Underworld II von Tomanto (Der Satansbraten) ================================================================================ Kapitel 3: When the devil isn't looking --------------------------------------- ~ Hans' Sicht ~ Ein schwerer Schmerz reißt mich aus dem Schlaf. Ich muss mich wohl zu schnell umgedreht haben oder so. Mein armer Hals, fast schon völlig zerstochen, durchbohrt von Dämonenzähnen. Und mein Gesäß erst, auauau! Dx Es ist noch mitten in der Nacht, Luzifer liegt schlafend neben mir. Selbst im Schlaf sieht er weich und majestätisch aus. Ok, er ist ja eine Majestät, ein König. Hm... aber irgendwie macht er nicht den Eindruck. Er sieht zwar perfekt aus und benimmt sich meist vornehm - sogar seine Redensweise weist darauf hin, dass er aus gutem Hause stammt, aber dennoch nimmt er meist alles locker und schert sich nicht um die Etikette. ... Mir ist nie aufgefallen, dass er im Schlaf einen Laut von sich gibt. Es ist kein Schnarchen oder so, eher ein brummender, fast schnurrender Unterton, der aus seiner Kehle dringt, wie bei einem Löwen, nein, viel dämonischer. Aber so leise, dass ich jetzt beruhigt weiterschlafen könnte. Aber irgendwie habe ich jetzt das Bedürfnis aufzustehen. So setze ich mich trotz des Schmerzes auf und verlasse das Bett. Meine Beine sind wackelig, oh je. Leise suche ich meine Klamotten zusammen und schleiche mich aus dem Schlafgemach. Ein bisschen desorientiert und mit zittrigen Beinen - aber zuversichtlich - schleiche ich die Gänge entlang. Wie gern würde ich das Schloss in Ruhe besichtigen. Bisher hatte ich nur wenige Male die Chance dazu. Und zwar als Caren mich mit schnellen Schritten herumgeführt hat und als ich Luzifer beim Fangenspiel verlor. Ok, aber erst suche ich das Bad auf und ziehe mich an, danach kann ich weiter herumgeistern. ._. Frisch geduscht und angezogen gehe ich so leise wie möglich durch die Gänge und schaue mir mit einem Feuerzeug als Lichtquelle in der Hand an, was es hier so gibt. Ich habe mir angewöhnt eins mitzuführen, weil Marys Schwester Raucherin ist und ihres ständig vergisst. An den Wänden der Gänge hängen sogar Gemälde. Staunend bleibe ich vor dem ersten stehen und betrachte es. Ein großer Mann mit schwarzem Haar - darin eine goldene Blätterkrone - und einem Chuck Norris-ähnlichem, gelockten Bart und mit Hörnern am Schädel - über den Schläfen würde ich sagen - schaut desinteressiert, fast finster drein. Er trägt ein kaum erkennbares aber edles Gewand, welches einer Toga gleich kommt, und unter dem Arm klemmt ein prunkvoller Helm. Die Augen sind kaum zu erkennen, er steht zu weit weg. Zu schade. Der Rahmen ist golden verziert mit vielen Verschnörkelungen, die eine Art 'Ring aus betenden Seelen' bildet. Unten ist im Rahmen ein kleines Schild eingearbeitet. Darauf steht irgendetwas auf griechisch. Ich erkenne den ersten und den letzten Buchstaben. H und S. Und eine Jahreszahl steht dahinter, die ich aber nicht entziffern kann. Sie ist sehr klein, die Zahl. Hm. Sagt mir jetzt leider wenig. Direkt daneben ein ebenfalls golden umrahmtes Gemälde, diesmal ein Portrait. Eine anmutig schöne Frau mit rötlichen, gewellten Locken über ihre Schultern fallend. Sie trägt eine weiße Toga und Blumen im Haar. Ihr Gesichtsausdruck verrät nicht viel, eher neutral, aber dennoch macht sie einen friedlichen Eindruck. Was macht denn soein schönes und eigenartig beruhigendes Bild im Palast der Hölle? Der Rahmen zeigt diesmal Hasen, Äpfel und weitere Verzierungen. Auch hier