Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 8: Kontrollverlust -------------------------- Severus rannte so schnell er konnte zu Syndias Büro. Eigentlich war er sich sicher, dass seine Schwester sich durchaus selbst verteidigen konnte, doch hätte sie das geschafft, hätte Peeves nicht so einen Lärm gemacht. Potter musste sie erwischt haben. Nach scheinbar unendlichen Minuten bog der Tränkemeister um die letzte Ecke und blieb atemlos stehen. Vor ihm stand Syndia und hielt sich den rechten Arm, während sie zu Harry blickte, der an die Wand gelehnt mit sich selbst zu kämpfen schien. Langsam trat Severus näher, bis er neben seiner Schwester stand. „Alles in Ordnung?“, fragte er sie leise ohne den Blick von Potter abzuwenden. „Nur eine leichte Verbrennung, ist nicht weiter schlimm. Ich war zu unvorsichtig“, gab die Hexe neutral als Antwort und beobachtete ebenfalls den Gryffindor. Harry starrte auf den Boden und sein Atem ging schwer und ungleichmäßig. Ab und zu schloss er gequält die Augen und starrte dann an die Decke. Sein Körper verkrampfte sich und er rutschte seitlich an der Wand hinab. Vorsichtig machte Severus einen Schritt auf den Gryffindor zu, doch Syndia hielt ihn zurück. „Nicht! Voldemort steckt noch immer in seinem Körper. Den Kampf muss er alleine gewinnen.“ Also standen die beiden Lehrer ruhig da und beobachteten ihn. Langsam sah Harry zu seiner Lehrerin. Doch nach wenigen Augenblicken schloss er wieder gequält die Augen und sein Körper verkrampfte sich erneut. „Nein!...nicht...ich will das nicht...“, gab er schwerfällig von sich und sah wieder auf den Boden. Nach einiger Zeit blickte der Gryffindor auf und sah dieses mal zu seinem Tränkeprofessor. Severus konnte oftmals etwas rotes in den Augen des Jungen aufblitzen sehen. „Verräter“, flüsterte Harry plötzlich mit ungewöhnlich tiefer und rauer Stimme. Sofort wandte Harry den Blick ab und verkrampfte sich. Er fing an leise Zischgeräusche von sich zu geben, während sich seine rechte Hand, die seinen Zauberstab umklammert hielt, langsam hob. Erst als das Zischen lauter wurde, verstand Severus, dass es Parsel sein musste. Etwas erschrocken stellte er fest, dass Potter den Zauberstab auf ihn richtete. Er wollte gerade seinen eigenen zur Verteidigung heben, als Syndia ihn mit ihrem Arm abhielt. „Nicht. Er schafft das schon.“ Noch immer leicht unsicher ließ Severus seinen Zauberstab wieder verschwinden. „Nein“, sagte Harry wieder leise, „vergiss es...ich will...das nicht.“ Mit diesen Worten ließ er seinen Zauberstab vor sich fallen. Er schloss die Augen und lehnte seinen Kopf an die Steinmauer, während er mühsam ein Bein nach vorne ausstreckte. Mit dem Fuß stieß er den Zauberstab von sich, sodass dieser vor Syndias Füße rollte. Als ob diese Tat ihm eine große Last von den Schultern genommen hätte, seufzte Harry auf und entspannte sich etwas. Dann spannte er jeden Muskel an. Noch einmal sprach Harry Parsel, jedoch wesentlich lauter und deutlicher. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper und erschöpft und schwer atmend sackte er zur Seite. Erleichtert atmete Syndia aus. Es war vorbei, Voldemort hatte aufgegeben. Langsam trat sie auf den liegenden Schüler zu. Nur sein Brustkorb bewegte sich schnell auf und ab und seine Augenlider flackerten bei dem Versuch sie zu öffnen. Sanft strich die Hexe eine Strähne aus der schweißnassen Stirn. Langsam trat Severus zu seiner Schwester und beobachtete ihre Geste. „Was machen wir jetzt mit ihm?