Rayne 1.2 - Tagebuch einer Fee von Rayne-Sunshine (Auch im Regen) ================================================================================ Kapitel 2: Eine neue Welt ------------------------- Kapitel 2: Eine neue Welt „Rayne, Kind. Wach auf.“ die Stimme eines Fremden drang aus der Ferne an meine Ohren. Ich verstand ihn klar und deutlich, konnte aber nicht sagen, dass ich diese Person kannte, die zu mir sprach. Ein Nebelschleier lag auf meinen Augen, als ich endlich wieder zu Bewusstsein kam, scharfer Schmerz durchzuckte meinen Körper, als ich mich aufzurichten versuchte. „Rayne, kannst du mich hören?“ eine dumpfe, raue Stimme erklang aus der Ferne, erreichte mein Gehör kaum hörbar. Zuerst glaubte ich, es sei die Stimme meines Vaters gewesen. Doch im Nachhinein merkte ich, dass es gar nicht möglich sein konnte. Da sprach jemand anderes. Mein Vater hatte eine klare, etwas helle Stimme. Wer also war das? Ich versuchte die Augen zu öffnen, doch scharfer Schmerz zuckte durch meinen Kopf, als würde etwas darin explodieren. Ein leises Stöhnen entfuhr mir und ich wollte mir die Hände an die Stirn legen, scheiterte jedoch an dem Versuch. Mein rechtes Handgelenk war nach oben gelegt und hing schlapp an einer Kette. Das kalte Metall klebte an meiner Haut, behielt mich fest im Griff und ließ dabei kein bisschen locker. Meide Lider waren schwer wie Blei, als ich die Augen endlich öffnen konnte. Ich blinzelte ein paar Mal, bis meine Sicht endlich klarer wurde. Ich befand mich in einem dunklen Keller, vor mir erstreckten sich lange Metallstangen in die Höhe. Ein modriger Gestank hing in der Luft, als wäre erst kürzlich etwas gestorben. Als ich den Kopf schließlich anhob und in die Gesichter meiner Entführer sah, wurde mir ganz anders. Nahe den Gitterstäben stand ein älterer Mann, mit langem, grauschwarzem Haar, das ihm bis unter die Kniekehle reichte. Deutlich länger als meins, stellte ich sofort fest. Sein Blick war finster und unheimlich und erinnerte sehr stark an Captain Hook, aus Peter Pan, nur ohne den Piratenlook. Er hatte ein Grinsen auf den Lippen, das mir überhaupt nicht gefiel, genau wie Hook. Hinter ihm stand ein noch recht junger Mann, der mit verschränkten Armen an der feuchten Kellerwand lehnte und gelangweilt zu mir herüber sah. Seine blauen Augen schienen im fahlen Licht des Kellergewölbes zu funkeln und sein Blick schien mich zu fesseln, als würde er sich überlegen mich zu fressen oder nicht. Ich hatte diese beiden noch nie zuvor gesehen, je mehr erschreckte es mich, dass der Captain-Hook-Typ meinen Namen kannte. „Gut, du bist wach.“ grinsend lief Hook (Mir egal wie der Typ heißt, ich nenne ihn jetzt einfach so!), vor meiner Zelle auf und ab. Tatsächlich klang er sogar ein bisschen wie er. Fehlten eigentlich nur noch die Hackenhand und das Outfit. „Ich will ja nicht, dass du etwas von dem verpasst, das ich für dich geplant habe.“ „Tut mir leid, ich steh’ nicht so auf Überraschungspartys.“ erwiderte ich und versuchte mich aus der Kette zu befreien, die mir das Blut im Arm abschnürte. Mir wurde das langsam alles zu blöd, zumal ich keine Ahnung hatte, was dieser Typ in seinem kranken Kopf für Pläne geschmiedet hatte. „Ihr habt euren Spaß gehabt, könnt ihr mich jetzt endlich gehen lassen?“ „Schade, sie währt sich gar nicht.“ er ignorierte meinen Kommentar, richtete schließlich das Wort an den Kerl hinter ihm und schenkte meiner Wenigkeit keine weitere Beachtung mehr. „Kümmern wir uns um die Dinge, die wirklich wichtig sind.“ Hook winkte den Jungen zu, ihm zu folgen, bevor er den Keller verlassen hatte. Wortlos ließ er Hook vorausgehen, wartete noch einen Moment, bis er schließlich außer hörweite war und blieb vor meiner Zelle stehen. Es herrschte langes Schweigen, in dem mich mein Entführer gut fünf Minuten lang nur anstarrte und ich seinem Blick standhielt. Schließlich sagte er tonlos: „Halt die Augen offen.“ Und mit diesen Worten verschwand er und ließ mich alleine zurück. Der schwache Schein des Mondlichts fiel durch das schmale Fenster meiner Zelle, kalter Wind umfing meinen Körper, der mich erzittern ließ und der den muffigen Gestank von Schimmel und Fäulnis in die Luft wirbelte. Ich musste mich zusammen nehmen, nicht zu würgen oder gar mich zu übergeben. Wie lange ich mich hier aufhielt, wusste ich nicht. Es fühlte sich an, wie eine Ewigkeit, mein Körper aber sagte mir, dass es gut schon zwei oder drei Stunden waren. Wie lange genau ich hier festsaß, wusste ich allerdings nicht. Ich fühlte mich schwach, wollte einfach nur hier heraus und zurück nach Hause, wo meine Familie und meine Freunde waren. Jedoch war ich mir schon ziemlich sicher, in diesem Loch mein Ende zu