findet sich ein Schild wieder, auch wieder mit Namen und Jahreszahl: P..S.PH...? Ich bin nicht so gut in griechisch. Das nächste Gemälde ist von Luzifer. Er sieht ziemlich ernst aus auf diesem Portrait. Und genauso prunkvoll ist er gekleidet mit Krone und allem, und er sitzt auf seinem Thron. Aber nicht so vertraut, eher ein wenig gewöhnungsbedürftig. Wie es aussieht hat er gerade sein Amt als Herrscher der Hölle angenommen bzw. aufgebaut. Der diesmal silberne Rahmen zeigt verzierte Ketten. Auf der kleinen Tafel steht der Name. So wird also 'Luzifer' auf griechisch geschrieben? Interessant... Das nächste silbern eingerahmte Bild ist kein Portrait, jedoch steht dort nur eine Person vollkommen vermummt in einer Kutte, ähnlich wie die des Fährmanns. Eine mannshohe Sense in der rechten Hand haltend, oder das, was mal eine Hand gewesen war. Kein Fleisch ist dran, nur noch Knochen, Sehnen und sonst noch Zeugs, womit man Knochen zusammenhält. Das Gesicht kann man nicht erkennen, auch der Hintergrund ist ziemlich dunkel gehalten. Ein düsteres Bild ohne irgendwelche Gegenstände oder erkennbare Erscheinungen. Nur diese halb zum Betrachter gedrehte Gestalt in verdeckender Kleidung. Der Silberrahmen weist in seinen Verzierungen Totenschädel auf und steht anscheinend für Tod und Unheil. Der letzte Buchstabe des Namens ist auch Luzifers letzter Buchstabe. Darunter hat jemand 'Death ' eingeritzt. War das etwa Luzifer? Ich bin sicher, dass es keiner der Angestellten war, der- oder diejenige wäre dafür umgekommen und der Rahmen würde ersetzt. Nun komme ich zum letzten Gemälde-Portrait der Reihe, umrahmt in Bronze. Dort ist ein hübsches Mädchen abgebildet. Sie hat ähnliche Augen wie Luzifer, die Pupille ist gleich, aber die Augenfarbe ist anders. Orange mit einem mittelgrünen Stich. Röter ging es wohl nicht, scheint schon teuflisch genug zu sein. Am Kopf, auch über ihren Schläfen, trägt sie Hörner. Aber sie sind klein, solche, wie man sie aus den Comics kennt oder so wie die aus dem neuen Film von Daniel Radcliffe 'Horns'. Sie ist hübsch, hat blondes Haar, welches ihr bis zu den Schultern reicht, aber sie trägt nicht so prunkvolles Zeug wie der Mann auf dem ersten Gemälde oder Luzifer. Sie macht einen eher modernen Eindruck. Nur wurden ihr kleine Makel ins Gesicht gemalt. Das war bestimmt auch Luzifer. Der Name wurde auch mit einem fetten Kratzer durchgezogen und 'geschieht dir recht :P' druntergeritzt. Der schöne Rahmen... Das war's erstmal in dieser Reihe. Ob hier auch irgendwo Statuen rumstehen? Solche wie im Louvre? Vielleicht ja in diesem Ra- »Du schnüffelst hier rum!« , unterbricht mich eine bekannte Stimme und reißt mich aus meinen Gedanken. Merelyn schnürt mir den Weg ab und stellt sich streitsuchend vor mich. Auch wenn sie einen schönen Körper hat, den ich zu gern betrachten würde - vorallem weil er fast nicht bekleidet ist - , ist es doch um so höflicher, sie erst zu begrüßen, nicht wahr? »Oh, hi Merelyn. Schön dich wiederzusehen« , begrüße ich sie freundlich und lächele. »Ja, Neuer, du bist also wieder da. Wie schön...« , sagt sie in einem abwertenden Tonfall. »Was hast du denn?« . »Der Liebling Seiner Majestät ist wieder da und sorgt für Ungleichgewicht. Was hast du dir dabei gedacht, als du mich vom ersten Platz verstoßen hast?« , fragt sie energisch und verschränkt die Arme vor der vollen Brust. »Jetzt mach mal halblang, welcher "erste Platz"?