No Princess von Yinjian ================================================================================ Kapitel 12: Das Wochenende kommt -------------------------------- Am nächsten Tag wachte Anna auf und entdeckte Shiro – in Menschengestalt – neben sich. Er schlief seelenruhig. Sein Haar war etwas länger geworden seit gestern. Anna zwirbelte eine seiner Strähnen in ihren Händen. „Shiro.“ säuselte sie leise, gab ihm einen Kuss auf die Wange und weckte ihn sanft. Anna entschuldigte den Kuss damit, dass Shiro Tier und kein Wesen war, das von ihren Kräften zehrte. Weit gefehlt, aber das wusste die Blondine zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie stand zusammen mit ihrem neuen Gefährten auf und während der Knirps Richtung Küche lief, machte sich Anna im Bad für die Schule fertig. Sie mochte es, wenn ihr Haar frisch gewaschen war und nach dem Shampoo roch, das ihre Mutter immer für sie kaufte. Es duftete nach Himbeeren und Vanille und gab dem Tag eine süße Note. Als sie angezogen, gekämmt und leicht geschminkt war, ging sie ebenfalls runter und fand Adam und Shiro in der Küche vor. Sie kämpften um ein Toast. „Morgen.“ schmunzelte Anna amüsiert und setzte sich Adam gegenüber. Ihre Mutter erwiderte den Gruß verschlafen und nippte verträumt an ihrem Kaffee. Auch sie fand den Gedanken schön, einen weiteren Sohn zu haben, das konnte Anna an ihrem verliebten Blick gegenüber dem Wolfsjungen sofort erkennen. Nach dem Frühstück gingen die Geschwister schnurstracks zur Schule. Shiro schien um einiges lebendiger als sonst zu sein, auch wenn er immer noch nicht sprach. „Ich frag' mich, ob er jemals sprechen wird.“ erwiderte Adam ihre Sorgen, die Anna schließlich aussprach. „Ich meine, er ist ein Wolf, das ist dir klar, ja?“ „Ja schon, aber … Er sieht aus wie ein Mensch.“ schlussfolgerte die Blondine und nahm den Kleinen an die Hand. Irgendwie schien er gewachsen zu sein. „Schätze, ich werd' Mirai heute mal ausfragen. Ich muss eh noch mit ihm wegen der Situation im Wald sprechen.“ Gesagt, getan. In einer der Pausen zwischen den Lektionen trat Anna erneut vor den Raum des Schülerrates. Ohne anzuklopfen trat sie ein und sah sich um. Nur Kai war da. „Hey.“ sagte er leise, schaute Anna aber nicht an. Er starrte wieder aus dem Fenster und schien tief in Gedanken versunken zu sein. „Hi. Ich wollte nicht stören, ich wollte nur wissen, ob Mirai heute da ist.“ „Ja, hab' ihn im Flur gesehen. Musst mal bei den Gängen der höheren Klassen nach schauen.“ antwortete Kai merkwürdig ruhig. Sie hätte gedacht, er hätte sie mehr darüber ausgefragt, was sie mit Mirai wollte. Sein Blick fiel zu der noch offenen Tür. Er musterte Shiro, der am Türrahmen stand und wartete. „Hmm, okay. Ich probier' mal mein Glück. Dankeschön.“ Anna war es unangenehm, dass Kai dem Jungen Blicke zuwarf, aber ihr nicht. Irgendwie gab es ihr das Gefühl, dass der Wolf wichtiger war, als sie und so wie sie Kai einschätzte, konnte das nur etwas schlechtes sein. Anna griff nach der Hand des Kleinen und ging die Gänge hinunter. Mirai war mit Akira in einer Klasse und Akiras Klasse war zwei Räume weiter als die von Adam und Kai. Das wusste sie von Mika. Anna hatte keine Probleme, den Weg zu finden. Viele der Schüler machten Platz, als sie Anna sahen, doch statt den ängstlichen Blicken, die sie normalerweise erntete, warfen sie dem kleinen weißen Haarschopf eher fragende hinterher. Es dauerte nicht lange, bis Anna murmelnde Kommentare wahrnahm. „Ignorier' sie einfach.