Urlaub auf göttliche Art von Yalene (Kapitel 16 Up) ================================================================================ Kapitel 13: Annäherungsversuche ------------------------------- "Urlaub auf göttliche Art" Eine Ranma ½ Fanfiction von Yalene Disclaimer: Die Figuren gehören bekanntermaßen Takahashi-sama und Fujishima-sama. Eventuelle Ähnlichkeiten mit anderen FFs sind reiner Zufall. Kommentare der Autorin sind am Ende des Kapitels zu finden. "...gesprochen..." *...gedacht...* '...betont...' LAUTE GERÄUSCHE ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Kapitel 13: Annäherungsversuche ~+~+~+~+~+~+~+~+~ „Nein, nicht so.“, tadelte Ranma die ältere Frau vor sich. Sie runzelte die Stirn. Hatte sie es denn immer noch nicht richtig gemacht? Seit nunmehr zwei Minuten versuchte sie ein zehn Sekunden langes Kata aus Abwehr, Hebel, Wurf und Rolle mit einem imaginären Gegner zu meistern, doch der neue junge Trainer schien immer wieder etwas Neues daran auszusetzen zu haben. Machte sie eine Bewegung richtig, vernachlässigte sie die Ausführung einer anderen. „Dann bitte, Herr Saotome“, ließ sie beinahe entnervt verlauten, „zeigen sie es mir so, dass ich es bei ihnen auch erkennen kann.“ Ranma nickte nur kurz und trat an den Platz, den ihm die etwa fünfzehn Jahre ältere Frau frei machte. Um sie herum hörte er den Trainingslärm von zwölf anderen Schülern. Er nannte sie Schüler, doch fast alle waren älter oder gleichaltrig wie er. Es kam ihm anfangs seltsam vor, Männern, die doppelt so alt waren wie er, die richtige Schrittkombination und Hebeltechnik für einen Wurf zu zeigen. Sein Vater hatte ihm nie beigebracht, Leute zu unterrichten und Genmas Methoden waren zu radikal, alsdass Ranma sie bei jemand anderen anwenden wollte. Bevor sie diese Arbeit angenommen hatten, hatte sich Ranma keine großen Gedanken darüber gemacht, wie er einmal das Dojo führen würde. Für ihn war es ein klarer Fakt, dass er irgendwann die Schule für Schlägereien aller Art leiten sollte, doch über seine Methoden des Lehrens hatte er nie nachgedacht. Das hatte sich natürlich nach der ersten Stunde gewaltig geändert. Dort stand er seinen Schülern zunächst etwas hilflos gegenüber. Selbstverständlich erkannte er deren Schwächen, doch hatte er nicht wirklich eine Vorstellung davon, wie er sie ihnen zeigen konnte, ohne sie zu verletzen. Akane erging es ähnlich, jedoch hatte sie nicht solche Kontaktschwierigkeiten wie Ranma. Zum Glück für ihn hatte Meister Hironishi ihn und Akane nach der Stunde beiseite genommen und mit ihnen darüber geredet. Er hatte nicht erwartet, dass beide sofort am Anfang die perfekten Trainer wären, erinnerte er sich doch noch allzu gut an seine ersten Lehrversuche. Hironishi erzählte ihnen davon und gab einige mögliche Herangehensweisen von gelenkter Arm- und Beinführung beim Schüler durch den Trainer, was natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt sinnvoll und ausführbar war, bis hin zur langsamen Vorführung zum Besten. Ranma hatte sich schnell für Zweiteres entschieden, da er Körperkontakt etwas verhalten gegenübertrat. Doch auch bei der Vorführung der Technik tat er sich zeitweilig schwer, waren seine Bewegung oft zu schnell, alsdass selbst die Braungurte, in deren Stunden er und Akane unterrichteten, ihm immer sofort folgen konnten. So hatte auch Frau Tanaka, deren Kata er derzeit begutachtete, bei seiner ersten Vorführung einen eher verständnislosen Gesichtsausdruck, welcher Ranma nicht entging. Wortlos wiederholte er ihn noch einmal in einem Tempo, was er nicht einmal als ein Drittel seiner Normalgeschwindigkeit betrachtete. Beim zweiten Durchgang hatte sie ihn sehr genau beobachtet, doch auch da schien ihr noch nicht genau klar zu sein, was genau sie falsch machte. In ihrem Verständnis sah alles gleich aus. „Es ist die Art der Körperspannung.“, kommentierte Ranma nach dem zweiten Durchgang. „Ihr Gegenüber greift sie an, sie wehren mit rechts ab und führen ihn rechts vorbei, sodass sein Schwerpunkt hinter ihre Körpermitte verlagert wird. Bis dahin machen sie es gut. Jedoch bleibt keine Anspannung im Arm, sobald sie seinen Unterarm packen und den Armhebel gegen ihre Hüfte starten. Ohne diese Anspannung kann sich ein Gegner, der mehr Kraft hat als sie, leicht aus dem Hebel lösen.“ Er demonstrierte es mit einer Vorführung, verharrte dann in der Position, in der er den vermeintlichen Gegner mit dessen Arm in einem Hebel an seiner rechten Körperseite gefangen hielt. „Es macht da keinen Unterschied, wie lang die Arme sind, solange nur der Druck ausreichend ist. Denken sie daran, dass ihr Gegner bewegungsunfähig gemacht werden muss, bevor sie den Beinwurf anwenden können.“ Sein rechter Arm war in einem 45° Winkel nach hinten vom Körper abgehoben, so als wolle er das Handgelenk von einem neben ihm stehenden, ihm zugewandten und nach vorn gebeugten Gegner umklammern und die Armbeuge Ellbogen voraus gegen seine Seite drücken. Der linke Arm hielt eine Position inne, die daran erinnerte, dass er unter dem gestreckten Arm hindurch mit der angewinkelten Handfläche das Kinn des Gegners nach oben drückte. Dann, mit perfekter Körperspannung, tat er einen schlingernden Schritt mit dem rechten Bein, hob es nach hinten in einer Ruckbewegung nach oben, vollführte ein vorwärtiges Abrollen und landete anschließend wieder sicher auf den Füßen. Ranma drehte sich zu Frau Tanaka um. „Es ist nicht so, dass sie generell etwas falsch machen, doch ihnen fehlt eindeutig die Spannung, dass diese Technik auch im Ernstfall funktionieren könnte.