Demonic Rewind von Flordelis ([Demonic Reverie]) ================================================================================ Kapitel 5: Du darfst nur nicht aufgeben. ---------------------------------------- Luan lief in einem fast traumgleichen Zustand durch die Gänge Abterachts. Besonders wenn er allein unterwegs war, kam ihm alles noch so vertraut vor, als wäre er nicht durch die Zeit gereist, sondern befände sich immer noch in einer Partnerschaft mit Kieran, ein Gedanke, der sein Herz noch schwerer werden ließ als es bislang gewesen war. Sobald er für einen kurzen Moment glaubte, er müsste nur Kieran finden, um sich an ihn schmiegen zu können, wurde ihm wieder bewusst, dass das nicht möglich wäre. Niemals wieder. Und dieser Gedanke stach unangenehm in seiner Brust. Er sehnte sich nach den Klängen der Trugmahre, die ihn stets zu beruhigen verstanden hatten, aber in Abteracht gab es keine von ihnen. Also blieben ihm nur andere Personen. Allerdings wusste er auch nicht so recht, wen genau er suchen sollte. Kieran kam ihm natürlich sofort in den Sinn, aber das Problem wäre hierbei höchstwahrscheinlich, dass dieser gar nicht mit ihm reden wollte, und er konnte es auch verstehen. Nachdem er sich derart zurückgewiesen gefühlt hatte, wollte er Luan sicher erst einmal nicht mehr sehen. Ihm selbst erginge es in einer solchen Situation sicher ähnlich. Deswegen ließ er seine Füße einfach den Weg bestimmen – und er staunte nicht schlecht, als er bei Faren endete, der scheinbar wie zufällig in einem Gang, den Luan nicht kannte, gegen die Wand lehnte, die Beine verschränkt, die Hände in den Hosentaschen. Während er so dastand und auf den Boden starrte, sah er so nachdenklich und verloren aus, wie Luan ihn noch nie zuvor gesehen hatte, nicht einmal als ihm bewusst geworden war, dass er Kieran an ihn verloren hatte. Doch plötzlich bemerkte er wohl, dass er beobachtet wurde, denn Faren hob den Blick und sah ihn direkt an. Kaum erkannte er Luan, lächelte er und hob eine Hand. „Hey, alles klar?“ Nur zögernd ging er näher und musterte dabei genau Farens Gesicht. „Bist du nicht auch böse?“ Wusste er überhaupt schon Bescheid? „Wegen dieser Zeitreise-Geschichte? Nun schau nicht so verwundert. Neuigkeiten verbreiten sich in Abteracht schnell, jedenfalls wenn man die richtigen Leute kennt.“ Das mochte durchaus sein, aber es verwunderte Luan dennoch, immerhin hatte das Gespräch gerade eben erst stattgefunden. Wer mochte diese Details jetzt bereits weitergetragen haben? Und an wen alles? Faren winkte ab. „Nun mach dir mal keine Sorgen. Ich bin dir deswegen nicht sauer. Ich werde dich nicht mal fragen, wie mein voriges Leben war~. Ich kann mir immerhin bereits denken, dass da nichts zwischen mir und Kieran lief.“ Das überrumpelte Luan aus mehreren Gründen. Zum einen fragte er sich, wie sich Gerüchte hier so schnell verbreiten konnten und zum anderen interessierte ihn, wie Faren denn darauf kam. Also hakte er nach und erhielt auch sofort eine Antwort, deren Logik ihn überraschte: „Du hast gesagt, du hättest das für Kieran getan. In dem Fall musst du ihn sehr, sehr lieben – aber in dieser Zeitachse hast du sogar versucht, dich von ihm fernzuhalten. Das muss doch einfach bedeuten, dass du mit ihm zusammen warst, es aber für besser hieltest, ihn irgendjemand anderem zu überlassen. Wobei ich mich natürlich bevorzugen würde.