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Nicht dein Leben...

von

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Frisch geduscht und in bequemen Sachen fanden Richard und Barbara sich etwa eine Stunde später wieder im Wohnzimmer ein. Johnny schien ihre Abwesenheit nicht bemerkt zu haben, denn er saß noch immer auf den Sofa vertieft in sein neues Konsolenspiel, dabei lagen seine Füße auf Jason, der sich dies gefallen ließ.

„Frühstück?“ Fragend die Augenbrauen hochziehend, betrat Richard dich Küche. „Ich kümmer mich um Speck und Rühreier.“ Gesagt, getan. Die nächsten Minuten wer der Schwarzhaarige beschäftigt, während Barbara den Tisch deckte.

„Weißt du was es nachher zu essen gibt?“, erkundigte er sich, während er in einer Schüssel, die Eier mit einem Schneebesen verquirlte. „Ariana und du habt doch gestern Abend telefoniert, als ich das Haus verließ.“

„Keine Ahnung. Sie will uns alle überraschen.“ Neben Tellern und Besteck, verteilte sie Servietten und legte jedem einen kleinen Schokoladenweihnachtsmann auf den Teller. Für Johnny und ihren Mann, stellte sie noch zwei Schüsseln, Cornflakes und Mich auf den Tisch. Zu guter Letzt bekam jeder noch ein Glas Orangensaft hingestellt, ehe sie sich um den Toast kümmerte und die Scheiben in den Toaster steckte.

„Versuch mal einen Speicherpunkt zu finden, Johnny!“, rief Richard, der eben hauchzart geschnittene Baconscheiben in eine weitere heiße Pfanne legte.

„Hab das Kapitel gleich geschafft“, kam die Antwort vom Sofa.

„Wann sollen wir da sein?“ Mit einem Holzlöffel, wendete Richard die unterdessen teilweise gestockte Eimasse.

„Punkt um eins gibts Mittag.“

„Dann haben wir genug Zeit in aller Ruhe die Geschenke auszupacken.“ Neugierig warf Richard einen Blick zu den Geschenken unter dem Baum und suchte nach dem kleinen roten Päckchen, welches er heute Nacht für seine Frau dort platziert hatte. Ja, es lag noch da, direkt neben dem Baseballhandschuh für Johnny.

„Kommst du frühstücken!“, rief Barbara Johnny, während Richard für alle Rührei und Bacon auf den Tellern verteilte.

Kurz darauf saßen sie friedlich vereint an dem Tisch und aßen. In diesen Augenblicken kam Richard zur Ruhe. Er genoss es mit seiner Familie zusammen sein, ohne Stress, weil niemand das Haus verlassen musste. Bei den Graysons konnte es morgens ziemlich hektisch zugehen, da musste ein ordentliches Frühstück für alle auf den Tisch, für Johnny musste eine Lunchbox für die Schule gepackt werden, Jason bestand auf seine morgendliche Runde und dann musste sie schon los, Johnny ließ er bei der Vorschule raus, dann fuhr er selber weiter zur Gotham City University, an der er als Trainer und Mentor die Studenten im Kunstturnen unterrichtete. Und ab und zu brachte er seine Frau zur Arbeit, die als Abteilungsleiterin der Kinderbibliothek in der Gotham City Library arbeitete. Da blieb keine Zeit für ein ausgedehntes Frühstück.

Plappernd erzählte Johnny mit vollem Mund, das er der beste Pitcher in seinem Team sei und dass er im Januar für das Klassenhaustier, ein kleines Rosettenmeerschweinchen, namens Pinky, verantwortlich ist.

Nachdem Johnny aufgegessen und seine Milch ausgetrunken hatte, fragte er, ob er sich vom Tisch entfernen durfte. Irgendwas von ihrer Erziehung war also doch hängen geblieben.

„Gibt's heute Nachmittag wieder deinen berühmt berüchtigten Eierpunsch?“ Fragend zog Richard eine Augenbraue nach oben und genoss den frischen, heißen, selbst aufgebrühten Kaffee.

