Bitte geh nicht, Houshi-Sama! von ElfSedan (Und täglich grüßt der Tod.) ================================================================================ Als sie erwachte, fühlte sie sich geschwächt. Sie blickte sich um und erkannte, dass sie in einer Scheune schlief. Es war noch dunkel. Diese Scheune war ihr wohlbekannt, hatte Kaede sie hier schließlich schon öfter nächtigen lassen. Als ein plötzlicher Schmerz sie durchzuckte, wusste sie auch wieder, warum sie hier lag. Ihr Blick fiel auf ihre bandagierten Hände. Der letzte Kampf gegen Naraku hatte ihr wieder viel abverlangt. Sie hatte sich zu weit vorgewagt, in der Hoffnung, es endlich beenden zu können. An ihren Händen vorbei fiel ihr Blick auf den jungen Mönchen, der an einer Wand gelehnt scheinbar über sie wachend eingenickt war. Langsam nahm sie die Hände hinab. Genau, er ist der Grund gewesen, warum sie um jeden Preis versucht hat, Naraku endlich zu besiegen. Ihr Blick fiel auf die rechte Hand des Mönchen. Das leise Windrauschen war weiterhin zu hören. Man konnte nicht mehr verleugnen, dass dem Mönchen nicht mehr viel Zeit blieb. Sie mussten es schnellstmöglichst beenden. Ihre Hände krallten sich in die dünne Decke, mit der sie zugedeckt war. Sie durfte nicht zulassen, dass Miroku etwas geschieht. Zwar hatten sie sich nie offen ihre Gefühle erklärt, dennoch wussten sie beide um ihre tiefe Verbundenheit. Ein leichtes Zucken im Gesicht des Mönchen verriet ihr, dass er bald aufwachen würde. Erschrocken stellte sie fest, dass sie ihn noch immer anstarrte und wandte schnell den Blick ab. Sie zog die Decke etwas höher, um ihren nur durch Bandagen bedeckten Oberkörper zu verhüllen. Sie hatte sich dem jungen Mönchen zwar versprochen, aber noch war dieser Zeitpunkt nicht gekommen. Leise klirrten die Ringe am Shakujō von Miroku, als er sich zu regen begann und der Stoff seiner Robe raschelte etwas. Sango sah nun doch mit der Decke bis zur Nase gezogen zu ihm. Als er die Augen aufschlug, versank sie einen Moment im tiefen Blau dieser und betrachtete seinen verschlafenen Ausdruck. Sie musste einen Moment schmunzeln, war dies doch ein Ausdruck, der bei dem Mönchen meist nicht lange hielt, ihn aber kurz etwas weniger frech und lüstern wirken ließ. Nun schien Miroku zu bemerken, dass sie ebenfalls wach war, denn seine Augen weiteten sich für einen kurzen Moment und er rutschte etwas näher an ihr Lager. "Sango, wie geht es dir?", fragte er besorgt und sah zu ihr hinab. "Ein Glück, du bist wieder erwacht. Deine Wunden waren sehr gefährlich." Das passte zu diesem Mönchen. Selbst war er an der Schwelle des Todes, aber um andere machte er sich immer noch mehr Gedanken. Ihr Blick wanderte noch einmal für einen Wimpernschlag zu seiner rechten Hand und dem Ursprung des Windgeräusches. Wie lange würde er noch durchhalten? "Es... Es geht schon wieder, Houshi-Sama. Mach dir bitte keine Sorgen." Sie sah ihm bei den Worten nicht direkt an. Eine gute Lügnerin war sie noch nie, dennoch hoffte sie, er würde es ihr abnehmen. Sie musste schnell wieder kampfbereit sein. Noch diese Nacht würden sie sicher ein weiteres Mal angreifen. Doch als sie ihn anblickte, konnte sie in seinem besorgten, fast fürsorglichen Blick erkennen, dass er auch dieses Mal ihre Lüge durchschaut hatte. Dennoch lächelte er. Immer musste er lächeln. Hatte er nie Angst? "Das ist gut." Er nahm ihre Lüge dennoch an. Auch wenn seine Augen sie zu bitten schienen, einfach ehrlich zu sein. Dennoch mahnte er sie nicht, sondern akzeptierte ihre Entscheidung. Dann aber senkte er den Blick, um weiter zu sprechen. "Sango, ich werde gleich mit Kagome und Inu Yasha aufbrechen. Naraku ist noch in der Nähe, vielleicht ist er noch immer geschwächt und wir können ihn schlagen." Ihre Augen weiteten sich. Wollten sie alleine gehen und sie hier zurücklassen? Sie war eine stolze Dämonenjägerin... Und würde diesen Mönchen sicher nicht mehr aus den Augen lassen! "Ich komme mit euch!" Mit diesen Worten versuchte sie, sich aufzusetzen. Aber ihren Körper durchzuckten wieder Blitze von Schmerz und sie seufzte schmerzerfüllt auf. Miroku legte ihr behutsam die Hände an die Schultern und drückte sie zurück in ihr Lager. Sie ließ ihn gewähren und legte sich brav wieder nieder. "Du kannst dich kaum bewegen, Sango. Ein Kampf in dieser Situation wäre für dich aussichtslos. Wir sind so schnell wie möglich wieder bei dir. Shippo wird solange hier bei dir bleiben." In seinen Augen lag etwas trauriges, fast als würde er Abschied nehmen. Glaubte er, er würde nicht zurückkehren? Hatte er deswegen noch gewartet, bis sie wieder wach wurde? Traurig zog sie die Augenbrauen zusammen. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, doch blieb ihr mit diesem verwundeten Körper nicht die Wahl. Sie war nicht in der Lage, ihn so aufzuhalten. Also schloss sie die Augen. "Gut, dann warte ich hier." Als sie sie wieder öffnete und zu ihm sah, bemerkte sie seinen liebevollen Blick, der auf ihr ruhte. Schweigend blickten sie sich eine Weile in die Augen. Einen Moment schienen die Kämpfe ganz weit weg zu sein. Einen Moment schien die Welt um sie herum zu verschwimmen und sie in ihrer Zweisamkeit allein zu lassen. Miroku beugte sich etwas vor und flüsterte ihren Namen. Wieder lag etwas trauriges in seinem Blick. "Sango, ich..." Schon näherte sich sein Gesicht dem ihren. Als sie seine Absicht bemerkte, drehte sie schnell den Kopf beiseite und errötete. "H... Houshi-Sama! Was hast du vor?!" Sie schielte beschämt zu dem jungen Mönch, der sich schweigend wieder aufsetzte. Mit einem kurzen, nicht zu deutendem Blick sah er nochmal zu ihr. Dann grinste er aber wieder in gewohnter, leicht lüsterner Manier. "Ich dachte, der Moment wäre passend für einen kleinen Abschiedskuss, bevor ich gehe." "Das kannst du schön vergessen. Vielleicht bekommst du einen, wenn du heile wieder kommst." Bitte kehre gesund zurück. Ein leichtes Lachen seinerseits verriet ihr, dass er ihre Spitze verstanden hatte. Er erhob sich und ging zu dem Stab, der noch an der Wand lehnte, um ihn an sich zu nehmen. Dann wandte er sich der Dämonenjägerin noch einmal zu. "Bis später, Sango." Das Bild, wie er zu ihr hinab sah und lächelte würde sich in ihr Gedächtnis brennen. Dieser traurige Hauch in seinen Augen, als er an der Tür noch ein letztes Mal zu ihr zurücksah ebenso. Er verließ die Scheune und ließ sie allein zurück. Sango hätte schlafen sollen. Dann würden ihre Wunden sicher schneller verheilt sein und sie könnte zu ihren Freunden aufschließen. Aber sie fand nicht in den Schlaf, so sehr sie sich auch anstrengte. Immer wieder gingen ihr die Bilder des Abschieds vom jungen Mönchen durch den Kopf. Warum nur? Es war doch ein Abschied wie schon viele Male zuvor. Sie entschloss sich, wenn sie schon nicht schlafen konnte, zumindest ihrem Körper ein wenig Ruhe zu gönnen und zu entspannen. Ihr Blick wanderte zu Shippo, der es sich ebenfalls im Heu bequem gemacht hatte - er hingegen schlief inzwischen tief und fest. Soviel zu ihrem kleinen Aufpasser. Was sollte sie ihm aber verübeln - es war mitten in der Nacht und er ein kleines Kind. Sie ruhte sich noch weiter brav aus. Hoffentlich wären die anderen bald wieder da. Die Kämpfe gegen Naraku dauerten meist nicht lange an, der Feigling flüchtete immer, sobald es für ihn brenzlig wurde. Während die Zeit verging, merkte sie, wie es langsam draußen hell wurde. Also mussten einige Stunden vergangen sein, seitdem der Mönch sie hier allein ließ. Als das Heu neben ihr raschelte, wusste sie, der kleine Fuchsdämon erwachte nun auch. Sie wandte den Blick zu ihm. "Guten Morgen, Shippo-Chan." Verschlafen setzte Shippo sich auf und rieb sich die Augen. "Guten Morgen, Sango." Aufmerksam sah er nun zu ihr. "Geht es dir besser?!" Sango lächelte. In der Tat schienen die Kräuter gute Arbeit geleistet zu haben. Sie setzte sich langsam auf. Zwar bereitete ihr die Bewegung immer noch Mühe, doch nun sah sie sich in der Lage auch alleine aufzustehen. "Ja. Komm, lass uns draußen auf die anderen warten. Sie sind sicher bald zurück." Langsam richtete sie sich auf. Immer darauf bedacht, sich nicht falsch zu bewegen, ging sie mit dem Fuchsdämon zur Tür und trat in den sonnigen Morgen hinaus. Ihr Blick glitt in den klaren Himmel. So ein schöner Morgen. Wann hatte sie das letzte Mal so einen herrlichen Morgen erlebt? "Sango! Sie kehren zurück!"Shippos Ruf ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken. Sofort lenkte sich Sangos Aufmerksamkeit auf den Horizont, an dem die Silhouetten ihrer Freunde auftauchten. Sie wandte sich ihnen zu, auch das Klingeln der Ringe am Shakujō war zu vernehmen. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging sie ihnen entgegen. War ihre Sorge also unbegründet gewesen. Sie würde dem Mönchen wohl wirklich einen Kuss geben müssen. Aber nur einen Kleinen. Auf die Wange. Bei dem Gedanken musste sie leicht schmunzeln. Zusammen mit Shippo ging sie ihnen langsam entgegen. Aber umso näher sie ihnen kam, um so mehr schien etwas nicht zu stimmen. Erst bemerkte sie den Gesichtsausdruck von Inu Yasha und Kagome. Kagome schien geweint zu haben. Sie versuchte auch Miroku auszumachen, doch alles, was sie erblicken konnte, war der Shakujō, den Inu Yasha bei sich trug. Plötzlich erschien ihr das Klingeln der metallenen Ringe einen traurigen Klang anzunehmen. Wie eine traurige Melodie. Kling. Kling. Kling. Sie legte sich eine Hand an ihr Herz. Er würde doch sicher gleich hinter ihnen auftauchen. Mit seinem lüsternen Grinsen. In freudiger Erwartung auf den versprochenen Kuss. Kling. Kling. Kling. Der Sonnenaufgang war plötzlich nicht mehr schön. Er war blutrot. Ein Zeichen für vergossenes Blut. Kling. Kling. Kling. Instinktiv blieb Sango stehen. Als die beiden Freunde sie bemerkten, schienen ihre Mienen nur noch düsterer zu werden. In Kagomes Augen blitzte es auch wieder verdächtig. Sango wich einen Schritt zurück. Bitte, sagt mir, dass er nur Frauen hinterher steigt. Selbst wenn es eine Lüge ist. Bitte. "Houshi-Sama?", entglitt ihr ein Flüstern. Inu Yasha wandte den Blick bedrückt und traurig ab. Kagome unterdrückte ein leichtes Schluchzen, während wieder Tränen über ihre Wangen liefen. Inu Yasha war es schließlich, der das Wort ergriff. Diese direkten Worte, ohne Umschweife, fielen dem Hanyou sichtlich schwer. Auch wenn er sonst auch immer frei hinaus war. "Miroku... Wird nicht zurückkehren. Das Kazaana hat ihn verschlungen." Sango hatte das Gefühl, ihr Herz würde für einen Moment still stehen. "Nein..." "Bis später, Sango." Lügner. Du Lügner. Houshi-Sama, du Lügner! "Nein!!" Kraftlos sank sie zu Boden. Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen. Sie legte sich die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. Das durfte nicht sein. Sie merkte nicht, wie Kagome zu ihr kam und sie tröstend in den Arm nahm. Wie die Freundin mit ihr zusammen weinte. Auch bemerkte sie nicht, wie Kirara sich ebenfalls zu ihr gesellte und tröstend um ihren Schoß strich. Immer und immer wieder wiederholte sie seinen Namen, als könnte es ihn zurück holen. Doch auch nachdem sie keine Tränen mehr hatte, völlig ausgetrocknet schien, schien sie nichts damit zu erreichen. Sango sah mit verzweifeltem Blick zu Inu Yasha. Dieser verstand sofort, kam zu ihr und half ihr auf die Beine. "Ich bringe dich zu ihm." Er reichte den Mönchstab an das Mädchen aus der Neuzeit weiter. Mit einem kurzen Blick zu Kagome, ließ er die Dämonenjägerin auf seinen Rücken steigen und lief mit ihr zusammen los. Während der Wind ihr um die Wangen strich, sah Sango nur nach vorne. Das durfte nicht wahr sein. Es musste alles ein schlechter Traum sein... Schließlich kamen sie auf einer verwüsteten Lichtung an. Es war kaum zu übersehen, dass hier vor kurzem noch gekämpft wurde. Kurz ließ sie den Blick schweifen, als Inu Yasha am Rand inne hielt. Es muss ein schlimmer Kampf gewesen sein. Der Hanyou setzte sich dann mit ruhigeren, fast andächtigen Schritten wieder in Bewegung und steuerte direkt auf einen großen Krater zu. Sango wusste sofort, was dieser Krater bedeutete. Sie hatten einen solchen schon sehr oft bei Mirokus Meister Mushin gesehen. Sie merkte, wie sich ihr Körper anspannte und erneut Tränen in ihre Augen aufstiegen. Ihre Hände krallten sich leicht in Inu Yashas Kimono, als dieser am Rand des Kraters anhielt. Dann ließ der Hanyou sie absteigen, damit sie näher treten konnte. Wortlos starrte sie in den riesigen Krater. Dann ließ sie sich auf die Knie fallen. Wie konnte er einfach so verschwinden? Hatte er es geahnt? Warum...? Immer wieder klang das letzte Wort in ihren Gedanken nach. Sie konnte es einfach nicht wahrhaben. Er war verschwunden. Nicht einmal ein Leichnam war geblieben. Nichts, von dem sie sich verabschieden konnte. Tränen liefen ihr stumm über die Wangen. Sie konnte nichts anderes tun, als in den leeren Krater zu blicken. Was geschah mit den Dingen, die das schwarze Loch verschlang? Könnten sie wirklich nie zurück kehren? Sango ballte die Hände zu Fäusten. "Bitte..." Inu Yasha stand weiter schweigend neben ihr und blickte ebenfalls in den Krater. Stumm überließ er die Dämonenjägerin ihrer Trauer. Sie war ihm dankbar. Doch konnte wohl nichts ihren Schmerz nehmen, der gerade durch ihre Brust zog. Hätte sie ihn doch einfach zurück gehalten. Ihn niemals in diesen Kampf ziehen lassen. Es wäre niemals so weit gekommen. Und nun konnte sie einfach nichts mehr für ihn tun. Ihm keinen Kuss geben. Nie mehr. Als sich sein letztes Lächeln nochmal in ihren Gedanken breit machte, krallte sie die Hände in den steinigen Boden. "Bitte... Geh nicht! Miroku!!" Als sie erwachte, fühlte sie sich geschwächt. Immer noch. Dabei hatten die Kräuter doch bereits gewirkt. Aber vermutlich war gestern alles zu viel gewesen. Sie hatte alle tröstenden Worte abgeblockt und sich in den Schlaf geweint. Sich gewünscht, nie mehr aufzuwachen. Was machte es nun noch für einen Sinn? Ihr wurde schon wieder etwas wichtiges genommen. Kling. Kling. Kling. Sango öffnete bei dem metallenen Klang die Augen. So eine grausame Einbildung. Ihr Blick verfing sich direkt an der Decke der Scheune. Es war noch dunkel. Langsam drehte sie den Kopf, um zu den anderen zu sehen. Aber ihre Lager waren leer. Kling. Kling. Kling. Ihre Augen fühlten sich geschwollen an. Dieses metallische Klingen wollte ihr einfach nicht aus den Gedanken weichen. Da erklang es schon wieder. Kling. Kling. Kling. Sie wandte den Blick zur gegenüberliegenden Wand. Ihre Augen weiteten sich für einen Moment. Friedlich schlummerte dort der junge Mönch. Der, um den sie den Tag zuvor doch noch so getrauert hatte. Sie hatte den Krater gesehen. Und doch, er lehnte dort, mit einem Gesicht, als wäre er mit Buddha gleich und schlief. Wachte über sie. Sie merkte, wie ihre Augen heiß wurden von den aufsteigenden Tränen. War es Einbildung? Oder hatte sie gar einen bösen Traum? Träumte sie jetzt?! Sie versuchte sich aufzusetzen, stöhnte aber unter Schmerzen auf. Es war doch schon besser geworden... Was war hier nur los? Kling. Kling. Kling. Sie hatte ihn geweckt. Noch halb aufgerichtet sah sie direkt in seine blauen, noch leicht verschlafenen Augen und versank einen Moment darin. Niemals hätte sie gedacht, diese Augen noch einmal wieder zu sehen. Eine Träne rann ihr über die Wange. "Houshi-Sama..." Miroku reagierte sofort, stellte seinen Shakujō an die Wand und kam zu ihr. Behutsam legte er seine Hände an ihre Schultern und zwang sie so, sich wieder hinzulegen. Dann deckte er sie liebevoll zu, um ihren halbnackten Oberkörper zu verdecken. An diesen hatte sie noch gar keinen Gedanken verschwendet. "Sango, wie geht es dir? Hast du große Schmerzen?", fragte er besorgt und sah zu ihr hinab. "Ein Glück, du bist wieder erwacht. Deine Wunden waren sehr gefährlich." Er sah sie sanft und fürsorglich an. Was? Das... Ich war doch bereits wach. "Es geht schon wieder, Houshi-Sama... Mach dir bitte keine Sorgen." Sie vernahm das leise Windgeräusch seiner rechten Hand. So nahe war es noch deutlicher zu hören. Ihr Blick ging zu der Hand hinab, die ihm eines Tages sein Leben kosten würde. Und der Blick wurde traurig, als sie an ihren Traum denken musste. Zumindest hoffte sie, dass dies hier die Wirklichkeit war und nicht das, was sie zuvor erlebt hatte. Dann hob sie den Blick wieder zu seinem Gesicht. Seinen tiefblauen Augen. "Das ist gut.", erwiderte er. Und auch diesmal durchschaute er ihre Lüge. Er kannte sie eben zu gut. Und wieder lächelte er, als würde er niemals Angst haben. Und erneut schienen seine Augen sie um die Wahrheit zu bitten. Als sie aber nicht darauf einging, senkte er den Blick, um weiter zu sprechen. "Sango, ich werde gleich mit Kagome und Inu Yasha aufbrechen. Naraku ist noch in der Nähe, vielleicht ist er noch immer geschwächt und wir können ihn schlagen." Es waren die gleichen Worte wie in ihrem Traum. Sollte der Traum eine Warnung sein? Sie sah den Mönchen wortlos an. Er durfte nicht ohne sie gehen! "Ich werde mitkommen!" Mit diesen Worten versuchte sie sich aufzusetzen. Doch genau wie in ihrem Traum, durchfuhren sie diese Schmerzen und zwei Hände brachten sie erneut davon ab, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. "Du kannst dich kaum bewegen, Sango. Ein Kampf in dieser Situation wäre für dich aussichtslos. Wir sind so schnell wie möglich wieder bei dir. Shippo wird solange hier bei dir bleiben." Es waren genau die gleichen Worte. Ein ungutes Gefühl stieg in der jungen Frau auf. Es war nur ein Traum. Sicher geleitet von ihren Ängsten. Es würde nicht wahr werden. Niemals. Sango kniff die Lippen