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Demonic Rewind

[Demonic Reverie]
von

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Kapitel 18: Das ist es, was Albträume anzieht

Für eine Nacht im Januar, empfand Kieran die Temperaturen als angenehm. Es war kühl, aber nicht schneidend kalt, so dass es ihn auch nicht störte, eine Weile einfach nur an einer Ecke zu stehen. Faren machte das oft, sich an Häuserwände lehnen, rauchen und dabei beobachten, was um ihn herum vorging. Wenn Kieran sich richtig erinnerte, war das einmal seine hauptsächliche Freizeitbeschäftigung gewesen, sein Fernsehen quasi, damals, als er noch auf der Straße gelebt hatte. Manchmal stellte Kieran sich vor, wie anstrengend und ermüdend es sein muss, auf der Straße zu leben, besonders wenn es wirklich eiskalt war. Dann betrachtete er Faren und dessen stets fröhliches Wesen mit anderen Augen, bis er sich wieder über ihn ärgerte.

In dieser Nacht rauchte Faren nicht, obwohl er gegen eine Wand gelehnt einige Leute beobachtete, die sich um diese Uhrzeit in diese abgelegene Straße verirrten. Kieran lehnte neben ihm, versuchte, alles genau so zu sehen wie er, schaffte es aber nicht. Ihm fehlten Farens Erfahrungen. Daher blieb ihm nur zu warten, bis der andere ihm sagte, was los war oder er sich endlich entschloss, weiterzugehen. Beides konnte, erfahrungsgemäß, dauern.

Die Wand in seinem Rücken war rau und kalt, nicht einmal seinem Mantel gelang es, das abzufangen. Die Kälte kroch unter seine Haut und setzte sich dort fest. Faren sagte er davon aber lieber – noch – nichts, am Ende käme dieser sonst nur wieder auf Ideen.

„Hey“, begann Faren plötzlich, „glaubst du, das ist die Erderwärmung? Also, dass es heute recht warm ist für eine Januarnacht?“

„Es ist mir neu, dass du dich für so etwas interessierst. War es früher nie ungewöhnlich warm im Winter?“

Faren neigte den Kopf und schielte in Richtung des bewölkten Himmels. „Kann gut sein. An manche Sachen erinnert man sich später nicht mehr so wirklich.“

Kieran sagte darauf nichts mehr, aber ihm fiel selbst auf, wie sehr er seinen Partner gerade anstarrte. Deswegen löste er seinen Blick von Faren und richtete ihn wieder auf die Passanten. „Verstehe.“

Sagen würde er es nicht, aber er hoffte innerlich, dass der andere auch noch jene Sachen von der Straße vergaß, die ihm heute noch Albträume bescherten.

„Spürst du eigentlich irgendwelche Dämonen?“, fragte Faren.

Stimmt, deswegen waren sie ja überhaupt in dieser Nacht unterwegs, es war ihre Schicht, zu jagen. Parthalan hatte ihnen aber bereits mitgeteilt, dass es wohl kaum etwas zu tun gäbe, so ruhig wie sich alle Dämonen in den letzten Nächten verhalten hatten.

„Warum fragst du mich das?“, brummte Kieran. „Nur weil ich etwa auch ein Dämon bin?“

Im selben Moment bereute er, es gesagt zu haben. Von allen Menschen auf der Welt, wollte er Faren die wenigsten Vorwürfe machen und ein schlechtes Gewissen einreden.

Als dieser nicht reagierte, wollte Kieran sich schon entschuldigen – da wurde er plötzlich von Faren gepackt und in einem Klammergriff näher zu ihm gezogen. Erschrocken schnappte Kieran nach Luft und versuchte halbherzig, sich zu befreien, aber Faren hielt ihn überraschend fest.

