Ocean blue von abgemeldet (Destiel & Sabriel) ================================================================================ Prolog: Ein neues Leben ----------------------- Andächtig stellte ich mein Gepäck ab, und atmete tief ein. Hatte ich es also endlich geschafft. Ich, Castiel Novak, durfte mich nun offiziell Student der Barden University nennen. Nach so vielen Jahren war es mir doch noch gelungen, meinen älteren Brüder nacheifern zu können, und so die Reihe der Studenten in meiner Familie komplettieren zu können. Man erwartete Großes von mir, das war mir bewusst. Und ich war gewillt, den Ansprüchen meiner Familie gerecht zu werden. Ironischerweise musste ich genau in diesem Moment an die schwarze Echthaarperücke und die Frauenkleidern in meinem Koffer denken. Ja, ich war genderfluid, ich fühlte mich keinem Geschlecht zugehörig und wechselte dieses nach Gefühl. Jedoch wusste kaum einer um dieses Umstand, außer meine Familie, die diese Tatsache überraschend entspannt aufgenommen hatte. Was wohl auch daran lag, dass mein älterer Bruder Gabriel offen pansexuell war und seine Sexualität nicht im Keller auslebte. Er stand mir, innerhalb meiner Familie, ausgenommen Balthazar, am nächsten und hatte mich so gut wie immer unterstützt, auch wenn seine Stichelein nie ausgeblieben waren. Michael und Lucifer, sowie Anna und Raphael hatten nicht viel auf mein 'Geschlechtsungleichgewicht' gegeben, was wohl daran lag, dass letzter bereits ausgezogen war und die anderen drei schlichtweg älter waren und sich sowieso nicht groß um uns scherten. Dennoch bewunderte ich sie für ihr Können und ihr Talent. Meine Familie zeichnete sich besonders durch musikalische Fähigkeiten aus, und so war es nicht verwunderlich, dass wir alle ein tadelloses Gehör besaßen und mindestens ein Instrument spielen konnten. Aber besonders im A Cappella waren meine Geschwister wahrhafte Meister. Ich war zwischen Menschen aufgewachsen, die alle möglichen Instrumente imitieren konnten und deren Stimmenvolumen nicht selten bei drei Oktaven lag. Es war also nicht besonders verwunderlich, dass ich ein gewisses Druckgefühl empfand, als ich auf den alten Bau vor mir starrte. Unwillkürlich wollte ich einen Schritt zurück machen, war dies doch ein ganz neuer Lebensabschnitt für mich. Für einen kurzen Moment wünschte ich mich zurück in die Highschool, einen Ort, wo alles mehr oder minder behüteter war als hier. Hier gingen nicht nur Personen aus der jeweiligen Stadt zur Universität, sondern von Gott weiß wo her. Es war einschüchternd. Jedoch kratzte ich all meinen vorhandenen Mut zusammen und begann mutig meinen Weg ins Innere des Gebäudes. Wenn ich nur geahnt hätte, wie sehr diese kleinen Schritte mein gesamtes Leben verändern würden. Kapitel 1: Blau --------------- "Jetzt mach hinne, du Oma!", brüllte ich über meine Schulter hinweg, und sah wieder nach vorne. Wir waren auf dem Weg ins Innere des Gebäudes, genauer gesagt, zu den Wohnheimen. "Du Idiot", hörte ich Sam entrüstet neben mir, er würde dieses Jahr auf meinem College beginnen und ich hatte die Aufgabe, auf Sammy aufzupassen. Mehr oder minder gerne kam ich dieser Aufgabe nach, musste ich doch gleich zu meinem Club. "Schlampe", gab ich unbefangen zurück, mir war es relativ egal, was Sammy von mir hielt. Ich musste schließlich pünktlich da sein. Ich freute mich ehrlich gesagt sogar schon auf die Jungs. Ich, Dean Winchester, gehörte nämlich zu der A Cappella Gruppe 'The Trebles'. Sechsjähriger Titelverteidiger der U.S A Cappella Hochschulmeisterschaften, bestehend aus den begehrtesten Typen der Uni, abgesehen von den Sportlern, den Verbindungsfuzis und den wirklich coolen Leuten. Ich war schon seit einem Jahr Mitglied und hatte dort meine wichtigsten Freundschaften geschlossen. Und Sam wollte ebenfalls in die Gruppe aufgenommen werden. Plötzlich blieb ich stehen, als ich ein mehr als vertrautes Gesicht wahrnahm. Ich ruckelte an Sams Jackenarm: "Sieh mal, Sam, da vorn. Das ist Gabriel. Du teilst dir ein Zimmer mit ihm, er ist ganz nett", erklärte ich und wies auf einen sehr kleinen jungen Herrn, der sich laut lachend mit seinem Bruder Lucifer unterhielt. Gabriel gehörte wie Lucifer und seine anderen beiden Brüder zu den Trebles und war mir sympathisch, zumindest sympathischer als sein großer Bruder Michael, der sich Chef der Trebles nennen konnte und uns herum kommandierte wie seine Bediensteten. Es war schon anstrengend, unter Michael zu arbeiten, da er keinerlei Fehler zuließ, und ich machte mir doch etwas Sorgen um Sammy. "Hey, Gabe!", brüllte ich zu meinem Freund hinüber, ehe ich Sam am Arm packte, das entrüstete "Hey!" ignorierend, und ihn mit zu den beiden Jungs schleppte. Maßlos verwirrt wurde ich von einem hektischen Gabriel, der sich verdrückte, als wir kamen und einen belustigsten Lucifer, der Gabe grinsend hinterher sah. "Wo ist er hingegangen?", fragte ich neugierig. "Zum Klo", erwiderte der Gefragte ungerührt, ehe er Sammy anblickte, "Und du warst wohl der Auslöser." "Wie auch immer", versuchte ich mehr oder minder von dem etwas unangenehmen Gesprächsthema wegzukommen, da ich eine ungefähre Vermutung hatte, was Gabriel auf der Toilette trieb. Und trieb war dafür genau der richtige Ausdruck. Als ich aus den Augenwinkeln zu Sammy linste, war mir jedoch ganz schnell bewusst, das dieser wohl keine Vermutung hatte, was wir beide meinen könnten. Es war auch besser so. "Lucifer, wärst du wohl so nett, Sam sein Zimmer zu zeigen? Gabe ist ja gerade... verhindert", gab ich ihm durch die Blume zu verstehen, dass er dieses Thema bei Sam nicht anschneiden sollte. Lucifer war zum Glück nicht ganz so beschränkt, wie er manchmal wirkte und so zog er Sam kommentarlos mit sich. Ich hörte noch, dass sich Lucifer vorstellte und Sam nach seinem Studiengang fragte, ehe die beiden mit der Masse, die sich durch die Flure bewegte, verschmolzen und ich sie nicht mehr ausmachen konnte. Gerade, als ich mich umdrehte und meine Kopfhörer herausholen wollte, passierte es. Ich spürte einen Stoß gegen meine Brust, und einen lauten Aufprall, gerade so, als wären mehrere Gegenstände hinunter gefallen. Schnell sah ich nach unten und bemerkte mehrere Dinge auf einmal. Erstens, es war jemand in mich hinein gerannt, der sich jetzt, und das war der zweite Punkt, daran machte, seinen Koffer und seine Tasche aufzusammeln. Eilig beugte ich mich hinunter, um der Person zu helfen. "Das tut mir wahnsinnig leid!", begann sich der Junge, der eine sehr dunkle und unfassbar angenehme Stimme hatte, zu entschuldigen. Jedoch würgte ich ihn relativ schnell mit den Worten: "Kein Problem", ab und hievte den schweren schwarzen Koffer wieder in die Gerade. Dabei fiel mir auf, dass sich der Stecker meiner Kopfhörer aus dem Anschluss meines Handys gelöst hatte, und nun leise 'Carry on my wayward son' vor sich hin dudelte. Schnell unterband ich die Musik, gerade rechtzeitig, ehe sich der Junge vor mir aufrichtete. "Hey, alles okay? Ich bin-", erkundigte ich mich schnell, doch ich geriet ins Stocken, als ich den jungen Mann vor mir zum ersten Mal richtig wahrnahm. Zuerst waren da diese fluffigen Haare, die dem schlanken Körper mit den dünnen Beinen, der ehr Unschuld vermittelte, vor mir etwas sehr... heißes verliehen. Die rosige Haut, der schmale Oberkörper, diese unfassbar langen Beine und diese Naivität, die wohl ein zu einem fester Bestandteil seiner Austrahlung gerechnet werden konnte, als dies war nichts zu den Augen, dir mir aufgeregt entgegen leuchteten. Sie waren wie ein tiefer Ozean, wie der HImmel nach einem Gewitter und doch wieder ganz anders. Sie faszinierten mich. "Dean! Dean Winchester", vollendete ich meinen Satz. Dabei blickte ich nun wieder in diese unwirklichen Augen, die nun etwas Verwirrung ausstrahlten. War ich zu lange still gewesen? Hatte er mit mir gesprochen, und ich hatte es nicht gemerkt? Oder hatte ich zu undeutlich gesprochen? Diese und tausend weitere Fragen schossen durch meinen Kopf und innerlich rannte mein Gewissen schreiend im Kreis. Ich war wirklich ein Idiot. "Hallo, Dean. Ich bin Castiel Novak", gab er zurück, was mich aufhorchen ließ. "Novak?", wiederholte ich, "Bist du der Bruder von Gabriel?", harkte ich verwundert nach. Castiel nickte, was mich innerlich dazu brachte, ein gedankliches Memo mit der Aufschrift 'Gabe die Stimmbänder rausreißen' zu verfassen. Warum erzählte mir das Arschloch nichts von seinem Bruder? Seinem niedlichen Bruder. Beiläufig sah ich auf mein Handy, und räusperte mich kurz: "Es tut mir leid, aber ich muss los, ja? Wir sehen uns bestimmt nochmal, Cas", verabschiedete ich mich und rauschte an ihm vorbei. Den Spitznamen hatte ich mir einfach rausgenommen, ich würde den Teufel tun, und ihn Castiel nennen, obwohl mir der Name gefiel. Das war mir dann doch zu lang. Kurz sammelte ich mich. Was auch immer das gewesen war. Und wie kam er auf Cas? Ich schüttelte kurz meinen Kopf. Dennoch musste ich mir eingestehen, dass ich ihn irgendwie sympathisch fand. Es reichte auf jeden Fall, um ihn näher kennen lernen zu wollen. Immer noch leicht verwirrt sah ich auf meinen Campusplan, ehe ich mich auf den Weg zu meinem Wohnheim. Als ich die Tür öffnete, fielen mir zunächst Rosen auf, dann schwarze Anzüge, die auf dem rechten Bett lagen. In Mitten dieser Anzüge fand sich ein schwarzhaariger, etwas dicklicherer Mann, der gerade dabei war, seine Koffer auszupacken. "Hallo", gab ich etwas schüchtern in den Raum hinein, da mein Zimmergenosse eine.. herrische Ausstrahlung besaß. Der schwarzhaarige Mann, den ich ungefähr auf 22 schätzte, blickte mich an und gab mit einen derart starken britischen Akzent meinen Gruß zurück, dass ich leicht lächeln musste. Ich mochte das britische Englisch viel lieber als das amerikanische. Man verstand es eh besser. "Ich bin Castiel", sagte ich, schloss die Tür hinter mir und ging zu dem links stehenden Bett. Schnell hob ich meinen Koffer auf das Bett und begann ihn aufzumachen. Bis mir siedend heiß einfiel, dass die Echthaarperücke ganz zu oberst lag und ich diese nicht einfach auspacken konnte. Über meine Nervosität hinweg hörte ich nicht mal wirklich, wie sich mein Zimmergenosse als Crowley vorstellte. Ich richtete mich geradewegs auf und sah Crowley an: "Ich gehe mir die Infostände ansehen, bis später", sagte ich hastig und verschwand aus dem Zimmer. Kapitel 2: Aufgeflogen ---------------------- An der Barden University  gab es unfassbar viele Clubs, stellte ich fest, während ich über den Campus lief und mir die Infostände der einzelnen Verbände näher ansah. Ich hatte bereits einen Schachclub, eine Vereinigung der chinesischen Studenten und vieles mehr gesehen, es war wirklich fantastisch. Während ich so verträumt vor mich hin schlenderte, entdeckte ich einen Stand für historische Ereignisse. Sofort trat ich interessiert näher und besah mir die Aufzeichungen früherer Projekte genauer.     "Verdammt, wie sollen wir nur gewinnen, Charlie?!", regte sich meine Freundin Jo neben mir auf und sah zu unseren 'Feinden' in einiger Entfernung hinüber. Locker saßen sie auf den Stufen, welche die Verbindung zur Universität und dem Campus bildeten. Und als sie zu singen begannen, hörte ich sie neben mir laut aufstöhnen. Die Trebles waren eine perfekt organisierte Gruppe von neun gut aussehenden jungen Herren, die uns jeden Tag aufs Neue auf die Probe stellten. Michael, Anführer des ganzen Unheils, sorgte dafür, dass seine Gruppe stehts auf den Punkt perfekt choreographierte Songs in petto hatte. Dean, der die Damenwelt wohl nicht nur durch seine tiefe Bassstimme verzauberte, konnte unfassbar gut Solo singen und vermochte es, seiner Stimme Dinge zu entlocken, die sich manch einer im Schlaf nicht mal erträumen konnte. Lucifer hatte nicht nur die seltene Bariton Stimmlage, sondern auch das Talent, mehrere Instrumente und jegliche musikalischen Geräusche nachahmen konnte. Kevin war mit seiner hohen Tenorstimme wie geschaffen für die Erzeugung hoher Töne. Auch hatte er die Fähigkeit, Töne sehr lange halten zu können. Es war grausam. Gabriel war da nur ein weiteres Glied in der Kette der Verdammnis, da er nicht nur gut rappen konnte und seinen Mund schneller als irgendwer anders bewegen konnte, nein. Er war zudem noch ein unfassbar guter Tänzer. Natürlich gab es noch mehr MItglieder, jedoch hatte ich keine besonders große Lust, mich noch eingehender mit unseren 'Todfeiden', wie Jo sie nannte, zu beschäftigen. "Wir sind geliefert", stellte ich trocken fest, während ich dem Cover der Jungs zu 'Whip it' lauschte. Michaels makante Stimme schallte über den gesamten Campus und viele Mädchen sahen zu den hübschen Jungen hinüber, die so lässig performten, dass es mir beinah die Seele zerbrach. Wir waren chancenlos. "Oh nein! Es wird doch wohl nicht so schwer sein, acht gut aussehende Mädels mit Bikinifigur und tadellosen Gehör zu finden", widersprach Jo mir, die so fuchsteufelswild wirkte, dass es schon fast wieder heiß war. "Jo, deine Ansprüche sind zu hoch", warf ich ihr entgegen, was mich sofort in die unvorteilhafte Lage brachte, Jo noch wütender gemacht zu haben. "Hey! A Cappella, ja?" , unterbrach uns auf einmal eine weibliche Stimme und ließ uns aufhorchen. Eine etwas moppelige blondhaarige Studentin stand vor unserem Stand und sah sich interssiert die blau-weiß geschmückte Auslage an. Ich war sofort Feuer und Flamme: "Hey, ich bin Charlie, und das ist Jo! Kannst du singen?", fragte ich ganz aufgeregt und sah Jo an, die ehr minder interessiert aussah. "Versuchen wir es", gab die Interessentin locker zurück und sie gefiel mir von Sekunde zu Sekunde besser. Ich stimmte also ohne große Umschweife ein F auf der C-Dur Leiter an, das perfekt von ihr aufgenommen wurde. Schnell wechselte ich auf A, das ebenfalls tadellos aufgenommen wurde. Zufrieden verstummte ich. Na damit konnte man ja was anfangen. "Wie heißt du?", erkundigte ich mich, während Jo bereits den Flyer für die Auditions hervorkramte. "Donna", antwortete sie lächelnd, während sie den Flyer etgegennahm und ihn in ihrer Umhängetasche verstaute. Jo lächelte: "Wir sehen uns bei den Auditions, Donna."     Ich hatte durch reinen Zufall von den Auditions erfahren, die in der Aula standfanden. In den ersten Momenten hatte ich es für eine gute Idee gehalten, her zu kommen. Im Nachhinein hätte ich mich dafür schlagen können. Ich klang wie eine Frau, ich fiel in die Stimmlage Alt, die tiefste Frauenstimme. Warum war ich noch gleich hier? Genau, weil ich Dean, der anscheinend Mitglied der Trebles war, sehen wollte. Und weil ich doof war. "Okay Leute! Jeder hat gleich die Chance, 16 Takte von Kelly Clarksons 'Since you been gone' zu singen! Falls euch eine Gruppe ansprechend findet, wird sie euch direkt ansprechen, falls nicht, dann fliegt ihr hier hochkant raus. Mein unmusikalischer Freund Harry", an dieser Stelle winkte sein schwarzhaariger Freund, der im Hintergrund an dem Brillenträger vorbeistiefelte, "wird eure Kontaktdaten aufnehmen. Aber wenn ihr denkt,", an diesem Punkt hob er belehrend den Zeigefinger, als würde er uns die schwersten mathematischen Zusammenhänge näher bringen wollen "das hier ist nur so ein HIgh-School Club, wo ihr euch über tiefschürfende gesellsachftliche Probleme unterhaltet, oder eure verwirrte Sexualität analysieren könnt, dann irrt ihr euch. Das hier ist das wahre Leben! Also singt nicht nur, öffnet euch!", befahl er uns schon beinah und ich beschloss, die Flucht zu ergreifen. Das Lauschen hatte ich mir dennoch nicht verkneifen können. Zu diesem Zweck hatte ich mich ungesehen auf Epore, auf der die Louge lag, geschlichen und hatte so verbotener Weise den privaten Auditions beigewohnt. Irgendwie plagte mich das schlechte Gewissen, war es doch verboten, hier zu sein. Aber die Faszination war zu groß gewesen. Außerdem hatte Gabe mal gesagt, dass es auf der Universität dazu gehörte, Quatsch zu machen. Insgesamt war das Ergebnis ehr mäßig gewesen. Es waren viele schlechte, mehr oder minder viele mittelmäßige und wenig gute Sänger dabei gewesen. Besonders diese Meg war mir aufgefallen, die eine sehr tiefe Stimme hatte, aus der man bestimmt wunderbar Rap herausholen konnte. Abbadon war mit ihrer Christina Aguilera Stimme herausgestochen, auch wenn sie hier und da mal ein paar Töne versemmelte. Nichts, woran man nicht arbeiten könnte. Ich verweilte  noch etwas auf dem blauen Sitz, bis die Halle komplett leer war. Ich wollte ja nicht noch mehr Bestrafung, das schlechte Gewissen reichte mir vollkommen. Als selbst das Licht ausgemacht wurde, stand ich auf und ging mit leisen Schritten die Treppe, die nach unten führte, hinab, bis ich schließlich vor der Bühne stand. Ich seuftzte einmal tief, ehe ich mich zu den Stufen an den Seiten aufmachte. Während ich so die Stufen hinaufging und dem Knarzen des Holzes lauschte, dachte ich an meine Kindheit zurück. Damals war ich immer auf mein Bett gestiegen, wenn ich singen wollte, um ein Gefühl der Bühne wenigstens nachempfinden zu können. Wir hatten in dem Dorf, in dem mein Vater lebte und wild Bücher schrieb nämlich keine Bühne oder sonstiges, also hatte ich ausweichen müssen. Ich stellte mich also in die von mir angenommene Mitte der Bühne und räusperte mich kurz. Das erste Mal, dass ich auf einer Bühne stand. Ein unfassbarer Gedanke. Ich schluckte noch einmal hart, ehe ich leise 'Titanium' von Sia anschlug. Heute Morgen hatte ich erst das Lied gehört, und ich mochte es sowieso. Mit der Zeit wurde ich immer sicherer, und ich stimme laut und deutlich den Refrain an:   I'm bulletproof, nothing to lose fire away, fire away ricochet, you take your aim fire away, fire away you shoot me down, but I won't fall I am titanium you shoot me down, but I won't fall I am titanium Zu der nächsten Strophe kam ich nicht mal mehr, da ich harsch unterbrochen wurde. Ich zuckte so stark zusammen, dass ich das Gefühl hatte, meine gesamten Organe hätten eine unfreiwillige Fahrt nach oben gemacht. "Wow, das war... fantastisch!" Kapitel 3: Überraschung ----------------------- Ich wirbelte herum, als ich das Lob vernahm und starrte die Person an, die zügigen Schrittes auf mich zu gelaufen kam. Durch das Licht, das durch die hohen Fenster herein fiel, konnte ich das Mädchen genauer erkennen. Refelxartig suchte ich in ihren Gesichtszügen nach Verachtung, jedoch schlug mir Witz, Freundlichkeit und Schalk entgegen. Als sie schließlich eine Armlänge von mir entfernt stand, konnte ich in ihre hellgrünen Augen sehen, die mich an ungeschliffenen, rohen Labradorit erinnerten, so offen spiegelten sie ihre Gefühlslage wider. Momentan konnte ich Bewunderung erkennen. "Weißt du, wir suchen noch eine Altstimme für unsere A-Cappella Gruppe. Hättest du Interesse?", fragte sie aufgeregt, was mich etwas verwirrte. Ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet, dass sie mich auslachen würde. Oder mich verspotten würde. Aber das Angebot haute mich nun völlig aus dem Konzept. "Welche A-Cappella Gruppe denn?", erkundigte ich mich, denn die Barden University zählte insgesamt drei A-Cappella Gruppen, die Trebles, die Overnotes und die Barden Bellas. Die Overtones hatten sich hauptsächlich auf ältere Musik spezialisiert, die nicht so ganz zu sagte, aber wenigstens war diese Gruppe geschlechtsgemischt, sodass ich wenigstens etwas Hoffnung auf eine Aufnahme hegen konnte. Hätte ich nur diese Stimme nicht, wäre ich vielleicht auch bei den Trebles gelandet. Obwohl... Nein. Michael hätte mich aus persönlichen Gründen schon nicht aufgenommen. Es war also verschenkte Lebensmüh, Hoffnungen zu hegen. Und die Bellas standen mir allein durch die Geschlechtsvorgabe nicht offen, insofern war also das A-Cappella Singen für mich gestrichen. "Die Barden Bellas." Na großartig. Die ersten Tage an der Uni waren immer die interessantesten, wie ich im letzten Jahr feststellen durfte. Auch dieses Mal war die erste Woche nicht ohne Spannung gewesen, da ich mit einem neuen Zimmernachbarn konfrontiert wurde, als ich mein Zimmer betrat. Er hieß Ronald und hatte alles mit Doctor Who Fanartikeln zugekleistert. Er war etwas sehr viel breiter als ich, und hatte längere lockige schwarze Haare, und sein Charakter war schräg, aber liebenswert. Er erinnerte mich aus mir unerfindlichen Gründen an eine dicke französische Bulldogge. Mit Ronald hatte ich aber ehr weniger Kontakt, da wir bereits mit dem Training begonnen hatten. Der erneute Sieg in den Meisterschaften beflügelte uns und brachte uns auf bisher ungeahnte Höchsttouren. Wir waren gewillt, dieses Jahr unseren siebten Pokal einzuheimsen und Michael schonte keinen von uns auch nur ansatzweise, umd dieses Ziel erreichen zu können. Innerhalb meines Studiengangs Ingenieurwissenschaften gab es auch keine großen Umbrüche, und so kam es, dass ich weiterhin in den uralten Hörsälen saß und Notizen vor mich hinkrikelte. Trotz des Alltags, der nach anderthalbe Wochen wieder eingekehrt war, ließen mich die Gedanken an den schwarzhaarigen Castiel nicht los. Es dauerte also nicht besonders lange, bis ich Gabriel nach einer unserer Proben abfing und ihn auf seinen jüngeren Bruder ansprach. "Wieso hast du mir nie was von Castiel erzählt?", war meine erste, vorwurfsvolle Frage, und ich verschwendete nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde an eine Begrüßung. Ich war angefressen. Tierisch angefressen. Warum, wusste ich nicht wirklich. Der Angesprochene zog als Antwort zunächst nur die linke Augenbrauen hoch, ehe er zwinkernd "Das selbe könnte ich dich auch fragen, Dean-o!", erwiderte, was mich zum Kochen brachte. Gabriels Ausstrahlung war des Öfteren bereits ein Grund gewesen, ihm ordentlich die Fresse polieren zu wollen. So sehr ich ihn auch mochte, manchmal war ich auch mit den Nerven am Ende. Das Schlimmste aber war, dass ausnahmslos alle mir bekannten Mitglieder seiner Familie dieses Verhalten perfekt aufziehen konnten, was mich zu der Annahme brachte, dass es wohl erblich war. Wahrscheinlich gab es ein Gen, auf dem mit Laser der Name 'Novak' eingraviert war und nur innerhalb der Familie weitergegeben wurde. Hoffentlich war Cas nicht auch so. "Es erschien mir als nicht so wichtig", knurrte ich, was meinen Gesprächspartner zu einem derartig ekelhaft breiten Grinsen trieb, dass ich, wie so oft, das Verlangen verspürte, ihn schlagen zu wollen. "So ging es mir auch!", erhielt ich als Antwort, ebenso wie einen unverschämten Augenbrauenwackler, bevor Gabriel beschwingt von dannen zog. In irgendeiner Weise weckte er immer zu das Verlangen, sich zu entschuldigen, in mir hervor. Noch nie hatte ich einen Menschen kennengelernt, der es vollbrachte, beinah jedem seine Wünsche aufzuzwingen. "Nimm es ihm nicht übel. Er hat einen kleinen Sprung, was Castiel angeht", hörte ich eine tiefe Stimme hinter mir, in der der französische Akzent nicht zu verleugnen war. Balthazar lächelte mich an, nachdem ich mich zu ihm gedreht hatte. Seine Augen, die bis dato auf seinem kleinen Bruder gelegen hatten, wanderten nun zu mir und ich konnte in ihnen so etwas wie Mitgefühl sehen, was mich verwirrte. Er nickte mir leicht zu und verließ ebenfalls unseren Übungsraum. Naja, es war nicht wirklich ein Übungsraum, viel mehr war es die alte Turnhalle der Uni. Die Tribüne und der massig viele Platz waren nur einige der vielen Gründe gewesen, wieso Michael darauf bestanden hatte, die Turnhalle als Übungsraum für die A-Cappella Gruppen aufrecht zu erhalten. Sie wurde, abgesehen von uns, nicht sehr häufig benutzt, außer die Sportler und die Theaterleute mussten auf sie ausweichen. Ansonsten konnten wir uns nachmittags frohen Mutes in ihr niederlassen, ohne unterbrochen zu werden. Naja, fast. Einen Harken hatte die ganze Sache doch. Wir mussten uns den Raum mit den 'Barden Bellas' teilen. So kam es, dass sich unsere Gruppen alle auf einem Plan eintragen mussten und die festgelegten Uhrzeiten stikt zu befolgen hatten. Es war die Idee des Schulleiters gewesen, da die Bellas ebenso eine A-Cappella Gruppe waren, und wie wir Platz zum Üben brauchten, so versuchte er uns seine Entscheidung schmackhaft zu machen. Pff, als würden die Barden Bellas jemals was erreichen. So grandios wie sie beim letzten Mal aus den Meisterschaften geflogen waren. Die konnte doch nun wirklich keiner ernst nehmen. Ich packte ebenfalls meine Sachen, sah auf die Uhr, die halb fünf anzeigte und verschwand aus der Turnhalle. Was würde ich jetzt für einen Bacon-Cheeseburger geben! Als auch der letzte Treble aus der Turnhalle verschwunden war, betraten wir diese schnell. Natürlich gab es da sowas wie einen Terminplan, aber was kümmerte der mich schon? Sobald hier frei war, war hier frei, basta. "Jo, denkst du nicht, wir sollten noch etwas warten? Wir hatten das Treffen doch sowieso erst um fünf angesetzt", maulte Charlie hinter mir, was mich die Augen verdrehen ließ. Sie stellte sich nur so an, weil ich sie von Doctor Who weggezerrt hatte. Wahrscheinlich aber auch wegen des Pancakes, der nun dürftig mit Alufolie überzogen in unserem Zimmer stand. "Ja, es ist nötig, und jetzt maul nicht, sondern hilf mir mit den Stühlen!", befahl ich ihr und nickte zu den gestapelten Stühlen in der rechten Ecke der Turnhalle. Seufztend trollte sie sich und ich begann, alle anderen nötigen Untensilien, darunter auch die quietschende Drehtafel, eine Liste mit einer Songauswahl aus den letzten Generationen und die blau-gelben Halstücher, die als Symbol der Bellas galten. So verging die Zeit wie im Flug und wir saßen bereits um zehn vor auf den zwei Stühlen, die vor der Sitzgruppe standen. Noch einmal ließ ich meinen Blick über diese gleiten, ehe ich eine Ungereimtheit feststellte: Es waren acht, statt sieben Stühle. "Charlie?" Ich wand mich an die Rothaarige, die bis gerade ihr Handy in der Hand gehalten hatte und mich nun interessiert ansah: "Ja?", gab sie zurück, während sie meinem auf die Sitzgruppe lenkenden Blick folgte, "Was ist?" "Warum acht Stühle? Wir haben nur sieben aufgenommen", sagte ich, während ich sie fragend ansah. Charlie lächelte bloß geheimnisvoll: "Oh, ich habe da noch jemanden gefunden!", eröffnete sie mir, was mich offen gesagt sehr verwirrte. Wir hatten doch alle bei den Auditions gesehen, und es waren nur sieben wirklich in Frage gekommen. "Wer ist es denn?", harkte ich nach und lehnte mich näher zu ihr. Aber Charlie lachte nur und verschwieg mir weiter hartnäckig, wenn sie nun ohne mein Wissen rekrutiert hatte. So vergingen die Minuten schneller als wir es uns erahnt hatten, und um 4:56 wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet. Wir lächelten, als Ruby durch die Tür geschlüpft kam und auf uns zukam. Sie war mit ihrer Sophranstimme wirklich ein guter Fang gewesen, auch wenn sie manchmal zu leise sang. Sie setzte sich in die erste Reihe und wir begannen schnell ein Gespräch mit ihr, bis die Tür erneut aufging und weitere zwei Mädchen hineinkamen, Meg und Abaddon. Sie konnten Ruby anscheinden nicht leiden, so glaubte ich durch den leeren Stuhl zwischen Meg und Ruby zu verstehen, und lächelte beide an. Meg hatte eine tiefere und rauere Stimme, während Abaddon eine melodischere und sanftere Tonlage hatte. Nach und nach trudelten auch die anderen ein, darunter Bela, Donna und Jody. Jody hatte ich nur unter wenn und aber aufgenommen, weil sie sehr männlich mit ihren kurzen Haaren und ihrer geringen Oberweite aussah. Genau wie Donna, die etwas rundlicher war, und viel zu körperunbetont war. Genau das Gegenteil von Donna bildete Amara, die als letzte zu uns stieß. Sie zog weite Ausschnitte und körperbetonte Kleidung an, sah dabei aber nicht direkt billig aus, sondern... verführerisch, wenn ich Charlies Worten glauben durfte. Nachdem sich alle hingesetzt hatten, blickte ich auf die Uhr. Drei nach Fünf. Ich blickte Charlie drohend an, sie wusste, dass ich Verspätungen hasste, doch sie sah mich nur flehend an. Seuftzend setzte ich zu einer Erklärung an, als ich von Bela gefragt wurde, was denn los sei. Schnell bat ich die Gruppe vor mir, noch etwas Geduld zu haben. Und so warteten wir. Als es schließlich zehn nach war, stand ich auf. Dann würde die letzte eben doch nicht kommen, so war es dann eben. Als ich die Türklinke hörte, horchte ich auf. Sie ging langsam, beinah zaghaft auf und ließen mir einen Blick auf den Neuankömmling. Er war ernüchternd. Doch nur ein Junge. "Die Trebles sind schon draußen, falls du keine Pläne lesen kannst!", fuhr ich ihn an, sodass er leicht zusammen zuckte. "Jo? Das ist unsere achte Stimme." Ich hatte nicht mal ansatzweise gewusste, dass meine Augen so groß werden konnten. Kapitel 4: Von Sexbomben und Brechreizen ---------------------------------------- Ich atmete tief ein, als ich die Metallklinke der