Babylon-6 - 01 von ulimann644 (Geheimnisse) ================================================================================ Kapitel 1: Eine Wette mit Folgen -------------------------------- Commander Irina Zaizewa strich sich das braune Haar aus dem Gesicht und lachte hell auf. „Bist du jetzt völlig verrückt geworden? Ich kann doch nicht einen General...“ Die Frau mit den geheimnisvoll wirkenden grün-braunen, beinahe golden wirkenden, Augen unterbrach sich selbst ob der Ungeheuerlichkeit, die ihre beste Freundin auf der Station, Lieutenant-Commander Nurcan Yldirim, vorgeschlagen hatte. Die aus Antalya stammende Chefärztin der Station MFB-VI-023 hob leicht ihre schwarzen Augenbrauen und musterte Irina mit herausfordernder Miene. Sie kannten sich bereits seit einigen Jahren, und seit dieser Zeit – keine von Beiden hätte genau zu sagen vermocht wann und wie es dazu gekommen war – forderten sie sich immer wieder gegenseitig zu den verrücktesten Wetten heraus, wobei sie sich Mühe gaben, den Schwierigkeitsgrad nach jeder gewonnenen Challenge zu steigern. Zumeist ging es dabei natürlich um Wetten, die das andere Geschlecht mit einbezogen. Bisher hatte keine von beiden Frauen jemals einen Rückzieher gemacht, doch diesmal schien es so, als würde Irina nicht mitspielen wollen. Nurcan war klar, dass es in diesem Fall keine weiteren Wetten geben würde, und der Gedanke daran gefiel ihr ganz und gar nicht, auch wenn dies letztlich bedeuten würde, dass sie damit als Siegerin aus diesem nun schon Jahre andauernden Kräftemessen hervorginge. Während sie in das gespannte Gesicht der Russin blickte, fragte sie sich, ob sie den Bogen diesmal vielleicht doch unwiderruflich überspannt hatte. Doch dann begannen die Augen der schlanken, hochgewachsenen Freundin, die in Moskau geboren worden war, lebhaft zu funkeln und Nurcan hörte sie sagen: „In Ordnung, ich nehme die Herausforderung an.“ Die fast schwarzen Augen der Türkin weiteten sich etwas, bevor sie ernst erwiderte: „Vergiss dabei nur nicht, dass du anschließend auch nachweisen musst, dass da wirklich etwas gelaufen ist, mein Schatz. Irina Zaizewa machte ein Gesicht, als habe sie eben in eine Zitrone gebissen. Sie mochte es gar nicht, wenn die Ärztin mit diesem Kosenamen titulierte. Zwar war momentan niemand in Hörweite, denn im Offizierskasino war zu dieser späten Stunde kaum etwas los, doch es klang irgendwie nicht richtig, wenn Nurcan sie so ansprach. In dieser Hinsicht war die Russin ziemlich konservativ, im Gegensatz zu ihrer Freundin, die überhaupt sexuell weitaus aufgeschlossener war. Nurcan Yldirim hatte es nie offen gesagt, aber sie empfand wesentlich mehr für Irina, als nur platonisch, freundschaftliche Gefühle. Den letzten Anlauf es sie wissen zu lassen, lag bereits mehrere Wochen zurück. Sie entschloss sich diesmal etwas deutlicher zu werden. Nachdem sie einen Schluck von ihrem Wein genommen hatte, griff sie, über den Tisch hinweg nach der rechten Hand der Freundin und drückte sie sanft. „Was hast du gegen diesen Kosenamen? Ich wollte, du wärst etwas lockerer in dieser Hinsicht.“ Ihre Stimme wurde ein leises, betörendes Säuseln, als sie hinzufügte: „Ich würde dir solche und noch weitere Kosenamen gerne einmal an anderer Stelle ins Ohr flüstern. Was hältst du davon?“ Irina hatte die Ärztin wirklich in ihr Herz geschlossen, war sie doch einer der wenigen Menschen, die ihr, als Telepathin, stets ohne jegliche Vorurteile entgegengetreten war. Nicht zuletzt deswegen gehörte die Türkin zu den Menschen, die ihrem Herzen sehr nah standen. Vielleicht liebte sie Nurcan sogar, doch nicht auf jene Weise, wie es die Freundin nun ziemlich eindeutig anklingen ließ. Einige Male hatte sie bereits geahnt, dass da von ihrer Seite mehr war, doch erst in diesem Moment war sie sich dessen vollkommen sicher. Sie nahm Nurcans Gefühle durch den körperlichen Kontakt nur zu deutlich wahr. Einerseits freute sie sich über den Vertrauensbeweis, denn natürlich war sich die intelligente Ärztin darüber im Klaren, dass eine P-12-Telepathin so intensive Gefühle, bei körperlichem Kontakt unmöglich verborgen bleiben konnten. Andererseits wurde Irina schmerzlich bewusst, dass es der Freundin wehtun musste, wenn sie ihre Gefühle zurückwies. Und das würde sie, denn sie war sexuell eindeutig auf Männer ausgerichtet. Zögernd entzog sie der Freundin den Arm und blickte sie mit leisem Bedauern an. „Ich könnte das nicht, Nurcan“, antwortete die Telepathin leise. „Du bist die beste Freundin, die ich je hatte und ich habe dich sehr lieb – auf eine geschwisterliche Art. Aber ich könnte dich niemals körperlich lieben, und ich denke das weißt du auch.