Wie man auf dem Rücken des Windes reitet -James & Lily the Prequel von Teela-chan (James&Lily) ================================================================================ Kapitel 31: Alte Versprechen ---------------------------- Kapitel 31: Alte Versprechen „Even though I love him deeply, I bitterly regret I can't really make him feel complete.“ Als der Januar hereinbrach und das Ende der Ferien näher rückte, wurde es eisiger im Schloss. Der Winter wurde immer spürbarer und die ersten Wolken verhießen baldigen Schneefall. Schlagzeilen über Voldemort hatte es nicht mehr gegeben. Es wurde anscheinend auch nicht mehr aufgeklärt, was die Todesser in dem Muggelwaisenhaus gewollt haben oder vielleicht wurden diese Informationen auch einfach nicht publik gemacht. Lily und Remus fiel auf, dass Dumbledore seit der Schlagzeile im Tagespropheten fast jeden Tag außer Haus war. Sie fragten sich, ob Dumbledore sich für den Fall interessierte, doch McGonagall und die anderen Lehrer gaben ihnen keine Auskunft darüber. So blieb den beiden nichts anderes übrig, als auf Neuigkeiten in den Zeitungen zu warten. Lily hoffte jedoch, dass die ganze Sache schnellstmöglich aufgeklärt werden konnte. Als Lily an diesem Nachmittag in ihrer dicksten Winterjacke einen Sparziergang über die Ländereien von Hogwarts machte, bemerkte sie, wie eine Schneeflocke auf ihrer Nasenspitze landete und als sie die Hände zum Himmel ausstreckte, wurden es immer mehr. Endlich schneite es. Sie verweilte einen Moment an diesem Ort und ließ die winzigen Flocken aus Eis und Schnee ihr Gesicht benetzten. Ein paar Schneeflocken blieben in ihrem roten Haar hängen und sie lächelte mit geschlossenen Augen dem Himmel entgegen. Vielleicht würde es ja noch mehr schneien, sodass in den nächsten Tagen genug Schnee da war, um einen Schneemann zu bauen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte mal so etwas getan hatte. Vielleicht war es in ihrem ersten Schuljahr in den Ferien gewesen oder noch vor Hogwarts, bevor sie wusste, dass sie eine Hexe war. Sie konnte sich jedoch daran erinnern, dass sie einen Winter mal zusammen mit Severus auf der Wiese hinter dem Spielplatz in der Nähre ihres Elternhauses einen Schneeengel gebaut hatte. Als Lily ihren Sparziergang fortsetzte und das Ufer des Sees streifte, ertappte sie sich dabei, wie sie sich hin und wieder suchend umblickte. Sie ging am Rand des verbotenen Waldes entlang, konnte jedoch im Dickicht des Waldes nichts erkennen, als sie plötzlich von der Seite angesprungen wurde und zur Seite taumelte. »Lass das!«, lachte Lily, während sie versuchte das Maul des braunen Hundes von ihrem Gesicht fernzuhalten, welcher versuchte über ihr Gesicht zu lecken. »Aus Fang!«, tadelte ihn eine bekannte raue Stimme. Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts. Ein Mann, welcher fast drei Meter groß war und so lange Lily denken konnte immer einen langen schwarzen Bart gehabt hatte. »Das ist Fang?«, fragte Lily verwundert, als Hagrid mit seinen braunen Maulwurfsfellhandschuhen nach dem Hund griff. »'nabend Lily«, grüßte Hagrid sie. »'sicha is er das. 'muss ihm nur noch n' paar Manieren beibringn'.« »Er war Anfang des Schuljahres doch noch ein kleiner Welpe.« »'wachsen schnell die Kleinen.« Lily stützte sich mit einer Hand vom Boden ab und stellte sich wieder auf die Füße. Sie klopfte den Dreck von ihrer Hose und überlegte, ob sie nicht einfach Hagrid fragen sollte. Immerhin kannte er sich als Wildhüter ziemlich gut auf dem Gelände aus. Wenn er es nicht wusste, wer sonst. »Sag mal Hagrid, gibt es im verbotenen Wald eigentlich auch normale, nicht magische Tiere, wie Hirsche oder so?« »'eigentlich nich«, nuschelte Hagrid. »Nirgends hier in der Gegend?«, fragte Lily verwundert. »Vielleicht n' paar Meilen hinter Hogsmeade«, überlegte Hagrid. »'das wär schon nen Ding, wenn sich einer hierher verlaufen würd'. Könnt' gefährlich werden, bei all den anderen Kreaturen, die da rumlaufen.