Turnhallentür umfasste. Warum war ich bloß hier, fragte ich mich insgeheim, während ich mir die letzten anderthalb Wochen noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Ich hatte mich für die Studiengänge Bionik und Astronomie entschieden, obwohl ich auch ein Medizinstudium, wie mein Bruder Gabriel, in Betracht gezogen hatte, da ich die entsprechenden Noten hatte. Die Lehrer waren lustig und bedienten sich offener Lehrmethoden und die meisten meiner Mitstudenten waren nett zu mir, jedoch hatte ich nicht vor, jeglichen Kontakt zu vertiefen. Auch verbrachte ich meine freie Zeit allein, denn wenn ich frei hatte, verschlug es mich in die Bibliothek der Universität, die nahezu unerschöpflich wirkte. Hier fand ich alles, was gute Literatur ausmachte, von Newton zu Bryson, bis hin zu Austen. Bereits am ersten Tag hatte ich mich halb durch Jane Austen's Stolz und Vorurteil gelesen. Zu meiner größten Freude besaß die Universität ihr eigenes Bienenvolk, das ich bereits zu der sich erstbesten Möglichkeit bewundert hatte. Bienen hatten schon immer eine unfassbare Faszination auf mich gehabt, und dabei waren nicht nur die Farben schuld. Viel mehr war es der Zusammenhalt innerhalb des Volkes gewesen, der mich staunen ließ. Jeder half jedem, es gab keine Meinungsverschiedenheiten, alle 'akzeptierten', sofern man bei Bienen von Akzeptanz sprechen konnte, einander. Es war wunderbar. Die einzige Person, mit der ich mich wirklich unterhielt, war Crowley. Er war eigen, aber doch irgendwie ganz nett. Wenn man ihn ließ. Er hatte einen Tick für Gebäck, wie ich feststellen durfte und nicht selten fand ich Muffins oder Cupcakes verschiedenster Variationen in unserem Zimmer vor. Zum Glück hatte er meine Perücke und meine Kleider nicht entdeckt, die ich sorgfältig in meinem Koffer versteckt hielt. De Kleider hätte ich bei weitem nicht mitgenommen, hätte ich gewusst, dass ich mir ein Zimmer teilen musste. Gabriel hatte mir diesbezüglich ein anderes Versprechen gegeben. Aber nun war es so und ich konnte nichts daran ändern. Also hieß es, Anpassungsfähigkeit zu beweisen. Das Metall der Klinge war kühl und ich hatte das Gefühl, das meine Handflächen Eis berühren würden. Mein Kopf begann sich zu überschlagen, als ich an das dachte, was hinter der Tür auf mich warten würde. Neun junge Frauen, von denen ich sicher sein konnte, dass sich eine über mich lustig machen würde. Ich schluckte hart, es tat beinah weh. Mein Leben war im Eimer, würde ich diese Tür öffnen. Ich straffte meine Schultern, als mich ein unbekanntes Gefühl des Mutes übermannte. Ich war doch wohl stark genug, um diese gottverdammte Tür zu öffnen, um meine Leidenschaft ausleben zu können! Das Singen war es wert, schief angesehen zu werden. Ich umklammerte die Türklinke schmerzhaft, als ich sie hinunter drückte. Das Quietschen der Tür jaulte fürchterlich in meinen Ohren wider, was mich dazu brachte, die Tür eiligst schneller aufzumachen. Ich konnte, und wollte, ja keine neun Hörschäden verschulden müssen. Als ich ihnen schließlich gegenüber stand, war mich schlecht. Vielleicht hätte ich auf das Honigbrötchen zuvor verzichten sollen. "Die Trebles sind schon draußen, falls du keine Pläne lesen kannst!", keifte mich das blonde Mädchen, das ich von den Infoständen her kannte, an, als ich unsicher den Raum betreten wollte. Ich fuhr zusammen. Autsch. Das hatte gesessen. "Jo? Das ist unsere neunte Stimme.", hörte ich Charlie sagen, die ganz entspannt neben Jo saß und mir erst jetzt auffiel. Ich lächelte zaghaft in die Runde. Alle schienen wie erstarrt zu sein, als ich langsam in den Raum kam. Charlie sprang glücklicherweise auf und lief mir strahlend entgegen. Sie legte mir einen Arm um meine Schulter, worüber ich ganz froh war, denn ich hätte mit Sicherheit den restlichen Weg nicht ohne Brechreize überlebt, und führte mich zu dem letzten freien Stuhl, neben einer schwarzhaarigen jungen Frau, die ich als Meg identifizieren konnte. Schüchtern sah ich sie an, und erkannte Neugier in ihren Augen. So bemerkte ich beinah nicht, dass sich meine Entdeckerin vor die Gruppe stellte. "Das ist Castiel! Castiel Novak. Ich habe ihn zufällig nach den Auditions singen gehört . Er hat eine wahnsinnig tolle Altstimme", erklärte Charlie meinen Aufenthalt den völlig verwirrten Frauen und sah Jo an, die mich immer noch mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete. Ich hatte das unangenehme Gefühl, von ihren Blick durchbohrt zu werden und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass sie ihren Blick von mir abwenden würde. Ich hörte sie tief einatmen und mir wurde die Stille des Raums bewusst, sodass ich mich urplötzlich erdrückt fühlte. Unwohlsein machte sich zusätzlich zu der Übelkeit in meinem Bauch breit und ich musste mich hart zusammenreißen, um mich nicht auf Megs Schoß zu übergeben. "Okay, dann würde ich vorschlagen, dass du etwas für uns singst", schlug Jo schließlich vor. Ich blickte sie an, und nickte hastig. Es war mir klar gewesen, dass Jo mich singen hören wollte. Ich stand auf und versuchte mich durch ruhiges Atmen zu beruhigen. Schließlich schloss ich die Augen und begann. Strawberries Cherries And An Angel's Kiss In Spring Laut und deutlich ließ ich meine Stimme durch den Raum schwingen. Gabriel hatte mal gesagt, dass meine Stimme Platz brauchte, so voll und ausdrucksstark war sie. My Summer Wine Is Really Made From All These Things Take Off Your Silver Spurs And Help Me Pass the Time And I Will Give To You Summer Wine Ohh-Oh-Oh Summer Wine Als ich vorsichtig meine Lider hob und zu Jo lugte, sah ich ein Lächeln auf ihren Lippen. Ich stieß erleichtert Luft aus. Sie war zufrieden! Schnell drehte ich mich um und erkannte bei den Mädchen gemischte Gesichtsausdrücke. Von Verwirrung, Überraschung, ja, auch Ablehnung bis hin zu Bewunderung konnte ich alles erkennen. Ich wusste nicht, ob mich diese Reaktion glücklich stimmen sollte. "Okay, hört alle mal her!", rief Jo schließlich, und sofort lagen alle Blicke auf ihr. "Wir haben das Ziel, die internationalen Hochschul-A-Cappella Meisterschaften zu gewinnen. Und wir brauchen euch dafür. Unsere früheren Performances unter unseren alten Chefinnen waren langweilig, das gebe ich zu. Aber jetzt haben wir euch, einen wirren, unkoordinierten Haufen Sexyness. Und wir beide", sie deutete auf Charlie und sich, "müssen zusehen, dass wir aus dieser Truppe eine Einheit machen. Zunächst sind wir eine reine Mädchengruppe. Naja, eigentlich." Und damit lag ihr bedeutender Blick auf mir. Ich schluckte. Jo fuhr unbedacht fort: "Aber das kriegen wir hin. Genauso die Instrumentimitation und das Tönehalten. Und ihr müsst was für eure Fitness tun." Bei dem Wort Fitness sah ich in das Gesicht der etwas dicklicheren blonden jungen Frau, die empört zu Jo starrte. Ich tat mich schwer, als ich mir das Lachen verkneifen wollte. Ich mochte sie jetzt schon unfassbar gern. "Denn wir werden diesen sexistischen Kackbratzen die Ärsche polieren, koste es, was es wolle!" "Und wie machen wir das?", fragte Bela, die die Augenbrauen erhoben hatte. Jo grinste verschwörerisch, was mir persönlich etwas Angst machte: "Wir verarschen sie nach Strich und Faden." Es. Hörte. Einfach. Nicht. Auf. Verzweifelt ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich hatte ein Problem. Ein riesiges. Und das hieß Sam Winchester. Ich hatte ihn vor anderthalb Wochen getroffen, und ich musste mir damals schon eingestehen, dass Dean-os Anhängselchen nicht verkehrt aussah. Ich hatte eine Schwäche für größere Menschen, da ich mit meinen 1,70 nicht wirklich groß war. Ich mochte es, mich anlehnen zu können und Knuddeln war irgendwie schon immer mein Lieblingssport gewesen. Auch wenn ich höchstens Cas totquetschte. Und verdammt, Deans Bruder war riesig. Ich hatte noch nie einen Menschen mit einem solchen Kreuz gesehen. Und ich war viel rum gekommen. Und ich kam ja auch wirklich damit klar, dass er jetzt bei uns mitsang. Er hatte ein tolles Körpergefühl und eine fantastische Stimme, ganz ohne Frage. Aber warum ausgerechnet landete diese Sexbombe in meinem Zimmer? Der Junge war hunderprozentig straight, und hatte bestimmt eine blonde, nette Freundin. Ich stöhnte in mein Kissen. Ich hatte wirklich Pech. Nun war ich doch das ganze Schuljahr dazu verdammt, mit diesem... Elch zusammenzuhängen. Es war grausam! Wie konnte mir Gott sowas antun? Sowas Gutaussehendes und Großes! Ich hasse mein Leben! Sollte ich hier etwa das Schuljahr in Dauererregung verbringen?! "Hey, Gabriel, ist alles in Ordnung?", hörte ich auf einmal die warme und dunkle Stimme Sams, die meine untere Hälfte freudig aufhorchen ließ. Ich seuftze und brummte zustimmend in das Kissen. Es war doch zum Mäusemelken, dass dieser Errregungsalptraum schon jetzt anfangen musste. "Brauchst du irgendwas? Eine Wärmflasche, oder sowas?", fragte Sam alamiert, als er mich seufzen hörte. "Ich meditiere indisch", gab ich trocken zurück und ruckelte auf meiner Matraze herum, um das unangenehme Gefühl einer ungewollten Erektion loszuwerden. Es klappe nicht. Natürlich nicht, wieso auch. Ich vernahm Sams Glucksen neben mir, das sich so rau und harmonisch anhörte, dass ich das Bedürfnis bekam, ihn umzuschmeißen, ihn von oben bis unten in Schokolade zu tunken und dann wilden hemmungslosen Sex zu haben. Ich hatte einen... naja, unmissverständlichen Food Kink. Aber ehrlich, Sam WInchester in Schokolade und mit Erdbeeren garniert war nicht zu verachten. "Dann störe ich dich nicht weiter, ja? Ich hab dir Snickers mitgebracht, ich lege sie auf deinen Schreibtisch. Ich gehe noch etwas zu Dean, bis später dann", teilte Sam mir mit und ich lauschte den großen Schritten, die sich immer weiter von mir entfernten, dem Quietschen der Tür und schließlich dem Klacken des Schlosses. Ich drehte mich ächzend auf den Rücken und blickte frustriert die weiße Decke an. Das Pochen und Ziehen in meiner Leistengegend versuchte ich gekonnt zu ignorieren. Na das konnte ja noch heiter werden. Ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus, als ich meinen Wohnheim betrat. Ich hatte noch nie so viel mit Mädchen zu tun gehabt und es war genial gewesen. Ich hatte auf der High-School den Eindruck gewonnen, dass pubertäre Mädchen ehr zu Zickerein neigten und sich nur für Schminke und Jungs interessierten. Nicht selten waren diverse Bücher durch die Luft geflogen, wenn es Streierein um einen Jungen gab. Oftmals wurde ich sogar Opfer einiger Geschosse, da ich ungünstig gestanden hatte. Beulen waren mir seit jeher ein ernstzunehmender Feind. Charlie und Jo waren großartig. Ich hatte das Gefühl, wirklich von beiden angenommen zu werden und dass sie mich wirklich dabei haben wollten. Nichts war für mich schlimmer, als der Gedanke, die Ausgrenzung, die ich als Kind erfahren hatte, noch einmal erleben zu müssen. Ich schüttelte das beklemmende Gefühl an Zachariah ab, das sich wie ein eisiger Griff um mein Herz gekrallt hatte und zog mein Handy hervor. Ich hatte von Jo einige Lieder geschickt bekommen, die die Gruppe vor uns performt hatte. Zugegeben, die Songs waren nicht besonders originell, wie "Turn the beat around". Jo hatte aber erwähnt, dass wir die Choreografie für dieses Lied auf jeden Fall üben würden, um den Schein der gefahrlosen Mädchengruppe wahren zu können. Ehrlich gesagt war ich gespannt wie ein Flitzebogen, was die beiden aus dem Ärmel schütteln würden. Die anderen Gruppenmitglieder waren ebenfalls sehr nett, zumindest traten sie so auf. Sie waren eigen, aber besonders und ich freute mich, Teil dieser Gruppe sein zu dürfen. Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, erstarrte ich. Crowleys typisches Grinsen, dass ich in der letzten Zeit schon kennenlernen durfte, als auch seine hochgezogenen Augenbrauen begrüßten mich, während er auf seinem Bett saß. Mit einer schwarzen Echthaarperücke und dunkelblauen Eyeliner in der Hand. Kapitel 5: Outing ----------------- Castiel "Gibt es da etwas, was du mir mitteilen möchtest, Roomie?" Die schnarrende Stimme Crowleys durchschnitt den Raum wie ein scharfes Messer ein Stück Butter. Ich brauchte etwas, um die Situation zu verarbeiten, jedoch zuckte ich heftig zusammen, als ich alles begriffen hatte. Crowley wusste es. Verdammte Scheiße. Schweiß bildete sich in meinem Nacken und ran diesen hinab. Meine Beine begannen zu zittern und unwillkürlich fragte ich mich, wie lang sie mein Gewicht wohl noch halten würden. Das beinah sanfte Lächeln auf seinen Lippen sorgte nicht gerade dafür, dass sich mich besser fühlte. Oh Gott, er würde mich auslachen, verspotten und mich überall verraten! Erst das Geräusch herannahender Schritte und Wortfetzen, die mein Ohr erreichten, rissen mich aus meiner Starre. Fahrig drehte ich mich um und schmiss die noch immer sperrangelweite offenstehende Tür in meiner Hektik gnadenlos zu. Aufgrund des Knalls fuhr ich zusammen und das bittere Gefühl, das sowieso schon in meinem Magen rumorte, machte nun eine Freifahrt durch meinen gesamten Körper. Das amüsierte Lachen von Crowley nahm ich nur am Rand wahr, versetzte mir aber dennoch einen herben Stich. "Weißt du, wenn du unbedingt Kleider anziehen möchtest, mach das. Solange ich nicht mitmachen muss", sagte Crowley schließlich nonchalant in den Raum hinein, ehe er sich von seinem Bett erhob und an mir vorbei schlenderte. Er lächelte mich noch einmal mysteriös an, ehe er an mir vorbei aus dem Zimmer schritt. Ich war mir ziemlich sicher, noch nie in meinem gesamten Leben so blöd geguckt zu haben. Aber gut, einen Vorteil hatte die ganze Misere. Ich konnte mein Make-Up auspacken.   Dean Ich lächelte Sam breit an, als er sich mit einem Ächzen neben mich auf die Bank fallen ließ. "Wow, schafft dich die Uni schon so dermaßen?", scherzte ich und knuffte meinem kleinen Bruder liebevoll in die Seite. Ich war wirklich froh, Sam hier zu haben. Ich wusste, dass er und Dad sich buchstäblich in der Luft zerfetzten, wenn ich nicht da war. Ich wollte gar nicht wissen, wie er die letzten vier Jahre ohne meine direkte Unterstützung überlebt hatte. "Pff. Das musst du gerade sagen", gab Sam eingeschnappt zurück, worauf ich nur lächeln konnte. Er reagierte immer noch wie ein Kind, es war herrlich. Aber es beruhigte mich auch. Unser Vater hatte uns stets gedrillt, immer dafür gesorgt, dass wir Höchstleistung brachten. "Fühlst du dich wenigstens wohl bei uns?", fragte ich ihn und sah ihn aufmerksam an. Ein warmes Gefühl machte sich in meiner Brust breit, als ich das fröhliche Aufblitzen in seinen Augen sah. Er nickte eifrig und begann sofort von Gabe zu erzählen. Ich rollte mit den Augen. Novak schien es ihm wirklich angetan zu haben. Nachdem ich mir schweigend mehrere Minuten 'Schwärmerei' angetan hatte, unterbrach ich ihn: "Dir ist klar, dass wir heute Interventionsnacht ist?" Als Antwort erhielt ich bloß einen fragenden Blick und ein Kopfschütteln. Ich stutzte ungläubig. Nicht mal das hatte man ihm gesagt.   Castiel Interventionsnacht. Ich ließ mir das Wort mehrfach durch den Kopf gehen. Acapella Interventionsnacht. Charlie hatte gesagt, es wäre sowas wie das Kennen lernen der Acapellagruppen. Man präsentierte seine neuen Mitglieder, und feierte ein bisschen, bevor man in die Trainings- und Wettbewerbsphase ging. Also die Ruhe vor dem Sturm. Ich stand ratlos vor meinem Kleiderschrank. Die 'Barden Bellas' waren eine reine Mädchengruppe, das bedeutete einen klaren Bedarf an Make-Up und Korsett für mich. Ich wusste nur noch nicht, was ich anziehen sollte. Es war bereits Abend geworden, und in anderthalb Stunden würde es losgehen. Crowley war bereits wieder da, er lag ruhig hinter mir auf dem Bett und war in ein Buch vertieft, dass schon so abgegriffen und alt war, dass man den Titel nicht mal mehr erkennen konnte. Ich seuftze und durchkämmte die Kleiderbügel nach etwas passenden. "Nimm die dunkelblaue Jeans, das lilafarbende Shirt und das dunkelblaue Hemd zum Drüberziehen." Ich drehte mich verwirrt zu Crowley um, der weiterhin auf dem Bett lag und nicht mal die Augen zu mir gewendet hatte. Er musste mein Starren aber bemerkt haben, denn er sah auf und ein genervter Blick traf mich. "Rechts neben dir, Giraffe", teilte er mir angesäuert mit, ehe er sich wieder seinem Buch zuwand. Ich zog die Augenbrauen zusammen, bevor ich ein leises "Danke" herausbrachte. Es wurde lediglich mit einem tiefen Brummen quittiert. Schnell schnappte ich mir die Kleidung, die Perücke, die auf meinem Bett lag und ein schwarzes Paar Socken, ehe ich mich ins Bad aufmachte. Als ich es betrat, konnte ich mir  ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich die Ablage unter dem Spiegel sah. Auf der linken Seite stand Crowleys After Shave, sein Deo und sein Rasierer lag zusammen mit der Bürste auf dem weißen Untergrund. Meine Seite jedoch war mit der eines Mädchens fast identisch. Von Wimperntusche, Nagellack und Lidschatten besaß ich alles, was das Frauenherz begehrte. Man hätte meinen können, dass hier entweder ein Mädchen lebte oder Crowley regelmäßig weiblichen Besuch bekam. Ich legte meine Sachen auf dem Toilettendeckel ab, ehe ich den Schrank unter dem Waschbecken öffnete. Beinah sofort fand ich, was ich gesucht hatte. Das kleine Döschen Walker Tape, das ich zur Befestigung meiner Perücke brauchte. Bevor ich aber anfing, meine Perücke aufzusetzen, reinigte ich mein Gesicht gründlich und trug etwas Wimpertusche auf. Während ich in meine Tätigkeit versank, wanderten meine Gedanken zu Dean. Er würde bestimmt keine Wimperntusche brauchen, wenn er wie ein Mädchen aussehen wollte. Ich hatte noch nie so lange Wimpern bei einem Jungen gesehen, wirklich nicht. Ob er auch da war? Bestimmt. Aber ich konnte ihn nicht ansprechen. Sonst würde er noch rauskriegen, wer ich war. Ich seufzte leise. Bestimmt war er nicht mal daran interessiert, mit mir zu reden. Ich schüttelte die Gedanken an den älteren Winchester ab, und schminkte mich weiter. Ich tat nicht viel, nur etwas Eyeliner. Und meine Stoppeln verabschiedeten sich ins Waschbecken. Glücklicherweise hatte ich ein sehr weibliches Gesicht, stellte ich erneut fest, als ich über meine glatten Wangen fuhr. Ich hatte noch keine besonders kantigen Gesichtszüge, aber dafür hohe Wangenknochen, eine reine, helle Haut. Oft waren meine femininen Züge Grund für Hänselein gewesen, als ich noch jünger gewesen war. Bevor ich mich jedoch anzog, fiel mir auf, dass ich das wichtigste vergessen hatte. Das Korsett. Es lag noch immer in meinem Kleiderschrank. Ich richtete noch etwas meine Shorts, alles, was ich noch trug, und ging in das Zimmer zurück, in dem immer noch Crowley auf dem Bett herumlungerte. Er schenkte mir nicht einen einzigen Blick, als ich mich auf die Zehenspitzen stellte, um an das Korsett zu gelangen. Es war weiß und hatte bereits vorgeformte Brüste, worüber ich ganz froh war, auch wenn es verdammt teuer gewesen war. Ich erinnerte mich noch gut an die Zeit, als ich mir BHs kaufen musste, um sie dann mit Klopapier auszustopfen. Als ich das Korsett schließlich zu Fassen bekam, wurde mir auf einmal bewusst, dass ich Hilfe brauchen würde, um es anzuziehen. Ich schluckte. Konnte ich..? Langsam zog ich das Kleidungsstück hervor. "Na, Elton, brauchen wir HIlfe beim Anziehen?", schnarrte mein Mitbewohner, ohne von seinem Buch aufzusehen. Unwillkürlich fragte ich mich, wie zur Hölle er mich sehen konnte, wenn er doch die ganze Zeit auf sein verbeultes Buch sah. "Ähm", sagte ich deshalb klug, während ich mich verloren vor dem Kleiderschrank umdrehte. Ich blickte ihn unsicher an, worauf Crowley missbilligend mit der Zunge schnalzte und mich gebieterisch zu sich winkte. Überrascht watschelte ich zu ihm und kam nicht drum rum, mich äußerst bescheuert zu fühlen. "Du kannst Korsette schnüren?", fragte ich ihn ungläubig, als ich ihn dabei zusah, wie er aufstand. Er sah mich an: "Meine Mutter ist... 