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Zerbrochene Seele

von

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Prolog

„Bitte Hank… ich kann das nicht mehr aushalten…“ Die Stimme von Charles war nur mehr ein Flüstern. Er hatte versucht sich mit dem Verlust seiner Gehfähigkeit abzufinden, doch das Einzige was dabei herausgekommen war, waren die immer stärker werdenden Depressionen.

„Du weißt dass das Serum noch nicht ausgereift ist… ich weiß nicht was für Nebenwirkungen auf dich zukommen werden…“, versuchte Hank sich Charles gegenüber zu erklären. Er arbeitete schon seit Monaten an diesem Serum, welches dem Professor ermöglichen würde wieder gehen zu können. Es war so gut wie fertig, doch die Testphase war noch nicht abgeschlossen und die Nebenwirkungen noch unklar. Und schließlich hatte Hank genug Erfahrung mit Sachen, die noch nicht ausgereift waren, dafür musste er sich nur jeden Tag im Spiegel betrachten. Hätte er damals doch nicht so überstürzt gehandelt… er könnte sich heute noch dafür verfluchen.

„Das ist mir egal!“, schrie Charles im entgegen und sein Blick glich dem eines Wahnsinnigen. Nichts erinnerte mehr an den starken, jungen Mann, welcher früher so vor Lebensfreude und Tatendrang gestrotzt hatte. Seine Wangen waren eingefallen, denn er aß seit einiger Zeit nicht mehr viel, seine braunen Haare waren viel zu lang und standen ihm wirr und strähnig vom Kopf ab und seine Augen hatten jeden Glanz verloren als hätte er seinen Lebensmut verloren.

Hank entfuhr ein resignierter Seufzer, denn er wollte seinem Freund wirklich helfen. Es schmerzte ihn jeden Tag ihn so zu sehen und er war sich sicher dass es nicht mehr lange dauern würde und Charles würde komplett aufgeben.

„Hör zu… das Serum ist so gut wie fertig… aber ich muss es wirklich erst testen… gib mir noch zwei Monate und dann…“ „Ich will es sobald es fertig ist!“, unterbrach der Professor Hank unwirsch. Er hatte es so Leid zu warten, Versprechungen zu bekommen dass es bald so weit sein würde. Schon zu lang wurde er hingehalten. „Es ist mir egal ob das Serum mögliche Nebenwirkungen hat. Ich werde deine Testperson sein und dann kannst du es immer noch verbessern! So schlimm wie jetzt wird es schon nicht werden.“ Seine Stimme duldete keinen Widerspruch, er wurde nicht nachgeben.

Hank wusste dass es keinen Zweck mehr hatte zu diskutieren und nickte ergeben. Wenn sich Charles etwas in den Kopf gesetzt hatte war es schwer dagegen anzukommen und in seinem derzeitigen Zustand sowieso.

Ohne weitere Worte verließ Hank den Raum und machte sich auf den Weg das Serum fertig zu stellen.

Verschwunden

Charles war schon wieder verschwunden. Seitdem Hank ihm das Serum gegeben hatte war er kaum noch in seinem Anwesen aufzufinden.

Hank wusste nicht mehr was er mit dem Professor machen sollte. Zuerst hatte es den Anschein gemacht dass das Serum ihm nicht nur seine Gehfähigkeit zurückgegeben hatte, sondern auch seinen Lebensmut. Charles hatte wieder mehr gegessen, sich wieder mehr gepflegt und sein Gemütszustand hatte sich zunehmend aufgehellt.

Doch auf einmal hatten sich die ersten Nebenwirkungen bemerkbar gemacht. Auf einer Mission wollte er seine telepathischen Fähigkeiten einsetzten nur um festzustellen, dass diese nicht mehr funktionierten.

Daraufhin kamen die Depressionen wieder, welche der Professor mit exzessiven Partynächten und Drogen zu bekämpfen versuchte.

Hank versuchte seitdem ihn vehement zu überzeugen das Serum wieder abzusetzen und zu warten, bis er die Nebenwirkungen ausgeglichen hatte, doch Charles wollte einfach nicht auf ihn hören. Zu allem Übel hatte sich auch noch herausgestellt dass eine Kombination aus dem Serum und Drogen den körperlichen Verfall, der sich alleine durch die Drogen schon abzeichnete, zusätzlich beschleunigte. Es war also nur eine Frage der Zeit bis der Körper des Professors aufgeben würde.

Doch wenn er ihn noch nicht mal finden konnte, was sollte Hank dann noch ausrichten können? Außerdem hörte Charles nicht auf ihn. Alle Versuche ihn von dem Serum loszubekommen waren gescheitert. Klar könnte Hank es ihm vorenthalten, doch die Folgen eines kalten Entzugs könnten ebenso fatal sein wie das Serum und die Drogen weiter zu konsumieren. Außerdem war er sich bei dem momentanen Zustand des Professors unsicher, ob dieser sich nicht etwas antun würde, würde er ihm das Serum vorenthalten.

Nein, es musste eine andere Lösung her.
 

Kurze Zeit später machte Hank sich auf den Weg zu einer verlassenen Lagerhalle.

Wachsam sah er sich um, könnte allerdings im dunklen Inneren der Halle niemanden ausmachen. Umso geblendeter war er, als auf einmal die grelle Deckenbeleuchtung anging.

„Na sieh an, wen haben wir den hier…“, ertönte eine weibliche Stimme und die schlanke Gestalt von Raven schälte sich aus den Schatten. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht eine Tarnung anzulegen und so schimmerte ihr Körper bläulich vor sich hin.