« Vermutlich war es nur ein Zufall gewesen, dass sie damals den Hirsch getroffen hatte. Vielleicht war er ausgehungert und verunsichert gewesen und wusste nicht wo er hin sollte. Lily hoffte nur, dass ihm das Wesen mit den gelben Augen nichts getan hatte und er wieder sicher in sein Gebiet zurückgekehrt war. *** Am Abend dieses Tages, des achten Januar, setzte sich Lily mit einem Buch in den Gemeinschaftsraum und begann zu lesen. Die Stunden vergingen rasch und nach und nach verschwanden auch die wenigen Gryffindors in ihren Schlafsälen. Gegen halb zwölf war es ruhig im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Nicht einmal die Rumtreiber waren noch wach. Lily saß in dem großen roten Ohrensessel vor dem Kamin und beobachtete, dass Feuer dabei, wie es vor sich hin knisterte. Dabei tippte sie nervös mit ihren Fingernägeln auf der Armlehne herum. In all den Jahren hatte sie nie (mit Absicht) auch nur eine Schulregel gebrochen und in den vergangen zwei Wochen war sie immer wieder in Situationen geraten oder hatte Dinge erfahren, die definitiv regelwidrig waren. Und nun saß sie um 23:45Uhr in einem der gemütlichen Sessel im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und würde in wenigen Minuten wieder eine Schulregel brechen. Nach weiteren fünf Minuten stand sie schließlich auf und ging zum Portraitloch. Wenn sie jetzt nicht gehen würde, würde sie es vermutlich gar nicht mehr und dann wäre sie umsonst die Ferien über allein in Hogwarts geblieben. Lily kannte den Weg in und auswendig. Es war auch nicht weit vom Gryffindor Gemeinschaftsraum entfernt. Sie lief zwei Korridore entlang und stieg dann eine lange Wendeltreppe hinauf, bis sie auf der Plattform landete, wo sie bis zum vergangenen Schuljahr noch Astronomieunterricht gehabt hatte. Sie war froh, dass das Büro von Professor Renze unten beim Lehrerzimmer und nicht hier oben im Turm war, denn sonst hätte sie sich vermutlich nicht getraut mal wieder nach Ausgangssperre im Schloss herumzuschleichen. Es war dunkel in dem Raum und sie tastete sich vorsichtig zur Plattform entlang, wo man noch eine Ebene höher steigen konnte. Der Himmel war zwar wolkenfrei, doch der Sichelmond sendete nur spärliches Licht zur Erde, sodass sie nur die Umrisse der vor ihr liegenden Gegenstände erkennen konnte. Auf der Plattform stand jemand in zerschlissenen Jeans, in einen alten abgetragenen schwarzen Zauberumhang gekleidet. Er hatte kinnlanges schwarzes Haar, was jedoch vom Wind hier oben zerzaust wurde. Er starrte mit seinen dunkelbraunen, ja fast schwarzen Augen über das Gelände hinweg. Der Junge am Geländer war ziemlich genau 17 Jahre alt, als Lily langsam auf ihn zu trat. Als sie jedoch fast bei ihm war, hielt sie einen Moment inne und stellte fest, dass sie überhaupt nicht wusste, was sie sagen sollte. Denn was sagte man zu einem verlassenen Freund mit dem man seit Monaten nicht gesprochen hatte? Lily zwang sich zu einem schwachen Lächeln, denn die Ähnlichkeit zwischen ihrer und Nickys Geschichte war unbestreitbar. Es kam ihr närrisch vor, dass sie sich für die schwierigen Männer entschieden hatten und diese immer wieder, unausführbar wohl bemerkt, auf die Probe gestellt wurden, ihre Loyalität ihnen gegenüber zu beweisen. Doch dies schien für beide tagtäglich ein weitaus schwierigeres Unterfangen zu sein, als sie es sich hätte vorstellen können. So war sie Nicky doch viel zu ähnlich in dieser Hinsicht, stellte sie fest. Der Unterschied lag jedoch darin, dass Nicky Regulus nicht aufgegeben hatte. Lily räusperte sich verlegen und der Junge wandte sich zu ihr um. Sein Blick wirkte überrascht, dennoch stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. »Du hast es also nicht vergessen«, sagte er melancholisch. »Natürlich nicht Sev'«, erwiderte Lily und stellte dabei fest, dass ihre Stimme fast schon ein wenig beleidigt klang. Als Severus sich vollständig zu ihr