« . »Du hast mich schon verstanden. Deinetwegen bin ich jetzt auf Diät, wenn du verstehst, was ich meine. Wie nennt er dich? Welchen Spitznamen hat er sich für dich ausgedacht?« . Jetzt, wo sie es sagt, Luzifer nennt mich immer 'Süßer' . >////> »Jetzt nennt er mich nur noch Merelyn!« . Sie scheint gekränkt. Stimmt, man hat mir erzählt, sie nenne Luzifer immer 'Darling' und er sie immer 'Chérie'. Das sei so ein Ding zwischen ihm und seinem Liebling unter den Servants: gegenseitige Spitznamen und der Liebling wird bevorzugt. Ziemlich unfair, aber ich darf ihn duzen und ihm beim Namen ansprechen, was andere nicht dürfen. Meine Vorteile habe ich bisher nicht wirklich wahrgenommen. Mir wird eigentlich jeder Wunsch erfüllt und ich lebe im Luxus, seit er mich so gut behandelt. Verstehe... Merelyn lebte diesen Luxus vor mir und wird nun verdrängt. »Das tut mir leid, Merelyn, ehrlich. Aber ich kann nichts dafür« , rede ich mich raus und versuche, sie weniger wütend zu machen. »Sei nicht so schwach. Wenn du erstmal länger hier bist und dir das abgewöhnt hast, kann ich dich vielleicht sogar leiden, Greenhorn!« . Sie ist zwar streng, aber lieb, ich mag sie wirklich. Auf einmal riecht sie prüfend an mir. »Mann, er hätte mir ruhig ein wenig mehr übrig lassen können!« , klagt sie. Wovon spricht sie? Sie tritt einen Schritt näher an mich heran und legt ihre Hände auf meine Brust. Meine Kehle schnürt sich zu. »Ich weiß, dass ich dich nicht anrühren darf, es ist nur...« , sie bewegt sich auf meinen zerbissenen Hals zu, »...ich bin so hungrig, diese Diät macht mir zu schaffen. Du schenkst mir doch ein wenig, nicht wahr? Du bist doch ein netter Kerl« . Will sie etwa m-mein...!? Merelyn hat nicht zugebissen. Aber sie schluckt und atmet dazwischen. Als würde sie... Luft trinken? Mein Herz pocht schnell in ihrer dämonischen Nähe, aber dann schlägt es langsamer. Und noch langsamer. Bis es wieder einen normalen Puls erreicht und Merelyn von mir ablässt. Es ist, als hätte sie mich beruhigt und mir irgendetwas genommen. »Es war zwar nicht viel, aber immerhin. Gute Qualität, es muss dir ja richtig gefallen haben! Ich hoffe, der Master hat dich nicht zu leer gesaugt und dir auch noch was übrig gelassen« , sagt sie und springt einen Schritt zurück. Ihre Brüste hopsen dabei ein bisschen. Komischerweise fühle ich mich gar nicht zu ihr oder ihrem Traumkörper hingezogen, als hätte ich wirklich genug. Selbst wenn ich jetzt an Luzifer denke, fühle ich mich nicht zu ihm hingezogen. Es ist, als würde man einen Stein angucken. »Lauf nicht zu lange hier rum, Neugier ist der Katze Tod« , meint sie und verschwindet hinter der nächsten Ecke. Komisch, diese Sukkubus. Naja, ich habe jetzt auch keine Lust mehr nach etwas zu suchen. Auf dem Rückweg zum Schlafgemach habe ich mich verlaufen. So weit habe ich mich doch gar nicht entfernt, oder doch? Unbeholfen wandere ich durch große Räume mit Mauerwänden und teurem Mobiliar. Als ich mir die Feinarbeiten an den Säulen anschaue geht mein Feuerzeug aus. Oh nein, es ist leer. Nicht nur das, mir fällt auch auf, dass... ich den Ausgang verloren habe! »Shit! Wo war die Tür noch gleich?!« . Suchend taste ich den Verlauf der Wand nach dem Ausgang ab, bis meine Hand ein Mal kurz in einen Stein absinkt und ich beinahe gestolpert wäre. Der Stein ist tiefer in das Mauerwerk gesunken. Ist es etwa instabil? Auf einmal sinkt eine ganze Platte aus Mauersteinen ein und schiebt sich zur Seite. Ein Geheimgang verbirgt sich hinter dieser versteckten Tür. Aus der Dunkelheit tritt ein Kerzenschein und im Anschluss Alice, die sich verwundert zu mir umdreht. »Oh, du bist es. Was suchst du hier?