Kimi no inai basho de - In a Place without you von abgemeldet (Die Geschichte eines Spiegels) ================================================================================ Prolog: Mein anderes Ich - Lin ------------------------------ "Laufe nicht durch den Wald, es könnten Gefahren auf dich dort lauern." Das sagte meine Mutter immer zu mir, wenn ich damals mich wieder auf den Weg machte. Wohin? Das sagte ich nie. Meist aber nur, weil ich selbst nicht wusste wohin. Ich war sehr jung und war nicht wie die anderen Kinder mit Freunden spielen. Ich mied die Plätze mit den kreischenden und vergnügten Kindern. -------------------------------------------------------------------------------------------------------- Meist sprachen Mutter und Vater über meine Verschlossenheit. Ich verstand nicht alles. Ich war eben noch sehr klein. Doch mein Vater wollte mich in ein Erziehungsheim schicken. Ich machte ihn regelmäßig wütend ohne es zu wollen. Er ertrug mein gleichgültiges Gesicht nicht, dass ich ein jedem zuwand. Oft schlug er mit der Faust auf den Tisch und schrie mich an. Doch selbst darauf reagierte ich nicht. Ich habe mich immer entschuldigt. Doch es war vergebens. Er schenkte keinem meiner Worte Beachtung. Mit der Zeit wollte er nicht mal mit uns Zeit verbringen. Meine Mutter versuchte ihn zu beschwichtigen. "Lin ist erst 8! Gib ihr Zeit, sie entwickelt sich noch.". Ich erinnere mich an den Rest des Gespräches nicht mehr. Wahrscheinlich weil ich einfach müde war und ins Bett ging. -------------------------------------------------------------------------------------------------------- Ich war endlich weit genug entfernt von dem Spielplatz und ging auf die große Hauptstraße zu. Ihr gegenüber erstreckte sich ein dicht bewachsener Wald. Seine düster wirkenden Bäume schreckten ein jeden ab, weshalb er der "Dunkelwald" genannt wurde. Ich schlich über die Straße Richtung Wald. Ich kannte inzwischen jeden Ort in meinem Dorf, nur den Wald nicht. Ich habe so viele spannende Geschichten gehört. Über Personen, die dort vermisst werden bis hin zu Leichenfunden. Ich schob das Geäst der Bösche zur Seite und ging durch das dichte Gras. Wenn hier irgendwo ein Pfad war, war er längst nicht mehr zu sehen. Durch die hohen Bäume schien der Wald wie eine andere Welt zu wirken. Kaum ein Sonnenstrahl konnte vordringen. Merkwürdige Geräusche drängen an mein Ohr und machten mir Angst. Nervös knetete ich meine Finger, während ich versuchte das Knacken der Sträucher zu ignorieren. Allmählich wurde der Wald mehr und mehr von Schatten eingehüllt und ich verlor jegliche Orientierung. Mein Körper hatte schon einige Kratzer und ich stand kurz davor zu weinen. Wenn Papa mich wenigstens weinen sehen könnte..... Mit diesem letzten Gedanken wollte ich kehrt machen. Doch plötzlich rutschte ich aus und sauste rücklings einen kleinen Abhang hinunter. Mein Kopf erhielt eine Schramme und mit zusammengekniffenen Augen versuchte ich mich aufzurichten. Etwas schien mich zu blenden. Als meine Augen sich an das helle Licht gewöhnten, erkannte ich, dass ich mich auf einer Lichtung befand. Das herbstliche Laub schien in wunderschönes Licht eingetaucht. Die Bäume wirkten nicht mehr angsteinflössend, sondern majestätisch. Sie verliehen diesem Ort etwas magisches. Am auffälligsten schien aber der Spiegel mit dem goldenem Rahmen, der angelehnt an einem Baum stand. Vorsichtig näherte ich mich