„Es ist schon eine Weile her dass wir uns gesehen haben Beast…“ Sie wandte sich Hank zu, welcher nervös an seiner Brille zubbelte. „Also, was willst du hier?!“

„Hallo Raven…“, stammelte Hank etwas verunsichert. Er wusste nicht recht wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte, war die Situation an sich schon etwas skurril, den normalerweise hatten sie beide nicht wirklich was miteinander zu tun, eher gegeneinander. „Es geht um Charles…“

„Was ist mit ihm?!“, ertönte eine tiefe Stimme und Erik schälte sich ebenfalls aus den dunklen Schatten der Halle, gesellte sich neben Mystique. Für einen kurzen Moment stockte Hank, hatte er doch nicht damit gerechnet dass Erik ebenfalls auftauchen würde. Doch er fing sich schnell wieder. „Ihr wisst doch seit diesem Unfall hat er im Rollstuhl gesessen… und naja ihm ging es wirklich schlecht mit der Situation. Seine Depressionen haben überhandgenommen und ich habe ein Serum entwickelt welches ihm ermöglicht zu gehen. Nur hat dieses Serum Nebenwirkungen…“

„Und was hat das Ganze mit uns zu tun?“, unterbrach in Eric barsch. Der Kontakt zu Charles war seit dem Unfall nur mehr sporadisch, denn sie beide verfolgten einfach zu unterschiedliche Ziele die Mutanten betreffend. Und auch die Schuldgefühle, welche ihn seit dem Unfall plagten machten einen engeren Kontakt für ihn praktisch unmöglich.

„Dazu wollte ich gerade kommen“, fuhr Hank unbeirrt fort. „Wie gesagt die Nebenwirkungen haben dazu geführt, dass Charles nicht mehr auf seine Kräfte zugreifen kann, was ihn erneut in Depressionen gestürzt hat. Er nimmt Drogen, Erik. Und diese Drogen in Kombination mit dem Serum führen zu einem noch schnelleren Verfall seines Körpers als es die Drogen ohnehin tun würden. Wenn er so weiter macht wird er nicht mehr lange bei uns sein!“ Er holte kurz Luft, musterte kurz die angespannten Gesichter von Erik und Raven. „Auf mich hört er nicht… er lässt weder das eine noch das andere. Manchmal verschwindet er für ein paar Tage, keine Ahnung wohin aber ich vermute in irgendwelche Clubs, und jetzt ist er auch wieder verschwunden. Ich… er braucht eure Hilfe.“

Die Mienen von Erik und Raven schienen auf einmal wie versteinert. Sicher, sie beide und Charles waren in Sachen der Mutanten bestimmt nicht einer Meinung. Doch sie waren Freunde gewesen. Und dass ihr einstiger Freund kurz davor stand sein eigenes Todesurteil zu unterzeichnen schmerzte sehr.

„Wir müssen etwas tun Erik…“, meinte Raven leise und schluckte schwer. „Wir können ihn nicht einfach… ich kenne ihn seit ich klein bin. Er war immer für mich da…“ Und jetzt musste sie für ihn da sein. Es versetzte ihr einen Stich im Herzen, denn sie war wahrlich keine gute Freundin gewesen. Charles war immer für sie da gewesen, hatte sie in ihrer Not aufgenommen, hatte sie immer, wirklich immer gut behandelt und sie hatte es nicht einmal über sich gebracht ihm seit dem Unfall wieder unter die Augen zu treten.

„Erstmal müssen wir ihn finden…“, entgegnete Erik mit unbewegter Miene. Er würde sich nicht anmerken lassen wie groß seine Sorge um seinen alten Freund war. „Jemand eine Idee…?“

„Wir müssen nur alles abklappern wo man exzessiv Party machen kann und Drogen bekommt…“, meinte Raven, doch sie wusste selbst, dass sie eine Nadel im Heuhaufen suchten. Denn New York war für seine exzessiven Drogenpartys bekannt.

Hoffentlich würden sie Charles noch rechtzeitig finden. Denn niemand konnte sagen, wie lang es noch gut gehen würde.

Aufgetaucht

Sie hatten unzählige Clubs abgeklappert, mittlerweile war es sogar dunkel geworden, aber schlussendlich hatten sie ihn gefunden.

„‘Dark Thorne‘, soso… das hätte ich nicht gedacht dass wir Charles mal in sowas antreffen würden…“, murmelte Raven nur und sah sich leicht angewidert um. Das Gebäude machte schon von Außen nicht viel her und hatte bei weitem schon bessere Jahre erlebt, aber von Innen verschlug es den Dreien die Sprache. „Das ist so…“ Hank fehlten die Worte. „Widerlich?“, half ihm Raven, welche mittlerweile ihre menschliche Gestalt angenommen hatte, auf die Sprünge. „Ja ich denke das trifft es am ehesten“, schaltete sich nun auch Erik ein. Er konnte kaum glauben wohin es seinen ehemals guten Freund verschlagen hatte. Niemals hätte er sowas für möglich gehalten, wirklich niemals.

Dumpfe Musik drang an ihre Ohren und gab der ohnehin schon schmuddeligen Atmosphäre ihren letzten Schliff.

„Da drüben ist er.“ Ihre Blicke schnellten zu Charles, welcher in einer dunklen Ecke saß. Zwei Blondinen, etwa Mitte zwanzig, schlank und leicht bekleidet rekelten sich an Stangen vor seinen Augen. Eine Brünette, ebenfalls um die Mitte zwanzig, saß auf seinem Schoß.

„Hallo Charles…“, begrüßte Erik seinen Freund und trat näher an diesen heran. „Ich wusste gar nicht dass es dich seit neustem in derlei Etablissements zieht.“ Er kam nicht umhin dass seiner Stimme ein spöttischer Unterton mitschwang.

„Hallo Erik, dass ich dich nochmal wiedersehe…“ Charles glasiger und wirrer Blick richtete sich auf ihn. Mit auslandender Geste wies er auf einen Platz unmittelbar neben sich. „Setz dich doch zu mir, genieß das Leben mit mir. Ist dieser Ort nicht herrlich?“

„Herrlich, du findest es herrlich hier?“, kam die ungläubige Stimme von Raven, welche nun hinter Erik hervortrat. „Abstoßend, das ist es!“

„Oh und die kleine Raven ist auch dabei. Hätte mir ja denken können dass ihr zusammen auftaucht, denn schließlich habt ihr mich ja auch zusammen verlassen!“ Der bittere Tonfall von Charles entging weder Erik noch Raven.

