Zerbrochene Seele von NuitNoire ================================================================================ Kapitel 4: Verwirrt ------------------- Nachdem Gespräch mit Raven war für Erik nicht mehr an Schlaf zu denken. Unruhig lief er in seinem Zimmer hin und her und hing seinen sich überschlagenden Gedanken nach. Warum musste sie ihm auch sein falsches Handeln noch unter die Nase reiben?! Er fühlte sich ohnehin schon schlecht genug und brauchte nicht auch noch die Bestätigung von ihr, dass er einen Fehler gemacht hatte. Möglicherweise wäre der Unfall niemals passiert, wenn er sein Temperament ein wenig gezügelt und diesen erbärmlichen Menschen nicht eins hätte auswischen wollen. Doch in diesem einen Moment war es ihm nicht um Charles oder Raven oder sonst irgendwen gegangen. Er hatte einfach allen demonstrieren wollen was passierte, wenn man sich mit Mutanten anlegte und dass er bei weitem stärker war als die Raketen mit denen die Menschen sie hatten töten wollen. Was hatte Charles sich auch einmischen müssen! Wäre er einfach weg von ihm geblieben hätte die Kugel ihn überhaupt nicht erst getroffen! Wütend ballte Erik seine Hand zur Faust und schlug gegen ein Regal, welches einen ächzenden Laut von sich gab. Der Raum erschien ihm auf einmal viel zu eng. Er musste einfach für ein paar Minuten an die frische Luft. Eiligen Schrittes verließ er das Zimmer und machte sich auf den Weg nach draußen. Lautes Poltern und ein schmerzerfüllter Schrei ließen Raven aus ihrem ohnehin schon unruhigen Schlaf hochschrecken. Blitzartig fuhr sie auf, rannte zu der Zwischentür, welche Charles‘ und ihr Zimmer schon immer miteinander verbunden hatte und schloss diese so schnell wie möglich auf. Als sie die Tür öffnete und ihren Blick durch den Raum schweifen ließ, entdeckte sie den Professor in gekrümmter Haltung auf dem Boden liegend. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und Schweißperlen rannen ihm von der erhitzen Stirn. Ein leises Wimmern verließ seinen Mund und seine Augen zuckten unruhig hin und her. Raven war mit wenigen Schritten bei ihm, wollte ihm aufhelfen, doch sein Körper schien schwer wie Blei. „Alles wird gut Charles…“, versuchte sie beruhigend auf ihren Freund einzureden, auch wenn ihr selbst gerade nach panischem Schreien zumute war. „Ich hol Hank oder Erik… ich schaff es leider nicht alleine dich wieder ins Bett zu bringen…“ Sie wollte sich gerade wieder erheben, als Charles seinen fiebrigen Blick auf sie richtete und ihr Handgelenk umklammerte. „Ich brauch nur das Serum…“, presste er stöhnend hervor. „Mein Körper… meine Beine… sie gehorchen mir nicht mehr... in der Schublade… bitte…“ Er wies auf eine Kommode, welche sich fast am anderen Ende des Zimmers befand. Raven löste seinen Griff um ihr Handgelenk, erhob sich und ging zu der Kommode, auf welche er gezeigt hatte. Als sie die Schublade öffnete entdeckte sie direkt die ganzen Ampullen. Eine davon ergriff sie und ging wieder zurück zu dem am Boden liegenden Charles. Kurz zögerte sie, wusste sie doch was das Serum mit seinen Kräften und mit seinem Körper anrichtete. Allerdings kamen ihr auch wieder die Worte von Hank in den Sinn, welcher ja darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht beides, also die Drogen und das Serum, auf einmal absetzen durften. „Könntest du mir vielleicht die Spritze geben?“, kam die gepresste Frage vom Professor. „Ich denk nicht dass ich gerade die Kraft dazu habe. Gib sie mir einfach in den Arm.“ Diesen streckte er ohne Ravens Antwort abzuwarten in ihre Richtung. Sie atmete noch einmal kurz durch, gab ihm dann aber ohne weiteres Zögern die Spritze. „Soll ich nicht doch lieber Hank oder Erik holen? Oder wie lange hast du vor hier auf dem Boden rumzuliegen?“ Seufzend ließ sie sich auf die Knie neben ihren Freund sinken. „Gib mir fünf Minuten und ich bin wieder halbwegs zu was zu gebrauchen…“, murmelte dieser nur. „Mich wundert es sowieso dass du mich nicht einfach liegen gelassen hast…“ „Glaubst du wirklich ich bin so herzlos?! Du müsstest mich eigentlich besser kennen Charles…“ In Ravens Stimme schwang ein wenig Enttäuschung mit. Vielleicht war sie seit seinem Unfall nicht mehr wirklich für ihn dagewesen aber früher hatte sie ihren Freund immer, wirklich immer unterstützt. „Ich dachte ich kenne dich. Ich dachte auch ich kenne Erik. Aber ich weiß noch nicht einmal ob ich mich selbst wirklich kenne.