Unerwartet von Fabien (snarry) ================================================================================ Kapitel 20: Wieder der Alte --------------------------- Auch ich wünsche euch frohe Ostern! Viel Spaß mit dem neuen Kapitel : ) -------------------------------- Sie hatten noch eine ganze Weile so in der Küche gestanden, bis Harry merkte, dass Snape ziemlich erschöpft war und auch sonst recht resigniert wirkte. Es war offensichtlich, dass an diesem Abend weder emotionale Offenbarungen noch anderweitiger Unterricht folgen würden, deshalb beschloss der Schüler den Tränkemeister ins Bett zu bugsieren. Harry war noch nie in Snapes Schlafzimmer gewesen, da er aber mittlerweile alle anderen Räume kannte, war es nur noch ein Ausschlussverfahren. Etwas unbehaglich fühlte er sich schon. Ein Schlafzimmer war schließlich ein sehr privater Bereich und er wusste, dass es seinem Lehrer bestimmt nicht gefiel, wenn er es betreten würde. Andererseits schien Snape nicht mehr ganz bei sich zu sein und Harry fand, dass der düstere Mann dringend einen erholsamen Schlaf brauchte. Harry wusste nicht, was er sich vom Schlafzimmer versprochen hatte. Vielleicht dass es einer dunklen Höhle glich... Stattdessen fand er einen erstaunlich hellen und aufgelockerten Raum vor, dem durch dezente grüne Akzentuierung geschmeichelt wurde. Mit einem leichten Schubser lies er Snape mit dem Rücken auf das Bett fallen und zog ihm die Schuhe aus. Als der Mann sich bewegte, befürchtete Harry irgendeinen Protest. Doch der Lehrer hatte sich nur auf die Seite gelegt und schlief bereits tief und fest. Allerdings sah er dabei ziemlich gequält aus. Die zusammengezogenen Brauen, bildeten eine tiefe Furche, so als würde er versuchen irgendeinen Schmerz auszuhalten. Erholsam sah das definitiv nicht aus. Nur wie sollte Harry das ändern? Der Gryffindor überlegte. Snape schien der vorherigen Umarmung nicht abgeneigt gewesen zu sein. Vielleicht würde es helfen, wenn Harry sich zu ihm legte? 'Ich muss verrückt sein' ging es Harry durch den Kopf, aber er setzte seinen Gedanken in die Tat um. Vorsichtig krabbelte er an die ihm zugewandte Seite des Tränkemeisters und legte sich mit dem Rücken zu ihm hin. Fast sofort spürte er wie sich zwei Arme um ihn legten und ihn näher an Snapes großen, warmen Körper zogen. Harrys Herz klopfte ganz schön obwohl der gleichmäßige Atem verriet, dass der Lehrer immer noch schlief. Es hüpfte wie ein Flummi und trotzdem erfüllte ihn eine Ruhe und Geborgenheit, wie nie zuvor. Auch wenn die Umarmung fest und beinahe schon besitzergreifend war, so sicher wie jetzt hatte er sich zu keinem Zeitpunkt seines Lebens gefühlt. Dabei ging es doch darum, dass er Snape Trost schenken wollte, dachte sich Harry irritiert. Und er stellte fest, dass das Suchtpotential dieser Umarmung erschreckend hoch war. Schlafen konnte der Schüler trotzdem nicht. Und als er sah, dass das Gesicht des Tränkemeisterts nun ganz entspannt war, schälte er sich aus dessen Armen. Widerwillig, aber ihm war klar, dass dies eine Ausnahmesituation war und Snape ihn mit Sicherheit nicht am nächsten Morgen in seinem Bett vorfinden wollte. Stattdessen stand er jetzt unschlüssig im Wohnzimmer und überlegte was er jetzt tun sollte. Er könnte einfach gehen. Das brachte er aber nicht übers Herz, was wäre wenn es seinem Lehrer plötzlich wieder so schlecht ginge? Harry konnte es sich nicht erklären. Sie beide begegneten sich immer noch recht distanziert, sprachen aber offen über manch doch sehr persönliche Dinge. Problemlos. Und