“ flüsterte sie Shiro zu und zog ihn näher an sich. Sie wusste nicht, warum, aber sie entwickelte übermächtige Muttergefühle für den Kleinen. Und er merkte das. Nach wenigen weiteren Metern hatten sie Akiras und Mirais Klasse erreicht. Man hörte das sofort. Die Stimmen der beiden hallten aus der Klassenzimmertür bis in den Flur. Anna warf einen neugierigen Blick in die viel zu gefüllte Klasse und entdeckte, dass die beiden Jungs gerade ein Armdrücken veranstalteten. Sie trat näher. „Anna!“ Akira grinste und genau in diesem Moment schlug Mirai seine Hand auf den Tisch. „HA!“ stieß der Blondhaarige triumphierend aus und grinste Anna an. „Was geht?“ Dann fiel sein Blick auf Shiro. „Oh, du hast Shiro mitgebracht. Okay. Wollen wir irgendwo hin?“ Anna überlegte kurz. „Ja, wäre gut. Ich glaube, hier ist es ein bisschen zu voll, um uns zu besprechen.“ Das Gespräch in der Klasse erlag einem plötzlichen Flüstern. Affären? Schlägereien? Wenn man Anna und Mirai in einen Raum stecken würde, wer würde überleben? Shiro schien es unbehaglich zu werden. Seine Hände hielten Annas Hüfte, als würde er ihren Körper als Schutzwall vor den Kommentaren benutzen. „Alles gut, mein Schatz.“ seufzte Anna halb besorgt, halb verliebt und drückte den Kleinen noch fester an sich. „Na dann los, hab' eh kein Bock auf Geschichte. Akira, schreib für mich mit, okay?“ „Warte, wohin geht ihr?“ Akira war aufgesprungen und sah aus, als wollte er unbedingt mit. „Geht dich nichts an.“ gab Mirai schroff zurück und drehte Anna zur Tür. „Wir haben jetzt unser 2. Date.“ fügte er grinsend hinzu und verschwand mit Anna im Arm aus der Klasse. „Ist das wirklich okay? Du brichst den Weibern das Herz.“ lachte Anna kurz, als sie außer Hörweite auf dem Weg zum Hinterhof waren. „Ja, Menschenweiber interessieren mich sowieso nicht.“ „Oh, wie kommt's?“ „Guck' mich an. Ich bin wie ein Gott.“ lachte Mirai arrogant und folgte Anna zum Sammelplatz der Gang. Niemand war da. „Komisch, normalerweise ist wenigstens EINER hier.“ murmelte Anna vor sich hin, setzte sich auf die Decke, die Mika am Morgen ausgebreitet hatte und zog Shiro auf ihren Schoß. Im Gespräch darüber vertieft, welche Konditionen Mirai an Silver hatte, damit er im Wald bleiben konnte, schlief der Wolf wieder ein. Erwachsenengespräche interessierten ihn nicht sonderlich. Anna allerdings sah Probleme. Mirai wollte, dass die Wölfe keine Affen mehr töteten. Das war klar und Anna teilte seine Meinung. Allerdings sollten sie auch keine anderen Tiere reißen, was sich für Karnivoren als schwierig erweisen würde. Noch schwieriger war allerdings die Kondition, dass die Wölfe eine Art 'Miete' zahlen sollten. Das bedeutete, dass neben der verminderten Beutesuche auch noch ein Teil der Beute abgegeben werden sollte. Affen aßen zwar auch Fleisch, wenn sie mussten, doch griffen lieber auf Früchte oder ähnliches zurück. Doch Wölfe kannten sich mit so etwas nicht aus. Auf die Frage hin, ob es auch etwas anderes sein könnte, antwortete Mirai nur: Wertgegenstände. Sollten die Wölfe also Menschen beklauen? Das Gespräch begann sich im Kreis zu drehen. Langsam aber sicher brodelten alle beide und überwarfen sich mit ihren Argumenten, bis sie schließlich aufgaben. „Du warst noch süßer, als du mich geküsst hast.