„Ach komm~“, sagte er amüsiert und ignorierte dabei Kierans wenig erfolgreiches Zappeln. „Du bist doch mein kleiner Lieblings-Dämon, wie kannst du da denken, dass ich eine schlechte Meinung von dir habe? Ich hab dich nur gefragt, weil du einfach der bessere Jäger bist~.“

Damit ließ er Kieran wieder los, trat aber nicht zurück. Seine Nähe war angenehm, genau wie sein vertrauter Geruch. Da er nicht geraucht hatte, war er auch noch unverfälscht. „Also? Spürst du irgendetwas? Oder langweilen wir uns heute nur?“

Kieran konzentrierte sich, blendete die Anwesenheit der Menschen aus. Es schien ihm, dass sich eine Art sechster Sinn entfaltete, sich dabei ausbreitete, durch die Straßen und Gassen, über Gebäude und Wahrzeichen. Dieser Sinn suchte nach Dämonen, ihren Spuren, ihren Überresten. Er nahm feine Anzeichen dafür wahr, dass es solche gab, aber sie waren nicht stark genug, um wirklich verfolgt werden zu müssen. Es hatte hier Dämonen gegeben, aber sie waren schon lange weg.

„Vielleicht sollten wir in einem anderen Stadtteil suchen“, schlug Kieran vor. „Es sind nicht so viele Jäger unterwegs, also dürften andere Gebiete noch nicht abgedeckt sein.“

In Farens Gesicht sah er für diesen Vorschlag keine Begeisterung. „Ich hatte eigentlich gehofft, du sagst mir, wir haben für heute frei und können machen, was wir wollen.“

„Tut mir leid, nein. Das sage ich dir erst, wenn wir auch andere Gebiete kontrolliert haben.“

Faren seufzte ergeben. „Okay. Alles, was du willst~.“

Statt einfach loszugehen, nahm er Kierans Arm und hakte ihn bei sich unter. Dann erst lief er los.

Schon bald verfielen sie beide in einen Gleichschritt, trotz Farens wesentlich längerer Beine. Für Kieran war diese Erkenntnis angenehm, in gewisser Weise sogar schön. Es sagte ihm, wie nah sie einander inzwischen standen.

Sie verließen die wenig belebte Straße, um durch einen Hinterhof zu gehen, der ihnen einiges an Zeit ersparen sollte – aber sie hielten beide abrupt wieder inne, kaum dass sie um die Ecke des dazugehörigen Lagerhauses gebogen waren.

Statt des erwarteten Hofes mit asphaltierten Parkplätzen, auf denen um diese Zeit nur selten Autos parkten, erstreckte sich vor ihnen eine hügelige Landschaft. Der Boden schien auf den ersten Blick aus dicken Fäden zu bestehen, die miteinander verflochten waren und sich dennoch bewegten. Dadurch sah es so aus als ob die Hügel atmeten, was ein … beunruhigender Gedanke war.

Die Lagerhalle war noch immer da, aber unzählige Augen waren aus der Wand gewachsen und blickten, sich rollend und drehend, in alle möglichen Richtungen, ohne sich auf eine zu konzentrieren.

„Prima“, seufzte Faren. „Wir sind einem Reinmahr in die Arme gelaufen.“

Kieran warf einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass sich nun auch dort eine hügelige Landschaft befand. „Sieht ganz so aus.“

Reinmahre gehörten zu den Albträumen, die von Traumbrechern bekämpft wurden – und sie waren so ziemlich die einzigen, die auch die Realität beeinflussen konnten. Normalerweise traf man sie eher selten, aber manchmal tappte ein Dämonenjäger doch in ihre Falle. Zum Glück waren die Traumbrecher meistens nicht fern, aber bis dahin mussten sie es allein schaffen. Hier nur herumzustehen, machte die Sache allerdings nicht besser.

Sie nickten sich zu und machten den ersten Schritt auf die Fäden.

Unter Kierans Füßen fühlten sie sich weich an, sie gaben sogar ein wenig nach, hielten aber stand. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, um keine Unruhe im Albtraum zu erzeugen.

„Wenn ich ein Traumbrecher wäre“, bemerkte Faren leise, „hätte ich den Reinmahr sofort erledigt.“

Kieran dachte wieder an Luans Erzählung der anderen Zeitachse zurück. Faren war dort ein Traumbrecher gewesen, zusammen mit Ferris, seinem Ehemann. War dieser Kommentar ein unbewusstes Sehnen nach dem damaligen Zustand?