“ Die Angesprochene runzelte etwas die Stirn. „Verzeihen sie, Herr Saotome, doch das hier ist ein Training, nicht der Ernstfall. Was macht es da aus, wenn ich nicht bei jeder Übung eine perfekte Körperspannung beherrsche?“ Ranma schüttelte den Kopf. „Das Training ist zur Perfektion da. Denken sie, im Ernstfall könnten sie darüber nachdenken, wie sie die Technik richtig handhaben? Nein, da müssen sie aus Gewohnheit und Instinkt handeln. Wenn sie es hier nicht richtig machen, dann werden sie es auch nur zweifelhaft ausführen, wenn es drauf ankommt.“ Einige Sekunden gab es eine Art Blickkontakt, der die Dominanz zu regeln schien. Ranma war sich wohl bewusst, dass einige es nicht mochten, von jüngeren Leuten verbessert und möglicherweise sogar kommandiert zu werden, doch Hironishi hatte ihm und Akane verständlich gemacht, dass letztlich seine Hoheit als Meister die letzte Instanz war und da er entschieden hatte, dass sie seine fortgeschrittenen Schüler mit beaufsichtigen sollten, gab es für die gute Frau eigentlich keine Diskussionsgrundlage. Sie wechselten wieder die Plätze. Ob nun aus Trotz oder ernstem Ehrgeiz heraus, das wusste Ranma nicht genau zu bestimmen, doch beim nächsten Versuch konzentrierte sich seine Schülerin auf die richtige Anspannung und führte das Kata zu Ranmas Zufriedenheit aus. Er nickte wohlwollend. „Genau so. Kampfsport ist eine ernste Angelegenheit. Man sollte sie also niemals leichtfertig angehen.“ Er lächelte versöhnlich und auch etwas verlegen. Diese ganze Lehrerangelegenheit war eindeutig zu neues Ufer, alsdass er es einfach angehen und durchziehen konnte. Frau Tanaka sah ihn einige Sekunden ausdruckslos an, seufzte und nickte lächelnd. Dann begann sie das Kata erneut. Ranma schaute ihr noch zwei Durchgänge lang zu und ging dann zum nächsten Schüler über. Dessen Ausführungen waren weniger fehlerhaft, daher ließ er seinen Blick ein wenig weiter in die Runde schweifen. Dabei entdeckte er Akane. In den ganzen anderthalb Stunden, da die beiden nun schon hier waren, hatte er nicht einmal die Auswirkung des Gummibandes gefühlt. Er rechnete Skuld diese Leistung hoch an und schwor sich, ihr dafür später noch einmal zu danken. Vielleicht könnten er und Akane die Technik auch an ihren freien Tagen im Tempel benutzen. Zumindest hätten sie dann für ein paar Stunden etwas Zeit für sich. Sein Blick fokussierte sich wieder auf die Schüler. Einer vor ihnen hatte eine falsche Armführung beim Antritt des Kata und Ranma fragte sich ernsthaft, wie er mit dieser Leistung den Braungurt erreichen konnte. Er ging langsam zu ihm hin und besah sich dessen Leistung, stoppte ihn aber, als er es wiederholen wollte. In kurzen Worten erklärte Ranma ihm, wo er Fehler machte und führte es selbst einmal vor. Der Schüler schien dadurch neu inspiriert worden zu sein, vollführte er doch die Übung beim nächsten Mal wesentlich besser. Ranma lächelte ihn aufmunternd an und ging weiter durch die Reihen. Unwillkürlich schien die junge Frau in dem schwarzen Gi wieder seine Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln heraus. Akane schien völlig in dieser Art von Arbeit aufzugehen. Enthusiastisch beobachtete sie jeden intensiv in seinen Bewegungen, nickte zustimmend oder schüttelte verneinend den Kopf, nur um dann die richtige Methode durch Vorführung oder Worte zu erläutern. *Wer hätte gedacht, dass sie sich so für das Ganze begeistern kann.*, sinnierte der junge Saotome. Er wusste, dass es wie Hohn klingen musste. Akane war immer eine starke Kämpferin gewesen, nur in der Technik fehlte ihr einiges. Doch sie besaß das Herz eines echten Kampfsportlers und Ranma musste an die vielen Male denken, wo er sie damit aufgezogen hat, viel schlechter als die anderen zu sein. Es war nicht ganz unwahr, jedoch setzte er vielleicht einen falschen Maßstab an. Nerima war mit der Zeit so sehr von starken Kämpfern überlaufen worden, sodass Akanes Besonderheit einfach unterging. Gemessen an normalen Gegnern, wie sie hier vorzufinden waren, war sie eine sehr gute Kampfsportlerin. *Das schützt sie aber nicht vor den Gefahren zu Hause.*, dachte er grimmig. Zu oft wurde sie Opfer seiner Rivalen oder Verehrerinnen. Irgendwann musste das aufhören, oder es würde der Tag kommen, an dem Ranma es vielleicht nicht mehr rechtzeitig schaffen konnte. Er dachte an Saffron… Er schüttelte unmerklich den Kopf, wie um die düsteren Gedanken zu vertreiben und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschen um ihn herum. Ein Hinweis dort, eine Richtigstellung da… mehr gab es derzeit nicht zu tun. War das Dojo wirklich so klein oder warum schienen seine Augen immer in ihre Richtung zu wandern? Er sah sie gerade, wie sie einem jungen Mann Anfang zwanzig eine kurze Schlag-Tritt-Kata erläutern wollte und Ranma runzelte die Stirn. Hatte sie ihm nicht schon vor einigen Minuten etwas gezeigt? Wie lange blieb sie bei diesem Schüler? Er ging einige Schritte weiter, zollte den Karatekas in jenem Moment nur oberflächlich Beachtung, sein Blick hauptsächlich auf seiner Verlobten ruhend. Diese schien den Ausdruck eindeutigen Interesses – welches weniger dem Kampfsport als der Person galt - auf dem Gesicht ihres Schülers gar nicht zu bemerken. Ranma jedoch konnte beinahe nichts anderes sehen. *Wieso ist sie so freundlich zu ihm?