umwandte, erkannte sie wie blass und rau sein Gesicht im spärlichen Licht der Sterne und des Sichelmondes wirkte. Lily erschrak, als ihr bewusst wurde, wie lange sie ihn schon nicht mehr so angesehen hatte. Er hatte sich verändert in den letzten Monaten. Er wirkte tatsächlich älter und Lily könnte schwören, dass er sogar noch ein Stück gewachsen war. Für den Bruchteil einer Sekunde war es so, als wäre nichts passiert. Als Stünde nichts zwischen ihnen. Als hätten sie sich gerade gestern noch unter den Bäumen am schwarzen See getroffen, um das schöne Wetter zu genießen und um ihre Aufsätze für Zaubertränke miteinander zu vergleichen. Doch als sie das silbern-grüne Wappen, auf dem sich eine giftgrüne Schlange wand, auf seiner Brust entdeckte, wurde ihr bewusst, dass das eine Illusion war. »Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst«, sagte er leise. Seine Stimme klang traurig und brüchig wie die eines alten Mannes, der zu viel Leid auf der Welt gesehen hatte. »Es ist schließlich dein Geburtstag!«, erwiderte sie. »Ich habe es dir damals versprochen, dass wir jedes Jahr zusammen feiern bis du endlich volljährig bist und nicht mehr gezwungen bist nach Hause zurückzukehren.« Severus sah sie einfach nur an. Es war so lange her, dass er mit ihr gesprochen hatte und sie sich in seiner Nähe aufhielt. Er genoss einfach diesen Moment und wollte ihn nicht durch Worte kaputt machen. Lily zog ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche und tastete sich an der äußeren dunklen Wand entlang. Irgendwo musste er doch sein, der Ziegelstein, der etwas lockerer saß als all die anderen. Na gut, ursprünglich war er ein ebenso fester Bestandteil des uralten Turmes gewesen wie der Rest von ihnen. Sie hatten damals einen Zauber anwenden müssen, um ihn zu lockern. Und dann fand sie ihn schließlich, ganz außen am Geländer und rüttelte ein wenig daran, bis er schließlich nachgab und sich aus der Wand ziehen lies. Lily griff in die Lücke hinein und holte zwei fein säuberlich zusammen gefaltete Pergamentblätter hervor und reichte eines davon Severus. Lily war froh, dass die beiden Pergamente scheinbar unberührt gewesen und immer noch lesbar waren. Immerhin haben sie ganze fünf Jahre hierin verbracht. Sie entfaltete ihren Zettel und las darauf, was sie sich vor fünf Jahren gewünscht hatte. Ihre Miene verfinsterte sich und sie wusste nicht ob sie darüber weinen oder lachen sollte. „Freunde für immer!“ Damals war sie elf Jahre alt gewesen. Sie hätte es niemals geglaubt, wenn ihr jemand erzählt hätte, dass sich ihre und Severus' Wege irgendwann trennen würden. Damals hatte sie noch nicht gewusst, wie schlimm es draußen in der Welt war. Dass es Zauberer gab, die andere wegen ihres Blutsstatus diskriminierten. Severus hatte ihr gesagt, dass es keinen Unterschied machen würde, ob man ein Reinblüter oder muggelgeboren war. Er hatte gelogen, wie so oft in dieser Zeit. »Was hast du dir damals für die Zukunft gewünscht?«, fragte sie ihn, konnte jedoch einen sarkastischen Unterton nicht vermeiden. Severus antwortete ihr einen Moment lang nicht. Er schien in seinen Gedanken versunken zu sein, als er auf sein Pergament starrte. Es hatte sich so viel verändert seit damals. Dabei hatte er doch nie gewollt, dass es so wurde wie es nun mal war. »17 werden und nicht mehr nach Hause zurückkehren«, sagte er schließlich. Eine Lüge. Sie merkte es an der Art und Weise wie er es sagte. »Und du?«, fragte Severus dann. Seine schwarzen Augen musterten sie dabei äußerst genau. »Super Noten«, log sie sofort. Eine Lüge, genau wie seine. Sie konnte noch nie gut lügen. »Ich würde gerne wissen«, setzte er an. »-,ob du mir irgendwann verzeihen kannst, dass ich damals-« Er machte eine Pause und versuchte dabei die richtigen Worte zu finden. »-einen Fehler gemacht habe.« »Nein!« Lily überraschte es, wie kalt ihre Stimme dabei klang. Sie wollte ihm nicht weh tun, doch er sollte sich auch keine Hoffnungen über etwas machen, was nie mehr so sein würde wie früher. »Bitte!