„Sicher und wie immer mit gutem Whiskey und viel Sahne“, lächelte Barbara und begann das dreckige Geschirr zusammenzustapeln. „Die Zutaten stehen schon bei Tim in der Küche und Bruce hat dafür einen sehr guten, sehr alten, schottischen Whisky aus seiner Sammlung rausgerückt und da ich ja nicht mal kosten darf, benötige ich den einen oder anderen Vorkoster. Magst du dich freiwillig zur Verfügung stellen.“

„Unglaublich gern und Tim kostet sicher auch“, lachte er und half seiner Frau den Tisch abzuräumen, während Johnny sich wieder vor den Fernseher verzog um weiterzuspielen.

„Nur noch eine halbe Stunde, Johnny“, mahnte die werdende Mutter. „Dann kannst du wählen zwischen duschen oder baden.“

„Och, muss das sein?“, kam es nörgelnd als Antwort vom Sofa.

„Ja, das muss sein.“ Lächelnd, da sie ihren Sohn kannte, sortierte sie das Geschirr in die Spülmaschine. Immer wieder der selbe Kampf, dachte sie, tagein, tagaus, wenn Johnny aber erst mal in der warmen Wanne saß, dann war er nicht mehr so schnell aus dem Wasser zu bekommen.

„Hast du Jason schon sein Geschenk gegeben?“, wollte Richard wissen, der letzte Woche mit seinem Sohn in das nächste große Zoofachgeschäft fahren musste, um für Jason ein neues Spielzeug, einen quietschenden Plüschknochen, kaufen musste.

„Nö.“

„Vorschlag!“ Nachdem Richard die Milchpackung in den großen Kühlschrank gestellt hatte, wand er sich Richtung Wohnzimmer, setzte sich zu Johnny und kraulte den Familienhund der dösend auf dem Sofa lag. „Wir öffnen jetzt alle Geschenke und danach gehst du in die Wanne.“

„Mag nicht baden.“

„Dann gibt es keine Geschenke.“ Mit diesem Satz bekam er endlich die Aufmerksamkeit seines Sohnes, der tatsächlich den Controller auf den niedrigen Glastisch vor der Couch legte.

„Du darfst dir schon mal ein Päckchen raussuchen, wenn du versprichst dann baden zu gehen. Aber nicht das kleine rote.“

„Okay“, nickte Johnny, zog dabei spielerisch an Jasons Rute, was dieser mit einem Blinzeln quittierte.

„Komm, es gibt Geschenke“, lockte das Kind seinen Spielkameraden, er sich scheinbar unwillig von der Couch erhob, dann aber folgte.

Kurz darauf saßen sie alle vor dem Weihnachtsbaum. Zufrieden beobachteten die Eltern, wie ihr Sohn freudig strahlend ein Geschenk nach dem anderen auspackte.

Zum Schluss lagen nur noch die kleine rote Schachtel und ein weißes A3-Blatt, dass einmal in der Mitte gefaltet war, unter dem Baum.

„Für dich.“ Richard griff nach dem Händen seiner Frau und schaute ihr dabei in die wunderschönen grünen Augen.

„Aber...“

„Kein aber, Schatz.“

„Wir wollten uns doch nichts schenken.“

„Ich weiß. Es ergab sich...“ Sacht zog er Barbaras Hände an seine Lippen und hauchte zarte Küsse auf die Handrücken, eher die Finger wieder freigab, damit sie ihr Geschenk aufmachen konnte. Bevor sie jedoch dazu kam, rief Johnny: „Santa hat meinen Wunschzettel vergessen!“

„Den hast du ihm doch schon im November gegeben“, erinnerte die werdende Mutter.

„Das ist doch der für nächstes Jahr.“ Eilig griff Johnny nach dem Zeichenpapier.

„Du weißt schon, was du dir nächstes Jahr Weihnachten wünschst?“ Amüsiert betrachtete Richard seinen Sohn, der ihn mit dieser Art von Taten und Überlegungen immer wieder überraschte.

Wild mit dem Kopf nickend bestätige der Junge die Worte.