*, dachte er irritiert. Was er anfänglich für Begeisterung am Lehren gehalten hatte schien für ihn jetzt entgegenkommende Freundlichkeit für diesen Mann zu sein. Ärgernis machte sich breit. Es war genau wie bei Ryoga. Akane verstand einfach nicht, dass sie mit dieser Art Freundlichkeit Männern einen falschen Eindruck vermitteln konnte. Und sie bezichtigte ihn der Fremdgeherei! Wo sie doch beinahe jedem Mann außer ihm schöne Augen machte! Natürlich war dies Unsinn. Doch Ranma konnte es sich nicht eingestehen. Eifersucht brennt und verzehrt jeden rationalen Gedanken. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Die Abendsonne neigte sich gen Boden, als sich Ranma und Akane wieder auf dem Heimweg zum Tempel befanden. Trotz der Lebhaftigkeit um sie herum schien es der jüngsten Tendo, als wäre es unnatürlich still. Das kam vielleicht daher, dass ihr Verlobter seit Verlassen des Dojos kein Wort mit ihr gewechselt hatte. Weder auf dem Weg zum Bus, noch bei dessen halbstündiger Fahrt. Nun, auf dem Weg hoch zum Tempel, war dies Akane bewusster denn je. Was konnte ihn in so eine schlechte Laune versetzt haben? „Ranma?“ Sie erhielt keine Antwort. Nicht einmal seine Reaktion konnte sie sehen, da er die ganze Zeit sein Gesicht von ihr abwandte, wie um sie nicht sehen zu müssen. Hatte sie etwas Falsches gesagt? „Ranma, hörst du mich?“ Er brummte. Das war wenigstens ein Lebenszeichen. „Warum bist du so still?“, bohrte Akane weiter. Irgendwas stimmte mit ihm nicht, da war sie jetzt sicher. Doch scheinbar wollte Ranma nicht darüber reden. Akane runzelte die Stirn. *Als ob ich ihm das durchgehen lasse!* „Ranma! Was ist passiert?“ Ihr Ton war hörbar ärgerlich. Wieso ignorierte er sie? Der Angesprochene blieb abrupt stehen. Menschen drängten an ihm vorbei, als ob es Alltag wäre, wenn sich jemand einfach unbeweglich wie eine Statue im Weg befand. Akane drehte sich überrascht um, ihre kurz zuvor zu Tage getretene Verärgerung vergessen und sah nun in das grimmige Gesicht ihres Verlobten. „Was passiert ist, fragst du?“, grollte er Unheil verheißend. Die jüngste Tendo war davon sichtlich geschockt. Was hatte ihn nur so in Rage versetzt? Normalerweise gab es kaum Momente, in denen er so einen ernsten Gesichtsausdruck machte. „Frag dich das doch selbst! Wer hat den vorhin dauernd mit diesem braunhaarigen Schönling geflirtet?“ Was er einige Zeit vorher nur mit Unwillen zur Kenntnis genommen hatte, weitete sich im Rest der Unterrichtsstunde aus. Der Typ hatte es definitiv auf Akane abgesehen. Immer wieder fand er einen Vorwand, um mit ihr zu sprechen. Er machte sogar absichtlich einiges falsch wenn er sicher war, dass sie gerade zu ihm sah, nur damit Akane ihn wieder berichtigte, ihm vorführte, ihn anfasste! Wie naiv konnte diese Frau sein? Nach den drei Stunden war Ranma so schlecht vor Wut, dass er glaubte den Kerl verprügeln zu müssen. Am besten vor Akanes Augen! Und ihm dabei ins Gesicht schreien, dass er es nie wieder wagen sollte, an seine Verlobte auch nur ein Wort zu richten. Und hier stand Akane nun, absolut nichtsahnend, warum er so aufgebracht war. Hatte sie die Blicke des Kerls denn wirklich nicht bemerkt, oder hatte sie sie vielleicht sogar genossen? Der Gedanke letzterer Möglichkeit ließ Ranma jegliche Vernunft vergessen. „Sieh mich nicht so an!“, meinte er vorwurfsvoll. Am liebsten hätte er sie angeschrieen, doch die Menschen um ihn herum belehrten ihn eines Besseren, weshalb es nur ein tiefes Grollen war, was von ihm kam. Akane wusste nicht, was sie sagen sollte. Meinte er sie? Wo und mit wem hatte sie bitte geflirtet? „Ich weiß ja nicht, was du dir wieder einbildest, aber ich hab keine Ahnung, wovon du redest!“, brachte sie ihm energisch entgegen. „Wie kommst du dazu mir solche Vorwürfe zu machen?“ Ranma sah Rot. „Wie ich dazu komme?“, zischte er. „Ich komme dazu, weil meine Verlobte vor meinen Augen mit einem fremden Kerl liebäugelt!“ „Wen zum Kuckuck meinst du?“ Ranma irritierte sie. Mehr als das, es war verletzend. „Ich meine diesen Schönling mit den braunen Haaren, bei dem du wohl die Hälfte der Zeit warst und von dem du einfach nicht die Finger lassen konntest!“ Akane war wütend, so wütend, dass sie ihm beinahe auf offener Straße den Hammer übergezogen hätte. Dennoch versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, wen Ranma mit dieser wilden Behauptung meinen könnte. „Meinst du Kenji?“ Die Frage traf Ranma wie ein Schlag. „Soso.“, säuselte er bedrohlich. „Ihr seit also schon beim Vornamen…“ Die junge Tendo hatte genug von seinem Unsinn. Wie konnte er es überhaupt wagen? „Du siehst Gespenster, Ranma.“, meinte sie ernst, wie um der Situation ein finales Ende zu geben. „Er hatte mir angeboten, ihn beim Vornamen zu nennen. Mich hat er als seinen Trainer immer noch mit Tendo anzureden. Und jetzt genug von diesem Quatsch.“ Sie drehte sich um und wollte gerade ihren Weg wieder aufnehmen, als es hinter ihr triumphierend hmpfte. „Ich hätte wissen sollen, dass du dir hier gleich wieder wen suchst. Ryoga und Shinnosuke waren ja nicht genug.