“ Er deutete mit dem Daumen auf sich, während Luan ihn nur verwundert ansehen konnte. „Was? Hat meine umwerfende Logik dich derart sprachlos gemacht?“ Faren lachte ein herrlich reines Lachen, das so ungezwungen wirkte, dass Luan ihn regelrecht beneidete. „In gewisser Weise. Und? Was sagst du?“ Faren stellte sich endlich wieder aufrecht hin und klopfte ihm auf die Schulter. „Bei mir ist Kieran in allerbesten Händen, ich garantiere es dir. Luan hoffte, dass es wirklich so war, dass Faren sich so gut um Kieran kümmerte, dass am Ende niemand mehr wütend sein müsste, über Luans Einmischen. Und er hoffte, dass Kieran das auch noch zu akzeptieren lernte. Irgendwann einmal müsste er das doch, oder? „Wo ist Kieran eigentlich gerade?“ Faren deutete mit dem Daumen hinter sich. „Er ist am Kern von Abteracht. Da darf ich nicht hin, deswegen versteckt er sich immer dort, wenn er allein sein will.“ Daher kannte Luan diesen Bereich nicht. Er war niemals in der Nähe des Kerns gewesen, hatte bis zu Parthalans Erzählung zuvor nicht einmal gewusst, dass es einen solchen überhaupt gab. Aber er konnte sich denken, dass nicht einfach jeder hinein durfte. „Faren … kann ich dich vielleicht ein paar Sachen fragen? Wegen Kieran?“ Wenn sie schon allein hier waren, sah Luan es als durchaus möglich an, endlich ein paar Antworten zu bekommen, die ihn seit gestern beschäftigten. Glücklicherweise schien Faren das sogar zu freuen, er klopfte sich mit der Faust gegen die Brust. „Klar, ich bin hier der Kieran-Experte. Mit kleinen Ausnahmen natürlich. Frag ruhig.“ Gut, mit welcher Frage sollte er anfangen? Es gab doch einige. Aber vielleicht sollte er lieber nicht alle fragen, sonst geschähe es am Ende doch noch, dass seine Gefühle ihn übermannten. „Warum lebt Kieran nicht mehr bei den Lanes?“ Faren verschränkte die Arme vor seiner Brust, er runzelte nachdenklich die Stirn. „Das ist eine komplizierte Geschichte.“ „Konia meinte, es wäre wegen seiner Beziehung zu Ciar gewesen.“ „Das ist nur die halbe Wahrheit.“ Er seufzte leise. „Ciar und Kieran hatten wirklich einige schwere Probleme und auch Auseinandersetzungen miteinander. Was ich auch verstehen kann. Ich mag Wyot, aber wäre er, ob freiwillig oder nicht, so lange im Besitz meines Körpers gewesen, könnte er sich auch auf ziemlich viel Frust und Wut einstellen.“ Wyot … der Name war Luan vollkommen neu. Aber er ging davon aus, dass es sich dabei um den Namen von Farens Dämon handeln musste. Was ihn zu der Frage führte, ob Kieran als Dämon wohl auch einen besonderen Namen hatte – oder ob er wirklich einfach Kieran war. Darum ging es gerade aber auch nicht. „In gewisser Weise verstehe ich das auch“, versicherte er. „Aber ich denke trotzdem, sie sollten sich vertragen. Sie sind immerhin so etwas wie Brüder.“ „Das dachte Cath auch. Deswegen haben sie es wirklich lange versucht. Aber Ciar ist sehr nachtragend. Und dann war da noch irgendeine Sache, die mit den Zwillingen zu tun hat, über die ich aber auch keine genauen Details kenne. Frag lieber Cath danach.“ Also war doch irgendetwas vorgefallen und … „Moment!“, platzte es aus Luan heraus. „Zwillinge? Etwa Amy und Mya?“ Etwas an Farens Gesichtsausdruck schien sich ein wenig zu verändern, fast kam es Luan so vor, als fiele der letzte Rest von Misstrauen von ihm ab. „Richtig. Die beiden werden dieses Jahr schon zwei. Wegen den beiden kam es wohl auch dazu, dass Kieran jetzt hier lebt.