Chained Butterfly von Flordelis ================================================================================ Prolog: Prolog: Was willst du von mir? -------------------------------------- Der Schmetterling war wieder da. Er flatterte in seinem Zimmer umher, als wäre es das Natürlichste der Welt, dass er sich in einem Krankenzimmer aufhielt. Nachts. Während Regentropfen an sein Fenster klopften, ohne eingelassen zu werden. Anfangs hatte Kieran die Anwesenheit des Schmetterlings stets an das Personal weitergereicht. Aber inzwischen wusste er, dass es sinnlos war. Andere konnten ihn nicht sehen, und jedes Mal, wenn er das weitergab, endete es nur damit, dass seine Entlassung weiter verschoben wurde. Also lag er still in seinem Bett und beobachtete den roten Schmetterling, der über ihn hinweg flatterte und dabei sacht im Dunkeln glühte. Warum bildete er sich auch gerade Schmetterlinge ein? Er wusste von anderen Wahnvorstellungen, war sich im Klaren, dass er eigentlich glücklich darüber sein sollte, dass es bei ihm derart harmlose waren, aber manchmal wünschte er sich doch etwas Aufregendes. Etwas, das sich den Ärzten, Pflegern, Angehörigen zu erzählen lohnte. Er kam sich ja selbst lächerlich vor, wenn er von nicht vorhandenen Schmetterlingen berichtete. Deswegen verzichtete er inzwischen lieber darauf. Er schloss die Augen, in einem Versuch, zu schlafen, hoffend, dass er zumindest diesmal von seinen seltsamen Träumen, die seine Ärzte auch sehr zu interessieren schienen, verschont blieb. Es war ihm unmöglich, sich vollkommen an den Inhalt dieser Träume zu erinnern. Stets blieb ihm nur das Gefühl von Geborgenheit, der Anblick eines Kokons, die in seinem Kopf widerhallenden Worte Age, evigila, obsequamus tibi – und natürlich unzählige Schmetterlinge überall, deren rauschendes Flügelschlagen eine Melodie zu verbergen schien. Mehr blieb ihm auch in dieser Nacht nicht im Gedächtnis, als er plötzlich wieder erwachte. Regen prasselte auf ihn nieder, er war vollkommen durchnässt, aber er spürte die Kälte nicht einmal mehr, also musste er schon eine längere Zeit im Freien sein. Das Schlafwandeln hatte ihn wieder nach draußen geführt, ausgerechnet in dieser Nacht. Zu dumm, dass die Türen aus feuerschutztechnischen Gründen nicht abgeschlossen werden durften – das hatte der Arzt jedenfalls behauptet. Wie bereits die Male zuvor stand er im Park des Krankenhauses vor einem Baum, der so riesig war, dass er mindestens hundert Jahre alt sein musste. Es war als führe sein Unterbewusstsein ihn stets an diesen Ort, ohne dass er wirklich wusste weswegen, denn auch in dieser Nacht war es ihm vollkommen unbegreiflich. „Was willst du von mir?“, fragte er leise. Es folgte keine Antwort. Nur der Regen rauschte unvermindert weiter in seinen Ohren, während er den Baum anstarrte, der ihm keine Erklärung liefern wollte. Genausowenig wie die unzähligen glühenden roten Schmetterlinge, die sich auf seinen Ästen niedergelassen hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)