ihm. Seine Fläche war komplett grau. Die schöne Gegend konnte er aus irgendeinem Grund nicht einfangen. Ich fuhr mit meinen Fingern so sanft über den Spiegel, fast als hätte ich Angst, dass er zerbricht. Ich blieb kurz davor sitzen und wartete darauf, dass der Besitzer kommen würde, jedoch erschien niemand. Kein Wunder, sicher hatte sich niemand so weit in den Wald vorgesagt wie ich. Ich fühlte mich unbeobachtet und begann eine Melodie zu summen. Ich hatte sie in Bruchstücken von den Straßenkindern gehört. Den Text hatte ich nie verstanden. Darum erfand ich meine eigenen Verse. In dem ruhigen, in dem ruhigen Wald vor der Stadt~ Ein Mädchen einen Spiegel gefunden hat Dieser die Welt nicht mit ihren Augen sah Traurig und grau war sein Glas Möchte verstehn', möchte erkenn', des Spiegels Geheimnis Wieso will er nicht mit mir die Welt-... Ich unterbrach, denn mein Gesang wurde jäh von einem leisen klatschen unterbrochen. "Du singst wunderschön.", hörte ich eine wohlklingende Stimme sprechen. "Sing weiter, ich wollte dich nicht unterbrechen". Ich erahnte, woher die Stimme kam und wand meinen Blick zum Spiegel. Das blonde Gesicht eines hübschen Jungen lächelte mir entgegen. Er besaß sogar dieselben Sommersprossen wie ich. Auch das Lächeln des Jungen erstarrte als er mich sah und unsere Ähnlichkeit realisierte. "Ich hab mich schon gefragt, was es mit dem Spiegel auf sich hat. Ich dachte schon, er würde immer so finster sein." Nervös versuchte der Junge meinem Blick auszuweichen. "Ich heiße übrigens Ren....freut mich." Er kratzte sich am Hinterkopf. "Lin, ebenfalls erfreut." erwiderte ich und merkte ein leichtes Brechen in meiner Stimme. "Bist du mein Bruder...? Von wo kommst du ? Wie kann das alles sein?" Der Junge schien ebenso unwissend. "Ich fand den Spiegel im Keller meiner verstorbenen Großmutter. Der Spiegel wird als Fluch bei uns bezeichnet. Durch ihn kam Großmama ins Heim. Sie fing an mit Menschen im Spiegel zu reden. Meine Mutter wollte eine verrückte nicht mehr im Haus haben. Sie wollte den Spiegel zerbrechen, aber Großmama wollte, dass ich ihn behalte und letztlich habe ich ihn geklaut." "Ren, denkst du wir sind verrückt?" "Ach iwo, ich kann dich sehen, du existierst doch. Aber sag, woher hast du den Spiegel?" "Ich fand ihn in unserem Wald, den alle fürchteten. Dabei ist er so wunderschön." Der Junge lächelte. "Es ist Schicksal, dass uns der Spiegel zusammen führte, Schwester." "Schwester?" fragte ich verdutzt. "Klar! Schau doch, wir sehen aus wie Zwillinge. Und unsere Namen. Vermutlich sind wir beide sogar 8. Das ist keine Illusion. Wir beide gehören zusammen. Der Spiegel überwindet Zeit und Raum, um einst verbundene Bänder wieder zusammen zu führen." Der Junge wurde immer lauter beim Reden und ich hielt ihn für irre. Ich wollte schon fast gehen und setzte zum Reden an, als er mich unterbrach. "Ich will dich wiedersehen. Morgen um dieselbe Zeit? Ich möchte deine Welt kennenlernen, Schwester. Wir haben 8 Jahre aufzuholen." Er schien so zuversichtlich. Ich nickte kurz. Ren grinste mich frech an und ich merkte wie sein Antlitz erstaarte und der Spiegel sich wieder grau färbte. Er war selbst jetzt nicht bereit die Abendsonne zu spiegeln, die die Lichtung mysteriös in viele Farben tauchte. Ich versteckte den Spiegel unter dem Laub und stand auf. Das war das erste Mal, dass ich einen Freund hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)