“ Die Ärztin seufzte leise und nickte schwach, doch der etwas melancholische Blick verriet, dass sie insgeheim etwas anderes gehofft hatte. Ihre Enttäuschung war für einen langen Moment fast greifbar, bis sie schließlich schmerzlich lächelnd meinte: „Ich bin glücklich darüber dich zur Freundin zu haben, auch wenn es im Moment vielleicht anders wirkt.“ Irina schluckte trocken, erleichtert darüber, dass Nurcan ihre Worte so gefasst aufnahm. Es war ihr klar, dass es sie selbst hart treffen würde, die Ärztin als Freundin zu verlieren. Für einen Moment schwieg sie und erklärte schließlich ablenkend: „Okay, du verlangst also einen eindeutigen Beweis. Ich werde sehen was sich machen lässt.“ Nurcan zwinkerte, bereits wieder etwas heiterer gestimmt, spitzbübisch mit den Augen und fragte dann: „Für wann genau hat das Oberkommando den neuen Kommandeur der Station eigentlich angekündigt?“ Unbewusst blickte Commander Zaizewa auf ihre Armbanduhr. „In etwa fünfzehn Minuten, wenn der Verband pünktlich hier eintrifft. Ich hoffe dieser Typ verspätet sich nicht, denn ich möchte dich und das Offiziers-Corps der Station nicht länger wachhalten, als unbedingt erforderlich. Ich frage mich, warum Generale keine Rücksicht nehmen können und am späten Vormittag ein neues Kommando antreten können.“ „Vielleicht macht es den alten Knackern Spaß, wenn sie einem auf diese Weise den Feierabend verderben können“, orakelte die Ärztin. „Das ist bestimmt deren Lieblingssport. Wie ich hörte, ist der neue Kommandeur ein ergrauter, älterer Herr.“ Irina nickte knapp. „Wenn man dem offiziellen Dossier Glauben schenken darf. Hayes soll sich bereits während des Bürgerkriegs, im Kampf gegen Clarks Schergen, seine ersten Sporen verdient haben. Damals war ich gerade einmal fünf Jahre alt – kaum zu fassen.“ Die Ärztin wollte etwas sagen, doch im selben Moment sprach der Handkommunikator ihrer Freundin an. Irina Zaizewa blickte entschuldigend zu der Ärztin aktivierte den Sender und führte ihren Handrücken zum Mund. „Commander Zaizewa spricht. Was gibt es?“ Die Stimme eines jungen Mannes meldete dass soeben der erwartete Verband unter Generalmajor Lynden B. Hayes in der Nähe der Station den Hyperraum verlassen hatte. Nachdem Irina Zaizewa bestätigt, und darum gebeten hatte, die Offiziere der Station im Japanischen Garten antreten zu lassen, deaktivierte sie den Kommunikator und erklärte: „Wenn man vom Teufel spricht, dann steht er hinter einem. Anscheinend kann es der General kaum erwarten, sein neues Kommando anzutreten. Ich will nur hoffen, dass dieser Mann nicht zu den übergenauen, nassforschen Kommandeuren gehört.“ Die Freundin schmunzelte amüsiert. „Gib dem Mann, den du demnächst verführen willst wenigstens eine Chance.“ „Oh, Gott – erinnere mich nicht daran, dass ich mich auf diese dämliche Wette wirklich eingelassen habe. Wie soll ich es überstehen, mit einem Mann ins Bett zu gehen, der mein Vater sein könnte?“ „Du musst es nicht tun“, erinnerte Nurcan sie grinsend. „Natürlich hättest du dann die Wette und somit die gesamte Challenge verloren.“ „Nur über meine Leiche“, knurrte die Russin, bevor sie sich geschmeidig erhob. „Komm, einen General lässt man nicht warten.“   * * *   Der Generalmajor stand in der beeindruckenden Zentrale seines Flaggschiffes und blickte abwartend auf den Hauptbildschirm. Der Captain der SHERIDAN, ein Mann von südländischer Erscheinung, der seit dem Erscheinen des Generalmajors etwas angespannt wirkte, wandte sich zu Hayes um und meldete: „Wir haben den Zielsektor erreicht, Sir.“ Ein flüchtiges Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Kommandeurs. „Das sehe ich, Captain.“ Auf dem Bildschirm zeichneten sich die markanten Umrisse ihres neuen Stützpunktes ab – grundsätzlich einem langgezogenen Zylinder ähnlich. Am hinteren Ende verjüngte er sich erkennbar. Am Übergang der verschiedenen Durchmesser gruppierten sich sechs gewaltige Projektoren, beinahe wie die Blätter einer gewaltigen fremdartig wirkenden Blüte. Als der Captain der SHERIDAN einen Blick auf die Rumpfsektion warf, die auch die Kommandozentrale beinhaltete, verengten sich seine Augen und er deutete auf den Bildschirm. „Haben Sie eine solch langgezogene Doppelgabel bei einer unserer Stationen schon einmal gesehen, Sir? Und schauen Sie sich die Spitzen an. Sieht fast so aus, als würden sich dort Projektoren befinden. Aber wozu könnten sie dienen? Ein neues Abwehrsystem?