The Voice von ScarsLikeVelvet ================================================================================ Kapitel 1: Chapter One ---------------------- „Niimura-san ... wie fühlen sie sich heute?“ Die Stimme der jungen Krankenschwester riss Kyo aus seinen Gedanken. Er blickte von seinem Sketchbook auf und lächelte verhalten. „Es geht so ... ist Keisuke schon da?“, erwiderte er leise und erkundigte sich gleichzeitig nach seinem besten Freund und Psychotherapeuten. „Kiriyama-sensei ist gerade vorgefahren. Ich nehme an, er wird gleich herkommen.“, verkündete die Schwester und Kyo nickte leicht. „Okay.“ Kyo hielt seine Antworten kurz und knapp, da er seine Stimme noch immer nicht belasten sollte. Vor sechs Wochen war seine Stimme auf der Bühne gebrochen und danach hatte er kaum einen Ton rausgekriegt. Man hatte Polypen auf seinen Stimmbändern festgestellt und nachdem eine medikamentöse Therapie nicht angeschlagen hatte, hatten die Ärzte vor vier Wochen entschieden zu operieren. Nach der Operation hatte Kyo entschieden, dass er es vier Wochen ohne Sprechen zu können nicht allein zu Hause aushalten würde. Er hatte Kaoru eine E-Mail geschrieben, dass er solange nach Kyoto fahren würde und hatte sich dort mit seinem besten Freund aus Kindertagen, der gleichzeitig auch als sein Psychotherapeut fungierte, getroffen und ihm die Unterlagen der OP gegeben. Gemeinsam mit einem weiteren Freund aus Kindertagen, dem Allgemeinmediziner/Chirurgen Ryohei Tateno hatten sie entschieden, dass Kyo sich am besten solange in der Privatklinik des letzteren einquartierte und dort von den beiden betreut werden sollte. So konnten sie ihn im Auge behalten, damit er nicht wieder damit begann, sich selbst zu verletzen, wie er es in ihrer Jugend getan hatte, wenn er mit einer Situation nicht mehr zurecht kam, und sie konnten ihm gleichzeitig bei seiner Genesung zur Seite stehen. Tateno hatte Spezialisten zur Rate gezogen, ab wann man Kyo zum Sprach- und Gesangstraining gehen lassen konnte und wer die besten Trainer auf diesem Gebiet waren. Erst am Vortag hatten Kiriyama, Tateno und Matsuyama entschieden, dass Kyo mit leisem Sprechen beginnen und am Ende der Woche dann mit speziellen Übungen beginnen sollte, die ihm die Nutzung seiner Stimme im vollen Umfang, wenn nicht sogar im weiteren Umfang als zuvor möglich machen sollten. Die Krankenschwester hatte Kyo allein gelassen, nachdem sie sein Bett gemacht und das Tablett mit dem Frühstück entfernt hatte. Der Sänger saß an dem kleinen Tisch beim Fenster und blickte nach draußen, während er mit seinem Kugelschreiber spielte. Abwesend richtete sich sein Blick in die Ferne und er kaute auf seiner Unterlippe herum. „Hey ... wohin bist du in deinen Gedanken schon wieder abgehauen, Tooru“ Die Stimme seines besten Freundes kam unerwartet und Kyo zuckte heftig zusammen, fuhr dann in seinem Stuhl herum und blickte ihn böse an. „Willst du mich umbringen?“, fauchte er beinahe lautlos. Keisuke lachte. „Nein ... eigentlich nicht, auch wenn du das manchmal verdient hättest.“, sagte er und setzte sich auf den zweiten Stuhl, dem Sänger gegenüber. Er musterte ihn ausgiebig. „Du siehst fertig aus ... hast du heute Nacht wieder nicht geschlafen?“, fragte er ihn. Einen Augenblick lang dachte Kyo darüber nach ihn zu belügen, entschied sich dann aber dagegen. Keisuke würde es doch sowieso herausbekommen. „Nein ... konnte nicht ... zu viele Gedanken im Kopf“, sagte er und deutete auf seine Schläfe. „Und warum hast du die Tabletten, die ich dir verschrieben habe, nicht genommen? Die sind auf pflanzlicher Basis und machen nicht abhängig ... aber sie helfen dir beim Einschlafen“, erwiderte der Psychotherapeut. „Ich mag das nicht ... pflanzlich oder nicht ... solche Sachen verändern mich ... mein Verhalten ... und damit kann ich nicht gut umgehen“, sagte Kyo offen und ehrlich. Etwas, dass er nur wenigen Personen in seinem Leben gegenüber war. Kiriyama nickte. „Hmm ... okay ... aber wir müssen etwas finden, das dir beim Schlafen hilft ... sonst klappst du mir noch weg und es behindert deine Genesung ... und das will doch keiner von uns“, sagte er. Der Sänger kaute auf seiner Unterlippe herum. „Gibt zwei Dinge ... keines wird dir gefallen“, sagte er ruhig, blickte dann von Kiriyama zum Fenster. „Die da wären? Vielleicht ziehe ich sie ja in Erwägung“ Dir en Greys Vocal schnaubte belustigt. „Ja klar ... du hast mir meine Rasierklingen alle abgenommen, obwohl du selbst mir ihre Nutzung in Maßen gestattet hast ...“, sagte er und schüttelte leicht seinen Kopf. „Ah ... du weißt, dass du sie hier nicht behalten darfst ... zuhause ist das was anderes.“, sagte Kiriyama. „Aber gut ... und was ist Möglichkeit Nummer 2?“ Ein versonnenes Lächeln zeigte sich auf Kyos Lippen, etwas, das Kiriyama schon lange nicht mehr bei dem Sänger gesehen hatte. „Daisuke“, erwiderte er schlicht. „Hu? Euer Gitarrist?“, fragte er und überlegte. „Der Rotschopf, nicht?“ Kyo nickte leicht. „Ich vermisse ihn ... aber ich konnte ihn ja schlecht mit hierher nehmen ... einer von uns muss ja arbeiten gehen.“, sagte er. „Moment mal ... du willst mir sagen...“ „Das ich mit Daisuke zusammen bin? Ja ... das will ich“ „Wie lange, Tooru? Wie lange verschweigst du uns das schon?“, fragte Kiriyama ihn auf einmal mit strengem Tonfall. Kyo zuckte zusammen. „Von Anfang an ... schon seit La:Sadies“, sagte er leise und senkte den Blick. „Warum?“ „Warum ich mit ihm zusammen bin?“, fragte Kyo. „Weil ich ihn liebe ... und weil er mir gut tut ... die Dunkelheit mit seinem Lächeln vertreibt, obwohl er selbst nicht heil ist“ „Nicht das, du Hornochse ... warum du uns nichts gesagt hast. Hattest du Angst?“, fragte Kiriyama ihn. Ein Wenig sank Kyo in sich zusammen. „Auch ... und wir dürfen es ja nach außen hin nicht zeigen ... wir sind doch alle ewige Singles“, sagte er. „Wir hätten dich dafür nicht verurteilt ... wir wissen schon lange, dass du fürs andere Team spielst ... wahrscheinlich länger, als du selbst es wusstest“, sagte er und lachte leise auf. „Ihr und ewige Singles ... hat Shinyas Frau nicht gerade erst Söhnchen Nummer zwei auf die Welt gebracht?“ Der Sänger nickte leicht. „Ja ... okay, mag sein ... aber trotzdem ... ich ... außer der Band weiß es niemand ... auch unsere Familien nicht“, sagte er und blies dann Luft in seinen Pony. „Ja ... Takuma“, nickte er. „Okay ... aber wenn er dir hilft, dann ruf ihn an und sag ihm, er soll zumindest übers Wochenende herkommen ... du brauchst Schlaf ... und wenn ich mir sicher wäre, dass du artig wärst und nicht sofort wieder alles so machst, wie vorher und deine Stimme damit ruinierst, dann würde ich dich ja sogar gehen lassen, aber ich kenne dich ... ich will dich hier behalten, bis deine Trainer das Okay geben, dass du wieder auf 100 % bist und ohne Probleme auf die Bühne kannst ... und vor allen Dingen, dass du das Stimmtraining erhältst, dass deine Stimme braucht“, sagte er. „Okay ... ich schreib ihm ... er weiß noch nicht, dass ich wieder sprechen darf ... und das soll er auch erst erfahren, wenn er hier ist“, sagte er leise und zückte sein Handy, schickte Daisuke eine SMS mit der Bitte, dass er nach Kyoto kommen sollte. Kiriyama nickte leicht. „Okay ... du darfst nachher zum Sprechtraining ... sie hat‘s doch eher geschafft, als gedacht ... tu mir nur einen Gefallen und lass Matsuyama-san leben, okay?