Harry spürte eine immer fester werdende Verbundenheit seinem Lehrer gegenüber. Ob es bei Snape genauso war? Der Schüler bezweifelte es. Nur weil sie sich auf einer Ebene gegenüberstanden, bedeutete es noch lange nicht dass Snape ihn auch auf der selben Wellenlänge sah. Der Gryffindor tigerte nun ein wenig ruhelos vor dem Kamin. Was wohl mit dem Tränkemeister los war? Was war passiert, dass all seine Masken gefallen waren? Oder passierte das öfters und er hatte es bis jetzt nur nicht mitbekommen? Beim Herumstreunen entdeckte Harry eine Karte auf dem Kaminsims, in samtenen Dunkelgrün gehalten und einem goldenen Streifen als Verzierung. Sie sah edel aus. Noch ehe er sich schalten konnte, dass er nicht in fremden Briefen lesen durfte, hatte er das Faltpapier auch schon in der Hand. »Alles Gute zum Geburtstag, Severus. Du willst es also dieses Jahr alleine durchstehen. Wenn du doch jemanden brauchst, dann zögere nicht. Lucius« Das war von Dracos Vater! Snape hatte heute also Geburtstag. Beziehungsweise gestern. Es war schon halb ein Uhr morgens. Und wenn er den Brief richtig verstand, dann war der Meister der Zaubertränke jedes Jahr so drauf. Harry erwischte sich bei dem lächerlichen Gedanken, dass Snape es nicht ertragen konnte älter zu werden. Dass das Blödsinn war, erübrigte sich. Doch was war dann passiert? Es schien mit dem Geburtstag zusammen zu hängen... Ohne es zu merken hatte der junge Gryffindor sich auf die Couch gelegt und grübelte noch eine Weile vor sich hin, bis er schließlich dabei einschlief. Der Schlaf hielt jedoch nicht lange. Er wachte in der Früh noch vor Snape wieder auf. Wirre Träume von einer jüngeren aber verzweifelten Version des Tränkemeisters und auch einem jüngeren Lucius hatten die wenigen Stunden geprägt. Harry strubbelte sich durch die Haare und warf ein Blick auf die Uhr. Fünf Uhr in der früh. Wenn es nach den letzten Malen ging, dann würde der Ältere sicher bald aufstehen. Der Potter überlegte. Auch wenn Snape seinen Geburtstag allen Anschein nach hasste, so wollte er ihm trotzdem ein kleines Geschenk machen. Irgendwas. Was gehörte zu Snapes Morgenroutine? Definitiv ein Kaffee. Harry fand, dass das ein unverfängliches Geschenk war. Nett, aber zu unauffällig um als Geschenk durchzugehen. Perfekt für den mürrischen Lehrer. Motiviert ging Harry in die Küche um die Koffeinbombe vorzubereiten. „Sie sind hier geblieben?“ Harry hatte gerade eine Tasse aus den Schrank geholt, als Snape plötzlich in der Tür stand und ihm diese Frage mit einem leicht überraschten Unterton gestellt hatte. Ertappt drehte sich Harry um und blickte in die definitiv nicht wütenden Augen seines Lehrers. Das war schon mal beruhigend. Er besah ihn sich genauer. Snape musste gerade erst aufgestanden sein. Ziemlich zerzauste Haare, verschlafene Augen aber trotzdem aufmerksam. „Offensichtlich, Sir“, antwortete Harry. „Wieso?“ „Wieso nicht?“ Der Tränkemeister verzog das Gesicht. „Die Antwort gefällt mir nicht, versuchen Sie es nochmal“, forderte er seinen Schüler auf. Harry zuckte ein wenig planlos mit den Schultern. „Ich meine, Sie sind mein Freund.“ „Ist das immer Ihre Begründung für alles?“ „Sie sind mein Mann“, versuchte es der Schüler. Es war Snape anzusehen, dass er diese Tatsache auch nicht gelten lassen wollte, da die Umstände dieser Verbindung speziell gewesen waren. Harry seufzte und versuchte es anders. „Schauen Sie, man ist befreundet, weil man sich mag. Weil einem die Person wichtig ist und man sich um sie sorgt.“ „Sie mögen mich...