Die dunkle Ritterin von Dolette ================================================================================ Kapitel 3: Auf den Fersen der Hohepriesterin -------------------------------------------- + Auf den Fersen der Hohepriesterin Für den Bruchteil eines Herzschlags entglitten der Hohepriesterin ihre Gesichtszüge, als sie weit hinter der riesigen Menschenmenge eine vermummte Gestalt entdeckte, deren Gesicht unter der tiefgezogenen Kapuze bläulich beleuchtet schien. Unzählige Erinnerungen strömten augenblicklich auf sie ein und drohten sie nieder zu ringen. Ein glasiger Schimmer trat in ihre Augen und sie hatte große Mühe sich von diesem eiskaltem und doch vertrautem Blick abzuwenden, um sich wieder dem hier und jetzt zu widmen. Sie blinzelte entschlossen die Tränen weg. "Dole…Lady...Dolette? Herrin…?" Plagg trat vor die Elfe und fuchtelte mit den fauligen Händen vor ihrem Gesicht herum. "Mylady, habt ihr einen Geist gesehen?" Sie zuckte leicht zusammen, als sie ihn endlich bemerkte und zog dann scharf die Luft ein, froh ihre Fähigkeit zu atmen doch nicht ganz verloren zu haben. "Ja, eh…was?" Sie konnte ihren Blick noch immer nicht abwenden und beobachtete die Priesterin, wie sie offenbar einen Segen für die Armee des Königs sprach. "Ich fragte ob ihr einen Geist gesehen habt! Meint ihr nicht wir sollten unser Chance nutzen und den Platz schnell überqueren, solange die Aufmerksamkeit auf die Priesterin gerichtet ist?", fragte er nun leicht gereizt und verzog das zerfledderte Kinn. "Nein! Den Weg zum Turm können wir uns sparen, Kinnab. SIE ist es! Nicht irgendeine sondern eben diese Priesterin die wir suchen." Erstaunt sah der Verlassene von der Priesterin zu seiner Herrin und wieder zurück. "Woher…seid ihr sicher?" Ihre Miene verdunkelte sich, als diese Erkenntnis erst jetzt gänzlich in ihr Bewusstsein sickerte, heiß loderte und sie zu verbrennen drohte. "Ist es euer Problem, ob wir mit der richtigen Priesterin zurück kehren, Klappergestell?", presste sie zwischen ihren Lippen hervor. Plagg verdrehte nur die Augen. Sie hatte den Eindruck, dass sie sich einmal ganz um sich selbst drehten, bevor er ernst fragte: "Wie gedenkt ihr nun vorzugehen, Lady Glutklinge? " Sie überlegte, die Priesterin noch immer fixierend. "Wir verstecken uns dort hinten..." Sie deutete auf eine kleine Baumgruppe. "...und warten bis die Massen den Platz verlassen haben und die Hohepriesterin sich zurück zu ihrem Turm begibt. Wir ergreifen sie sobald sie sich weit genug von den Stadtmauern entfernt hat." Er überdachte den Plan und nickte bestätigend. "Dann sollten wir uns dort hin begeben solange die Aufmerksamkeit der Masse noch auf der Priesterin ruht." Sie nickte ebenfalls, jedoch abwesend, während sie sich nochmal umsah, dann zog sie der Blick der Priesterin wieder in ihren Bann. Die Todesritterin wartete eine gefühlte Ewigkeit, bis die schöne Menschenfrau ihre Aufmerksamkeit wieder der Menge vor sich schenkte und gab Plagg dann das Zeichen um los zu schleichen. "…nun zieht los und befreit uns vom Antlitz der Geißel. Möge das Licht euch beschützen." Die Menge und die Soldaten tobten. Die Hohepriesterin spürte noch die Reste einer vertrauten Präsenz, bevor sie in die Vorhalle der Kathedrale schritt. Sie schenkte dem König von Sturmwind einen Blick der ihm einen Schauer über den Rücken jagte und wandte dann das Wort an ihn. "Beim Licht. Ihr verurteilt sie alle zum Tode, euer Hoheit. Ohne ein festes Bündnis mit der Horde wird euer Heer von der Geißel niedergemetzelt!" Er funkelte sie missgünstig an, als er zu einer Erwiderung ansetzte. Sein Gesicht verzog sich zu einer hämischen Maske und die quer darüber verlaufende Narbe verstärkte diesen Ausdruck noch. "Bei allem gebührenden Respekt, Hohepriesterin. Ich denke Kriegsführung ist eher mein Hoheitsgebiet. Außerdem besteht ein solches Bündnis und wir werden, gemeinsam mit der Horde, durch die Pforte des Zorns einfallen! Und nun kümmert euch wieder um eure Gebete, damit ist uns allen mehr gedient, als dass ihr eure Nase in Dinge steckt, von denen ihr nicht den Hauch einer Ahnung habt!" Unterdrückter Zorn loderte in ihren Augen, doch sie verbeugte sich nur knapp und sah ihm gedankenverloren zu wie er sich an Hochlord Tirion Fordring wandte und ihm Instruktionen zum Aufbruch seiner Armee gab. 