“ Kurz zögerte die Hexe und blickte einfach nur auf Potter, dessen Atem sich zu beruhigen schien. „Erst einmal muss er zum Krankenflügel“, antwortete sie und stand auf. „Das meinte ich eigentlich nicht“, grummelte der Tränkemeister. „Ich meinte, wie es jetzt weitergehen soll. Potter wird immer gefährlicher.“ „Das können wir den Direktor entscheiden lassen.“ Severus nickte leicht und bückte sich dann, um den Jungen hochzuheben. Dieser gab kurz einen gequälten Laut von sich, hielt jedoch die Augen geschlossen. Er schien zwischen Wach sein und Bewusstlosigkeit zu pendeln. Langsam machten sich die beiden Professoren auf den Weg zum Krankenflügel.   „Das Fieber wird bis Morgen früh abgeklungen sein. Ansonsten geht es ihm gut“, schilderte Poppy, nachdem sie Harry behandelt hatte. „Und wenn du ihm noch einmal so anstrengende Aufgaben gibst, bekommst du es mit mir zu tun, Severus!“ Mit diesen Worten ging sie in ihr Büro. Seufzend setzte Severus sich auf den Stuhl neben Harrys Bett. „Es kann ewig dauern bis der Bengel aufwacht“, beschwerte er sich und rieb sich müde die Augen. „Dann müssen wir eben so lange warten“, gab Syndia nüchtern zurück. Für einige Minuten herrschte Stille. Zwischen den Geschwistern hatte sich wieder eine leichte Spannung aufgebaut. Durch das Durcheinander hatten sie ihren Streit vollkommen beiseite geschoben, doch jetzt, wo alles vorbei war, wurden sie wieder daran erinnert. Die Hexe hielt die Stille irgendwann nicht mehr aus und seufzte laut auf. „Was ich vorhin zu dir gesagt habe...“ „Du hattest Recht, Syndia“, fiel Severus ihr leise ins Wort und verwundert sah die Hexe auf. Nachdenklich betrachtete Severus seine Hände in seinem Schoß. Er wartete einige Augenblicke, ehe er weitersprach. „Ich denke manchmal viel zu wenig über das Wohlbefinden und die Wünsche anderer nach. Ich war damals geblendet und... so wütend, auf alles und jeden. Ich war nicht Herr meiner Gefühle und Gedanken, als ich mich den Todessern anschloss und das gleiche war es auch, als ich die Prophezeiung weitergab und... Lily verlor. Sie war das einzig Gute noch in meinem Leben und meine Angst um sie hat mich... nicht klar denken lassen.“   Als Harry langsam zu Bewusstsein kam, wusste er zuerst nicht, was passiert war. Er war völlig erschöpft und es taten ihm sämtliche Muskeln weh. Er lag in einem Bett, das stand schon einmal fest, aber er war nicht im Gryffindorturm. Was war geschehen? Das letzte, was ihm einfiel war, dass er schon wieder von Albträumen geplagt worden war und sich unruhig in seinem Bett gedreht hatte. Irgendwann war er aufgestanden, um in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Doch dann... er hatte den Gryffindorturm verlassen, weil die Neugierde ihn wieder gepackt hatte und aus irgendeinem Grund war er sich sicher gewesen, bei Professor Levin Antworten zu finden. Aber als er vor ihrer Bürotür ankam und seine Lehrerin dort stehen sah, durchflutete ihn auf einmal brennender Hass und ohne darüber nachzudenken, hatte er einen Zauber auf sie geschossen. Erst da war Harry klar geworden, dass er seinen Körper nicht unter Kontrolle hatte. Danach verschwammen die Erinnerungen. Er konnte sich