« Seine Stimme war flüsternd, so leise, dass sie es beinahe nicht verstanden hätte. »Ich habe einen Fehler gemacht und ich bereue es noch heute zutiefst. Ich habe dir hunderte Male gesagt, dass es mir Leid tut. Ich wollte nur nicht, dass du mir hilfst. Ich musste mit Potter alleine fertig werden.« »Du bist aber nicht mit ihm alleine fertig geworden! Ich war deine Freundin und Vertrauensschülerin. Ich wollte bloß helfen«, sagte sie leise. »Verzeih mir bitte. Es wird nicht noch einmal passieren, dass schwöre ich!« Reue und Verzweiflung standen ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Augen, mit Trauer überschüttet und um Vergebung bittend, waren ihren so nah. Wer hätte einem Sünder, der aufrichtig um Vergebung bat und um Einlass ins Himmelreich bettelte, keine Vergebung gewehrt? Nicht einmal Gott hätte diesen armen Jungen zurückgewiesen, der all das aus scheinbar tiefsten Herzen bereute. Doch sie konnte es einfach nicht. Vielleicht war es ihr verletzter Stolz, der ihr im Weg stand. »Es war nicht das erste Mal, dass das passiert ist Sev' und wir beide wissen, dass es wieder passieren wird«, sagte sie ihm schließlich und all die Hoffnung schien aus seinen Augen zu schwinden. »Oder hast du vor, Mulciber und den anderen zu erzählen, dass es dir egal ist, was für einen Blutsstatus ich habe und wirst du mich in Zukunft vor allen Anfeindungen der Slytherins in der Öffentlichkeit verteidigen?« Severus antwortete nicht und für Lily war das Antwort genug. »Du hast dich verändert Sev'«, flüsterte sie in die Dunkelheit. »Und das weißt du auch. Früher warst du mal ein netter Junge.« »Wir waren Kinder damals am Fluss. Früher hatte ich noch keine Ahnung von der Realität, wie schwer es sein würde in ihr zu bestehen.« Seine Stimme klang wütend, mutlos, verzweifelt... Er meinte es nicht so, dennoch redete er sich um Kopf und Kragen. »Du hast deinen Weg gewählt und ich den meinen. Ab heute trennen sich wohl unsere Wege endgültig«, sagte Lily. Severus fasste sich an die Stirn und wandte den Kopf ab. Er lehnte sich an das Geländer und versuchte dadurch den nötigen Halt zu gewinnen, den er in diesem Moment brauchte. Doch ihm fiel nichts mehr ein. Keine Worte, die sie hätten umstimmen können. Dies wurde ihm soeben schmerzlichst bewusst. »Alles Gute zu deinem Geburtstag und vor allem zur Volljährigkeit Sev'. Ich hoffe, dass für dich jetzt ein besseres Leben anfängt und du endlich entscheiden kannst, wie du es führen möchtest und nicht aufgrund von Erwartungen anderer lebst.« Ihre Stimme klang ernst, aber aufrichtig. Lily versuchte die Trauer, die sie in diesem Moment fühlte zu verbergen, denn wenn er es bemerkte, würde in ihm doch nur wieder eine alte Hoffnung aufkeimen, die längst verloren war. Severus antwortete nicht und Lily wandte sich von ihm ab. Sie stieg die Treppen hinunter und das leise aufschluchzen von ihrem ehemals besten Freund drang nicht mehr an ihre Ohren. Lily hatte nun alle Versprechen und Verpflichtungen ihm gegenüber erfüllt und hoffte ihn nun endgültig loslassen zu können. Es war besser für sie beide, wenn sich ihre Wege jetzt trennen würden. Doch insgeheim fragte sie sich, ob es die richtige Entscheidung war. Verzweifelt griff Severus sich ins Haar und zog so energisch daran, dass seine Kopfhaut brannte. Er stützte sich am schwarzen Geländer der Plattform ab. Die Hand, in der sich das Stück Pergament mit seinem Zukunftswunsch befand war zu einer Faust geballt und das Pergament vermutlich bereits vollkommen zerknüllt. Es dauerte einen Moment bevor er sich wieder fassen konnte. Er öffnete seine Handfläche und sah zu wie das Pergament vom Wind davon getragen wurde. „Irgendwann werde ich ihr sagen, dass ich in sie verliebt bin.