen Fragen durch meine Gedanken, die ich nicht beantworten konnte. Wer hatte ihn getötet? Warum? Und wie? Wer wäre so krank und würde einen Menschen regelrecht verspeisen? War Brutus gar nicht alleine auf diesem Boot gewesen? Warte...das Foto!, schoss es mir durch den Kopf. Schnell setzte ich mich an den Laptop und rief die letzte E-Mail von Brutus auf. Ich klickte auf die Datei und sah mir das Foto noch einmal genau an. Es war eine längliche, nicht sehr tiefe Wunde und Öl war darin. "Irgendwie muss es einen Zusammenhang geben... Zwischen dieser E-Mail, dem Bild und dem Mord. Doch welchen? Ich muss das heraus finden, dass bin ich meinem besten Freund schuldig.", murmelte ich vor mich hin und fasste den Entschluss, der vielleicht mein Leben verändern würde. Die nächsten Tage versuchte ich mein neues Leben zu ordnen. Ich traf mich noch einmal mit Frau Johnson, um über meine neue Arbeit zu reden. Sie wusste von dem Mord und wollte das ich mich erst einmal erholte, doch ich wollte, musste, arbeiten, um nicht verrückt zu werden. Nach langer Diskussion willigte sie ein und instruierte mich in meine neue Arbeit. Die Beseitigung des Öls auf dem Meer war die oberste Priorität ebenso wie der Schutz der Arten, die durch das Öl gefährdet waren. Ich nahm diesen Job widerstandslos an und fuhr mit einem Team aufs Meer hinaus um das Öl abzupumpen. Jeden Tag hatte ich denselben Ablauf und das tat meiner geschockten, trauernden Seele gut. Aufstehen, frühstücken, Taucherausrüstung anziehen und rauf aufs Meer. Ich und mein Team arbeiteten so lange, bis wir kein Licht mehr hatten und somit ging es rasch voran mit der Ölbeseitigung. Als leidenschaftlicher Biologe nahm ich mir mehrere Proben von dem Öl mit, um sie irgendwann zu analysieren. Auch halfen wir vielen Vögeln und anderen Tieren aus dem Öl heraus, wuschen sie und gaben sie den Verantwortlichen, wo sie verarztet und wieder aufgepäppelt wurden. Nach fünf Tagen fühlte ich mich besser. Langsam hatte ich verkraftet, dass Brutus tot war und hatte Anschluss gefunden. Mein Team bestand aus fünf Personen und mir. Der älteste von ihnen war Jeffrey, er war unser Streitschlichter und hatte immer einen kühlen Kopf. Dann waren da noch die beiden Zwillinge Denis und Daniel, die unterschiedlicher nicht sein könnten, unser kleiner Schützling James und Stacy. Stacy war die einzige Frau in unserem Team, doch damit hatte sie noch nie Probleme gehabt und sie wusste, wie sie sich durchsetzen konnte. Im Allgemeinen unterstützte das ganze Team mich tatkräftig, somit lebte ich mich schnell ein, konnte wenigstens für eine gewisse Zeit lang meine Trauer ausblenden und wurde zum Chef dieses Teams ernannt. Für mich war es eine große Ehre. Wer hätte gedacht das so einer wie ich, der immer theoretische Arbeit erledigt hatte, jetzt schon ein Chef eines fünfköpfigen Teams war? Auch war ich froh gerade dieses Team abbekommen zu haben. Sie waren alle so offen und nett, insbesondere Stacy, dennoch konnte ich nie richtig abschalten. Immer wieder dachte ich an Brutus. An unsere Collegezeit, die vielen Partys und Zockerabende. Nie werde ich vergessen wie wir jeden Vollmond an den Strand gingen, um im Mondlicht zu tauchen. Jetzt werde ich das nie wieder mit ihm zusammen machen können, da irgendein mieses sadistisches Schwein ihn umbringen und essen musste. Auch wenn mich die Arbeit gut ablenkte, saß ich jeden Abend an diesem Foto fest und untersuchte es auf alle Indizien. Ich suchte auch überall nach ähnlichen Fällen in dieser Umgebung, doch ich kam zu keinem Ergebnis. Ich hatte noch nichts rausgefunden und dies machte mich von Tag zu Tag immer wütender. Wieder einmal saß ich Haare raufend an meinem Laptop und versuchte einen Zusammenhang zu finden. Wer war diese Frau? Wo ist sie hin? War sie Schuld an Brutus Tod? Oder wurde sie von dem Kannibalen auch verspeist? Aber dann müsste doch irgendwo und irgendwann ihre Leiche auftauchen. Hat der Mörder sie etwa im Meer versengt? Aber warum hat er dann Brutus Leiche nicht auch verschwinden lassen? Immer mehr Fragen tauchten in meinem Kopf auf und jede einzelne wurde von mir aufgeschrieben, in der Hoffnung, sie irgendwann beantworten zu können. Wieder einmal voller Frust, dass ich kein bisschen weiterkam, schrie ich auf und schmiss meine Unterlagen von Tisch. Nervlich am Ende beobachtete ich, wie jedes einzelne Blatt einige Sekunden lang schwebte, um dann auf den Boden zu landen. "Ich muss hier raus...frische Luft...", murmelte ich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)