Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 30: Der Flohmarkt ------------------------- Am Samstag Nachmittag stapfte Harry mit seinen beiden Freunden über das Schulgelände hinunter nach Hogsmeade und diskutierte mit ihnen darüber, was er bei Dumbledore erfahren hatte. Leider wusste nicht einmal Hermine, was Horkruxe waren und so spekulierten sie nur darüber, was Voldemort mit dieser Frage an Slughorn bezweckt hatte. Doch da unterbrach Ron die hitzige Diskussion. „Was ist denn hier los?“, fragte er erstaunt und alle drei sahen die Straße hinunter. Sie waren gerade in Hogsmeade angekommen und vor ihnen gab es ein großes Getummel auf der Straße. Dann erkannten sie, dass lange Tische in der Mitte längs des Hauptweges aufgestellt waren, worauf einiges an Gerümpel lag. „Sieht nach einem Flohmarkt aus“, stellte Hermine fest. „Na da haben wir das Wochenende ja mal gut abgepasst“, erfreute sich der Rothaarige an dem Spektakel und ging sogleich los, um sich die Sachen anzusehen. Seine beiden Freunde folgten ihm und sahen sich ebenfalls die teilweise wundersamen Gegenstände an. Das meiste davon war Besteck, Geschirr, Krüge oder Dekorationen. Einige Dinge jedoch waren magisch und wurden von den Besuchern gemustert. Ein Verkäufer war in der Masse nicht zu sehen. Harry hatte ein Taschenmesser entdeckt, welches dem von Sirius sehr ähnlich sah. Grübelnd drehte er es in der Hand und rang mit sich, ob er es kaufen sollte. Doch beim Umsehen konnte er noch immer keinen Verkäufer entdecken, also trug er es erst einmal mit sich, bis sich jemand finden würde. Die drei Gryffindors waren bereits einige Meter weiter gegangen, als Harry ein Gegenstand ins Auge fiel. Ein unscheinbarer Kelch, der halb hinter einem goldenen Teller versteckt war, kam ihm schrecklich bekannt vor. Dann fiel es ihm ein: Der Kelch sah genauso aus, wie der, von dem er schon das gesamte Schuljahr über träumte.   Gut gelaunt ging Syndia über die Wiese von Hogwarts Richtung Hogsmeade, in Begleitung ihres mürrischen Bruders. Genüsslich sog sie die Luft ein, denn endlich hatte der Frühling begonnen und es roch nach frischem Grün. „Jetzt sei doch mal besser gelaunt, Sev“, stupste sie Severus an, der nur ausdruckslos zu ihr sah. „Warum sollte ich es? Ich habe Potter schon den ganzen Morgen an der Backe gehabt, da will ich Nachmittags nicht auch noch auf ihn aufpassen müssen.“ „Genieß es doch einfach mal ein wenig rauszukommen“, ließ sich die Hexe nicht beirren. „Ich habe besseres zu tun“, murrte der Tränkemeister fröhlich weiter. „Außerdem kann Potter sehr gut auf sich selbst aufpassen. Passende Zauber beherrscht er jedenfalls, wie wir gerade feststellen durften.“ Syndia seufzte auf: „Ich dachte er hätte den Zauber bei dir aufgeschnappt. Ich bezweifle, dass er böse Absichten hatte.“ „Nimm ihn nur weiter in Schutz.“ Ihre Unterhaltung wurde unterbrochen, als sie das Dorf betraten und verwundert stehen blieben. Es gab ein riesiges Gewusel auf den Straßen und da entdeckte Syndia die Tische. „Oh nein“, murmelte sie und auch Severus erkannte, was ihr solche Sorgen machte. „Der Kelch könnte hier überall sein“, sprach er leise und versuchte einen Überblick zu bekommen. „Schnell, wir müssen Harry finden“, wurde Syndia unruhig und die beiden liefen los. Etwas ruppig drängelten sie sich durch die Menschenmasse und versuchten entweder Harry oder den Kelch zu entdecken. Bei dem Gewusel war es jedoch schwer sich zu orientieren. „Kannst du nicht erahnen wo der Kelch ist?“, rief Severus seiner Schwester zu, während er sich durch die Massen drängelte. „Ich spüre ihn, aber...