finden. Ich war niemand, der sofort aufgab, auf einen Kampf hatte ich allerdings genauso wenig Lust. Für einen kurzen Moment, schloss ich die Augen und versuchte mir vorzustellen, was meine Freunde wohl in diesem Augenblick taten: Womöglich führten sie Beth gerade über den dunkelsten Teil des Friedhofes, wo Jack schon irgendwo in einer Ecke darauf wartete, sie zu erschrecken. Wie sie panisch zu kreischen anfing und alle darüber lachten. Wie Jack wieder einmal versuchte, sie zu “trösten“ und sich auf dümmste Art und Weise versuchte, an sie heran zuwerfen. Und wie wir dann gemeinsam unseren Weg ins “Exodus“ aufsuchten, um zu feiern und zu tanzen, bis die Sonne aufging. Wir würden den Rest der Welt um uns herum vergessen und die Nacht hinter uns lassen. Über Schlaf würden wir nicht nachdenken. Die Welt würde unser Spielplatz ohne Regeln sein. Tatsächlich zauberte mir dieser Gedanke ein Lächeln in mein Gesicht. Ein Gedanke, der mich ein wenig erheiterte und mich meine aktuelle Situation für einen kurzen Augenblick vergessen ließ. So gerne wäre ich wieder zu Hause… „Und doch lächelst du…“ eine tiefe, dunkle Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Erst jetzt öffnete ich die Augen wieder, wo ich vor dem Gitter meiner Zelle meinen Entführer erblickte. Er stand da, völlig lässig, als hätte er die Fäden in den Händen, die meinen Körper lenkten. „Dir ist doch hoffentlich bewusst, in welcher Lage du dich befindest? Bemerkenswert, dass du nach allem noch Lachen kannst“ „Danke, wäre mir fast entfallen.“ erwiderte ich sarkastisch. Ich rührte mich nicht von meinem Platz weg, sah ihn einfach nur an und wartete auf eine Reaktion seinerseits. Als jedoch nach kurzer Zeit nichts zurückkam, setze ich erneut an: „Ich halte nicht viel von alldem hier. Zudem kann ich sehr gut für mich selbst sorgen. So Ernst kann “Die Lage“, wie du es so schön nennst, gar nicht sein. Ich habe vor gar nichts Angst.“ Tatsache war, dass tief in mir eine Stimme laut los schreien wollte. In Wirklichkeit hatte ich Panik vor dem, was mich erwartete. Etwas, dass ich niemals eingestehen, geschweige denn laut aussprechen würde. Ich würde mich nicht von meiner Angst besiegen lassen. „Von Angst kann man da wohl eher nicht reden.“ er bewegte sich ein Stück zur Seite und schob dabei seine Hand in die Hosentasche, wo er einen kleinen Schlüsselbund heraus zog. „Nennen wir es eher, das Ende deiner Existenz.“ Das machte es auch deutlich besser, dachte ich mir, verkiff mir jedoch, meinen Sarkasmus laut auszusprechen. Er schob einen Schlüssel ins Schloss, entriegelte die Tür und schob diese mit einem lauten knarren auf. Dann trat er einen Schritt nach vorne und bewegte sich ein Stück in meine Zelle, was mich hochschrecken ließ. Mit einem Mal stand ich kerzengrade an der Wand und verdrehte mir dabei fast den Arm, der noch immer angekettet war. Ein kalter Stich zog mir durch die Schulter. „Was hast du vor?“ mit leichtem Nachdruck in der Stimme versuchte ich die aufsteigende Panik zu vertuschen, als er mir mit einem Mal gegenüber stand. Er packte wortlos meinen angebundenen Arm und löste ihn aus der Kette. Ich hatte nicht mal die Zeit, mein schmerzendes Gelenk zu begutachten, da packte er mich erneut, zog mich hinter sich aus der Zelle heraus und schleppe mich die Treppe hinauf aus dem Keller heraus. Wortlos lief ich schließlich mit ihm. Mir blieb ja auch keine andere Wahl. Protestieren hätte ja eh nichts gebracht. Wozu auch? Wir waren eine ganze Weile in dunklen Gängen unterwegs, bis wir schließlich durch ein großes, metallenes Tor nach draußen traten. Still führte er mich über den kalten Hof, Regen prasselte auf uns nieder und ließ uns Teil der Gegend werden. Auf der anderen Seite des Hofes schließlich angekommen, zerrte er mich durch dickes Geäst und einige Dornenbüsche. Vom Regen durchgeweicht und von der Natur zerkratzt, ließ er mich schließlich los. Wir befanden uns am Rande eines Waldes, mitten im Nirgendwo. Am liebsten hätte ich ihn gefragt, was dieser ganze Mist zu bedeuten hatte, ließ das jedoch schnell sein und sah noch mal zurück, wovon wir gekommen sind. Überrascht stellte ich fest, dass wir auf der anderen Seite einer meterhohen Steinmauer standen, die mit Efeuranken bestückt war. Mitten in der Wand, war ein Loch, grade so groß, dass ein durchschnittlich großer Mensch hindurchpasste, die von dem Busch versteckt wurde, durch den wir gegangen waren. Als ich mich zu meinem Entführer umdrehte, um ihn zu fragen, was das ganze zu bedeuten hatte, stand er plötzlich vor mir, nahe genug, um seinen Atem spüren zu können. Er hatte meine Hand nicht losgelassen, seit wir stehen geblieben waren. Stattdessen führte er sie an seine weichen Lippen, küsste diese mit großer Vorsicht und ließ sie schließlich wieder sinken. Sekunden später machte sich in meinem Kopf Verwirrung breit. Da war doch irgendwas faul? War ich Opfer von einem Team mit versteckter Kamera geworden? „Was zum…“ mehr brachte ich nicht heraus, denn der Fremde war mir plötzlich so nahe, dass ich sein Atem auf meiner Haut spüren konnte. Mein Herz machte einen Sprung, Gänsehaut kribbelte über meinen Körper, als sein heißer Atem meine Wange streifte. „Lauf so weit du kannst,“ hauchte er mir ins Ohr. „Bleib nicht stehen und gehe immer gerade aus. Du wirst wissen, wenn du Richtig bist.