“, sagte er. Kyo nickte leicht. „Kommt sie hierher oder muss ich in irgendeinen der Behandlungsräume?“, fragte Kyo noch. „Sie kommt her“ „Okay ... dann bleib ich auf dem Zimmer“, sagte er. Kapitel 2: Chapter Two ---------------------- Nach seiner Sitzung mit der Stimmtrainerin blickte Kyo auf sein Handy und stellte erfreut fest, dass er eine Antwort von Dai erhalten hatte. Allerdings wurde sein Blick traurig, als er las, dass Daisuke erst in Ende des Monats zu Besuch kommen konnte, da das Management sie mit Terminen zu gebombt hatte. Kyo konnte es nicht fassen. Das waren fast vier Wochen, die er keinerlei Möglichkeit haben würde mit Daisuke oder den anderen in direkten Kontakt zu treten. Er kannte das Management. Die schirmten sie immer vollkommen ab, wenn sie etwas promoteten. Sie konnten ja schon froh sein, dass sie ihre eigenen Handys noch behalten durften, allerdings waren die die meiste Zeit ausgeschaltet. Frustration machte sich breit und Kyo spürte das Bedürfnis sich selbst zu verletzen, um aus der beginnenden Abwärtsspirale zu entkommen. Er biss sich fest auf die Unterlippe und stand auf. Er verließ sein Zimmer und suchte nach Keisuke, fragte eine der Schwestern, wo er ihn wohl finden könnte. „Kiriyama-sensei ist gerade in einer Sitzung. Er darf nicht gestört werden.“, sagte sie ihm, nachdem sie nachgesehen hatte. Kyos Finger verkrampften sich in den Taschen seiner Sweatjacke und bohrten sich in seine Handflächen. „Ich muss mit ihm sprechen ... JETZT“, sagte Kyo. Das letzte Wort mit mehr Nachdruck, als seine Stimme standhalten konnte. „Ich kann ihn nicht stören. Er hat explizite Anweisungen hinterlassen.“, sagte sie ebenso nachdrücklich. Kyo hatte über den Tisch hinweg gesehen, welche Raumnummer neben dem Termin stand. Wortlos drehte er sich um. „Sie wollen ihn nicht stören ... aber ich kann und werde“, murmelte er und ging auf die Tür am Ende des Ganges zu, stieß die Tür auf. „Kei ... ich ... ich brauch deine Hilfe“, sagte er und sah seinen besten Freund hilflos an. Keisuke Kiriyama stand auf, als die Tür geöffnet wurde. Er wollte gerade den Störenfried anmeckern, als er sah, dass es Kyo war, der vollkommen fertig aussah. „Entschuldigen sie mich bitte, Professor. Ich muss mich um meinen Patienten kümmern“, sagte er und verließ den Raum, legte Kyo seinen Arm um die Schultern. „Frische Luft?“, fragte er ihn. Der Sänger nickte leicht und ließ sich von Keisuke nach draußen führen. Sie ließen sich gemeinsam auf einer der Bänke nieder und Keisuke wandte sich Kyo zu. „Erzähl mir, was dir durch den Kopf geht.“, bat er den Blondschopf. „Daisuke kann erst Ende des Monats kommen ... ich ... das frustriert mich so. Ich ... das heißt, ich werd ihn vier Wochen gar nicht erreichen können ... und ... ich weiß nicht, was ich machen soll ... ich brauch ihn doch ... und ... solange halt ich das nicht ohne ihn aus ... ich schlaf ja jetzt schon nur noch, wenn die Erschöpfung zu groß ist ... und ... Gott ... ich würde mich so gern schneiden ...“, brabbelte er leise. Keisuke lauschte seinen Worten und zog Kyo enger an sich. „Okay ... wir finden einen Weg, Kyo ... wir schaffen das auch ohne Daisuke und dafür überraschen wir ihn mit deiner Genesung, hm?“, machte er. Kyo sah ihn fragend an. „Wie?“, wollte er wissen, sah so unsicher dabei aus, dass es Keisuke fast das Herz brach. „Du stürzt dich tagsüber in dein Training. Morgens vier Stunden Gesang, dann essen wir gemeinsam zu Mittag, danach gehst du in den Fitnessraum und wenn ich Feierabend mache, nehme ich dich mit. Ich weiß, dass es dir hilft, wenn jemand neben dir schläft ... ich bin Single und ich hab kein Problem damit mein Bett mit dir zu teilen ... ich verstehe, warum du die Medikamente ablehnst und das akzeptiere ich. Allerdings kann ich nicht zulassen, dass du dich selbst verletzt. Ryo würde mir den Hals umdrehen. Aber du kannst dich im Fitnessraum auspowern ... das Training wird deine Ausdauer steigern und dir auch bei deiner Genesung helfen“, erklärte er. Nur einen Moment zögerte Kyo, bevor er schließlich nickte. „Wenn das möglich ist ... das wäre toll“, nuschelte er und kuschelte sich gegen seinen besten Freund. „Ryo und ich machen es möglich. Du bist schließlich freiwillig hier, also unterliegst du nicht denselben Restriktionen wie andere Patienten. ... abgesehen davon grenzt mein Haus direkt ans Klinikgelände und Ryo wohnt direkt nebenan ... streng genommen verlässt du das Klinikgelände also nicht, da wir beide Praxisräume in unseren Häusern haben“, beruhigte der junge Psychotherapeut ihn. „Dann machen wir das“, nuschelte Kyo. „Okay ... dann werde ich jetzt die Schwestern informieren und du gehst in dein Zimmer und packst deine Sachen. Wir werden deine Behandlung ambulant fortsetzen.“, sagte er ruhig. Kyo nickte leicht. „Holst du mich dann gleich ab, wenn du fertig bist?“ „Sicher ... ich ändere dir deinen Papierkrieg eben noch und dann hole ich dich. Dauert eine halbe Stunde maximal.“, sagte er. „Halt solange durch“ „Ich versuch‘s“, sagte Kyo und verließ dann den Garten, ging langsam zurück in sein Zimmer, wo er seine Sachen packte und auf Keisuke wartete. Kapitel 3: Chapter Three ------------------------ In den letzten dreieinhalb Wochen hatte Kyo sich in sein Stimm- und Gesangstraining gestürzt und getan, was er konnte, um seine stimmlichen Leistungen auf einen höheren Level als je zuvor zu treiben. Von der Trainerin lernte er verschiedene Techniken, die es ihm ermöglichten seine Stimme auf noch mehr Arten als je zuvor zu nutzen und das ohne ihr zu schaden. Außerdem hatte Ryohei ihn auf ein striktes Regime von Vitaminen und Inhalationen gesetzt, dass seiner Stimme ebenfalls gut tat. Hinzu kam auch das körperlich anstrengende Training, dass ihm alles abverlangte, aber seine Kondition und seine Muskeln weiter aufbaute, als alles, was er bisher jemals ausprobiert hatte. Allein die Tatsache, dass er jeden Abend vor Erschöpfung einschlief, verhinderte, dass er sich Möglichkeiten zur Selbstverletzung suchte. Ryohei und Keisuke wechselten sich jeden Abend damit ab bei ihm zu schlafen, damit er durchschlafen konnte und das funktionierte erstaunlich gut. Was nicht so gut war, war die Tatsache, dass er nur zwei kurze E-Mails von Daisuke erhalten hatte, während der vergangenen Wochen. Die letzte war am Morgen eingetroffen. Kyo wusste, dass er nicht viel Zeit hatte, aber diese belanglosen Zeilen hätte er sich auch sparen können. Seine schlechte Laune darüber lebte er an einem Sandsack aus, den er solange prügelte und trat, bis dieser kaputt und er selbst vollkommen erschöpft war. Zusammengesunken blieb er auf der Trainingsmatte hocken und endlich ergab er sich seinen Gefühlen. Ohne einen Ton von sich zu geben, rannen Tränen über seine Wangen und er rollte sich so klein zusammen, wie er konnte. Die stillen Schluchzer schüttelten seinen Körper und er reagierte nicht auf die junge Pflegerin, die heute die Aufsicht über die Sporthalle hatte. Da sie nicht wusste, was sie tun sollte, rief sie den Arzt an, von dem sie wusste, dass er Kyo behandelte. Ryohei Tateno kam schon kurze Zeit später mit Keisuke Kiriyama im Schlepptau in die Sporthalle. Tateno bedankte sich bei der Pflegerin und bat sie, niemanden in die Halle zu lassen. Kiriyama war unterdessen zu Kyo gegangen, hatte sich neben ihn gesetzt und ihn auf seinen Schoß gezogen. Er legte seine Arme um ihn und wiegte ihn sanft hin und her, sprach ihn aber nicht an. Er kannte Kyo lang genug, um zu wissen, dass er reden würde, wenn er soweit war und nicht eine Sekunde eher. Außerdem ergab sich der Sänger sehr selten seinen Gefühlen, was diese Episoden noch schwieriger zu ertragen machten. Wut, Schmerz, Ekel ... all das konnte man oft in Kyos Gesicht lesen, aber diese verzweifelte Hoffnungslosigkeit, diesen tiefen seelischen Schmerz, der ihn zu zerreißen schien, der war neu. Tateno kam zu ihnen, nachdem die Pflegerin die Halle verlassen hatte. „Hey ...