„Na, dann zeig mal her!“

Für einen Augenblick zögerte der Junge, aber dann reichte er seinem Vater das Blatt, der es auseinander faltete und auf eine Zeichnung schaute.

Die grauen Blöcke, mit den gelben Punkten, schienen Hochhäuser darzustellen, die sich rechts und links des Blattes abzeichneten. Dazwischen erkannte er eine Häuserschlucht. Am oberen Rand, ziemlich mittig, prangte das Batsignal, ein wenig schief, aber deutlich zu erkennen. Genau in der Mitte des Bildes befanden sich zwei Figuren, beide in grau-blauen Tönen gehalten. Die eine Figur, die mit den schwarzen Haaren und einer dunklen Maske vor den Augen, trug kein Cape, die andere, eindeutig eine weibliche Person, trug ein Cape und hatte lange rote Haare. Lange musste Richard nicht überlege, wen sein Sohn da zu Papier gebracht hatte. Johnny hatte seine eigenen Eltern gezeichnet, wenn er dies auch nicht wusste. Johnnys Nightwing und Johnnys Batgirl hielten sich an den Händen und um sie herum hatte er ein großes rotes Herz gemalt.

Neugierig geworden schaute nun auch Barbara auf das Kunstwerk ihre Kindes. „Und was wünscht du dir von Santa?“

Heftig schlug das Herz in Richards Brust. Ahnte der sechsjährige etwa, das er Nightwing und Barbara Batgirl war? Waren sie nicht vorsichtig genug gewesen?

„Das Nightwing und Batgirl heiraten.“ Mit dem Ernst, zu dem nur ein Kind fähig war, sprach Johnny seinen Wunsch aus.

Wieder huschte ein belustigtes Lächeln über Barbaras Gesicht. „Und warum sollen sie heiraten?“

Neugierig lauschte Richard dem Gespräch, faltete dabei die Zeichnung wieder zusammen und gab sie seinem Sohn zurück.

„Sie scheinen sich genauso lieb zu haben, wie ihr.“

Über den Kopf seines Sohnes hinweg, warf Richard seiner Frau, die sich nur mühsam ein Lachen verkneifen konnte, einen hilfesuchenden Blick zu. Für diese Art eines Gespräches, war sie eindeutig besser geeignet als er.

„Johnny ich bin mir ziemlich sicher, das Nightwing und Batgirl sich mögen.“

„Ja, aber...“ Nachdenklich schloss der Junge die Augen und knabberte aufgeregt an seinem Daumennagel. „Ich muss immer an Dad und dich denken, wenn ich sie im Fernsehen sehe.“

Alarmiert zog Richard die Augenbrauen zusammen. Sein Sohn schien etwas zu ahnen. Ob er wusste, wie nah er der Wahrheit mit dieser Feststellung gekommen war? „Warum musst du an deine Mutter und mich denken?“, fragte er daher.

„Batgirl hat rote Haare wie Mom und Nightwings Haare sehen aus wie deine.“ Aufgeweckt und nach Zustimmung heischend irrte der Blick des Jungen von seinem Vater, zu seiner Mutter und wieder zurück.

„Schatz, ich bin mir sicher, dass die beiden Perücken tragen, so wie die Schauspieler in Märchenfilmen. Wer weiß, vielleicht ist Nightwing ist in Wirklichkeit blond und Batgirls Haare sind so dunkel wie deine“, erklärte Barbara. „Die beiden möchten bestimmt nicht erkannt werden. Sie verstecken ihre wahre Identität hinter ihren Masken und den Perücken, damit sie nicht erkannt werden, wenn sie im Supermarkt einkaufen gehen. Es ist ihr Geheimnis.“

„Aber...“ Nickend deutete Johnny an, dass er verstanden hatte. „Trotzdem, die beiden sollten sich lieb haben.“

Nun konnte sich Richard ein leises Lachen nicht mehr verkneifen. „Warum denn Batgirl und Nightwing und nicht Batgirl und Red Robin?“

„Na weil Red Robin rot trägt“, antwortete Johnny, mit einer Logik, zu der anscheinend nur Kinder in der Lage waren.