“ Er sah niemals die Hand kommen, doch er fühlte und hörte die Ohrfeige. Sein Kopf schnellte mit einer immensen Kraft zur Seite, bevor er wieder seinen Blick auf Akane richtete. Gerade als er ihr neuerliches entgegen werfen wollte, sah er in ihr Gesicht. Und er fühlte, wie sich sein Magen zusammen zog. „Gerade du!“, ihre Stimme zitterte als einzelne Tränen ihren Augen entwichen. „Gerade du hast die Unverschämtheit, mir ein doppeltes Spiel vorzuwerfen?“ Es war ihr unmöglich, auch nur ein Wort mehr hervorzubringen. Ihr ganzer Körper schüttelte sich vor Wut und Schmerz, die noch immer erhobene Hand ein Zeugnis davon. Dann wandte sie sich schnell um und tat ein paar Schritte, wie um den größtmöglichen Abstand zwischen sich und Ranma zu legen. Doch sie hatten ihre Armbänder nicht an. Nie verfluchte Akane die Dämonin wie jetzt. Ranma fühlte den Schmerz in seiner Wange, fuhr beinahe wie in Trance mit der Hand darüber hinweg und setzte sich langsam in Bewegung, seine Wut beim Anblick der Tränen verflogen. *Was ist nur in mich gefahren?* Diese Frage stellte er sich auf dem etwa zehnminütigen Weg zum Tempel – der in vollkommenem Schweigen absolviert wurde – immer wieder aufs Neue und die möglichen Antworten gefielen ihm nicht. Der Tempeleingang kam in Sicht. Die anderen durften schon zu Hause sein. Ranma sah dem Abend mit wenig Begeisterung entgegen. Was konnte er tun, damit Akane ihm vergab? Sie bogen ein, durchquerten den Eingang und hielten auf das Haupthaus zu. Akane hatte bereits die Hand an der Tür, als er stehen blieb und zu ihr aufsah. „Ich möchte mich entschuldigen.“, meinte Ranma mit fester Stimme, senkte jedoch den Blick wieder. Dadurch bekam er auch nicht mit, wie sich Akanes Schultern beim ersten Satz schon entspannten. „Es war unfair und dumm von mir so etwas zu sagen. Aber von ‚Kenji’“, er sprach den Namen aus als hätte er einen bitteren Beigeschmack, „solltest du dich lieber fernhalten. Denn glaub mir, er will etwas von dir!“ Den letzten Satz beendet ging er an Akane vorbei ins Haus. Er wollte wissen, wie sie darauf reagierte, traute sich aber nicht, sich umzudrehen. Gerade als sich Akane für diese ehrliche Entschuldigung bedanken wollte, kam Belldandy den Flur entlang und begrüßte die beiden. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ „Na, wie war euer Tag?“ Es war die übliche Konversation am Abend, da alle bei Tisch saßen und das Essen genießen konnten. Akane sah von ihrer Schüssel auf und bemerkte, dass Belldandy sie lächelnd ansah. „Es war… interessant.“, sagte sie in einem fast nachdenklichen Ton, wie als würde sie den Tag Revue passieren lassen. „Am Anfang gab es ja noch einige Schwierigkeiten, dass wir als Trainer akzeptiert wurden. Aber ich denke, mittlerweile haben wir uns in der Klasse ganz gut etabliert.“ Einiges von ihrem Ego war in der ersten Woche der Arbeit ziemlich angegriffen worden, doch wie Hironishi ihnen schon gesagt hatte, war es seine Entscheidung. Also hatten sie sich nur noch durchzusetzen, was Akane letztendlich auch bei den meisten der Schüler gelang, obwohl doch so viele älter waren. „Alles in allem macht die Arbeit sehr viel Spaß. Ich hätte nie gedacht, dass auf der anderen Seite des Trainings ebenso viel Herausforderung liegt.“, gab sie kichernd zu. Ranma beäugte seine Verlobte von der Seite und überdachte ihre Antwort. Sie hatte Recht. Es war eine Herausforderung, mehr so als er es vermutet hätte. Seit der Entschuldigung an der Haustür hatten die beiden kein Wort miteinander gesprochen. Ranma war – obwohl er es sich kaum eingestehen konnte – zu nervös und noch immer von seiner Schuld geplagt, alsdass er normal mit ihr reden konnte. Und Akane, mutmaßte er, war vermutlich zu wütend. Doch jetzt, wo er sie so angeregt mit Belldandy schnattern sah, entspannte auch er sich ein wenig. Wäre Akane immer noch so wütend auf ihn, hätte er es jetzt gemerkt. Sie war nicht sehr gut darin, ihre schlechte Laune zu verbergen, was er schon oft schmerzlich gespürt hatte. Vielleicht hatte sie ihm ja seinen Ausbruch schon verziehen. Das Gespräch bei Tisch schwenkte um auf die Geschehnisse in der Uni. Offenbar hatten die Chefs des Clubs eine besonders verrückte Maschine entwickelt, die beim nächsten Rennen am Sonntag von keinem anderen als Keiichi gefahren werden sollte. Dieser sah sich jetzt schon vorzeitlich Krankenhausrechnungen bezahlen und war demnach wenig begeistert von der ganzen Sache, aber Belldandy sprach ihm gut zu. „Belldandy?“ Die Angesprochene sah ihre jüngste Schwester lächelnd an. Diese schien sichtlich nervös zu sein, wie Urd amüsiert bemerkte. „Was ist denn, Skuld?“ „Nun ja…“ Spielte sie da verlegen mit ihren Daumen? „Würde es euch denn etwas ausmachen“, ihr Gesicht wurde zusehends röter, „wenn ich am Sonntag zum Rennen jemanden mitbringe?“ Sie wagte es kaum, den anderen ins Gesicht zu sehen. So verpasste sie auch das verständnisvolle Lächeln Belldandys und das deutlich belustigte Grinsen Urds. „Aber nicht doch, bring Sentaro ruhig mit.“, gab ihre zweitälteste Schwester fast schon neckisch zurück. Skuld sah aus, als wollte sie einem Hummer in Rotfärbung Konkurrenz machen, nickte aber nur. Von einigen anderen Themen des Tages angereichert näherte sich das Essen dem Ende. Schon als Ranma und Akane – mehr Ranma von Akane genötigt – den Tisch abdecken wollten, schien Belldandy ein Gedanke zu kommen. „Hört mal ihr zwei.“, meinte sie plötzlich, „Lasst uns doch nach dem Abdecken mal ausmessen, wie groß die Entfernung zwischen euch ist. Wenn wir es täglich machen, dann zeigt uns das, in welchem Maße sich die Energie verliert, die euch zusammenhält.