zusammen und blickte in Mirokus Augen. Da war es wieder. Dieses Traurige. Dieser stille Abschied. Also war es nicht nur in ihrem Traum. Auch in Wirklichkeit sah er sie so an. Bedrückt schob sie seine Hände von ihren Schultern. Und sah für einen Moment weg. Nur ein Traum. "Gut, ich warte hier auf euch." Sie sah nun doch wieder zu ihm auf. In seinen Augen lag wieder der gleiche liebevolle Blick wie in ihrem Traum. Erneut versank sie darin. Für einen Moment vergaß sie wieder den Traum. Die Kämpfe. All das schien nichtig zu werden. Nur ihre Zweisamkeit hier und jetzt zählte nun. Sie wurde allerdings aus ihren Gedanken gerissen, als er sich zu ihr beugte und sein Gesicht dem ihren bedrohlich nahe kam. "Sango, ich..." Sie wurde rot und zog sich schnell die Decke über Mund und Nase. Wieso? Wieso passierte das nun genau wie in ihrem Traum? Sie war so perplex, dass sie ihn nicht einmal zurechtweisen konnte. Alles was sie konnte war, beschämt unter der Decke zu ihm hinauf zu schielen. Er sah einen Moment fragend zu ihr hinab. Ihre Reaktion, ihn nicht zu schelten aber es auch nicht zuzulassen, irritierte ihn sichtbar. Dennoch konnte er an ihren Augen ablesen, was sie bewegte und er grinste in gewohnter, leicht lüsterner Art. "Ich hielt diesen Moment passend für einen Abschiedskuss, bevor ich gehe." Sango brauchte einen Moment um sich zu sammeln. Im Traum hatte sie es verweigert und hinterher bereut. Aber es war nur ein Traum. Ein grausamer Traum, der nicht wahr werden würde. "V-vergiss es, Houshi-Sama! Du bekommst einen, wenn du heile wieder zurück bist!" Ihre Augen weitete sich. Sie hatte ihm nun wirklich einen versprochen?! Im Traum hatte sie wenigstens noch ein vielleicht eingefügt. Sie zog die Decke puterrot über ihren Kopf. Bitte kehre gesund zurück. Ihr stockte einen Moment der Atem. Was, wenn ihm etwas passieren würde? Wenn wirklich etwas wäre? Sie hörte sein leichtes amüsiertes Lachen. "Gut, ich werde dich daran erinnern, Sango." Sie hörte, wie er sich erhob und ein paar Schritte ging. Dann das Klingeln der Ringe des Shakujō. Langsam schon sie die Decke hinab und sah zu ihm. Er machte sich bereit zu gehen. Ihre Blicke trafen sich erneut. "Bis später, Sango." Er lächelte ihr aufmunternd zu. Ein trauriger Hauch stand wieder in seinen Augen, als er sich abwandte und zur Tür ging. Sango setzte sich nun doch wieder auf. Sie wollte ihn nicht einfach so verschwinden lassen. Sie musste noch etwas sagen. Irgendetwas. "Bitte kehre gesund zurück, Houshi-Sama!" Ihre Worte ließen ihn an der Tür noch einmal inne halten und zu ihr sehen. Sie sah ihn flehend an. Noch einmal schenkte er ihr ein Lächeln. Sein strahlendes, lüsternes und doch so Buddha-gleiches Lächeln. "Natürlich, ich muss mir doch den Kuss abholen!" Seine Worte ließen sie wieder rot anlaufen und sie erwischte sich dabei, ihm etwas gegen den Kopf werfen zu wollen, aber zuvor war er schon lachend aus der Scheune verschwunden. Einen Moment blickte sie noch wortlos zur Tür. Abwartend, ob er wieder kam. Doch er kam nicht und ließ sie hier allein zurück. Sein amüsiertes Lachen war das einzige, was noch lange in ihren Ohren nachklang. Sie konnte nicht schlafen. Sie wollte es auch nicht, bevor ihre Freunde wieder zurück waren. Shippo schlummerte im Heu neben ihr. Ihre Schmerzen waren schnell besser. Schneller als in ihrem Traum. Irgendwann setzte sie sich auf. Es war noch immer dunkel und er Mond schien in die Scheune. Er tauchte alles in fahles Licht. Die Dämonenjägerin plagte ein ungutes Gefühl. Sie hätte dem Traum glauben sollen. Ihn einfach nicht gehen lassen dürfen. Nicht einfach so. Langsam zog sie sich den Kimono richtig an. Aber sie wagte sich noch nicht, aufzustehen. Lieber ließ sie noch einen Moment die Kräuter wirken. Nur ein Traum. Genau, sie würden bald wieder da sein. Und der lüsterne Mönch würde sofort den versprochenen Kuss einfordern. Warum nur fiel es ihr schwer, auch daran zu glauben? Als würde etwas ihr Herz gefangen halten, konnte sie ihren eigenen Gedanken keinen Glauben schenken. Vermutlich lag alles an dem Traum. Sie sollte ihn einfach vergessen. Sango legte sich wieder nieder und kuschelte sich in die Decke. Vielleicht könnte sie noch ein wenig schlafen. Doch, so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht eine Minute länger schlafen. So ruhte sie sich nur bis in die Morgenstunden aus und beobachtete, wie es langsam heller wurde und die Sonne sich ankündigte. Erst jetzt setzte sie sich wieder auf und erhob sich langsam aus ihrem Lager. Obwohl der kleine Fuchsdämon sich bereits regte, wartete sie nicht auf ihn und verließ die Scheune. Zwar schmerzten ihre Wunden noch, doch sie ignorierte dies und trat in diesen Morgen hinaus. Die Luft wirkte erfrischend auf sie und der Morgen wunderschön sonnig. Sie konnte sich nicht freuen. Ihr Herz war schwer. Langsam tat sie ein paar Schritte in die Richtung, in der in ihrem Traum Kagome und Inu Yasha auf sie zu kamen. Kling. Kling. Kling. Eine traurige Melodie erklang. Sangos Schritte wurden unsicher, taumelnd. Kling. Kling. Kling. Zwei Silhouetten taten sich am Horizont auf. Und sie erkannte gleich, dass nur der Mönchsstab zurückgekehrt war. Kling. Kling. Kling. Sie erkannte den Gesichtsausdruck ihrer Freunde wieder. Mit Abstand zu ihnen hielt sie inne, wie auch Inu Yasha und Kagome inne hielten. Ihre Freundin konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sango brauchte den Hanyou nicht zu fragen. Ihm fielen die Worte genauso schwer wie in ihrem Traum. "Miroku... Wird nicht zurückkehren. Das Kazaana hat ihn verschlungen." Mit diesen Worten wandte er schmerzerfüllt den Blick ab. "Houshi-Sama..." "Bis später, Sango." "Natürlich, ich muss mir doch den Kuss abholen!" Houshi-Sama... Du Lügner. Sango sank zu Boden und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie legte die Hände vor ihr Gesicht und weinte laut, wiederholte immer wieder seinen Namen. Ließ sich von Kagome und Kirara trösten, ohne es jedoch richtig mitzubekommen. Nichts konnte ihr die Leere in ihrem Herzen nun wieder füllen. Sie weinte und weinte weiter, bis sie keine Tränen mehr hatte. Dann ließ sie sich - genau wie in ihrem Traum - von Inu Yasha zu jenem Ort bringen. Wieder nahm sie Abschied an diesem großen Krater. Entsetzen machte sich in ihr breit. Sie hätte es verhindern können. Ihn nicht gehen lassen dürfen. Nicht allein. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Der Wind strich um ihre Wangen. Wie ein sanftes Streicheln zum Abschied fühlte es sich an. Tränen bahnten sich den Weg über ihre Wangen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Sie wusste was geschehen würde und hatte es geschehen lassen! Sie hätte ihn bewahren können! Ihre Hände legten sich wieder vor ihr Gesicht und sie begann zu schluchzen. Warum war sie nur so kühl zu ihm gewesen?! Warum hatte sie seinen Kuss, seine Nähe zurück gewiesen?! Nun könnte sie ihm nie mehr ihre Liebe zeigen, ihm nie zeigen, wie wichtig er ihr doch war. Nie mehr sein Lächeln sehen. Seine tiefblauen Augen. Für immer verschwunden. Alles, was übrig bleibt, ist ein leerer Krater und das Gefühl, ihn für immer verloren zu haben, ohne jemals richtig in seiner Nähe gewesen zu sein. Es tut mir so leid, Houshi-Sama. Noch einmal sah sie sein lächelndes Gesicht vor ihrem inneren Auge, bevor er sie verlassen hatte. Die Vorfreude auf den Kuss in seinen Augen. Aber auch das Traurige. Die Gewissheit, dass er nicht wiederkehren würde. Er wusste es. Oder hatte es bereits geahnt. Zu sehr hatte das Kazaana sich bereits geweitet. Sie hätte es erkennen müssen. Und doch war ihr letzter Gedanke gewesen, was sie ihm am besten für seine Worte an den Kopf werfen könnte. Es tut mir leid, Houshi-Sama. Ihre Hände krallten sich in den Steinboden am Rande des Kraters. Ihre Schultern bebten. Sie erhob den Blick und sah hinab. "Bitte..." Wenn sie doch noch einmal die Möglichkeit hätte, ihn aufzuhalten. Ihn davon abzuhalten, sein Kazaana noch einmal einzusetzen. Aber es war vorbei. Nie mehr würde sie die Gelegenheit dazu erneut bekommen. Alles war eingetroffen, wie in ihrem voraussehenden Traum. Und sie war blind. Blind, es zu verhindern. Tief zog sie die morgendliche angenehm frische Luft in ihre Lungen unter dem blutroten Sonnenaufgang. Die Tränen liefen ihr weiter über die Wangen. "Bitte... Geh nicht! Miroku!!" Lass mich nicht allein! Immer noch fühlte sie die Schwäche, als sie die Augen öffnete. Es war noch dunkel. Vermutlich hatten dieses Mal ihre Tränen wirklich die Schwäche wieder verstärkt. Am Ende war sie völlig entkräftet eingeschlafen. Auch die Schmerzen waren wieder zurückgekehrt. Wie sollte sie nun weiter ihr Leben bestreiten? Ihr Ziel für die Zeit nach dem Kampf gegen Naraku war mit dem gestrigen Tage einfach erloschen. Ihr Lebenswille gebrochen. Sie schloss die Augen wieder. Wenn sie doch einfach nicht mehr aufwachen würde. Es wäre so viel einfacher. Vielleicht könnte sie ihn dann auch wiedersehen. Immer wieder schossen ihr die Bilder des gestrigen Tages durch den Kopf. Wäre sie doch einfach schlauer gewesen und hätte diesen warnenden Traum ernst genommen. Miroku wäre noch am Leben und sie würden vermutlich zusammen voller Tatendrang in diesen Morgen starten. Aber naiv wie sie war, hatte sie die Zeichen nicht richtig gedeutet. Und die Strafe davon hatte sie nun getroffen. Schwerer, als sie jemals etwas nach dem Tod ihrer Familie hätte treffen können. Kling. Kling. Kling. Da war er wieder, dieser grausame Klang. Stand der Shakujō draußen im Wind, dass die Ringe so klirrten? Sie wollten den Stab für Mirokus Grabstätte verwenden. Oder besser: Sein Andenken. Tiefe Traurigkeit stieg wieder in ihr auf, als sie erneut daran erinnert wurde, dass es keinen Leichnahm gab, von dem man sich verabschieden konnte. Sie konnte ihn nicht einmal ein letztes Mal berühren.   