“ *** Die Winde waren standhaft geblieben. Es schneite die ganze Nacht durch, sodass sich eine immer dicker werdende Schicht aus Schnee und Eis wie eine Decke über das Schloss und die Ländereien legte. Als am nächsten Tag die restlichen Hogwartsschüler, welche über die Ferien nach Hause gefahren waren, wieder in das Schloss zurückkehrten, herrschte innerhalb weniger Tage wieder ein heiteres Treiben in Hogwarts. Der Unterricht hatte wieder angefangen und auch das Quidditchtraining ging wieder los, denn in wenigen Wochen würde bereits das nächste Spiel stattfinden. Lily hatte Rosalie und Mary nicht erzählt, dass Nicky für einen Tag nach Hogwarts zurückgekehrt war, ebenso wenig hatte sie ihnen von dem Treffen mit Severus und dem Grund erzählt, warum sie in Hogwarts geblieben war und die Begegnung mit dem Hirsch, hatte sie auch ausgelassen. Lily kam sich vor wie eine Heuchlerin. Sie seufzte über die Tatsache, dass sie vor wenigen Tagen noch sauer auf Nicky gewesen war, weil sie scheinbar so viele Geheimnisse hatte, die sie nicht preisgab. Und jetzt war sie selber zu so einem Menschen mit Geheimnissen geworden, die sie niemanden erzählen wollte. »Tante Sullivan war am zweiten Weihnachtsfeiertag so betrunken gewesen von diesem Punsch, dass sie vor den Tresen gelaufen und mit dem Ellenbogen in der Erdbeertorte gelandet ist«, kicherte Mary, als sie gerade ihrem frisch geformten Schneemann den Kopf aufgesetzt hatte. »Ich finde er sieht schon super aus«, kommentierte Rosalie, während Lily dem Schneemann zwei kleine Steine vom See in seinen Kopf drückte, welche ihm als Augen dienen sollten. Mary betrachtete ihr Werk mit stolz, doch Rosalie zog bereits ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche. »Es fehlt nur noch eine Kleinigkeit.« Sie schwang ihren Zauberstab und ein schwarzer Zylinder erschien aus dem Nichts und vollendete ihr Kunstwerk. Er sah wirklich gut aus, für den ersten Schneemann, den die drei jemals zusammen gebaut hatten. Lily war froh gewesen, dass es in den letzten Tagen so viel geschneit hatte und vor allem das der Schnee auch liegen geblieben war. »Ob muggelgeboren oder Reinblüter, anscheinend haben alle Kinder in ihrer Kindheit im Winter einen Schneemann gebaut und im Schnee gespielt«, sagte Lily und Rosalie verdrehte die Augen. Diese Tatsache ließ in Lily die Hoffnung aufkeimen, dass irgendwann in ferner Zukunft dieser Hass zwischen Muggeln und Zauberern vergehen würde. »Musst du immer so melancholisch sein Lily?«, seufzte Rosalie. »AUS DEM WEEEG!« Als Lily sich umwandte, erkannte sie nur wie etwas großes auf sie zu raste. Ihr Glück war es, dass Rosalie so geistesgegenwärtig war sie rechtzeitig beiseite zu zerren, als der braune Holzschlitten an ihnen vorbei sauste und mitten in ihren Schneemann landete. Die Mädchen wandten gleichzeitig ihre Köpfe um und konnten gerade doch dabei zusehen, wie der Schlitten durch den Aufprall mit dem Schneemann ins schleudern kam und sich ein paar Mal um sich selbst drehte bevor er zum stehen kam, indem er zur Seite kippte. »Ich habe ihnen gesagt, sie sollen das lassen!«, keuchte Remus, welcher zu ihnen herüber geeilt war. Peter lag mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken, James war vom Schlitten gerollt und auf dem Bauch gelandet, während Sirius auf seinem Hinterteil gelandet war und den Kopf des Schneemanns um seinen eigenen trug. Rosalie lachte, als Sirius verwirrt um sich blickte und richtete geistesgegenwärtig wie sonst auch ihren Zauberstab auf ihn, um den Schnee daran zu hindern wieder zu zerfallen. »Was soll das? Warum ist es so dunkel?«, fragte Sirius noch halb benommen von den vielen Umdrehungen des Schlittens. Sirius spürte die Kälte um sich herum und konnte den Schnee mit seinen Händen ertasten, doch er wollte einfach nicht von ihm abfallen. James, welcher mittlerweile wieder zur Besinnung gekommen war von den vielen Umdrehungen, stimmte in das Lachen der Mädchen mit ein, als er Sirius neuen Kopf entdeckt hatte. »Steht dir gut, Pad«, hörte Sirius James sagen, während er selbst weiter an seinem Kopf herum tastete. Es dauerte eine Weile bis er es geschafft hatte sich von dem Schnee zu befreien. Verstimmt warf er den Kopf des Schneemanns auf den Boden. »Wer war das?