“ Ranma und Akane sahen sie verwundert an, konnten dem aber nichts Negatives abgewinnen. Im Gegenteil, es war eine hervorragende Idee. Vielleicht konnten sie so zumindest in Erfahrung bringen, wie lange es in etwa dauern würde… ob Tage, Wochen oder gar Monate. Beide beteten, dass es nicht letzteres war. Während sie ihre Arbeit verrichteten und sich Skuld und Urd bereits wieder um die Fernbedienung stritten, holte Keiichi einen Zettel und Maßband zur Dokumentation. Belldandy lächelte ihn mit dieser Art des vollkommenen Verständnisses an, wie sie zwischen den beiden herrschte. „Dann wollen wir doch mal.“, meinte Ranma, nachdem er und Akane aus der Küche wiederkehrten. Sie stellten sich seitlich des Tisches Rücken an Rücken aneinander und gingen dann vorsichtig los. Sie wollten beide keine Flugeinlage riskieren. „Ranma, ich kann nicht mehr weiter.“, ertönte es von Akane nach ein paar Sekunden. Ranma hatte es ebenso gespürt. Er wusste, dass er sich noch weiter zwängen konnte, doch dann würde das Band wohl heftig darauf reagieren. „Ich auch nicht mehr. Das ist unsere derzeitige Grenze.“ Er drehte sich erwartungsvoll zu Belldandy um, die das Maßband erst bei Akane anlegte und dann zu ihm herüber führte. Sie beugte sich nach unten. „Ein Meter sechsundfünfzig.“, erklang ihre Stimme bevor sie sich nachdenklich aufrichtete. „Ich könnte mir es natürlich nur einbilden, aber ich glaube gestern waren es mindestens fünf bis zehn Zentimeter weniger.“ Keiichi hatte inzwischen den Wert mit Datum und Zeit vermerkt. „Dann ist es doch gut. Mindestens fünf Zentimeter pro Tag macht am Ende der Woche etwa ein Meter achtzig Distanz, wenn nicht sogar mehr.“ Urd wedelte mit dem Zeigefinger tadelnd vor seiner Nase. „Tsk, tsk, Keiichi. Das doch nur, wenn die Energieabgabe linear ist.“ Belldandy nickte zustimmend. „Das werden wir die nächsten Tage schon herausfinden.“ Sie sah zu Akane und Ranma hinauf. „Aber wie auch immer. Zumindest könnt ihr sicher sein, dass die Energie abnimmt. Es ist also kein permanenter Effekt.“ Diese Worte waren wahrlich Musik in ihren Ohren und definitiv gut gelaunt saßen sie mit den anderen zusammen vorm abendlichen Fernsehprogramm. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ „Wo ist es nur?“ Leicht irritiert kam die Stimme aus einem nach seltsamen chemischen Mitteln riechenden Zimmer. „Verflixt noch mal, wenn ich es nicht bald finde, kann ich meine Pläne abhaken.“, grummelte es von einer Person hervor, die Kopf voraus in einem Schränkchen nach etwas suchte. „Aha!“, erklang Urds triumphaler Schrei, bevor sie sich zur Ruhe mahnend die Hand auf den Mund schlug. *Wollen doch nicht, dass jemand was hiervon erfährt.* Dabei hielt sie eine kleine Glasflasche mit einer klaren, dennoch leicht rosa schimmernden Flüssigkeit hoch. Die Erkenntnis, dass Ranma und Akane vermutlich bald wieder auf größerer Distanz waren, in mehr als nur einem Sinn, ließ Urd aktiv werden. Einige ihrer Pläne konnten nur funktionieren, wenn die beiden sich nicht ausweichen konnten. Also lieber jetzt handeln, bevor sie wieder die Entfernung schützen konnte. Jetzt war nur die Frage, wie sie Akane das Gebräu unterjubeln konnte. Und es musste Akane sein, da die Mixtur extra für den weiblichen Hormonhaushalt konzipiert worden war. In einer weiteren Schublade kramend fand sie schließlich eine nicht einmal vier Zentimeter lange Spritze, mit der sie einige Milliliter der Flüssigkeit aufzog. Sie begutachtete ihr Werk und nickte zufrieden. *Das sollte reichen, damit die beiden eine unvergessliche Nacht haben.* Sie kicherte Unheil verkündend. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ „Da bist du ja.“, meinte Belldandy lächelnd, als Urd wieder das Wohnzimmer betrat. Sie hatte bereits die abendlichen Teetassen aufgedeckt und nun saßen alle in vertrauter Gemeinsamkeit vor dem Fernseher. Nur Welsper glänzte durch Abwesenheit, sehr zur Beruhigung Ranmas. Urd besah sich die gefüllten Teetassen. Einem inneren Jubelschrei ähnlich dröhnte ein *Perfekt!* durch ihren Kopf, ließ sich doch das Mittelchen hervorragend über ein Getränk einnehmen. Nun musste sie nur noch einen Moment abwarten, da Belldandys Aufmerksamkeit gebrochen war und schon könnte ihr Plan in die Tat umgesetzt werden. Als wolle das Universum ihre Machenschaften unterstützen, maunzte es von draußen – was Ranma mit einer Verspannung seines Körpers zur Kenntnis nahm – und Belldandy entschuldigte sich, da sie Welsper noch ein Schälchen mit Wasser hinstellen wollte. Die älteste Göttin musste mit sich kämpfen, nicht allzu sehr zu Grinsen. Vielleicht würden es Ranma und Akane nicht bemerken, doch Skuld, die zum Glück noch komplett auf den Fernseher fixiert war, sowie Keiichi, auch er nicht in einer besseren Position, hätten bei einem Blick in ihr Gesicht sofort erkannt, dass sie etwas im Schilde führte. So also verbarg Urd ihren Mund mit der einen, dem auf den Tisch gestützten Arm zugehörigen Hand und holte mit der anderen langsam die kleine verheißungsvolle Spritze hervor. Es war kein Zufall, dass Akane genau vor ihr saß. Gerade als im Fernsehen ein donnerndes Geräusch erklang, spritze die Flüssigkeit unbemerkt in Akanes Tee und das kleine Utensil der Untat verschwand so plötzlich, wie es gekommen war. Ein kurzer Blick in die Runde verriet Urd, dass niemand von der Tat etwas mitbekommen hatte. Innerlich Kichernd beobachtete sie, wie Akane nach einigen Minuten die Tasse ansetzte und genüsslich einige Schlucken daraus trank. Sie brauchte sich keine Sorge machen, dass ein fremder Geschmack die Zutat verraten könnte, braute sie ihre Tränke doch immer Geschmacksneutral, um sie nicht eventuell zu verraten. Belldandy war inzwischen zurückgekehrt und hatte an Keiichis Seite Platz genommen. *Gut.