“, wiederholte Snape lahm. Er war definitiv noch nicht richtig wach. Harry drückte ihm deshalb den mittlerweile fertigen Kaffee in die Hand. „Ja. Das ist für eine Freundschaft zumindest zuträglich.“ „Mir ist das Prinzip der Freundschaft bekannt“, rechtfertigte sich der Tränkemeister. „Ja, deshalb haben Sie auch so viele“, schoss Harry zurück. „Ich biete Sie nicht jeden leichtfertig wie Werbegeschenke an“, konterte Severus. „Haben Sie überhaupt welche?“ „Werbegeschenke?“ Der Gryffindor rollte mit den Augen. Snape hatte ein Einsehen und lenkte ein. Nahm zuvor aber erst mal einen Schluck Kaffee. Er schloss die Augen und ihm entfuhr ein kleiner zufriedener Seufzer, den Harry als ungewohnt und irritierend intim empfand, bevor er sie wieder öffnete und seinen Schüler ernst ansah. „Nun... ich habe Sie.“ stellte er fest und Harry schenkte ihm ein ehrlich erfreutes Lächeln. Um das warme Gefühl in seiner Brust niederzukämpfen setzte der Lehrer noch ein leicht klagendes „Weil Sie sich mir aufgedrängt haben“ hinterher. „Weil ich Sie mag. Und für einen Freund tut man nun mal viel.“, schloss Harry wieder den Kreis. Snape legte schwerfällig seine Hand übers Gesicht. „Potter, Sie decken gerade meinen Bedarf an Gefühlsduselei für die nächsten 10 Jahre ab. Geben Sie mir bitte im Anschluss noch eine nüchterne Erklärung damit ich den Rest des Tages zurecht komme.“ „Naja, Nagut. Ich bin hiergeblieben, damit ich in Ihren Kleiderschrank schauen und mich vergewissern konnte, ob wirklich all ihre Sachen Schwarz sind.“ Snapes Augen blitzten auf. „Alle“, betonte Harry nochmal provozierend. „Das würde ich Ihnen sogar glauben.“ Die Zusammenkunft in der Küche war erstaunlich unproblematisch verlaufen und beide saßen nun, wie schon einige Male zuvor am Küchentisch und tranken ihren Kaffee bzw. Harry seinen Tee. „Sie hatten gestern Geburtstag“, begann der junge Potter vorsichtig. Kurz versteifte Snape sich und es schien als würde er den Atem anhalten. „Ja“, bestätigte er schließlich knapp. „Woher wissen sie das?“ hakte er dann nach. Obwohl diese Frage selbstverständlich war, hatte sich Harry irgendwie nicht wirklich darauf vorbereitet und fuhr aus Refelx seine inzwischen mittelschwer überwindbaren Okklumentik-Schilde hoch. „Sie müssen sich keine Mühe machen Ihre Gedanken zu blockieren. Ich kann auch in Ihren panischen Augen erkennen, dass Sie die Karte von Lucius gelesen haben.“ frozelte er. Harry gab es auf, sich da irgendwie raus zu reden, also preschte er einfach vor. „Waren Sie deshalb so schlecht drauf? Ich meine auch die Tage davor. Wegen Ihres Geburtstages?“ Snape lächelte nur leicht bitter. „Es wäre die einfachste Erklärung, nicht war?“ antwortete er nur kryptisch. Für Harry reichte das allerdings für die Gewissheit aus, dass da noch mehr dahinter steckte. „Auch das werden Sie mir wohl nicht verraten?“ „Nein. Noch nicht.“ „Na gut, dann beantworten Sie mir noch eine Frage. Sind Sie jetzt wieder der Alte?“ „Bis zum nächsten Geburtstag, ja.“ antwortete Snape bereitwillig und Harry stimmte das zufrieden. „Sir, darf ich noch eine Frage stellen?“ „Würde ein Nein Sie aufhalten?“ lautete die rhetorische Gegenfrage und Harry fasste es als Erlaubnis auf. „Sind Sie gut mit Mr. Malfoy befreundet?“ „Wenn es einen engen Kreis von Vertrauten gäbe, dann würde er wohl mit dazugehören.“ „Aber er ist ein Todesser.“ erläuterte der Schüler das Paradox. „Und trotzdem ein Mensch. Er sorgt sich um seine Freunde, lacht gerne, erfreut sich an Kleinigkeiten und auch ihn kann man emotional treffen.