“, rief sie zurück, doch weiter kam sie nicht. Sie konnte ihn tatsächlich besser spüren und sah am Tisch entlang und da entdeckte sie ihn. Harry stand bereits davor, hatte den Kelch entdeckt und streckte die Hand nach ihm aus. „Sev!“, schrie Syndia panisch und deutete dem Schwarzhaarigen, wo Harry war. Der Tränkemeister schubste die Leute unwirsch beiseite, um sich zum Gryffindor vorzukämpfen. Auch Syndia drängelte sich voran, doch Severus war dichter dran als sie. „Potter!“, rief Severus als er dicht genug dran war und wollte gerade Harrys Hand vom Kelch wegschlagen, als sie beide plötzlich verschwanden. „NEIN!“, schrie Syndia geschockt und die Menschen um sie herum starrten sie verwirrt an. Einigen war das Verschwinden der beiden auch aufgefallen, waren jedoch nur verwirrt und dachten sich nichts weiter. Nur Hermine und Ron schauten auf die Stelle, wo Harry verschwunden war und wussten nicht, was sie davon halten sollten. Syndia war nicht in der Lage sich zu bewegen, zu sehr stand sie unter Schock. Sie fühlte sich als sei sie zu Eis gefroren, sodass ihr Körper taub und ihre Gedanken langsam waren. Sie hatte versagt. Sie waren fort. Harry und Severus, sie waren beide gerade nach Necrandolas gereist. Syndia stützte sich am langen Tisch ab und versuchte sich zu sammeln. Sie würde ihren Bruder nie wieder sehen. Sie musste sich damit abfinden, dass die beiden... so gut wie tot waren. Übelkeit kroch in ihr hoch und sie schluckte hart, um sich zusammenzureißen und ihr Zittern in den Griff zu bekommen. „Professor?“, wurde Syndia aus ihren Gedanken gerissen. Neben ihr standen Ron und Hermine und sahen sie fragend und zugleich besorgt an. Da fiel der Hexe auf, dass sie mit ihrer Energie die Gegenstände wackeln ließ. Inzwischen hatten die anderen Hexen und Zauberer Abstand zu ihr genommen und musterten sie verunsichert. Sich aufrichtend, versuchte Syndia sich zu sammeln und wandte sich ihren beiden Schülern zu. „Folgen Sie mir“, murmelte sie kaum hörbar und ging Richtung Schloss. Unsicher sahen sich Ron und Hermine an und folgten ihrer Lehrerin. Sie spürten, dass etwas gewaltig nicht stimmte und bekamen langsam Angst. Den Zauberstab mit ihrer schwachen, zitternden Hand schwingend, schickte die Lehrerin ihren Patronus vor, der sich in die Lüfte erhob und eiligst davonflatterte. Hermine musterte ihn genauer. Es sah fast aus wie ein Bussard, sicher war sie sich jedoch nicht. „Professor“, versuchte sie es nochmal vorsichtig. „Was ist da gerade passiert? Wo sind Harry und Professor Snape?“ „Nicht hier darüber reden“, murmelte Syndia wie betäubt und entdeckte in dem Moment Professor McGonagall, die vom Schloss her kam. „Minerva“, kam sie ihr entgegen und McGonagall blieb stehen. „Könntest du mir einen Gefallen tun? Finde bitte heraus, wer diesen Flohmarkt veranstaltet hat.“ „Wieso, ist etwas passiert?“, fragte diese irritiert nach und sah, wie blass ihre Kollegin war. „Ist alles in Ordnung?“ In Syndias Gesicht zeigte sich ein nervöses Zucken, bevor sie kratzig antwortete: „Nein. Komm nachher zu Dumbledore, dann erfährst du alles.“ McGonagall wusste zwar noch immer nicht, was los war, doch sie nickte. „In Ordnung. Ich kümmere mich darum.“ „Danke“, murmelte Syndia und ging weiter zum Schloss hinauf. Schweigend begleiteten die beiden Gryffindors ihre Lehrerin bis zum Büro des Schulleiters. Jetzt wurden sie richtig nervös. Dumbledore schien sie bereits zu erwarten, denn die Tür oben an der Treppe schwang auf, ohne das Syndia etwas tun musste und im Büro stand Dumbledore mit ernster Miene hinter seinem Schreibtisch. „Syndia, erklären Sie mir genau was passiert ist“, sprach er ruhig jedoch ebenfalls etwas steif. Ron und Hermine lauschten gespannt, während Syndia mit zitternder Stimme erzählte, was passiert war. „Necrandolas?