noch an Snapes Auftauchen erinnern, doch dann wusste er nichts mehr. Harry hörte ganz in der Nähe leise Stimmen. Ohne zu zeigen, dass er erwacht war, lauschte er. „Mir war erst im Nachhinein klar geworden, dass Lily das nicht gewollt hätte“, hörte Harry Snape sagen. Was? Lily? Sprach er tatsächlich gerade von seiner Mutter? Gespannt lauschte er weiter, in der Hoffnung mehr zu erfahren. „Aber du hattest auch Recht, dass ich nichts von dem Krieg miterlebt habe und ich deswegen nicht darüber urteilen sollte, inwieweit man in so einer Situation klar denken und handeln kann“, hörte Harry Levin sagen. „Warum hast du geheim gehalten, dass du mit Lily befreundet warst?“ „Hm?“, kam es erstaunt von Snape, „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht. Wie kommst du darauf?“ Leise antwortete Syndia: „Harry wusste davon nichts. Das hat mich etwas verwundert.“ „Potter ist auch nicht gerade der erste, mit dem ich über mein Privatleben rede, Syndia“, gab der Tränkemeister spöttisch als Antwort. „Aber es geht um seine Mutter. Ich dachte, er würde etwas besser informiert werden“, mit trauriger Stimme ergänzte Syndia nachdenklich: „Es ist irgendwie traurig, wenn man nichts über die Eltern weiß.“ Beklommen hörte Harry sich das mit an. „Dennoch ist das nicht meine Aufgabe“, widersprach Snape. „Lupin und Black hatten oft genug Zeit mit ihm zu reden. Sie hätten das genauso gut erwähnen können.“ 'Stimmt überhaupt. Warum haben die beiden das nie erwähnt?' überlegte Harry. Sie hatten immer nur von seinem Vater gesprochen, aber nie von seiner Mutter. Nun war es zu spät Sirius danach zu fragen. „Vergessen wir das einfach. Es liegt schon so weit zurück“, flüsterte Snape. Enttäuscht darüber, nicht mehr zu erfahren, musste Harry einen Seufzer unterdrücken. „Dein Arm muss versorgt werden“, sprach Snape nun wieder in seiner typischen Art. „Das ist nicht weiter schlimm. Es war nur ein Brandzauber, der durch einen Protego nicht aufgehalten werden kann. Ich hätte nicht gedacht, dass er Harry dazu bringen würde, Zauber einzusetzen, die er noch nicht kennt. Das hätte gewaltig ins Auge gehen können. Auch wenn er Harrys Körper übernommen hat, sind es noch immer die Fähigkeiten von Harry, die genutzt werden.“ Harry beschloss, dass es keinen Sinn mehr hatte, sich weiter schlafend zu stellen und begann sich zu rühren. Das bereute er jedoch im nächsten Moment, da ihm bei der Bewegung alle Muskeln schmerzten als seien sie gerissen. Seinen Lippen entwich ein Ächzen und beide Lehrer sahen zu ihm herüber. Langsam öffnete der Gryffindor die Augen und sah erst Levin und dann Snape an. „Das ging schneller als erwartet“, gab Snape trocken von sich. „Wie geht es Ihnen?“, fragte Levin ruhig nach und drehte sich zu Harry. „Naja... es ging mir schonmal besser“, murmelte Harry und ergänzte dann zögerlich: „Ich... habe Sie angegriffen.“ „Das ist nicht weiter schlimm, machen Sie sich keine Sorgen um mich. Das ist in Null Komma nichts verheilt.“ „Was ist überhaupt... passiert?“, fragte Harry mit schwacher Stimme weiter. „Denk doch mal nach, Potter!“, grummelte Snape und kassierte damit einen bösen Blick von seiner Schwester. „Voldemort“, brachte der Grünäugige heraus und erhielt ein Nicken von seiner Lehrerin „Aber... warum das alles? Warum...?