“ Es durchfuhr Luan eiskalt. Hatte er etwa auch das Leben der beiden riskiert? In dem Fall hatte er zumindest auf die Schwangerschaft keinerlei Einfluss gehabt, Cathan und Granya waren ja bereits verheiratet gewesen und sie war auch schon schwanger geworden, bevor er Kieran damals kennen gelernt hatte. Aber was könnte geschehen sein, dass die Familie beschloss, eines ihrer Mitglieder einfach abzuschieben? Er müsste wohl wirklich Cathan danach fragen – falls dieser ihm darauf zu antworten gewillt war. „Willst du sonst noch was über Kieran wissen?“, hakte Faren nach. Auch wenn das Angebot großzügig war, fiel Luan sonst keine weitere Frage ein, die Kieran betraf, weswegen er sich einem anderen Thema widmete, auf das Faren ihm hoffentlich auch antworten konnte: „Hast du eigentlich noch Kontakt zu Ferris?“ Farens Gesicht verfinsterte sich ein wenig, aber sein Lächeln blieb dennoch erhalten. „Zu meinem Bro? Ja, schon. Also hin und wieder mal. Seit er bei diesem Therapeuten lebt, hat er nicht mehr so viel Zeit für anderes.“ „Er lebt wirklich bei Vincent?“ Luan konnte seine Begeisterung darüber kaum zügeln. „Nicht mehr bei seinem Bruder?“ Zumindest bei einer Person hätte er also vielleicht nicht den größten Mist gebaut, den er erst einmal wieder ausbügeln müsste. „Soweit Ferris es mir erzählte, ist dieser Therapeut einfach irgendwann aufgetaucht und hat ihn mit seiner Stimme dazu gezwungen, mit sich zu kommen.“ Gut, er hatte nicht bedacht, dass ein Vincent, der nicht viel Zeit mit Ferris und Faren verbracht hatte, weniger subtil vorging als etwa eine Cerise. Aber solange es im Endeffekt gut für Ferris ausgegangen war … „Wie geht es ihm denn?“ „Ziemlich gut. Er mag diesen Therapeuten sehr – auch wenn ich das meistens nicht so wirklich verstehe.“ Faren zuckte mit den Schultern. „Aber solang es ihm gefällt, soll es mir recht sein. Und immerhin lebt er bei dem Kerl besser als bei seinem Bruder.“ Dem konnte Luan nur zustimmen – abgesehen davon, dass er durchaus verstand, weswegen man Vincent mögen könnte. Aber vermutlich hatte Faren in dieser Welt nicht viel Zeit mit ihm verbracht. Er fragte sich, ob er auch in Erfahrung bringen sollte, was aus Ferris' Bruder geworden war, aber er glaubte nicht, dass Faren das wusste. Solange er Ferris in Ruhe ließ, war es im Endeffekt auch egal, sagte Luan sich schließlich. „Du verbringst wirklich sehr viel Zeit mit Kieran, oder?“ Farens Gesichtsausdruck (warum bemerkte er das erst jetzt?) wurde angenehm weich, als erinnerte er sich gerade daran, wie sehr er denjenigen liebte, über den er gerade nachdachte. „Wir sind Partner, wie gesagt. Und weil wir uns noch von früher kennen und er mir sehr viel bedeutet, will ich ihm natürlich beistehen.“ Und so wie Luan seinen früheren Freund kannte, war Faren auch der einzige, bei dem er es zuließ. „Hör zu“, sagte er mit selbst für sich ungewohnter Ernsthaftigkeit zu Faren, „ich möchte, dass du dich gut um Kieran kümmerst. Und zwar wirklich gut. Er verdient das, besonders nach dem, was ich ihm angetan habe.“ Sein Gegenüber erwiderte seinen Blick mit derselben Ernsthaftigkeit, dann nickte er, nachdem er sich diese Worte wohl genau hatte durch den Kopf gehen lassen. „Ich werde alles tun, was ich kann, um Kieran glücklich zu machen.“ „Danke, Faren.