“ „Schwer zu glauben, wenn man bedenkt wofür er einsteht.“ Snape beugte sich vor und sah Harry eindringlich an. Sein Schüler musste Lucius nicht akzeptieren, aber es war ihm wichtig dass er ihn verstand. Lucius und die anderen Gefolgsleute des dunklen Lords. „Schauen Sie, Lucius' Vater war bereits Todesser. Er wurde in diesen Kreis hineingeboren. Ihre Ansichten haben seine Kindheit geprägt. Ja, er hat eine andere Auffassung von Gut und Böse. Seine Grenzen von Richtig und Falsch liegen woanders.“ „Das macht ihre Freundschaft nur noch unerklärlicher.“ „Lucius kennt unsere Seite nicht. Sie wissen was Sie wollen, weil Sie beide Seiten kennen. Genauso wie ich. Lucius hat es da schwerer. Er kann nicht ausbrechen, weil er in diesen Kreisen festgehalten wird. Durch den Kontakt mit mir, hat er zumindest ein Gefühl für Verbundenheit entwickelt und ich weiß, dass er mich nie verraten würde.“ „Dann ist er nur eine arme Seele, die auf der falschen Seite ist?“ „Mr. Potter, wer sagt was richtig und was falsch ist? Wer schreibt die Regeln? Die Grenzen liegen bei jeden woanders. Und nur durch unsere eigene Definition, beeinflusst durch die Kinderstube oder anderweitig, entstehen Meinungen die die Welt in 2 oder mehrere Lager spaltet.“ Das gab den jungen Potter zu denken und nach eine Weile fragte er schließlich: „Wäre es möglich die Todesser zu bekehren und Voldemort damit zu stürzen?“ Snape lächelte schwach. „Das ist ein kluger Gedanke, aber die Zeit haben wir leider nicht. Das hätte schon vor seiner Auferstehen passieren müssen.“ Severus wollte noch einen Schluck Kaffee nehmen, merkte aber, dass der bereits alle war. Aus einem Impuls heraus, klaute er einfach Harrys Tasse und trank sie in einem Zug leer. Der starrte fassungslos seinen Lehrer an. „Da war kein Kaffee drin!“ entrüstete er sich. Snape grinste nur verschlagen. „Es war schwarz. Machen Sie das nächste Mal mehr.“ „Das nächste Mal?“ „Es scheint zur Gewohnheit zu werden.“ Harry sammelte seinen Umhang ein und zog sich die Schuhe an, da bald der Unterricht anfangen würde. Severus beobachtete den Schüler stumm dabei und hing ein wenig seinen Gedanken nach. Dass er sich gestern so die Blöße gegeben hatte, so verletzlich und angreifbar, tangierte ihn erstaunlich wenig. Bei Harry hatte er das sichere Gefühl, dass dieser es nicht ausnutzen würde. Unter keinen Umständen. Generell hatte er das Gefühl dem Schüler alles anvertrauen zu können. Genauso wie der Wunsch immer stärker wurde, für Harry die Person zu werden, der dieser alles anvertrauen konnte. Und das machte ihm Sorgen. Es war ihm heute morgen bewusst geworden. Als er vom Geruch des Kaffees wach geworden war und trotzdem damit gerechnet hatte alleine zu sein. Stattdessen fand er den Gryffindor in seiner Küche wuseln und als völlig selbstverständlich empfindend, dass er die Nacht hier geblieben war, falls es doch einen Notfall geben sollte. Harry wusste irgendwie instinktiv was er gestern gebraucht hatte. Es war für den Gryffindor sicher nicht leicht ihn zu umarmen, aber es hatte ihn aufgefangen. Dieser kleine schmale Körper hatte ihm die Kraft gegeben nicht zu zerbrechen. Und als Harry zu Tür hinaus wollte fasste er einen Entschluss. „Danke, Harry.“ sagte er sehr betont und hoffte, dass der Schüler den Wink verstehen würde. Harry hielt kurz inne, drehte sich um und grinste recht glücklich. „Gern geschehen, Severus.“ Kurz bevor Harry die Tür schloss hörte er noch ein „Wehe das passiert im Unterricht!“ und musste leise lachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)