„Ein Ton von dir und ich wäre bei dir geblieben!“, kam die schnippische Antwort von ihr. Schließlich war es Charles gewesen der ihr gesagt hatte sie könnte ohne schlechtes Gewissen mit Erik mitgehen, auch wenn sie tief in ihrem Innersten wusste, dass das ihr innigster Wunsch gewesen war. „Ja sicher und du wärst bei mir geblieben, dass ich nicht lache! Keiner von euch wollte bei mir bleiben!“ Er bedeutete den beiden Blondinen und der Brünetten zu verschwinden, was diese auch sogleich taten, spürten sie wohl die Anspannung welche sich in der Luft breit machte. „Ihr beiden habt euch noch nicht mal im Ansatz darum geschert was dieser Unfall mit mir gemacht hat!“ Wütend sprang er hoch und baute sich mit den Armen fuchtelnd vor den beiden auf. „Nicht einmal seit ihr vorbeigekommen und habt gefragt wie es mir geht, nicht ein einziges Mal!“ Seine Augen weiteten sich und sein Atem ging stoßweise. „Wieso nicht?! Wieso nicht?!...“ Der Professor wiederholte die Worte wie ein Mantra, erst laut, dann immer leiser werdend bis sie nur noch ein ersticktes Flüstern waren. Wie sehr hätte er die beiden nach dem Unfall gebraucht, seine besten Freunde, doch diese hatten sich von ihm abgewandt und das nur, weil sie eben nicht dieselben Ziele vor Augen hatten.

„Geht einfach wieder…“ Erschöpft ließ sich Charles wieder auf einen der Sessel fallen und fing an hektisch in seiner Jackentasche zu kramen. Zum Vorschein kam eine Dose, welche er mit zittrigen Fingern öffnete, eine Pille rausnahm und diese hastig schluckte, als könnten Raven und Erik ihn davon abhalten wollen.

Diese standen wie versteinert da, was Hank zum Anlass nahm nun auch zu der Gruppe zu treten. Das er mit seinem Aussehen nicht gerade unauffällig war schien in diesem Club niemanden zu stören. Wahrscheinlich waren die meisten ohnehin nicht mehr Herr ihrer Sinne und machten sich daher nichts daraus. „Hör zu Charles, die beiden sind hier um dir zu helfen. Vielleicht haben sie dir nicht in der Zeit geholfen als du sie am Dringendsten benötigt hättest, aber jetzt sind sie hier.“

„Also hast DU sie mir auf den Hals gehetzt… was bist du doch für ein toller Freund Hank“, fing Charles an zu spotten und brach auf einmal in hysterisches Gelächter aus. „Mir geht es blendend! Ich brauche keine Hilfe!“

Bevor irgendjemand reagieren konnte packte Erik Charles auch schon an seinem Kragen und zog ihn so dicht an sich heran, dass ihre Nasenspitzen nur noch wenige Millimeter voneinander getrennt waren.

„Jetzt hör mir mal zu… was auch immer wir getan oder nicht getan haben rechtfertig nicht dein Verhalten! Sei lieber froh dass Hank dir schon so lange zur Seite steht und deine Launen erträgt! Ich frage mich wirklich was aus dem Charles geworden ist den ich mal kannte, denn dieser hat nichts mit dem hier gemeinsam!“ Er verstärkte seinen Griff noch ein wenig, was Charles ein kleines Röcheln entlockte. „Du kommst jetzt mit uns und wir kriegen das wieder in den Griff verstanden?!“ Als sein Freund ihm nicht antwortete verstärkte er seinen Griff abermals, wodurch dieser schon anfing rot anzulaufen. „Genug Erik! Er kriegt keine Luft!“, schrie Raven hysterisch und versuchte Eriks Hand von Charles Hals zu lösen. Dieser schien erst jetzt zu begreifen dass sein Griff wohl etwas zu fest war und lockerte diesen ein wenig. „Ok… ok ich komm mit euch…“, kam die röchelnde Antwort vom Professor, welcher widerstandslos in sich zusammensackte.

Da sich Erik nicht auf die Antwort von ihm verlassen wollte, ließ er seinen Hals los und packte ihn stattdessen am Arm. Zusammen mit Raven und Hank verließen die beiden den Club.

„Ein Glück sind wir aus dieser Spelunke raus“, seufzte Raven erleichtert. Sie verfrachteten Charles im Auto und nahmen selbst in diesem Platz, Hank am Steuer, Raven auf dem Beifahrersitz und Erik neben ihrem Freund, seinen Arm noch immer fest umklammert.

„Sei lieber nicht zu früh erleichtert, der schwierige Teil steht uns noch bevor“, murmelte Erik, als sie sich auf dem Rückweg zu Charles Anwesen befanden, welcher in der Zwischenzeit schon längst eingeschlafen war.

Nachdenklich betrachtete er seinen schlafenden Freund, welcher einen verwahrlosten Eindruck machte. Er hatte sehr stark an Gewicht verloren und wirkte zerbrechlich wie eine Puppe. Ein Bad hatte er auch mal wieder bitter nötig, seine Kleidung war zum Teil zerrissen und war das Blut an seiner Nase?

Erik legte eine Hand an Charles eingefallene Wange und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Wie hatte er nur zulassen können dass das mit seinem Freund passiert war? Wieso hatte er sich nicht getraut nach dem Unfall bei ihm zu sein? Diese verdammten Schuldgefühle die ihn seitdem plagten und die sich bei seinem jetzigen Zustand noch zu steigern begannen. Würde er das jemals wieder gut machen können? Er war sich nicht sicher. Vor allem da er nicht einmal wusste ob sie Charles wieder in die Bahn bringen konnten. Denn dessen Zustand war mehr als kritisch. Doch sie mussten alles versuchen, würden alles geben, dass es ihm wieder gut ging.