“, begann er, brach dann aber ab, als er sah, wie Keisuke den Kopf schüttelte. Also rutschte er so nah wie möglich an die beiden heran und legte seine Arme um sie. Es dauerte lange, bis Kyo aufhörte zu Weinen und auch das geschah nur, weil er erschöpft in Keisukes Armen eingeschlafen war. Besorgt sahen die beiden Männer sich an und entschieden, dass sie Kyo erst einmal nach Hause bringen würden. Kiriyama nahm den Sänger behutsam auf seine Arme und trug ihn durch den Klinikgarten zu seinem Haus. Tateno schob die Tür zu dessen Haus auf und half ihm, den schlafenden Blondschopf ins Bett zu bringen. Sie deckten ihn gut zu und zogen sich ins angrenzende Wohnzimmer zurück, lehnten die Tür nur an. „Was, meinst du, ist passiert?“, fragte Tateno seinen Kollegen und Freund. Keisuke warf einen Blick in Kyos Zimmer und sah, dass dessen Laptop eingeschaltet war. „Ich denke, er hat wieder eine kurze Nachricht von Daisuke bekommen ... von wegen ihm geht‘s gut, viel Arbeit, bla bla ... davon hat er vor anderthalb Wochen schon eine bekommen. Danach ging‘s ihm auch nicht sonderlich gut ... vor allen Dingen ... keiner von den Vieren fragt mal nach, wie es Kyo geht, wie er zurecht kommt, was seine Gesundheit macht ...“, sagte er und biss sich auf die Unterlippe. „Am Liebsten würde ich das Management ja auseinander nehmen ... Kyo braucht seine Freunde jetzt mehr denn je und die schicken die Vier durch die Weltgeschichte und halten sie für ihn unerreichbar ... als wollten sie, dass Kyo endgültig bricht ... nur dass sie gar nicht erfassen können, was dann passieren würde ...“, sagte Keisuke. „Du meinst, sie haben sich in den letzten ... zwei Monaten nicht gesprochen? Das sind doch keine Freunde ... selbst wenn wir hier sind und Kyo durch die Weltgeschichte tingelt, hören wir mindestens einmal die Woche voneinander ... Oder meinst du, dass Management hat sie tatsächlich mit Absicht von Kyo abgeschnitten?“, fragte der Arzt ernst. „Genau das glaube ich ... gerade Kyo und Daisuke haben eigentlich immer Kontakt zueinander, selbst im Urlaub ... Toshiya soweit ich weiß auch und Shinya und Kaoru rühren sich auch regelmäßig ... ich habe den Eindruck gewonnen, sie glauben, dass je mehr Negatives Kyo erlebt, desto besser werden seine Texte ... sie wollen ihm wohl Inspiration geben oder so ein Mist ... nur vergessen sie, dass Kyo in erster Linie ein Mensch ist ... ein sehr feinfühliger Mensch ... wenn sie so weiter machen, bleibt mir nichts anderes übrig, als von meinem Recht als Kyos Vormund Gebrauch zu machen. Ich habe bisher nie einen Grund dazu gesehen, aber Kyo hat vor Jahren schon gewusst, dass er psychisch nicht der stabilste Mensch ist und daher haben wir gemeinsam mit einem befreundeten Notar und einem Richter einen sehr spezifischen Vertrag bezüglich Kyos Geschäftsfähigkeit aufgesetzt, der automatisch in Kraft tritt, wenn ich der Meinung bin, dass Kyo seinen Job in der Beziehung nicht mehr machen kann. Er wusste, dass das Management irgendwann versuchen würde, ihn zu brechen und hat vorgesorgt. Das heißt, ich kann ihn dieser Situation entziehen ohne das irgendjemand etwas dagegen tun kann.“, erklärte er. Tateno biss sich auf die Unterlippe. „Bist du wirklich der Meinung, dass es soweit ist? Du weißt, was Kyo die Band bedeutet ...“ „Es geht nicht um die Band, Ryo ... es geht um Kyo ... um sein Wohlbefinden ... körperlich wie seelisch. Sie haben ihn bald soweit, dass er alle meine Anordnungen und seine Versprechen ignorieren wird ... Er bricht nicht einfach so in Tränen aus ... du kennst ihn genau so lange und gut wie ich ...“ „Okay ... aber bevor wir das tun, reden wir mit Kyo ... wir müssen wissen, was er möchte ... ohne das gebe ich nicht meine Zustimmung“, sagte Tateno und blickte durch die Tür in das Zimmer ihres Freundes. Kyo wälzte sich für einen Moment unruhig hin und her, bevor er still zum Liegen kam und sich nicht mehr rührte. Kapitel 4: Chapter Four ----------------------- Eine Weile beobachteten Keisuke und Ryohei den Sänger, aber es kam ihnen seltsam vor, dass der Sänger sich gar nicht mehr bewegte. Gemeinsam standen sie auf und gingen in Kyos Zimmer. Beide setzten sich auf das dunkel bezogene Bett und Tateno griff nach Kyos Handgelenk. Er spürte etwas Feuchtes und blickte auf seine Finger. Diese waren blutverschmiert. „Fuck“, war seine erste Reaktion, bevor er Kyos Arm hochriss und seine Finger in Kyos Achselhöhle presste, um die Arteria radialis abzudrücken. „Keisuke ... Druckverband!“, sagte er knapp. Keisuke schoss vom Bett hoch und verschwand kurz ins Bad, holte den Verbandskasten und ungefähr eine Minute später hatte er einen Venenstauer an Kyos Oberarm angelegt, sah dann zu seinem Kollegen. „Willst du direkt nähen? Ich hab alles hier.“, sagte er. Tateno überlegte mit einem Blick auf die Wunde und nickte dann. „Hilf mir ... ich brauch mehr Licht“, sagte er und dann ging alles ganz schnell. Keisuke hielt eine Taschenlampe und nachdem der tiefe Schnitt desinfiziert war, nähte Tateno ihn fein säuberlich, legte dann einen festen Verband an. Nachdem die Wunde versorgt war, bezogen die beiden gemeinsam das Bett neu, während Kyo darin lag. Sie waren geübt darin und als sie fertig waren, sah Kiriyama ihn ernst an. „Ich werde jetzt bei Daisuke anrufen und ihn über die Geschehnisse in Kenntnis setzen ... wenn das kein Grund ist, her zu kommen, dann werde ich Kyo endgültig hier behalten“, sagte er. Tateno nickte. „Ich bleibe hier bei Kyo. Wir können ihn im Augenblick nicht aus den Augen lassen. Dass er bereit ist, sich das Leben zu nehmen, während wir praktisch daneben sitzen ... das ist mehr als ein Hilfeschrei“, sagte er und streichelte durch Kyos Haar. „Okay“, stimmte Kiriyama ihm zu und nahm Kyos Handy an sich. Er suchte sich Daisukes Nummer aus dem Telefonspeicher heraus und rief dann von seinem Festnetztelefon in seinem Arbeitszimmer aus bei Dir en Greys Rhythmusgitarrist an. Dieser saß gerade im Studio und bastelte an einem neuen Musikstück, als sein Handy klingelte. Er ergriff das Handy und starrte es einen Augenblick lang an, da er die Nummer nicht kannte, aber diese aus dem Vorwahlgebiet von Kyoto kam. Er ging ran und meldete sich mit einem knappen ‚Andou‘. „Guten Tag, Andou-san. Hier spricht Kiriyama Keisuke ... ich bin der behandelnde Psychotherapeut ihres Kollegen Niimura Tooru“, meldete Keisuke sich. „Kiriyama? Ach ... Kei-chan ... nicht wahr? Wieso rufen sie an?