“ schnauzte Mirai genervt und lehnte sich an den Ahornbaum, schloss die Augen und schnaufte. „Du warst noch nie süß.“ gab Anna gehässig zurück und zog genervt eine Flasche aus ihrer Tasche. „Ich glaub', das bringt heute nichts mehr. Wir reden morgen weiter.“ sagte sie nach einigen großen Schlücken Wasser und wischte sich mit dem Handrücken über die Mundwinkel. „Bitte.“ schnauzte Mirai beleidigt und stand auf, um zu gehen. Er wuschelte dem kleinen Wolf über den Kopf. „Übrigens solltest du ihn nicht zu sehr verhätscheln. Du weißt, dass er dich fressen könnte?“ sagte er und konnte die Aggression aus der Diskussion vorhin immer noch nicht verbergen. „Oh, bitte. Guck dir doch mal an, wie klein und süß der ist. Er würde keiner Fliege was zu leide tun.“ Anna verdrehte die Augen. Es ist ja schön und gut, wenn Mirai sich Sorgen machte, aber über fürsorglich musste er nicht gleich werden. Mirai schnalzte genervt mit der Zunge und machte sich vom Acker. Auf dem Weg zurück in die Klasse traf er Adam. Er warf ihm nur ein kurzes „Yo“ zu und lief genervt weiter. „Was'n mit Mirai los?“ fragte Adam verwundert und setzte sich neben Anna, als er im Hinterhof angekommen war. „Ignorier' ihn einfach.“ Auch Anna klang genervt. Und sie war es auch noch am nächsten Tag. Mirai ließ sich auf keine der Punkte ein, die Anna sich über den gestrigen Tag ausgedacht hatte, um einen Konsens zwischen Wölfe und Affen zu finden. Auf die Frage hin, ob er es wenigstens versuchte, wurde Mirai noch wütender als zuvor. „Wieso sollte ich IRGENDETWAS versuchen? DU hast uns in diese Scheiße geritten, es kann mir völlig egal sein, was mit den Viechern passiert, solange sie sich aus meinem Wald verpissen.“ Shiro sah ihn mit großen, blauen Kulleraugen an. Es war ein paar Tage her, seit er so emotionslos aussah, wie jetzt. Es fiel Anna wieder schwer, seinen Blick zu deuten. „Du brauchst das nicht gleich vor ihm zu sagen… Und nicht so.“ meinte sie besorgt und zog den Jungen an ihre Brust, um ihm über den Rücken zu streicheln. Die beiden hatten sich wieder im Innenhof getroffen. Heute waren ziemlich viele aus Annas Gang da gewesen, allerdings hatte sie ihre Leute gebeten, ihr und Mirai etwas Freiraum zu geben. Mirai mochte die Gang immer noch nicht – jedem Einzelnen hatte er beim Gehen einen bösen Blick zu geworfen, ehe sich beide hingesetzt hatten. „Wenn's nur um Shiro geht: Er kann bleiben. Er kann sogar bei mir im Palast wohnen.“ fauchte Mirai kurz, hockte sich vor Anna und streichelte dem Kleinen über die Haare. In diesem Moment merkte Anna, wie Shiros Hand sich in ihrem Rücken vergrub. Gestern kamen die kleinen Ärmchen nicht mal um ihre Hüfte. „Hast du das Gefühl, er ist gewachsen?“ fragte sie, mehr sich, als Mirai. „Keine Ahnung.“ gab dieser wortkarg zurück und ließ sich auf seinen Po fallen. Er musterte Anna, die gerade damit beschäftigt war, dem Wolf ein paar Worte zu entlocken. „Ich würde allem zustimmen, wenn du bei mir wohnen würdest.