“, fragte Ron nach. „Was ist das?“ Syndia wagte es nicht zu sprechen und so ergriff Dumbledore das Wort. „Necrandolas ist ein uraltes, unterirdisches Labyrinth, das als Gefängnis für Schwerverbrecher genutzt wurde. Dort unten leben alte Kreaturen und sollen die Gefangenen daran hindern, den einzigen Ausgang zu finden. Von außen ist es unmöglich den Ausgang zu öffnen oder ohne einen Portschlüssel in die Grotte zu gelangen.“ Eine kurze Stille entstand, in der die beiden Gryffindors den Direktor anstarrten, während sie vergeblich versuchten den Schock zu überwinden. Nur langsam drang zu ihnen hindurch, was die Worte zu bedeuten hatten. Harry war in einem Labyrinth mit gefährlichen Kreaturen und sie konnten ihm nicht helfen, sie konnten nicht zu ihm. „A-Aber es gibt einen Ausgang“, begann Hermine und versuchte sich damit Mut zu machen. „Sie könnten zum Ausgang gehen und wieder herauskommen. Harry ist bereits im Trimagischen Turnier durch ein Labyrinth geirrt.“ „Es ist noch nie jemand wieder lebend herausgekommen“, flüsterte Syndia fast, noch immer vor Schock in sich gekehrt. Ron schluckte und sah die ebenfalls fassungslose Hermine an. „Dann wird es Zeit, dass jemand es schafft“, lächelte Dumbledore aufmunternd, schien jedoch selbst nicht ganz an seine Worte zu glauben. „Die beiden sind nicht als Verbrecher dort hingeschickt worden. Es wird gesagt, dass nur jemand, der reinen Herzens ist, den Ausgang öffnen kann. Ihre Unschuld wird den beiden von Nutzen sein. Außerdem hat Harry bisher jede Herausforderung gemeistert.“ „Aber...“, begann Syndia und hatte nun Tränen in den Augen, „Selbst wenn das mit dem Zauber stimmt... Severus war ein Todesser. Warum sollte Necrandolas ihn verschonen?“ Erschöpft zitternd ließ sie sich in den Sessel sinken und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Auch auf Ron und Hermine wollten Dumbledores Aufmunterungen nicht so wirklich wirken. Hermine ließ sich geschockt in den anderen Sessel fallen und Ron setzte sich auf die Lehne, um seine Freundin dann in den Arm zu nehmen. Also sollten sie Harry aufgeben? Sollten sie ihn für tot erklären?   Völlig verblüfft darüber, dass der Kelch ein Portschlüssel war, taumelte Harry kurz, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Den hatte er doch, oder? Denn zu sehen war nichts, es war stockdunkel. Dann jedoch bemerkte er, dass jemand neben ihm stand. Snape. „Das ist jetzt nicht wahr...“, murmelte dieser und auf einmal wurde Harry von Snapes Zauberstab geblendet. Die beiden sahen sich im Schein des Zauberstabes um. Sie waren in einem Tunnel gelandet. Ein kalter, dunkler, steinerner Tunnel. In der Ferne konnte man Wasser tropfen hören, das einzige Geräusch überhaupt. Hinter sich sah Harry einen riesigen Haufen von Gegenständen und irritiert sah er auf den Kelch in seiner Hand. Waren das auch alles Portschlüssel? „Warum...“, knurrte Snape und schrie den verdutzten Harry dann an. „WARUM zum Geier musst du immer alles anfassen!!!! Verdammter Bengel!! Wirklich ganz große Leistung!! ICH GRATULIERE!! DIE GRÖßTE DUMMHEIT, DIE DU JE GEMACHT HAST!!!“ „Ich konnte nicht wissen, dass das ein Portschlüssel ist!“, schrie Harry verärgert zurück. Warum regte der Kerl sich so auf? Eine Falle zu Voldemort schien es nicht gewesen zu sein. Was konnte also groß schlimmes passieren? „Deshalb muss man noch lange nicht alles in die Hand nehmen! Miss Bell hätte für Sie doch eine Lehre sein müssen!!