“ Falscher Film!, schrie eine Stimme in meinem Kopf, so laut, dass ich es fast selbst aussprach. Als ich jedoch seinen Blick suchte und auf tiefe, blaue Augen traf, die mich hypnotisierend festnagelten, verwarf ich den Gedanken schnell wieder. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meine Sprache wieder fand. Als ich dann den Mund öffnete, brachte ich kein Wort heraus. Das war nicht Ich. So war Ich nicht. Wann fiel es mir mal schwer, zu sagen, was ich dachte? Ich verstand mich selbst nicht mehr. „Wieso hilfst du mir?“ brachte ich heraus, nachdem ich mir selbst einen Ruck gab. Mit seiner Reaktion hatte ich allerdings nicht gerechnet. Er hob mein Kinn mit zwei Fingern an und sah mir mit einem schiefen Lächeln tief in die Augen. „Ich habe eine Schwäche für Feen. Vor allem, wenn ihre Augen so himmlisch schimmern, wie es deine tun.“ erwiderte er. Zuerst glaubte ich, mich deutlich verhört zu haben. Wieder jemand, der behauptete, dass ich ein Wesen seiner Fantasie sei. Hörte das denn nie auf? Mir wurden diese ganzen Märchengeschichten eindeutig zu blöd. Da glaubte einer, er könnte sich einen Spaß erlauben und plötzlich fangen alle damit an, als wäre es so lustig jemandem ein und denselben Streich zu spielen. Er bewegte sich ein paar Schritte zurück, bevor er weiter sprach. Dass er Abstand von mir hielt, ließ mich erleichtert aufatmen, wenn auch nur innerlich. „Geh jetzt! Renn so lange du kannst, bevor er herausfindet, dass du weg bist.“ mit diesen Worten bewegte er sich den Weg zurück, den wir gekommen waren. Ich wartete noch, bis ich alleine war. Vielleicht hoffte ich noch immer, dass er zurückkommen würde, um mir zusagen, dass die ganze Sache, die sich eben noch abgespielt hatte, ein einziger Scherz gewesen sei. Als der Regen schließlich nach einer halben Ewigkeit des Wartens nachließ, bewegte ich mich mit gemischten Gefühlen in den Wald hinein. Gedankenverloren lief ich still voran. Was auch immer dieser Kerl vorhatte, er hatte es geschafft, mich komplett aus der Fassung zu bringen. Zumal ich immer noch nicht, begriff, warum er mich erst hier her gebracht und dann wieder frei gelassen hatte. Was machte das überhaupt für einen Sinn? Drohende Gewitterwolken zogen am Himmel auf und krachten über mir aneinander. In der Ferne konnte ich einen Blitz sehen, der auf etwas Festes einschlug. Meiner Meinung nach, war das ein deutliches Zeichen, die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell wie möglich aus diesem Wald heraus zukommen. Hatte ich je erwähnt, dass ich einen verdammt schlechten Orientierungssinn besaß? Trotz der deutlichen Wegbeschreibung die ich bekommen hatte, die im Grunde genommen nur darin bestand, geradeaus zu gehen, hatte ich es trotzdem geschafft, mich mit Ach und Krach zu verlaufen. Der Wald vor mir schien immer länger und die Kiefern und Tannen um mich herum wurden immer dichter. Ich blieb einen kleinen Moment stehen, stützte mich mit den Händen an den Knien ab und versuchte keuchend wieder zu Atem zu kommen. Wie weit war ich nur gerannt? Zum Teufel, wo war ich hier überhaupt? Mit schwerem Atem sah ich auf. Die Natur hatte mich umringt. So wie mein Blick zurückfiel, erstreckte sich nichts als Wald und auch zu meiner linken und rechten wurde es keinen deut besser. Zu allem Übel konnte ich nicht einmal mehr sagen, aus welcher Richtung ich überhaupt gekommen war. Ich drehte mich ein paar Mal um mich selbst, in der Hoffnung, etwas zu erkennen, das mir zeigte, wo es langgehen konnte. Als die Erkenntnis eintrat, dass alles gleich aussah, rappelte ich mich auf und eilte in eine, mir unbekannte Richtung. Mir war bewusst, dass es gut möglich war, dass ich den ganzen Weg wieder zurück rennen würde, den ich eben noch hinter mich gelegt hatte. Ich wollte einfach nur aus diesem verfluchten Wald heraus! Ob das nun der Richtige Weg war oder nicht, war mir völlig gleichgültig. Dürre Äste schienen nach mir zu greifen, als ich mit einem Affenzahn an ihnen vorbei raste. Peitschend schlugen Geäst und Sträucher an mir vorbei, während ich mir schützend die Hände vor das