“ Langsam kehrte das Gefühl in seine Beine zurück und auch seine Stirn begann sich merklich abzukühlen. Sein Blick begann sich ebenfalls zu klären und er setzte sich stöhnend auf. „Ich versteh sowieso nicht wieso ich euch auf einmal so wichtig bin. Hab ihr nicht irgendwas WICHTIGES zu erledigen?! Zum Beispiel die Menschheit in Angst und Schrecken zu versetzen?!“ Die letzten Worte kamen fast abfällig über seine Lippen. Seine Hand glitt in seine Hosentasche auf der Suche nach seiner Pillendose. Doch diese war leer und sein Blick wurde augenblicklich finster. „Wo ist meine Dose?!“, zischte Charles zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Seine Augen fixierten die von Raven und ein wütendes Funkeln blitze in diesen auf. „Keine Ahnung was du von mir willst.“ Sie setzte ihre beste Unschuldsmiene auf und legte ihren Kopf ein wenig schief wie um ihre Ahnungslosigkeit noch ein wenig zu unterstreichen. Der Professor, welcher nun wieder im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte war rückte an sie heran, so nah, dass ihre Nasenspitzen sich fast trafen. „Spiel nicht mit mir! Ich weiß genau was ihr vorhabt! Aber ich bin alt genug um selbst zu entscheiden was gut für mich ist und was nicht!“ „Bist du dir da sicher…?“ Auf Ravens Lippen breitete sich ein fast raubtierhaftes Lächeln aus. Sie legte ihre Hände auf Charles‘ Schultern und ihre reptilienartigen Augen fixierten die seinen. Die Enttäuschung von eben war augenblicklich wie weggeblasen und die plötzliche Nähe weckte etwas tief in ihr. „Ich glaube du könntest unsere Hilfe gut gebrauchen“, flüsterte sie an seinen Lippen. "Ein wenig Ablenkung hat noch niemandem geschadet und hilft dir bestimmt deine Pillen ganz schnell zu vergessen…“ Verwirrt über die plötzliche Nähe zu Raven verpuffte sein Zorn über die fehlende Dose. Seine Gedanken schienen auf einmal zu Rauschen und es fiel ihm sichtlich schwer sich zu konzentrieren. Gerade als er ein wenig Abstand zwischen sie beide bringen wollte wurde die Tür, welche vom Gang in sein Zimmer führte geöffnet und Erik betrat den Raum. „Ich hab Stimmen gehört und dachte ich sehe mal nach…“, richtete dieser seine Worte an Raven und Charles, welche für ihn ein sehr eigenartiges Bild boten. Für ihn wirkte es so als wären sie gerade kurz davor gewesen sich zu küssen, was ihm merkwürdigerweise einen eifersüchtigen Stich versetzte. Raven löste sich fast augenblicklich von Charles und erhob sich schnell, ihren Blick nun auf Erik gerichtet. „Charles ist aus dem Bett gefallen, sein Serum hatte an Wirkung verloren. Aber jetzt geht es wieder. Ich wollte gerade wieder ins Bett.“ Sie beugte sich noch einmal zu dem immer noch verwirrten Professor runter und raunte an sein Ohr: „Schlaf gut und wenn du Ablenkung suchst weißt du ja wo du mich findest…“ Mit diesen Worten ging sie wieder in ihr Zimmer und schloss die Verbindungstür. Zurück blieben Charles, welcher immer noch auf dem Boden saß und Erik, welcher seinen Freund mit gemischten Gefühlen betrachtete. „Ich sollte jetzt schlafen“, murmelte der Professor nur und erhob sich langsam. Seine Knochen taten ihm weh vom Sturz aus dem Bett und der kurze Entzug vom Serum hatte ihm doch mehr zu schaffen gemacht als sonst. Normalerweise fühlte er sich deswegen nicht direkt so schlecht, wenn er es nicht sofort nahm. Er konnte sich nicht erklären woran es lag. Und die seltsame Atmosphäre mit Raven machte ihm ebenfalls zu schaffen. Was war da nur gerade bei ihnen los gewesen? Und was bitteschön meinte sie mit Ablenkung? „Dann werde ich dich jetzt allein lassen.“ Ohne noch einmal nach seinem Freund zu sehen verließ Erik den Raum, nicht ohne die Zimmertür abzuschließen, und ließ einen sichtlich irritierten Charles zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)