“ Erschöpft vom Wutausbruch lehnte Snape sich an die Wand und schien sich langsam zu beruhigen, allerdings auf eine seltsame Art. Harry wusste nicht, wie er dieses Verhalten interpretieren sollte. „Wo... wo sind wir?“, fragte er zögerlich nach, als der Slytherin eine Weile schwieg. „In unserem Grab“, murrte Snape, ließ sich an der Wand hinab sinken und raufte sich die Haare, das Gesicht dabei in den Armen versteckend. Das irritierte den Gryffindor noch wesentlich mehr. „Sie sollen mir keine Angst machen, sondern antworten.“ „Wozu? Wir werden eh bald sterben. Je eher desto besser“, kam es nur resigniert zurück. So langsam fand Harry das nicht mehr lustig. Snape verhielt sich untypisch und das gefiel dem Gryffindor überhaupt nicht. „Ich hatte gesagt, Sie sollen mir antworten“, versuchte Harry einen herrischeren Ton, um den alten Snape wieder herauszukitzeln. „Wie soll ich sonst wissen, warum Sie mich überhaupt anschreien?“ Der Tränkemeister seufzte, hob den Kopf, um ihn an die Wand zu lehnen und ließ seine Hände über die Knie baumeln. „Wir sind in Necrandolas, eine Grotte, aus der noch nie jemand wieder lebend herausgekommen ist. Der dunkle Lord hatte den Plan, Ihnen den letzten vorhandenen Portschlüssel dafür unterzujubeln und Sie damit endgültig loszuwerden. Syndia kam mit dem Auftrag nach Hogwarts genau das zu verhindern.“ Harry bekam große Augen und schluckte. „Wir... also... das ist eine Grotte aus der... man nicht mehr lebend herauskommt?“ „Es ist ein Labyrinth. Es wurde speziell für Verbrecher gebaut, vor über tausend Jahren. Nette kleine Haustiere gibt es hier im übrigen auch. Es gibt einen Ausgang, aber den hat bisher noch nie jemand geöffnet.“ „Dann...“, schaute Harry sich ratlos um. Er brauchte einen Moment, um die Informationen zu verarbeiten und den ersten Schock zu überwinden. Jetzt nur nicht panisch werden, kühlen Kopf bewahren. Das unangenehme Gefühl in der Brust durfte keine Oberhand gewinnen. „Dann sollten wir... doch den Ausgang suchen, oder?“ „Potter, haben Sie mir nicht zugehört?“, murrte der Slytherin genervt. „Es ist noch nie jemand hier herausgekommen.“ Der Gryffindor atmete durch. Natürlich war diese Botschaft angekommen und seine Gedanken rasten, obwohl die unterschwellige Panik sie gleichzeitig blockierte. Er zweifelte nicht an Snapes Worten, aber er wollte sich nicht wie er deprimiert hinsetzen und auf den Tod warten. Er ging die Fakten durch, um sich zu ordnen. Ein Labyrinth, das war wohl das geringste Problem. Kreaturen... das konnte schon problematischer werden. Ein Ausgang, das war die eine Hoffnung, an die er sich jetzt klammern musste. Es gab einen Ausgang. „Wenn es einen Ausgang gibt, müssen wir ihn finden“, erklärte er so ruhig und sachlich wie möglich. „Wir können wenigstens versuchen zu überleben.“ Snape sah noch immer ungerührt zu Harry auf und seinen Blick konnte der Gryffindor nicht deuten. Er schien über irgendetwas nachzudenken. Vielleicht wog er auch ihre Möglichkeiten ab. „Nach all Ihren kleinen Abenteuern scheinen Sie ziemlich davon überzeugt zu sein, dass Sie alles überleben, was, Potter?“, zog Snape die Schlussfolgerung. „Ich glaube eher, dass mein Wille mir überhaupt erst geholfen hat zu überleben“, erwiderte Harry ruhig. „Wir sollten es wenigstens versuchen.“ „Ohne Wasser werden wir keine drei Tage überleben.“ „Dann müssen wir uns eben welches suchen.“ Wieder sah Snape ihn abschätzend an und Harry fragte sich immer mehr, warum nicht auch Snape einen Anflug von Angst zeigte. Im Gegenteil, er schien vollkommen ruhig zu sein. „Wie kommt es, dass Sie noch nicht vor Panik im Kreis laufen, Potter? Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir hier elendig verrecken werden.“ „Und ich habe nicht vor hier zu verrecken!“ „Oh, und wenn der großartige Harry Potter etwas bestimmt, geschieht es auch, völlig egal wie viele Naturgesetze dabei gebrochen werden.“ Wütend erwiderte der Gryffindor: „Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun?! Mich neben Sie setzen und rumheulen?!“ Eine Weile sahen sie sich stumm an. Snape wusste, dass Harry seine Panik nur verbarg, doch Harry wurde aus Snape nicht schlau. Wollte er wirklich einfach hier sitzen bleiben und sterben? Warum war ihm keine Gefühlsregung anzusehen? „Machen Sie was sie wollen“, knurrte der Gryffindor. „Aber ich werde hier nicht bleiben.“ Damit verwendete Harry Lumos und entschied sich, dem Tunnel nach rechts zu folgen. „Warte“, meinte Snape nun doch, erhob sich und nahm die alten Portschlüssel in Augenschein. „Vielleicht ist hier etwas bei das wir gebrauchen können.“ Harry kehrte zurück und half Snape beim Durchwühlen der Sachen, doch eine Trinkflasche oder Waffe fanden sie leider nicht. Sie konnten eine Schüssel finden, die sie zusammen mit ihrem Kelch einsteckten. „Ich bin selber Schuld!“, grummelte der Slytherin vor sich hin, während er sich vom Stapel erhob. „Was musste ich auch wieder versuchen dein Leben zu retten. Ich hätte es einfach geschehen lassen sollen. Dann wärst du hier gelandet und ich könnte gemütlich in meiner Wohnung hocken. Mit einem schönen Whisky in der Hand.“ Das brachte Harry nur dazu die Augen zu verdrehen. Wahrscheinlich würde Snape es sogar feiern, dass er ihn endlich los wäre, doch einen Kommentar verkniff sich der Gryffindor. Dann marschierten sie los, schweigend. Beide wussten nicht, was auf sie zukam und so gingen sie langsam und leise, Angst davor, dass im Schatten irgendeine Kreatur auftauchen könnte. Harry folgte dem Plätschern, auch wenn er wusste, dass wahrscheinlich gerade beim Wasser irgendwelche Monster sein könnten, immerhin brauchten die auch was zu trinken. „Könnten wir nicht hoffen, dass die ganzen Viecher im Laufe der Jahrhunderte verhungert sind?“, wagte der Gryffindor zu hoffen. „Ist der Basilisk in der Kammer des Schreckens verhungert?“, stellte Snape trocken die Gegenfrage. Als Antwort ächzte Harry nur. Man wird doch wohl noch träumen dürfen. Eine ganze Weile schwiegen sie wieder und der Tunnel veränderte sich kein Stück. Wenn das wirklich ein Labyrinth war, musste doch irgendwann mal eine Abzweigung kommen. Oder waren diese Grotten so gigantisch? Als Harry ins Stolpern kam, riss ihn das aus seinen Gedanken. Um herauszufinden, was ihn da beinahe zu Fall gebracht hatte, leuchtete er den Boden ab und da lag tatsächlich etwas. Der Gryffindor schluckte und auch Snape wurde aufmerksam. Er bückte sich und hob das Etwas vom Boden auf, um es zu untersuchen. „Ist es das was ich denke?“, fragte Harry vorsichtig nach. „Ich schätze mal ein Oberschenkel“, musterte der Tränkemeister weiterhin den Knochen in seiner Hand. „Menschlich.“ „Na wunderbar“, murmelte der jüngere. Aber was hatte er erwartet? Er hatte den großen Haufen von Portschlüsseln gesehen. Jeder davon hatte mindestens einen Menschen hierher gebracht, der hier gestorben war. Wahrscheinlich würden sie noch auf viele Knochen oder sogar ganze Skelette stoßen. Der Tränkemeister beachtete den Knochen nicht weiter und stand wieder auf, um weiterzugehen. Während Harry ihm folgte, musterte er ihn unauffällig. Snape schien seine Stimmung ein wenig geändert zu haben. Er wirkte nicht mehr so hoffnungslos, sonst würde er ja auch nicht mit ihm durch die Gänge schleichen... oder? Es dauerte nicht lange da hatte Harry bereits jedes Zeitgefühl verloren. Liefen sie jetzt eine halbe Stunde? Vier Stunden? Einen ganzen Tag? Jedenfalls taten ihm langsam die Beine weh. „Sie wissen nicht zufällig, wie lange wir schon hier sind?