Noch immer lachend wuschelte Richards kräftige Finger durch das Haar seines Sohnes, ehe er fragte: „Magst du in die Wanne fliegen?“

„Oh ja.“ Johnny sprang auf, eilte zu dem Sofa, kletterte darauf und wartete nun, auf der Schulter seines Vaters, wie ein Superheld in die obere Etage des Hauses zu fliegen.

„Hoch mit dir!“ Mit sicherem Griff hob Richard den Jungen, den er über alles liebte, auf seine rechte Schulter und fixierte ihn an der Hüfte, nachdem Johnny sich lang ausstreckte. Beide Arme nach vorne geführt, kreischte Johnny vergnügt auf, während Richard mit schnellen Schritten die Treppe hinauf lief. Hinter sich vernahmen sie Jasons freudiges Bellen.

Nachdem Johnny endlich in der Wanne saß, kehrte der schwarzhaarige Mann ins Wohnzimmer zurück. Die Badezimmertür hatte er offen gelassen, damit sie Johnny hören konnten, falls er nach ihnen rief. Außerdem war Jason als Babysitter zurückgeblieben. Mit wachem Blick saß der Golden Retriever vor der Wanne, da war sich Richard sicher.

Nachdenklich, das kleine rote Geschenk in der Hand, verweilte Barbara wartend auf dem Sofa.

„Glaubst du, Johnny ahnt etwas?“, erkundigte sie sich, ohne aufzuschauen.

„Ich weiß es nicht.“ Leise seufzend ließ Richard sich auf das Sofa fallen und zog seine Frau an sich, schloss sie in die Arme. „Es ist die Fantasie eines Kindes. Wir alle besaßen unsere Helden in dem Alter. Nur das unsere Helden sich in Büchern, Comics oder Filmen tummelten und sich nicht mitten in der Nacht von einem Haus zum anderen schwangen und am nächsten Tag mit gestochen scharfen Aufnahmen in den Nachrichten zu sehen waren.“

„Sollten wir es ihm sagen?“ Barbara zog Richards Arme enger um sich und die Füße hoch auf die Couch, um es sich gemütlicher zu machen.

„Lieber nicht. Wir sollten noch etwas warten. Er würde vielleicht nicht damit angeben, dass seine Eltern berühmte Superhelden sind, aber ich bin mir nicht sicher, ob er sich nicht im Eifer des Gefechts verplappert.“ Sacht strichen seine Finger über den runden Bauch der hübschen Rothaarigen. Er konnte es kaum noch abwarten, dass sein zweites Kind auf die Welt kam. Er liebte es jetzt schon so sehr, dass er, wann immer er konnte und sie beide alleine waren, mit dem oder der Kleinen sprach.

„Ja, warten wir noch eine Weile.“ Neugierig, da sie, wie sie fand, lange genug warten musste, entfernte Barbara das rote glitzernde Papier. Eindeutig eine Schmuckschatulle. Komisch, huschte es ihr durch den Kopf. Richard hatte ihr noch nie Schmuck geschenkt. Bisher hatten sie immer gemeinsam Ohrringe ausgewählt oder eine Kette, wenn sie etwas teureren Schmuck für einen Benefizball oder einen Opernabend benötigten. Meistens lieh sie ihn sich sogar, bei den in Gotham angesiedelten Juwelierläden. Nur ein einziges Mal, hatte er ihr Schmuck geschenkt, damals vor beinah zwölf Jahren, als er ihr auf dem Dach des Wayne Towers, in den frühen Morgenstunden, genauer gesagt um 3:24 Uhr, einen Antrag machte. Mit einem wohlig kribbelnden Gefühl im Bauch erinnerte sie sich. Es war kalt gewesen in jener Nacht vom 28. zum 29. Dezember. Frischer Schnee war gefallen. Silbern glitzerte die Stadt. Kaum ein Geräusch war zu vernehmen gewesen. Der Schnee dämpfte beinah jeden Laut. Sie erinnerte sich nur noch an das leise Knirschen, als Nightwing im Frisch gefallenen Schnee zu ihr trat, ihr tief in die Augen schaute und nach ihren Händen griff.

