Das Geheimnis der Eisblume von Storyteller_Inc ================================================================================ One Shot -------- „Leute! Seht nur, was ich gefunden habe!“ Die Gruppe sah auf, als sie Shippo rufen hörte. Der kleine Fuchsdämon kam aufgeregt auf sie zugehopst. Was er da in seiner Hand hielt, war im ersten Moment nicht zu erkennen. „Was ist das?“, wollte Kagome wissen. „Schaut doch, schaut doch! Habt ihr so etwas schon mal gesehen?“ „Was denn? Eine Blume?“ Inu Yasha rümpfte die Nase. „Sie ist gefroren“, stellte Sango mit Verwunderung fest. „Was ist daran so besonders?“ „Es ist nicht nur eine gefrorene Blume!“, schimpfte Shippo empört. „Schaut!“ Er suchte sich zwei Steine zusammen, die groß genug waren, um die Blume zwischen sich zu halten. Kurz vergewisserte er sich, dass sie genug Halt hatte, bevor er drei Schritte zurück ging. „Fuchsfeuer!“, rief er aus. Ein Rad aus grünen Flammen umgab ihn, welches er auf die zierliche Pflanze losließ. Nichts geschah. Nachdem sich das Rad verzehrt hatte, hatte sich nichts verändert. Die Blume reckte zwischen den beiden Steinen empor, als wartete sie, dass man sie goss. „Seht ihr?“ „Nicht einmal angesengt.“ Sango hatte sich als Erste erhoben und ging auf den Schauplatz zu. An ihrer Seite folgte Kirara, welche neugierig das Schnäuzchen nach der Pflanze ausstreckte. Sie sträubte augenblicklich das Fell, nachdem sie kurz an der Pflanze geschnüffelt hatte. „Hm, Kiraras Reaktion nach zu urteilen, haben wir es hier mit keinem Naturschauspiel zu tun“, schlussfolgerte Miroku und nickte. „Ja, was hast du denn gedacht?“, schnaubte Inu Yasha abwertend. Er bemühte sich erst gar nicht, sich von seinem Sitzplatz zu erheben. „Das riecht man doch schon von Weitem. Da hatte ein anderer Dämon seine Pfoten dran.“ „Ein Dämon?“ Shippo klang ungläubig. Um sich zu vergewissern, trat er näher heran und schnüffelte an den kristallblauen Blüten, wie es zuvor Kirara getan hatte. Seinem Gesicht entglitten alle Züge, als er Sekunden später zurückwich. „Tatsache! Du hast recht!“ „Hmpf.“ „Ob Dämon oder nicht, sie ist wunderschön.“ Kagome vertrat ihren Standpunkt klar und deutlich. Aus der Hocke betrachtete sie das zarte Gewächs, bewunderte es regelrecht. Der Schein des Lichtes verlieh den glatten Blütenblättern einen lebhaften Glanz. Bei genauerem Hinsehen konnte sie ihr Spiegelbild auf ihnen erkennen. „Kagome, Vorsicht!“, warnte Sango, doch zu spät. Kagome hatte die Hand bereits nach der Pflanze ausgestreckt und zog sie behutsam zwischen den beiden Steinen hervor. „Ah, kalt“, bemerkte sie. „Hm, hm. Ich verstehe.“ „Was? Was verstehst du, Miroku?“, wollte Sango wissen. „Mir ist soeben klar geworden, was wir hier vor uns haben.“ Aufmerksam ließ er den Blick durch die Runde gehen. Jeder, bis auf Inu Yasha, sah ihn aus erwartungsvollen Augen an. Es ließ ihn zufrieden lächeln. „Eine Eisblume.“ „Eine Eisblume?“, fragten die beiden Frauen im Akkord. „Hmpf.“ „Was soll das sein? Sag schon, Miroku!“, forderte Shippo und hüpfte aufgeregt von einem Bein aufs andere. „Ich habe nie zuvor eine mit eigenen Augen gesehen“, erklärte er geheimnisvoll. „Aber man erzählt sich Geschichten darüber. Sagen und Mythen, die nie bestätigt worden sind.“ „Was für Mythen?“ „Hör doch einfach nicht hin, Kagome“, meinte Inu Yasha genervt. Seine abweisende Haltung, als er sich seitlich auf dem Holzdielenboden ausbreitete, sprach ihr Übriges. „Der spielt sich doch nur wieder vor euch auf. An diesem Gerede ist nichts dran.