«, fragte er und wollte dabei möglichst bedrohlich wirken. »Ihr seit selber schuld, wenn ihr nicht aufpasst wo ihr lang fahrt«, erwiderte Remus halb lachend. »Ich meine vielmehr, wer dafür gesorgt hat, dass ich dieses Ding nicht mehr von meinem Kopf bekommen habe?«, zischte er und funkelte jeden einzelnen seiner Freunde und die Mädchen der Reihe nach böse an. Schließlich blieb sein Blick an Rosalie hängen, welche immer noch lachte und dabei ihren Zauberstab in der Hand hielt. »Das gibt Rache Pond!«, zischte er und bückte sich auch sogleich, um eine Ladung Schnee vom Boden aufzuheben. »Hey immerhin bist du in unseren Schneemann gefahren!«, erwiderte diese nur selbstgefällig und hob ihre Hände in Unschuld. Doch Sirius hatte den Schnee bereits zu einer Kugel geformt. Er holte aus, doch Rosalies Quidditchreflexe kamen zum Vorschein, als sie sich im letzten Moment weg duckte und der Schneeball in Marys Gesicht landete. »BLACK!«, fuhr sie ihn hysterisch an und stürzte sich sogleich auf den Boden, um ihm ebenfalls eine Ladung Schnee zu verpassen. Doch als sie wieder aufblickte war Sirius schon längst losgelaufen. Mary stieß einen schrillen Kampfschrei aus und rannte ihm hinterher. Sirius hatte sich mittlerweile mit ein paar weiteren Schneebällen bewaffnet, doch er zielte jedes Mal daneben. Der eine traf Peter an seinem Hintern und der andere Lilys Schulter. »Schämst du dich nicht, für deine schlechte Wurftechnik?«, rief Rosalie ihm zu, während sie nebenher ein paar Schneebälle am Boden formte. »Da muss ich Pond ausnahmsweise zustimmen«, lachte James und bekam direkt einen weiteren Schneeball entgegen geworfen, welchem er jedoch geschickt ausweichen konnte. Es dauerte nicht lange bis alle sich mit genügend Schneebällen eingedeckt hatten und eine wilde Schneeballschlacht begann. Zunächst kämpfte jeder gegen jeden, doch schon bald hatten sich Teams gebildet. Mary und Peter stürzten sich auf Sirius. Rosalie seifte Remus ein und James' nutzte einen unachtsamen Moment von Lily, um sie mit sich in den Schnee zu reißen. Diese kam auf dem Rücken im Schnee auf und James setzte sich auf ihre Beine, damit sie ihn nicht mehr treten konnte. Er griff nach dem Schnee, um ihn herum und wollte ihn ihr ins Gesicht drücken, doch Lily fuchtelte wild mit den Armen herum und schaffte es sogar ihm eine Ladung Schnee ans Ohr zu drücken. James ließ seine Schneekugel fallen, griff nach ihren Handgelenken und drückte diese in den Schnee. »Lass los!«, schrie sie hysterisch kichernd. »Erst wenn du aufhörst nach mir zu schlagen«, erwiderte er nur und verlagerte sein Gewicht weiter auf ihr, sodass sie nun vollkommen Bewegungsunfähig war. Er hatte sein bestes Maraudergrinsen aufgesetzt, als er feststellte, dass sie nun vollkommen festgenagelt war. Doch Lily wollte sich nicht geschlagen geben und versuchte mit allen Mitteln sich von ihm loszureißen. »Geben Sie auf Miss Evans, ich bin sehr viel stärker«, sagte er so charmant wie man es eben sagen konnte in dieser Position. Nach einer Weile gab Lily es scheinbar tatsächlich auf und rührte sich nicht mehr. In diesem Moment der inneren Befriedigung, in dem James Grinsen am überheblichsten wirkte, bekam er eine riesige Ladung Schnee in den Rücken geworfen und landete schließlich halb auf ihr. Sein Kopf schlug kurzweilig neben ihrem im Schnee auf und er musste sich schütteln, um den Schnee aus seinem Gesicht loszuwerden. Dabei konnte er ihr Parfum riechen oder war es ihr Haarshampoo? Auf jeden Fall roch es nach Kirschen. Mary war mittlerweile so in Rage gewesen, dass sie ihren Zauberstab benutzte um Schneebälle in der Größe von Quaffeln zu formen und diese Sirius per Levikorpus Zauber entgegen zu schleudern. Doch leider traf sie nicht immer sehr gut. Lily lachte lauthals