Gesicht hielt und fast blind voran schritt. Als mich plötzlich etwas von hinten packte und mich somit zurück riss, wurde mir mit einem Mal entsetzlich schlecht, in meinem Hals hatte sich ein kürbisgroßer Kloß gebildet und war mir wie Galle die Lunge hinauf gekrochen. Wer auch immer mich erwischt hatte, war mein eindeutiges Ende! Ich fiel nach hinten, landete keuchend auf dem Boden zwischen Laub und Erde und rührte mich kein Stück. Wurzeln bohrten sich in mein schmerzendes Rückgrad, kratzten an meiner Haut, wie Katzen an einem Kratzbaum. Den Blick starr gen Himmel gerichtet, ließ ich mich von der Natur verschlingen. Ich wartete lange darauf, dass sich mein Angreifer zeigen würde. Als mich meine Kraft schließlich ganz verließ, ließ auch ich meine schweren Augenlider zufallen, in der Hoffnung, dass ich wieder Zuhause in meinem Bett erwachte. Kalte Tropfen streiften meine Haut. Mein Rücken schmerzte noch immer und fühlte sich feucht und glitschig an, als ich blinzelnd versuchte, die Augen zu öffnen. Ich lag noch immer an Ort und Stelle, mitten im Dreck, der Himmel wurde bereits von der Nacht eingeholt und kalter Regen prasselte auf mich nieder. Ich wollte mich nicht bewegen, konnte mich kaum rühren, wollte nicht gegen den Schmerz und die aufsteigende, durchdringende Kälte ankämpfen, die mich umgab. So würde es also mit mir zu Ende gehen: Ich würde auf dem Boden liegen bleiben und darauf warten, bis die Würmer und Insekten meinen Körper bei lebendigem Laib zerfraßen und der Regen meine Überreste weggespült hatte. Keiner würde mich je finden, ich war in einer fremden Welt gefangen, wo mich keine Menschenseele kannte. Also würde auch keiner je nach mir suchen. Ich seufzte tief, die Augen fest geschlossen, um den Regen wenigstens auf die Art abzuwähren, als mich plötzlich etwas packte. Als ich die Augen aufriss, waren sie von Tropfen vernebelt. Ich erkannte nicht, wer mich auf die Arme genommen hatte und mich davon trug. Deutlich an der Brustmuskulatur war zu spüren, dass es sich hier auf jeden Fall um einen Mann handelte, der auch noch verdammt kalt war. Oder war ich das? „Du bist, wohl bemerkt, der schlechteste Zuhörer, den ich je hatte.“ ich erkannte die tiefe Stimme, schaffte es jedoch nicht, dem Kerl ins Gesicht zu schauen. Stetig fiel mir der Regen in kalten, dicken Tropfen ins Gesicht und nahm mir weiterhin die Sicht auf meinen Entführer. „Wenn es heißt „Nur gerade aus“, dann geht es nur in eine Richtung. Hast du eine Ahnung, wie lange es gedauert hat, dich in dem Chaos zu finden?“ „Keine Ahnung!“ erwiderte ich stur. Es nervte mich tierisch ab, so blind und wehrlos zu sein. Vor allem, weil ich den Kerl nicht kannte, der mich eben “gerettet“ hatte. „Ist mir auch egal. Hättest du mich nicht einfach liegen lassen können? Dann wäre ich wenigstens in Ruhe gestorben, problemlos und schmerzfrei.“ Na ja, schmerzfrei traf es da nicht ganz. Die Wurzeln, die sich in mein Kreuz gebohrt hatten, ließen mich noch immer spüren, dass sie da waren und auch die Kratzer, die sie hinterlassen hatten, glühten regelrecht auf meiner Haut. Ich konnte nur hören, wie er leise auflachte, sein Gesicht konnte ich noch immer nicht erkennen. „So schnell stirbt es sich nicht, Rayne.“ entgegnete er belustigt. „Es wundert mich jedoch: Nach allem, was ich über dich weiß, hätte ich nicht geglaubt, dass du jemand bist, der so schnell aufgibt.“ Mit viel Mühe, schmerzenden Gliedern und kaum durchlaufendem Blut im Körper, schaffte ich es die Arme zu heben, die schwer wie Blei waren und rieb mir vorsichtig das Wasser aus den Augen. Endlich wurde meine Sicht klarer und ich schaffte es ihn anzusehen, bis sich meine Augen schließlich an die Dunkelheit der Nacht gewohnt hatten. Seine Umrisse wurden schärfer, schließlich erkannte ich ihn klar und deutlich. Seine blauen Augen schimmerten im Licht der Sterne. „Warte mal: Was weißt du den von mir?“ skeptisch sah ich meinen Entführer an, der den Blick starr auf den Weg gerichtet hatte, den er mich entlang trug. „Genug, auf jeden Fall.“ sagte er matt, ohne auch nur eine Sekunde über meine Frage oder eine sinnvolle Antwort nach zudenken. „Okay.“ erwiderte ich gedehnt. „Und wieso hilfst du mir?“ „Hab meine Gründe.“ antwortete er knapp. „Die da wären?“ dieses Spiel konnte ich genauso gut spielen! „Finde es selbst raus.“ „Soll das ein Scherz sein?“ „Aber keines Wegs.“ Genervt seufzte ich, als er mich plötzlich absetzte. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Als ich vor ihm zusammen sackte, reagierte er so blitzschnell, dass ich es nicht mal kommen sah, als er mich an den Armen packte und mich auf die Beine zog. Ich hatte kaum die Kraft mich aufrecht zu halten. Wenn er nicht wäre, würde ich jetzt für die nächste Zeit weiterhin im Dreck liegen. (Nein, ich würde nicht daran denken, von selbst aufzustehen!) „Bemühe dich doch wenigstens ein bisschen, Rayne.