First Kiss von Calafinwe ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Traumlose Benommenheit und ein kribbelnder Rücken, Laynas Glieder waren schwer, aber wenigstens hatte sie keine Schmerzen mehr. Das junge Drachenmädchen war vor einiger Zeit aufgewacht und hatte sich in einem großen Bett wiedergefunden, das an einem nach Süden ausgerichteten Fenster stand. Einige Ranken Efeu hangelten sich am Sims entlang und von fern war Vogelgezwitscher zu hören. Unter der dicken Bettdecke war es mollig warm und Layna wollte noch ein bisschen liegen bleiben. Langsam rollte sie sich auf den Rücken, starrte an die Decke und dachte an die vergangenen paar Tage und Wochen. Die Drachen hatten sie konfrontiert. Nachdem sie Ren gestoßen und dieser sich daraufhin schwer verletzt hatte, war ein Rat einberufen worden, der entscheiden sollte, wie man Layna bestrafen wollte. Viele fremde Gesichter, die sie ablehnend und teilweise sogar wütend angestarrt hatten. Kein einziges freundliches Wort, keine aufmunternde Geste, als man sie zu Sprechen aufgefordert hatte. Das Mädchen hatte sich verweigert. Sollten die Drachen doch ihr Urteil fällen, Layna war es egal. Für sie hatten die Regeln und Gebräuche ihrer Rasse keine Bedeutung. Hatten sie nie gehabt. Irgendwann war er gekommen. Layna rollte sich auf die Seite und hatte nun das Fenster im Hintergrund. Ihr Körper hatte wieder zu kribbeln begonnen. Die Erschöpfung, die sie die letzten paar Wochen gefühlt hatte, schien allmählich nachzulassen. Lediglich der Druck in ihrem Rücken erinnerte sie an die Schmerzen, die man ihr zugefügt hatte. Nicht als Bestrafung dafür, dass sie Ren verletzt hat. Alles in dem kleinen Raum roch nach ihm. Er hatte sie wieder in sein Schlafzimmer gebracht. Wieder hatte er dafür gesorgt, dass sie es schön warm hatte und nicht fror, so wie damals, als sie das erste Mal in der ‚Kathedrale‘ übernachtet hatte. Layna schluchzte einmal. Wieso nur zog sich alles in ihrem Körper zusammen, wenn sie an ihn dachte? Wieso nur kullerten Tränen aus ihren Augen hervor, wenn alles an ihn erinnerte, er aber doch nicht bei ihr war? Das Mädchen zog die Decke noch enger um sich. Wieso nur musste er ein Drache sein?   ***   Alastair saß an seinem Schreibtisch. Geschwind ließ seine Hand die Schreibfeder über das Stück Papier fegen. Die Finger taten dem Drachen mittlerweile weh vom vielen Schreiben. Zum Glück war es sein letzter Brief und sobald er sein Siegel daruntergesetzt hatte, würde er sich ausruhen können. Während der Kutschfahrt zurück zu seinem Sitz hatte er die Augen mehr schlecht als recht zugetan. Sie waren mitten in der Nacht angekommen, Alastair hatte sofort seinen Schützling ins Bett gesteckt, höchstpersönlich mit einer Kruke dafür gesorgt, dass sie es angenehm warm hatte und sich danach an die Briefe an seine Artgenossen gesetzt. Sicher waren sie in Aufruhr darüber, dass er das Drachenmädchen einfach so weggebracht hatte, ohne sich mit den Ältesten noch einmal zu besprechen. Aber er konnte Layna auch schlecht in ihrer Verantwortung lassen, nach dem, was man ihr angetan hatte. Mit Schaudern dachte Alastair an die hässlichen Narben auf ihrem Rücken und das Knacken brechender Knochen zurück, das kurz daraufgefolgt war. Nachdem er ihr lange gut zugeredet hatte, hatte das Drachenmädchen endlich eingesehen, dass etwas gegen ihre deformierten Flügel unternommen werden musste. Unbewusst war sein Blick auf die einfache Holztür gefallen, die ins Schlafzimmer nebenan führte. Layna schlief vermutlich noch immer. Alastair lehnte