« , fragt sie mich, während sie in den großen Saal tritt und sich die Steintür wieder schließt. »Ich suche nur den Ausgang« , sage ich, »Danke nochmal, dass du mir die neue Siegel-Brandwunde geheilt hast, Alice« . »Es war meine Pflicht, der Master hat es so befohlen« . War klar. Keiner hier kann ein Kompliment einfach so annehmen. »Sag mal, ist das da ein Geheimgang?« , frage ich und deute auf die Stelle, wo sich zuvor eine Öffnung zu erkennen gab. »Ja, wir Servants benutzen die Gänge ständig, um schneller und immer zur Stelle zu sein. Außerdem sind das auch Fluchttunnel, für alle Fälle« , meint sie und erblickt meinen verwundeten Hals, »Du bist verletzt! War das...?« . »Genau, er war es. Und er wollte, dass du es heilst« . »Oh. Nun gut, dann komm mit in mein Zimmer« , sagt sie und öffnet den Geheimgang. Sie tritt voraus und gibt mir ein Zeichen, dass ich ihr folgen soll. Mit schnellen Schritten folge ich ihr. Sie hat sich ziemlich gut eingewöhnt, sie ist erst nach mir neu dazugekommen. Aber ich bin meist nicht lange hier und habe auch eine ganz andere Aufgabeneinteilung als die anderen, deswegen habe ich mich nicht an die Umgangsformen hier gewöhnt. Der Tunnel ist sehr dunkel, hätte Alice keine Kerze bei, mit der sie den Tunnel erleuchtet, würde man nicht das Geringste sehen können. Sie sind recht klein, die Tunnel, man könnte fast Klaustrophobie bekommen. Also nicht, dass man Angst vor jedem hat, der Klaus heißt, sondern Angst in engen Räumen zu sein. Ich habe mir abgewöhnt, mit der Person zu reden, die ich begleiten soll. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, könnte das doch ganz nützlich sein, irgendwie. Aber eine Sache interessiert mich doch: »Was macht IHR eigentlich so spät hier? Solltet ihr nicht auch schlafen?« . »Ähm... schonmal etwas von „Night of Debauchery" gehört?« . »Von Five Nights at F**kboys?!« »Ja, wir haben auf einen PC gespart und spielen das jede Nacht, aber shhhh! Verrate es bloß nicht Seiner Majestät! Wir haben ihn gut versteckt, normalerweise dürfen wir keine Luxusgeräte besitzen« . Achso, zum Glück. Ich dachte schon, dass sie FNaFb nachmachen. xD Alice und ich sitzen uns auf ihrem Bett im Gemeinschafts-Schlafraum gegenüber, sie rührt sich währenddessen ein wenig Salbe auf die Finger. »So, halt still« , befiehlt sie und verreibt die Salbe auf die Wunden an beiden Seiten meines Halses. Sie tut gar nicht weh und scheint auch keinen Effekt zu hinterlassen. »Wofür ist die gut?« . »Sie macht dich wieder gesund. So wie ich von Senpai gehört habe, bist du zur Zeit dämonisch krank« . »Ich bin was?« , frage ich beunruhigt. »Das heißt, dass sich dämonische Zellen in deinem Körper befinden und dich für eine bestimme Zeit infizieren. Keine Sorge, es ist harmlos und wirkt keinen Effekt auf dich aus, solange du nicht chronisch erkrankst oder mehr Dämonenzellen in dich aufnimmst. Die Zellen eines Dämons sind stärker als die eines Menschen, sie können tödlich sein, wenn du zu viele in deinem Körper hast« . »Und woher weiß dein Senpai, dass ich Dämonenzellen in mir trage?« . »Der Master hat sich an dir vergangen. Sie hat den letzten Rest deiner Lust selbst verschlungen. Demnach befinden sich eine Menge dämonischer Zellen in dir. Nämlich die Seiner Majestät« , sagt sie ohne mit der Wimper zu zucken. Sowas kann sie einfach so sagen!? ./////. D-Darüber habe ich nie nachgedacht... >////> »Es ist nur eine Frage der Zeit. In zwei bis drei Tagen bist du wieder gesund. Mithilfe der Salbe schneller« . »Merelyn hat den Rest meiner Lust verschlungen, den Luzifer übrig gelassen hat? Also ist Luzifer sowas wie ein Incubus?