Als er seine Augen öffnete und seinen Blick wieder nach vorne richtete sah er geradewegs in die reptilienartigen Augen von Raven, welche ihre Tarnung wieder abgelegt hatte. Für einen kurzen Moment verschmolzen ihre Blicke miteinander und ein funken Wärme glomm in ihren Körpern auf, ehe Ravens Blick zu Charles glitt und Besorgnis auf ihr Gesicht trat. Auch sie sah dass es schlecht um ihren Freund stand.

„Hoffentlich packen wir das...“ Sie musste sich vom Vordersitz ein wenig strecken, doch dann umschloss ihre warme Hand die von Charles. Erik legte seine dazu. „Zusammen werden wir das hinkriegen… irgendwie.“

Schweigend und nachdenklich fuhren sie weiter bis sie das große Anwesen von Charles erreichten. „Wir sind da“, ertönte die Stimme von Hank und riss die beiden aus ihren Gedanken.

Angespannt

Sie hatten Charles im Bett verfrachtet und saßen nun zu dritt im Salon um über das weitere Vorgehen zu diskutieren.

„Auf Dauer muss er auf die Drogen und auf das Serum verzichten“, begann Hank langsam und blickte in die Gesichter der beiden anderen. „Ich weiß nicht ob ich das Serum überhaupt jemals soweit bekomme dass es ohne Nebenwirkungen funktioniert. Aber so ist es auf jeden Fall keine Dauerlösung für ihn. Allerdings sollten wir zuerst das Problem mit den Drogen in den Griff bekommen. Wenn wir beides auf einmal absetzen würden hätte das ungeahnte körperliche Schmerzen für Charles zur Folge.“

„Das wird kein leichtes Unterfangen“, seufzte Raven resigniert. „Er scheint schon stark in der Sucht drinzustecken. Wir werden alle Hände voll damit zu tun haben ihn davon abzuhalten weiter zu konsumieren. Außerdem dürfen wir ihn nicht aus den Augen lassen.“ Aus diesem Grund hatten sie auch Charles Zimmertür abgeriegelt. Zwar wirkte er so als würde er noch eine ganze Weile schlafen, doch sicher war sicher. Nochmal wollten sie ihn nicht in den Unweiten von New York suchen müssen.

„Hast du wenigstens irgendein Schmerzmittel was ihm den Verzicht erleichtern würde?“, wandte sich Erik an Hank. Der Entzug würde wahrlich kein leichtes Unterfangen werden. Wutausbrüche, Halluzinationen, Krampfanfälle und noch mehr würden sich bei Charles einstellen. Er würde sie verfluchen und schlussendlich anbetteln ihm wieder Drogen zu geben. Doch sie durften nicht nachgeben!

„Ich kann ihm etwas spritzen. Aber davon darf er auch nicht zu viel bekommen sonst ist er zum Schluss auch noch davon abhängig…“, antworte Hank nach einer kurzen Pause. „So oder so wird es nicht einfach für ihn. Wir müssen auch sehen dass er wieder an Gewicht zulegt. Er ist ja nur noch ein Schatten seiner selbst.“

„Das ist leider wahr.“ Erik schloss für einen kurzen Moment die Augen. Das alles nahm ihn mehr mit als er eigentlich wollte und zugeben würde. Die Suche nach ihrem Freund hatte ihn erschöpft und er brauchte ebenso wie Raven und Hank eine dringende Portion Schlaf. „Nun ja, wir sollten uns erstmal ausruhen. Wer weiß wie lange Charles uns noch Ruhe gönnt und wir können all unsere Kraft gebrauchen.“

„Ihr wisst ja wo ihr schlafen könnt. Raven kennt ja noch ihr altes Zimmer…“, murmelte Hank zur Antwort, erhob sich. „Gute Nacht.“ Mit diesen Worten verließ er den Raum.
 

Wenig später fand sich Raven mit Erik in ihrem alten Zimmer wieder. Alles war so vertraut aber gleichzeitig irgendwie fremd, wie aus einem anderen Leben.

„Es fühlt sich an als wäre ich eine Ewigkeit nicht mehr hier gewesen“, murmelte Raven nachdenklich und fuhr ein paar Buchrücken entlang. Ihr Zimmer war noch genauso eingerichtet, wie sie es verlassen hatte. „Wieso hat Charles es nicht schon längst ausgeräumt?“

Erik trat hinter sie, schlang einen Arm um ihre Taille und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. „Vermutlich konnte er noch nicht loslassen…“ Seine Stimme war nur mehr ein raues Flüstern.

Sie standen eine Weile so versunken da und sagten beide kein weiteres Wort mehr. Es war nicht nötig zu reden. Sie wussten beide dass sie einiges falsch gemacht hatten. Doch die Nähe des jeweils anderen spendete zu mindestens ein wenig Trost.

„Meinst du wir haben uns vielleicht in etwas verrannt?“, brach Raven nach einer Weile das Schweigen zwischen ihnen. Langsam wandte sie sich in seinem Griff um, sodass sie Erik in die Augen blicken konnte.

„In was verrannt meinst du?“, fragte dieser ein wenig verwirrt und wusste nicht recht, auf was sie hinaus wollte.