Gemeinsam waren sie auf Patrouille gewesen und hatte einen Organhändlerring zerschlagen, nachdem auffällig viele Einwohner Gothams auf unerklärliche Weise verschwanden. Es gab keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern, es betraf Kinder, Frauen und Männer, jeglichen Alters, sie waren verschiedenster Abstammungen, afrikanisch, asiatisch, europäisch und kamen aus den unterschiedlichsten Schichten. Ob arm, ob reich, ob groß, ob klein, ob blond, ob dunkelhaarig, es spielte anscheinend keine Rolle. Es gab nur einen Punkt, in dem sich die Opfer glichen, sie alle schienen kerngesund zu sein. Eine Woche lang recherchierten sie in alle nur erdenklichen Richtungen, bis Batman den entscheidenden Hinweis gab.

Damals hatte Barbara mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass Richard ihr einen Antrag machte.

Lächelnd, in Gedanken versunken, öffnete sie die kleine Schachtel. Ihr Blick fiel auf zwei schlichte Platinringe.

„Frohe Weihnachten“, murmelte Richard in ihr Haar, während sie auf das schlichte Band aus Weißgold an ihrem Ringfinger schaute.

„Neue Ringe?“ Sie löste sich aus der sicheren Umarmung, um in die blauen Augen blicken zu können.

„Ja.“ Richard zog sich seinen Trauring von dem Finger, reichte ihn seiner Frau und erklärte: „Schau ihn dir an - glanzlos, mit Kratzern und Dellen. Dein Ring sieht sicher genauso mitgenommen aus. Unsere nächtlichen Einsätze gehen nicht spurlos an ihnen vorbei. Siehst du diese Kerbe?“ Er deutete auf die entsprechende Stelle. „Dort traf mich ein Schwerthieb. Nur meine Handschuhe verhinderten Schlimmeres. Ohne die Metallfolie darin, hätte ich sicherlich mehrere Finger verloren..“

„Du sagtest vorhin: es ergab sich...“ Mit etwas Geduld und Mühe gelang es Barbara nach einer Weile, den eigenen Ring vom Finger zu bekommen. Durch ihre Schwangerschaft und die dadurch zugenommenen Kilos, saß das Weißgold ein wenig eng.

„Tim ist schuld“, lachte Richard und nahm den neuen Ring, als Beweis seiner Liebe aus der Schachtel. „Er bat mich, ihm bei der Auswahl eines passenden Verlobungsringes zu helfen und da ich schon mal da war...“

„Er will Ariana einen Antrag machen?“

„Dies dürfte schon geschehen sein.“ Richard griff nach Barbaras Hand, um ihr den neuen Ring anzustecken. „Zehn Jahre verheiratet“, murmelte er dabei. „Und ich liebe dich noch genauso, wie damals.“

„Ich dich auch.“ Sie warf nur einen kurzen Blick auf den Platinring an ihrem Finger, bevor sie Richard stürmisch küsste.

Minuten später saßen sie beide, mit einem neuem Ring am Finger, schwer atmend auf dem Sofa.

„Tim ist sich hoffentlich bewusst darüber, dass er Ariana nun einweihen und ihr sagen muss, dass er Red Robin ist.“

Richard nickte, griff nach der Actionfigur, die noch immer auf der Couch lag und drehte sie nachdenklich zwischen den Fingern.. „Er wollte es ihr vor seinem Antrag beichten. Wenn Ariana nachher noch da ist, dann ist alles zu seiner Zufriedenheit verlaufen und wir feiern nicht nur Weihnachten, sondern auch noch eine Verlobung.“

„Welch ein Glück ich doch hatte, dass ich wusste, wer du bist“, erinnerte sie sich. „Ich mochte dich vom ersten Tag an, als du in der Bibliothek vor mir gestanden hast.“

„Wieso auch immer?“, grinste ihr Mann. „Ich kann mich nämlich nicht mehr an unser erstes Treffen erinnern.“

„Sicher nur, weil sich junge Männer in dem Alter nicht für kleine, graue Mäuse interessieren, die noch nicht mal volljährig sind.“

„So grau warst du gar nicht“, verteidigte Richard Barbara und sich und legte die Plastikfigur auf den Couchtisch, ehe er sich lang ausstreckte und seine Frau mit sich zog. Eng aneinander geschmiegt schwelgten sie gemeinsam in ihren Erinnerungen.