'Theaterschauspielerin'", er betonte letzteres Wort derartig herablassend, dass ich beschloss, dieses Thema nie wieder anzuschneiden. Ich nickte deshalb nur leicht und drehte mich, um das Korsett an der Vorderseite mithilfe des zweiobersten und vorletzten Harken zu fixieren. Crowley zog daraufhin die Blende an meinem Rücken gerade, bevor ich damit begann, das Korsett an der Vorderseite zu schließen. Es war nicht ganz einfach, da das Korsett dazu ausgelegt war, mir eine schmalere Taille zu verpassen, was bedeutete, dass die Schnürung fester als bei anderen Korsetten sitzen musste. Ich ruckelte sanft an den beiden Vorderteilen, und so gelang es mir, auch den letzten Harken in der zugehörigen Öse festzumachen. Ich war überrascht, wie routiniert Crowley begann, die Schnürung festzuziehen. Natürlich, es war nicht das angenehmste, was es gab, es drückte an manchen Stellen entsetzlich, aber das war ich gewohnt. Mit der Zeit wurde es besser. Ich versuchte nach wie vor, geregelt auszuatmen, während mein Mitbewohner an mir herumzog. Es war schwierig, aber nicht unmöglich, ein Korsett allein anzuziehen, ich holte mir deshalb gerne Verstärkung. Als ich noch Zuhause gelebt hatte, waren es im dem Fall Balthazar oder Gabriel gewesen. Jedoch war es mit dieser Unterstützung immer etwas schwierig gewesen, da Gabriel ständig Schokolade an den Fingern hatte, und Balthazar ständig Wein trank. Er hielt nicht viel vom Alkoholverbot in den USA, so betonte er ständig. Er war auch anderes gewohnt, da er mit Lucifer in Frankreich aufgewachsen war. Ich bedankte mich mit einem Lächeln bei meinem Helfer, ehe ich zurück ins Bad hastete. Dank ihm hatte ich eine Menge Zeit gespart, und so konnte ich mich in aller Ruhe umziehen. Ich rückte meine unechten Brüste etwas zurecht, bevor ich begann, meine Perücke anzuziehen. Ich erinnerte mich noch daran, als ich sie gekauft hatte. Als ich das Paket aufgemacht hatte, war mir, als wäre ein Feuerwerk in meinem Magen explodiert, so sehr hatte ich mich gefreut. Gabriel, der dabei gewesen war, hatte mich damals umarmt, und ich hatte mich bis heute niemals sicherer und wohler gefühlt. Während ich an meine Vergangenheit dachte, zupfte ich an den Strähnen der Perücke herum und beobachtete die Lichtstreifen, die sich auf den Locken abzeichneten. Als ich auch den letzten Makel aus meiner Perücke beseitigt hatte, sah ich in den Spiegel. Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich fühlte mich jedes Mal wie ein neuer Mensch, wenn ich... ja, ich sein konnte. Gott, wie ich mich kaputt machte, keine Kleider tragen zu können, wenn ich es gerade wollte. Oder Absätze zu tragen, wenn ich Lust und Laune hatte. All das ging nun nicht mehr. Aber jetzt... Jetzt war es perfekt. Als ich aus dem Badezimmer kam, blickte ich geradewegs in die Gesichter meiner Acapellagruppe. Ich machte instinktiv einen Schritt zurück, als ich die Gesichtsausdrücke sah. "Ist es eigentlich legitim, dass du besser aussiehst, als die meisten anderen Mädchen?", fragte Charlie grinsend. Kapitel 6: Übung macht den Meister ---------------------------------- Castiel Ich kämpfte hart gegen das Rotanlaufen, als ich das Kommentar von Charlie hörte. Im Laufen meines Lebens hatte ich schon viel über mein Aussehen gehört, da ich mich auch mit schwarzen Eyeliner schminkte, wenn ich mich männlich fühlte. Das hatte mir bereits den ein oder anderen hämischen Kommentar eingebracht, wie 'Na Emo, ritzen wir uns auch?' bis hin zu 'Heute morgen daneben gegriffen?'. Solche Äußerungen waren mir Beweis genug, sich besser nicht zu outen. Es war also nicht verwunderlich, dass ich mich wie ein Reh im Scheinwerferlicht fühlte, während die Mädchen mich anstarrten. Ich warf einen Seitenblick zu Crowley, der vollkommen desinteressiert auf seinem Bett saß und, wen hätte es überrascht, las. Ich seuftze innerlich, diese Gelassenheit hätte ich gern. Mein Blick wanderte zurück zu den Mädchen, und sah besonders in Megs Gesicht starkes Interesse. "Bist du schwul?", fragte sie geradewegs heraus, was mich stocken ließ. So viel Offenheit war ich nicht gewohnt, sodass ich erst etwas brauchte, um die Frage zu beantworten. "Nicht direkt", sagte ich zögernd, worauf mir seltsame Blicke zugeworfen wurden. "Ich bin demisexuell. Ich muss eine Person erst lange Zeit kennen, bevor ich mich auf eine sexuelle Beziehung einlassen kann", erklärte ich ihnen, worauf hin Meg grinste. Daraufhin wurde mir prompt unwohl. Ruby räusperte sich im Hintergrund, was mich aus meinen Überlegungen riss. "So sehr ich auch deine Perücke bewundere, wir müssen los", teilte sie uns mit einer hochgezogenen Augenbraue mit. Ich nickte. Jetzt konnte der Spaß ja richtig los gehen. "Interventionsnächte sind im Grunde riesige Partys. Glabut mir, wenn ich sage, dass Harry und Ed Alkohol besorgen können, der in den USA nicht mal legal ist!", schrie Jo über den Lärm der dröhnenden Musik hinweg. Wir befanden uns am Rande eines Amphitheaters, welches westlich der Wohnheime lag und anscheinend für jegliche Feiern benutzt wurde. Zumindest wirkte es mit seinen abgestuften Sitzbänken und seinem runden Zentrum so, und Charlie hatte uns versichert, dass die Sommeraufführungen des Theaterclubs jährlich hier abgehalten wurden. Die grauen Steinbänke sahen abgenutzt aus, jedoch bequem. Nachdem ich mit der Hand über die Lehne gestrichen war, nahm ich mir vor, die Theateraufführung in diesem Sommer unbedingt zu besuchen. Während meiner Überlegungen hatte ich nicht mitbekommen, dass sich die Gruppe bereits auf den Weg nach unten gemacht hatte, sodass ich nun allein am Eingang stand. Ich nutze den Ausblick jedoch ein wenig, um mir einen ersten Gesamteindruck über die Gäste zu schaffen. Ich brauchte nicht lange, um einige bekannte Gesichter zu entdecken. Gabriel sprang zwischen den Gästen herum, wobei es ein Wunder war, dass ich den 1,70 großen Flummi überhaupt sehen konnte. Sam, der anscheinend der kleine Bruder von Dean war, stand ganz in der Nähe von Gabriel und sprach mit einem blondhaarigen Mädchen und nicht weit von ihm entfernt stand mein persönliches Fiasko. Dean Winchester höchstpersönlich. Ich seuftzte, als ich dabei zusah, wie er eine Flasche Bier an seine Lippen setzte. Ich stand vielleicht zwanzig Meter von ihm entfernt, konnte jedoch genau sehen, wie er seine Augen schloss. Dean war attraktiv, ohne Frage. Das war mir bereits bei unserer ersten Begegnung aufgefallen. Als ich vor mich hinträumte, blickte ich mich etwas um, sodass mir nicht auffiel, dass Dean auf mich zukam. Ich verrenkte mir beinah den Nacken, als er mich ansprach, da ich mir zuvor noch die Bäume rings um den Campus angesehen hatte. Dean lächelte mich verschmitzt an, ehe er mit seinen Pufferlippen das sündige Wort "Hey" formte. Wunderbar. "Hallo", gab ich nach kurzem Sammeln mit verstellter Stimme zurück, glücklicherweise hatte ich das glaubwürdig drauf, und erntete ein weiteres Schmunzeln von Dean, was mich beinah dazu brachte, meine imaginäre Schippe zu nehmen, und sie ihm auf den Deckel zu hauen. Mein verschnellertes Herzklopfen konnte nämlich nicht gesund sein. "Gehörst du zu den Barden Bellas?", fragte er, wobei sein Grinsen beinah spöttisch wirkte. Mein Lächeln, welches zuvor noch ehrlich war, hielt sich jetzt nur noch dank meiner äußerst starken Selbstbeherrschung auf meinem Gesicht. Was für ein Idiot. "Ja, tue ich", gab ich abweisend zurück. Für was hielt der sich denn bitte? Ich schnaubte leise, bevor ich mich an ihm vorbei schob. Der konnte mich jetzt mal. Ich lief die Treppen hastig hinab, ohne mich umzuschauen, obwohl ich gerne sein überraschtes Gesicht gesehen hätte. Aber für Genugtuung gab es besser Zeiten als diese. Ich folgte dem enthusiastischen Winken Charlies, die sich rechts von mir aufhielt. Ich lachte, als ich zwei Gläser Cola neben ihr auf der Steinbank sah, auf welcher sie saß. Sie war kühl, als ich mich neben sie setzte und das Glas in die Hand nahm. Charlie lächelte mich freimütig an, und ich beobachtete die verschiedenfarbigen Lichter, die auf ihr Gesicht geworfen wurden. "Ich finde es schön, dass du jetzt bei uns mitmachst", sagte Charlie laut, als ich an meinem Glas nippte. Ich sah sie neugierig an, ehe ich lächelte: "Danke, dass ihr mich mitmachen lasst", antwortete ich, ehe ich wieder auf die tanzende Meute unter uns sah. Der Bass hallte in meinen Ohren wieder, sodass ich das Gefühl hatte, heute noch taub zu werden. Es störte mich aber nicht. "Es ist gut, dass du zu dir stehst", sprach Charlie weiter, und ich lachte. "Genau wie Iceman?", neckte ich sie, da ich ihr X-Men Shirt bemerkt hatte, das sie heute Abend trug. Ich interessierte mich ebenfalls für Comics und TV-Serien, besonders gefielen mir Doctor Who, Der Herr der Ringe, Sherlock, Marvel und Pokemon. Michael hielt es nach wie vor für lächerlich, dass ich mich mit meinen achtzehn