auf, als es James zum zweiten Mal voll erwischt hatte und sein schwarzes Haar vollkommen mit Schnee durchnässt war. Einige Schneeflocken klebten sogar noch an seinen dichten schwarzen Wimpern, die ihren mittlerweile so nah waren. Er hätte eigentlich wütend sein müssen, dennoch stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er das Mädchen mit den roten Haaren aus vollem Herzen Lachen sah. Er hatte sie in den letzten Wochen viel zu oft beobachtet, stellte er fest. Es war nicht so, als hätte er das noch nie getan. Doch diesmal war es nicht aus Neugierde geschehen, sondern aus Interesse. Er fand, dass sie viel zu selten lachte im Vergleich zu anderen Mädchen in ihrem Alter. Vor allem in den letzten Tagen und seit der Sache mit McDougal und Sirius' Bruder war sie immer sehr traurig gewesen. Er ertappte sich dabei, dass es ihn erfreute, dass Lily in diesem Moment aus vollem Herzen lachte. Ihre grünen Augen strahlten richtig und Tränenflüssigkeit sammelte sich in ihren Augenwinkeln. Er mochte ihre Augen, das hatte er damals am See schon festgestellt, als diese wie Smaragde im Mondlicht funkelten. Und in der Vergangenheit hatte er bemerkt, wie die kleinen Sprenkel in ihren Augen aufblitzten wenn sie wütend war. Und das hatte er wahrlich schon oft erlebt. Es waren viele kleine Momente in den vergangenen Jahren gewesen, die er an ihr bemerkt, aber nie in seinem Kopf abgespeichert hatte. James erinnerte sich an die unzähligen Male, bei denen sie sich für Snape oder einen anderen Slytherin eingesetzt hatte, auch wenn diese sie Hinterrücks für ihre Abstammung verachteten. Sie war immer viel zu selbstlos gewesen, wenn es um Recht und Unrecht ging. In der Vergangenheit hatte es ihn gestört, da sie ihm und Sirius bei ihren Streichen oft in die Quere gekommen war. Dennoch hatte er insgeheim ihre Ausdauer bewundert. Niemand sonst hatte es gewagt sich ihnen in den Weg zu stellen. Doch dieses Mädchen tat es immer wieder und das unterschied sie von all den anderen. Lily hatte ihre Beine bewegt und eines von ihnen frei bekommen. Es war ein Moment der Unachtsamkeit, in der sie es beinahe geschafft hätte ihn zu treten, um von ihm los zu kommen. Eigentlich wollte er sich dafür rächen, doch sein Körper reagierte vollkommen anders auf diese Geste. Er reagierte viel zu sehr auf sie. Mit einem Ruck ging er von ihr herunter. Es wäre äußerst peinlich gewesen, wenn sie es bemerkt hätte. Er wusste ja selbst nicht einmal wie das passieren konnte. Lily wunderte sich darüber, wie plötzlich er es aufgegeben und ihr den Rücken zu gekehrt hatte. Doch sie hatte keine Gelegenheit mehr weiter darüber nachzudenken. Als er zu den anderen herüber gegangen war, traf sie bereits ein weiterer Schneeball am Hinterkopf. *** Beim Abendessen trippelte James nervös mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Er blickte sich suchend in der großen Halle um, doch er konnte die Person, die er eigentlich zu finden versuchte nicht ausfindig machen. Sein Blick schweifte am Ravenclawtisch entlang, von dem gerade ein hübsches blondes Mädchen auf sie zu kam. Sie fuhr sich nervös durch die Haare und biss sich auf die Lippe, während sie immer wieder verstohlene Blicke zu seinem Banknachbarn herüberwarf. Sirius. Dann blieb sein Blick an jemand anderem hängen. Chad Oldren hatte sich zu ihnen herumgedreht und James erkannte eine rote Schnittwunde, welche sich über seine rechte Wange zog. Hatte er sich diese in den Ferien zugezogen? Lily Evans ging auf Chad Oldren zu und setzte sich neben ihn auf die Bank. Sie reichte ihm irgendwelche Unterlagen und Chad wandte sich wieder mit dem Rücken zu ihm um. James schluckte als er sie sah und ließ seinen Blick weiter durch die große Halle wandern, bis er schließlich entdeckt hatte, wonach er suchte. »Wartet nicht auf mich«, sagte er etwas abwesend und klopfte Sirius zum Abschied auf die Schulter, welcher sich gerade mit dem blondem Mädchen aus Ravenclaw