Kling. Kling. Kling.   Seltsam, Sango war sich sicher, dass das Geräusch nicht von draußen kam. Wieso erklangen dann die Ringe? Hier dürften sie doch nicht in Bewegung geraten. Widerwillig öffnete die junge Frau die Augen wieder und sah einen Moment an die Decke der Scheune. Dann setzte sie sich langsam und unter Schmerzen auf. Allerdings stockte sie mitten in der Bewegung, als sie den jungen Mönchen an der Wand gegenüber mit geschlossenen Augen lehnen sah. Der Mönchstab ruhte schräg stehend in seinem Arm und bei der kleinsten Bewegung erklang das metallische Klingeln der Ringe. Ganz friedlich schlief Miroku dort. Als wäre er nie fort gewesen. Sangos Augen füllten sich mit Tränen. Was war das für ein grausamer Traum? Warum quälte ihr Unterbewusstsein sie so sehr? Sie zuckte unter Schmerzen zusammen. „Ah…“ Die Tränen begannen, ihr über die Wangen zu laufen. In einem Traum fühlte man keinen Schmerz. Dies hier musste also Wirklichkeit sein.   Kling. Kling. Kling.   „Sango, hast du starke Schmerzen?“ Es war seine Stimme. Sie hob den Blick und versank erneut in zwei dunklen, blauen Augen ihr gegenüber. Sie hielt den Strom von Tränen nicht zurück. „Houshi-Sama…“ Der genannte erhob sich von seinem Platz und legte den Stab am Boden ab, um direkt zu ihr zu kommen. Neben ihrem Lager ließ er sich auf den Knien nieder und legte ihr behutsam die Hände an die Schultern, um sie wieder in ihr Lager zu drücken. „Ruh dich noch etwas aus, Sango. Deine Wunden sind sehr schwer. Ich bin froh, dass du nun wieder erwacht bist… Gleich werde ich dir noch etwas gegen die Schmerzen von Kaede holen.“ Er blickte in ihr tränennasses Gesicht. „Sie scheinen sehr stark zu sein.“ Dann drückte er sie langsam zurück ins Heu, um sie wieder zum Liegen zu bringen. Sango sträubte sich dann aber trotz der Schmerzen dagegen. „Nein!“   Ich darf es nicht noch einmal zulassen!   Sie blickte dem Mönch direkt in sein verwundertes Gesicht. Mit einer solchen Gegenwehr hatte er scheinbar nicht gerechnet. Langsam nahm er die Hände von ihr. Sie wischte sich kurz mit ihren Händen über Gesicht und Augen, um die Tränen fort zu bekommen. Dennoch musste sie immer wieder neue Tränen herunter schlucken. „Ich… ich weine nicht wegen meinen Schmerzen. Mach dir keine Sorgen, Houshi-Sama.“ Sie zwang sich ein Lächeln ab und sah wieder zu ihm. „Wirklich, es geht schon.“ Und das war nicht einmal gelogen. Sie wachte nun schon zum dritten Mal mit diesen Schmerzen auf und hatte sich schon fast daran gewöhnt. „Das ist gut.“ Sein Blick bei diesen Worten war für sie schwer zu deuten, der Folgende, an ihr hinab wandernde allerdings umso mehr. Ihre Augen folgten seinem Blick zu ihrem nur durch die Bandagen bedecktem Oberkörper. Sie wurde rot und zog die Decke schnell mit beiden Händen über ihren Oberkörper. „Houshi-Sama!“, rief sie mahnend. Seine Antwort war ein freches, lüsternes Grinsen. Es versetzte ihr einen Stich, ihn vielleicht nie mehr so sehen zu können. Ich muss es verhindern. Als sein Blick dann wieder ernstere Züge annahm, wusste sie, was nun kommen würde. „Sango, ich werde gleich mit Kagome und Inu Yasha aufbrechen. Naraku ist noch in der Nähe, vielleicht ist er noch immer geschwächt und wir können ihn schlagen." Sie sah ihn einen Moment schweigend an. Wie sollte sie ihn am besten aufhalten? Er durfte auf keinen Fall das Kazaana einsetzen. Sie konnte das Windrauschen hören, welches aus der rechten Hand des Mönches hervordrang. Sie musste ihn um jeden Preis davon abhalten, dessen war sie sich sicher. Wenn sie das schaffte, würde er überleben. „Bitte, geh nicht, Houshi-Sama. Bleib bei mir…“ Die Worte kamen mehr wie ein leises, schüchternes  Flüstern über ihre Lippen. Fragend und erstaunt zugleich hob der Mönch seine Augenbrauen bei dieser Bitte. „Sango, doch nicht jetzt, ich meine… doch gern, aber jetzt? Hier? Du bist schwer verletzt und ich weiß nicht, ob es dir so angenehm wäre, wenn wir…“ Nun war sie es, die ihn fragend ansah. Als sie das Funkeln in seinen Augen erblickte, wusste sie aber sofort, woran er wieder dachte. „Wah?! Was… woran denkst du wieder, Houshi-Sama?“, meckerte sie beschämt los. Sofort färbten sich ihre Wangen rot. Hatte sie einen solch falschen Unterton bei ihrer Bitte benutzt?! Er ließ ein Seufzen verlauten. Klang es gerade erleichtert oder eher… enttäuscht? Zum Schlag bereit, erhob sie ihre Hand und er abwehrend die seinen. Erneut musste sie auf das versiegelte Kazaana blicken. Dann nahm sie ihre Hand doch hinab und sah ihn direkt an. Würde sie ihm die Wahrheit sagen, würde er es als einen Fiebertraum durch ihre Verletzungen abtun. Also musste sie es irgendwie anders ausdrücken. „Ich habe Angst, dass du nicht zurückkehrst.“ Miroku nahm auch seine Hände hinab, als sie nicht zuschlug. Er sah sie nach ihren Worten einen Moment schweigend an. Sango erkannte in seinen Augen, dass er ihre Sorgen ernst nahm und verstehen konnte. Er ahnt es selbst, wie ich es mir dachte. Sie sah die Angst in ihm. Sie hatte sie nun oft genug in ihren Träumen gesehen, um sie deutlich zu erkennen. Er hatte große Angst und wusste das gut zu verbergen. Das wusste sie nun. Der Mönch wandte den Blick ab und schien sich einen Moment sammeln zu müssen. „Ich kann hier aber nicht tatenlos herumsitzen, Sango. Ich muss den anderen helfen. Sie schaffen das nicht alleine.“ Sie würde nicht zulassen, dass er sie wieder verließ. Nicht, ohne dass sie zumindest versucht hatte, ihn zu retten!   Die junge Dämonenjägerin, hielt die Decke mit einer Hand und ergriff seine versiegelte Hand mit der Anderen. So lenkte sie seine Aufmerksamkeit und seinen Blick wieder auf sich. „Ich werde mit euch kommen!“ „Sango, das geht nicht, deine Wunden sind…“ Sie unterbrach ihn, indem sie die Decke losließ und ihre Finger an seine Lippen legte. Seine Widerworte brauchte sie nicht. Dieses Mal würde es anders laufen. Dieses Mal würde sie auf ihn aufpassen. Sie blickten sich schweigend in die Augen. Keiner von beiden wagte es, die Diskussion nun fortzusetzen. Sie genossen diesen Augenblick der Zweisamkeit. Ein Moment, der wieder die Kämpfe in den Hintergrund rücken ließ. Der Moment, der ewig dauern könnte. Und sie alles vergessen lassen konnte. Sango konnte den warmen Atem des Mönches an ihren Fingerspitzen spüren. Er ging scheinbar etwas schneller, aber nicht aufgeregt. Sie wandte nicht den Blick von ihm, ebenso wenig wie er den seinen von ihr, als er nun mit seiner freien Hand die ihre an seinem Mund ergriff und etwas von diesem fortzog. „Sango, ich…“ Sie kannte diese Worte nun bereits und wusste, was darauf folgen würde. Sie sah, wie er sich ihr entgegen beugte und fühlte, wie sich seine Hand an ihre Wange legte. Zweimal hatte sie es bereut, ihm keinen letzten Kuss gegeben zu haben. Dieses Mal wusste sie es besser: Wie schnell es zu Ende gehen konnte. Eigentlich war es dumm von ihr, sich zuvor deswegen angestellt zu haben, schließlich hatte sie ihn bereits ohne sein Wissen geküsst, als er bewusstlos war durch das Miasma. Es war also nicht ihr erster Kuss – nur für ihn war es das und damit doch etwas besonderes. Als ihre Lippen nur noch einen Hauch getrennt waren, stoppte Miroku und sah in ihre Augen, als würde er dort etwas suchen – ihre Zustimmung. Vermutlich hatte er auch Angst, wieder von ihr geschlagen zu werden und wollte dem Schlag rechtzeitig ausweichen. Aber sie schlug ihre Augen nieder, was für ihn Zeichen genug schien, ihre Lippen mit den seinen zu bedecken. Schüchternheit war nie eine Schwäche des Mönchen, und sein Kuss war somit wie zu erwarten nicht schüchtern sondern zärtlich und sogleich leidenschaftlich. Seine Arme schlossen sich sanft um Sango, zogen sie noch enger an ihn – vorsichtig, scheinbar auf ihre Verletzungen bedacht - und damit noch tiefer in seinen Kuss. Wie konnte dieser Lustmolch gleichzeitig so liebevoll und auf sie bedacht sein? Trotz seiner merkbaren Ungeduld, sie so zu halten, vergaß er nicht ihre schweren Verletzungen und ließ sie das in jeder Bewegung und jeder Berührung spüren. Eine seiner Hände ruhte an ihrem Hinterkopf, um sie im Kuss gefangen zu halten. Sie spürte seine Körperwärme und seinen Herzschlag. War es das Kazaana oder ihr eigenes Blut, was in ihren Ohren rauschte? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie ihn auch nicht gehen lassen wollte. Also legte sie ihre Hände auf seinen Rücken und drückte ihn auch etwas an sich. Sango ließ eine Hand in seinen Nacken gleiten und legte sie dort sanft ab. Einen Moment verweilte sie noch mit ihm in diesem Kuss. Genoss jedes Detail dieses Momentes. Wünschte sich, es würde nie zu Ende gehen. Dennoch wusste sie, dass sie ihn beenden musste. Denn der Mönch sollte nicht auf falsche Gedanken kommen und das würde nicht mehr lange dauern. Sie spürte schon jetzt, wie sich seine Hände auf ihrem Rücken in Bewegung gesetzt hatten. Langsam ließ sie eine Hand an seine Brust gleiten und übte dort einen leichten Druck aus. Dies schien ihn aber nicht zu interessieren, stattdessen wehrte er sich gegen den Druck. Sie spürte, wie seine Finger ihren Rücken hinab tänzelten und über die Verbände glitten. Als er schließlich ihren Hintern erreicht hatte und die Hand dort in kreisenden Berührungen ablegte, löste sie den Kuss dann endgültig. Ein Kniff in seine Wange war ihre Antwort auf diese altbekannte Berührung seinerseits. „Houshi-Sama!“ Er ließ ein schmerzerfülltes, gequältes Lachen erklingen und legte seine Hände wieder brav an ihren Rücken. „Haha, entschuldige, ich konnte nicht anders...“ Als Sango die Hand aber wieder von seiner Wange löste und sich ihre Blicke erneut trafen, wusste sie, dass sie beide die gleichen tiefen Gefühle füreinander empfanden. Sie legte die Hand an der gekniffenen Stelle ab. „Houshi-Sama…“ Er lächelte. Dieses liebevolle, sanfte Lächeln, wie er es ihr so oft geschenkt hatte. Es wirkte deutlich glücklicher als sonst. Dann nahm er seine Hände von ihrem Rücken und legte sie an ihre Wangen. Sanft küsste er sie noch einmal, dieses Mal aber nur kurz. „‚Miroku‘. Du darfst mich einfach ‚Miroku‘ nennen, Sango.“ Nun musste sie lächeln und nickte leicht. „Miroku.“ Sie löste sich nun langsam aus seiner Umarmung und zog sich den Kimono über den Oberkörper. Ich lasse dich nicht alleine gehen. Plötzlich spürte sie, wie ihre Hand ergriffen wurde. Sie sah wieder zu ihm und dadurch, dass er sich wieder zu ihr gebeugt hatte, direkt in seine blauen Augen. „Sango, du bedeutest mir wirklich sehr viel.“ Ihr Herz wurde warm durch diese Worte und sie merke, wie ein glückliches Gefühl in ihr aufstieg. „Du mir a…“ „Deswegen kann ich nicht zulassen, dass du mit uns kommst.“ Ihre Augen weiteten sich. Was sollte das? Sie entwand sich seinem Griff. „Wie kannst du so etwas sagen?! Ich lasse dich nicht alleine gehen!“ Mit diesen Worten zog sie sich zu Ende an und stand auf. Sie versuchte, die Schmerzen so gut es ging zu ignorieren und zu verbergen. Sie bemerkte, wie sein Blick sich trübte und er sie besorgt ansah. Dann erhob er sich und ging, um seinen Shakujō zu holen.   Kling. Kling. Kling.   Da war es wieder, ihr ungutes Gefühl. Doch dieses Mal würde sie auf ihn aufpassen. Sie würde ihn nicht noch einmal sterben lassen. Sie erkannte die Lichtung, auf die sie kamen aus ihren vorherigen Erlebnissen wieder. Kurz blickte sie zu der Stelle, an der der Krater in den vorherigen Malen entstanden war. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Es war ihr nicht möglich gewesen, Hiraikotsu mit sich zu führen. Dafür war ihr Körper zu schwach. Sie würde nicht richtig mitkämpfen können, aber sie hoffte, ihre Anwesenheit würde dennoch etwas bewirken. Ihr Blick ging zu dem neben ihr stehenden Mönch. Das Windrauschen aus dem Kazaana war noch immer deutlich zu vernehmen. Das würde auch nicht nachlassen, bis Naraku besiegt war. „Sango, egal was geschieht – halte dich bitte zurück.“ Sie sah zu seinem Gesicht auf, aber er sah sie bei seinen Worten nicht an. Sein Blick war bereits erwartungsvoll auf den Himmel gerichtet. Er ahnt es. Sie sah ihn weiter an. Jeden Moment würde sie ausnutzen, an seiner Seite zu sein. „Ich bin vorsichtig.“ Die Dämonenjägerin wusste noch nicht, inwieweit sie dieses Versprechen wirklich halten konnte. Aber sie würde es bald ergründen können, da war sie sich sehr sicher. Der Himmel über ihnen verdunkelte sich vor Wolken, welche den Mond verdeckten. Schon hörte man Narakus finsteres Lachen erklingen. Ku ku ku ku. Sango legte eine Hand an ihr Katana. Immer auf einen Angriff gefasst sah sie sich zusammen mit den anderen um. Miroku legte angriffsbereit die Hand an die Siegelkette, die das Kazaana verschloss. Die Dämonenjägerin sah zu dem jungen Mönchen und trat näher an ihn heran. Sie wusste, wenn er das Kazaana heute einsetzte, würde er sterben. Als sich ein finsterer Wirbel auf die Lichtung senkte, waren alle Blicke angespannt darauf gerichtet. Naraku erschien. „Wie schön, euch hier versammelt zu sehen.“ Seine Stimme klang finster und voller Hohn. War es der echte Naraku? Oder wieder nur ein Trugbild? Würde er sich ihnen wirklich geschwächt noch einmal zeigen? Ich schlich sich der Gedanke ein, dass ihre Freunde bisher immer einem von Narakus Tricks erlegen waren… Dann wäre Miroku immer umsonst gestorben. Plötzlich spürte sie den Blick des Feindes auf sich gerichtet. „Wie ich sehe, bist du wieder auf den Beinen, Sango.“ Bevor die Dämonenjägerin etwas sagen konnte, hatte sich Miroku schon schützend etwas vor sie gestellt und hielt den Shakujō vor sie. Kling. Kling.Kling. Das Klingeln der Ringe hallte noch etwas nach. „Naraku, dieses Mal wirst du dein Ende finden!“, rief der Mönch dem Feind entgegen. Ein Pfeil von Kagome sirrte durch die Luft und Inu Yasha griff nun ebenfalls mit Tessaiga und einem Meidō Zangetsuha an. Der Pfeil durchschlug die Barriere, die Naraku umgab, sodass Inu Yashas Angriff direkt zu ihm durchdringen konnte. Doch mit einem finsteren Lachen wehrte er den Angriff von Tessaiga ab. Sango merkte, wie Miroku sich auch bereit machte. Sie musste ihn aufhalten. Aber sie durfte auch die anderen Freunde nicht gefährden. Sie blieb zur Sicherheit dicht bei dem Mönchen. Er begann schon, die Siegelkette zu lösen, als Inu Yasha erneut angriff. Die Dämonenjägerin ergriff seinen Arm und zog ihn hinab. „Warte, Miroku! Setze es nicht ein, das hier ist sicher nur ein…“ „Ich weiß.“ Er wandte den Blick kurz zu ihr und lächelte leicht. „Aber auch wenn es nur ein Trugbild ist, so müssen wir alles tun, es zu besiegen.“ Sie wollte noch etwas sagen, doch da erklang schon Inu Yashas Ruf und er schmetterte einen Angriff auf den vermeindlichen Naraku. Dessen Körper wurde Hüftabwärts zerfetzt. Dies schien für Miroku die Aufforderung zu sein, ebenfalls einzugreifen. Sogleich löste er die Siegelkette und öffnete das Kazaana. Das Windrauschen nahm augenblicklich zu. Sango hatte nicht einmal Gelegenheit, ihn davon abzuhalten. Zu schnell hatte er die Kette gelöst, zu langsam hatte sie es bemerkt. Er richtete die Hand auf den Feind, ungeachtet der giftigen Dämpfe, die diesen noch immer umwaberten, wo der Pfeil sie nicht geläutert hatte. Das Kazaana sog kräftig an Naraku und dieser schien wirklich hilflos zu sein. Doch da sah Sango es. Wie er zu grinsen begann. Ihre Augen weiteten sich. „Miroku!!“ Als sie den Blick zu dem Mönch wandte, waren dessen Augen bereits Angsterfüllt geweitet. Entsetzt sah er auf seine rechte Hand und biss die Zähne einen Moment zusammen, als der Sog des Kazaana einen Moment abflaute, nur um dann mit voller Gewalt wieder loszubrechen. Ein Ruck ging durch Miroku, als er die linke Hand in den rechten Unterarm krallte. „Es… es ist außer Kontrolle!“, rief er. Sie hatte es wieder nicht geschafft. Wieder würde es so enden. Und sie konnte nur hilflos zusehen. Nur seine letzten Momente dieses Mal miterleben. Doch machte es das besser? Nein. Tränen stiegen ihr in die Augen. „Miroku!!“ Ihr blieb nichts mehr, um ihn zu retten. Langsam ging sie näher zu ihm. Er bemerkte sie schnell und seine Augen wandten sich zu ihr. „Sango! Du musst wegbleiben!“ Die Furcht in seinen Augen galt nun auch ihr. Er hatte Angst, sie mit sich zu nehmen. Doch genau das war es, was sie wollte. Sie wollte ihn nicht alleine gehen lassen. Um nicht direkt in den Sog des Kazaana zu geraten, näherte sie sich dem Mönchen lieber von hinten. Auch dort war der Wind schon stark zu spüren. Es würde nicht lange dauern, bis das schwarze Loch alles um es herum aufsog. Am Rücken des Mönchen angelangt, legte sie seine Arme von hinten um ihn. Sango schmiegte ihr Gesicht etwas in seine Robe am Rücken, während ihr Tränen über die Wangen liefen. Sie konnte spüren, wie das Herz des Mönchen vor Aufregung schnell schlug. Seine angestrengte Atmung, vom Versuch, das Kazaana so lange wie möglich von sich zu halten. „Sango! Was tust du denn?! Verschwinde von hier!