Bevor er zu negativ werden konnte, hörte er bereits wieder Farens Stimme: „Kieran, denk nicht immer so schlimme Sachen. Da runzelst du so die Stirn und das gibt frühzeitig Falten.“

Dabei deutete er auf seine eigene Stirn, um die Stelle zu verdeutlichen – aber bei Kieran führte das nur dazu, dass er sie erst recht runzelte. „Meine Falten können dir doch egal sein.“

„Oh, ich fände dich auch mit Falten charmant, ich wollte dich nur warnen.“

Er zwinkerte Kieran zu. Dann sah er wieder nach vorne. „Warum müssen diese Albträume eigentlich immer derart unheimlich sein? Kann es nicht mal einen Bösewicht geben, dessen Albträume von Ponys und Regenbögen handeln?“

„Negative Energie“, erinnerte Kieran ihn. „Das ist es, was Albträume anzieht. Ponys und Regenbögen sind zu positiv besetzt dafür.“

„Verdammte Logik.“

Solange sie keine Angst zeigten, dürfte die Welt nicht auf sie reagieren, wie Kieran hoffte. Glücklicherweise spürte er diese ohnehin nur selten, also dürfte es kein Problem für ihn sein, damit zurechtzukommen. Wegen Faren machte er sich da schon eher Sorgen – aber andererseits hatte der auf der Straße sicher schon wesentlich schlimmere Dinge erlebt.

Nach einer Strecke, die sich anfühlte als hätten sie den Parkplatz überquert, hielten sie beide noch einmal inne. Der Himmel, der sich moosgrün über ihnen erstreckte, ließ eine Gänsehaut auf Kierans Körper entstehen. Aber er weigerte sich, das als Angst zu betrachten – und der Albtraum stimmte ihm offenbar auch darin zu, denn er reagierte nicht.

Jedenfalls, wenn man von den Stimmen absah, die leise flüsternd um sie herum schwirrten. Er konnte ihren genauen Aufenthaltsort nicht ausmachen, da sie immer aus einer anderen Richtung zu kommen schienen, wenn er sich in eine bestimmte wandte.

„Das erinnert mich an früher.“ Faren lächelte so schief, die Mundwinkel bildeten fast eine Grimasse. „Nachts haben wir manchmal solche Stimmen gehört. Wir sind ihnen aber zum Glück nie nachgegangen. So wie es aussieht, hätte das böse enden können.“

Einer von ihnen hätte in einem Albtraum landen können, vielleicht sogar Faren selbst. Kieran wollte sich das gar nicht vorstellen, aber er konnte nichts dagegen ausrichten, dass er es doch tat – und ihn ein schreckliches Grauen umfing, als ihm bewusst wurde, dass er Faren fast nicht kennen gelernt hätte.

Er wollte den Gedanken verdrängen, sich nicht mehr damit befassen, aber je mehr er ihn ablehnte, desto lebendiger wurde er in seinem Inneren, und desto mehr reagierte der Albtraum darauf. Die Stimmen wurden lauter. Einige der Fäden lösten sich von ihrem Stamm, schossen nach oben und schlangen sich in Sekundenschnelle um Faren.

„Hey!“ Er versuchte, sich zu befreien, aber sie zogen sich dafür nur noch mehr zusammen. Selbst der von ihm beschworenen Sense gelang es nicht, die Fäden zu durchtrennen. Bald würde er von dem Albtraum verschlungen werden, und-

„Kieran!“

Er atmete erschrocken ein, als Farens Ruf seine Gedanken durchbrach. Sofort spürte er eine Reaktion darauf, etwas zog sich zusammen, schlang sich dichter um ihn, sein Oberkörper schmerzte. Als er an sich herabsah, entdeckte er auch den Grund dafür: Er war derjenige, der gefesselt war, nicht Faren.

Diese Erkenntnis erfüllte ihn allerdings nicht mit noch mehr Furcht, sondern Erleichterung. Eine Emotion, die den Albtraum offenbar verwirrte. Die Fäden lockerten sich wieder ein wenig, genug, um Farens Sense zu erlauben, sie nun doch zu zertrennen. Die leblosen Reste fielen von Kieran ab und lösten sich in weißen Traumsand auf, was er nur halb registrierte.

Im selben Moment, in dem er wieder frei war, griff er nach einer freien Hand von Faren – obwohl er ihn lieber umarmen wollte – und rannte gemeinsam mit ihm los.