“ sagte Mirai plötzlich ohne auch nur die Miene zu verziehen. Anna blickte auf. Sie war verwundert über seine Offenheit. „Das geht nicht. Und das will ich auch nicht.“ antwortete sie wahrheitsgemäß. „Wieso nicht? Du könntest jeden Tag bei Shiro sein.“ „Das kann ich jetzt auch.“ „Sobald wir eine Einigung gefunden haben, kommt Shiro zurück, oder nicht?“ Mirais Worte erinnerten sie an die traurige Wahrheit. In den fünf Tagen, die sie Shiro kannte, war er ihr schon unglaublich ans Herz gewachsen. Mirai bemerkte den bitteren Nachgeschmack seiner Worte und seufzte. „Wir haben ja noch etwas Zeit.“ Sein Blick wanderte über den Schulhof. „Worüber denkst du nach?“ fragte ihn Anna nach einigen Sekunden der Stille. „Darüber, wie die Wölfe bei uns bleiben können. Solange ich König bin, ist mir eigentlich egal, wer im Wald wohnt, weil ich eh stärker als jeder andere bin. Aber die Affen machen Radau, verständlicherweise. Viele haben ihre Jungen durch die Wolfattacken verloren, manche Jungen auch ihre einzige Familie. Und dass ich nicht da war, um sie zu beschützen, gibt ihnen Grund, an mir zu zweifeln. Wenn ich jetzt einfach klein bei gebe und jeder deiner Vorschläge zustimme, ohne wenigstens zu versuchen, das beste rauszuholen, verlassen sie mich. Und dann bin ich ein König von niemanden. Wer will das schon?“ Es war überraschend. Sie musste seine Gedanken nicht lesen, um zu wissen, dass er das wirklich dachte und gerade diese Offenheit überraschte die Blondine. Shiro war aufgestanden, lief zu Mirai und streckte seine immer noch kleine Hand aus, um den blonden Haarschopf zu streicheln. Der Junge sagte nichts, sein Blick war wie immer ein Rätsel und egal, wie lange Mirai ihn anstarrte, er zeigte keiner seiner Absichten. Deshalb blickte Mirai an den kleinen Körper vorbei zu Anna und sah sie fragend an. „Ich mach' das manchmal bei ihm, wenn es ihm nicht gut geht...“ murmelte sie im Gegenzug, zuerst etwas eingenommen von der Situation, musste dann aber anfangen zu lachen. „Jetzt muss dich schon ein Baby trösten.“ neckte sie Mirai kichernd. Dieser verzog genervt das Gesicht und drückte Shiro zurück zu Anna. „Mir geht’s gut, danke.“ schnauzte er kühl und klang noch schlimmer, als zuvor. Er versteckte sein beschämtes Gesicht hinter seiner Hand. „Hör mal. Ich glaub', wir versteifen uns hier zu sehr auf etwas. Wir haben wirklich noch Zeit. Lass uns das ganze doch einfach ruhig angehen und uns ein bisschen ablenken. Morgen spielen Akira und Adam in 'nem Spiel und Akira hat mich gefragt, ob ich zugucken will. Wir können doch zusammen gehen? Bringt uns vielleicht auf andere Gedanken.“ schlug Anna dann optimistisch vor. „Kein Scheiß.“ Akiras Stimme ertönte hinter der Mauer hervor, kurz danach tauchte sein Gesicht um die Ecke auf. Anscheinend hatte er sie belauscht. „Das ist also los.“ sagte er seufzend und ließ sich neben Anna ins Gras fallen. Shiro lief zu ihm hinüber und setzte sich auf Akiras Schoß. Als wären die beiden ein eingespieltes Team streichelte Akira ihm sofort über den Kopf. „Du hast also dein Königreich nicht mehr im Griff, hm?“ grinste der Rotschopf abfällig. „War eh nur eine Frage der Zeit.“ „Halt die Schnauze.“ fauchte Mirai sofort zurück. „Als ob du Ahnung vom Regieren hättest.“ „Stimmt. Ich muss mich damit nicht rumplagen – noch nicht.