Of Boots and Heels von Jyll ================================================================================ Kapitel 5: 1. Akt ----------------- Ruki schwitzte wie ein Schwein. So viel zu seiner Theorie das Marathon-Shopping gut für die Kondition sei. Kondition war das Eine, das er anscheinend überhaupt nicht besass, sonst würde ihm das Salzwasser nicht aus allen Poren schiessen nur wegen so ein paar Übungen. Aufwärmübungen wohlgemerkt! Das Kostüm kratzte ausserdem auch, Ruki rieb sich den geröteten Hals. Seine zarte Haut hielt nichts aus, was weniger als 90% Baumwolle beinhaltete. Modisch war das Teil auch nicht. Lieber würde er eine neue Linie dafür entwerfen, auch wenn er eigentlich nicht direkt Designer für Kleidung war, als sich darin abzumühen. «Hoch!» Ruki versuchte den Schlag auf die Warnung hin oben abzublocken, doch er war zu langsam und bekam einen unsanften Stoss auf die Brust, flog nach hinten auf seinen Hintern und knackste sich das Handgelenk. «Scheisse!», fluchte er unflätig und rappelte sich auf die Knie. «Pause!», keuchte er und robbte zur Seite des Mattenbereichs, wo seine Wasserflasche auf ihn wartete. Gierig hob er sie an seine Lippen und stellte ernüchtert fest, dass sie schon beinahe leer war. Das war ja auch sicherlich seine dritte Pause. Wie peinlich. Aber seine körperliche Betätigung hatte sich bisher auch nie auf etwas ausserhalb von Kleiderläden und Matratzen ausgedehnt. Doch das reichte nun nicht mehr aus, weil ein gewisser jemand einfach keine Ruhe geben wollte und ihm dabei körperlich auch noch haushoch überlegen war. Deshalb war ein langjähriger Freund von ihm, dem er gestern sein Leid geklagt hatte, auch auf diese Idee gekommen: Kampfsport. «Du hast aber nicht immer nen Tacker oder ne Vase in der Nähe! Was wenn er dich das nächste Mal im Fahrstuhl abfängt und ihr seid allein? Oder noch schlimmer, in der Tiefgarage?» «Ich hab ein Pfefferspray in der Handtasche, immer!», erwiderte Ruki und biss in seine Limette. «Aha jaja, aber das weiss er nach einem Mal auch und dann ist er darauf vorbereitet und nimmt dir die Tasche gleich weg und dann?» «Du sollst mich aufmuntern, wofür zahl ich dir denn dieses Gesöff, und nicht noch mehr runterziehen?» Aoi grinste und prostete ihm mit dem Bier zu. «Ja, danke eure Hoheit. Ich bin ja nur um euer Wohlwollen besorgt.» Er schlürfte den Schaum ab. «Haha…» Ruki runzelte die Stirn, liess es aber gleich wieder, als ihm einfiel, dass das Falten gab. «Also was soll ich denn deiner Meinung nach machen? Du willst doch auf irgendwas hinaus!» «Klar. Aikido. Karate. Judo. Was weiss ich. Nen Kampfsport halt. Dann kannst du dich auch mit blossen Händen verteidigen. Der Grössenunterschied ist dann auch egal.» Ruki blickte ihn einen Moment entgeistert an. «Ich soll…?!» Dann hob er seine Hände, um seinem Freund die langen Krallen nochmals vor Augen zu rufen, die im gedimmten Licht der Bar dennoch feuerrot glänzten. «Tja…da musst du durch. Mit denen kannst du ihn ja eh nicht richtig verletzen. Da brichst du sie dir vorhin ab. Und ich erinnere mich noch an das letzte Mal, als das passiert ist.» «Sprich nicht mit mir über das Dogenzaka-Debakel.» Ruki nahm einen missmutigen Schluck von seinem Cocktail. «Jaja, schon klar. Also Nägel weg und rein in den Keikogi!», fasste Aoi heiter zusammen und leckte sich Schaum von der Oberlippe. Und wegen diesem Idiot schwitzte er sich nun hier einen ab. Er schnüffelte. Wie unangenehm. Er brauchte ein stärkeres Deo. Stöhnend richtete er sich wieder auf, verliess seine Wasserflasche und ging wieder zu seinem Trainingspartner, um sich erneut einen Arschtritt einzufangen. In letzter Sekunde enterte er den Raum, in welchem das Meeting stattfand. Bis auf den Praktikanten waren bereits alle versammelt. Er war zu spät, da er nach dem Training nochmals nach Hause gegangen war, um zu duschen. Undenkbar, das jemand hätte riechen können, was er gemacht hatte. Auch der billige Geruch der Trainingshalle hatte noch an ihm gehaftet. Als er in seinen Absätzen an Reita vorbei stiefelte, der bereits in einem der Drehstühle lümmelte, bemerkte er dessen ungenierten Blick, welcher auf seinem Hintern klebte und ihm folgte, bis