“ Der General legte seine Linke auf die breite Schulter des erfahrenen Captains, den er nun seit knapp vier Jahr kannte. Seit er die Kampfgruppe-Epsilon übernommen hatte, genauer gesagt. „Warten Sie ab, Esposito. Sie werden es sehr bald erfahren. Allerdings möchte ich Ihnen, und allen anderen nicht die Überraschung verderben.“ „Vielen Dank, General“, knurrte der Südländer ironisch. Er konnte sich das erlauben, denn Hayes kannte ihn mittlerweile gut genug, um diese Art richtig einzuschätzen. Außerdem verband sie, seitdem sie gemeinsam Dienst taten, eine spontane gegenseitige Sympathie, obgleich sie in ihrer Art, und in ihrem Wesen kaum unterschiedlicher sein konnten. Er konnte Fernando Espositos Neugier verstehen, auch er selbst hätte sich einige Fragen zum Aussehen des Frontsektors der Station gestellt, wenn er nicht zuvor von der Erd-Zentrale über die besonderen Spezifikationen dieser Station informiert worden wäre. Ein weiblicher Lieutenant der als Kommunikationsoffizier fungierte, meldete in diesem Moment: „General ein Anruf des momentan Kommandierenden Offiziers der Station, Commander Irina Zaizewa.“ „Stellen Sie durch, Lieutenant.“ Eine klare, sehr angenehm klingende Stimme drang aus den Lautsprechern der Zentrale. „Commander Irina Zaizewa, an Bord der Station MFB-VI-023 spricht. Ich heiße Sie, und die Leute Ihres Verbandes willkommen. General Hayes. Der Kommandostab und ich erwarten Sie in Kürze zur Übergabe des Kommandos, auf der Station.“ Hayes und Esposito warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu, wobei der General das anzügliche Grinsen des Südländers geflissentlich übersah. Dann antwortete Hayes: „Danke, Commander. Ich werde mit meinem Stellvertreter, Captain Esposito, in wenigen Minuten bei Ihnen sein. Ich gehe davon aus, dass die Quartiere für die Besatzungen meiner Schiffe vorbereitet wurden. Ich möchte den normalen Routinebetrieb so schnell wie nur möglich aufnehmen.“ „Wir haben alles vorbereitet, Sir“, bestätigte die Frau am anderen Ende der Verbindung. „Der Quartiermeister und seine Helfer werden die Einweisung Ihrer Leute übernehmen, sobald die Shuttles gelandet sind.“ „Sehr gut, Commander. Hayes, Ende.“ Der General wandte sich wieder dem Captain zu, der ein erwartungsvolles Gesicht machte. Hayes bremste seinen Enthusiasmus etwas, indem er meinte: „Eine verheißungsvolle Stimme bedeutet nicht immer, dass die dazu gehörende Person ebenfalls verheißungsvoll ist.“ Der Südländer machte ein säuerliches Gesicht. „Sie verstehen es, Ihre Mannschaft zu motivieren, General.“ „Eine Fähigkeit, die Sie sich unbedingt aneignen müssen, wenn Sie irgendwann selbst General werden wollen“, erklärte Hayes schmunzelnd. „Kommen Sie, Captain. Wir wollen diesen verheißungsvollen Commander nicht warten lassen.“ Captain Esposito erhob sich aus dem Sitz des Captains und übergab das Kommando an Commander Melanie Sterling, eine zierliche brünette Frau mit hartem Blick. Als die beiden Männer neben einander durch die Gänge des Schiffes schritten, wurde ihnen zum wiederholten Mal bewusst, wie rasant sich die Technik der irdischen Kriegsschiffe, seit dem Beitritt der Erde zur Interstellaren Allianz, entwickelt hatte. Bereits seit mehreren Jahren gab es praktisch kein Kampfschiff der Erd-Allianz mehr, dass nicht über künstliche Schwerkraft verfügte. Zum ersten Mal hatten die kampfkräftigen Zerstörer der WARLOCK-KLASSE von der neuartigen Antigravtechnik profitiert. Andere Einheiten, wie die älteren Zerstörer der NOVA- und OMEGA-KLASSE, und die Kreuzer der ALPHA-KLASSE, waren später ebenfalls nachgerüstet worden. Die technische Spitze der Erdflotte stellte fraglos das erste Schiff der SHERIDAN-KLASSE dar. Beinahe 70% länger und fast doppelt so breit wie ein Zerstörer der OMEGA-KLASSE, besaß diese neue Schiffsklasse ein beeindruckendes Offensiv- und Defensiv-Potenzial. Und mit insgesamt 48 Jägern und ebenfalls 48 Jagdbombern der modernsten Starfury- und Thunderbolt-Versionen verfügte das Schiff über eine Trägerwaffe, die es mit einem kleinen Flottenverband aufnehmen konnte. Zusammen mit den übrigen fünf WARLOCK-Zerstörern, den vier NOVA-Zerstörern und den sieben ALPHA-Kreuzern des Verbandes konnte Hayes mit diesem neuen Trägerschlachtschiff eindeutige Entscheidungen treffen, falls es hart auf hart kam. In ruhigen Momenten hatte