“ Anna horchte auf. „Was meinst du mit 'noch nicht' ?“ fragte sie neugierig nach. „Ist ein Geheimnis.“ grinste Akira. „Du kommst eh nicht dazu.“ kommentierte Mirai, nun ebenfalls gehässig grinsend. Akira seufzte. „Wär' ich in deiner Situation, würde ich mir überlegen, wie ich meine Diener nutzen würde, anstatt nur auf'm faulen Arsch zu sitzen und einem Teenager hübsche Augen zu machen.“ sagte er abfällig und schüttelte dramatisch mit dem Kopf. Anna kicherte. „Was? Ich… hab' ich nicht!“ fauchte Mirai nun und sprang auf die Füße, bereit zum Kampf. „Ja, ja.“ Akira klang belustigt. „Akira, wie kommt's eigentlich, dass Shiro dich so gut leiden kann?“ fragte Anna immer noch grinsend, aber wechselte das Thema, um die Situation etwas zu entschärfen. „Ach, ich versteh' den Kleinen einfach. Bin's gewohnt. Vor allem bei den Kleinen.“ Mirai trat gegen den Ahornstamm und schnauzte ein „Bis Morgen“. Anscheinend wollte er nicht bleiben. Bevor er jedoch gehen konnte, sprang Anna auf und hielt ihn fest, um ihn nach seiner Handynummer zu fragen. „Es ist besser, wenn wir in Kontakt bleiben. In der Schule zu sprechen reicht anscheinend nicht.“ begründete sie ihre Bitte. Doch egal, was sie gesagt hätte, das triumphierende Grinsen, das der Blonde Akira zuwarf, wäre geblieben. Auch Akira stand auf, wobei Shiro ihm vom Schoß glitt, und ging zu Anna, um ihr das Handy aus der Hand zu nehmen. „Dann geb' ich dir auch gleich meine.“ flötete er, völlig unbeeindruckt von Mirais Versuchen, ihm das Handy wieder abzunehmen. Einmal 'Speichern' gedrückt, fertig. „Freut mich, dass du morgen kommst. Kannst den Affen ruhig mitbringen.“ lachte Akira dann und deutete auf Mirai, der drauf und dran war, Akira zu erwürgen. Anna lachte kurz. „Hätte nicht gedacht, dass ihr beide euch so gut versteht.“ „Tun wir nicht.“ Akira streckte neckisch die Zunge aus, dann packte Mirai ihn am Nacken und schleifte ihn zurück in ihre Klasse. Die Tage verstrichen. Am Donnerstag war Anna, wie versprochen, bei Akiras und Adams Spiel. Auch Toki und Mirai waren gekommen. Toki hatte einiges an Gebäck und Törtchen mitgebracht, sowie eine Tube Honig, von dem er reichlich auf die süßen Gebäcke träufeln ließ. Bei dem Gedanken wurde Anna schlecht. Auf die Frage hin, wie er so viel Süßes essen konnte, grinste er sie mit honigverklebten Zähnen an. Das Team der Jungs gewann das Spiel – 4:1. Ein ziemlich gutes Ergebnis. Und Akira hatte Recht behalten – auch wenn Anna schon aufgefallen war, wie lebensfroh Akira war, so war er beim Spielen wie ein strahlendes Leuchtfeuer unter den Spielern. Sofort konnte man ihn auf dem Feld ausmachen – nicht nur wegen den roten Haaren, sondern einfach nur wegen seiner Ausstrahlung. Auch wenn Anna versuchte, Adam im Auge zu behalten, fiel ihr Blick immer wieder auf das strahlende Gesicht des Rothaarigen. Das Angebot, nach dem Spiel noch was trinken zu gehen, lehnte Anna dankend ab. „Trinkst du immer noch nicht?“ fragte Mirai enttäuscht, doch Anna verneinte. „Ich hab' ziemliche Kopfschmerzen, wahrscheinlich zu viel Sonne. Sorry.