Zum Inhalt der Seite

Herzkristall

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~Kristalinas~

Durch das Vergrößerungsglas, kann ich den Kristall hundert Mal größer sehen. Ich habe ihn in einen Schraubstock eingespannt, damit er nicht verrutschen kann. Noch ein letzter Schliff, dann ist es vollbracht.

Ich konzentriere mich so stark, dass mein Blick sich trübt. Auf meiner Stirn bilden sich Schweißperlen. Jetzt darf ich keinen Fehler machen, sonst ist die Arbeit der letzten drei Wochen umsonst gewesen. Ich blinzle den trüben Schleier weg, mit der Zunge fahre ich mir angespannt über die Lippen.

Nur noch ein kleines Stück, dann ist die Rille in der Oberfläche perfekt.

Meine rechte Hand zittert, doch es muss mir gelingen eine gerade Linie zu ziehen. Ich wage nicht zu atmen. Nur noch ein kleines Stück. Geschafft! Ich lege den Dremel aus der Hand und nehme eine Pinzette. Mit ihr greife ich den dünnen Streifen, den ich zuvor aus einem anderen Kristall geschnitten habe und lege ihn in die Ausfräsung, vorsichtig drücke ich ihn an. Er passt haargenau. Endlich!

Die Anspannung fällt von mir ab, ich lege alles bei Seiten und spanne ich das Werkstück aus. Stolz betrachte ich es.

Der Kristall ist faustgroß und hat die Form eines Herzens, mit zwei Kammern. Langsam beginnt er in einem blasen Blau zu pulsieren, die Intensität nimmt zu, bis er in der Farbe des Meers leuchtet. Die Energie durchströmt jeden Winkel, der Stein erwärmt sich zunehmend.

Aufgeregt springe ich vom Stuhl. Ich werde ihn Vater zeigen, der wird Augen machen, wenn ich damit meinen Kristalina wieder zum Leben erwecke. Ich puste in die Kristallkugel über meinem Schreibtisch, das Licht in ihr erlischt. Das Herz in meiner Hand reicht als Lichtquelle, um mich im finsteren Keller zurecht zu finden.

Um mich herum tanzen die Schatten von Werkzeugen und Gerätschaften.

Ich steige über einige Rohkristalle am Boden und taste mich bis zur Holztreppe. Als ich sie erreiche, muss ich über den Rücken eines unfertigen Kristalina steigen.

Es sollte einmal ein Löwe werden. Ansehen kann man ihm das allerdings nicht mehr. Ihm fehlt der Kopf, mit der Mähne und alle vier Gliedmaßen. Ich habe seit vier Monaten nicht mehr an ihm gearbeitet. Er dient nur noch als Rohstoffquelle, für meinen derzeitigen Favoriten.

Ich steige über ihn, dann eile ich die Treppe hinauf. Das Holz der Stufen knarrt unter meinen Schritten. Hoffentlich ist Vater nicht schon auf dem Weg zur Arbeit. Wenn ich mit einem neuen Projekt beschäftigt bin, vergesse ich schnell die Zeit. Auch jetzt habe ich keine Ahnung, wie lange ich schon hier unten bin.

Laut krachend schlage ich die Kellertür auf und schaue mich im Wohnraum um.

Der Tisch in der Mitte ist verlassen, nur noch eine leere Tasse und ein verwaister Teller, weißen darauf hin, dass mein Vater hier gesessen haben muss.

Die Wohnungstür steht offen, eine dunkle Gestalt hebt sich vor dem hellen Hintergrund ab.

Meine Augen haben sich noch nicht an das grelle Tageslicht gewöhnt, trotzdem bin ich mir sicher, dass der schemenhafte Schatten meinem Vater gehört. Die breiten Schultern und der dunkle Anzug, sind typisch für ihn.

„Ich bin fertig!", platzt die Neuigkeit aus mir heraus.

Vater ist stehen geblieben, er dreht sich nach mir um.

Der Adler auf seiner Schulter legt den Kopf schief, sein Schnabel steht offen, seine Flügel liegen eng am Körper. Er ist von Kopf bis Fuß mit lebensechten Federn bedeckt, die sein kristallines Innere verbergen, nur aus seiner Brust dringt ein schwaches Licht, das verrät, dass er kein echtes Tier ist.

Ich stürme auf die Beiden zu und bleibe neben einem hüfthohen Wolf stehen.

Sein Kopf hängt schlaff herab, seine eisblauen Augen sind leer. Er ist nur eine Hülle, kein Wunder, immerhin halte ich sein Herzstück in Händen. Den pulsierenden Kristall strecke ich meinem Vater entgegen.

Er schaut auf die Uhr an seinem Handgelenk. „Ich habe keine Zeit, mein Junge!" Er braucht nicht mehr zu sagen, ich weiß auch so, dass er zur Arbeit muss und ich ihn mal wieder tagelang nicht sehen werde. Was ist es wohl dieses Mal? Eine Ratssitzung oder eine Geschäftsreise?