„Charles wollte alles immer friedlich lösen und einen möglichst friedvollen Weg finden uns Mutanten in die Gesellschaft zu integrieren. Er meinte immer es könnte nicht von heute auf morgen gehen dass die Menschen uns so akzeptieren wie wir sind und dass es viel Vorbereitung kosten würde.“ Raven hielt einen kurzen Moment inne ehe sie fortfuhr. „Er sagte immer die Menschen sind blind für Andersartigkeit und dass sie auf Unbekanntes und Unverständliches meistens aggressiv und abwehrend reagieren. Aber er war immer fest davon überzeugt dass wir irgendwann ein Teil dieser Welt sein würden. Ich konnte nie verstehen wie er in dieser Sache so denken konnte, fand in geradezu naiv und träumerisch. Aber vielleicht konnte ich ihn auch deswegen nie verstehen, weil meine Mutation einfach zu offensichtlich ist und ich es einfach leid war mich zu verstecken. Ich wollte einfach ICH sein dürfen. Doch den Pfad den du und ich vor vielen Monaten betreten haben und der so ganz von allen Idealen abweicht die Charles immer verfolgt und gepredigt hat, meinst du nicht dass wir in der Hinsicht nicht ebenso naiv sind?“

Ohne Unterbrechung hatte Erik dem gelauscht, was Raven ihm zu sagen hatte. Nun aber bildete sich eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen. „Du hast doch gesehen dass Charles Kuschelkurs nicht funktioniert“, presste Erik zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und versuchte seinen aufkeimenden Ärger zu unterdrücken. Wie konnte Raven nur an dem zweifeln was sie taten?! „Sie hätten uns auf dieser Insel beinahe getötet! Hätte Charles mich nicht abgehalten, hätte ich diesen einfältigen Menschen richtig demonstrieren können was passiert, wenn man sich mit uns Mutanten anlegt! Dann hätte es so schnell keiner mehr gewagt uns in Frage zu stellen.“

„Aber wenn du die Raketen damals einfach nur abgewehrt und nicht versucht hättest…“, fing Raven leise an, unterbrach sich dann aber als sie in das Gesicht von Erik blickte. Dieser wirkte, als hätte sie ihn geschlagen. Die Vertrautheit zwischen ihnen war auf einmal wie weggeblasen und Anspannung machte sich zwischen ihnen breit. Als hätte er sich an ihr verbrannt ließ er sie ruckartig los und machte ein paar Schritte weg von ihr. „Ich glaube ich werde nun zu Bett gehen…“, murmelte er nur, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ fast fluchtartig den Raum.

Raven verfluchte sich innerlich selbst dafür, dass sie ihm die Schuld an Charles‘ Unfall unter die Nase hatte reiben müssen. Allerdings musste sie sich eingestehen dass das alles nicht passiert wäre wenn sie auf den Professor gehört hätten. Vielleicht war sein Weg auch nicht immer der optimale, aber ihrer schien es ebenso wenig zu sein, denn sie konnten nicht behaupten dass sie mit ihren Methoden bisher sonderlich viel Erfolg gehabt hätten. Das Einzige was sie vielleicht bisher erreicht hatten war, dass die Menschen anfingen sich vor ihnen zu fürchten. Doch Erfolg konnte man das wahrlich nicht nennen.

Seufzend beschloss Raven sich schlafen zu legen, denn Erik zu folgen wäre sinnlos gewesen. Die Wut auf sie und auf sich selbst würde ein normales Gespräch mit ihm unmöglich machen. Aber vielleicht war seine Wut morgen früh wieder verraucht denn sie hatte ihn nicht absichtlich verärgern wollen. Doch die Situation mit Charles zehrte an ihren Nerven und hatte sie wohl auch dazu verleitet einen Schuldigen suchen zu wollen. Doch schlussendlich zählte nicht wer für diese Situation verantwortlich war sondern nur, dass sie Charles wieder auf die Bahn brachten und das war wirklich alles was zählen sollte…

Verwirrt

Nachdem Gespräch mit Raven war für Erik nicht mehr an Schlaf zu denken. Unruhig lief er in seinem Zimmer hin und her und hing seinen sich überschlagenden Gedanken nach.

Warum musste sie ihm auch sein falsches Handeln noch unter die Nase reiben?! Er fühlte sich ohnehin schon schlecht genug und brauchte nicht auch noch die Bestätigung von ihr, dass er einen Fehler gemacht hatte.

Möglicherweise wäre der Unfall niemals passiert, wenn er sein Temperament ein wenig gezügelt und diesen erbärmlichen Menschen nicht eins hätte auswischen wollen. Doch in diesem einen Moment war es ihm nicht um Charles oder Raven oder sonst irgendwen gegangen. Er hatte einfach allen demonstrieren wollen was passierte, wenn man sich mit Mutanten anlegte und dass er bei weitem stärker war als die Raketen mit denen die Menschen sie hatten töten wollen.

Was hatte Charles sich auch einmischen müssen! Wäre er einfach weg von ihm geblieben hätte die Kugel ihn überhaupt nicht erst getroffen!

Wütend ballte Erik seine Hand zur Faust und schlug gegen ein Regal, welches einen ächzenden Laut von sich gab. Der Raum erschien ihm auf einmal viel zu eng. Er musste einfach für ein paar Minuten an die frische Luft. Eiligen Schrittes verließ er das Zimmer und machte sich auf den Weg nach draußen.
 

Lautes Poltern und ein schmerzerfüllter Schrei ließen Raven aus ihrem ohnehin schon unruhigen Schlaf hochschrecken. Blitzartig fuhr sie auf, rannte zu der Zwischentür, welche Charles‘ und ihr Zimmer schon immer miteinander verbunden hatte und schloss diese so schnell wie möglich auf.

Als sie die Tür öffnete und ihren Blick durch den Raum schweifen ließ, entdeckte sie den Professor in gekrümmter Haltung auf dem Boden liegend. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und Schweißperlen rannen ihm von der erhitzen Stirn. Ein leises Wimmern verließ seinen Mund und seine Augen zuckten unruhig hin und her.

Raven war mit wenigen Schritten bei ihm, wollte ihm aufhelfen, doch sein Körper schien schwer wie Blei.

„Alles wird gut Charles…“, versuchte sie beruhigend auf ihren Freund einzureden, auch wenn ihr selbst gerade nach panischem Schreien zumute war. „Ich hol Hank oder Erik… ich schaff es leider nicht alleine dich wieder ins Bett zu bringen…“ Sie wollte sich gerade wieder erheben, als Charles seinen fiebrigen Blick auf sie richtete und ihr Handgelenk umklammerte. „Ich brauch nur das Serum…“, presste er stöhnend hervor. „Mein Körper… meine Beine… sie gehorchen mir nicht mehr... in der Schublade… bitte…“ Er wies auf eine Kommode, welche sich fast am anderen Ende des Zimmers befand.