“ Das war alles, was er hatte hören wollen. Wenn Faren sich um Kieran kümmerte, ging es ihm mit Sicherheit gut. Zumindest bei Ferris hatte es gut funktioniert. Nach dieser Bestätigung verabschiedete Luan sich bereits wieder von Faren und ging davon, um zu sehen, ob er noch mehr Leute traf, die er kannte. Vielleicht wäre sogar Cathan gerade hier, dann könnte er ihn nach den Gründen für Kierans Auszug fragen. Sein Magen, der ihm sagte, dass es langsam Zeit für das Mittagessen wurde, lenkte seine Schritte in Richtung des Speisesaals. Erfahrungsgemäß dürften sich dort ohnehin die meisten Personen befinden, wenn es auf die Essenszeit zuging. Auf dem Weg dorthin traf er eine Menge anderer Dämonenjäger, die ihn knapp grüßten oder ihm auch nur zunickten. Keiner fragte ihn, was er hier machte, möglicherweise wussten sie von dem zeitreisenden Gast oder sie legten keinen großen Wert auf vermeintliche Neulinge. Aber er tendierte zum ersten Grund, da es nicht sonderlich oft vollkommen unbekannte Dämonenjäger gab. Kieran hatte ihm erzählt, dass es nur bestimmte Familien gab, die Jäger hervorbrachten, und diese kannten sich untereinander, weswegen dann auch die Kinder einander kannten. Sehr selten kam es vor, dass ein Dämon in einen gänzlich anderen Menschen geboren wurde – oder dass man von dieser Person bis zum Erwachen noch nichts gehört hatte, wie eben Konia. Auch traf Luan auf Daragh, der gerade gemeinsam mit Russel und Zashi, in eine Unterhaltung vertieft, in Richtung der Unterkünfte unterwegs war. Er versuchte, zu lauschen, entnahm aber nur, dass in letzter Zeit wohl seltener bestimmte Dämonen zu sehen waren. Für einen kurzen Moment wollte Luan die drei anhalten, um Zashi nach einem Ausblick in die Zukunft zu fragen, gleichzeitig wollte er aber auch von Russel wissen, wo denn seine Partnerin – Seline – abgeblieben sei. Aber während er noch versuchte, sich deswegen zu überwinden, waren die drei bereits nicht mehr zu sehen und er wollte ihnen nicht einfach hinterherlaufen. Also setzte er seinen Weg zum Speisesaal fort, schrieb diese Punkte aber auf seine imaginäre Liste, um sie irgendwann einmal doch noch zur Sprache zu bringen. In der Nähe seines Ziels stellte er fest, dass dort weniger Leute waren, als er gedacht hätte, weswegen er ganz deutlich hören konnte, dass sich zwei Personen miteinander unterhielten – und es waren zwei Stimmen, die er ganz deutlich erkennen konnte. Im Speisesaal fand er tatsächlich Cathan und seinen Bruder Lowe an einem der vielen Tische vor. Obwohl die beiden Zwillinge waren, sahen sie sich nicht wirklich ähnlich. Lowe hatte braunes Haar und blaue Augen, seine Statur entsprach mehr der eines Athleten als einem Kämpfer – und er war ein wenig kleiner als Cathan. Aber dennoch verstand er sich äußerst gut mit seinem Bruder, wie sich wieder einmal zeigte, da er gerade dabei war, herzlich zu lachen. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagte er dann noch. „Dein Unterricht ist wohl ziemlich lange her.“ „Das war jedenfalls das letzte Mal, dass ich einen mir unbekannten Dämon einfach angreife“, sagte Cathan. „Nächstes Mal werde ich einfach ...“ Er verstummte, als er wohl bemerkte, dass Lowe direkt an ihm vorbeisah, und sah sich ebenfalls um. Sein Blick fiel auf Luan, der ihn wie versteinert einfach nur ansehen konnte, ein innerliches Stoßgebet an den Weltenwächter schickend – und tatsächlich lächelte Cathan und winkte ihn zu sich herüber. Alles in Luan vergaß für einen Moment die Probleme, in denen er sich befand, viel zu schön war dafür das Gefühl, nicht von Cathan abgelehnt zu werden. Er setzte sich zu den Brüdern an den Tisch und bemerkte dabei, wie intensiv Lowe ihn gerade musterte, als kenne er ihn wirklich, obwohl das nicht sein konnte. „Das ist Luan“, stellte Cathan ihn vor. „Oh~“, entfuhr es Lowe. „Der Luan?