“ Snape schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Uhr bei mir.“ „Was... Was wissen Sie noch über Necrandolas? Jede Information könnte doch wichtig sein. Zum Beispiel wie groß das hier ist.“ „Das weiß ich nicht“, antwortete der Slytherin ruhig. „Aber Syndia sagte, dass es ungewöhnlich lange gedauert hat das Labyrinth zu bauen. Und wo dir der Ausgang so wichtig ist: Er ist durch Zauber versiegelt, so dass er auch nicht von außen geöffnet werden kann. Nur wer 'reinen Herzens' ist, kann ihn öffnen.“ Kurz dachte Harry nach. „Also... sind wir in der Lage das Tor zu öffnen? Wie definiert sich denn ein reines Herz?“ „Weiß ich nicht“, antwortete Snape gereizt. „Aber ich hoffe sehr für dich, dass du dieses blöde Ding aufkriegst! Nur wegen dir sitze ich hier fest, dann kannst du gefälligst auch den Ausgang suchen.“ „Ich habe Sie nicht darum gebeten! Sie haben selbst gesagt, dass es Ihre Schuld ist“, fauchte Harry zurück. Mit einer schnellen Bewegung drehte Snape sich um und starrte seinen Gegenüber finster an. „Ach, also hätte ich nicht versuchen sollen dich zu retten? Wäre schön, wenn ich sowas früher zu hören kriegen würde! Ohne mich hättest du nicht einmal dein erstes Schuljahr überlebt!“ Murrend setzte Snape sich an die Wand gelehnt hin, offensichtlich mit der Absicht eine Pause einzulegen. „Warum rege ich mich überhaupt noch auf? Diese Arroganz müsste ich doch inzwischen gewohnt sein.“ Harry setzte sich ebenfalls, war jedoch sauer, weil Snape wieder mit den Vergleichen anfing. „Wollten Sie nicht aufhören mich mit meinem Vater zu vergleichen? Ich bin nicht so wie Sie mich sehen wollen.“ „Wenn du nicht so wärst wie ich denke, dann würden wir gar nicht erst hier sein! Du wärst gar nicht erst so dämlich gewesen, diesen blöden Kelch anzufassen.“ „Ich hatte den Kelch monatelang in meinen Träumen gesehen. Da wollte ich wissen, was es damit auf sich hat.“ „Und du bist nicht auf die Idee gekommen, dass der Dunkle Lord dir diese Träume geschickt hat, damit du eben diesen Kelch berührst?! Lernst du auch mal irgendwann aus deinen Fehlern?!“ „Ich hab...“, begann Harry zu erwidern, doch Snape deutete ihm still zu sein. Zuerst dachte Harry gar nicht daran, doch dann wurde ihm wieder bewusst, wo sie waren. Sein Tränkelehrer starrte an ihm vorbei in die Dunkelheit und das gefiel dem Gryffindor gar nicht. Langsam drehte er sich zu dieser Seite um und suchte nach dem, was Snapes Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Zuerst konnte Harry nichts sehen, doch dann hörte er ein Schaben und so etwas wie... Schritte. Nur sanfter. Pfoten vielleicht. Dann ein Schnauben. Und dieses Schnauben klang nach einem großen Tier. Harrys Hände wurden schwitzig, doch er umklammerte fest seinen Zauberstab. Snape stand langsam und geräuschlos auf, aber der Schein der beiden Zauberstäbe hatte sie wahrscheinlich eh schon verraten. Sie löschen wollte Harry aber auch nicht. Dieses... Ding konnte sicherlich im Dunkeln sehen, sie aber nicht. Jetzt hörten sie ein Grummeln, eine Art Knurren mit einem seltsamen Echo. Waren da mehrere? Nun kam es näher, immer schneller. Harrys Herz schlug ihm bis zum Hals. Blitzschnell tauchte ein riesiger Hundekopf im Lichtschein auf, und da noch einer... Moment, drei Köpfe? Ein Cerberus! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)