Meine Laune kühlt sich bis zur Gleichgültigkeit ab. Ich lasse die Schulter fallen und nehme meine Arme zurück. „Und meine Erfindung?“, frage ich.

„Darüber sprechen wir am Wochenende. Ich muss jetzt los.“ Er geht ohne einen Blick zurück.

Ich seufze schwer und sehe auf den Kristalina in Wolfsgestalt herab.

Anders, als seine Artgenossen, ist er komplett aus Kristall gefertigt. Selbst sein Fell besteht aus Kristallfäden, die seidig schimmern und sich weich anfühlen, wenn man sie berührt.

Ich lege das pulsierende Herz in seinen Rücken. Es versinkt im Inneren des Wolfes.

Der Kristalina leuchtet, sein Kopf erhebt sich, die Augen blitzen auf. Er beginnt sich zu strecken und testet seine Beweglichkeit.

Gespannt warte ich darauf, ob das Update wie geplant funktioniert.

Der Kopf des Wolfes dreht sich zu mir. Er legt die Ohren zurück und schaut mich fragend an.

Ich sehe mit traurigem Blick zurück. Ob er meine Mimik lesen kann?

„Was hast du Karak?"

Meine Augen weiten sich vor Erstaunen. Er fragt mich tatsächlich, nach meinem Befinden, aber versteht er wirklich, dass es mir nicht gut geht? Ich beschließe ihn zu testen. „Mein Vater ist zur Arbeit und ich bin mal wieder allein."

Der Wolf schaut mitleidig, er reibt seine Schnauze an meinem Bein, während er mich von unten herauf ansieht. „Du bist nicht allein. Ich bin doch hier!"

Ich seufze gequält. Bin ich wirklich schon so vereinsamt, dass ich meinem Kristalina Gefühle einimpfe, um nicht allein zu sein? Die Antwort ist so bitter, dass ich noch einmal seufzen muss.

Ich streichle dem Wolf über den Kopf. So ist das nun mal, als Sohn des Chefs der größten Kristalina Fabrik des Landes.

„Komm, gehen wir zur Schule!", beschließe ich und verlasse mit Isegrim das Haus.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2016-01-05T17:14:35+00:00 05.01.2016 18:14
Hallo lieber Enrico =)

Ich habe mich , nach ewig langer Zeit, mal wieder hier auf Animexx und im Feedbackclub blicken lassen und deine Geschichte ist mir wegen des Titels ins Auge gesprungen.

Ich liebe Kristalle, mich faszinieren sie unglaublich und das kleine Vorwort, das du geschrieben hast , hat mich neugierig gemacht =).
Es verspricht ein böses Omen, oder eben etwas , dass eigentlich nichts schlechtes sein sollte , aber es kann böse enden . Oder zumindest kann es im bösen Sinne eingesetzt werden. (Wie durch Geldgier, was ja bereits in dem Kapitel erwähnt wurde )
Durch unüberlegtes Handeln , oder schlechten Eigenschaften von Menschen , kann gutes schlecht werden - aber ich weiche nun vom Thema ab ;-).

Also, nun mal zur positiven Kritik ^^ :
☆Wie ich bereits erwähnt habe , liebe ich die Idee, - ich liebe das kleine Kapitel das mir schon zeigt , dass ich in eine andere Welt eintauchen werde wenn ich weiterlese. Ich bin gespannt , ob diese Welt nun eher mittelalterlich oder eben zukünftig angehaucht ist , ich meine , das Fabelwesen existieren kann uralte Magie sein , aber es kann auch von modernster Technik und einem kleinen Hauch von übernatürlichen zu erklären sein. Vielleicht ist es aber auch eine Welt , zwischen moderner Zeit (Technik) und altertümlichen wohnen und Sitten , also eine Mischwelt^^.

☆ Neugierig : Ich bin neugierig was nun genau wegen diesem Kristall passieren wird.
Wird es durch die Geldgier seines Vaters zu einer Massenproduktion und sie erwecken irgendetwas zum leben das eigentlich 'Tod' , oder eben nie zum leben erweckt werden sollte?
° Gibt es irgendeinen , wie soll ich es ausdrücken .... Bösen , der durch diesen Kristall wieder lebendig wird , oder setzt jemand dunkles ( Bösewicht ) in eine Waffe - oder in eine totes Wesen ein um ihn oder das für deren Tat einsetzen zu können ?
° Entsteht ein Bürgerkrieg weil durch den Einsatz des Kristalls irgendetwas aus dem Gleichgewicht gerät oder , das irgendetwas die Lebensräume zerstört - oder : Die Meinung über den Kristall ist sehr geteilt.
° Vielleicht stellt sich aber heraus das es eine verdammt schlechte Idee war den Kristall zu bauen und sie müssen ihn verstecken / wegbringen - von einer Person die sehr gefährlich ist , vielleicht ist diese Person der Vater und vielleicht hat dieser es ja eingesehen das es nicht nur Geld auf der Welt gibt und er hilft seinem Sohn .