Jahren noch für diese angebeblichen 'Kinderspiele' begeistern konnte, aber das störte mich nicht. Ich mochte die Idee hinter den Pokemonspielen, sie machten mir genauso viel Spaß wie Zelda. Charlie und ich begannen schnell ein Fandom-Übergreifendes Gespräch, und so bekamen wir gar nicht mit, dass sich Dean zu uns gesellte. Erst, als meine Gesprächspartnerin mitten im Satz aufhörte zu reden, bemerkte ich, dass jemand neben mir saß. Ich sah in seine grünen Augen und wusste ehrlich gesagt nicht, ob ich mich freuen oder ärgern sollte. Charlie schien ein Gespür für schlechte Schwingungen zu haben, da sie sich prompt mit einem Winken verabschiedete und das Weite suchte. Beinah verzweifelt sah ich meiner letzten Ausrede, nicht mit ihm sprechen zu müssen, hinterher. Toll. "Immer noch eingeschnappt?", setzte Dean an, sodass ich mich wieder zu ihm wendete. Ich musterte ihn kalt. Auch kam in mir etwas Panik auf, da ich ehrlich gesagt nicht wusste, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Es war eine Zwickmühle. Dean kannte mich in männlich, aber glücklicherweise schien er nicht zu sehen, dass ich der Junge war, der ihn vor anderthalb Wochen angerempelt hatte. Aber das hier war auch eine Chance, ihn etwas kennen zu lernen. Also entschied ich mich für die riskantere Version: Ruhig bleiben. Ich verengte die Augen etwas: "Vielleicht, Dean", sagte ich nichtsdeutend, um ihn etwas zu verwirren. Er lachte aber nur, was mich ganz und gar nicht glücklich stimmte. "Vielleicht kann ich dich auf eine Runde einladen?", bot er zwinkernd an. Ich überlegte kurz. Ich wurde schnell betrunken, ich hatte es einmal versucht, und mich seit dem von Alkohol ferngehalten. Außerdem war es für mich noch nicht mal legal, Alkohol zu trinken. Ich fragte mich sowieso schon, wie die gesamte A cappella Gemeinde dieser Universität ihren heutigen Alkoholkonsum verheimlichen wollten. Ich schüttelte deshalb den Kopf und lächelte entschuldigend: "Ich mag Alkohol nicht besonders." Deans Lächeln verrutschte etwas, sodass ich schnell weiter sprach: "Etwas Alkoholfreies wäre aber nicht schlecht!" Mein verzweifeltes Gesicht sorgte anscheinend für einen Gedankenumschwung bei ihm, er stand mit einem Lächeln und einem "Ich bin gleich wieder da" auf und ließ mich allein auf der Steinbank zurück. Ich blickte ihm hinterher, ehe ich mein noch immer halbvolles Colaglas entdeckte. Schnell umfasste ich es, und starrte gedankenverloren in die Menge. Na das konnte ja noch was werden. Ich kniff meine Augen zusammen, als ich aufwachte. Um Gottes Willen. Ich murrte, als die Sonne nicht aufhörte, mich zu blenden und vergrub mich wieder in meiner Decke. Was war das doch für ein Mist. "Na, ausgeschlafen, Giraffe?", vernahm ich Crowleys süffisante Stimme, worauf ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Musste er so laut reden? Siedend heiß fielen mir die Ereignisse der gestiegen Nacht ein und ich fuhr hoch. Dabei bemerkte ich, dass ich meine Perücke glücklicherweise ausgezogen hatte. Ich suchte das Zimmer verwirrt nach Crowley ab, den ich schließlich vor seinem Kleiderschrank entdeckte. Er zog sich gerade sein Jacket an, was mich veranlasste, auf den Wecker neben meinem Bett zu schauen. 8:15. Noch eine Stunde bis zu meiner ersten Vorlesung. Ich ließ mich noch einmal ins Bett fallen und die Erinnerungen an Gestern durch meinen Kopf rauschen. Ich hatte mit Dean einige Cocktails getrunken, und war so mit ihm ins Gespräch gekommen. Nun wusste ich, dass sein bester Freund Benny Zahnmedizin studierte und auch bei den Trebles mitmachte, er aus Kansas kam und die Universität nur durch ein Stipendium besuchen konnte, ebenso wie sein Bruder Sam. Als ich daran dachte, bekam ich unwillkürlich das Gefühl, wie glücklich ich mich eigentlich schätzen konnte, dass mein Vater durch seine Romane so viel verdiente, dass er vier Kinder gleichzeitig auf die Universität schicken konnte, wobei Gabriel ebenfalls ein Stipendium erhalten hatte, da er sich so herausragend in Medizin hervortat. Ich stand ächzend auf, als Crowley unser Zimmer verließ und sah dabei einen mir unbekannten Zettel auf dem Holzfußboden unseres Zimmers. Fragend hob ich diesen auf und hätte ihn beinah wieder fallen gelassen. Er hatte mir seine Nummer aufgeschrieben.   Charlie Ich hatte wirklich schon viel gesehen. Ehrlich, Amerika bot so einiges: Ein Hamster in der Mikrowelle, riesige Hamburger und Frauen, die Flaggen als Bikini trugen. Letzteres war nebenbei nicht schlecht. Aber das hier... So etwas Unkoordiniertes und Zusammengewürfeltes hatte ich wohl noch nie gesehen. Insgesamt sahen wir aus wie die zusammengeworfenen Teilnehmerinnen einer schlechten Girlgroup Casting Show, die in der ersten Runde rausgefolgen waren. Ich war ein überzeugter Optimist, zumindest die meiste Zeit über, aber wenn ich mir Jos Worte: "Aber das kriegen wir hin!" in den Sinn rief, wurde mir übel. Auch wenn ich Jos strahlendes Gesicht sah, als sie uns sagte, dass sie einen Plan hatte, kochte in mir leichtes Unwohlsein auf. Sie wollte so gern gewinnen, aber ich konnte mich nun mal nicht gegen meine Zweifel wehren, die ich bezüglich dieser Unternehmung hegte. "Ich habe einen Plan aufgestellt, mit dem wir todsicher Champions werden!", verkündete sie lautstark und drehte die weiße Tafel, vor der die Gruppe saß, energisch um. Sie entblößte einen fein säuberlich, mit grünen Stift geschriebenen Plan, der trotz allem unüberschaubar war, weil er endlos viele Punkte enthielt. Lautlos starrten wir auf den Plan, während Jo sich derweilen einen Zeigestock schnappte und begann, auf die einzelnen Punkte zu weisen. "Wir werden jeden Tag zwei Stunden trainieren, sieben Tage die Woche", sagte sie bestimmend, als sie auf den Punkt 'Training' klopfte. Das empörte Luftschnappen ignorierte sie. Als ich den Punkt 'Beziehung' sah, und darunter direkt die Blase 'Keine Trebles!', sah ich sorgenvoll zu Castiel hinüber. Seine leichten Augenringe und seine verwuschelten Haare sprachen für sich, und ich hatte unwillkürlich ein schlechtes Gewissen, da ich ihn ganz allein mit Dean gelassen hatte. Ich mochte Castiel. Er war witzig und nett, wenn auch manchmal etwas zu ernst. Außerdem schien er sozial nicht der Beste zu sein, was ihn irgendwie noch niedlicher machte. Ich wünschte ihm nicht Schlechtes, aber ich kannte Dean. Wir waren Freunde, auch wenn wir das etwas unter der Hand hielten, da ich keinen Bock hatte, mit Jo Stress zu bekommen. Sie führte eine leidenschaftliche Rivalität mit jedem Treble und so war es für mich angenehmer, still zu sein, wenn es um außerschulische Aktivitäten ging. Es besaß schon eine gewisse Komik, als Jo versuchte, den Mädchen instrumentale Geräusche beizubringen. Beim Singen kam es auch auf die Ästhetik an, aber ich konnte nichts in den verzogenen Gesichtern unserer Gruppe finden, was auch nur annähernd daran grenzen könnte. Es wurde auch nicht besser, als Jo uns die Tribüne hoch und runter scheuchte, und dabei Donna entdeckte, die es sich auf den Sitzen bequem gemacht hatte, und Jos Frage, was sie denn dort tun würde, mit den Worten: "Ich laufe horizontal", beantwortete. Eins konnte man festhalten: Langweilig waren diese Gruppe keineswegs. Ob wir damit den Titel holen konnten, stand jedoch auf einem anderen Blatt. Kapitel 7: Ein Haufen Probleme ------------------------------ Tanzen war noch nie meine Stärke gewesen, wirklich nicht. Ich hatte weder den richtigen Hüftschwung, noch hatte ich das gute Gedächtnis, das man nun mal leider brauchte. So war es wohl die größte Herausforderung meines bisherigen Lebens, mir den Liedtext und die Tanzschritte ordentlich zu merken. Mehr als einmal in der Woche, in der wir für unseren Auftritt übten, kam es vor, dass sich Charlie gezwungen fühlte, mir zu assistieren, in dem sie meine Hände richtig führte. Es kam sogar so weit, dass ich mir die Tanzschritte in meinem Zimmer aufmalte und dort tagtäglich übte, was zur allgemeinen Erheiterung Crowleys beitrug. Ich hatte ihn jedoch schon dabei erwischt, wie er selbst auf den Markierungen herumtanzte und dabei mehr schlecht als recht vor sich  hin sang. Mit Meg verstand ich mich ziemlich gut, sodass wir uns oft nach den Proben trafen und was unternahmen. Meg war lustig, ihr bissiger Humor und Sarkasmus brachte mich das ein oder andere Mal zum Lachen und auch die Tatsache, dass sie sehr klug war, trug dazu bei, dass ich sie ziemlich gut leiden konnte. Ich hatte ihr aber ganz am Anfang noch klar machen müssen, dass ich mich sexuell ungefähr so viel für sie interessierte wie ein Stein. Sie hatte es wohl mit einem lachenden und einem weinenden Augen aufgenommen, da sie ziemlich schnell verstanden hatte, dass ich ziemlich viel für Dean übrig hatte. Sie ließ es sich nicht nehmen, den ein oder anderen Kommentar fallen zu lassen, und wenn ich bissig darauf reagierte, lachte sie nur und rechtfertigte alles mit ihrem Psychologiestudium. Durch die vielen Hausaufgaben, Referate und Trainingseinheiten verging die Zeit zu unserem ersten Auftritt recht schnell und es würde das erste Mal sein, dass ich in der Öffentlichkeit das 'Stewardess-Outfit' tragen würde, wie es einheitlich von Crowley und Meg getauft wurde, was seltsam war, da sich die beiden eigentlich nicht leiden konnten. Die Proben wurden ebenfalls schwieriger, da wir uns bereits auf die nationale Meisterschaft vorbereiteten. Jo ging diese mit einer unfassbaren Leidenschaft an, die mich immer wieder faszinierte. Über den ganzen Stress hinweg vergaß ich beinah, dass ich Deans Nummer hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er