“ seufzte er. „Ich kann nicht ewig auf dich aufpassen.“ Er löste zaghaft seinen Griff um meinen Arm, versicherte sich dann, dass ich mich auch wirklich auf den Beinen halten konnte und machte schließlich einen kleinen Schritt zurück. „Wer sagt, dass ich deine Hilfe will?“ auch ich entfernte mich jetzt ein Stück von ihm. Er war mir für meinen Geschmack ein Stück zu nah gekommen. „Ich weiß nicht mal, wer du bist! Was auch immer du von mir willst, oder wer auch immer dich beauftragt hat, zu tun, was du eben tust, soll sich endlich erkenntlich zeigen.“ ich hatte die Spielchen deutlich satt, die man mit mir spielte, was man meinem Ton deutlich anhören konnte. „Ich habe es jetzt verstanden. Ihr habt mich lange genug an der Nase herumgeführt.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich schließlich an, als wäre ich von einem anderen Stern. Meine Worte schienen ihn gar nicht zu erreichen. “Habe ich dich richtig verstanden? Du glaubst, dass das alles hier ein Spielchen ist?“ fragte er ungläubig, dann lachte er. „Wenn ich fragen darf, was glaubst du denn, wird hier gespielt?“ Zuerst war ich mir sicher, was ich zu ihm sagen sollte. Er schien mir von der ersten Sekunde nicht zu glauben. Würde er dann auch meiner Theorie glauben schenken? Schließlich versuchte ich es doch mit der kalten Wahrheit. „Irgendwer in diesem kranken Universum findet es urkomisch, mich an der Nase herumzuführen. Irgendwer mit Kameras und einem stumpfsinnigen Humor und… wieso lachst du?“ Mein Gegenüber war in meiner Erzählung in schallendes Gelächter ausgebrochen. Eine Reaktion, mit der ich eigentlich hätte rechnen müssen, sie aber dich nicht kommen sah und die mich deutlicher traf als angenommen. Er wischte sich mit den Fingern eine Träne aus den Augen, die aufgestiegen war, als er sich auf meine Kosten amüsiert hatte. „Du glaubst also, dass du von einem Team mit versteckten Kameras verfolgt wirst, richtig?“ er richtete sich auf und bewegte sich schließlich wieder auf mich zu. Im vorbeigehen ergriff er meine Hand und führte mich hinter sich her, weiter hinein in den Wald, in den ich gerannt war. „Ich will dir mal was sagen, Rayne: da wo du herkommst, könntest du vielleicht tatsächlich recht haben mit deiner Vermutung.“ fuhr er fort ohne mich auch nur einmal anzusehen. „Aber hier bist du in meiner Welt und da wo ich herkomme, nennt man das schlicht und einfach „Eine blühende Fantasie“. Und die hast du offensichtlich.“ Er zog mich vorbei an hohen Tannen und Fichten. Das Gefühl, sie würden nach mir greifen, ließ deutlich nach. Stattdessen hätte man denken können, die verschiedenen Äste hätten größten Respekt vor dem Fremden, der mich führte. Sie wirkten, als würden sie ihm mit großer Angst aus dem Weg gehen, wie ein Streber, der einer Gruppe von Schlägertypen aus dem Weg gehen würde. Nach einer Weile, kamen wir auf einer kleinen Lichtung an, die in der Mitte von einem Brunnen aus weißem Marmor geschmückt war. In dem Brunnen selbst, stand einen Fee aus Stein, die die Arme breit ausgestreckt hatte und der das Wasser über die Hände floss. Sie wirkte so echt, dass der Stein wie eine bemalte Hülle erschien und die Strahlen der Sonne wie ein Scheinwerfer, der sie erhellte, wie eine Schauspielerin, auf einer großen Bühne. Alle Augen waren auf sie gerichtet und alles wartet gespannt, auf die ersten Worte, die das Stück eröffneten. Er löste seine Hand von meiner und ich bewegte mich langsam von Staunen ergriffen auf die Fee, vor mir, zu. Der Fremde ließ mich an sich vorbeigehen, machte nicht mal Anstalten, mich zurück zuhalten und folgte mir kurz darauf, als ich schon die Hälfte der Lichtung hinter mir gelassen hatte. „Willkommen in Magia. Dem Zentrum allem magischen Ursprungs.“ seine Worte gleichten einem Flüstern, als er neben mir stehen blieb und sein Blick gen Statue richtete. „Der Grund, warum du bist, wie du bist. Warum wir in dieser Welt existieren.“ seine Hand legte sich in meine und wir sahen gemeinsam zu dem Symbol der Kraft auf, die uns verband. „Warum wir sind, wie wir sind.