„Zumindest meine Haare waren rot“, kicherte Johnnys Mutter. „Ich trug damals eine riesige Brille und ähnelte den strengen Bibliothekarinnen. Ich weiß noch, dass du beinah immer deine Bücher zu spät zurückbrachtest. Fast immer hast du angerufen, um die Medien zu verlängern, aber irgendwann kamst du plötzlich nur noch persönlich vorbei, um die Leihfrist hochzusetzen. Du standest unweit der Theke, begabst dich aber nie zu Miss Fitzwater, sondern wartetest geduldig, bis ich an den Tresen kam. Kannst du dir vorstellen, wie heftig mein Herz klopfte, wenn ich dich sah?“

„Ich mochte dich, zumindest mehr als Miss Fitzwater mit ihrem strengen Blick aus den Eisaugen. Sie wirkte wie ein Wachhund, kontrollierte akribisch jedes Buch, auf Eselsecken und Unterstreichungen, das ich abgab. Mit den grauen Haaren, dem Dutt und den Ärmelschonern, wirkte sie wie eine strenge Angestellte in einem Waisenhaus, in einem Gruselroman. Du dagegen, hast immer gelächelt, hast gescherzt und warst zu Smalltalk fähig, ganz im Gegensatz zu Miss Fitzwater, die immer nur sagte: Das macht 3,- Dollar“, lachte Richard und streichelte gedankenverloren den runden Bauch seiner Frau. „Dein Satz war: Na, wieder mal zu spät dran, Grayson?“

„Hab ich dir jemals gestanden, dass ich bei deinem Kunstturntraining fast immer anwesend war? Ich saß ganz oben auf der Tribüne, in einer dunklen Ecke, nachdem ich am Computer der Uni recherchierte, was für Kurse oder Aktivitäten du neben deinen Studienfächern noch belegt hattest.“

„Nein, gesagt hast du es mir bisher nicht, aber ich wusste es, weil ich dich immer entdeckte.“

„Und du hast geschwiegen?“

„Na ja, du warst nicht die Einzige, die uns beim Training beobachtete. Da befand sich eigentlich immer irgendwo eine Traube von kichernden Mädchen. Es gab nur einen Unterschied, die kichernden waren Studentinnen, du nicht. Wie alt warst du damals, sechzehn, siebzehn?“

„Mit sechzehn hab ich angefangen mir mein Taschengeld aufzubessern. An drei Nachmittagen in der Woche half ich in der Universitätsbibliothek.“

„Montags, Mittwochs und Freitags - die Nachmittage, an denen ich, ohne einen bösen Blick fürchten zu müssen, in die Bibliothek gehen konnte.“

„Hätte ich schon damals gewusst, dass du Robin bist. Ich glaube, ich hätte dich niemals angesprochen und mich irgendwo zwischen den Regalen versteckt. Aber so, warst du nur der Adoptivsohn des reichsten Mannes der Stadt, für mich unerreichbar. Also spielte es keine Rolle, ob ich mit dir sprach oder nicht, außerdem darf man in dem Alter noch Träume träumen.“ Sie schmiegte sich enger an ihn, bettete den Kopf auf seine Brust und lauschte dem gleichmäßigen Herzschlag. „Ich meldete mich beim Turnen an, nahm Karateunterricht, ging zum Judo und Fechten und tat alles, um so gut wie Batman und Robin zu werden. Ich wollte wie sie gegen das Unrecht in dieser Stadt vorgehen. Ich wollte Kindern und Frauen helfen und zu meinem achtzehnten Geburtstag erschien ich auf der Bildfläche.“