So ,nun komme ich aber zum letztem guten Kritikpunkt, sonst nerve ich dich nur mit meinen Theorien ;p.

☆ Charaktere : Ich bin gespannt , was die Hintergründe der bishergenannten Charaktere sind.
Zum Beispiel weiß man ja nicht was mit der Mutter ist , vielleicht ist das nämlich der Grund weil der Vater so oft auf der Achse ist , weil er ihren Tod (Verschwinden , verlassen ) nicht verarbeitet hat.
Vielleicht hat sie ihn für einen reicheren verlassen , oder sie wurde krank und er hatte kein Geld um die Medizin zu bezahlen oder was eben mit Geld gelöst werfe hätten können (vielleicht lebt sie ja noch und er braucht es um sie zu retten )
Ich merke schon , ich überlege zu viel xD.
° Und dann natürlich wie sich die Charaktere entwickeln und wer noch dazu kommt ^^


Negative Kritik :

◇ Kommas: Ab und zu hast du ein Komma vergessen , zum Beispiel wenn jemand gesprochen hat .
"Ich habe dich gerne!" , Sprach er und lächelte die Person an (das war nur ein Beispiel aber ich glaube es ist klar worauf ich hinaus will ?)( Und nach einem Satzzeichen immer groß schreiben , egal ob ein Komma dasteht oder nicht )

◇ Absätze : Manchmal hätte ich mir einen Absatz gewünscht .
Zum Beispiel : Der Wolf schaut mitleidig', oder da wo er im anderen Raum gelandet ist und auf seine Vater trifft . (Als Ersatz für ein Komma, oder eben als Zeichen das eine andere Situation eintritt

◇Total pingelige Kritik ^^" :
"Komm Isegrim, gehen wir zur Schule!", beschließe ich und verlasse mit Isegrim das Haus.

Korrektur : "Komm Isegrim, gehen wir zur Schule!", Beschließe ich um verlasse mit ihm das Haus.

Oder :
"Komm, wir gehen zur Schule!", Beschließe ich und verlasse mit Isegrim das Haus.

》 Wortwiederhohlung


--------

So , als erstes möchte ich dir gerne mitteilen das ich dir damit wirklich nicht auf den Schlips treten will - oder einen all zu pingeligen Eindruck hinterlassen möchte - , jedem passieren Fehler und es können sich hierbei auch um Leichtsinns oder Aufmerksamkeitsfehler sein , das ist mir schon klar und genau deswegen weise ich dich darauf hin ;)

Ich entschuldige mich schon mal herzlichst dafür wenn ich irgendwelche Rechtschreibfehler hineingezaubert haben sollte - ich tippe mit Handy, ich gebe mir die größte Mühe sie zu vermeiden ^^".

Ich hoffe das ich dir mit diesem Kommentar ein klein wenig helfen und dir ein kleine Freude machen konnte .

Einen angenehmen Abend

The- Dreamers

Feedback - Club🎶

Antwort von:  Enrico
06.01.2016 12:25
Hallo Dreamer,

erst mal vielen Lieben Dank für dein Ausführlichen Kommentar. Habe mich riesig darüber gefreut. Mir war gar nicht bewusst, wie viele Fragen das 1. Kapitel aufwirft^^. Ich habe diese Geschichte beim stöbern in meinem Forum gefunden und weiß selbst noch nicht genau wohin dort die Reise geht. Es gibt nur noch zwei weitere Kapitel bisher, aber mir gefiehl diese alte Geschichte, dass ich sie kurzerhand überarbeit habe und mal sehen was mir noch so dazu einfällt.

Was deine Kritikpunkte angeht, so habe ich mir wirklich Mühe gegeben, die fehlenden Kommas nach der Wörtlichen Rede zu finden, doch oftmals kommt danach ein Satz, der nicht zur Wörtlichen Rede gehört, also keinen Bezug darauf nimmt, wer das gesagt hat. Die vorgeschlagenen Absätze habe ich mir angeschaut, empfinde sie aber eher störend, aber das ist vielleicht einfach Geschmacksache.
Beim Großschreiben nach dem Komma bei der Wörtlichen Rede irrst du dich aber. Was nach dem Komma steht wird klein geschrieben, wenn es nicht gerade ein Substantiv ist. Hab extra noch mal nachgeschaut:
http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/anfuehrungszeichen
Da stehen ein paar Beispiel dazu. Habe das auch in noch keinem Buch so gelesen.
Trotzdem Danke für die Hinweise. Würde mich freuen auch im nächsten Kapitel von dir zu lesen.

Mfg. Enrico


Zurück