“ Seine Worte drangen wie ein flüsternder Windhauch an meine Ohren und ließen mich von Kopf bis Fuß erschaudern. War es so schwer für mich, daran zu glauben, was ich so sehr abzuwehren versuchte? Wenn ich akzeptierte, was man mir zu verstehen zu geben versuchte, würde dann vielleicht alles einfacher werden? Könnte ich dann endlich wieder normal weiter leben? Aber mal ganz unter uns: Wer würde schon gern ein Leben leben, dass gar nicht existiert? Es wäre zu schwer, sich um 180° zu drehen und komplett von vorne zu beginnen. Das war nicht ich. Es war nicht das Leben, das ich leben wollte. Ich hatte mir in meinem jungen Leben immer vorgenommen, mein Leben in Freiheit weiter zu führen. Mich von jeglichen Verpflichtungen zu distanzieren und zu tun, wonach mir der Sinn stand. Regeln war ein Fremdwort für mich. Es existierte nicht in meinem Wortschatz. Wenn ich jetzt akzeptieren würde, was ich angeblich war, würde ich automatisch einen kleinen Teil der Verantwortung übernehmen, die mein neues Leben mit sich brachte. Ich entzog dem Fremden meine Hand sanft und wandte mich dann ihm zu. „Hör zu…“ „Maverick.“ ergänzte er. „… Maverick: Ich bin nicht das, wofür ihr mich hier alle haltet. Und das werde ich auch nie sein.“ meine Füße trugen mich ein kleines Stück zurück, bis ich schließlich mit der Wade gegen den Rand des Brunnens stieß. „Ihr müsst die Falsche erwischt haben. Vielleicht gibt es irgendwo auf dieser Welt ein Mädchen, das mir sehr ähnlich sieht. Sucht sie und lasst mich endlich gehen. Ich kann nicht sein, woran ich nicht glaube. Denn woran keiner glaubt, das existiert auch nicht. Du siehst mich. Ich bin echt. Aber Feen nicht und das ist der kleine aber feine Unterschied.“ Kraftlos, nachdem die Worte, die mir auf der Seele lagen, endlich über meine Lippen gekommen waren, ließ ich mich auf den Steinrand sinken. „Der kleine aber feine Unterschied, liebe Rayne, ist der, dass alles, worüber man spricht, auf irgendeine Art und Weiße doch existieren kann.“ mein Gegenüber kniete sich vor mich und sah mir mit seinen strahlenden blauen Augen direkt in meine. Das Blau in das ich sah, gleichte einem perfekten, wolkenlosen Himmel in dem ich förmlich zu ertrinken drohte. Hatten alle blauen Augen dieselbe Wirkung? „Du sagst, Feen seien eine Erscheinung der Fantasie. Aber was glaubst du, wie diese Fantasien entstanden sind? Vielleicht hat sie sich jemand einfallen lassen, aber wer sagt dann auch, dass es sich bei der kleinen Fantasie um eine Fee handelt? Hast du je eine Hexe gesehen? Wenn Nein, wieso verkleiden sich dann die meisten kleinen Mädchen an Halloween als Hexe, wenn du so fest davon überzeugt bist, dass es so etwas wie Hexen nicht gibt?“ Seine Worte brachten Schweigen über meine Lippen. Ich konnte nicht darauf antworten, denn auch wenn ich versuchte mich mit Händen und Füßen dagegen zu währen, hatte er doch irgendwo mit allem Recht. Was jedoch nicht bedeutete, dass ich aus dem gleichen Holz geschnitzt war, wie all diese Wesen, an die man hier aus tiefstem Herzen glaubte. Als ich schließlich den Mund öffnete um etwas, irgendetwas zu erwidern, blieb mir die Sprache weg. So gerne ich etwas dazu sagen wollte, es tat sich nichts. Meinem Hirn flog keine passende Antwort zu, die ich hätte geben können. Maverick, der sich vor mir in voller Größe erstreckte, legte zwei Finger unter mein Kinn, welches er sanft anhob, was mich dazu brachte, ebenfalls aufzustehen. Ich verstand nicht, warum er mich so gerne davon überzeugen wollte, an das ganze zu glauben. Was war sein eigentliches Ziel? Und wieso kam er mir plötzlich so nahe, wo er doch dafür gesorgt hatte, dass ich in Gefangenschaft von Captain Hook geriet? Schließlich war er der Jenige, der mich gefangen genommen und mich schließlich doch wieder gehen ließ. Das große „Warum“ stand hier wieder im Raume und ließ sich keinen Zentimeter verschieben. „Wer bist du?“ konnte ich schließlich mit brechender Stimme zustande bringen. Seine Augen führen die Konturen meiner Wangen nach, über die Spitze meiner Nase bis hin zu meinen Lippen, an denen er haften blieb, wie eine Fliege in einem Spinnennetz. „Wer weiß das schon?“ seine Fingerspitzen streiften meine Wange mit großer Vorsicht, als er weiter sprach. „Vielleicht bin ich ein Freund. Womöglich bin ich aber auch dein Feind. Wer kann so genau sagen, was man ist? Wer man ist? Wer man einmal war und wer man jemals sein wird?“ Als er seinen Arm um meine Taille legte, konnte ich nicht anders als ihn ein Stück von mir weg zuschieben. Er war mir für meinen Geschmack ein bisschen zu nahe getreten. Doch er schien meine Gedanken zu lesen und meine Bedenken zu spüren. „Du brauchst vor mir keine Angst zu haben.“ versicherte er mir und strich mir dabei eine Haarsträhne, mit seiner freien Hand, aus dem Gesicht. „Du kannst mir vertrauen.“ „Wer sagt mir nicht, dass du dich nicht als großer, böser Wolf entpuppst, wie der, der sich im Haus der Großmutter versteckt hält, um das kleine Rotkäppchen zu fressen?“ Er lachte herzlich. „Du hast zu viele Märchen gelesen, Rayne.