sich in seinem Sessel zurück und spreizte die Fingerspitzen aneinander. Er konnte es seinem Schützling nicht verübeln, dass sie ihm die Schuld an ihrer Misere gab. Hätte er sie damals nicht aufgestöbert, wäre sie vermutlich nie mit ihrem eigenen Volk in Berührung gekommen. Aber er war so heißblütig gewesen und der Duft eines Drachenweibchens in der Stadt hatte ihn wahnsinnig gemacht. Und er liebte Herausforderungen, deshalb hatte der Drache nicht von Layna abgelassen, als sie ihn darum gebeten hatte. Es konnte schließlich nicht angehen, dass eine seines Volkes bei den Menschen aufwuchs und sich aller Konventionen zum Trotz auch noch vegetarisch ernährte. Der Drache seufzte einmal vernehmlich. Immer wieder dachte er darüber nach, was er ändern würde, könnte er die Zeit zurückdrehen. Andererseits mochte er das Gefühl, das sich gerade wieder in seinem Bauch ausbreitete. Er kannte es nicht und war neugierig. Was Layna wohl dazu sagen würde, wenn er ihr davon erzählte? Sicher würde sie wieder abweisend reagieren, wie sie es schon so viele Male getan hatte. Wieso nur hatte sie bei Menschen aufwachsen müssen? Sonst hätte er sich damals problemlos mit ihr paaren können, sie hätte Eier legen und bebrüten können und alle wären glücklich gewesen. Alastair seufzte erneut und stand dann auf. Er musste einfach nachsehen.   ***   Layna stand vor dem Bett und sah aus dem Fenster hinaus. Der weit entfernte Stadtrand von Frohnheim war in gleißendes Sonnenlicht getaucht und der Lärm von den Märkten drang gut hörbar zu ihr hoch. Das Drachenmädchen hatte sich noch mehrmals unter der kuscheligen Bettdecke herumgewälzt, ehe es aufgestanden war und Waschschüssel und Kleidung zum Wechseln gefunden hatte. Ihr steckte nach wie vor ein dicker Kloss im Hals, der vermutlich auch nach ein paar Tagen noch drücken würde. Alastair würde sich vermutlich nie wie ein Mensch benehmen. Gefühle hatten für die Drachen nur eine untergeordnete Bedeutung. Der Paarungstrieb diente lediglich zur eigenen Arterhaltung. Und bei den geschuppten Wesen entschieden die männlichen Artgenossen, wann es Zeit für Eier sein würde. Wieso nur konnten er sie nicht selber bebrüten? Layna fuhr über den mit Perlen bestickten Gürtel, den sie zu ihrem cremefarbenen Kleid trug. Es war einfach und bequem, aber zu lang. Mangels eines Bandes fielen ihre braunen Haare gekämmt über die Schultern herab. „Du bist schon wach...“, meinte jemand hinter ihr. Layna fuhr herum und errötete. „Wie lange steht Ihr schon da?“, fragte sie schüchtern. Alastair antwortete nicht. Sein Blick verriet ihr, dass sie ihn mit irgendwas gekränkt haben musste. Beschämt sah das Mädchen zu Boden. Selbst als er zu ihr hintrat, hob sie ihren Blick nicht. „Willst du mich noch immer nicht mit meinem Namen ansprechen?“, fragte er leise und strich ihr mit seiner Rechten eine Haarsträhne zurück. Hatte sie denn ein Recht dazu? Alastair trat noch näher an sie heran, zog sie an sich und schnupperte sachte an ihrem Hals. Vor vielen Monaten hatte sie sich entschieden dagegen gewehrt. Jetzt zuckte sie nur hin und wieder zusammen, weil sein Atem und sein Spitzbart ihre feinen Härchen kitzelten. Layna spürte ihren eigenen Herzschlag, der sich zusehends beschleunigte. Zögerlich schmiegte sie sich an seinen muskulösen Körper, darauf hoffend, dass er es verstehen würde. Stattdessen hob Alastair den Kopf und sah sie bestimmt an. Einen Augenblick später drückte er seine warmen Lippen auf die ihren und küsste sie fordern.     FIN Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)