“, fragte Dai nach einem Moment der Verwirrung. „Ja ... Kei-chan“, erwiderte er etwas säuerlich. Nur Kyo durfte ihn so nennen und leben, aber er sagte nichts dazu. „Ich rufe an, da sie sich jetzt seit Wochen nicht bei Tooru gemeldet haben, obwohl er mir sagte, dass sie eine ... recht intime Beziehung zu einander haben“ „Nicht gemeldet? Ich habe ihm jeden Tag eine Mail geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten ... ich ...“, begann er und brach dann ab. „Fuck ... die haben es schon wieder getan, nicht wahr? Ich habe vor acht Wochen eine Mail von Kyo erhalten, dass er mich vorerst nicht sehen will ... weder mich noch einen der anderen ... was haben sie ihm geschrieben?“, fragte er. „Wenn sie mutmaßen, dass ihr Management sich eingemischt hat, um Tooru zu inspirieren, dann nehme ich an, sie liegen richtig ... die lesen anscheinend jede Mail und jede SMS, die ihr schreibt ... Kyo hat vor vier Wochen die letzte Mail erhalten, in der steht, dass ihr bis zum Ende des Monats unterwegs seit und keine Zeit für Telefonate oder Mails habt ...“, sagte Keisuke gezwungen ruhig. „Diese Schweine. Ich schnappe mir die anderen und wir machen uns auf den Weg ... mit solch einem Management kann ich nicht arbeiten und die anderen werden das auch so sehen.“, sagte Daisuke und legte auf. Überrascht starrte der Therapeut auf das Telefon, ließ dann den Hörer in die Gabel gleiten. Einen langen Moment blieb er still sitzen, bevor er abermals eine Nummer wählte. Dieses Mal die Nummer von Kyos Rechtsanwalt. „Kiriyama Keisuke hier. Wir machen von dem Vertrag Gebrauch. Tooru ist mit sofortiger Wirkung aus dem Vertrag mit der Plattenfirma zu befreien. Sie sind zu weit gegangen.“, sagte er nur, legte dann auf. Kapitel 5: Chapter Five ----------------------- Kaum hatte er aufgelegt, stand Daisuke auf. „Kao, Toto, Shin ... wir müssen reden ... aber nicht hier“, schrieb er auf einen Zettel und legte sein Handy auf den Tisch, bedeutete den anderen, dasselbe zu tun. Er legte allen Schmuck ab, welcher ihnen von der Plattenfirma zur Verfügung gestellt worden war. Mit seltsamen Blicken folgten die anderem seinem Beispiel und dann verließen sie gemeinsam das Studio über die Feuertreppe. Daisuke führte sie durch Nebenstraßen zu einem kleinen, versteckt gelegenen Park und setzte sich dort auf den Rasen. „Dai ... was ist los?“, fragte Kaoru drängend. Shinya und Toshiya sahen ihn ebenso ernst an. Sie wollten wissen, was los war. „Kyo ... sie ... sie halten uns absichtlich von uns fern. Sein Kumpel ... Therapeut wie auch immer, hat mich vorhin angerufen. Er wollte wissen, weshalb wir und insbesondere ich mich nicht bei ihm melden ... ich hab euch doch von der Mail erzählt, die ich von Kyo bekommen habe ... sie haben ihm Mails in meinem Namen geschickt und SMS abgefangen ... die Mistkerle von der Plattenfirma wollen, dass es Kyo schlecht geht ... weil er dann mehr Texte schreibt ... sie haben uns alle manipuliert und uns belauscht ... ich würde sagen, wir brechen den Vertrag ... klagen uns da raus ... wir haben genug Beweise dafür ... und ich bin sicher, dass Kiriyama und Tateno alles dokumentiert haben, was Kyo ihnen über diese Situation erzählt hat ...“, erklärte er. Eine Weile schwiegen die anderen drei, bevor Kaoru sich äußerte. „Das gibt einen Riesenskandal“, sagte er. Daisukes Augenbraue wanderte nach oben. „Kao, das ist mir scheißegal ... du weißt, wie sensibel Kyo ist ... was glaubst du, wird er tun, wenn er denkt, dass wir ... seine Familie nichts mit ihm zu tun haben will ... wir haben jetzt bald zwei einhalb Monate keinen Kontakt zu ihm gehabt.“, sagte er. „Du meinst ...“ Toshiya schlug die Hände vor den Mund. „Genau das meint er, Toto ...“, sagte Shinya und sah zu Kaoru. „Ich bin Daisukes Meinung ... und wenn wir da raus sind ... dann machen wir die ganze Scheiße selber ... wir brauchen keine Plattenfirma“ „Dai und Shin haben Recht, Kao ... wir können nicht zulassen, dass sie Kyo in den Selbstmord treiben, nur weil es die Plattenverkäufe ankurbeln würde“, mischte Toshiya sich ein. „Okay ... also ... was machen wir?“, fragte Kaoru und sah in die Runde. „Wir verschwinden sofort von hier. Keine Abstecher zu unsren Wohnungen ... die sind unter Garantie auch verwanzt und werden überwacht. Wir fahren mit der Bahn. Von unterwegs rufen wir bei Kyo an. Die können uns bestimmt helfen“, sagte Daisuke. Einen Moment herrschte abermals Stille, bevor sie sich zu nickten und sich auf den Weg zum Bahnhof machten. Kapitel 6: Chapter Six ---------------------- Ryohei Tateno saß noch immer auf dem Bett neben dem bewusstlosen Sänger. Er blickte auf ihn hinab und konnte es nicht fassen, dass sie eine von Kyos Rasierklingen übersehen hatten oder er es irgendwie geschafft hatte sich neue zu beschaffen. Er fuhr sich durchs Gesicht und seufzte tonlos. In den letzten Wochen hatten sie zusehen können, wie Tooru in Depressionen versunken war und versucht hatte, es zu überspielen. Er hatte sich in das Gesangstraining und sportliche Aktivitäten gestürzt, versucht sich dadurch zu therapieren, weil sie etwas anderes nicht zu ließen. Jetzt überlegte Tateno, ob es nicht ein Fehler gewesen war. Ihm war bewusst, dass Kyo an einer Form der Borderline-Persönlichkeitsstörung litt und das schon seit er ein kleines Kind war. Kyo hatte sich schon immer erstaunlich gut geschlagen, was die Therapie anging. Da er die meisten Medikamente ablehnte beziehungsweise nicht vertrug, weil sie ihn noch weiter von der Realität entfernten, hatte er andere Wege gefunden. Singen und Texten waren schon früh seine Skills gegen den Wunsch sich selbst zu verletzen und aus den Depressionen gewesen. Wurde es ihm dann doch manchmal zu viel, dann limitierte er sich zu oberflächlichen Verletzungen, die gut heilen konnten und nachdem er volljährig geworden war, waren Tattoos dazu gekommen. Sein Blick wanderte über den schwach atmenden Mann neben sich und ihm wurde klar, dass Kyo vermutlich mit einem Realitätsverlust zu kämpfen hatte und schließlich einfach nicht mehr weiter wusste, was zu diesem Gefühlsausbruch geführt hatte, der Kyo fast das Leben gekostet hatte. Ein leises Klopfen am Türrahmen ließ ihn aufsehen. „Hey ... wie ist das Gespräch gelaufen?“, fragte er Keisuke. Keisuke Kiriyama lächelte leicht. „Daisuke und die anderen kommen her ... sie hauen gerade aus Tokyo ab. Bin gespannt, was noch weiter läuft. Ich habe Kyos Rechtsanwalt Bescheid gesagt und ich denke, die anderen werden sich auch an ihn wenden, sobald sie hier sind.“, sagte er und setzte sich auf die Bettkante, beugte sich vor und hauchte Ryohei einen Kuss auf die Lippen, blickte dann auf Kyo hinab. „Wie geht es ihm?“, fragte er ihn. Ein leichtes Lächeln zuckte über Tatenos Lippen. Es war selten, dass Keisuke so zuckersüß war. „Er ist noch nicht aufgewacht, aber sein Puls wird langsam wieder kräftiger. Jetzt wo du wieder da bist, werd ich kurz rüber gehen und ein paar Infusionen holen. Er hat zwar nicht viel Blut verloren, aber es würde mich beruhigen.