Der Albtraum reagierte mit unzähligen Fäden, die sich von ihren Bündeln lösten, versuchten, sie einzufangen und erneut Kontrolle über sie auszuüben. Aber selbst während einer Flucht fühlte Kieran sich noch im Vorteil. Er war aktiv, kein passiver Part, der nur seiner Umgebung ausgesetzt war. Er würde gewinnen und das hier überleben.

Gibt es überhaupt einen Ausweg aus einem Reinmahr?

Im Endeffekt wusste er zu wenig darüber. Sie waren lediglich über sie unterrichtet worden, weil immer wieder die Gefahr bestand, in einen solchen hineinzulaufen. Aber außer der Aufforderung, zu warten, bis ein Traumbrecher käme, hatte man ihnen nichts weiter auf den Weg gegeben.

„Es wird wohl nichts bringen, wenn wir den Kern finden, was?“

Kieran warf einen kurzen Blick zu Faren, der sich erstaunlich gut hielt. Dafür, dass er wesentlich weniger Übung als Kieran besaß, war er wirklich ausdauernd. „Ich bezweifle, dass wir ihm etwas anhaben können.“

Dämonen mochten in manchen Instanzen vielleicht aus Albträumen entstehen, aber dennoch benötigte man vollkommen andere Kräfte, um gegen sie vorzugehen. Deswegen existierten die verschiedenen Jäger überhaupt erst.

Der Albtraum reagierte indessen auf ihre Flucht: Die Fäden vor ihnen flochten sich rasend schnell zu einer Wand zusammen, die zu hoch war, um sie mit einem Sprung zu überqueren. Kieran spielte mit dem Gedanken, zu klettern, aber ein gewaltiger Chor von kreischenden Stimmen brachte ihn wieder davon ab. Er glaubte zu spüren, wie unzählige Hände aus der Dunkelheit auf ihn zeigten, seinen Aufenthaltsort verrieten. Aber er wollte nicht herausfinden, wer dieses Gebiet beherrschte.

„Warum sind die so wütend auf uns?“, fragte Faren genervt. „Die haben zuerst angegriffen.“

Auf eine solche Logik ließen Albträume sich mit Sicherheit nicht ein, deswegen müssten sie es weiter mit einer Flucht versuchen.

Doch noch im selben Moment, in dem er das dachte, übertönte ein lauter Knall das Kreischen, gefolgt von einem blendenden Licht, das den Himmel erfüllte. Kieran blieb stehen, er kniff die Augen zusammen, versuchte weiterhin, die Kontrolle zu behalten, seine Gegner nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Fäden lösten sich allerdings bereits auf, der Himmel bekam Risse – und zersplitterte schließlich. Glitzernde Scherben regneten herab, verwandelten sich aber innerhalb kürzester Zeit in Traumsand, der wirkungslos auf den Boden rieselte und sich dort sammelte.

Als Kieran die Augen wieder vollkommen öffnete, stellte er fest, dass sie sich in einer kaum besuchten Seitenstraße befanden, nur wenige hundert Meter hinter dem Parkplatz. Faren atmete erleichtert auf. „Gott sei Dank ist das wieder vorbei. Ich hasse Albträume, zum Glück bin ich kein Traumbrecher geworden.“

Diese Aussage war ein angenehmer Kontrast zu seiner vorigen über diesen Beruf. Kieran musste darüber ein wenig lächeln, aber er ließ es sofort wieder verschwinden, als er eine weitere Person in ihrer Nähe bemerkte. Er wandte sich dieser zu und runzelte die Stirn, als er ihn erkannte. Anders als Faren, der sofort schmunzelte. „Na, wenn das mal nicht Rowan Durante ist.“

Tatsächlich waren sie ihm bereits mehrmals begegnet, wenn sie beim Arbeiten gewesen waren. Normalerweise aber nur, weil sie ihm einen gerade zum Dämon gewordenen Albtraum als Gegner weggeschnappt hatten. Faren war in dieser Disziplin überraschend gut.

Möglicherweise war das aber auch der Grund, weswegen Rowan sie derart finster ansah. Er sagte nichts, aber an dem neben ihm ruhenden Hammer, der genau so groß war wie er, war zu erahnen, dass er derjenige gewesen war, der sie gerettet hatte. Der schwer aussehende Kopf der Waffe war auf dem Boden, aber Rowan hatte eine Hand immer noch auf dem Griff, bereit dazu, jederzeit einen weiteren Angriff auszuführen.