„Bruce war eine Wut...“

„Ja, kleine Mädchen haben mitten in der Nacht nichts auf den Straßen Gothams zu suchen, knurrte er mich an. Du dagegen hast mich neugierig gemustert.“

„Ich fand es gut. Außerdem sahst du in deinem Dress verdammt heiß und sexy aus“, schmeichelte Richard. „Tust du heute noch.“

„Komisch, wie das Leben so spielt. Barbara Gordon mit der großen Brille und in einer Bibliothek arbeitend, vollkommen uninteressant, aber als Batgirl in hauch engen Sachen, weckte ich dein Interesse. Aber damals wusste ich ja noch nicht, dass der Student Dick Grayson und der Sidekick von Batman ein und dieselbe Person sind.“

„Wir sahen uns damals ziemlich oft. In der Bibliothek traf ich auf eine, mit der Zeit gute Freundin und in der Nacht konnte ich es kaum erwarten, das heißeste Girl der Stadt zu sehen. So, wie dein Herz schlug, wenn du in der Bibliothek auf Dick Grayson wartetest, so heftig schlug mein Herz, wenn ich Batgirls Erscheinen entgegen fieberte.“

„Und dann verschwand Dick aus meinem Leben. Er erklärte nur, dass er ein Auslandssemester nahm und plötzlich war auch von Robin nichts mehr zu sehen. Ich glaube, ich ahnte es schon damals...“

„Ich verschwand ganze sechs Monate. Ich benötigte dringend Abstand von Bruce, der mir alles in meinem Leben vorschreiben wollte und einfach nicht sah, dass ich nicht mehr das Kind war, dass seine Eltern verlor. Ich ging nach Asien - Japan, Thailand, die Philippinen. Zwei Monate Intensivkurs in Kendo, danach ein Monat in einer Muay-Thai-Schule in der Nähe von Chiang Rai, wobei ich mich auf Krabi Krabong, genauer Plong konzentrierte und zu guter Letzt befand ich mich drei Monate in einem kleinen Dorf auf der Insel Palawan, um Unterricht in Arnis zu nehmen, wobei mir da Dalawang Olisi zusagte. Als ich zurückkehrte, suchte ich mir eine Wohnung in Blüdhaven, war ab sofort nur noch Richard, nicht mehr Dick und legte Robins Kostüm ab. Ich war erwachsen geworden. Fortan drehte ich in Blüdhaven meine Runden, in meiner neuen, mich nicht mehr einengenden eigenen Identität als Nightwing.“

„Mein Vater erzählte beim Abendessen von einem neuen Jäger in der Nacht“, erinnerte sich Barbara. „Ich fragte mich, ob Nightwing eventuell Robin ist und tauchte als Batgirl auf.“

„Worüber ich mich unglaublich freute, denn in den sechs Monaten hatte ich sie nicht vergessen können. Ich fühlte mich wieder wie ein Teenager, als ich dich auf dem Dach des Krankenhauses stehen sah. Und dann sagtest du...“

„Na, wieder mal zu spät dran, Robin“, vollendete sie.

„Genau in diesem Moment wusste ich, wer sich hinter der Maske verbarg. Barbara Gordon, das Mädchen mit der Brille aus der Bibliothek.“

„Und ich wusste, dass du Dick bist. Denn mit dem Auftauchen von Nightwing in Blüdhaven, war auch Richard John Grayson-Wayne zurückgekehrt.“

„An diesem Abend habe ich mich haltlos in dich verliebt...“

„Und mir wurde mein Wunschtraum erfüllt, denn in Dick Grayson hatte ich mich schon zweieinhalb Jahre vorher verguckt.“

Gemeinsam, den wundervollen Erinnerungen nachhängend, bemerkten die beiden in inniger Umarmung daliegenden Eltern ihren Sohn nicht, der schon seit einer geraumen Weile, in seinen dicken Bademantel gehüllt, auf der untersten Stufe der Treppe saß und mit großen Augen und offenem Mund lauschte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2016-03-19T17:59:17+00:00 19.03.2016 18:59
Super Kapitel^^
Antwort von:  Grayson
19.03.2016 19:17
Ich danke Dir...


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