*, entschied Urd in Gedanken. *Sie hat also auch nichts gemerkt.* Obwohl ihre jüngere Schwester ja nicht anwesend war, als sie das Gemisch verabreichte, wusste Urd bei ihr nie so richtig, was sie alles wahrnahm. Sie war immerhin Göttin erster Klasse und mit denen war, was ihre Fähigkeiten anbelangte, nicht zu spaßen. Allmählich verstrich die Zeit und Urd wurde unruhig. Akane hatte noch keinerlei Reaktion gezeigt und die älteste Göttin beschlich eine schlimme Vorahnung. Sollte das Mittel etwa genau wie ihre Zaubersprüche wegen dem Schutz der Daten nicht wirken? Wenn dem so war, konnte sie ihre anderen Pläne ja auch gleich über den Haufen werfen. Dann würde nichts aus ihrer Trankbrauerei funktionieren und über diesen möglichen Aspekt war Urd ganz und gar nicht erfreut. Immer wieder wanderten ihre Blicke zurück zur jüngsten Tendo, welche sich nicht den geringsten Anschein gab, auch nur ansatzweise auf das Aphrodisiaka zu reagieren, dass Urd ihr eingeflößt hatte. *Ach Mann…*, seufzte die älteste Göttin gedanklich. *Das Universum ist unfair!* ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Akane konnte einen Rotschimmer nicht unterdrücken, als sie auf ihrer Seite der Trennwand im Bad hockte. Es war erst das zweite Mal, da sie mit Ranma allein hier war und es würde sicherlich einige Zeit brauchen, bis sie diese Tatsache verkraften konnte. *Zum Glück ist der Effekt nicht permanent.* Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie es sein würde, sollten sie und Ranma wirklich in ihre Welt zurückkehren können, ihr Leben zu führen, aneinander gekettet wie sie waren. Sie malte sich schon die Reaktionen aus und schüttelte darüber angewidert den Kopf. *Lieber nicht dran denken.*, sinnierte sie und stellte die Dusche auf Kalt. Sie spürte, wie Schauer sie überwanderten, als das kühle Nass an ihr herabfloss. Es mochte ja für den Stoffwechsel gut sein, mit unterschiedlichen Temperaturen zu duschen, aber es bedurfte doch einiger Gewöhnung, nicht bei jedem kalten Wasserschwall zu quieken. Sie hätte es vorgezogen, das warme Pendant in einer Badewanne genießen zu können. Das langsame Aufwärmen darin kam ihr wesentlich entspannender vor, als es eine Dusche leisten konnte. Doch mit ihrer derzeitigen Situation war es kaum möglich. So klein, wie die Wanne war, konnten kaum zwei Personen da drin Platz finden, schon gar nicht mit einer Trennwand. Und an die Alternative mochte Akane nicht einmal denken. Warmes Wasser überflutete sie und sie seufzte genüsslich. Ja, das war Entspannung pur. Wohlige Wärme breitete sich in ihr aus und eine angenehme Benommenheit erfasste ihre Sinne, als sie das Wasser auf sich wirken ließ, und ihre Gedanken verschwammen im aufkommenden Gefühl. Ranma war auch beinahe fertig mit seinem abendlichen Bad, oder Dusche in seinem Fall, als plötzlich seine internen Alarmglocken läuteten. Es war jenes Gefühl, dass er kurz vor einem Überraschungsangriff hatte. Ruckartig drehte er sich in seiner gehockten Pose um… … und erstarrte. Vor ihm stand mit nichts, aber absolut gar nichts bekleidet und nackt wie am Tag ihrer Geburt seine Verlobte. Auf seiner Seite der Trennwand! Ranmas Gehirn schien jeder Gedanke zu entfleuchen. Er konnte nur starren. Sein Mund stand offen und ihm schien es, als ob die Welt gerade stillstünde. Atmete er überhaupt noch? „Akane?“, stieß er hervor. Das Zittern in der Stimme konnte er unmöglich unterdrücken. Sie gab ein wohliges, lang gezogenes ‚Mhhh’ von sich und ihre Hüfte schlingerte anzüglich, als sie auf ihn zuging. Panik stieg in Ranma auf. Das konnte unmöglich Akane sein. Und doch sah er sie deutlich vor sich. Etwas zu deutlich, fand sein von Hormonen durchfluteter Körper. Sichtlich abgelenkt konnte er noch feststellen, dass ihre Augen glasig zu sein schienen, oder war dies durch den Wasserdampf bedingt? „A… Akane!?“ Kam nur ihm das so vor, oder glich seine Stimme gerade wirklich seiner weiblichen Form, als seine Verlobte sich nach unten beugte und auf ihn zu kroch, mittlerweile gefährlich nah in der Personenzone. Am liebsten wäre er jetzt, Handtuch oder nicht, direkt aus dem Bad gestürmt, doch nicht einmal diese Fluchtmöglichkeit hatte er. *Großer Gott!*, schrillte es in Ranmas Hirn. *Sie will mich verführen!* Und in der Tat hatte Akanes Gesichtsausdruck einen eindeutig lasziven angenommen. „Raaaanmaa…“, stöhnte sie in einer Art Singsang, der ihm das Blut aufkochen ließ. Und plötzlich machte es bei ihm Klick. Gerade als Akane die finalen Zentimeter zwischen ihren Lippen überwinden wollte, drückte sie der Arm ihres Verlobten kraftvoll bestimmt von sich weg. Entschlossenheit blitzte in seinen Augen. „Akane!“, er stellte erleichtert fest, dass seine Stimme wesentlich fester und männlicher klang als noch vor wenigen Sekunden. „Das bist nicht du! Was zum Teufel soll das?