“ Harry wusste nicht, wie er seine Frage formulieren sollte. Sämtliche Fragen, die ihn seit Tagen plagten, kamen nun hoch und sorgten dafür, dass der Gryffindor nicht wusste, welche er als erstes stellen sollte. „Warum jetzt? Warum bei Ihnen? Was haben Sie getan das Voldemort mich benutzt, um an Sie heranzukommen? Warum kann er überhaupt Besitz von meinem Körper ergreifen? Ich dachte... dass er es in meinem Körper nicht aushält. Das war im letzten Schuljahr doch auch so.“ „Potter, wenn Sie so weiter machen ersticken Sie, bevor man überhaupt die Möglichkeit hat, Ihnen zu antworten“, unterbrach der Tränkemeister seinen Schüler, damit dieser auch mal Luft holte. Dieser atmete tatsächlich so tief durch wie es seine schmerzenden Muskeln zuließen. Levin hingegen sah nachdenklich auf den Boden und kaute auf ihrer Unterlippe. „Ich denke die Behauptung, dass Voldemort es nicht in Ihrem Körper aushalten würde, ist nicht ganz korrekt. Es stimmt schon, dass er all Ihre Gefühle nicht gewohnt ist und sie ihn möglicherweise 'anwidern', aber ich denke, dass er das alles in Kauf nehmen würde, um an sein Ziel zu kommen. Beim ersten Mal war er darauf nicht vorbereitet und hielt es nicht aus, aber jetzt wusste er was auf ihn zukam.“ „Und warum... warum tut er es jetzt schon wieder? Und warum bei Ihnen? Was will er von Ihnen?“ Levin sah den Gryffindor nachdenklich an, ehe sie antwortete: „Voldemort ist sich seiner vielen Feinde bewusst. Er weiß auch, dass ich hinter ihm her bin und er scheint mich als Gefahr anzusehen. Er muss irgendwie herausgefunden haben, dass Sie sich in meiner Nähe befinden und versucht nun an Informationen über mich heranzukommen.“ „Sie sind hinter ihm her?“, fragte Harry nochmal nach und erhielt ein Nicken. Der Grünäugige ließ sich noch einmal die letzten Ereignisse durch den Kopf gehen und versuchte alles logisch zu sortieren. „Dann war also dieses Misstrauen... und vielleicht auch diese starke Neugierde...“ „Nicht Ihr Gefühl, sondern das von Voldemort“, beendete die Hexe Harrys Satz. „Hältst du es für eine so gute Idee Potter Informationen zu geben, obwohl der Dunkle Lord Zugriff auf sein Gedächtnis hat?“, mischte Snape sich grummelnd in das Gespräch ein und sah seine Schwester forschend an. „Ich denke, das macht jetzt keinen Unterschied mehr“, antwortete statt Levin Dumbledore, der gerade die Krankenstation betrat. „Alles in Ordnung, Harry?“ „Ja, es geht schon“, antwortete der Gryffindor und konnte gerade noch ein automatisches Nicken verhindern, das mit Sicherheit Schmerzen verursacht hätte. „Vielleicht sollte Poppy dir noch einen starken Trank gegen Muskelkater geben“, gab der Schulleiter warm lächelnd von sich. „Es wird schon gehen“, lehnte Harry ab und sah nun nachdenklich zu seinem Tränkeprofessor. „Professor...“ Snape sah auf. „Voldemort traut Ihnen nicht mehr.“ „Danke, Potter. Das wusste ich auch schon so“, gab Snape nur trocken als Antwort ohne Harry überhaupt anzusehen. „Und nur weil wir gesagt haben, dass Sie Antworten bekommen, heißt das noch lange nicht, dass Sie alles wissen dürfen. Werden Sie erstmal erwachsen, dann dürfen Sie mitreden.“ „Aber, aber, Severus“, versuchte Dumbledore einen Streit zu verhindern und hatte die Hände beschwichtigend gehoben. „Wie erwachsen soll ich denn Ihrer Meinung nach werden? Ich bin Voldemort jetzt schon so oft begegnet und ich habe es satt immer erst danach erklärt zu bekommen, was Sache ist!