“ erklärte sie kurz und packte ihre Tasche, um sich auf den Weg zu machen. Adam schloss sich seinen Teamkollegen an und Shiro war gar nicht erst mitgekommen, um das Spiel zu beobachten. Die fünf verabschiedeten sich voneinander. Anna blickte noch mal über die Schulter und sah, wie die Jungs quatschend in die selbe Richtung liefen. Freitag. Ein Tag vor Annas Geburtstag. Und Anna fühlte sich wie ausgekotzt. Würde sie etwa zu ihrem 16. Geburtstag krank werden? „Du siehst blass aus, Spätzchen.“ sagte ihre Mutter besorgt, eilte zu der Blondine und war drauf und dran, ihre Hand auf Annas Stirn zu legen, doch Anna beruhigte sie. „Hab' nur wenig geschlafen, weil ich so aufgeregt war.“ Ein halbherziges Lächeln schaffte es auf das müde Gesicht. „Gut. Auch wenn du morgen Abend weg gehst, hab' ich trotzdem schon den Tag über was mit dir vor. Es sind schon ein paar Geschenke angekommen und ich will heute eine Torte backen. Du magst doch immer noch Schwarzwälderkirschtorte, oder? Ich hab sogar einen Sekt gekauft.“ Anna sah ihre Mutter vorwurfsvoll an. „Meinst du, eine Flasche reicht nicht?“ entgegnete ihre Mutter besorgt. Der Tag in der Schule lief ruhig ab. Anna nahm zur Überraschung und Bedauern ihrer Klassenmitglieder nun öfter am Unterricht teil, unter anderem deswegen, weil sie einen Monat vor den Prüfungen standen. Auch wenn Anna nicht dumm war – wenn sie zu viel fehlte, könnte sie unmöglich alles noch aufholen. Toki schaute ab und zu in ihrer Klasse vorbei, mit Yuki im Schlepptau. In den Pausen quatschten sie vor Annas Tisch über Spiele und Mangas. Anna verstand nicht einmal die Hälfte von dem Gesagten. Einmal schaute Adam vorbei, um zu gucken, ob die Gerüchte wahr waren und Anna tatsächlich am Unterricht teilnahm. Als er sah, dass es stimmte, lachte er laut los und ging ohne etwas zu sagen, aber immer noch gröhlend vor Belustigung, zurück in seine Klasse. Kiki holte die Blondine zur Mittagspause ab und zeigte ihr auf dem Weg zum Hinterhof die Stellen auf ihrem Körper, die vor kurzem noch mit Hämatomen gepflastert waren. Es war fast alles verheilt. Als die beiden im Hinterhof ankamen, versteckte Mika schnell eine Zeitschrift hinter ihren Rücken und lachte auf. Yuki wandte sich ab. „Was macht ihr?“ fragte Anna, die den Braten sofort gerochen hatte. Sie verbargen etwas. „Nichts, ich hab' Yuki nur ein Bild von meinem neuen Freund gezeigt.“ lachte das Mädchen schrill und boxte Yuki, aus welchem Grund auch immer, in die Seite. Anna zog die Augenbrauen hoch. Eigentlich hatte sie immer schon das Gefühl gehabt, dass Yuki und Mika was am Laufen hatten. „Und ich darf das Foto nicht sehen?“ fragte sie misstrauisch nach, doch Mika schüttelte den Kopf. „Du bist die ganze Zeit von heißen Kerlen umgeben und ich hab' keine Lust, dass du meinen Süßen als hässlich beleidigst.“ Sie war merkwürdig gereizt. Wieso? „Als ob mich das interessiert.“ seufzte Anna, nun leicht angefressen, und ließ sich auf ihren gewöhnten Platz an der Mauer nieder. Shiro war auch heute nicht hier bei ihr. „Wie? Dich interessiert nicht mein Freund oder dich interessieren deine Kerle nicht?“ „Beides.“ gab Anna knapp zu, zog ein Mathebuch aus ihrer Tasche und begann darin zu blättern. Der Tag zog sich hin wie halb getrockneter Kleber. Er war zäh und wollte nicht aufhören. Doch wie jeder Schultag hatte auch dieser ein Ende. Und am nächsten Tag wurde Anna 16. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)