“, sagte er und biss sich auf die Unterlippe. „Okay ... dann bleibe ich bei ihm“, sagte er. Sie tauschten die Plätze und Ryohei streichelte ihm durchs Haar. „Ich kümmere mich gleich ums Essen, wenn ich wiederkomme“, nuschelte er leise. Keisuke nickte leicht und sah ihm nach, bevor er sich auf Kyo konzentrierte. Er beobachtete den Sänger und hing seinen eigenen Gedanken nach, die ohne sein Wissen die selben Züge annahmen, wie die seines jahrelangen Partners. Außer Kyo wusste niemand, dass die beiden schon seit ihrer Jugend ein Paar waren, aber nach außen immer nur eine enge Freundschaft zeigten. Eine knappe Viertelstunde später war Ryohei zurück und kniete neben Kyo auf dem Bett, ergriff seine Hand und desinfizierte den Handrücken, schob dann geschickt eine Braunüle in die Vene dort und das sogar ohne in eines seiner Tattoos zu pieksen. Dann schloss er die Infusionslösung an und hängte den Beutel an einem Nagel über dem Bett. Kyo zuckte kurz, als er im Handrücken gepiekst wurde und blinzelte für einen Moment, aber sein Körper verlangte nach mehr Ruhe, so dass er schnell wieder in der Bewusstlosigkeit versank. „Naja ... es scheint auf jeden Fall jemand zu Hause zu sein“, sagte Keisuke trocken, der gesehen hatte, wie Kyo blinzelte. „Das ist gut“, sagte er und gemeinsam machten sie sich auf einen langen Tag beziehungsweise eine lange Nacht gefasst. Kapitel 7: Chapter Seven ------------------------ Es war bereits Abend, als die vier Dir en Grey Mitglieder an der kleinen Privatklinik eintrafen. Sie erkundigten sich an der Information nach ihrem Sänger und erfuhren, dass er sich in der Obhut seines Arztes und Therapeuten befand und der junge Mann griff sofort zum Telefon, um bei Kiriyama-sensei, wie er ihn nannte, anzurufen. Kiriyama Keisuke saß neben Dir en Greys Vocal auf dem Bett und beobachtete ihn, als sein Festnetztelefon im Büro zu klingeln begann. Er stand vorsichtig auf und ging dann hinüber, hob ab. „Kiriyama!“, meldete er sich. „Kiriyama-sensei ... hier sind vier Männer, die zu ihrem Patienten wollen ... der, der bei ihnen wohnt ... soll ... soll ich sie zu ihnen schicken?“, fragte der junge Mann. „Ich komme sie abholen ... ich muss mich erst davon überzeugen, dass sie sind, wer sie zu sein behaupten.“, sagte er und legte abrupt auf. „Ryohei ... sie sind hier ... ich gehe mal eben rüber. Pass bitte auf Tooru auf“, wandte er sich an seinen Partner, welcher ihm gefolgt war, aber so stand, dass er Kyo im Auge behalten konnte. „Mach ich ... pass auf dich auf“, sagte Ryohei. Keisuke lächelte und verließ dann mit raschen Schritten das Haus. Er bahnte sich seinen Weg durch die Parkanlage und erreichte wenige Minuten später die Rezeption. „Ich habe die Herren ins Wartezimmer gebeten ... wegen der Patienten“, teilte ihm der Rezeptionist mit. „Ist in Ordnung. Danke, Taguchi“, sagte Kiriyama und ging an der Rezeption vorbei zu dem um diese Uhrzeit leeren Wartezimmer. Er öffnete die Tür und sah sich sofort etlichen bekannten Gesichtern gegenüber. „Guten Abend ... ich sehe, sie sind die vier, die ich erwartet habe“, sagte er und wandte sich dann um. „Folgen sie mir bitte zügig ... ich möchte nicht, dass uns jemand hier sieht.“ Kaoru wollte schon Fragen stellen, als Kiriyama ihm bedeutete zu schweigen. „Später!“, sagte er nachdrücklich. Mit schnellen Schritten verließen sie die Klinik durch einen Nebeneingang und tauchten zwischen den Büschen des Parkgeländes ab. Erst als sie in seinem Haus waren und er alle Türen und Fenster verriegelt, sowie die Alarmanlage aktiviert hatte, wandte er sich ihnen wieder zu. „Entschuldigung ... ich weiß, es mag paranoid wirken, aber nach Allem, was eure Plattenfirma schon abgezogen hat, um Tooru fertig zu machen, will ich gar nichts mehr riskieren. Es dauert nicht mehr lange und die Familie wird hier sein, um euch fünf zu schützen ... ich weiß, dass Tooru das vermutlich nicht gefallen wird, dass ich seinen Vater da mit reingezogen habe, nachdem er solange gekämpft hat, um frei zu sein ... aber ich kann das nicht länger allein verantworten.“, sagte er. Ein wenig verwirrt sahen die anderen vier aus der Wäsche. „Seinen Vater? ... ich dachte, Kyos Eltern sind verstorben“, sagte Toshiya schließlich. „Für ihn vielleicht ... er wollte das Familiengeschäft nicht übernehmen. Seine Eltern haben sich schwer damit getan das zu akzeptieren, also ist er aus Kyoto weggegangen ... Ryohei und ich sind geblieben und haben andere Berufe erlernt. Berufe, die nützlich für Kyo wären und der Familie trotzdem Ehre bringen würden. Er ist jetzt seit fast drei Monaten hier und die Familie hat ihn in Ruhe gelassen, aber nach Updates gefragt. Sie machen sich Sorgen um ihren Sohn, aber sie sind auch unendlich stolz auf ihn und seine Leistungen. Niemand hätte vermutet, dass er es tatsächlich schafft ... aber Tooru hat allen bewiesen, wie willensstark er ist ... und jetzt hat jemand versucht, diesen Willen endgültig zu brechen ... ich konnte die Familie überzeugen, legal gegen eure Plattenfirma und euer Management vorzugehen ... und ich hoffe, ihr stellt euch auf unsere Seite ... ansonsten könntet ihr mit ihnen untergehen ... und eigentlich möchten wir Tooru helfen, seinen Traum weiter zu leben“, erklärte Keisuke ruhig, gab damit indirekt zu, dass Kyo aus einer Yakuza-Familie stammte und deren Prinz war. Eine Weile schwiegen die anderen vier. „Okay ... gut ... ich nehme das jetzt einfach mal so hin ... darf ich Tooru jetzt bitte sehen ... ich hab ihn so unendlich vermisst“, sagte Daisuke und sah Keisuke flehend an. „Natürlich ... ich bringe euch hin“, sagte er und bedeutete ihnen abermals ihm zu folgen. „Bevor ich es vergesse ... sie hatten ihn heute fast soweit ... er hat versucht sich das Leben zu nehmen, aber wir waren rechtzeitig da... er schläft noch und wann er aufwacht, wissen wir nicht“ Daisuke stolperte bei dieser Aussage und sah ihn entsetzt an. „Wie ... wieso?“, fragte er. „Seine übliche Methode ... wir haben sie ihm alle abnehmen müssen, aber anscheinend hatte er noch irgendwo eine versteckt ... er hat versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden“, sagte er. „Und das wieso? Ich mutmaße, die letzte Mail, die besagte, dass ihr weiterhin nicht zu erreichen sein würdet, war der Grund ... er fühlte sich von den wichtigsten Menschen in seinem Leben verlassen ... aber genau kann nur er dir diese Frage beantworten.“, versuchte Keisuke ihm seine Frage zu beantworten, schob dann die Tür zu Kyos Zimmer auf. Der Sänger schlief immer noch, lag aber inzwischen in Ryoheis Armen. „Ist er aufgewacht?“, fragte Keisuke seinen Partner. „Nein ... aber er wird unruhiger ... und du weißt, wie er dann ist ...