“ Sie krallte ihre Hände leicht in die Robe an seinem Oberkörper. „Ich lasse dich nicht alleine gehen!“ Sie hörte die Rufe von Kagome und Inu Yasha schon nicht mehr. Das Windrauschen übertönte alles. Doch seine Worte konnte sie noch hören – und er die ihren. Über seine Schulter hinweg sah er weiter mit angstgeweiteten Augen zu ihr. Seine Angst galt nun nicht nur seinem eigenen Leben, sondern auch dem ihren, das konnte sie ihm ansehen. Und dennoch.. sie konnte seinem Wunsch nicht nachgehen. Zu sehr würde sie wieder um ihn trauern. „Sango! Du wirst sterben!“ „Das ist mir egal! Solange ich mit dir zusammen sein kann!“ Er sah sie weiter mit dieser Angst an. Aber er hatte sie verstanden. Verstanden, dass sie nicht von ihm weichen würde. Langsam, ganz langsam, schob sie sich von seinem Rücken zu ihm nach vorn. Wollte seine Umarmung spüren, auch wenn er mit dem Kazaana zu sehr beschäftigt war. Wollte für ihn da sein und ihm ein wenig seine Angst nehmen. Sie wusste bereits, wie es sich anfühlte zu sterben – oder zumindest fast. Damals, als ihr Bruder sie angriff und sie fast daran starb. Ihr machte der Tod keine Angst mehr. Zumindest keine große Angst. Der Wind zerrte an ihr, als sie vor ihm stand. Sie musste sich gut an seinem Körper und der Robe festhalten, um nicht gleich eingesogen zu werden. Die junge Dämonenjägerin legte ihre Arme um ihn und krallte ihre Finger in den Stoff an seinem Rücken. Dann blickte sie mit Tränen in den Augen zu ihm auf. Tränen, die immer wieder vom Wind fortgetragen wurden, kaum hatten sie ihre Augen verlassen. Sie spürte, wie sein Körper zitterte. Unentwegt sah sie ihn an. Blickte in diese tiefblauen Augen und verlor sich ein letztes Mal in ihnen. Auch er wandte nicht den Blick von ihr. Seine Augen waren traurig. Vielleicht hatte er Mühe, die Tränen zurückzuhalten, aber sein Blick sagte mehr aus, als jede Träne: Er nahm Abschied. Sicher stand auch in ihrem Blick die Angst geschrieben. Aber dennoch lächelte sie. Endlich… endlich musste er nicht alleine gehen. Und endlich konnte sie sich von ihm verabschieden. Nein, sie musste sich nicht verabschieden, sie würden für immer zusammen sein. Weiter rinnen ihr Tränen aus den Augen und werden vom Wind davongetragen. „Miroku, ich liebe dich.“ So traurig sein Blick war, er begann langsam zu lächeln. Vorsichtig nahm er die linke Hand, die das Kazaana bisher stützte, hinab und legte sie um die Dämonenjägerin. Er drückte sie sanft an sich, beugte sich langsam zu ihr und hauchte ihr einen Kuss aufs Haar. „Ich dich auch, Sango…“ Sie löste sich mit ihrem Oberkörper leicht von ihm, damit sie ihm einen letzten Kuss geben konnte. Ihre Lippen trafen sich und sie spürte die Wärme, die von ihm ausging. Langsam schloss sie die Augen. Der Wind zerrte an ihrem Körper. An ihrer beider Körper. Sie wusste, lange würde sie sich nicht mehr halten können. Zu schwach war sie. Zu schwach wurden langsam ihre Muskeln. Langsam legte sie ihren Kopf an seine Brust. Lauschte seinem Herzschlag. Als sein Körper sich anspannte, wusste sie, nun würde es zu Ende sein.   Schwarze Leere empfing sie. Sango schreckte aus dem Schlaf auf. Ihre Schmerzen waren wieder da wie zuvor. Nun war sie bereits das dritte Mal vom Kazaana mit Miroku zusammen verschlungen worden. Nichts hatte es aufhalten können. Jedes Mal, wenn sie in den Kampf gingen, verschlang es sie. Er musste es nicht einmal selbst öffnen. Zweimal war die Siegelkette durch einen Angriff von Naraku einfach zerborsten und hatte es freigegeben. Nur einmal war der Mönch nicht durch das Kazaana gestorben. In jenem Traum hatte er versucht, die Dämonenjägerin vor einem direkten Angriff von Naraku zu schützen und wurde von einer der Wurzeln des Trugbildes durchbohrt. Es war das einzige Mal, dass er in ihren Armen gestorben war. Aber er war dennoch gestorben. Und sie wollte ihn nicht verlieren. Scheinbar war dies auch nicht sein Schicksal, denn als sie an die Wand gegenüber blickte, lehnte er wieder dort. Schlafend. Nicht wissend, dass seine Ahnung Wirklichkeit werden würde. Inzwischen hatte sie seine Angst aus seinem Mund gehört. Sie wusste, dass er es ahnte. Sango wusste nicht mehr, was sie noch tun sollte. Wie sollte sie seinen Tod verhindern? Indem ich ihn nicht gehen lasse. Aber wie sollte sie das schaffen? Er war doch entschlossen, Kagome und Inu Yasha nicht alleine gehen zu lassen. Also musste sie auch die beiden hier halten. Sie musste mit Kagome sprechen. Oder... Sie blickte noch einmal zu dem Mönch. Vielleicht sollte sie ihm einfach die Wahrheit sagen. Warum er nicht gehen durfte. All das, was sie erlebt hatte mit ihm teilen. Wenn sie es mit Nachdruck berichten würde, er würde es nun sicher verstehen. Ihre Hände krallten sich in die Decke und ihr Körper erzitterte. Ihn sterben zu sehen, oder mit ihm zu sterben. Auch diese Szenarien hatten sie schlussendlich nicht glücklich gemacht. Selbst mit Abschied war es genauso grausam. Sie dachte immer, es würde es ihr leichter machen, wenn sie sich wenigstens von ihm verabschieden konnte, aber dem war nie so. Nicht in einem der Szenarien.   Die einzige Möglichkeit, die blieb, war also, ihn nicht gehen zu lassen. Diesen Kampf niemals geschehen zu lassen. Sie sah traurig auf ihre Hände. Tränen tropften darauf hinab. Egal wie, sie musste ihn aufhalten. Am besten sie alle aufhalten.   Kling. Kling. Kling.   Sango hob ihren Blick, denn sie wusste, er war erwacht. Sie konnte direkt in seine Augen sehen. So oft hatte sie sich in seinen Augen verloren. Sie wusste, er sah ihre Tränen, doch das war ihr egal. „Keine Sorge, meine Schmerzen sind auszuhalten.“ Sie wusste, er würde als erstes danach fragen. Der Stoff der Robe raschelte, als er sich zu ihr bewegte. Sie vernahm das Rauschen des Windes aus dem Kazaana. Es machte ihr keine Angst mehr. Sie wusste, was ihn erwarten würde, wenn es ihn verschlingt. Sie hatte es selbst erlebt. Der Mönch blickte sie besorgt an. „Ein Glück, du bist erwacht. Deine Wunden waren sehr gefährlich.“ Sie nickte auf seine Worte. „Aber sie tun kaum noch weh.“ Sango wandte nicht den Blick von seinem Gesicht. Nahm jeden seiner Züge ein ums andere Mal wieder in sich auf. Dann lächelte sie sanft. „Scheinbar hatte ich einen guten Pfleger.“ Miroku lachte leicht auf. „Naja, soweit ich durfte…“ Natürlich würde er gern mehr „Hand“ anlegen, das wusste sie. Sie kannte diesen lüsternen Mönch. Er blickte ihr wieder in die Augen, dann wanderte sein Blick an ihr hinab und über die Verbände an ihrem Oberkörper. Sango musste genervt Seufzen. Sie konnte gar nicht mehr zählen, wie oft sie ihn nun schon zurechtweisen musste. Doch auch dieses Mal sollte seine Bestrafung nicht wegfallen, also kniff sie ihm in die Wange und zog etwas daran. „Houshi-Sama…!“ Er lachte schmerzerfüllt auf. Irgendwie schien beiden dieses „Katz-und-Maus“-Spiel Spaß zu machen. Gehörte es für sie doch zu ihrer Beziehung dazu. Als er seine Lektion scheinbar wieder gelernt hatte, ließ sie ihn los, damit er den Blick abwenden konnte, während sie den Kimono überzog. Während der letzten Szenarien war sie schlauer geworden, um seine Finger nicht noch mehr herauszufordern. Er nutzte den Moment der Ruhe, um sein Anliegen, dass sie schon kannte, vorzutragen. „Sango, ich werde gleich mit..." „Nein, wirst du nicht!“ Sie fiel ihm direkt ins Wort. Vielleicht würde er ihren Worten mehr Glauben schenken, wenn sie zeigte, dass sie sein Vorhaben bereits kennt. „Wenn du jetzt Naraku nachgehst, wirst du sterben.“ Als sie zu ihm blickte, sah sie direkt in seine geweiteten Augen. Sie konnte vieles darin sehen, vieles was in dem Mönch nun vorging. Überraschung. Entsetzen. Verwirrung. Erkenntnis. Angst. Bestätigung. Die Bestätigung seiner Ahnung, die er bereits hatte. Würde er ihr nun glauben? Sango sah ihn fest an. „Houshi-Sama, ich habe es gesehen. Schon viele Male. Und genauso oft habe ich versucht, deinen Tod zu verhindern. Du darfst nicht gehen. Das ist der einzige Ausweg!“ Er sah sie weiter an. Sein Blick war sanft, leicht traurig. Er würde ablehnen. Sie wusste, er wollte seine Freunde nicht alleine gehen lassen. Obwohl sein Blick ihr verriet, dass er ihr Glauben schenken wollte, so konnte er ihrer Warnung nicht Folge leisten. „Du meinst also, du hattest eine Vision? Sango, ich muss…“ „Nicht nur eine. Viele verschiedene Szenarien. Und egal welches, immer hat es dich das Leben gekostet. Oder unser beider Leben.“ Ihre letzten Worte trafen ihn sichtbar. Sein Körper spannte sich an und seine Hände krallten sich leicht in den Stoff an seinen Knien. Erneut hatten seine Augen sich vor Entsetzen geweitet. „Unser beider…?