“, keifte Harry zurück, den Schulleiter ignorierend. „Wenn Sie sich mal daran halten würden, was Ihnen gesagt wird, könnte man Ihnen vielleicht auch etwas mehr Vertrauen schenken und Sie einweihen“, gab Snape nun wieder mit einem tödlichen Blick zurück, dem Harry jedoch mühelos standhielt. „Severus“, drohte Levin leise, doch auch sie wurde ignoriert. „Es ist doch wohl eher andersherum: Erst wenn ich weiß, was los ist, kann ich nachvollziehen, warum ich einige Dinge tun soll und dann kann ich das auch tun!“ „Es ist gut jetzt“, mischte sich die Hexe erneut ein und trat sicherheitshalber zwischen die beiden Streithähne, da Snape bereits von seinem Stuhl aufgesprungen war. „Wenn man es Ihnen sagen würde, würden Sie trotzdem noch Ihren Kopf durchsetzen und das tun was Sie für richtig halten. Als ob Sie der schlaueste Kopf der Welt wären. Hätte man Ihnen im letzten Jahr gesagt, dass der Dunkle Lord Ihnen eine Falle stellen würde, wären Sie mit Sicherheit trotzdem ins Ministerium gestürmt!“ „Es ist gut jetzt, hab ich gesagt!!“, rief Levin und stellte sich drohend vor ihren Bruder. Endlich waren beide still geworden. Harry weil ihn der letzte Kommentar wie ein Brett am Kopf getroffen hatte und Snape weil er durch Levins drohenden Blick endlich bemerkte, dass er zu weit gegangen war. Für einige Zeit schien der Moment eingefroren zu sein. Dann trat Levin wieder zur Seite. „Wir sollten Mr Potter schlafen lassen. Eigentlich ist er viel zu früh aufgewacht“, sagte sie kalt zu ihrem Bruder. Dieser sah prüfend zum Gryffindor, der aus dem gegenüberliegenden Fenster sah, und nickte langsam. Mit einem „Gute Nacht“ von Levin verließen die beiden Schwarzhaarigen den Krankenflügel, wobei Levin die Medihexe flüsternd bat, Harry einen Traumlostrank zu geben. Etwas verwirrt nickte Poppy ihr zu. Als Harry mit Dumbledore alleine war, sah er wieder auf sein Bettlaken, während Dumbledore ihn musterte. „Was mit Sirius passiert ist, war nicht deine Schuld, Harry“, gab der Professor leise und ernst von sich. Harry nickte und schnaubte aber zugleich. „Warum fühlt es sich dann trotzdem so an? Und ich scheine ja nicht der einzige zu sein, der so denkt.“ „Professor Snape kämpft genauso gerne mit Worten wie du, Harry. Er wollte dich treffen, was natürlich falsch von ihm war. Aber ich weiß, dass auch er dich nicht für schuldig hält.“ Ungläubig schnaubte Harry erneut auf. „Du solltest dich jetzt erstmal ausruhen. Ich werde mir überlegen, was wir gegen Voldemorts Eingriffe tun können“, beschloss der Direktor, woraufhin Harry nur leicht nickte. „Du weißt, dass die beste Lösung wäre, wieder bei Professor Snape Okklumentikunterricht zu nehmen“, ergänzte der Direktor über seine Halbmondbrille hinweg schauend. „Sie sehen doch, wie prächtig wir uns verstehen“, antwortete der Grünäugige sarkastisch und deutete zur Tür. „Ich bin mir sicher, dass der Großteil eurer Streitigkeiten auf Sturheit und Missverständnissen basieren“, meinte Dumbledore schlicht und ergänzte mit einem Lächeln: „Ihr seid euch im Grunde ähnlicher als ihr denkt.“ Dumbledore wünschte dem Gryffindor noch eine gute Nacht und verließ ebenfalls den Krankenflügel. Harry sah ihm nachdenklich hinterher. Seit wann hatten so viele Menschen Interesse an seiner Beziehung zu Snape? Und warum waren Levin und Dumbledore der Meinung, sie müssten sich eigentlich gut verstehen? Seit Levin hier war, hatte sich alles auf den Kopf gestellt. Und Harry wusste nicht, ob diese Veränderungen gut oder schlecht waren.   „Wo warst du die ganze Nacht?! Du warst nicht im Gryffindorturm, als wir vom Astronomieunterricht zurückkamen. Ich dachte du wolltest dich ausruhen“, wurde Harry von Ron bombardiert, sobald er die Große Halle betrat. „Ich konnte nicht schlafen und bin nochmal aufgestanden“, antwortete der Grünäugige müde und setzte sich zu seinen Freunden. „Die ganze Nacht lang?!“, fragte Hermine skeptisch nach. Genervt rieb sich der Schwarzhaarige die Augen und sah zum Lehrertisch. Levin war noch nicht da und Snape aß wie immer mies gelaunt sein Frühstück. Als ob er Harrys Blick bemerkt hätte, sah er auf und direkt in die Augen des Gryffindors. Harry musste trocken schlucken, als er an die Vorwürfe vom Vorabend dachte. Doch jetzt hatte Snapes Blick komischerweise nichts abwertendes an sich. Harry sah nachdenklich auf seinen Teller und bemerkte nicht, dass Hermine ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. „Irgendetwas ist doch passiert. Was ist los mit dir, Harry?“ Seufzend wandte Harry sich seiner Freundin zu und flüsterte: „Voldemort hat es letzte Nacht geschafft mich zu kontrollieren.“ „Und was hat er dich machen lassen?“, machte Ron nun weiter. Wieder warf Harry einen Blick zum Lehrertisch und nuschelte dann: „Ich hab Levin angegriffen. Und beinahe auch Snape.“ Hermine zog die Luft ein, bevor sie weiterbohrte: „Wie konnte das passieren? Ist Professor Levin verletzt?“ „Hermine, bitte!“, unterbrach der Grünäugige ihren Redeschwall. Kurz und knapp erzählte Harry, was geschehen war. „Und wie soll es jetzt weitergehen?“, fragte Hermine nach einer Pause und sah zum Lehrertisch. „Wurde Dumbledore informiert?“ „Ja, er war im Krankenflügel“, kam es wieder leicht genervt von Harry, der sich einen Toast nahm. „Er sagt, er würde sich überlegen was zu tun ist. Ach, und Levin meinte Voldemort würde das ganze machen, weil sie hinter ihm her ist.“ Ron runzelte die Stirn. „Hinter ihm her? Als Auror oder sowas?“ Harry zuckte die Achseln. „Sie hat einige Fähigkeiten. Ich denke mal sie wäre stark genug, um gegen ihn anzutreten.“ „Was meinst du für Fähigkeiten?“, bohrte Hermine, die heute anscheinend nichts anderes tun konnte, als Fragen zu stellen. „Naja“, begann Harry und biss von seinem Toast ab, „Sie kann durch Tarnumhänge sehen, ist in Legilimentik unschlagbar und ich hab das Gefühl sie kann noch viel mehr.“ „Na dann steht Snape neben seiner Schwester ja dumm dar“, grinste Ron und sah zum Tränkeprofessor herüber. Dieser bemerkte den Blick und starrte bösartig zurück, sodass Ron das Grinsen verging und er sich räuspernd seinem Frühstück zuwandte. Das brachte Harry zum Lachen und Hermine lächelte ihm zu. Es war das erste Mal, dass Harry lachte, seit sie hier waren. Er schien sich endlich wieder zu fangen.   