“ Und noch bevor ich etwas darauf erwidern konnte, trafen seine Lippen auf meine. Sie waren weich, wie ein Federkissen und schmeckten wie ein frisch gepflückter Apfel in seiner vollen Reife. Ehe ich mich versah, verlor ich mich in seinem Kuss, ließ mich in seinen Armen dahin schmelzen, wie Schokolade in der Sonne und genoss das durchdringende Gefühl, dass seine Lippen auf meinen hinterließen. Ich ließ seinen Mund auf meinem zu, streckte mich ihm sogar ein wenig entgegen, als mir dieser eine, kleine Gedanke durch den Kopf schoss: Ich bin kein Betrüger, ich bin treu! Zuhause, wo meine Freunde sind und meine Familie auf mich wartet, da ist ein Junge, der zu mir gehört. Zu dem auch ich gehöre und der mir wichtig ist. Eine neue Welt bedeutete nicht, auch das fallen zu lassen, was ich einmal hatte, was mir einmal wichtig war. So schön es sich auch anfühlte, in den Armen des Fremden, der mich hielt, der mich schweben ließ, mein schlechtes Gewissen, wurde dadurch nur größer und ließ mich in dem Meer von Übelkeit ertrinken in dem ich trieb. Also löste ich mich wieder von ihm und schob ihn von mir fort. Er war nicht Jeremy und er sollte auch kein Ersatz sein, für das, was ich vielleicht komplett verloren hatte. Es wäre ihnen beiden gegenüber nicht gerecht. Jeremy einfach fallen zu lassen, wäre falsch. Maverick, den ich doch eigentlich gar nicht kannte, als Alternative zu missbrauchen, um das Leck in meinem Herzen zu stopfen, wäre falsch gewesen. Betrügen ist falsch, etwas das man nur tut, um jemanden weh zu tun. So war ich nicht. Das Gesicht zu Boden gerichtet, die Scharm versteckend, die mir durch den Körper kroch, schob ich ihn noch ein Stück von mir. Diese ganze Sache nahm eine Wendung an, die mir nicht ganz gefiel. Die mir im Grunde genommen überhaupt nicht Recht war. Die mir tatsächlich sogar noch mehr Angst machte, als ich so schon hatte. Ich hatte etwas Falsches getan, als ich den Kuss zuließ. Hatte die Person hintergangen, die ich so sehr zurück wollte. Und dennoch hatte ich es getan. Bin ich ein schlechter Mensch? Mein Mund öffnete sich. Ich wollte etwas sagen, ihm klar machen, dass ich einen Fehler begangen hatte. Wollte meine Seele wieder rein waschen, aber ich bekam nicht einen vernünftigen Satz zustande. „Wovor hast du Angst?“ die Tiefe seiner Stimme, zwang mich aufzusehen. Das waren definitiv nicht die Worte, die ich nach so einem Fehltritt als erstes hören wollte. Wenn es überhaupt Worte gab, die man am liebsten hören wollte. „Du willst ihn nicht verletzen, Richtig? Der, dem du bereits versprochen bist.“ Ahnte er, was mich plagte? War mir meine Furcht so deutlich ins Gesicht geschrieben? „Ich will ihm nicht wehtun.“ sagte ich schließlich. Es waren die ersten Worte, die mir in diesem Moment einfielen. Dabei gab es noch so viel, was zu sagen war. „Ich bin kein schlechter Mensch. Und ich will auch nicht zu einem werden. Jeder macht mal einen Fehler, aber wenn ich genau weiß, dass es einer ist, dann werde ich alles dafür tun, um ihn zu umgehen.“ Ein liebliches Lächeln zierte seine Lippen. „Das ist dein gutes Recht so zu denken.“ seine Augen suchten in meinen nach etwas, dass ich nicht definierten konnte. Vielleicht einen Ausweg aus dieser seltsamen Situation. Oder einer weiteren Antwort, die ich ihm nicht wirklich geben konnte. Die kühle seiner Hand in meiner, holte mich in die Normalität zurück. Seine Lippen berührten einzeln meine Fingerspitzen, bevor er sie nach unten gleiten ließ, dann legte er mir erneut eine Hand unter das Kinn und hob es ein wenig an, um mir besser in die Augen sehen zu können. „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Rayne.“ in seiner Stimme schwang ein Hauch von Zärtlichkeit mit, die sein Hoffen auf ein Wiedersehen unterstrichen. Ich sagte nichts und nickte stattdessen nur. Mir viel es schwer überhaupt irgendetwas in Worte zu fassen. Maverick war plötzlich da. Er war in meinem Leben aufgetaucht und hatte eine Spur der Dankbarkeit hinterlassen. Ein Hauch von Hoffnung, dass doch bald alles wieder besser werden würde. War es das vielleicht schon? War ich zu sehr von meinem Wunsch nach Hause zurückkehren zu können, geblendet, dass ich die Tatsachen nicht sehen konnte, die vor mir lagen? Er wandte sich ab und bewegte sich auf den Waldrand zu. Zurück zu dem Weg, den wir gekommen waren, als ihm zu rufen wollte, er solle warten. Es war seltsam, aber irgendetwas in mir, wollte nicht, dass er jetzt geht. Ein Gefühl, dass ich beim besten Willen nicht verstand. Er sprach, als ich den Mund öffnete, ohne sich umzudrehen: „In Richtung Zivilisation immer gerade aus. Folge einfach nur dem kleinen Trampelpfad. Du wirst es sehen, wenn du Richtig bist.