er sich bereits des öfteren gefragt, ob er wirklich der richtige Kommandeur für einen solchen Verband und eine Station, wie MFB-VI-023 war. Solche selbstkritischen Momente waren zwar eher die Seltenheit bei Hayes, aber er war stets der Meinung gewesen, ein guter Offizier dürfe niemals damit aufhören sein Entscheidungen, wie auch seine Beweggründe zu hinterfragen. Natürlich hatte er andererseits auf ein solches Kommando hin gearbeitet und er sah sein jetziges Kommando als den gerechten Lohn für seinen unermüdlichen und auch leidenschaftlichen Einsatz an, der ihn ausgezeichnet hatte, seit er den Erdstreitkräften beigetreten war. Er hatte stets sein Privatleben dem Dienst in der Flotte untergeordnet, und mit geballten Fäusten sagte er sich, dass sein Privatleben einen anderen Verlauf genommen hätte, wäre er am 13. September 2265 nicht als Senior-Lieutenant an Bord der EAS GANYMED gewesen. Wie immer, wenn er an dieses bestimmte Datum dachte, überkam ihn ein hilfloser Zorn auf alle Telepathen. Natürlich wusste Hayes, wie irrational dieser brennende Zorn war, denn nur einer hatte sein Leben einschneidend verändert. Trotzdem fiel es Hayes in manchen Momenten schwer, nicht alle Telepathen zu hassen. Er war, was die freie Berufswahl für Telepathen betraf und die Tatsache, dass ihr Telepathenstatus, sofern sie in der Erd-Allianz Dienst taten, nicht in der Dienstakte aufscheinen musste, kein Befürworter solcher Erleichterungen für Telepathen gewesen. Zumindest hatte man durchsetzen können, dass Telepathen ihren Status auf dem Abteilungsstreifen ihrer Uniform durch ein kleines silbernes PSI-Symbol kenntlich machen mussten. Der Grund für letztere Einschränkung lag schlicht darin, dass Telepathen bei körperlichem Kontakt, auch ohne aktiv zu scannen die Emotionen anderer Wesen wahrnahmen. Durch die Kenntlichmachung wurden andere darauf aufmerksam gemacht, so dass sie es ihnen freistand, einen angebotenen Handschlag abzulehnen, ohne dass dies als Unhöflichkeit angesehen wurde. Lynden B. Hayes fuhr aus seinen abschweifenden Gedankengängen auf, als Esposito ihn darauf aufmerksam machte, dass sie den Hangar erreicht hatten. Kurz darauf hatten sie an Bord eines kleineren Zubringer-Shuttles neben einander Platz genommen und der Captain steuerte das Beiboot geschickt aus einem der vier Fronthangars heraus. Das Trägerschlachtschiff schnell hinter sich zurück lassend, flog das Shuttle genau zwischen den beiden gabelartigen Frontauswüchsen der Station auf das gewaltige Haupthangarschott zu. Im Gegensatz zu den bisherigen Stationen der O´NEILL-KLASSE drehte es sich, wie der gesamte vordere Sektor der Station nicht mit dem Hauptzylinder. Auch an Bord von MFB-VI-023 arbeitete man nun partiell mit künstlicher Gravitation, und nur noch im Mittelteil der Station verzichtete man, wegen der enormen Größe und der damit verbundenen Schwierigkeit genügend Energie für die gesamte Station zu erzeugen, darauf. Das machte den Einflug, für einen so erfahrenen Piloten, wie Fernando Esposito, zu einem Kinderspiel. Sanft setzte er das Beiboot auf die Landeplattform im Innern der Station, die zu der vorgesehenen Andockbucht fuhr. Erst als die gewaltige Plattform, die auch wesentlich größere Schiffe tragen konnte, mit einem Ruck zum Halten kam, lösten die beiden Offiziere ihre Gurte und verließen das Shuttle durch eines der beiden seitlichen Schleusenschotts. Ein junger Lieutenant hieß die beiden Offiziere Willkommen und führte sie durch die hell erleuchteten Gänge der Station zur Terrasse des Japanischen Gartens, der sich am Rand der Rotationssektion befand. Von dort aus besaß man eine einmalige Aussicht auf das gesamte Innere der Rotationssektion und Commander Zaizewa wartete dort, mit dem Rest der Führungsoffiziere, auf die beiden Männer. Die beiden Flottenoffiziere waren für einen Moment beinahe sprachlos und starrten über die Anwesenden Offiziere, die sie erwarteten, hinweg auf das Innere der Rotationssektion. Vor ihren Augen bog sich der Boden, auf dem sie standen zu beiden Seiten hinauf um hoch über ihnen zusammenzufinden. Dabei erkannten sie überall Häuser, Gärten und Agrarflächen, die zum Großteil von Maschinen gepflegt wurden. Im Gegensatz zu BABYLON 5 sollte die Besatzung dieser Station nicht in kleinen Quartieren wohnen, sondern in den Häusern die man hier erkennen konnte, da dieses Kommando keine kurzfristigen Ablösungen erlaubte. Man wollte auf diese Weise vermeiden, dass es zu einem medizinischen