“ „Hat man wirklich schon so viel hier von mir gehört?“ Wie machten Gerüchte nur so schnell die Runde in Abteracht? Warum war ihm das nie aufgefallen? „Hat man, kleiner Zeitreisender“, bestätigte Lowe ihm lächelnd. „Aber darum geht es mir gerade eigentlich gar nicht.“ Luan sah ihn fragend an, aber da er nicht weitersprach, war es Cathan, der die Antwort übernahm: „Ich habe hier was, das du dir mal ansehen solltest, Luan.“ Er griff in seine Tasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt hervor, das er Luan gab. Dieser nahm es nur ungern an sich, da er eine schlechte Nachricht fürchtete, aber die Brüder lächelten immer noch, also konnte es nicht so schlimm sein – hoffte er. Das Blatt entpuppte sich als Bild, offensichtlich gemalt von ungeübter Kinderhand, mit Wachsmalstiften, aber es zeigte eindeutig ihn. Er konnte es kaum erklären, denn es hätte genausogut jeder andere braunhaarige junge Mann sein können, aber er war sofort davon überzeugt, dass er dargestellt werden sollte. „Was ist das?“ „Ein Bild“, antwortete Cathan schmunzelnd, ehe ihm wohl bewusst wurde, dass nur er darüber lachen konnte. „Eine meiner Töchter hat das vor ein paar Tagen gemalt. Als ich gestern dann von dir erzählt habe, hat sie es wieder rausgeholt, mir in die Hand gedrückt und dabei dauernd deinen Namen wiederholt.“ Luan sah verblüfft wieder auf das Bild hinab. Bedeutete das etwa, Amy und Mya erinnerten sich an ihn? Aber wie sollte das funktionieren? In dieser Zeit war er ihnen doch niemals begegnet. „Früher haben Granya und ich angenommen, dass es sich bei Luan um einen imaginären Freund handelt oder dass es der Name ihres Dämons sei. Aber jetzt sind wir ratlos.“ Das war er selbst auch. Er fand keine Erklärung dafür – aber er war eben auch kein sonderlich schlauer Mensch (oder eben Albtraum). Das war eher ein Fall für Jii, den vielleicht jemand einmal anrufen sollte. Sicher wäre es besser, wenn er endlich verriet, was er eigentlich war. Er schob das Bild wieder in Cathans Richtung. „Ich fürchte, ich kann dir da nicht helfen. Ich weiß nicht, warum sie mich in dieser Zeit kennen.“ Cathan wirkte enttäuscht darüber, aber er nickte. „Ich hatte gehofft, du könntest mehr darüber wissen, warum die Mädchen dich kennen. Aber das war vermutlich zu viel verlangt.“ „Ich denke, es bringt vielleicht etwas, wenn ihr Luan mal zu euch einladet“, schlug Lowe vor. „Vielleicht sind die Mädels dann bereit, ein wenig mehr zu sprechen.“ Cathans Augen glitzerten ein wenig. „Oh, das ist eine gute Idee. Hast du Lust darauf, Luan?“ Diese Vorstellung war fast zu schön, um wahr zu sein. Er könnte wieder bei den Lanes am Tisch sitzen, mit ihnen essen möglicherweise – aber ohne Kieran. Es wäre dann nicht dasselbe, aber immer noch wundervoll, wie er glaubte und hoffte. Aber … „Parthalan hat gesagt, ich darf Abteracht nicht verlassen.“ Gut, er sagte, er dürfe es nicht allein verlassen, aber erlaubte er, dass Cathan ihn begleitete? Nur um dann mit dessen Familie zu essen? „Darum kümmere ich mich“, versicherte Cathan ihm. „Ich rede mit Parthalan und frage ihn.