mir schrieb. Hey, Cassie. Prompt, nachdem ich die Einleitung gelesen hatte, wollte ich meinen Kopf gegen die nächste Wand schlagen. Cassie, oh Gott. Wie bescheuert, einfallslos und vorallem auffällig war das denn? Lust, am Sonntag Eis essen zu gehen? Ich verschluckte mich, als ich die Einladung gelesen und verarbeitet hatte. Dean Winchester fragte mich, beziehungsweise mein weibliches Ich nach einem Date. Was hatte ich falsch gemacht?, fragte ich mich innerlich, nachdem ich mein Handy hatte sinken lassen. Paralysiert starrte ich auf die gegenüberliegende Wand meines Zimmers und dachte über verschiedene, praktizierbare Selbstmordmöglichkeiten nach. Mein Leben war dahin. In meinem Selbstmitleid bekam ich nicht mal mit, wie mir mein Zimmergenosse das Handy aus der Hand nahm, es entsperrte, er kannte aus unerfindlichen Gründen meinen Entsperrungscode, und die Nachricht las. Ich wehrte mich nicht. Warum auch? Es gab ja nichts wirklich Interessantes zu lesen. "Cassie also?", feixte Crowley neben mir, was mich nun doch veranlasste, ihm das Handy aus der Hand zu rupfen. Ich sah ihn vorwurfsvoll an, worauf er sich mit erhobenen Augenbrauen und Händen abwendete. Ein bisschen Stolz wollte ich mir dann doch noch bewahren. "Und was machst du jetzt?", fragte Crowley im Hintergrund, sodass ich zu ihm hinüber sah. Er hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt und begonnen, an seinem Referat zu arbeiten. Soweit ich wusste studierte er Jura und wollte als Richter arbeiten. Zumindest hatte ich das seinen Unterlagen entnehmen können. Ja, ich war neugierig, aber sie hatten einfach herumgelegen, was hätte ich machen sollen? Ich zog es vor, ihm nicht zu antworten, da ich immer noch etwas sauer auf ihn war. Also wendete ich mich von seinem Rücken ab und lief ebenfalls zu meinem Schreibtisch. Ich hatte noch jede Menge Hausaufgaben zu erledigen. Generell war ich überrascht, dass sich das Proben und das Studium so gut vertrug. Ich musste zwar oft sehr lange wach bleiben, aber das hatte ich gewusst, und mich entsprechend darauf vorbereitet. "Oh komm schon, Giraffe, lass mich an der Seifenoper deines Lebens teilhaben." Ich seufzte: "Ich hab noch keine Ahnung", gab ich zu, und machte meinen Füller auf. Mein Zimmergenosse hatte mein Schreibwerkzeug schon einmal mit hochgezogenen Augenbrauen begutachtet, da er mit einem Kugelschreiber schrieb und Füller wohl für Kinderkram hielt. Nach fast einem Monat war ich geübt darin, Crowleys Gesichtsausdrücke wenigstens etwas lesen zu können. Aber ich hatte ein Problem. Ich wusste nicht, wie ich auf Dean eingehen sollte. Turn it Turn it Turn it around Charlies helle Stimme klang durch die alte Turnhalle und endete mit einem perfekt gesungenen Ton, den ich nur unter Anstrengung hervor zu bringen vermochte. Es war das dritte Mal, dass wir die gesamte Choreografie durchgingen und es war von mal zu mal besser geworden. Jo sah ebenfalls ziemlich zufrieden aus, als sie das Training für beendet erklärte. Alle fielen mit glücklichen Geräuschen aus der vorherigen Anspannung und ich legte meinen Kopf in den Nacken. Mein Atem rasselte in unkontrollierter Geschwindigkeit aus meinem Mund und ich fragte mich im gleichen Moment, ob ich nicht doch etwas zu unsportlich war. "Hände in die Mitte, Aca-Bitches!", rief Jo uns zusammen und ich bemerkte, dass sich bereits alle am anderen Ende des Raumes befanden. Ich beeilte mich,und ich war die letzte Person, die ihre Hand in die Mitte legte. "Auf drei singen wir jetzt alle ein A", sagte sie und blickte in die Runde. Ich tat es ihr nach und sah größtenteils verwirrte Gesichter. Meg und Ruby sahen sich von gegenüberliegenden Positionen aus mit hochgezogenen Augenbrauen an und erneut war ich der Auffassung, dass die beiden wohl so etwas wie Gedankenübertragung beherrschten. "Eins, zwei", zählte Jo vor und drückte dabei die unter ihr liegenden Hände nach unten, sodass der gesamte Händeberg bei jeder Zahl mit nach unten rutschte. Und dann riss sie ihre Hand nach oben, ebenso Charlie und sangen ein perfektes A. Wir anderen stiegen mit minimaler Verzögerung ein, jedoch klang es im Endeffekt nicht schlecht. "Okay, nicht schlecht, aber daran üben wir das nächste Mal. Bis morgen!", wurden wir von Charlie verabschiedet, die aus dem Strahlen gar nicht mehr rauskam. Ich war schon einige Schritte entfernt, als Ich Jo mich aufhielt: "Cas, hast du einen Moment?" Ich nickte und kam auf sie zu. Der Rest der Gruppe verschwand durch die quietschende Turnhallentür und auch Charlie war auf dem Weg nach draußen. Ich ging die letzten Minuten in meinem Kopf durch, hatte ich irgendetwas falsch gemacht? "Ja?", fragte ich und lächelte sie an. Sie war kleiner als ich, und so musste ich auf sie runter sehen. "Ich weiß, dass du einen Mender wegen Dean hast, Castiel." Ich stutzte. "Einen was?", wollte ich verwirrt wissen. und zog die Augenbrauen zusammen. "Einen Mender. Mender heißt Musikalischer Ständer. Und es ist nicht gut, was zwischen euch beiden läuft", erklärte sie und sah mich bedeutungsvoll an. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich wusste, dass Jo glasklar etwas gegen eine Beziehung zwischen Bela und Treble hatte und so ar es eigentlich nicht überraschend, dass sie mich darauf ansprach. "Da musst du etwas falsch verstanden haben", antwortete ich ehrlich. Es war ja auch so. Praktisch gesehen war Nichts, zumindest nichts Festes. Obwohl ich mich nicht dagegen wehren konnte, dass ich mir wünschte, mit ihm befreundet zu sein. "Lüg mich nicht an!", befahl sie und ihre Augen funkelten gefährlich. Ich verzweifelte etwas, als ich sah, dass sie mir nicht glaubte. "Ich lüge nicht!", gab ich ebenfalls lauter, aber weit aus weniger geladen zurück. "Wir sind im Krieg, Castiel", begann sie und ich zuckte unter der Härte, mit der sie meinen Namen ausspie, zusammen. "Und ich habe dafür zu sorgen, dass meine Soldaten auf den Punkt mit drei perfekt gesungenen und choreografierten Songs ausgestattet sind. Aber das funktioniert nicht, wenn du aus der Reihe tanzt. Halte dich von Dean Winchester fern." Ich schluckte, ehe ich mich umdrehte, um zu meiner Tasche zu gehen. Ich hatte ihre Botschaft verstanden, aber ob ich sie befolgen würde, war meine Sache. "Ich kann deinen Mender durch deine Jeans sehen!" "Das ist mein Penis." Wir standen im Garten einer alten Dame, die wohl ziemlich reich zu sein schien, wenn man das große Haus, auf dessen Terasse wir nun standen, begutachtete. Ich hatte mir ihren langen, umständlichen Nachnamen nicht gemerkt, nur, dass Jo sie wohl durch ihre Mutter über einige Ecken kannte und dass sie durch glückliches Erben ziemlich früh sehr reich geworden war. Die Frau hatte anscheinend einen Tick für A-cappella und so war der Auftritt leicht verdientes Geld für uns. Charlie und Jo hatten sich für 'Turn the Beat around' entschieden, es war ein altes Lied und ließ sich gut für A-cappella verwenden. Bela hatte vorhin noch scherzhafter Weise gesagt, dass es zum Glück eine alte Frau war, sie hätte ja schlechte Augen. Ich hatte darüber gelacht, obwohl ich fand, dass ich eigentlich sehr weiblich aussah. Ich hatte mir meine Beine rasiert, meine Perücke ordentlich aufgezogen, mich geschminkt und mir die Nägel lackiert. Meine Beine waren dünn genug, sodass der Rock mir passte und mein Oberteil war so weit zugeknöpft, dass das Korsett unerkannt blieb. Die High Heels waren auch kein Problem, da ich das Glück gehabt hatte, Annas Absatzschuhe immer mal wieder aus Der Auftritt an sich verlief gut, hätte ich nur nicht das Gefühl, dass mich die anwesenden Renter mit ihren Blicken röntgten. Ich erinnerte mich an mein Spiegelbild zurück und versuchte einen Markel zu finden, welcher vom Publikum vor mir entdeckt wurde. Ich konnte aber nichts finden, und ich versuchte wieder, mich vollkommen aufs Singen zu konzentrieren. Es ereigneten sich keine Vorfälle, außer dass Amara auffiel, die die Töne heute irgendwie seltsam herausbrachte. Es als Krächzen zu bezeichnen, wäre falsch, es war viel mehr ein Mischmasch zwischen diesem und ihrer richtigen Stimme. Es war irritierend. Nachdem wir das Anwesen verlassen hatten und Jo das Geld durchgezählt hatte, sagte Charlie schließlich: "Amara, was war heute mit deiner Stimme? Du klangst so gar nicht wie sonst." Ich konnte den besorgten Unterton in ihrer Stimme hören. Amara, die links gelaufen war, blieb stehen, ebenso wie wir, sodass wir in einem Halbkreis hinter ihr standen. "Ich habe Knötchen." Jo schnappe erschrocken nach Luft und ging auf Amara zu. Ihre Hände lag auf ihrer linken Schulter, als sie sich zu uns umdrehte. Ich hörte, wie alle anderen ebenfalls entsetzte Geräusche machten und mir wurde auch sofort klar, wieso. Sängerknötchen waren der größte Feind eines jeden Sängers. Sie bildeten sich, wenn die Stimmbänder überlastet wurden und waren äußerst schmerzhaft. Amara schluckte, ehe sie zum Sprechen ansetzte: "Ich kann aber damit leben. Ich darf meine Stimme nicht mehr so belasten wie früher, aber ich werde nicht aufhören zu singen. Ich habe bereits mit einem Logopäden gesprochen, und werde in der nächsten Woche mit einer Therapie beginnen", informierte sie uns sachlich und ruhig, so, wie wir es von ihr gewohnt waren. "Besser Knötchen als Herpes", kommentierte Meg trocken, sodass sie alle geschockt ansahen. Jo blickte sie wütend an, was Meg aber nicht zu interessieren schien. Amara starrte sie mit großen Augen an, und Meg schloss daraus ihrer eigenen Mutmaßungen. "Oh nein, oder hast du den etwa auch?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)