er sich selbst darauf setzte. Ruki schickte ihm ein verachtendes Blitzen. «Watch it…», knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ordnete seine Unterlagen vor sich. Er hasste es, den Platz am Kopfende an dieses Schmalspurhirn abgegeben haben zu müssen. Deshalb liess er auch seinen Mundwinkel so tief hängen, wie es nur möglich war, als der andere ihn bloss lüstern angrinste und aufstand, um seine Entwürfe vorzustellen. «Herr Matsumoto, können Sie noch hier bleiben?» Ruki hätte sich beinahe an seinem Kaugummi verschluckt, als der Unhold ihn so förmlich ansprach. Wohl auch nur, weil zwei aus dem Team noch in der Tür standen, aus der Ruki eigentlich auch gerade hatte entschwinden wollen nach dem Meeting. Der Kleine blieb stehen und hustete seinen Kaugummi wieder aus seinem Rachen und in den Mülleimer bei der Glastür, die sich nun hinter den anderen schloss. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er den Grösseren fragend an, auf dessen Gesicht sich bereits wieder dieser unverschämte Ausdruck gelegt hatte, den er immer zur Schau trug, wenn sie alleine waren. Wie er es hasste. «Ich wollte mich revanchieren.» «Für was?» Ruki konnte dieses Grinsen nur in einer Hinsicht deuten und sah seinen Verdacht bestätigt, als der andere seine seitlichen Strähnen hob, um ein Heftpflaster sichtbar zu machen. Der Schaden, den die Vase verursacht hatte. Instinktiv machte er einen Schritt nach hinten auf die Tür zu. Natürlich folgte ihm Reita zugleich. «Was denn…Angst?», fragte er leise und entblösste seine Zähne. «Dabei wollte ich dich doch nur…» Ruki spürte das Glas in seinem Rücken und tastete mit der freien Hand nach der Türfalle. «…zum Essen einladen.» Ruki war so verdutzt, dass ihm die Türfalle, die er endlich gefunden hatte, gleich wieder aus der Hand glitt. «Hä?» Was Intelligenteres kam nicht aus seinem Mund. «Abendessen um genauer zu sein.», soufflierte der Blondierte weiter. «Es gibt da dieses französische Restaurant in Shibuya…das würde dir sicher zusagen.» Ruki klappte den Mund auf und wieder zu wie ein Fisch auf dem Trockenen. War das jetzt die neuste Idee von Verarsche? «Sehr witzig…», stiess er nur hervor und hebelte die Tür mit dem Ellbogen endlich auf, um rückwärts hinaus zu stolpern. Das Schlimmste daran war, dass er dieses Restaurant tatsächlich kannte und schon länger geplant hatte, es endlich einmal auszuprobieren, doch bisher nicht die Zeit gehabt hatte. Und auch keine Begleitung, aber das war ein anderes Problem. Reita war ganz sicher keine geeignete Begleitung! Das wäre ja noch schöner. «Ach komm, du stehst doch auf französische Küche…die verstehen was von Essen…», kam es hinter ihm her. «Kann schon sein, nur dich schert das weniger. Alles Französische was du willst, hat was mit viel Speichelaustausch zu tun! Und ich lasse mir lieber die Zunge entfernen, als das mit dir zu tun!» Ruki musste sich konzentrieren, die Stimme nicht zu erheben. Er stiefelte hier durch den Gang, in dem ihn jeder hören könnte. Hinter ihm, aber bereits viel zu nah, ertönte ein dunkles Lachen. «Das wäre ja schade um das gute Stück.» Der Kleinere rümpfte die Nase und beschleunigte seinen Schritt. «Diese neue Taktik zieht sowieso nicht. Viel zu durchschaubar. Nur wegen einem Angebot fürs Essen, vergesse ich nicht, dass du mich bereits vergewaltigt hättest, wenn ich nicht gedroht hätte, deinen Schwanz mit einem Stück Metall zu durchbohren.», zischte er. Inzwischen waren sie an Rukis Büro angekommen. «Aber, aber…ich dachte, du stehst auf die harte Tour. Da hatte ich mich geirrt.», lächelte der andere. «Falls du versuchst charmant zu sein, darin bist du ziemlich erbärmlich…», drehte sich Ruki zu ihm um, bevor er die Tür öffnete. Nur einen Spalt, um sich schnell hinein zu schieben. «Kratzbürste.», meinte Reita und schob sich vor, doch da wurde ihm bereits die Tür auf die Nase geknallt. Er warf den Kopf zurück und lachte leise. «Dich krieg ich schon noch.» Er drehte sich um und lief den Gang zurück. «Zu hoch gepokert, das war zu auffällig…ah, ein Anfängerfehler.» Er schüttelte über sich selbst den Kopf. «Aber dich krieg ich schon noch.» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)