« . »Na hör mal, er hat die Rasse der Incubi sozusagen erfunden! Er ernährt sich von Fleisch, Lust aber auch von Seelen« . Was er wohl bevorzugt? O-O° Sie packt die Tube zurück in einen kleinen Koffer, den sie gut versteckt. Nun beugt Alice sich vor und legt ihre Hände um meinen Hals. »Ich wusste gar nicht, dass du ein kleiner Masochist bist« , meint sie und lächelt verschlagen. »Das wusste ich ehrlich gesagt auch nicht...« , gebe ich ehrlich zu. Aus ihren Handflächen dringt grelles Licht. Sie scheint es gewöhnt zu sein und achtet darauf, was sie tut. Mich blendet es eher, aber... Es fühlt sich warm an. Irgendwie beruhigend und schützend. Alice ist ein Engel. Oder eher war. Warum ist sie denn gefallen? Kann man, wenn man in den Himmel aufgenommen wurde, doch noch in die Hölle kommen? O-o »Alice?« . »Hm?« . »Warum bist du hier?« . »...« , sie meidet meinen Blick, konzentriert sich auf das Heilen meiner Wunden. »Ich rede nicht gerne darüber...« . Sie tut mir leid und aus Respekt frage ich nicht länger nach. Aber aus Neugier ist mir Diskretion egal: »Ach komm schon! Was hast du angestellt um aus dem Paradies verbannt zu werden?« . »Immer diese neugierigen Menschen...« . Oho, sie hat sich diese Ablehnung gegenüber Menschen angewöhnt? »Du warst doch selber einer« . »Nein, war ich nicht« . »Nicht? Bist du nicht gestorben und in den Himmel gekommen?« . »Ich bin als Engel geboren. Niemand ist böse zur Welt gekommen, aber man kann falsch erzogen werden oder einfach viele Fehler machen und danach seine gerechte Strafe erhalten. So wie ich« . Das Licht wird schwächer. Bis es schließlich aus ist. Ist sie fertig mit der Heilung? »Sorry, meine Kräfte sind schwächer geworden, seit ich hier unten bin. Nur noch gute Gedanken erhalten sie« . »Also kannst du sie nicht verwenden, wenn du traurig bist?« . »Man könnte es als Inspirationsproblem ansehen. Wenn einem über eine längere Zeit nichts mehr einfällt, was er schreiben oder malen soll. Eine Blockade. Mir fehlt etwas. Etwas, an das ich glauben kann. Das einzige, was meine Kräfte noch am Leben hält, ist Hoffnung, Gebete und gute Gedanken« . »Du hast Hoffnung?« , frage ich sie interessiert. »Ja, lass dir niemals deinen Willen brechen. Das ist ganz wichtig. Hoffnung macht uns stark, deshalb sind wir hier. Damit kämpfen wir, wenn alles andere verloren ist« , antwortet Alice und lächelt in sich hinein. In ihren strahlend eisblauen Augen bauen sich Tränen auf, die sie sich sofort wegwischt. »Das hat mir eine enge Freundin gesagt. Ich habe ihr versprochen, niemals die Hoffnung aufzugeben« . »Das ist wunderschön« , lobe ich ihre Worte. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so einen starken Willen hat. »Irgendwann kommst du bestimmt hier raus« »Das hoffe ich auch, selbst wenn es vollkommen unmöglich ist. Sonst hätte es Seine Majestät auch geschafft« . Sonst hätte Luzifer es auch geschafft? Wie ist das gemeint? »Er war auch einmal ein Engel, weißt du?« . »HÄÄÄÄÄÄ?!?!?« . »Was ist denn hier los?«, fragt ein Mädchen aus einem der Betten in der Nähe und dreht sich verschlafen um. »Gar nichts, Ruby. Schlaf ruhig weiter«, sagt Alice. »War ja klar«, grummelt Ruby und gähnt. »Der Engel schon wieder.. «. Ich schlucke und flüstere lieber. »Luzifer war mal ein Engel??