“ „Ja, unser beider Leben. Wenn ich mit dir ging, um dich vom Öffnen des Kazaana abzuhalten, so endete es immer damit, dass ich mit dir ging.“ Sein Blick senkte sich auf das Kazaana. Sie wusste, es war immer seine größte Angst gewesen, einen seiner Freunde mit sich zu nehmen, sollte es aufbrechen. Noch größer war seine Angst, sie mit sich zu nehmen. Er schloss die Augen, scheinbar, um über ihre Worte nachzudenken. Vielleicht nahm er sie nun ernst. Sie glaubte, seinen Körper leicht zittern zu sehen. „Houshi-Sama…“ Erst jetzt öffnete er wieder die Augen. Sein Blick schien nun gefasster. Er schien sich beruhigt zu haben. „Du darfst nicht mit mir kommen. Ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht…“ Sie schüttelte energisch den Kopf. Niemals würde sie ihn alleine gehen lassen. Das würde diesen Kreislauf nicht durchbrechen. Es würde erst ein Ende finden, wenn er überlebte. Bis dahin wäre sie gefangen in diesem unendlichen Strudel aus Schmerz und Tod. „Wenn du gehst, werde ich dir folgen. Dir bleibt keine Wahl, als hierzubleiben, wenn du das verhindern möchtest, was du bereits ahnst…“ Sein Blick wurde ernst. Sie wusste, sie wirkte auf ihn stur und würde ihn so kaum überzeugen können. Er machte es ihr nicht einfach. „Ich muss aber…“ „Nein, ihr könnt alle hierbleiben. Niemand von euch muss jetzt gehen… Ihr könnt warten, bis ich auch wieder fit bin.“ Wieder trafen sich ihre Blicke. Er lächelte resigniert und wandte den Blick etwas ab. „Egal wie sehr du es möchtest, wir müssen diese Gelegenheit ergreifen. Wir können nicht wegen ein paar Träumen hier bleiben…“ Dieser Houshi machte sie noch wahnsinnig. Warum konnte er nicht einfach nachgeben? Entschlossen ergriff sie seine verfluchte Hand und sah ihm tief und ernst in die Augen. Diese wunderbaren tiefblauen Augen. Sie wollte einfach nur, dass er sie ernst nahm und ihr glaubte. Doch nun tat er alles wieder als Träume ab? Er wandte auch nicht den Blick von ihren Augen. Scheinbar erging es ihm wieder wie ihr. Langsam beugte er sich zu ihr und legte eine Hand an ihre Wange. Sein Blick war bedrückt. „Sango… Es tut mir leid…“ Sango schloss die Augen und empfing seinen Kuss, wie sie es auch in den Szenarien zuvor tat. Wieder war er nicht schüchtern und küsste sie leidenschaftlich und zärtlich zugleich. Sein warmer Atem kitzelte sie auf der Haut. Jedes Mal empfand sie es wieder schön, seinen Kuss zu empfangen. Jedes Mal hatte sie Herzklopfen. Langsam schloss sie ihre Arme um seinen Nacken. Auch seine Arme schlossen sich sanft um sie. Sie wusste, es würde wieder nicht lange dauern, bis er die Situation zerstörte. Dennoch genoss sie jeden Moment, bevor er soweit ging. Bis dahin wollte sie einfach in seinen Armen versinken und seine Wärme spüren. Irgendwie hoffte sie auch, er würde an sich halten und ebenfalls den Moment einfach länger genießen. Doch noch konnte sie keine Regung von ihm spüren. Sie fand es schön, einfach in seinen Armen zu liegen und in einem Kuss zu verweilen. Als sie den Kuss lösten, so waren sie beide atemlos. Der Mönch legte seine Stirn an die ihre und schloss einen Moment die Augen. Er hatte den Moment bewahrt. Dieser Lustmolch hatte es tatsächlich geschafft, an sich zu halten. Die Dämonenjägerin war glücklich, dass sei einfach so in seinen Armen verweilen konnte. War es doch sehr selten für Miroku, einfach an sich zu halten. Sie legte langsam ihren Kopf an seine Brust und lauschte dort seinem Herzschlag. Von draußen konnte sie Inu Yashas Meckern hören, dass Miroku so lange brauchte. Der Mönch hob etwas den Blick und seufzte leise. „Ich muss gehen.“ Mit diesen Worten entließ er sie aus seinen Armen, kam dabei aber nicht umhin, nun doch einmal ihren Rücken hinab zu ihrem Hintern zu streichen. Sango kniff ihm noch einmal in die Wange. „Miroku…“ Sein Name kam drohend über ihre Lippen. Er sah sie unter dem Schmerzlaut etwas erstaunt an. Da erst bemerkte sie, dass sie ihn beim Namen nannte, ohne von ihm darum gebeten worden zu sein. Sonst hatte sie dies immer abgewartet. Aber als er lächelte, wusste sie, wie glücklich es ihn machte, dass sie ihn beim Namen nannte. Sie ließ seine Wange los und legte ihre Hand daran. Scheinbar wollte er noch etwas sagen, doch da platzte Inu Yasha in die Hütte. „Miroku, nun komm! Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!“ Als er die beiden noch immer so nahe beieinander sah, stockte er aber. Die Hand des Mönchen ruhte wieder brav auf Sangos Rücken. So mussten sie ein sehr vertrautes Bild abgeben, selbst auf den Hanyou. Sango konnte den Rotschimmer auf den Wangen des Weißhaarigen sehen, als er merkte, in welche Situation er geplatzt war. Nun trat auch Kagome hinein. Sie begann natürlich gleich zu strahlen bei dem Anblick, wie Sango es nicht anders von ihrer Freundin erwartete. Das Mädchen aus der Neuzeit wollte ja schon immer, dass sie und der Mönch sich näher kamen. Miroku begann leicht zu lachen, um die Situation etwas zu lockern. „Ich komme gleich zu euch.“ „Ach, lasst euch nur Zeit!“ Kagome kicherte nach ihrer Aussage leicht. Als sich alle Augen fragend auf sie richteten, wurde sie etwas rot und hielt sich beschämt die Wangen. Ja, das Mädchen war wieder vollkommen in ihrem Element. Aber Sango war ihr dafür dankbar. Sie war es, die den Mönch ein ums andere Mal gelenkt hatte und durch den sie nun an diesem Punkt angelangt waren. „Wir haben aber keine Zeit mehr für seine… Auaa!“ Inu Yashas Gezeter wurde von Kagome durch einen beherzten Griff an sein Ohr gestoppt. Sie zog ihn mit sich hinaus. „Komm, lass uns dir lieber noch etwas zu Essen machen!“ „Wa-?! Kagome!“   Als die beiden fort waren wurde es wieder bedrückend still. Sango musste leicht schmunzeln. War das doch wieder sehr typisch für die beiden gewesen. Da fiel ihr auf, dass es anders war als in ihren bisherigen Szenarien… Bisher waren Kagome und Inu Yasha nie hinein gekommen. Es begann sich etwas zu ändern, das konnte sie spüren. Doch schon hörte sie den Stoff seiner Robe rascheln und merkte, wie er sich von ihr entfernte. Die Dämonenjägerin sah ihm nach, wie er sich bereits abwandte und aufstehen wollte. „Miroku…?“ Er hielt in der Bewegung inne und sah über die Schulter zu ihr. Dann schenkte er ihr ein sanftes Lächeln. Es strahlte viel Wärme aus. Warum wollte er diesen Moment nicht mit ihr genießen? „Ich muss wirklich gehen. Sonst dauert der Abschied nur noch länger…“ Sie zog etwas die Augenbrauen zusammen. Wie konnte sie ihn nur bei sich halten…? Er stand auf und wandte sich dem Shakujō zu. „Warum entfernst du dich so plötzlich, Houshi-Sama? Wir haben doch nun Zeit,…“ Er musste leise lachen. Dann sah er mit einem leichten Funkeln in den Augen und einem ihr bekannten Grinsen zu ihr. „Weißt du, Sango, wenn ich noch länger bei dir bleibe, mache ich Dinge, die mich mehr kosten könnten als einen kurzen Schlag von dir…“ Sie musste unwillkürlich mit einer Augenbraue zucken. Hatte er wirklich schon wieder solche Gedanken gehabt? Dieser Mönch war wirklich… Doch da kam ihr ein Gedanke. Miroku wandte sich ab und ging zur Tür. „So, ich lasse Inu Yasha nun besser nicht länger warten.“   Kling. Kling. Kling. An der Tür sah er noch einmal zu ihr zurück. Sango hatte sich plötzlich in Schweigen gehüllt. „Sango?“ „Bitte geh nicht… Houshi-Sama… Miroku!“ Sie sah nicht zu ihm, konnte aber seinen sanften Blick auf sich fühlen. Den Blick, den man einem bockigen Kind zuwerfen würde. Aber der auch ein wenig Mitgefühl in sich trug. „Sango, ich sagte dir doch…“ Nun sah sie zu ihm auf. In ihren Augen standen wieder Tränen, doch lag darin auch ein Flehen. Dann stand sie langsam auf und ging auf ihn zu. Ihre Wunden schmerzten noch leicht, doch sie hatte sich an den Schmerz gewöhnt. Dennoch wirkten ihre Schritte unsicher. Doch es war ihre innere Unsicherheit über diesen Schritt. Dieser Schritt, der diesen Mönch endgültig hier bei ihr halten konnte. „Bitte geh nicht, Miroku… Bleib heute Nacht bei mir…“ Sie hielt sich an seiner Robe fest. Ihre Finger krallten sich leicht in den feinen Stoff. Sie konnte nicht zu ihm auf sehen. Zu unangenehm war ihr diese Situation. Sie spürte die Anspannung in seinem Körper, damit hatte er sicher nicht gerechnet. Sie wusste nicht, wie dieser Kreislauf enden würde. Vielleicht lag sie auch falsch, und er endet egal wie, dennoch mit dem Tod des Mönchen. Dann wollte sie ihm wenigstens einmal so nahe sein, wie sie es als Ehefrau gewesen wäre. Und wenn er diese Nacht überleben sollte… so hätte sie es geschafft, ihn zu retten. Sie schloss die Augen. Sango hatte keine Angst davor. Alles was sie wollte war, Miroku an ihrer Seite zu haben. Egal wie. Endlich traute sie sich, zu ihm aufzublicken. Er sah immer noch erstaunt zu ihr hinab. Die Überraschung über ihre Bitte stand noch immer in seinen Augen. Doch als er in ihre Augen blickte und merkte, dass es ihr scheinbar ernst war, klarte sein Blick auf. Sein Blick wanderte noch kurz in Richtung Tür, doch dann wandte er sich ihr zu. Er stellte den Shakujō an die Wand neben der Tür. „Du… musst das nicht sagen, wenn du nicht wirklich dazu bereit bist.