Phänomen namens Lagerkoller kam. Auch gab es hier verschiedene Etablissements, die von den Angehörigen der Streitkräfte geführt wurden, wobei der Dienst in den Etablissements wöchentlich wechselte, so dass jeder mal an der Reihe war. Das war zwar nicht mit dem zu vergleichen, was es auf einer zivilen Station gab, aber man gab sich Mühe. Der General und sein Stellvertreter näherten sich nun der hochgewachsenen Frau, die etwas vor den übrigen Offizieren angetreten war, und ihnen die letzten Schritte entgegen kam. Hayes überging den amüsierten Seitenblick des Captains an seiner Seite und musterte die hochgewachsene Frau aufmerksam. Dass dieser Commander nicht nur eine verheißungsvolle Stimme besaß, sondern darüber hinaus auch höchst attraktiv aussah, war offensichtlich. In dieser Hinsicht hatte Espositos Ahnung also gestimmt. Doch im Moment achtete der General auf andere Dinge, die ihm etwas über den Charakter dieser Frau verraten sollten. Ihr federnder Gang drückte Tatendrang aus, aber auch eine gewisse Spontanität – Hayes hatte schon sehr oft festgestellt, dass dies scheinbar Hand in Hand ging. Ihre Haltung wirkte insgesamt selbstbewusst und der General bemerkte jene kleinen Anzeichen, die verrieten, dass diese Frau gleichzeitig distanziert zu sein schien. Er suchte in den fast golden schimmernden Augen der Frau, die etwas jünger wirkte, als sie war, nach einer Bestätigung dieser Vermutung, von der er ahnte, dass es mehr als eine Vermutung war. Ihr Blick wirkte offen, wenn auch etwas zu hart für seinen Geschmack. Er mochte ihn nicht sonderlich bei Frauen, aber das stand hier nicht zur Debatte. Wichtiger würde für ihn sein, was diese Frau zu leisten imstande war. Als die Frau den Generalmajor und Captain Esposito erreicht hatte, blieb sie vor ihnen stehen, entbot mit einer fließenden Bewegung den militärischen Gruß und meldete: „Commander Zaizewa und das Offiziers-Corps sind zur Übergabe der Befehlsgewalt über diese Station angetreten, Sir. Ich bin Commander Irina Zaizewa. Willkommen auf MFB-VI-023. Ich trete hiermit das Kommando über diese Station an Sie ab.“ Die beiden Männer erwiderten den Gruß, allerdings etwas eckiger, und der Generalmajor antwortete: „Ich danke ihnen, Commander. Hiermit übernehme ich offiziell das Kommando über die Station: MFB-VI-023.“ Damit war dem militärischen Protokoll genüge getan, und Hayes, der kein Freund übertrieben ausufernder Formalitäten war, sagte etwas leiser: „Wenn Sie mich nun mit den Offizieren bekannt machen möchten, Commander.“ Die Frau, deren lange Haare in einer weichen Welle über die linke Schulter fielen, nickte lächelnd, wobei sich ihre naturroten, geschwungenen Lippen zu einem bezaubernden Lächeln verzogen. „Gerne General. Wir haben ein kleines Buffet und einen Umtrunk für Sie vorbereitet.“ Captain Esposito, der sich bisher darauf beschränkt hatte, zu beobachten, nickte lächelnd und entgegnete: „Das war sehr vorausschauend, Commander. Mir knurrt der Magen.“ Hayes warf dem grinsenden Südländer einen gespielt missbilligenden Blick zu, während Commander Zaizewa zu den vierzehn Führungsoffizieren voranging, zu denen sich auch der Lieutenant gesellt hatte, der sie herbrachte. Zuerst stellte sie die Leitende Medizinerin, Nurcan Yldirim vor. Danach folgen der Zweite Offizier, Shinji Okasaki, der Chef der Sicherheit, ein baumlanger Afrikaner namens Kumoru Nagaru, und der Leitende Taktische Offizier Steven Falcone, ein schwarzhaariger Italo-Amerikaner. Nachdem Zaizewa auch die zehn Staffelführer vorgestellt hatte – dem Alpha-Geschwader stand offiziell sie selbst vor – gesellte sie sich zu ihren Kameraden und erwartete die unvermeidliche Antrittsrede des Generals. Hayes lächelte unmerklich. Er war bei seinen Untergebenen nicht gerade für ausufernde Reden bekannt. Er wurde ernst und blickte alle Anwesenden der Reihe nach an, bevor er schließlich sagte: „Ich freue mich, zukünftig mit Ihnen zusammenzuarbeiten, meine Damen und Herren. Wie Sie wissen wurde diese Station unter großer Geheimhaltung gebaut. Ihre vordringliche Aufgabe wird in der nächsten Zeit darin bestehen, zu gewährleisten, dass Niemand von unserer Präsenz in diesem abgelegenen Teil des Weltalls erfährt. Ich bin von der Erd-Zentrale autorisiert worden, Ihnen mitzuteilen, dass der Geheimdienst gesicherte Informationen über Aktivitäten erlangte, welche die Sicherheit der Erdallianz massiv bedrohen könnten. Welchen Standpunkt die Interstellare Allianz zu einem möglichen militärischen Konflikt mit unbekannten Kräften einnehmen wird ist unklar – darum werden wir uns vordringlich auf uns selbst verlassen. Alles weitere werde ich morgen Früh um 10:00 Uhr Bordzeit erklären, wenn diese Station mit einer Demonstration ihrer Fähigkeiten ihre Arbeit offiziell aufnehmen wird. Und nun, schlage ich vor, beginnen wir mit dem angenehmen Teil des Abends.