Faren tippte sich auch sofort mit zwei Fingern wie bei einem Salut an die Stirn. „Danke, Mann. Das ist echt nett von dir gewesen.“

„Hätte ich gewusst, dass ihr beiden die Opfer seid, hätte ich noch etwas gewartet“, brummte Rowan.

Im Gegensatz zu so manch anderem Jäger schien es ihm weniger um die ideologische Komponente zu gehen, so kam es Kieran jedenfalls vor. Und er wünschte sich, Faren müsste den anderen nicht immer derart provozieren. Bei manchen Personen stieß das einfach nicht auf Gegenliebe.

„In dem Fall bin ich ja froh, dass ihr das nicht vorher wissen könnt“, meinte Faren. „Sonst wären wir am Ende noch in einem Strickpulli verarbeitet worden. Aber wir hätten sicher hübsche Motive abgegeben.“

Er lachte leise über seinen eigenen Witz, hörte aber rasch wieder damit auf, als er merkte, dass er keine Reaktion von den beiden anderen bekam, und räusperte sich vernehmlich. „Hey, wenn wir uns schon alle treffen, wollen wir nicht was trinken gehen oder so? Man könnte ja mal alte Kriegsbeile begraben und Frieden schließen.“

Rowan hob den Hammer mit Leichtigkeit hoch und schwang ihn kreiselnd auf seinen Rücken, wo er einfach verschwand. Traumbrecher mochten davon beeindruckt sein, normale Menschen ebenfalls; aber für Dämonenjäger war das ein alltäglicher Anblick, deswegen zeigte keiner von ihnen auch nur einen Hauch von Erstaunen.

„Ich geh sicher mit keinem von euch trinken“, erwiderte Rowan schließlich. „Im Gegensatz zu euch nehme ich meinen Job noch ernst.“

„Auch bekannt als Rowan Smash.“ Faren gluckste. „Letztes Mal musste eine ganze Fabrik von den Schöpfern wieder aufgebaut werden. Also-“

Kieran hob eine Hand, um Faren zum Schweigen zu bringen. „Es tut mir leid, Rowan. Wir beide sind lediglich durch Zufall in dein Revier geraten. Wir werden auch sofort unseren Weg fortsetzen. Bitte stör dich nicht an Faren. Er redet manchmal schneller als er denkt.“

Rowans Gesicht blieb vollkommen unverändert, aber es kam Kieran vor als sähe er ihn nicht derart mörderisch an wie etwa Faren. Das nahm er als gutes Zeichen. Er wollte keine Freundschaft mit Rowan schließen – das Konzept fand er mit seinen jetzigen Freunden schon anstrengend genug – , aber auch keine Feindschaft mit ihm aufbauen – in diesem Aspekt genügten ihm Ciar und Farran vollkommen.

„Dann seht zu, dass ihr von hier verschwindet“, sagte Rowan. „Ich rette euch nämlich nicht, wenn euch noch ein Albtraum erwischt.“

Also gab es noch einen in der Gegend. Dem wollte Kieran lieber auch aus dem Weg gehen. Deswegen griff er nach Farens Unterarm und nickte. „In Ordnung, wir verschwinden. Dir noch eine erfolgreiche Jagd, Rowan.“

Dieser schnaubte nur und wandte ihnen den Rücken zu. Kieran zog derweil seinen Partner in eine andere Richtung davon, ohne etwas zu sagen. Bevor sie nicht aus der Hörweite des anderen waren, empfand er das als zu große Gefahr, ihn doch noch provozieren zu können.

Erst nachdem sie eine gesamte Lagerhalle hinter sich gebracht hatten, entspannte Kieran sich wieder. Doch ehe er etwas sagen konnte, hörte er schon Farens leise Stimme: „Bist du sauer?“

Er hielt inne und drehte sich um. „Was? Wie kommst du darauf?“

Faren blickte ihn an wie ein Hund, der genau wusste, dass er etwas falsch gemacht hatte – und das kannte Kieran lediglich aus Filmen. „Na ja, du und Rowan ihr seid euch etwas ähnlich, deswegen könnte es sein, dass du gut vor ihm dastehen willst. Ich dachte halt, ich hätte zu viel gesagt und dich damit bloßgestellt.“