“  „Das stimmt nicht so ganz, Inu Yasha“, widersprach Miroku entschieden. Er stieß ein schweres Seufzen aus, wonach er sich an die beiden Frauen richtete. „Wollt ihr die Geschichten hören?“ „Nein!“ „Ja“, übertönte die doppelte Zustimmung Inu Yashas einsamen Versuch, dem Gehabe ein Ende zu setzen. Was er dafür erntete, war ein Tritt Shippos, welchen er mit einem einzigen Faustschlag quittierte. Der kleine Fuchsdämon landete schnaufend in der nächsten Wand. „Kagome, gibst du mir bitte die Blume?“ Sie kam seiner Aufforderung sogleich nach. Miroku machte eine bedeutungsvolle Pause, in welcher er den Stängel andächtig zwischen seinen Fingern drehte. Das kühle Stechen, das sich dabei durch seine Haut zog, schien ihn nicht zu kümmern. „Es heißt, die Blüte einer Eisblume sei unvergänglich. Sie führt ein ewiges, einsames Leben“, begann er. Darauf seufzte er einmal lang. „Ihre Schönheit ist so vollkommen, dass sie jeden in ihren Bann zieht. In sie werden so viele Wünsche und Hoffnungen gesetzt, dass es großes Unglück bringen soll, eine Eisblume zu zerstören. Aus diesem Grund verschenkt man sie nicht an die Person, die einem das Wertvollste ist.“ „Wenn sie Unglück bringt, sollte man sie generell an niemanden verschenken“, hakte Sango ein. Skeptisch hatte sie die Arme vor der Brust verschränkt und hob eine Augenbraue an. „Nur, wenn sie zerstört wird“, betonte Miroku. „Solange sie behütet in reiner Blüte steht, widerfährt niemandem ein Unglück. Sie wird deswegen oft unter Liebenden verschenkt, trotz aller Gefahren. Als ein Beweis, dass man demjenigen vertraut. Allerdings, je mehr Hoffnungen sie im Laufe ihrer Blüte trägt, umso verheerender sind ihre Auswirkungen zum Zeitpunkt ihrer Zerstörung.“ „Das ist doch Blödsinn!“ „Möchtest du es darauf anlegen, Inu Yasha?“ „Euer Menschengesülz einmal hin oder her, aber was für einen Sinn sollte das für einen Dämon haben?“ „Überleg doch mal“, gab Miroku unbeeindruckt zurück. „Nehmen wir an, eine Eisblume übersteht zehn Generationen. Das entspricht zehn Menschenleben voller Wünsche und Hoffnungen. Was, wenn es einem Dämon gelingt, aus dieser Ansammlung negative Energien zu schöpfen?“ „Tze, das glaubst du ja wohl selbst nicht!“ „Und wieso sonst sollte die Blume nach Dämon riechen?“, warf Shippo ein. „Vielleicht … Ist das wirklich ein Argument?!“ „Es gibt noch eine andere Geschichte, die mir wesentlich besser gefällt“, eroberte Miroku das Wort zurück. Höchst konzentriert besah er die kristallene Blume, in deren Blüten sich sein ernster Blick widerspiegelte. „Und zwar heißt es, dass Liebende, die eine Eisblume gemeinsam pflegen, auf ewig glücklich zusammen sein werden. Ihre Liebe kann durch nichts erschüttert werden und ihnen ist zudem Fruchtbarkeit vergönnt. … Sango!“ „Vergiss es!“, fuhr sie aus und sprang hoch. „Nach dem, was du zuvor erzählt hast? Bist du lebensmüde?! Auf gar keinen Fall!“ „Aber Sango …“ „Bleib mir weg mit dem Ding!“ Kirara knurrte. „Was denkst du, Inu Yasha?“ „Alles Schwachsinn, wie ich schon sagte“, beharrte er und drehte sich von Kagome weg. Fragend legte sie den Kopf schief. „Wie kommst du darauf? Woher willst du wissen, dass an der ganzen Sache nichts dran ist?“ „Weil es vollkommener Humbug ist. Nur Menschen können sich solche Geschichten ausdenken. Die Wahrheit sieht ganz anders aus.“ „Und wie sieht sie dann aus?“ Er warf ihr einen vorsichtigen Blick über die Schulter zu. Seine weißen Hundeohren zuckten einmal, schon sah er wieder von ihr weg. „Das willst du nicht wissen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)