“, erwiderte Ryohei und lächelte dann, als er Daisuke sah. „Daisuke-san ... kommen sie her ... er braucht sie jetzt“, erklärte er. Daisuke starrte auf Kyos leblos wirkenden Körper in Tatenos Armen und brauchte einen Moment der Bitte folge zu leisten. Er krabbelte auf das Bett und zog Kyo an sich. „Kyo ... ich bin da ... endlich da ... ich bin bei dir“, nuschelte er dem Sänger ins Ohr und streichelte ihm über die Seite. „Es tut mir leid ... so unendlich leid, dass ich nicht bei dir war ... sie haben uns alle manipuliert“, entschuldigte er sich und wiegte ihn sanft hin und her. Kaoru, Toshiya und Shinya blieben in der Tür stehen und betrachteten die beiden Männer. Tateno hatte sich zu Keisuke begeben und sich an ihn gekuschelt. „Er wird wieder ... habt Vertrauen“, sagte Keisuke sanft und ergriff sein Handy, dass ein leises Summen von sich gab. „Entschuldigt mich bitte“, bat er und verließ den Raum. Kapitel 8: Chapter Eight ------------------------ Keisuke trat in die Küche seines Hauses, wo er von vier Männern erwartet wurde. Er neigte seinen Kopf leicht zur Seite, als er sah, dass Kyos Vater an seinem Küchentisch saß. „Niimura-sama“, sagte er und verbeugte sich. „Kiriyama-san ... Keisuke ... wie geht es meinem Sohn?“, fragte der ältere Mann. „Er hat versucht sich das Leben zu nehmen ... im Augenblick sind seine Freunde und Ryohei bei ihm. Und so wie es aussieht, wird keiner der vier ihn allein lassen.“, sagte er und zuckte entschuldigend mit den Achseln. „Er will mich immer noch nicht sehen, was?“, fragte Niimura und Keisuke schüttelte leicht den Kopf. „Nein ... ich glaube, das wäre in dieser Situation kontraproduktiv ... ich werde ihn irgendwann soweit haben, aber im Augenblick braucht er seinen Partner und die Menschen, die ihn seit bald zwanzig Jahren ständig begleiten ... er vertraut darauf, dass Ryohei und ich ihn beschützen ... vor allem, was ihm wehtun könnte ... und im Augenblick gehören sie noch dazu ... ein falsches Wort und alles, was Ryohei und ich erreicht haben, könnte zerbröckeln...“, sagte er und blickte den älteren um Verzeihung bittend an. „Aber unseren Schutz akzeptiert er?“, fragte Kyos Vater. „Da werde ich ihm keine Wahl lassen. Er weiß, dass ich sie angerufen habe und das sie vermutlich herkommen werden ... sie können einen kurzen Blick reinwerfen, aber bitte, verlieren sie kein Wort.“, sagte er ernst und sah die vier Bodyguards an. „Die anderen sind draußen?“ Er erhielt ein Nicken als Antwort. „Gut ... ich bin und Ryohei werden uns um unsere fünf Schützlinge kümmern“, sagte Keisuke ruhig, bedeutete Niimara-sama dann, ihm zu folgen. Er schob die Tür zu Kyos Zimmer leise auf und der ältere Mann sah an ihm vorbei ins Zimmer. Ein versonnenes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, als er Kyo zusammengerollt in den Armen eines Rotschopfes sah. „Pass gut auf meinen Jungen auf“, sagte er und verließ das Haus dann. Keisuke sah ihm hinterher und er biss sich auf die Unterlippe, atmete erleichtert aus, dass der alte Yakuzaanführer sein Haus verlassen hatte. Er betrat Kyos Zimmer wieder und blickte in die Runde. „Einer von euch kann bei ihm bleiben ... für den Rest habe ich die Gästezimmer vorbereitet“, sagte er ernst. Kaoru stand auf. „Sind wir hier auch sicher? Ich habe das Gefühl, die Plattenfirma lässt uns verfolgen.“, sagte er. Keisuke nickte leicht. „Niimura-san hat Wachen rund ums Haus postiert. Hier kommt nicht mal ein Staubkorn rein oder raus, ohne das er darüber Bescheid weiß“, sagte er. „Oh ... okay. Ich ... bin es nicht gewohnt, so geschützt zu werden“, sagte Kaoru. Keisuke grinste leicht. „Das wundert mich, Niikura-sama ... schützen sie sich ausschließlich selbst? Oder sind die anderen drei ihre Guards?“, fragte er. Kaoru blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an, wollte schon etwas sagen, als Keisuke seine Hände hob. „Keine Angst ... wir haben nicht vor diese Situation auszunutzen. Ich habe sie alle damals überprüft ... ich weiß, wer sie sind und auch, dass sie vor einigen Jahren die Geschäfte ihres Vaters übernommen haben ... aber sie haben unseren Prinzen immer beschützt ... also gehe ich davon aus, dass ihnen etwas an ihm liegt und sie ihn auch weiter schützen werden ... mit uns gemeinsam.“ Shinya war leise hinter ihn getreten. „Kaoru?“ Der Bandleader und geheime Mafiaboss schüttelte den Kopf. „Alles okay, Shinya ... Kiriyama-san war besser, als wir gedacht haben ... wir waren nicht gründlich genug ... aber solange nichts davon an die Öffentlichkeit gerät, ist alles okay“, sagte er. „Von mir werden sie nichts hören“, versprach Keisuke. „Gut ... wir werden uns jetzt zurückziehen ...“ Kapitel 9: Chapter Nine ----------------------- Wärme und Geborgenheit waren das Erste, was Kyo wahrnahm, als er langsam zu sich kam. Er vergrub sein Gesicht an einer warmen Brust und atmete tief ein. Der Geruch war angenehm und vertraut, ebenso das Gefühl der Arme, die sich um seinen Körper schmiegten und ihn zärtlich umfangen hielten. Es dauerte eine Zeit, bis ihm bewusst wurde, in wessen Armen er da lag und er blinzelte träge, rieb sich mit der unverletzten Hand über seine Augen und sah, dass es tatsächlich Daisuke war, der ihn da so sanft hielt. Er biss sich auf die Unterlippe und brauchte seine ganze Willenskraft, um sich von Daisuke zu lösen. Er rutschte zur Bettkante und bevor es jemand verhindern konnte, stand er auf wackligen Beinen und ging zu der breiten Fensterbank, ließ sich darauf nieder und starrte zu Daisuke, der sich im Bett aufgesetzt hatte und ihn beobachtete. Kein Wort kam über seine Lippen. Er sah den Rotschopf einfach nur fragend an und ließ zu, dass Ryohei ihn nebenbei untersuchte, den Verband kontrollierte. Auch zwischen ihnen fiel kein Wort. Der Arzt fuhr Kyo sanft mit einer Hand durchs Haar und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich dann in den Hintergrund zurückzog. Kyo legte seinen Kopf schief und betrachtete Daisuke eine ganze Weile lang still. „Warum?“, fragte er ihn schließlich. Nicht mehr und nicht weniger. Dieses Wort beinhaltete so viele Fragen. Daisuke spürte, dass Kyo eine tiefer gehende Antwort, als ein einfaches ‚Darum‘ benötigte und schluckte einmal schwer. „Ich habe E-Mails von dir erhalten, in denen stand, dass du mich und auch die anderen im Moment nicht sehen möchtest, weil du Zeit für dich brauchst, um deine Gedanken zu ordnen ... um zu schreiben und die Situation zu verarbeiten ... ich nahm an, dass das dein Wunsch ist und ich habe versucht ihn zu respektieren. Ich habe dir trotzdem jeden Tag geschrieben ... wie ich mittlerweile herausgefunden habe, waren die Mails, die ich erhalten habe, gefaket und du hast nicht eine einzige meiner Mails erhalten, sondern nur zwei Nachrichten, die aussagten, dass wir in nächster Zeit keinen Kontakt haben können ... ich wäre so gern bei dir geblieben, aber unser liebenswertes Management hat uns systematisch von einander abgeschnitten ... sie wollen nicht, dass es dir gut geht, weil du wesentlich produktiver für sie bist, wenn es dir schlecht geht“, erklärte Daisuke, rührte sich aber immer noch nicht vom Bett weg, auch wenn er Kyo liebend gerne in den Arm genommen hätte. Kyo nickte nach einem Moment des Überlegens langsam. „Okay ... und wie kommt es, dass du jetzt hier bist?