“ Da konnte Luan nicht mehr ablehnen, also stimmte er dem zu. Außerdem sehnte er sich wirklich danach, zumindest einmal das Haus der Lanes wiederzusehen. Auch ohne Kieran. Noch dazu könnte er so gleich herausfinden, wie es Ciar ging. Und das führte ihn wieder zu einem anderen Thema: „P- … Cathan, warum lebt Kieran eigentlich nicht mehr bei euch?“ Der Blick des Mannes verdüsterte sich ein wenig, aber es war kein Ärger, sondern vielmehr etwas, das Luan spontan als Verbitterung eingestuft hätte. „Das ist eine komplizierte Geschichte. Weißt du, vor zwei Jahren tauchte die Dämonin meiner Mutter wieder auf – und ist seitdem damit beschäftigt, Kieran zu verfolgen.“ „In meiner Zeit wollte sie ihn auch dazu bringen, mit ihr nach Niflheim zu kommen.“ „Ich schätze, darum geht es ihr auch diesmal“, ging Cathan darauf ein. „Aber jedenfalls verfolgt sie ihn seitdem überallhin.“ Luan konnte sich zwar nicht daran erinnern, dass er sie bislang gesehen hatte, aber er wusste selbst, wie unaufmerksam er war. Möglicherweise war Aludra also wirklich immer in Kierans Nähe gewesen, ohne dass es Luan aufgefallen war. „Das ging so weit, dass sie nachts ins Zimmer der Mädchen gegangen ist, um sich dort zu verstecken, aber … na ja, es kam durch die noch ungebildeten Kräfte der Mädchen zu einer Wechselwirkung mit denen Aludras und ...“ Cathan zuckte mit den Schultern, aber Luan konnte sich auch ohne jedes weitere Wort vorstellen, was geschehen sein mochte. „Gleichzeitig wurden die Auseinandersetzungen zwischen Kieran und Ciar immer größer, was auch nicht selten dazu führte, dass die Mädchen, wenn sie nervös wurden, ihre Fähigkeiten einsetzten.“ Das klang auch alles andere als positiv. Luan hätte nicht gedacht, dass seine Einmischung derart viel Negatives mit sich zog. „Granya und ich wollten Kieran nicht verstoßen“, fuhr Cathan fort. „Wir haben ihm nur vorgeschlagen, dass er für eine Weile lieber nach Abteracht ziehen sollte. Er hat es leider vollkommen falsch aufgefasst und sieht sich seitdem als verstoßen an.“ Unter diesen Voraussetzungen konnte Luan beide Seiten gut verstehen. Cathan und Granya hatten ihre Familie schützen wollen, Kieran dagegen musste sich natürlich zurückgewiesen fühlen. Hätte Luan vorher auch nur im Entferntesten geahnt, dass es so ausginge, wäre er niemals in der Zeit zurückgereist. „Warum konntest du nicht Ciar bitten, woanders hinzuziehen?“, fragte Luan. „Das haben wir. Aber er konnte nirgends hin, deswegen und wegen Aludra, blieb leider nur Kieran. Wir wollten weiterhin Kontakt mit ihm halten, aber er hat das vollkommen abgelehnt.“ An dem Schmerz, der sich in Cathans Gesicht zeigte, wusste Luan, dass er das auch nicht sonderlich gut fand. Nun war es aber nicht mehr rückgängig zu machen und sie müssten von dieser Position aus irgendwie weitermachen. „Das wird schon wieder“, sagte Luan mit mehr Zuversicht als er eigentlich besaß. „Du darfst nur nicht aufgeben. Wir bekommen das hin.“ „Das ist genau das, was ich immer sage“, stimmte Lowe zu. „Irgendwann wird Kieran verstehen, welche Gründe es dafür gegeben hat, und dann ist er bestimmt nicht mehr wütend.“ Er hoffte, das gelte auch für seine eigene Position. Immerhin wollte er nur das Beste, für jeden, das mussten sie erkennen und dann wurde alles wieder gut. Diese Hoffnung könnte ihm helfen, am Leben zu bleiben – und zwar so lange wie es nötig war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)