“ Die Angesprochene war nicht begeistert, so kurz von ihrem Ziel von selbigen abgehalten zu werden und versuchte dem Griff, den Ranma auf ihre Schulter hatte, zu entweichen. Doch es half nichts. Der junge Saotome klammerte sich beinahe verzweifelt daran, als wäre es eine Rettungsleine, und sah ihr direkt in die Augen. Dabei erkannte er es. Diese Frau war Akane – aber definitiv nicht sie selbst. So würde sie sich nie verhalten, niemals so offensiv sein. Das war jemand anderes, der da wieder seine Finger im Spiel hatte. Unbändige Wut stieg in ihm auf. War es wieder diese Dämonin? Belldandy! Sie konnte helfen. Unverzüglich, immer darauf bedacht seinen Griff nicht allzu lange zu lockern, tastete er nach seinem Handtuch und sicherte es um die Hüfte. Dann packte er Akane an beiden Oberarmen – was gleichzeitig auch ihre wandernden Hände hinderte, ihn zu sehr abzulenken – und schob sie bestimmt auf ihre Seite. Obwohl Akane heftig protestierte und sich an ihn klammerte, gelang es Ranma doch noch, ihr das Handtuch umzuwickeln und sie im sicheren Halt aus dem Bad zu tragen. Er hatte Akane noch nie betrunken gesehen und fragte sich ernsthaft, ob dies vielleicht eine Art war, auf das hiesige Essen und Trinken zu reagieren. Warum aber hatte sich dann in den vergangenen elf Tagen nichts bemerkbar gemacht? Schnellen Schrittes steuerte er das Wohnzimmer an, in dem er Belldandy noch immer wusste. „Belldandy!“, brüllte er beinahe. Diese fuhr alarmiert herum, erstarrte kurzfristig, als sie die beiden Dimensionsreisenden halbnackt im Durchgang wahrnahm. Als sie jedoch in Ranmas Gesicht sah, wusste sie, dass es ernst war. „Was ist geschehen?“ „Es ist irgendwas mit Akane. Sie benimmt sich nicht wie sie selbst.“ Böse Vorahnungen ergriffen die mittlere Göttin. Doch nicht etwa...? „Leg sie bitte hin.“, deutete sie auf eine Stelle direkt neben sich. Akane schien mittlerweile in einer Art Delirium zu sein. Unaufhörlich verlangte sie nach Ranma, stöhnte auf, Augen unfokussiert und Hände unentwegt auf der Suche nach ihres Verlobten Körpers. Dieser hatte alle Mühe, sie einigermaßen still und sich selbst und seinen hochroten Kopf unter Kontrolle zu halten. *Sie hat keine Ahnung, was sie mir antut…* Er beobachtete, wie Belldandy langsam zunächst Akanes Augen begutachtete, dann ihren Mund öffnete und die Zunge fühlte. Schließlich schien sie noch durch eine Hand auf ihrer Stirn die Temperatur feststellen zu wollen. „Sie hat irgendetwas eingenommen.“, stellte Belldandy nach der kurzen Diagnose fest. „Irgendetwas wirkt in ihr.“ „Also hat es doch noch funktioniert!“, tönte eine wohlbekannte Stimme überrascht von der Tür. Auch die übrigen Bewohner des Hauses hatten Ranmas Schrei nach Belldandy gehört und waren sofort angelaufen. Urd war verwundert zu sehen, dass ihr Aphrodisiaka doch noch zu wirken begann, auch wenn diese Reaktionen, welche Akane derzeit zeigte, nicht geplant waren. Enttäuschung spiegelte sich in Belldandys Gesicht. „Was hast du ihr gegeben?“, wollte sie vorwurfsvoll wissen. Urd winkte ab. „Nur ein kleines Mittel, damit sie etwas lockerer wird und sich angemessen um ihren Verlobten kümmern kann. Ich dacht erst es funktioniert nicht, aber der Wechsel der Wassertemperatur und der angekurbelte Stoffwechsel müssen es wohl doch noch in Gang gesetzt haben.“ Sie grinste. „WAS?“ Urd zuckte zusammen und sah in Ranmas Gesicht. Nie in der kurzen Zeit seines Aufenthalts, auch nicht in den vielen Streitereien mit Akane, hatte sie ihn so wütend gesehen wie in jenem Moment. Es machte ihr Angst. „Wie kannst du es wagen?“, donnerte er und wollte sich gerade – seine Prämisse mit der Raumfalte komplett vergessend – auf Urd stürzen, als er von Keiichi zurückgehalten wurde. Dieser musste dafür alle Kraft aufbringen. „Wie kannst du es wagen, ihr so etwas anzutun?“ Ranma war außer sich. Niemand, auch nicht die Schwester seiner Gastgeberin, hatte das Recht, Akane auch nur irgendetwas anzutun. Keiichis Griff und Belldandys beschwichtigende Worte, aber auch der verängstigte Gesichtsausdruck Urds trugen dazu bei, dass sich der junge Saotome langsam wieder fing. „Versuch noch mal, ihr irgendwas unterzujubeln, und du wirst mich kennenlernen!“ Er hatte diese Worte geflüstert, mehr gegrollt als alles andere, doch Urd lief dabei ein Schauer über den Rücken. Belldandy sah den Zustand ihrer Schwester und konnte nicht umhin, Mitleid für sie zu empfinden, auch wenn sie verstand, dass Ranma für seine Wut jeden Grund hatte. „Urd, wie lange hält es an?“, fragte sie. Die älteste Göttin blinzelte sie geknickt an. „Nur einige Stunden. Es sollte ja auch nicht böse gemeint sein…“ Ranma wäre bei dieser Aussage fast wieder explodiert, doch Belldandy hielt ihn zurück. „Warte, Ranma!“, bat sie ihn eindringlich. „Urd, richte bitte einen Schlaftrank her. Wenn möglich auch einen, der das Mittel abbaut.“ Die Angesprochene nickte nur kurz und ging langsam, mit einem letzten Blick auf ihre Schwester, Ranma und letztlich Akane aus dem Raum. Sie sahen ihr schweigend nach. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Es war ruhig im Haus geworden. Überall waren die Lichter ausgegangen, nur im Zimmer der Verlobten brannte eine kleine Stehlampe. Ranma wandte erneut den Blick vom Fenster ab und ließ ihn zu Akane hinüber wandern. Der Schlaftrank hatte eine sofortige Wirkung gezeigt, und es schien, als würde sich ihr Körper zunehmen entspannen. Selbst jetzt, zwei Stunden später, konnte er kaum glauben, was da eigentlich passiert war. Er war noch immer wütend auf die älteste Göttin, die es gewagt hatte, Akane einen Liebestrank unterzumischen. *Niemand darf ihr etwas antun!