“, wollte er dann wissen. „Kiriyama-san hat mich angerufen und mir erzählt, was hier abgegangen ist. Wir haben das überprüft und sind abgehauen ... die Plattenfirma ist fällig. Wir haben uns der Klage, die Kiriyama-san in deinem Namen angestrengt hat, angeschlossen und werden die Firma und das Management platt machen ... und wenn du wieder fit bist, nehmen wir fünf das selbst in die Hand. Wir haben genug Mittel zu unserer freien Verfügung, dass wir unsere Platten auch selbst vertreiben können und den Rest haben wir ja ohnehin schon selbst organisiert, weil unsere Manager dazu nicht in der Lage waren“, beantwortete der Rotschopf auch diese Frage, bevor er doch seinen Mut zusammen nahm und aufstand. Langsam glitt er um das Bett herum und ging zum Fenster, ging vor Kyo in die Knie und lächelte ihn an. „Aber wirklich wichtig ist uns allen und mir ganz besonders, dass du erst mal wieder gesund wirst ... körperlich und ... seelisch, soweit es geht“, sagte er und legte seine Hand an Kyos Knie. Kyo starrte eine Weile auf Daisukes Hand, bevor er seine darauf legte und Daisuke urverwandt anblickte.Er studierte ihn regelrecht und seine Augen suchten nach auch nur einem Funken Unehrlichkeit in dem Rotschopf, aber er fand nichts in der Art. Als drückte er sanft seine Hand und ließ seinen Blick sinken, zeigte deutlich seine eigene Unsicherheit. Kyo hatte nicht die geringste Ahnung, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Schließlich wandte er sich an Ryohei. „Keisuke hat geklagt? Heißt das, er hat die Klausel angewandt?“ Ryohei ging langsam zu ihm und nickte leicht. „Ja ... er hat sie angewendet, zu deinem eigenen Wohl ... so wie ihr es damals besprochen habt. Die Familie wurde informiert und sie haben acht Leute zu deinem Schutz hergeschickt ... wir bleiben vorerst hier und behandeln dich weiter und wenn wir sicher sind, dass dir nichts passiert und du dir auch nichts antun wirst ... werden wir zumindest einen Teil der Klausel widerrufen und dich in die Obhut von Kaoru-san und seinen ... Mitarbeitern übergeben“, sagte er. Die letzten Worte klangen ein wenig erzwungen und Kyo lachte leise. „Dachtest du, ich weiß nicht, mit wem ich da zusammenarbeite, Ryo? Ich wusste es von Anfang an ... ich habe die vier danach ausgesucht ... ich wollte sie ... sie sind die besten und ich will nur mit den besten zusammenarbeiten ... ich will meine Karriere fortsetzen und vielleicht ... irgendwann, wenn das nicht mehr läuft, werde ich in den Schoß der Familie zurückkehren oder aber einfach ein Teil von Kaorus Familie werden.“, sagte Kyo und ließ sich dann von der Fensterbank in Daisukes Arme sinken. Er kuschelte sich an den warmen Körper des Rotschopfs. Ihm selbst war kalt und er zitterte ein wenig. Daisuke hörte still zu und hob Kyo schließlich sanft hoch, trug ihn zum Bett. Er setzte sich neben ihn und deckte ihn zu. Kyo sah zu ihm hoch und streckte die Arme nach ihm aus, als Zeichen, dass er kuscheln wollte und der Rotschopf streckte sich neben ihm aus, nahm ihn in die Arme. Kyo bettete seinen Kopf auf der Brust des Gitarristen und schloss seine Augen. Er lauschte dem gleichmäßigen Herzschlag und nach einer Weile war er wieder eingeschlafen. Dai blickte auf ihn hinab und kraulte ihn weiterhin im Nacken, auch als der Sänger schon schlief. Er hatte nicht gewusst, dass Kyo bereit wäre ein Teil ihrer Familie zu werden. Sie alle hatten gewusst, dass Kyo zu einer der berühmt-berüchtigten Yakuzafamilien von Kyoto gehörte und das er wusste, dass Kaoru die Familiengeschäfte nach dem Tod seines Vaters übernommen hatte, aber zu hören, dass er bei ihnen bleiben wollte, dass ihre Beziehung mehr als nur ein Geschäft war, tat ihm gut. Er hatte immer tiefere Gefühle für den Sänger gehegt und ihre Beziehung nicht als reinen Sex empfunden, aber er war sich nie wirklich sicher gewesen, wie Kyo das empfand. Der Sänger war immer sehr verschlossen gewesen, was seine eigenen Gefühle belangte. Ganz so, als hätte er Angst verletzt zu werden und wahrscheinlich war dem auch so. Nachdenklich sah Daisuke zu Ryohei, der lächelte. „Ich lasse euch jetzt allein ... wenn etwas sein sollte, ruf einfach. Keisuke und ich schlafen nebenan.“, sagte der Arzt und verließ das Zimmer, zog die Tür hinter sich mit einem leisen Klacken ins Schloss. Daisuke sah ihm hinterher und wünschte ihm eine gute Nacht. Dann konzentrierte er sich auf den kleinen Körper in seinen Armen. Er war froh, dass Kyo ihm erlaubte, ihm so nahe zu sein und ihn zu schützen. Shinya und Toshimasa kümmerten sich um Kaoru und er war seit Beginn der Band für ihren Sänger zuständig gewesen. Für seinen Schutz und sein körperliches und geistiges Wohl. Mit der Zeit hatte er tiefere Gefühle für den kleineren Mann entwickelt, obwohl dieser emotional mehr als nur kompliziert war. So in seine Gedanken versunken, dauerte es nicht lange und Daisuke folgte Kyo ins Traumland, auch wenn ein Ohr immer auf die Außenwelt gerichtet war. Kapitel 10: Chapter Ten ----------------------- Die nächsten zwei Tage vergingen für Kyo wie im Flug. Er war durch den Blutverlust und die mental auslaugende Situation sehr erschöpft und schlief daher die meiste Zeit. Anders sah es für Keisuke und Kaoru aus. Die beiden hatten diese beiden Tage in Ryoheis Haus mit den Anwälten verbracht, um genau festzulegen, welche Bedingungen die Plattenfirma und das Management zu erfüllen hatten, damit sie nicht an die Öffentlichkeit gehen würden. Das bedeutete allerdings auch, dass sowohl die Plattenfirma, als auch das Management versuchen würden zu verhandeln und darauf hatte keiner der beiden Lust, das würden sie den Anwälten überlassen, welche dafür ausgebildet waren. Daisuke blieb mit Ryohei und Kyo in Keisukes Haus, beobachtete den schlafenden Sänger die meiste Zeit und spielte hin und wieder auf der Akustikgitarre für ihn. Toshiya und Shinya hatten sich gemeinsam mit einigen von Niimura-sans Leuten auf den Weg nach Tokyo gemacht, um ihre Wohnungen zu räumen und ihr Musikequipment sicherzustellen. Alles wurde auf das Anwesen der Niimuras in Kyoto gebracht, wo für Kyo mittlerweile ein eigenes Haus errichtet worden war, welches separat von Leuten bewacht wurde, denen Kyo schon von Kindesbeinen an vertraut hatte. Erstaunlicherweise hatten sich bei dieser Aktion keinerlei Probleme ergeben, was die Männer verwunderte, aber mutmaßlich lag es daran, dass deutlich zu sehen war, dass es sich bei der Begleitung der beiden ‚Musiker‘ um Yakuza handelte und allgemein hin bekannt war, dass man sich mit diesen Menschen nicht anlegen sollte. Kaoru hatte dann irgendwann die Frage gestellt, ob er und seine drei Guards sich eine eigene Unterkunft suchen sollten, was verneint wurde. Auf seine verwunderte Reaktion hin, sagte Keisuke ihm: „Niikura-san ... sie vier sind Kyos engste vertraute, abgesehen von Ryo und mir ... sie jetzt von ihm zu trennen und sei es nur, damit sie woanders schlafen, wäre das schlimmste, was wir tun können. Er braucht jetzt unseren Schutz, ob er es zugeben mag oder nicht ... deswegen bitte ich sie, bleiben sie hier oder wir ziehen alle gemeinsam in Kyos Haus im Familienstammsitz ... da ist mehr Platz ... aber lassen sie ihn jetzt nicht allein“ Kaoru sah zu Shinya, der gleichzeitig auch so etwas wie sein Berater war. Dieser lächelte leicht und nickte zustimmend. „Es wäre wirklich kontraproduktiv, wo Kyo sich doch gerade wieder erholt ... und ich gehe davon aus, dass er sobald wie möglich wieder mit seiner Karriere weitermachen will ... genau wie wir, also sollten wir alles tun, was ihm hilft ... und als erstes heißt das, wir sind für ihn da und zweitens, wir klagen die Plattenfirma und das Management in Grund und Boden“ Ein Blick zu Toshiya sagte ihm, dass dieser derselben Meinung war und Daisuke brauchte er gar nicht erst fragen. Wenn es hart auf hart kommen würde, wusste Kaoru, dass dieser sein Leben für den kleinen Blondschopf opfern würde. „Also gut ... dann lassen sie uns in Kyos Haus ziehen, wenn da mehr Platz ist ... wir könnten dann zumindest wieder Proben ... ich gehe jedenfalls davon aus, dass Kyo dort ein Musikzimmer hat, nicht wahr?