'Unwissender Narr! ' Immer noch von dieser vertrauten Präsenz berauscht schaute sie sich unbewusst in der Vorhalle um doch es war niemand zu sehen, der nicht hier hin gehörte und so trat sie noch einmal an Varian heran. "Ist meine Aufgabe, zu eurer Zufriedenheit erfüllt, euer Hoheit? " Abwesend nickte er und machte mit der Hand eine wegwischende Bewegung. "Ja, ja sicher Hohepriesterin, ihr dürft euch zurück zu eurem Turm begeben, betet für den Erfolg unserer Truppen!" "Selbstverständlich, eure Majestät." Sie verbeugte sich erneut und nickte ihrer Begleiterin Therez zu, der jungen Priesterinnen-Auszubildenden, die ihr am Abend zuvor Varians Brief übergab, als Zeichen, dass sie aufbrechen würden. Diese folgte ihr und sie traten auf die Stufen vor der Kathedrale ins gleißende Licht der schräg stehenden Sonne. "Da ist sie, Herrin!", flüsterte Plagg an Dolette gewandt. "Ich sehe es selbst Kinnab, wir halten einen gebührenden Abstand ein, bevor wir die Verfolgung aufnehmen, haltet euch bereit!" Erklang ihre Stimme, mittlerweile wieder gefestigt und gebieterisch. Das goldene Glimmen in ihrem Geist war kurze Zeit nachdem die Hohepriesterin die Kathedrale betrat, wieder verschwunden und die gewohnte, kühle Scharfsinnigkeit war an seiner Statt an dessen Platz getreten, was die Todesritterin sichtlich zufrieden stellte. "Jetzt!", zischte sie ihm leise zu und mehr oder weniger behände glitten die beiden Gestalten zwischen den Bäumen hervor. Schritten langsam hinter den beiden Menschenfrauen her. Die Hohepriesterin schenkte den beiden Wachen am Nordtor ein strahlendes lächeln, als sie Sturmwind zusammen mit Therez verließ und dem Weg richtung Norden folgte. Die ganze Zeit seit sie die Kathedrale verlassen hatten, beschlich sie wieder dieses Gefühl von vertrauter Nähe. Was ist das nur? 'Marialle! Deine Sinne spielen dir Streiche, sie kann es nicht gewesen sein! Du bist zur Zeit die einzige Hohepriesterin im Königreich und kannst dir solche Sperenzien nicht erlauben', rief sie sich selbst zur Ordnung. "Varian wird uns noch alle umbringen mit seinen vorschnellen und impulsiven Entscheidungen!", sprach sie gedämpft zu ihrer Schülerin. Therez sah in das Gesicht ihrer Herrin. Die junge Frau hatte immer schon diesen aufmerksamen Ausdruck auf ihren Zügen, wann immer sie den Worten ihrer Meisterin lauschte. Ein Umstand den Marialle insgeheim zu weilen genoss, wenn auch sie das niemals zugestehen würde. "Meint ihr das Bündnis zwischen Allianz und Horde wird nicht halten?" Eine berechtigte Frage, wie die Hohepriesterin fand. Feinfühlig hatte die junge Frau die Geschehnisse analysiert und war zu diesem Schluss gekommen. Therez war allgemein in vielen Punkten so manchem Vertreter ihrer Fraktion vorraus..in Sachen Nachhaltigkeit und Toleranz, obwohl sie dennoch Angst vor der anderen Seite hatte. Marialle rang mit ihrer Konzentration und suchte nach den Worten die sie ihrer Schülerin entgegnen wollte. "Nun Therez, das kommt ganz darauf an wie stark dieses Bündnis tatsächlich ist und selbst wenn es das ist, so wirkt das Ganze auf mich doch mehr wie ein Himmelfahrtskommando, als wie eine gut durchdachte Strategie." Die Hohepriesterin verlor sich wieder in den verwirrenden Gefühlsregungen, die sie seit ihrer Ansprache auf dem Vorplatz der Kathedrale vereinnahmten, als sie plötzlich einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf spürte und dann von Dunkelheit und Stille umhüllt wurde. 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