“ Damit deutete er auf das vorbereitete Buffet. Für eine Weile blieb es still, bevor die ersten Gespräche unter den Offizieren aufkamen. Commander Zaizewa und die Chefärztin gesellten sich zu Hayes und Esposito, während sie zum Buffet schritten. Der spanische Captain verstrickte die Ärztin schnell in ein Gespräch darüber, was sie ihm kulinarisch empfehlen könne, und bevor Nurcan Yldirim ihre Freundin mit dem General allein ließ zwinkerte sie ihr noch einmal verschmitzt zu. Irina Zaizewa grinste schief, bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem Generalmajor zu wandte. Sie musste sich eingestehen, dass der General bei näherer Betrachtung ganz anders war, als sie ihn sich noch vor weniger als einer Stunde vorgestellt hatte. Sicher seine Haare waren ergraut, aber sein Gesicht wirkte markant und der Ausdruck seiner braunen Augen wirkte absolut nicht wie der eines alten Mannes auf sie. Dieser stattliche Mann war weit von ihrer Vorstellung eines trägen Schreibtischtäters entfernt, den sie eigentlich erwartet hatte, und zu ihrer gelinden Überraschung stellte sie nun fest, dass er als Mann eine Ausstrahlung besaß, derer sie sich kaum zu entziehen vermochte. Sie war ihrer Freundin Nurcan beinahe dankbar für die Wette, denn mit diesem Mann zu flirten war ganz sicher keine Bestrafung, soviel stand fest. Und alles Weitere... nun ja, man würde sehen. Während die Russin ihre Freundin dabei beobachtete, wie sie Esposito dabei beriet, welchen Köstlichkeiten er den Vorzug geben sollte, beließ es der Generalmajor bei einem Glas Wein, dem auch sie selbst zusprach. Hayes prostete der Frau an seiner Seite zu, wobei auch er sie eingehender musterte. Am auffälligsten schienen ihm ihre Augen, deren Farbe ihn faszinierte. Wohlwollend stellte er fest, dass sich der harte Ausdruck in ihnen etwas verloren hatte. Das sanfte Lächeln, dass sie ihm schenkte, gefiel ihm wesentlich besser. Trotz der Uniform war offensichtlich, dass sie von durchtrainierter, sehr frauliche Statur war. Mit einem Blick, der Hayes emotional berührte, blickte sie ihm nun direkt in die Augen und sagte mit angenehmer Stimme: „Sie sprachen eben von den Fähigkeiten dieser Station, und ich gewann dabei den Eindruck, dass es etwas sein muss, von dem ich bisher nichts weiß, Sir. Darf ich fragen, worum genau es sich dabei handelt?“ „Nein“, erwiderte Hayes freundlich lächelnd. „Ein wenig möchte ich Sie, und alle anderen noch auf die Folter spannen. Ich bin der Meinung, dass es sich in jedem Fall lohnen wird darauf zu warten, und nicht bereits vorher die Spannung herauszunehmen.“ „Womit sich einmal mehr bestätigt, dass Generale zur Geheimniskrämerei neigen, Sir.“ Hayes runzelte amüsiert die Stirn. „Ein boshaftes Gerücht, Commander.“ Dann wechselte er das Thema und stellte fest: „Ihrer Dienstakte konnte ich entnehmen, dass Sie ihre Karriere, nach der Akademie ebenfalls als Starfury-Pilot begannen. Der CAG der Tomcatters hielt große Stücke auf ihre Flugkünste und ihr taktisches Verständnis, wie ich hörte.“ Die Augen der Frau leuchteten auf. „Sie kennen Commander Phyrus, Sir? Ich habe ihn seit meiner Beförderung zum Staffelführer, vor zehn Jahren, nicht mehr gesehen. Wie geht es ihm?“ „Der Commander ist mittlerweile Captain der EAS HELENA. Letztes Jahr habe ich ihn zuletzt gesehen, und es ging ihm gut. Sie scheinen sich gut mit dem alten Querkopf verstanden zu haben, Commander?“ Die Russin nickte lebhaft. „Er war für mich mehr als ein Ausbilder, Sir. Für mich war er so etwas wie ein Mentor. Ich habe ihn bewundert, sowohl als Pilot, wie auch als Mensch.“ Irina Zaizewa lächelte in Gedanken. „Damals habe ich sehr bedauert, dass er bereits verheiratet war.“ „Vor zwei Jahren ist er zum drittenmal Vater geworden“, schmunzelte Hayes, und beobachtete die Reaktion der Frau. Er wusste, anhand der Dienstakte von Zaizewa, dass sie unverheiratet war, und er fragte sich nun, ob eventuell darin der Grund zu suchen war, dass sie Phyrus seit damals nachtrauerte. Irina Zaizewa nickte lächelnd und nichts deutete darauf hin, das diese Vermutung des Generals zutraf. Dann trat sie ein kleines Stück dichter an ihn heran und fragte unvermittelt: „Wie ist es mit Ihnen, Sir? Haben Sie Frau und Kinder?