“, sagte Kaoru schließlich. Keisuke nickte leicht. „Natürlich ... als Niimura-san das Haus hat bauen lassen, wurde ein State of the Art Studio im Keller eingerichtet ... beste Akustik und neueste technische Ausstattung ... er will nur das beste für seinen Sohn und er hat mittlerweile verstanden, dass Dir en grey das beste für Tooru ist“, sagte Keisuke. „Ich werde dann alles in die Wege leiten und heute Nachmittag sind wir drüben im Haus...die Anwälte werden dort allerdings nicht aufs Gelände gelassen ... aber Videokonferenzen sind ja auch nicht das schlechteste“, fügte er hinzu und verschwand dann in sein Büro, um einige Telefonate zu führen. Kapitel 11: Chapter Eleven -------------------------- Der Umzug in Kyos eigenes Haus war jetzt schon einige Tage her und der Sänger hatte sich von dem Blutverlust soweit erholt, dass er sich wieder frei im Haus bewegen konnte, ohne dass er gleich ständig von seinen Freunden begluckt wurde. Über die Geschehnisse sprechen wollte er nicht. Zumindest nicht mit der Band. Er war noch nicht bereit dafür, sich ihre Ausreden und Entschuldigungen anzuhören und Gott sei Dank akzeptierten sie es auch. An diesem Morgen hatte er sich früh aus dem Haus geschlichen, damit er sich den Sonnenaufgang am Koiteich im Garten ansehen konnte. Nur mit einem Yukata bekleidet, saß er im Gras und lehnte mit dem Rücken an einem Baumstamm. Sein Blick wirkte nachdenklich, eher in die Ferne gerichtet, als wirklich im hier und jetzt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass das Management mich so hintergangen hat ... sie hätten fast mein Leben zerstört ... wenn Kei und Ryo nicht dagewesen wären, wäre ich jetzt tot ... und es scheint sie noch nicht einmal zu interessieren ... sie glauben anscheinend, dass ich ersetzbar bin ... nur dass ich das eben nicht bin ... ohne mich ... gibt es kein Dir En Grey ... egal, wie man es dreht und wendet ... sobald einer von uns ausfällt, existiert diese Band nicht mehr ... wir sind eine Familie und in einer Familie ist niemand ersetzbar Kyos Gedanken waren ruhig, nicht mehr so durcheinander wie noch in den Tagen zuvor. Er wünschte sich nur, dass niemand ihn bedrängen würde, während er seine Gedanken ordnete. Ein Schauer rann durch seinen Körper, denn es war doch noch recht frisch, aber er zog den Yukata enger um sich und atmete tief durch, richtete seinen Blick dann auf den Horizont, wo die Sonne langsam hinter den Bäumen auftauchte und ihr warmes Licht auf die Erde warf. Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, das erste seit etlichen Tagen. Eine Weile verharrte er in seiner Position und träumte einfach nur vor sich hin, bevor leise Schritte ihn aus seinen Gedanken rissen. Er blinzelte und sah Daisuke dann einige Schritte von sich entfernt stehen. „Hierher bist du also verschwunden ... ich hab mir Sorgen gemacht, als ich dein Bett leer vorgefunden habe und du nicht im Haus warst“, vernahm er die leise, ruhige Stimme des Rotschopfes. Einen Moment lang war er versucht ihm harsch zu antworten, aber er hatte verstanden, dass der Gitarrist auch nur ein Opfer der Machtspielchen seitens der Plattenfirma war. „Hmm ... ich konnte nicht mehr schlafen ... und wollte nachdenken“, sagte er leise und nach kurzem Zögern klopfte er neben sich auf das Gras. Daisuke war überrascht, dass er überhaupt eine Antwort erhielt, aber er kam der stummen Bitte nach und setzte sich neben Kyo, ließ aber noch ein wenig Abstand zwischen ihnen, weil er sich nicht sicher war, wie es um ihre Beziehung stand, nachdem sie über Monate nicht wirklich Kontakt halten konnten, weil sie so manipuliert worden waren. Zufrieden stellte Kyo fest, dass er den Gitarristen immer noch überraschen konnte und da ihm kalt war, zögerte er auch nicht lange und krabbelte auf dessen Schoß, schmiegte sich Wärme suchend an ihn. „Ich hab dich vermisst, Daidai ... so lange schon ... dieses allein sein ... ich kann das nicht mehr ... es bringt mich um“, murmelte er leise und lehnte seinen Kopf direkt über Daisukes Herz an dessen Brust, lauschte dem gleichmäßigen Wummern, wie es für einen Moment lang zu rasen begann und sich dann langsam wieder beruhigte. Für einen Moment versteifte sich der Körper des Rhythmusgitarristen, als der blonde Sänger auf seinen Schoß krabbelte, um es sich gemütlich zu machen, doch das leise Geständnis entspannte ihn wieder und er legte behutsam seine Arme um den fragilen Körper, streichelte über Kyos Rücken und hauchte einen sanften Kuss auf dessen Haarschopf. „Ich habe dich auch vermisst ... aber ich dachte wirklich, dass ich tue, was du dir wünschst ... die Nachrichten klangen nach dir“, gestand er. „Es tut mir leid ... ich hätte dich anrufen müssen.“ Zum Ende hin wurde er leiser und biss sich dann auf die Unterlippe. Leicht schüttelte er den Kopf. „Vielleicht ... keine Ahnung ... ich hätte doch auch nachfragen müssen ... aber ich weiß eines ... ich brauche dich, Daidai ... an meiner Seite und nirgendwo anders ... wenn du nicht da bist ... fühlt es sich an, als ob mein Herz aufhört zu schlagen und da ist nur noch Dunkelheit ... soviel kann ich nicht schreiben und malen, um diese Dunkelheit zu vertreiben“, erwiderte er ebenso leise und hielt sich an seinem Partner fest. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, während sie beide in ihren eigenen Gedanken versanken. Die Sonne ging langsam auf und ihre warmen Strahlen lockten die Vögel dazu den neuen Tag zu begrüßen. Kyo begann leise zu summen, stimmte sozusagen in ihren Morgengruß mit ein, ehe er nach einer Weile wieder verstummte und sein Atem begann sich auszuebnen, weil die Wärme der Sonne und von Daisukes Körper ihn schläfrig machten. Daisuke lauschte den Vögeln und auch Kyo, lächelte dabei sanft und hörte nicht auf den Sänger zu streicheln, genoss es, ihm nach so langer Zeit wieder nahe sein zu können. Als Kyo dann verstummte, nutzte er seine Chance. „Das heißt also ... das zwischen uns ist nicht vorbei?“, erkundigte er sich leise. Kyo blinzelte ihn träge an und schüttelte den Kopf. „Ich habe dir doch als wir zusammenkamen schon gesagt, dass ich dich niemals wieder hergeben werde“, murmelte er, vergrub sein Gesicht dann an Dais Schulter und wenige Momente später war nur noch sein leises Atmen zu hören. „Kleines, narkoleptisches Monster“, murmelte Daisuke und lehnte sich gegen den Baumstamm, machte es sich bequem, denn mit Kyo auf dem Schoß, kam er hier eh nicht weg. Also konnte er genauso gut seinen Schatz imitieren und noch eine Runde schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)