Kieran konnte ihn unmöglich in diesem Irrglauben lassen. „Hast du nicht. Ich wollte nur verhindern, dass du ihn wütend machst. Es fehlte uns gerade noch, wenn Rowan Durante gegen uns kämpfen würde.“

Die Erleichterung war Faren deutlich anzusehen, besonders als er gleich wieder eine Grimasse schnitt. „Aber echt. Der Kerl würde nicht aufgeben, bis die ganze Stadt platt ist.“

„Genau. Und das wäre ziemlich ungeschickt.“

Kieran ließ den Blick schweifen, aber nirgends war auch nur die Spur eines Dämons zu sehen. Nicht einmal Aludra ließ sich im Moment blicken, vielleicht hatte sie wegen dem Reinmahr kurzfristig ihre Spur verloren. Sorgen bereitete ihm das keine, über kurz oder lang fände sie ihn schon wieder. Darin war sie mindestens ebenso gut wie Faren.

Diesem wandte er sich auch direkt wieder zu. „Weißt du, ich denke, jetzt können wir uns guten Gewissens den Rest der Nacht freinehmen und machen, was wir wollen.“

Faren lächelte sofort wieder strahlend. „Hach, Kieran, du weißt genau, was du sagen musst, um mich glücklich zu machen~. Dann lass uns endlich Spaß haben~.“

Damit hakte er sich bei Kieran ein und zog ihn mit sich, damit sie endlich entspannen und vor allem die Erinnerungen an diesen Albtraum abschütteln könnten.
 

Rowan schnaubte leise, während er sich in die andere Richtung der beiden Störenfriede bewegte. Er konnte Dämonenjäger an und für sich schon nicht leiden – eine Antipathie, die noch von dem Krieg gegen Abteracht herrührte, der von Atanas stets mit falschen Wahrheiten angefeuert worden war – aber diesen beiden gelang es immer wieder, seine Arbeit zu stören. Seine Arbeit, das einzige, was ihm überhaupt noch Spaß machte. Wenn man in seinem Leben überhaupt von Spaß sprechen konnte.

Aber das war unwichtig. Er brauchte so etwas nicht. Freunde, Frauen, Spiele – Unsinn!

Das einzige, was Rowan brauchte, war Zerstörung, und da stimmte ihm die Kälte in seinem Inneren vollkommen zu. Alles war gut, solange er Albträume plattmachen konnte – oder auch Gebäude, wenn es sein musste. Vielleicht sogar eine ganze Stadt. Könnte er sich dann besser fühlen? Oder sollte er diese Sängerin wiedersehen? Bei ihr waren all diese Gedanken nebensächlich geworden.

Nein, darüber sollte er nicht nachdenken! Er musste sich konzentrieren! Auf die Jagd! Auf die Albträume, die er zerstören durfte, ohne irgendwelche Konsequenzen zu fürchten.

Wenn er dann erst einmal die lästigen Emotionen los war …

Er hielt inne, als er Schritte hörte, die sich ihm von der nächsten Häuserecke näherten. Automatisch griff er wieder nach seinem Hammer, zog ihn aber noch nicht hervor. Er hörte das Ticken seiner Taschenuhr, weil er sie nach diesem Treffen eben gar nicht erst deaktiviert hatte – und jetzt kam ihm das wie eine gute Idee vor.

Ehe sie die Ecke erreichten, verstummten die Schritte wieder. Wer auch immer es war, er musste direkt am Rand stehengeblieben sein. Wollte ihm da etwa jemand auf die Nerven gehen?

Er knurrte wütend – und darauf beugte sich die Person wirklich vor, sah um die Ecke herum, aber das führte bei Rowan nur zu einem Stirnrunzeln. „Was? Du schon wied-“

Es gelang ihm nicht, den Satz zu vollenden. Etwas traf ihn in der Brust, eine unangenehme Hitze breitete sich schlagartig in seinem Inneren aus und verdrängte sogar die Kälte von zuvor fast vollkommen.

Rowan spürte nur noch, wie er auf dem Boden aufschlug, dann wurde alles um ihn herum schwarz, während er in einem schier unendlichen Meer versank, nur begleitet von einer weit entfernten Stimme, die ihm ein Schlaflied zu singen schien, das er schon lange nicht mehr gehört hatte.



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