“ Unbefangen legte sie dabei ihre linke Hand auf den Unterarm des Generals. Noch bevor der Generalmajor auf die Frage des Commanders antworten konnte, warf sie mit einer Kopfbewegung ihr Haar auf den Rücken, und Hayes Blick fiel beiläufig auf das kleine PSI-Symbol auf ihrem gold-silbernen Metallstreifen, der sie als Angehörige des Kommandostabs auswies. Im nächsten Moment erstarrte er beinahe und sein Blick wurde so eisig, als er Zaizewa erneut ansah, dass diese unwillkürlich zusammenzuckte. „Nehmen Sie augenblicklich Ihre Hand von meinem Arm, bevor ich mich vergesse“, zischte Hayes und ein gefährliches Glitzern erfüllte seine Augen.   * * *   Captain Fernando Esposito, der sich inzwischen mit Nurcan Yldirim bekannt gemacht hatte, blickte in dem Moment zu Hayes und Zaizewa hinüber, als die Russin gerade näher an den General herantrat. Die Türkin an seiner Seite hatte ihm gerade erzählt, dass sie und Zaizewa gut befreundet waren, als er stirnrunzelnd hinüber deutete und meinte: „Ihre Freundin sollte dem General nicht ganz so dicht auf die Pelle rücken, Lieutenant-Commander. Besonders, da sie eine Telepathin ist, wie Sie mir erzählt haben.“ Nurcan Yldirim hob ihre Augenbrauen und etwas verstimmt fragte sie Esposito: „Haben Sie etwa etwas gegen Telepathen, Captain?“ Esposito erwiderte den Blick der Ärztin und erklärte: „Nein, absolut nicht, aber der Generalmajor – und das hat einen triftigen Grund. Aber diese Geschichte ist etwas zu lang, um sie hier, zwischen Tür und Angel, mit Ihnen zu erörtern, Miss Yldirim.“ Er blickte wieder zu Hayes und Zaizewa, die gerade ihre Hand auf den Unterarm des Generals gelegt hatte und nun ihr Haar mit einer anmutigen Bewegung ihres Kopfes zurückwarf. Mit düsterer Vorahnung meinte er zu der Ärztin: „Und schon nimmt das Unvermeidliche seinen Lauf.“ An der Reaktion des Generals erkannte die Türkin, auch ohne zu verstehen was gesagt wurde, dass Esposito nicht übertrieben hatte, und fragend meinte sie: „Können wir nicht etwas tun, Captain Esposito?“ Fast im selben Moment ergriff der General den Oberarm des Commanders und zog sie mit sich zum Ausgang auf den Gang hinaus. Esposito seufzte schwach. „Ich fürchte nicht.“ Als er erkannte, dass die Ärztin den beiden Offizieren folgen wollte, stellte sich Esposito ihr in den Weg. „Bleiben Sie hier, Lieutenant-Commander. Dass ausgerechnet ihre Freundin mit Hayes geflirtet hat ist ziemlich dumm gelaufen, aber letztlich hat sich der Commander die Konsequenzen selbst zuzuschreiben. Was hat sich diese Frau eigentlich dabei gedacht?“ Nurcan Yldirim presste ihre Lippen auf einander und fragte sich, was genau der Grund für diese heftige Reaktion des Generals sein mochte, über den der Captain anscheinend nicht gewillt war zu reden. Erst als Esposito sie prüfend ansah erklärte sie zögerlich: „Es ist meine Schuld, Captain. Ich habe sie mit einer Wette herausgefordert.“ Sie verschwieg wohlweislich, wie weit diese Wette wirklich ging. „Spitzenarbeit, meine Damen“, kommentierte der Südländer trocken und wandte sich zu den übrigen Anwesenden, denen die letzten Geschehnisse nicht verborgen geblieben waren. „Meine Damen und Herren, ich denke, dieser Empfang ist beendet. Bitte begeben Sie sich zu ihren Quartieren und finden Sie sich morgen Früh um Punkt 10:00 Uhr in der Kommandozentrale ein.“ Unterdrückt murmelnd kamen die anwesenden Offiziere der Aufforderung nach. Nur Nurcan Yldirim blieb bei Esposito und sagte: „Vielleicht sollte ich zu General Hayes gehen, und die Schuld auf mich nehmen.“ Der Captain schüttelte seinen Kopf. „Das können Sie später noch tun, wenn Ihnen dann danach sein sollte. Falls nicht – von mir erfährt der General kein Wort bezüglich Ihrer dummen Wette mit dem Commander. Wie auch immer: Commander Zaizewa war es, die sich unziemlich benommen hat, und das wird sie allein ausbaden müssen. Und keine Sorge, Lieutenant-Commander, der General wird ihr nicht gleich den Kopf abreißen.“ Nurcan Yldirim nickte schwach. „Ich hoffe, sie behalten Recht, Captain.“   * * *   Aufgebracht funkelte Commander Irina Zaizewa den General an, nachdem sich das Schott zum Japanischen Garten hinter ihnen geschlossen hatte, und sie sich auf der geräumigen Gangkreuzung gegenüber standen. Eine solche Behandlung hatte sich ihr gegenüber schon sehr lange niemand mehr erlaubt. Wütend riss sie sich endlich aus dem festen Griff des Mannes los und fauchte ihn an: „Was erlauben Sie sich eigentlich, General!