*, dachte Ranma besitzergreifend. *Niemand…* Ein Geräusch schreckte ihn aus einem leichten Schlaf auf. War er denn eingenickt? Dabei wollte er doch über Akane wachen. Sein Blick schnellte zu ihr und sah mit einer Mixtur aus Erleichterung und Vorsicht, dass sie sich aufgesetzt hatte und Orientierung suchend umsah. Ihre Augen kreuzten die seinen. „Ranma?“, flüsterte sie verwundert. „Was ist passiert? Wieso bin ich hier? Ich war doch vorhin noch im Bad…“ Sein Gesicht entflammte. Er wusste, er müsste ihr davon erzählen, doch wie sollte er das bitte anstellen, ohne selbst vor Scham im Boden zu versinken? Er konnte jetzt schon ihren Hammer fliegen sehen, wenn sie erfuhr, dass er sie komplett nackt gesehen hatte – und das in einer sehr nahen Begutachtung. Er wandte den Kopf zur Seite und den Blick entschieden ab. Besser war es, er sah sie dabei nicht an, sonst würde er vermutlich keinen Ton rausbekommen. „Urd hat…“, setzte er an und bemerkte, dass seine Stimme ungemein kratzig klang. Er räusperte sich. „Urd hat dir während des Tees eine Art Liebestrank eingeflößt.“ Er hörte sie scharf einatmen, traute sich aber nicht, sie anzusehen. „Als wir im Bad waren, schien das verdammte Zeug zu wirken und du…“ Er schlug sich mental gegen die Stirn. Wieso war es so schwer, auch nur davon zu reden? „Du hast unter dem Einfluss von dem Zeug versucht mich zu küssen und zu verführen.“, brachte er in einem Atemzug raus. Stille herrschte. Nur das Ticken der Wanduhr war zu hören. „Was…“, entdeckte er Angst in ihrer Stimme? „Was ist dann passiert?“ Ranma konnte seine Verlobte noch immer nicht ansehen. „Ich hab natürlich gemerkt, dass mit dir was nicht stimmte. Ich schwöre, ich habe nichts gemacht! Sobald wir Handtücher um uns hatten, hab ich dich sofort zu Belldandy gebracht und sie erkannte, was los war. Urd hatte gemeint, es sollte nur ein kleiner Spaß sein.“ Grimmig erinnere er sich daran. „Jedoch hat sie geschworen, nachdem Belldandy ihr gesagt hat, wie enttäuscht sie davon wäre, so etwas nicht mehr zu machen. Sie hat einen Schlaftrank gemischt, damit du das andere Zeug abbauen und nichts mehr anstellen konntest.“ Er hörte sie atmen. Warum war alles so verdammt laut in diesem Raum? Sein Blick wanderte langsam zu ihr hinüber. Sie sah ihn nicht an, schien mit dem Zipfel der Decke zu spielen und ihr Gesicht machte den Eindruck, als wäre es genauso rot wie seines. „Seitdem warte ich eigentlich nur…“ Akane sah ihn überrascht an, dann jedoch formte sich ein Lächeln auf ihren Lippen. Eines jener Lächeln, die Ranma atemlos und mit weichen Knien dem Universum danken ließ, dass es diese Frau in sein Leben gebracht hat. „Danke… Ranma…“ Er konnte nur mit offenem Mund nicken und sich mit hämmerndem Herz hinlegen, während Akane das Licht löschte. ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Ende ~+~+~+~+~+~+~+~+~ Es lebt, es leeeebt!! Ja liebe Liebenden, ihr habt richtig gelesen. Diese Fanfiction ist noch nicht tot! Vielleicht war sie es mal... ganz kurz... für den Bruchteil einer tausendstel Sekunde... Aber auch dann hat sie immer einen Platz in meinen Gedanken eingenommen und ich habe sie nie vergessen. Ganz im Gegenteil habe ich nach der nun endlich vollendeten Überarbeitung der vorangegangenen Kapitel neue Inspiration für den Fortlauf erhalten, was man an der Länge dieses Dingelchens sehen kann. Ich war ja sichtlich geschockt, als ich das Veröffentlichungsdatum des 12. Kapitels ansah. Juni 2005! Ist es wirklich schon so lange her? Mit der Zeit haben vermutlich alle früheren Leser die Story vergessen oder Besseres zu tun, als sie zu verfolgen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Danksagung für Kommentare gehen an: - Magdchen: Wie Kasumi sagen würde: Du liebe Güte! Mit Mark_Soul verglichen zu werden ist wie ein Vergleich von Kakerlake und Schwan, wobei ich selbstredend ersteres wäre. Daher ehrt es mich natürlich, wenn ich auch nur ansatzweise den Eindruck erwecke, ihm ähnlich zu sein. - Dax: Mh, wenn man lange genug stichelt, kommen vielleicht noch ein paar mehr Sätze. :3 Scherz, niemand muss sich genötigt fühlen, hier Kommentare dazulassen, obwohl mich natürlich jedwede Reaktion freut. ^^ - Mikanchi: Mittlerweile habe ich meinen eigenen Rekord gebrochen. Wie lang ist es her seit dem letzten richtigen Kapitelupdate? Dreieinhalb Jahre... Dafür kann ich nicht einmal ansatzweise um Entschuldigung bitten. - Deepdream: Ich bin immer wieder fasziniert davon, erschrocken und begeistert zugleich, deine Kommentare zu lesen. Weißt du, dass man davon Minderwertigkeitskomplexe bekommt? Und das mein ich ernst. Wenn ich mir deine Wortwahl ansehe, dann denke ich, dass ich immer noch ein lausiger Amateur bin und noch keine signifikanten Fortschritte erzielt hab. Du spornst mich an, mein Bester. ^^ - mitsuki11: Oh wie leer wäre meine Kommentarabteilung ohne dich. ^^ Vielen lieben Dank wie immer. Ich bin jeden Formen der konstruktiven Kritk, schwärmenden wie scheltenden Kommentaren und sonstigen Meinungsäußerungen nicht abgeneigt. Sie werden meinerseits auch sicher nicht negativ aufgefasst. So far, Yalene. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)