Raven löste seinen Griff um ihr Handgelenk, erhob sich und ging zu der Kommode, auf welche er gezeigt hatte. Als sie die Schublade öffnete entdeckte sie direkt die ganzen Ampullen. Eine davon ergriff sie und ging wieder zurück zu dem am Boden liegenden Charles.

Kurz zögerte sie, wusste sie doch was das Serum mit seinen Kräften und mit seinem Körper anrichtete. Allerdings kamen ihr auch wieder die Worte von Hank in den Sinn, welcher ja darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht beides, also die Drogen und das Serum, auf einmal absetzen durften.

„Könntest du mir vielleicht die Spritze geben?“, kam die gepresste Frage vom Professor. „Ich denk nicht dass ich gerade die Kraft dazu habe. Gib sie mir einfach in den Arm.“ Diesen streckte er ohne Ravens Antwort abzuwarten in ihre Richtung. Sie atmete noch einmal kurz durch, gab ihm dann aber ohne weiteres Zögern die Spritze.

„Soll ich nicht doch lieber Hank oder Erik holen? Oder wie lange hast du vor hier auf dem Boden rumzuliegen?“ Seufzend ließ sie sich auf die Knie neben ihren Freund sinken.

„Gib mir fünf Minuten und ich bin wieder halbwegs zu was zu gebrauchen…“, murmelte dieser nur.

„Mich wundert es sowieso dass du mich nicht einfach liegen gelassen hast…“

„Glaubst du wirklich ich bin so herzlos?! Du müsstest mich eigentlich besser kennen Charles…“ In Ravens Stimme schwang ein wenig Enttäuschung mit. Vielleicht war sie seit seinem Unfall nicht mehr wirklich für ihn dagewesen aber früher hatte sie ihren Freund immer, wirklich immer unterstützt.

„Ich dachte ich kenne dich. Ich dachte auch ich kenne Erik. Aber ich weiß noch nicht einmal ob ich mich selbst wirklich kenne.“ Langsam kehrte das Gefühl in seine Beine zurück und auch seine Stirn begann sich merklich abzukühlen. Sein Blick begann sich ebenfalls zu klären und er setzte sich stöhnend auf.

„Ich versteh sowieso nicht wieso ich euch auf einmal so wichtig bin. Hab ihr nicht irgendwas WICHTIGES zu erledigen?! Zum Beispiel die Menschheit in Angst und Schrecken zu versetzen?!“ Die letzten Worte kamen fast abfällig über seine Lippen. Seine Hand glitt in seine Hosentasche auf der Suche nach seiner Pillendose. Doch diese war leer und sein Blick wurde augenblicklich finster. „Wo ist meine Dose?!“, zischte Charles zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Seine Augen fixierten die von Raven und ein wütendes Funkeln blitze in diesen auf.

„Keine Ahnung was du von mir willst.“ Sie setzte ihre beste Unschuldsmiene auf und legte ihren Kopf ein wenig schief wie um ihre Ahnungslosigkeit noch ein wenig zu unterstreichen.

Der Professor, welcher nun wieder im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte war rückte an sie heran, so nah, dass ihre Nasenspitzen sich fast trafen. „Spiel nicht mit mir! Ich weiß genau was ihr vorhabt! Aber ich bin alt genug um selbst zu entscheiden was gut für mich ist und was nicht!“

„Bist du dir da sicher…?“ Auf Ravens Lippen breitete sich ein fast raubtierhaftes Lächeln aus. Sie legte ihre Hände auf Charles‘ Schultern und ihre reptilienartigen Augen fixierten die seinen. Die Enttäuschung von eben war augenblicklich wie weggeblasen und die plötzliche Nähe weckte etwas tief in ihr. „Ich glaube du könntest unsere Hilfe gut gebrauchen“, flüsterte sie an seinen Lippen. "Ein wenig Ablenkung hat noch niemandem geschadet und hilft dir bestimmt deine Pillen ganz schnell zu vergessen…“

Verwirrt über die plötzliche Nähe zu Raven verpuffte sein Zorn über die fehlende Dose. Seine Gedanken schienen auf einmal zu Rauschen und es fiel ihm sichtlich schwer sich zu konzentrieren.

Gerade als er ein wenig Abstand zwischen sie beide bringen wollte wurde die Tür, welche vom Gang in sein Zimmer führte geöffnet und Erik betrat den Raum.

„Ich hab Stimmen gehört und dachte ich sehe mal nach…“, richtete dieser seine Worte an Raven und Charles, welche für ihn ein sehr eigenartiges Bild boten. Für ihn wirkte es so als wären sie gerade kurz davor gewesen sich zu küssen, was ihm merkwürdigerweise einen eifersüchtigen Stich versetzte.

Raven löste sich fast augenblicklich von Charles und erhob sich schnell, ihren Blick nun auf Erik gerichtet.

„Charles ist aus dem Bett gefallen, sein Serum hatte an Wirkung verloren. Aber jetzt geht es wieder. Ich wollte gerade wieder ins Bett.“

Sie beugte sich noch einmal zu dem immer noch verwirrten Professor runter und raunte an sein Ohr: „Schlaf gut und wenn du Ablenkung suchst weißt du ja wo du mich findest…“ Mit diesen Worten ging sie wieder in ihr Zimmer und schloss die Verbindungstür.

Zurück blieben Charles, welcher immer noch auf dem Boden saß und Erik, welcher seinen Freund mit gemischten Gefühlen betrachtete.

„Ich sollte jetzt schlafen“, murmelte der Professor nur und erhob sich langsam. Seine Knochen taten ihm weh vom Sturz aus dem Bett und der kurze Entzug vom Serum hatte ihm doch mehr zu schaffen gemacht als sonst. Normalerweise fühlte er sich deswegen nicht direkt so schlecht, wenn er es nicht sofort nahm. Er konnte sich nicht erklären woran es lag.