für das nächste Hogsmeadewochenende verabredete. Sirius hörte seinem Freund gar nicht richtig zu und bemerkte erst ein paar Minuten später, dass James verschwunden war. *** Seine warmen Lippen fuhren an ihrem Hals entlang und sie seufzte auf als er ihre Wange streifte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Sie kicherte und er wusste, dass sie jetzt nicht mehr nein sagen würde. Emmeline zog an seinem bereits halb aufgeknöpften Hemd und schob es ihm über die Schultern, sodass sie seine nackte Brust entlang fahren konnte, während James drängend seine Lippen auf ihre legte und sich bereits an ihrem Rock zu schaffen machte. Er öffnete den Verschluss und der Rock fiel über ihre schlanken Beine auf den Boden. In einem Ruck packte er sie unter Oberschenkeln und setzte sie auf die Glasvitrine der Plaketten um die besten Sucher der letzten hundert Jahre. James' Ungestümheit hatte Emmeline überrascht, als er sie direkt nach dem Abendessen abgefangen und sie in das Pokalzimmer geschleift hatte. Sie spürte, dass es diesmal anders war, als sie miteinander schliefen. Sein Vorgehen schien gefühlsbetonter zu sein und sie spürte einfach wie sehr er sie wollte, wie sehr er das hier brauchte. Doch als sie sich nach einer Weile von einander lösten, schien er etwas abwesend zu sein. Er hatte seine Hände an ihre Schultern gekrallt und seine Schläfe an ihre gelegt. Er starrte an ihr vorbei und schien in Gedanken versunken zu sein. Emmeline fragte sich, wo er mit seinen Gedanken hin verschwunden war. Doch sie hoffte inständig, dass sie bei ihr waren. Damals in der fünften Klasse schon, war sie in ihn verliebt gewesen. Es war einer der besten Tage überhaupt, als er sie gefragt hatte, ob sie zusammen nach Hogsmeade gehen würden. Ein Date. Sie war damals sehr nervös gewesen und hatte nicht viel gesagt. Sie hatte Angst, dass er das Interesse an ihr verlieren könnte und hatte versuchst möglich immer seiner Meinung zu sein. Doch das war nicht genug. Er hatte sich ziemlich schnell von ihr abgewandt. Sie hatte ziemlich lange darüber nachgedacht wie sie ihn von sich überzeugen konnte, doch nichts schien sein Interesse auf sie zu ziehen. Doch als sie in den Ferien trainiert hatte, war sie am Anfang ihres sechsten Schuljahres tatsächlich so gut gewesen, dass er sie in seine Mannschaft aufgenommen hatte. Sie hoffte ihm dadurch näher zu kommen. Er fand sie witzig und mit Quidditch hatten sie ein Thema gefunden, was sie beide interessiert hatte. Doch sie hatte ihn unterschätzt. Er gehörte zu der Sorte, die gerne viele Eisen im Feuer hatten. Er flirtete gern, doch wollte er nie eine feste Beziehung haben. Also musste sie es tun. Es war ihre einzige Chance, ihr letzter Ausweg. Es hatte sie damals einfach so überkommen, als sie ihn in der Quidditchumkleidekabine geküsst hatte. Sie wusste wohin das ganze führen würde und dennoch hatte sie es getan. Eine rein körperliche Beziehung mit ihm war immerhin besser als keine, trichterte sie sich ein. Dennoch kam sie sich nicht vor wie eine Schlampe. Er würde schon irgendwann nachgeben, redete sie sich ein. Doch er tat es nicht. James atmete ruhig ein und aus. Er hatte seinen Kopf an Emmelines Schläfe gelehnt und die Augen geschlossen. Es hatte ihn einfach überkommen, als er sie gesehen hatte und er wusste nicht einmal warum. Er hatte unbedingt Sex gewollt und ihn sich verschafft. Und für einen Moment hatte er auch geglaubt, dass es genau das gewesen war, was er gebraucht hatte. Dennoch fühlte es sich nun nicht so an, wie er es sich erhofft hatte. Es hatte ihm Spaß gemacht, wie jedes Mal ohne Frage. Doch irgendetwas war anders als sonst. Er war nicht richtig bei der Sache gewesen. Er war abgelenkt von ihr und das störte ihn. Es fehlte etwas und dieses Mädchen, an dessen Schultern er sich gerade krallte, war nicht in der Lage diese Leere in ihm zu füllen. Hosted by Animexx e.V. 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