«. »Das hast du nicht gewusst?« , fragt Alice mich verwundert. Ich schüttele den Kopf. Sie schaut sich nach Ruby um und flüstert mir dann zu: »Seine Majestät war nicht immer hier gefangen. Er war einmal ein Engel - ein Erzengel sogar. Einer der ersten und der mächtigsten. Unter den Engeln hatte er viele Anhänger und war nach Erzählungen Gottes Liebling. Nach der Geschichte mit Hiob, wo er versuchte Elohim klar zu machen, dass die Menschen ihr nur so lange treu bleiben, wenn ihnen nur Gutes widerfährt, und sie ihren eigenen Gott verfluchen würden, würde ihnen trotz ihres Glaubens Schlechtes widerfahren, hatte Gott Zweifel. Sie machte sich Sorgen um ihn. Er hatte unter seinen Anhängern verbreitet, wie verachtenswert die Menschen doch seien. Viele folgten ihm, andere machten ihm klar, dass er sich doch nicht mit Elohim gleich stellen dürfe. Seine Majestät aber war der Ansicht, dass er genauso gut geeignet sei das Schicksal der Menschen zu regieren, und wollte Elohim sogar heiraten« . »Heiraten? Luzifer? Aber die beiden hassen sich doch!« . »Shhh!«, zischt eine andere aus einem der Betten weiter hinten im Gemeinschafts-Schlafsaal. »Tschuldigung..«, flüstere ich hörbar und wende mich dann wieder Alice' Erzählungen zu. »Seine Majestät wollte nur mit ihr eine Bindung eingehen, damit er regieren kann. Aber Elohim erkannte seine wahre Absicht und welche Todsünden er noch beging. Er machte sich der Lust schuldig, des Verrats und der Gier sowie des Hochmutes. Sie verbannte ihn und seine Anhänger in ihr Höllenverließ«. »Verlies? Er ist in der Hölle eingesperrt?«. »Kann man so sagen. Er kann nämlich weder in den Himmel oder den Garten Eden zurück, noch kann er die Erde betreten«. »Deswegen kann er sich auf der Erde nicht materialisieren!«, flüstere ich aufgeregt und schließe den Mund, als ich höre, wie sich jemand im Schlaf herumwälzt. Instinktiv streiche ich mir mit einer Hand über die Stelle, wo sich das Siegel befindet. »Dazu braucht er mich..«, murmele ich und fühle mich von dieser Erkenntnis.. geehrt. Und nützlich. Ich ermögliche es ihm frei zu sein, zumindest ein bisschen. Ich schaue Alice erwartungsvoll an. »Und was ist dann passiert?«. Alice schaut nachdenklich runter. »Bitte«, hake ich nach. »Nach seinem Sturz..«, fährt sie fort, »Man sagt, er weinte Tränen aus flüssigem Feuer und schwor ewige Rache. Eines Tages würde er Elohim stürzen und ihren Platz einnehmen. Er hat schon unzählige Male versucht auszubrechen, flog unzählige Male zur Höllendecke und versuchte sie zu zerstören. Mit roher Gewalt. Er suchte nach Schwachstellen und hämmerte sich die Hände blutig. Deswegen sehen seine Flügel auch so abgenutzt aus. Die Löcher, die angebrannten Stellen, die dünnen Stellen - zu oft aufgerissen und gen Boden gefallen, zu viel dunkle Magie eingesetzt, zu viel geflogen. Seine Majestät zwang sich immer wieder an sein Limit, bis er schließlich aufgab«. »Das klingt schlimm«. »War es bestimmt auch. Tja, dann fasste er einen weiteren Entschluss: Er wird ein Anführer sein. Er baute sich ein Königreich auf, schüchterte mit seiner Macht alle Kreaturen der Finsternis ein und zwang sie, sich ihm zu unterwerfen und zeigte ihnen die Wahrheit und das Feuer - den Glauben an ihn. Die Bewohner machen ihm Geschenke, um nicht selbst geopfert zu werden und verehren ihn und seine Macht. Die eine Hälfte glaubt tatsächlich an ihn und verehrt ihren König, die anderen tun es der ersten Hälfte gleich, weil sie zu schwach sind, sich gegen