“ Und mit diesen Worten, war er im Wald verschwunden und hatte mich mit meinen Gefühlen und einer Fee aus Stein alleine gelassen. Ich drehte mich zu der Fee um und sah zu ihr auf, als könnte sie mir die Antworten geben, die ich suchte. Als könnte sie meine Probleme lösen, als wäre sie mein einziger und letzter Ausweg aus all dem hier, in das ich hineingeraten war. Ich setzte mich wieder, unfähig irgendetwas zu tun oder zu denken. Von der Kraft verlassen, die mich antrieb und mich fort bewegte. Die Finger in das kühle Nass vor mir gestreckt. Die Gedanken kreisten, passend zur Bewegung meiner Fingerspitzen über dem Wasser. Schließlich schüttelte ich den Kopf, zog die Hand aus dem Brunnen und erhob mich. Das hier war nicht das Ende der Welt! Seit wann ließ ich mich selbst so hängen? Vielleicht war ich alleine hier und musste mich zu Recht finden, was nicht bedeutete, dass ich dazu nicht selbst fähig war. Ich rappelte mich auf und bewegte mich auf den Waldrand zu, in die Richtung, aus der wir nicht kamen und lief in den dichten Wald hinein, der, wie Maverick es zuvor gesagt hatte, mit einem Trampelpfad bestückt war. Aufatmend folgte ich dem schmalen Weg ohne meine Gedanken damit zu verschwenden, ob ich mich wohl verlaufen könnte oder nicht. Ich folgte meinem Weg voller Zuversicht eine ganze Weile, von einem Gefühl der Kraft gepackt, schnurstracks gerade aus, in Richtung Zivilisation. Ich dachte nicht über aufgeben nach, denn das war ich nicht. Maverick hatte Recht behalten. Er sagte, ich würde wissen, wenn ich am richtigen Ort ankommen würde, wenn ich es sehe und es stimmte. Ich trat aus einer Lücke aus dichten Thuja-Bäumen hindurch und kam auf der anderen Seite in einem kleinen Vorpark heraus. Vor mir erstreckte sich eine lange Straße, der Reihe nach erstreckte sich eine Einkaufspromenade, der Duft von dampfendem, warmem Kaffee und frisch gebackenem Brot lag in der Luft und zog durch die Straßen der Hauptstadt. Eine Gruppe Mädchen schritt sich unterhaltend und kichernd mit prallgefüllten Einkaufstaschen in den Händen an mit vorbei. In einem Cafe mir gegenüber saß ein Pärchen Hände haltend an einem Tisch. Hinten ihnen trägt ein Kellner in einem schwarzen Hemd, ein Tablett mit Kuchen und frischer Sahne heran und verteilt es vor den zwei jungen Mädchen, die sich lächelnd unterhielten. Ein paar Tische weiter sitzt ein junger Mann mit seinem Laptop, der schwer in seine Arbeit vertieft war und nichts von seiner Umgebung mitbekam. Die Stadt war wunderschön, die Geschäfte und Häuser entlang der Straßen waren in hellen Farben gestrichen und zeigten keine Spur von Beschädigungen oder Graffiti und ein blauer, wolkenloser Himmel lud förmlich zum Eisessen und schwimmen gehen ein. Die Sonne strahlte kräftig auf die Geschäfte und Cafes herab. Die Straßen waren überlaufen von den unterschiedlichsten Leuten. Jung, alt, männlich, weiblich, alleine oder zu fünft, es war alles dabei. Und ob ich es nun wollte oder nicht, aber ich hatte mich sofort in die Straßen dieser Stadt verliebt. Erst das klingelt meines Handys brachte mich aus dem Staunen wieder heraus. Dass ich so ein Gerät noch besitze, war mir völlig entfallen. Man denkt so über einiges nicht nach, wenn man in einer Situation gefangen ist, aus der man nur schwer wieder herauskommt. Ich kämpfte mit dem Gerät, das in meiner Hosentasche fest saß und nicht heraus wollte, schaffte es jedoch nach einer kleinen Auseinandersetzung und betätigte ein paar Tasten, die eine SMS anzeigte, die eingetroffen war. Da war ich so weit entfernt (so wie die Leute alle gesprochen hatten, sitze ich angeblich auf einem anderen Planeten) und bekam dennoch irgendwie den notwendigen Empfang herein, um eine Nachricht zu erhalten. Ich blieb in Bewegung, meine ganze Aufmerksamkeit auf mein Handy gerichtet als ich das kleine Fenster mit dem Text öffnete, das mir fast die Sprache verschlug. Jeremy hatte mir geschrieben. Zunächst glaubte ich, dass ihnen vielleicht endlich aufgefallen war, dass ich von der Bildfläche verschwunden war. Aber als ich die drei kleinen Worte las, die auf dem Bildschirm aufleuchteten, verschlug es mir den Magen. Meine Umgebung um mich herum verschwamm, als hätte ich Wasser in den Augen, oder waren es die Tränen die ungewollt aufstiegen? Mein Körper begann zu zittern und jeder Atemzug tat mir in der Lunge weh, als ich die schwarzen Buchstaben und die drei Ausrufezeichen sah. Das Hupen eines Autos brachte mich schließlich wieder in die Realität zurück. Ich sah den Wagen nur noch auf mich zukommen, erstarrt vor Schock, als er immer näher kam und nicht anhielt. Die Worte der Nachricht schossen mir durch den Kopf, als mir klar wurde, dass er nicht halten würde. Es ist aus!!! Die drei Worte, die meine Liebe und mein Leben zu beenden drohten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)