Und die seltsame Atmosphäre mit Raven machte ihm ebenfalls zu schaffen. Was war da nur gerade bei ihnen los gewesen? Und was bitteschön meinte sie mit Ablenkung?

„Dann werde ich dich jetzt allein lassen.“ Ohne noch einmal nach seinem Freund zu sehen verließ Erik den Raum, nicht ohne die Zimmertür abzuschließen, und ließ einen sichtlich irritierten Charles zurück.

Unerwartet

Unruhig wälzte Charles sich in seinem Bett hin und her.

Die Situation mit Raven ging ihm einfach nicht aus dem Kopf und er fragte sich wirklich, was ihr ungewöhnliches Verhalten zu bedeuten hatte. Sie waren sich vorhin auf eine Art nahe gekommen, welche ihn verwirrte. Und erst ihre Worte… das alles machte für ihn keinen Sinn. Eigentlich hatte er gedacht Raven und Erik wären ein Paar?! Zu mindestens waren sie sich in der Vergangenheit schon näher gekommen, das wusste er. Und nachdem Erik sie beide mit diesem seltsamen Blick aus gemischten Gefühlen angesehen hatte, als er so unverhofft das Zimmer betreten hatte, konnte Charles sich denken, dass seinen Freund die Situation ebenso überrascht und überfordert hatte wie ihn selbst. Das Letzte was er wollte war sich in irgendeiner Weise unbeabsichtigt in die Beziehung seiner ehemals besten Freunde einzumischen. Sollten Erik und Raven das klären ohne in da mit reinzuziehen!

Seufzend setzte Charles sich auf, denn an Schlaf war einfach nicht mehr zu denken. Ein Blick aus seinem Zimmerfenster zeigte ihm, dass es ohnehin bald hell werden würde, denn die Morgendämmerung hatte eingesetzt.

Stöhnend krabbelte er aus dem Bett. Seine Knochen taten ihm immer noch höllisch weh. Außerdem spürte er wie ein unkontrolliertes Zittern seinen Körper heimsuchte und seine ganzen Sinne durcheinander wirbelte. Wieso hatten die anderen ihm auch seine Pillen wegnehmen müssen?!

Auf einmal fiel ihm ein, dass er ja noch einen geheimen Vorrat in seinem ans Zimmer angrenzenden Badezimmer versteckt hatte. Hoffentlich hatten seine ach so tollen Freunde dort nicht nachgesehen.

Trotz der Schmerzen rannte er bei der Aussicht auf die erlösenden Pillen eilig ins Badezimmer, riss den Schrank auf und beförderte einige Gegenstände wie Shampoo und Duschgel achtlos auf den Boden. Doch als auch der letzte Gegenstand zu Boden fiel und der Schrank so leer vor ihm stand überflutete ihn eine Welle des Zorns. „Verdammter Mist!“, kam der wütende Aufschrei von Charles und er schlug mit seiner zur Faust geballten Hand um sich. Krachend traf er den Badspiegel, welcher daraufhin in winzige Teilchen zerbarst, die sich in seine Hand bohrten. Den Schmerz, welcher sich daraufhin ausbreitete nahm er nur am Rande war und auch das Blut, welches an seiner Hand hinablief beachtete er nicht weiter. Seine Ohren begannen zu rauschen und ihm fing an zu schwindeln. Wie kam er denn jetzt nur an die Pillen ran?! Er musste einen Weg finden hier wegzukommen. Nur dafür musste er diesmal nicht nur Hank austricksen, sondern auch noch Raven und Erik.

Um seine Gedanken ein wenig zu ordnen und zu klären beschloss er erst einmal eine kalte Dusche zu nehmen.

Das kühle Nass war wie eine Erlösung für seine Sinne. Der leicht pochende Schmerz in seiner Hand begann nachzulassen und der Nebel um seine Gedanken begann sich zu lichten. Nur die Schmerzen in seinem Körper wollten nicht wirklich verschwinden und nach kurzer Zeit ließ er sich auf den Boden der Dusche sinken. Seine Beine umschlang er mit seinen Armen und zog sie näher zu seinem Körper.

Verzweiflung über die jetzige Situation begann ihn zu überfluten.

Was mussten Erik und Raven sich auch in sein Leben einmischen?! Hatten sie nicht schon genug Schaden angerichtet?! Und glaubten sie allen Ernstes, dass ihre Anwesenheit irgendwas ändern würde? Niemand konnte ihm helfen und erst recht nicht die beiden!
 

Charles war dermaßen in seine Gedanken vertieft, dass er gar nicht wahrnahm, wie die Badezimmertür geöffnet wurde und Erik zu ihm trat. Dieser war mit wenigen Schritten bei ihm und stellte das kalte Wasser aus, welches immer noch über den ausgemergelten Körper des Professors lief. „Willst du dir den Tod holen?! Das Wasser ist ja eiskalt!“, kamen die verärgerten Worte von Erik, welcher sich zu seinem Freund beugte und diesen in ein Handtuch wickelte. Als er ihm aufhelfen wollte, schlug dieser wütend seine Hände weg. „Lass mich in Ruhe! Verschwinde einfach!“, rief Charles aufgebracht. Er wollte zurückweichen und Distanz zwischen sich und Erik bringen, doch die Wand in seinem Rücken stoppte ihn. „Ich will dir doch nur helfen…“, versuchte es Erik mit ein paar beruhigenden Worten. Doch statt positiv auf seine Worte zu reagieren, sprang Charles plötzlich auf und ging mit schwingenden Fäusten auf ihn los, wobei das Handtuch zu Boden fiel. Rückwärtsgehend versuchte er den Schlägen seines Freundes auszuweichen und hob abwehrend die Hände. „Hör sofort auf!“ „Ich hab gesagt du sollst verschwinden!“ Der Professor war außer sich vor Wut und blindem Zorn. „Ihr hab mir meine Pillen weggenommen! Ihr seid keine Freunde, ihr seid Tyrannen! Ihr seid doch nur wieder zurückgekommen um mich leiden zu sehen! Und habt ihr Freude daran?! Fühlt ihr euch jetzt toll weil ich, der ach so starke Professor, das Genie, am Boden bin?! Ich hoffe ich konnte euch bisher gut unterhalten! Ihr seid wirklich das Allerletzte!“

Erik hatte genug gehört. Er fing Charles‘ letzte Schläge ab und umklammerte seine Handgelenke. Zwar versuchte der Professor sich aus seinem eisernen Griff zu wenden, doch sein Körper besaß nicht mehr die Kraft sich zu wehren.