ihn zu wehren. Seine Majestät wollte sich mit seiner neuen Macht auch die Menschen zum Untertan machen und Elohims Herrschaft stürzen. Aber durch den Glauben der Menschen erhält Elohim die Kraft, alles Böse zu besiegen und solange wie sie an sie glauben, wird sich an der heutigen Grundsituation nichts ändern. Das Gute siegt, das Böse wird zurückgeschlagen« , endet Alice' Vortrag. »Du weißt ganz schön viel«, staune ich und hätte wohl applaudiert, wenn hier nicht Leute versuchen würden zu schlafen. »Mein Senpai hat mir alles erzählt. Sie ist am längsten von uns Servants hier. Sie kennt ihn am besten« . »Luzifer gilt doch als mächtigster Dämon überhaupt. Wie kann er ein Erzengel gewesen sein?« . »Niemand wird böse geboren, erinnerst du dich?« , lächelt sie mich an. »Elohim ist gütig und akzeptiert jeden bis zu einem gewissen Punkt, wo jemand anderen großen Schaden zufügen kann. Ich kannte sie etwas, aber gut genug konnte ich sie noch nicht kennenlernen. Aber eines weiß ich: Sie hatte ihn geliebt« . »Was? Elohim hat Luzifer geliebt?« . »Von ganzem Herzen. Sie war am Boden zerstört, als er so geworden ist und sie ihn verbannen musste. Es lag in ihrer Verantwortung, sie musste es tun, auch wenn ihr Herz daran zerbricht« . »Ich kann verstehen, warum Luzifer sie hasst. Aber du wurdest doch auch von ihr verbannt und trotzdem bleibst du ihr treu« . »Sie ist keine schlechte Person« . Alice steht auf, als Zeichen dafür, dass unsere Unterhaltung jetzt beendet ist. »Aber ich diene nun Seiner Majestät dem König. Und dieser Ring hält mich davon ab, etwas anderes zu glauben« , meint sie und deutet auf ihren Halsring, der ihre Haut schon etwas angebrannt hat. »Gute Nacht, Hans« , wünscht sie mir. Sie hat sich noch nicht an den Umgangston angepasst und ist auch weiterhin freundlich zu mir. »Gute Nacht, Alice« , wünsche ich auch ihr. Sie ist wirklich noch ein Engel. Mit Alice' Hilfe brauchte ich nicht lange, um wieder ins Schlafgemach zurückzufinden. Ich winke ihr zum Abschied und schleiche mich hinein. Zum Glück schläft Luzifer noch. Aus irgendeinem Grund macht er auf mich einen ganz objektiven Eindruck. Vielleicht liegt es daran, dass mir Merelyn jegliches sexuelles Interesse geraubt hat. Stattdessen schaue ich ihn mit einer Neutralität an, die ich in seiner Nähe sonst selten spüre. Nach dieser Geschichte sehe ich ihn mit anderen Augen. So viel Leid hat er hinter sich.. Ich könnte ihm eine Menge Fragen stellen. Wieso verachtest du die Menschen, behandelst mich aber so gut? Wieso bin ich dir so wichtig? Hast du je aufgehört zu hoffen? ... Hm, wie dem auch sei... Ich hebe die Decke an und krieche darunter. Noch ein paar Minuten wartend darauf, dass irgendetwas passiert, liege ich mit dem Rücken zu ihm. Es ist still im Raum, fast schon beängstigend, aber auch irgendwie friedlich. Und das Bett ist so weich und kuschelig. Es gibt wirklich keinen Grund für mich besorgt zu sein. Irgendwann entscheide ich mich doch dazu, ihn mir nochmal anzusehen. Er sieht so perfekt aus... =////q////= Ich schließe die Augen und mache es mir gemütlich. Schließlich ist es schon spät genug, da sollte ich mich nicht länger wach halten. Als sich Luzifer im Schlaf zu mir umdreht, nimmt er mich in seine schützenden Arme und drückt mich an sich. Sofort macht mein Herz einen Sprung und voller Freude kuschele ich mich an ihn. Ach scheiß drauf, er ist wunderbar! Und so warm~. So kann ich ohne Probleme einschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)