“ Sango wandte nicht den Blick von ihm. Sie öffnete ihre Lippen brachte nur leise Worte hervor. „Aber ich liebe dich und möchte für immer mit dir zusammen sein.“ Miroku blickte ihr nochmals tief in die Augen, bevor er ihr eine Hand an den Hinterkopf legte und ihre Lippen wieder mit einem Kuss versiegelte. Mehr Worte brauchte es für ihn nicht. Die Dämonenjägerin schloss ihre Augen und ließ sich einfach in seinen Armen fallen. Epilog: -------- Sango war erschöpft, als sie erwachte. Es waren weniger die Schmerzen als eine tiefe Müdigkeit. Als wäre sie lange wach gewesen. Was würde sie dieses Mal für ein Szenario erwarten? Sie öffnete die Augen und blickte direkt an die Wand ihr gegenüber. Zu ihrer Verwunderung saß dort dieses Mal kein Mönch. Der Shakujō lehnte neben der Tür an der Wand. Auch war es bereits hell und nicht mehr Nacht. Langsam begann sie sich aufzurichten, doch ein nackter Männerarm mit einem ihr bekannten Handschuh umfasste ihre Schultern und zog sie sanft aber bestimmt wieder hinab. Sie ließ einen Laut der Überraschung erklingen, als sie im Arm und an der nackten Brust des Mönchen landete. Sie atmete seinen Duft ein und verharrte einen Moment reglos in seinem Arm. Erst jetzt mit seiner Haut an der ihren, merkte sie, dass sie wie er auch nichts anhatte. Ihr Blick wanderte zu der Mönchsrobe und ihrem Yukata neben ihrem Lager. Sie waren nicht gerade ordentlich dort abgelegt, mehr wie in Eile beiseite geworfen. Als diese Erkenntnis und die Erinnerung an die letzte Nacht sie überkam, lief sie direkt rot an. „Wohin gedenkst du zu gehen, Sango?“, raunte der Mönch noch etwas schlaftrunken. Sango hörte ihn in ihren Gedanken versunken kaum. Sie musste weiter an die vergangene Nacht denken. Die Berührungen, was sie ihn hatte mit sich machen lassen. Es war nun wirklich geschehen und auch so geblieben. Der Tag hatte sich nicht mehr wiederholt und nun… hatte sie wirklich… mit ihm… diese Dinge getan. Peinlich berührt und sich schämend legte sie ihre Hände vor ihr Gesicht. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie das Ausmaß dieser Sache nun begriff. Sie war den Abend so verzweifelt gewesen und sah nur diesen Ausweg. Aber dennoch… „Sango…?“ Sie nahm die Hände etwas hinab und sah auf in zwei Augen wie tiefblaue Ozeane. Er wirkte besorgt. Kein Wunder, so wie sie sich gerade verhielt, musste er ja denken, sie würde alles bereuen. Doch das tat sie nicht – es war ihr nur etwas unangenehm, dass es so plötzlich geschehen war. Er bemerkte ihre Tränen und richtete sich leicht auf, um sich etwas über sie zu beugen. „Ist alles in Ordnung? Tut dir etwas weh? Habe ich übertrieben…?“ Sie schüttelte leicht den Kopf und lächelte sanft. Noch immer waren ihre Wangen gerötet, aber sie sah in sein gesundes Gesicht und wusste nun, er würde nicht von ihr gehen. „Nein… ich bin nur froh dich zu sehen…“ Der Mönch sah sie fragend an. „Also.. ich hatte nicht vor, nach dieser Nacht davon zu laufen...“ Dann stahl sich ein leicht schelmisches Lächeln in sein Gesicht. „Auch wenn mir das vielleicht zuzutrauen wäre…“ Die Dämonenjägerin sah ihn strafend an und kniff ihm als Antwort leicht in die Wangen. „Daran solltest du auch nicht wirklich denken, Houshi-Sama!“ Er lachte leicht schmerzerfüllt auf. „Nein, nein…“ Ihr kamen die Bilder der vergangenen Nacht in den Sinn. Seine zärtlichen Berührungen. Ihr wurde warm ums Herz, als sie daran denken musste. Sie legte ihre zarten Hände sanft an seine Wangen und blickte ihm noch einmal tief in die Augen. Nun musste sie ihn nicht mehr sterben sehen. Ihn nicht mehr gehen lassen. Sie würde immer mit ihm zusammen bleiben. Sanft zog sie sein Gesicht zu sich hinab und versiegelte diese lüstern grinsenden Lippen mit einem zärtlichen Kuss.   Sie ging neben ihm her in Richtung des Treffpunktes mit den anderen. Sango spürte, wie der Mönch ihr sanfte Blicke zuwarf und erwiderte diese immer wieder schüchtern lächelnd. Es war für sie immer noch unwirklich, was in dieser Nacht passiert war. Und nun waren sie auf dem Weg zu ihrem finalen Kampf gegen Naraku. Sie fühlte sich wieder soweit fit, dass sie sich einen Kampf zutraute. Solange sie Hiraikotsu tragen konnte, würde sie auch diesen Kampf bestreiten können. Endlich würden sie den Mönch von seinem Fluch befreien. Ihr Blick wandte sich gen Himmel und sie wurde unbewusst langsamer. Würden sie nun wirklich alles überstehen? Nachdem sie diese endlos scheinenden quälenden Träume überstanden hatte, kam sie sich so vor, als würden sie alles überstehen können. Doch nun erschien es ihr, als würde das Schlimmste ihnen noch bevorstehen. „Sango…?“ Sie sah zu Miroku, der nun stehen geblieben war – genau wie sie auch, wie sie merkte. Die junge Dämonenjägerin sah ihn liebevoll an. „Ja, alles in Ordnung, Houshi-Sama.“ Hier in der Öffentlichkeit benutzte sie lieber noch die höfliche Anrede. Niemand sollte nun schon wissen, wie nahe sie sich waren. Irgendwo war es ihr unangenehm, zuzugeben, dass dies passiert war, bevor sie geheiratet hatten. Sango schloss wieder zu dem Mönch auf und blickte ihm direkt in die Augen. Er erwiderte den Blick und begann dann leicht zu schmunzeln. „Du bekommst mich wohl nicht mehr aus dem Kopf, was?“ Sie wurde rot und ließ ihn stehen, als sie dann peinlich berührt voranstapfte. „H-Hör auf, Houshi-Sama!“ Er lachte leicht auf bei ihrer Reaktion. Kling. Kling. Kling. Sie konnte hören, wie er ihr folgte. „Meinst du, dass du nun mein Kind empfangen hast?“ „Wa-?“ Entsetzt blieb sie stehen. Daran hatte sie doch gar nicht gedacht. Würde das so schnell gehen? War das sein Ernst? Ein Schreckenslaut entfuhr ihr, als er sie unerwartet von hinten in den Arm nahm. Sie senkte etwas beschämt den Blick, konnte ihn nicht einmal ansehen. „Du nimmst alles viel zu ernst, liebste Sango.“ Mit diesen Worten spürte sie seine Hand an ihrer Brust entlang streifen. Sie hob ihren Arm und verpasste ihm einen Schlag mit dem Unterarm. „Unverbesserlich!“ Sie ging ihm weiter voraus und ließ ihn mit einer Beule am Kopf stehen. So konnte sie allerdings auch nicht sehen, wie der Mönch ihr mit einem sanften, glücklichen Lächeln nachsah.   Miroku hatte sich schon am gestrigen Abend gefragt, was mit der Dämonenjägerin los war. So plötzlich war sie mit dieser außergewöhnlichen Bitte auf ihn zugekommen. Das hatte selbst ihn überrascht. Aber sie abweisen wollte er in diesem Moment auch nicht. Das hätte ihn vermutlich nur von jeglichen Kämpfen abgelenkt und er hätte sich nie vergeben, diese Chance vertan zu haben. Zumal der Abend schon zuvor sehr vielversprechend für ihn war durch den Kuss. Mit einem Seufzen sah er der Dämonenjägerin nach. Obwohl sie sich so nahe gewesen waren, tat sie nun so, als wäre nichts gewesen. Dabei waren sie sich selbst heute Morgen noch so nahe gewesen. Bei dem Gedanken an ihren nackten Körper in seinem Arm musste er leicht lüstern Schmunzeln. Selbst wenn dies nun sein letzter Tag auf Erden sein sollte, würde er glücklich gehen können. Aber zuvor wollte er dieses Mädchen in Sicherheit wissen. Er rieb sich etwas die Beule am Kopf, die sie ihm gerade hinterlassen hatte und ging ihr weiter nach. Die Ringe seines Shakujō klingelten bei jedem Schritt. Kling. Kling. Kling. Miroku musste nicht zu der rechten Hand hinab sehen, um zu wissen woher das ständige Windrauschen kam, das ihm umgab. Er fragte sich, ob dies die Angst der Dämonenjägerin begründet hatte und zu ihrer Entscheidung der vorangegangenen Nacht führte. Was wohl geschehen wäre, wenn er wirklich gegangen wäre? Wäre er wirklich nicht zurückgekehrt, wie es seine und scheinbar auch Sangos Ahnung war? Auch wenn es nun egal war, und er die Entscheidung zu bleiben nicht bereute, ihn beschlich das Gefühl, dass die Dämonenjägerin ihn vor etwas Schlimmeren bewahrt hatte. Und wenn diese Ahnung wahr war, so wäre sie nun nur aufgeschoben worden. Das war ihm nun nur noch mehr bewusst. Aber er wusste, sofern es ihm möglich war, wollte er alles daran setzen, für immer mit Sango zusammen sein zu können. Auch wenn er immer noch Angst hatte, dass das Windloch ihn in diesem letzten Kampf für immer verschlingen könnte, so wollte er nun kämpfen, solange es ihm möglich war. Für eine gemeinsame Zukunft mit Sango, der Dämonenjägerin. Und ihren zehn, oder zwanzig Kindern. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er zu den anderen stieß.   Wenn dieser Kampf vorbei ist, werde ich dich heiraten, Sango. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)