“ „Halten Sie den Mund und hören Sie zu, Commander Zaizewa!“, herrschte der Generalmajor die Russin mit scharfem Tonfall an. „Das war das erste und das letzte Mal, dass Sie sich unter meinem Kommando so ungebührlich aufgeführt haben, oder Sie werden mich kennenlernen! Sie scheinen diese Station der Erdstreitkräfte mit einem Nachtclub zu verwechseln! Soweit mir bekannt ist, haben wir nie zusammen die Schulbank gedrückt, oder waren zusammen auf Kneipentour! Und das Wichtigste, Commander Irina Zaizewa: Ich lasse mich nicht von einer...“ Hayes konnte gerade noch verhindern das Wort TELEPATHIN wie einen Fluch auszusprechen. Stattdessen presste er zwischen den Zähnen hervor: „...Frau vertraulich anfassen, ohne dass ich sie dazu ermutigt habe – haben wir uns verstanden?!“ „Jawohl, Sir!“, fauchte Zaizewa mit gepresster Stimme. „Aber eines möchte ich noch anmerken: Sollten Sie mich noch einmal derart grob anfassen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn ich mich zur Wehr setze!“ „Vergessen Sie dabei nur nicht, dass Sie nicht zu alt sind, um von mir anschließend über´s Knie gelegt zu werden!“ Für einen Moment maßen sich beide, als wollten sie sich auf einander stürzen, doch dann sagte die Russin lediglich: „Bitte um Erlaubnis, mich zurückziehen zu dürfen – Sir!“ Der Generalmajor registrierte, dass sie das SIR besonders betonte, und antwortete gefährlich leise: „Verschwinden Sie, Commander. Ich erwarte sie Morgen pünktlich um 10:00 Uhr in der Kommandozentrale der Station. Sollten sie dann nicht auf dem Posten sein, dann werfe ich sie hochkant aus dem Team und werde Sie durch einen meiner Offiziere ersetzen!“ „Bringen Sie mich nicht in Versuchung, denn das klingt sehr verlockend, General!“ Damit wandte sie sich auf dem Absatz um und schritt wütend davon. Hatte sie sich bis eben noch beherrscht, so spürte sie nun, wie sich ihre Augen unaufhaltsam mit Tränen füllten. So abgekanzelt hatte sie, während ihrer gesamten Dienstzeit, noch Niemand. Dabei war ihr durchaus klar, dass sie es bis zu einem gewissen Grad selbst verschuldet hatte. Doch das machte es eher schlimmer statt besser. Sie lief eine geraume Weile, bevor sie sich entschloss Nurcan aufzusuchen. Sie musste nun mit jemandem reden sonst würde sie platzen. Es schien so, als habe die Türkin sie bereits erwartet, denn als Irina Zaizewa wenig später das Quartier der Freundin betrat, da war sie nicht nur vollständig angezogen, sondern sie hatte auch einen Tee vorbereitet, der sie etwas beruhigen sollte. Nachdem die Russin Nurcan von dem Disput mit Hayes berichtet hatte, blickte die Türkin ihre Freundin ernst an und erklärte dann ihrerseits, was sie von Captain Esposito, bezüglich der Gefühle des Generals zu Telepathen erfahren hatte. Nachdem sie geendet hatte, blickte Irina verständnislos zu Nurcan. Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Tee und meinte schließlich: „Hat der Captain denn gar nicht weiter gesagt, warum der General Telepathen gegenüber so negativ eingestellt ist?“ „Nein, er schien es zwar zu wissen, aber nicht darüber reden zu wollen“, entgegnete die Freundin zu und meinte dann beruhigend: „Komm jetzt erst einmal wieder herunter. Die Sache mit der Wette war nun wirklich dämlich, aber ich denke, dass der Fall mit dem Donnerwetter des Generals ausgestanden ist.“ Irina Zaizewa machte ein bedenkliches Gesicht. Außerdem war sie noch immer wütend, wegen der groben Behandlung durch Hayes. „Das mag sein, aber was fällt diesem Kerl ein, mich vor versammelter Mannschaft hinaus auf den Gang zu zerren, als wäre ich seine Tochter? Ich sage dir mal etwas: In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ „Ich halte es für keine gute Idee, wenn du dich mit dem General anlegst“, mahnte die Ärztin eindringlich. „Schlucke den Ärger hinunter und setze nicht alles auf´s Spiel, wofür du seit deiner Jugendzeit gekämpft und gearbeitet hast, nur wegen dieses Disputs. Das ist es nicht wert.“ Die Russin nahm erneut einen Schluck von ihrem Tee und nickte mühsam beherrscht. „Ja, vielleicht hast du Recht.“ Sie erhob sich und verabschiedete sich von Nurcan Yldirim, die nachdenklich auf das geschlossene Schott blickte, nachdem Irina gegangen war. Ein ungutes Gefühl sagte ihr, dass die Russin nicht daran dachte, so schnell das Handtuch zu werfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)