Eine Woche später ging Harry schleppend zu Dumbledores Büro. Noch immer schlief er unruhig. Entweder träumte er von Sirius, hatte verwirrende Träume in denen immer wieder dieser komische Kelch vorkam oder Voldemort versuchte erneut in Harrys Erinnerungen zu graben und langsam zerrte das ziemlich an Harrys Nerven. Müsste Voldemort nicht endlich kapiert haben, dass es da nichts neues mehr zu wissen gab?! Außerdem musste der Kerl doch auch irgendwann mal schlafen, oder? Irgendwie war die Vorstellung eines schlafenden Voldemorts mehr als grotesk. Endlich war der Gryffindor am Ziel. Er klopfte an die Tür, die von alleine aufschwang. „Ah Harry, da bist du ja. Komm herein“, wurde Harry freundlich von Dumbledore begrüßt. „Sie wollten mich sprechen, Sir?“ Vor Dumbledores Schreibtisch standen Levin und Snape, die ihn, ebenso wie Dumbledore, ansahen, was Harrys Laune gleich weiter verschlechterte. „Ja, das ist richtig“, antwortete Dumbledore und deutete Harry sich zu setzen. Zögernd nahm der Brillenträger Platz und fragte nach: „Was gibt es denn?“ „Ich habe dir doch gesagt, dass ich eine Lösung für das Problem mit Voldemort suchen würde. Auch wenn es euch beiden nicht gefallen wird“, dabei sah Dumbledore zwischen Snape und Harry hin und her, „ist die einzige Möglichkeit, die mir eingefallen ist, den Okklumentikunterricht fortzuführen.“ Geschockt sahen sich die beiden Angesprochenen an. „A-Aber Professor, ich glaube nicht, dass das etwas bringen würde.“ „Es würde dir zumindest helfen die Kontrolle zu behalten“, schlug Dumbledore Harrys Argument nieder. „Außerdem würde es etwas bringen, wenn Sie sich bemühen und vor allem üben würden“, ging der Tränkemeister gleich auf Angriff über. „Es gibt doch sicherlich auch... jemand anderen, der Okklumentik beherrscht, oder nicht?“, fragte Harry, Snape ignorierend und sah flüchtig zu seiner Verteidigungslehrerin. Diese bemerkte seine Andeutung und sagte: „Ich bin zwar gut in Legilimentik, aber in Okklumentik ist Severus besser.“ Der Gryffindor seufzte auf. Langsam gingen ihm die Argumente aus. „Geben Sie es auf, Potter. Ich bin genauso wenig davon begeistert wie Sie“, sprach Snape nun genervt, „Kommen Sie morgen nach dem Abendessen in mein Büro. Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich habe noch zu tun.“ Damit verschwand der Tränkemeister aus dem Büro. „Gut, wenn das geklärt ist, kannst du auch gehen, Harry“, lächelte der Direktor und Harry nickte. „Das wird ja lustig“, grummelte der Schwarzhaarige vor sich hin und ging zur Tür. Levin lächelte in sich hinein: „Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen erzählt habe. Ihr werdet euch schon zusammenraufen.“ Ein ungläubiges Schnaufen kam als Antwort und mit einem „Gute Nacht“ verließ Harry endgültig das Büro des Direktors. Als der Gryffindor gerade die Treppe verlassen hatte und in einen Gang einbiegen wollte, hörte er Snape hinter sich. „Potter, warten Sie noch einen Augenblick.“ Überrascht drehte sich der Brillenträger um und sah seinen Lehrer fragend an. Dieser ging auf ihn zu und hielt ihm eine Phiole hin, in der sich eine bläuliche Flüssigkeit befand. „Das ist ein Traumlostrank. Syndia bat mich, ihn Ihnen zu geben.“ Zögerlich nahm Harry die Phiole an sich und der Tränkemeister fuhr fort: „Vor dem Schlafengehen drei Tropfen verdünnt mit ein wenig Wasser einnehmen. Mehr nicht, verstanden?“ „J-Ja, danke... Sir“, antwortete Harry immer noch ein wenig perplex. Mit einem Nicken drehte Snape sich um und ging den Gang hinunter, der Richtung Kerker führte. Einen Augenblick sah Harry seinem Lehrer noch verwirrt hinterher, ehe er sich auf den Weg zum Gryffindorturm machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)