„Bist du jetzt fertig mit deiner Schimpftirade?!“ Erik hob verächtlich eine Augenbraue. „Meinst du wirklich ich würde meine kostbare Zeit vergeuden nur um dir bei deinem selbstzerstörerischen Trip zuzuschauen?! Glaubst du ernsthaft dass Raven und ich Spaß hier dran haben?! Der Einzige der das Allerletzte ist bist DU! Dein Selbstmitleid und deine Rücksichtslosigkeit anderen gegenüber widert mich an!“ Er wusste dass seine Worte hart waren und vielleicht auch nicht komplett gerechtfertigt. Doch Charles trieb ihn zur Weißglut! Glaubte er wirklich Raven und Erik hätten auch nur das kleinste Interesse sich an seinem Anblick zu ergötzen? Am liebsten hätte er seinem Freund eine Ohrfeige verpasst dass dieser wieder zu Verstand kam! Er musste wirklich an sich halten um seine Wut zu zügeln.

„Ich bin rücksichtslos?! Wer hat sich denn wie der letzte Abschaum verhalten und sich seit meinem Unfall nicht mehr bei mir gemeldet?! Wie kannst du es wagen so mit mir zu reden, du dreckiger…!“ Charles‘ letzte Worte gingen unter, denn Erik drückte ihn unsanft gegen die Wand, was ihm für einen kurzen Moment den Atem raubte, und presste seine Lippen grob auf die seinen.

Die Gedanken des Professors waren augenblicklich wie leergefegt und er war zu geschockt um sich zur Wehr zu setzen. Seine Augen waren aufgerissen und sein Herz begann unruhig schneller zu schlagen.

Erik verharrte noch einen Moment so, ehe er seine Lippen wieder von denen seines Freundes löste und selbst erstaunt dreinblickte, als wüsste er nicht was er da gerade getan hatte. Doch ein eigenartiges Gefühl breitete sich in seinem Herzen aus.

„Was… was sollte das?!“, gab Charles stammelnd von sich und sah Erik mit großen Augen an. Doch dieser konnte ihm auch keine Antwort auf seine Frage geben, löste den Griff um seine Handgelenke und wandte sich von ihm ab als ihm bewusst wurde, dass Charles immer noch keine Kleidung trug. „Du solltest dir was überziehen…“ Erik errötete ein wenig bei seinen Worten und verließ eilig das Bad. Charles blickte verwirrt an sich herunter als würde ihm gerade auch erst auffallen, dass er noch nichts angezogen hatte, folgte Erik ein wenig unbehaglich ins Zimmer, ging zielstrebig zu seinem Kleiderschrank und zog sich ein paar Klamotten über.

Fertig angezogen wandte er sich Erik zu, welcher sich in die andere Ecke des Zimmers zurückgezogen hatte. Gerade als er diesen noch einmal auf das Szenario im Bad ansprechen wollte, lenkte dieser schon ab: „Komm, lass uns frühstücken gehen. Du brauchst mal wieder was Richtiges zu essen…“ Er vermied es dabei Charles anzusehen und seine Miene wirkte angespannt. Er wollte nicht über den Kuss reden. Sein Blick fiel auf die Hand seines Freundes, an welcher getrocknetes Blut klebte.

„Was ist mit deiner Hand passiert?“ Ihm war vorhin gar nicht aufgefallen, dass Charles‘ Hand verletzt war, zu beschäftigt war er mit seinem eigenen Zorn gewesen.

Der Professor hob seine Hand und begutachtete diese. Die Wunden waren nicht tief und es lief auch kein Blut mehr aus diesen. „Ähm… das ist nicht so wichtig. Es blutet auch schon gar nicht mehr…“, kam die etwas lapidare Antwort. „Hank wird sich das trotzdem mal angucken!“ Eriks Worte duldeten keine Widerrede. Zusammen mit Charles verließ er den Raum und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Hank, während jeder seinen eigenen Gedanken nachhing.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Jinja2
2016-12-30T19:48:03+00:00 30.12.2016 20:48
Ich finde die FF bis jetzt richtig gut. Und finde es schade das du nicht weiter schreibst. Ich würde mich aufreuen jeden Fall freuen😄💙
Von: abgemeldet
2016-06-03T18:55:05+00:00 03.06.2016 20:55
Heyho ;).

Es ist wirklich eine tolle Geschichte geworden. Du hast die Gefühle von Charles, Erik, Hank und Raven super rüber gebracht! Genau das, was ich lesen wollte!
Ich würde mich freuen mehr davon zu lesen!

Liebe Grüße, Jany!
Antwort von:  NuitNoire
04.06.2016 10:40
Hey :)
Das freut mich so dass es dir gefällt :)
Demnächst geht es auch wieder weiter..hatte ein bisschen was um die Ohren aber das nächste Kapitel ist schon in Arbeit ;)
Und vielen Dank nochmal, das motiviert gleich nochmal zusätzlich <3
Von:  Jinja2
2015-11-24T19:59:24+00:00 24.11.2015 20:59
Das ist bis jetzt eine tolle FF👍 Ich freu mich schon auf ein weiteres Kapitel😉💖
Antwort von:  NuitNoire
26.11.2015 14:48
Dankeschön :) freut mich dass es dir bis jetzt gefällt :)
Vielleicht am Wochenende oder spätestens nächste Woche kommt auch wieder ein neues Kapitel. Das ist schon in Arbeit ;)


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